Geschlagem Ein instigeö Stückiein aus der guten alten Zeit. Von Franz Kurz - Elsheim MS ich noch ein Kind wac, hatte ich Reisender werden wollen. Denn s das Reisen war sitt mich der Jube stiss der Seligkeit. Bei den India petgeschichtem der stillen und gefähr lichen Freude der Jugend, gefielen mit hawtsächlich die Schilderungen von Land und Leuten. Reisewerke ver schlang ich aus Kosten meiner Nacht tuhr. Und wenn es damals s n An sichistaeten gegeben hätte, i wäre zweifelsohne einer der eifrigsten Sammler geworden. Achjcn die Welt ist schön. Das fühlte ich mit all’ meinen begeiste rnngssiihigen Sinnen. Und da gab es nun Leute« die das Alles betrachten und bewundern konnten, die jeden Tag neue Orte, neue Menschen sehen durs ten, die jeht vielleicht den wundervol len Rhein hinaussuhten. an dem in hellen Sommernächten alle die alten Sagen wieder anfleben, und morgen im Gewühle Betlins umheetaumeln. Ader die Hauptsache, ihnen kostete das Reisen noch nicht einmal etwas. Die Spesen zahlte ja die Firma. Wie hätte ich unter solchen Umständen nicht Reisender werden wollen? Doch man wird großer und ver nünftiger. Und die Träume von Poe sie und Romantit schwinden. Und sie schwanden total, als ich selbst einmal Reisender war, mitten im Winter, als ich im dichtesten Schneegesiöber durch dre Straßen troddelie, als ich mir manches unfreundliche, abweisende Wort gefallen lassen müßte und als ich am Abend, glücklich, nur in einem warmen Restaurant zu sißen, meine Kommissionen til-erschlug und mit Schrecken gewahr wurde, daß ich schon wieder nicht die Spesen verdient hatte. Da fand ich, daß jeder Stand feine Schattenseiten hat und daß diese oft genug die hellen, freundlichen über wiegen. Und fand weiter, daß die Herren Reiseontels wenig Zeit haben, um die Schönheiten der Gegenden zu enießen Und nachdem ich meine Er ahrungen drei Monate lang fortge seßt, sagte mein ·Chef zu meinem Va ter: «Hören Sie mal, lieber Herr, aus Ihrem Herrn Sohn wird nie ein gescheidter Kaufmann, geschweige ein tüchtiger Reisender. Der hat zu viel Faxen im Kopf. Statt sein Kommis sionsbuch voll zu schreiben, schreibt er sein Tagebuch voll. Was aber thue ich mit Taaebiichern? Statt Kaltulatio nen macht er Gedichte. Jch bitte Sie, Gedichte. So’n unpraktischer Mensch.« Hm, mich freute das, daß der Mann fo sprach. Denn et hatte Recht. Und wie Recht. Und hätte er nicht so ge sprochen, ritt ich heute vielleicht doch noch den Kontorfessel für 100—125 Mark im Monat, anstatt daß ich den Lesern erzählen darf, was mich freut und He hoffentlich auch. th. pp. Immerhin, das Reisen ist heute, im Zeitalter des Verkehrs, ein Kinder spiel geworden gegen früher. Jch meine allerdings nicht das Vertausen. Die liebe Konkurrenz hat die Ge schichte bedeutend verschlechtert Frü her, da war man meist aus die Post kntfche angewiesen, wollte man von einem Ort zum andern gelangen. Das mag fiir romantische Gemüther ja sehr angenehm gewesen sein. Nun habe ich die damaligen Onkels in Ver dacht, daß sie ebenso wenig romantisch veranlagt waren, wie heutigen Tags. Und fo diirften sie das Vehikel nicht lgrade zu den.Bequemlichteiten des Lebens geaiihlt haben. Wenn Max Blumberger, der fiir ein großes Hamburger Haus reiste, nun ärgerlich war, so hatte das indessen noch einen anderen Grund. Er tam nämlich, wo er auch erscheinen mochte, zu xpiit Ueberall war schon sein can urrent dagewesen und hatte ihm alle Aufträge wesgeschnapph Denn überall galt schon amals das Sprich wort: Wer zuerst kommt, mahlt zu erst. O, er kannte diesen Konkurren ten, diesen Moritz Streusand —- wenn er den Namen hörte, übertam ihn eine innere Muth Wie kann ein Mensch nur Strensand heißen!—zur Genüge. Das war ein Kerl, mit allen Hunden gehegt, und ein Mundwerk hatte der, einfach nicht dagegen aufzukommen. Ra, sein Chef wird ihn schön abtan zeln, wenn er ihm von dem Mißerfolg seiner Tour Bericht erstatten muß. Da darf ei sich auch gar nicht getrauen, ihn um die Hand seiner Tochter — mit der er längst einig —- und um Gehaltszulage zu bitten. Das Wetter zudem besserte seine Stimmung auch nicht. Man war mit ten im Winter. Draußen auf dem Lande lag der Schnee fusthach. Und dk Pferde feiner Kutsche waren auf dein Wege nach Ritzendiittel fast stecken geblieben. Nur mit Mühe und Noth - satte er sein Ziel erreicht, um zu er . ahr,en daß Streusand auch hier schon aewitkdschssttt butt ·-» «,Dieser Mensch« wiithete er, »die s salunkr. Jchckpiinsch’ then ja nichts Hieb Jm Gegentheih 100 Jahre M er alt werden, aber auf der M « Wenn er ihm nur mal etnk « « könnte. Doch dieserhalb er ihn erst mal haben Aber das I yet-de das Mitttr. Marth Aar doch Wer Inans M W er, ais er ihn TM M Inter«, dein einzigen vernünftigen Wirthshause Riienbiittelj traf. Auch vergriirnt und mißmutbig. Max setzte, als et ihn erblickte, sosort sein freundlichstes Ge sicht aus und ging aus ihn zu und s reichte ilym die Hand. »Guten Abend, stieber Kollege; sieht man Sie auch mal wieder? Wie klein doch die Welt ist« Gute Geschäfte gemacht?« »Danke, kann nicht tlagen,« brummte der Angekedetr. »Frau mich. Mir geht’s gerade so. Aber welch’ trübselige iMiene haben Sie sich denn angeschafft?« »Es ist zum Blitzeinschiagem mit ten im Winter. Jch habe das öde Nest hier abgekloppt und kann nicht weitres ; Die Postiutsche ist belegt und ein Wa Fgen nirgends auszutreiben Der mor gzige Tag- ist pfutsch!« L Dieses »Psutsch'« sagte er in einem sTonr. der seinen Kollegen unbedingt ! zum Lachen zwang. Das aber machte s unsern Moritz erst recht ärgerlich, und so fuhr er geharnischt fort: »Sie soll ten das Lachen nur bleiben lassen, denn Sie sitzen hier auch fest. Oder ,wollen Sie nicht auch nach bildet s born?« »Natürlich will ich." Max rieb sich die hande. »Natürlich. Nur war ich diesmal vernünftiger als Sie.« »das-en Sie etwa die Postkutsche beleat2« · »J wo. Jst mir gar nicht eingefal len. Aber ich habe mir bereits aus meiner lehten Station einen Wagen genommen, der mich nicht nuf hierher nach Rihenbiitteh sondern morgen früh auch nach Elderborn bringen soll. Elderborn ist ne gute Stadt, ne große Stadt. Jch hoffe, dort schöne Geschäfte zu machen. Sie nehmen’s mir doch nicht übel, iieber Kollege. Je der ist sich schließlich selbst der Nächste Sonst würde ich Jhnen ganz gern ei nen Plas auf meinem Wagen anbie ten.« Moritz knirschte mit den Zähnen. Elderborn war thatsächlich ein guter Platz. Und dort sollte ihm sein Kon kurrent den Vorrang ablaufen? Das wäre doch- zum Haarausrausem -— ,,Jsch muß hin, ganz gleich wie. Und wenn ich einen Passagier um bringe und ihm die Platztarte raube. Hin muß ich« — — ,,Wann fahrt die Post ab?« erinn digte sich Mar. »Gegen 8 Uhr erst « «Schön, daß ich das weiß.« Und es freute ihn, diesmal seinem collegen so recht seine Ueberlegenheit fühlen lassen zu können· »Ich wollte mich, zumal bei dem Wetter, hier eigentlich ausru hen. Doch da ich Sie fiir fähig halte, wirklich einem den Garaus zu ma chen, so werde ich bereits um fiinf Uhr lossahren und hoffe gegen Mittag dann dort zu sein Bei den jeßigen Wegen muß man schon ne Stunde zugeben. Dann habe ich doch noch den Nachmittag fiir mich. Sie aber kom men selbst mit der Postiutsche erst ge gen Abend an, wenn Sie überhaupt ankommen. Na, gute Geschäfte denn, mein Lieber. Jch gehe schlafen. Gute Nachtt« Eben trat der Kutscher in die Stube, um zu erfahren, wann morgen früh die Reise weitergehen soll. Dem schien’s nun zwar gar nicht recht zu sein, als er hörte, schon um fünf. Er versuchte auch zu opponiren. aber es nützte ihm nichts. Max Blumberger blieb bei seinem Entschluß. Der Kutscher lehnte noch an der Schenke, als sein Reisender bereits die Thüre von außen zugemacht hatte, und trank seinen Schnaps. Aus einmal stand Mvritz neben ihm und begann mit ihm ein Gespräch. Das behage ihm wohl wenig, das frühe Aufstehen. Na, meinte der Kutscher-, das sei bei dem Wetter auch wahrlich kein Ver gnügen. Anständige Leute warteten doch wenigstens. bis es Tag geworden sei. Und Moritz gab ihm Recht und bestellte ihm einen Krug Bier. . — Aus seinen schönsten Träumen riß Max am andern frühen Morgen das Klopfen seines Kutscher-T der weckte. Ach, wie gerne wäre er noch liegen ge blieben und hätte sich noch den wol-li gen Armen des- sreundlichenMorplseus, des besten Wohlthäters derMenschheit, üsrlassen Aber was nüyte sein Wol slenZ Das Müssen lommandirte und hieß ihn, die Gelegenheit, die sich ihm endlich einmal bot, seinen Konlurrew ten zu schlagen, ausnützem Also ’rin in’s Vergnügen, nein, ’raus in die talte Winterluft. Es hatte in der Nacht so stark gefroren, daß der dam pfende Athem sast zu gefrieren drohte. half alles nichts, er mußte. Eigent lich war sein Kollege Moritz doch noch zu beneiden, trotz der Niederlage, die ihm die Ungunst des Schicksals znzog. Der konnte doch wenigstens noch im warmen Bette liegen bleiben. Der Kutscher hatte den Rädern die Schlittentuven untergelegt, öffnete dann die Wagenthiire und meinte brummentn »Nu, steigen Se ein.« Max aber vergewisserte sich dich erst noch einmal, ob sein lieber Kollege nicht etwa unter einem der Polster verborgen liefe. Doch nein, nichts außergewii lches war zu entdecken. Dass-er gte ihn. So stellte er denn, nachdem er sich niedergelassen, die its-e ans eine Wärmeslasche, zog den an Rocklragen hoch-über dies-drein die "nde in einen Pelzmnsf M leerem-te sich liberljaupt so gut Yes-, sie er konnte und versprach dem Mehr, als dieser den- Schlas schloß W ( ein gutes, Trinlgeld, wenn er so schnell wie möglich nach Elderborn führe. »Wollen schon fehen,« gab der zu rück, von dem nur die Rasenipitze und die beiden Augen sichtbar waren. Alles andere verschwand unter dem dicken Kutsckkermantel Und dem Tische, das er sich zur Vorsicht noch drei- bis vier mal um den Hals gewunden hatte. Und nnn los. Und der Schnee knirschte und leuchtete wie abertausend Diamantstäubchen. Und der Wagen huschte dahin, bald mit einer Neigung nach links, bald nach rechts. Eine ver teufelte Fahrt . . . . Aber es wurde Morgen und lang sam Tag. Die Wintersonne zog hell und roth auf und übergoß den Mot genhimmel mit einem rosigen Flaum. Max merkte nichts davon. Der war gleich, nachdem sich der Wagen in Be wegung gesetzt, wieder eingeschlafen und machte nicht mehr auf, als bis der Kutscher ihn weckte nnd ihm bedeutete, daß man am Ziel fei. Zwar war es nicht Mittag, wie Max gerechnet hatte, sondern bereits 2 Uhr. Indessen verschlug das was? Er » brauchte doch gar nicht so eilig zu sein. « Denn wenn Moritz heute in Ritzenbiit tel bleiben mußte, so lonnte er hier ehestens erst morgen Abend eintreffen. «Da hat Max Zeit in Masse, es ihm griindlich zu besorgen. — Den Kutscher lohnte er aus« Fürst ’lich. Zwei Thaler Trinkgeld gab er iihm extra. Das konnte er sich erlau jben Und im Grunde genommen, der ; arme Kerl muß ja auf dem Bocke-halb erfroren sein. Seine Nasenspitze, noch immer das Einzige nur, was man von ihm außer . den Augen sieht, ist total blau. Selbstredend hat er Hunger. Den stillt er vor allem im »blauen Fuchs-C War da übrigens eine schmucke Allm rin. die ihm ausnehmend gefiel, ob wohl er doch so gut wie verlobt war. F Es dunkelte bireits, als er sich er sholz um nun doch ans Geschäft zu s denlen. Aber als er draußen dieKälte i aufs neue spürte, verging ihm wieder sdie Luft, und er tröstete sich, daß er den Kollegen trotz alledem schlagen Jtverdr. Denn den ganzen morgigen Tag war er Alleinherrscher in Oder « born. ; Nur als · draußen gegen 9 Uhr Abends erst, das Posthorn llang, fuhr er erschrocken zusammen. Wenn Mo ritz doch noch einen Platz erwischt hätte! Es wäre ja möglich, daß ein Passagier noch zurückgetreten wäre! Wer weiß, was alles oassirt, wenn man Pech haben soll! Nun, er konnte sich beruhigen. Moritz war nicht unter Jden Aus-steigenden Moritz saß also« noch in Ritzenbiittel und ärgerte sich. JUnd Max bestellte vor Freude eines neue Flasche Wein. se se si Er hatte es auch am andern Mor gen recht gemäthlich mit dem Auf stehen. Leben lam erst in ihn, als er gleich beim ersten Kunden, den er auf suchte, erfahren mußte, er tiime leider einen Tag zu spät. »Das ist doch nicht denkbar,« stam ; melte er ganz entsehh . »Wenn Sie’s nicht glauben wollen« lassen Sie’s bleiben. Jch kann Ihnen nur sagen, daß ich meinen Austrag ge Tstern Nachmittag bereits einem Jhrer Kollegen gegeben habe.«« »Wie heißt der Mensch?« fuhr er, »sich zusammenraffend. auf. «Strensand, Moritz Streusand.« Max wäre beinahe lang hingeschm gen. Das konnte doch nicht stimmen. Streusand war doch in Ritzenbiittel geblieben. Das wußte er doch genau. Und trohdem soll der Mensch hier ge wesen seini Schon gestern Nachmit tag? Ach was, der Mann irrt sich, muß sich irren. Aber der Mann irrte sich garnicht. Und wie bei diesem, erging’s dem Aermsten noch an vielen anderen Stel- » len. Jn der kommenden Nacht schlief Max daher nicht. Vor Muth. Das zunächst. Dann aber auch. weil er sich i den Kopf darüber zerbrach, wie es die- : ser Schurke, dieser Teufelgbratem die ser Satansbissen, dieses Jchneumon,» dieser Moritz nur zuwege gebracht hatte, ihn doch zu schlagen und ihm abermals das Feld zu verlegen. Er fand die Lösung nicht. Und die Geschichte war doch so ein fach. Morih hatte den Kutscher, mit »dem er sich in der Schenle noch ange . freundet, bestochen. Nicht, ihn im Wa » gen irgendwo zu verbergen; da würde ; er schließlich doch entdeckt worden sein. JDas wußte er. Sondern, ihm seinen J schweren, dicken Fuhrmantel zu leihen und ihn selbst als Rosselenler das Ge » fährt nach Elderborn leiten zu lassen. Pferd und Wagen würde er dort im »braunen Bären« unterstellen. Er, der Kutscher, könne ja mit der Postchaise nachkommen und dann sein Eigen thum wieder in Empfang nehmen. Da die nächste Post keine Passagiere me r aufnahm, das verschwieg er ihm wohlweiilich Jedenfalls war der Kutscher zufrieden. Jn der Post zu sihen, war zweifelsohne angenehmer als draußen aus dem Bock. Und au ßerdem konnte er list-. wenn die Pferde angeschirrt waren, nochmals zur Ruhe legen und schlafen. So wurde es gemacht. Und wenn der Kutscher, der also kein anderer war, als Moriz unterwegs nur die Rasenspihe sehen ließ, so hatte-er da deursgeniäsz auch noch einen andern und als die Kälte. Gesroren hat W et ja mordsjäinmerlich Geld genug »halte ihm die Geschichte ja auch ge Hostei. Dafin aber war er here der JSiinaiion geblieben. Das ist doch ; auch etwas werth. Und während Max Hnoch im »blauen Fuchs« sich seines J vermeintlichen Siege-s freut-, war sein ; Konsument bereits bei den Kunden. ; Erst nach langer, langer Zeit stie H ßen die beiden Kollegen wieder einmal Jzusammm Da war Moritz doöhaft lgenng, sich nochmals für die zwei »Thaler Trinkgeld zu bedanken, die TMax ihm damals in Eldetbokn gege !ben. Und da erst ging diesem ein Licht auf. Und mit welchen Ehren titeln et sich da insgeheim belegt, na, ! darüber will ich lieber gar nicht reden. Ver alte fotöcknen Erzählung von Maurice Leoel. Bon seinem Kirchthum aus beo bachtete der Wächter die Stadt. Er sah sie. wie sie fern und flach zu sei nen Füßen lag. Der Fluß, der zwi schen ihren Ufern dahinrauschte, war fiir ihn nur ein durchsichtiger Wasser streifen. Die Bäume drängten sich auf dem Boden zusammen, die blauen Dächer schichteten »sich über den weißen Mauern aus, und die Vorübergehen den trochen wie kleine Flecke über den einförmigen Boden der Stadt. Als er zu alt geworden, um sich sein tägliches Brot zu verdienen, hatte man ihn hier oben hinauf gesetzt, auf halbem Wege zum himmel, wie er sagte, damit der liebe Gott nur die Hand auszustrecken brauchte, wenn er ihn zu sich nehmen wollte. Den mit den Flug der Raben über den Bergen betrachtend, lebte er hier bei den Glocken, träumte hier im Schatten ihrer breiten Flanten und folgte mit »den Augen durch das runde Loch der i Diele den braunen Strickem die in den ltlangvolten Tiefen des Kirchenschiffez bis zu den Fliesen der Kirche hinun ’tcrhingen. Die runde Oeffnung, durch jdie der Körper eines Mannes leicht hatte durchsallen können verursachte Jihm nicht den geringsten Schwindel. Die Einförmigkeit dieses Lebens wurde tagtäglich durch den Besuch seiner Tochter unterbrochen, die ihm sein Essen brachte. Er erkundigte sich nach dem, nach jenem, nach der Ernte, die er im Winde hin- und her nciogen sah, den Heerden, die er aus der Ferne erschaute, so daß er, wenn er auch seit fünf Jahren nicht hinun tergestiegen war, -— denn seine armen Beine hätten ihn nicht bis unten tra gen tiinnen, und wieder hinauf hätte er schon gar nicht getonnt —- doch ai len Ereignissen des Städtchens folgte und über alles unterrichtet war. Manchmal stieg auch ein Reisender zum Kirchthum hinauf, dann machte .er sich das außerordentliche Vergnü gen, ihm die Gegend« die Wälder, die Landstraße zu zeigen. »Das ist der Weg, der zum Haupt thor führt. Hier ist die Mairie, dort etwas weiter die Schule. Jn jener Umfriedigung der hohen Pappeln be finden fich die Rutnen einer alten Abtei. Dort legten die Engländer in dem hundertjährigen Kriege Bresche in die Wälle. Auf diesem Zügel, den man den Lerchenhiigel nennt, hatten die Preußen 1870 ihre Kanonen auf gepflanzt. Sie werden die Namen, die ich Jhnen angebe, nicht auf der Karte finden, aber ich tann Jhnen Baum fiir Baum, hauö fiir Bau-, alles nennen, worauf Jhr Blict fällt.« Eines Abends, als er sich zu Bett legen wollte, nachdem er, wie gewöhn lich, nach dem horizont get-lich sah er in der Ferne ein Licht glänzen. Die Uhr hatte schon lange Mitternacht geschlagen. Wer schlief denn unt diese Zeit noch nicht? Er wartete und glaubte, das Licht wiirde verlöschm. doch das Licht he gann zu laufen, ließ eine glänzende Spur hinter sich zurück, und plöstich erhoben sich die Flammen, lange Flammen, die terzengerade an dem friedlichen himmel ausstiegen. «O«, sagte der Alte, »das ist ja Feuers« Er kannte die Gegend so genau, daß er sofort orientirt war «Das ist ja ganz nahe bei den Wäl len, ich möchte wetten, zwischen den Waschhausern und der Adtei.« i Jn dem rothen Licht hoben sich die ihiiuser tlar und deutlich von dem jweißen Erdboden ab, und im Lichte des Brandherdes unterschied der Alte die Bäume der Abtei, das Wasser des Waschhauses und den runden Schat ten der Mühlen auf den Feldern. Er zählte. »Die letzte Pappel, die lehte Pappel... Milorets Mühle... Jak nys Mühle eins zwei drei der Weg nach Paris der Grenziibergang . . » ein Prellstein . . . . zwei Prellsleine . . . . aber das ist Ia —- —« Ein Schrei erstickte in seiner Kehle, das brennende Deus war das Haus seiner Tochter. Schneller noch als sein Blick errie tben seine Gedanken alles, was zwi schen diesen Mauern vorging. Die Kinder schlummern. ohne von der Ge fahr etwas zu ahnea.... das Feuer erfaßt die Scheune....die Komm-r ritthe sangen an zu brennen.... der Rauch des frischen Strohes dringt durch die leichten Wände.·.. dann kommt das entsepliche Erwachen.... W der Rauch wird dichter... die Aut giinge sind nicht mehr. zu benusen . . . die Kinder tlammern sich an ihre Mutter....entsetzlicheö Ges rei er hebt sich im Grollen des Bran es « . . liirmend stürzt das Dach zusammen . . iefes Schweigen . . . Hohe Flammen sprühen aus den rauchenden Trüm mern.».dann nichts mehr.... das thiche Lied des alles ver-richtenden uersi Das alles mußte sich 'in einem Augenblick ereignen. Wer außerdem kollte in dieser Stunde die Flammen eben und Alatm schlagen?« Er schreit »Zum-, Feutr!" doch seine Stimme verliert sich im Winde. »Meine Kleinen, meine Kleinen verbrennen!« Die Flammen wurden stärker. Die Hand vor den Augen, wich er zurück, wollte nichts mehr sehen, als Plötzlich seine Schultern an etwas stoßen. Jnftinttiv streckte er die Arme aus, und seine Finger berühren die Glocken. Wie ein Blis durchfuhr es ihn; er faßte sich und rief: »Die Glocken! .... Das ist die Rettung, damit lann man Alarm schlagen. Die Stadt erwacht, und die Hilse ist sicher. Die Sturmglocke!« Stolpernd, während die Knie an die Balken stoßen, eilte er tastend in der Nacht zu den Stricken. Dem Wahnsinn nahe, spricht er mit lauter Stimme, wendet bei jedem Schritt den Kopf- um die Fortschritte des Brandes zu beobachten und stößt mit seinen geöffneien Händen in’s Leere. Dabei weint und stammelt er: »O, meine Glocken, meine guten Glocken! Jhr werdet diesmal für mich läuten, Jbr werdet Euren Ruf in die Stille fchleudern, und Eure lauten Stimmen werden die Stadt erwecken » war tet, wartet . »Ihr werdet unter mei nen Armen t,anzen meine guten Glockent« Ein Seufzer hob seine Brust, seine Finger waren auf den Strick gestoßen. Mit seinen zitternden Händen ergriff er ihn, zu feiner vollen Höhe ausge richtet, mit erhabenen Armen und zog »aus Leibesträftetk mit einem- Fuße gegen die Wand gesiemmt, mit dem andern ain Rande des gähnenden Lo ches, über dem der Klöpvel hing. Doch machtlos glitten seine Hände über den zu weichen Strick. Mit gespannten Muskeln zog er stärter, fiel aus die Kniee, doch die Glocke rührte sich nicht. Er zog und zog vergebliche Mjibei —— Mit geballten Fäusten schlug er auf das Erz, doch seine Hände singen umsonst an zu bluten. Er hielt inne, er lonnte nicht mehr-. »Was wird werden, -—— mein Gott« —- was wird werden?« Als er wieder zu Atbern gekommen ist, überfluthet ihn wieder ein Rest » von Energie. »Da ich zu schwach bin an dem IStrick von hier zu ziehen, so werde ich es von unten, von der Sakristei aus thun, wo die Jungen zur Hochzeit und zur Taufe einläuten viel j leicht. ’ Er überschritt die Plattform, seine Beine tragen ihn taum noch. Zwei mal stolpert er und erhebt sich ganz zerschunden. Doch als er die Tbiir ge osfnet, die auf die Thurrntreppe hin ausfübrt, packt ihn der Schwindel, und er fällt mit dem Gesicht vorntiber auf die Stufen. Das Blut floß über seine Arme und seine Hände und über sein altes, ganz von Thränen benegtes Gesicht. Halb geblendet er hob er sich, denn er wüßte« er würde sterben, bevor er nach unten kam. Aus dem Bauche kriechend, schleppte er sich weiter, erreichte wieder den Glockentburm und flebte: »Mein Gott« mein Gott« laß doch ein Wun der geschehen!« Jn der Ferne slarnmte es noch im mer. Nun begann er, als wäre er plählich wahnsinnig geworden, vor Schmerz röchelnd, der Länge nach aus dem Bauche liegend, den Kon über den Rand des gähnenden Loches ftreckend, langsam an dem Stricke sich bin und her zu schwingen. Plötzlich ertönte in der tiefen Nacht ein langer Glockenschlag dann noch einer und düsteres Läuten erhob sich bis zur Stadt .. . Leute erwachten . . . Fenster wurden geöffnet, und nun lief man nach der Brandstätte. Man drückte die Thüren ein, man risz die halberstickten Schläfer aus ihren Betten, -—— das Haus mit dem Strohdach war vollständig herunter gebrannt, doch die Bewohner waren1 in letter Minute gerettet. Als nun die Todesgesahr vorüber war, dachte die Tochter des Glöckners, als ste ihren Mann und ihre Kinder bei sich hatte, an den Alten, der von oben Alarin geschlagen und eine schreckliche Angst durchleben mußte — und lief -nach dem Glockenthurtm Einige Leute folgten ihr. Unterwegs sagte einer: »Gebt Ihr bemerkt, wie merkwürdig die Glocken itan ni« j, . süns- bis sechs-nah nicht öf ter und ruckweise, dann gar nicht· mehr.« «O,« sagte einer, »der Großvater hat nicht mehr so kräftige Arme wies wit.« s Athernloö murmelte eine Frau: »Es ist nicht richtig, ihn dort oben zu lassen, bald wird er gar nicht mehr s läuten können« « ( Man war am Fuße des Thurmesl angelanat. Während sie die ausgetre tenen Stusen der Wendeitreppe bin aufstiegen« rief die Tochtett »Es-ade- . . . wir sind’s . . . wo bist Du, Dami« Der kleine Trupp, der keine Uni wort erhielt, stieg immer weiter. Als « man die Thtir oben aus der Platt sorm erreichte, ries die Tochter: »Va ter, wir sind’s, wo bist Duf« — Dann lies sie nach dem Glocken thurm. — s »Vater, antwortet« Noch immer nichts. Eine heftige Furcht bemächtigte sich ihrer. »O, mein Gott, sollte ihm etwas zugestoßen seini-m Einer der Anwesenden ziindete ein Streichholz an, doch vergebens durch suchte man den lleinsten Winkel. «· Doch plöhlich als er sich itber das runde Loch beugte, das von der Diele das Licht in der Kirche verbreitete, wich er mit einem lauten Schrei det Entsehens zurück. Am Ende des gespannten Strickes schautelte sich sanst unten ein Körper im leeren Raume. Der Mann nahm seine Lopfdes deckung ab nnd bekreuzte sich, und während man die halb wahnsinnige Tochter sortirng, begriff der Mann, der eben unterwegs erklärt hatte, die Glocken hätten so seltsam getlungen, warum sie nur siins- bis sechsmal und nicht öster angeschlagen hatten. Da der alte Glöckner nicht hatte läuten lönnen, so hatte er sich an den Strick geklammeri und sich hin- und herschwingen lassen. Sein Körper hatte die Glocke zum Läuten gebracht, und sein erhobener Todestamps hatte dir Seele der Glocken geweckt. dmnoevolle Amte-. Mit der modernen Ausbil des Juristen ist tieser Ernst in die llen der Gerichtssiile eingezogen; man ist steh heute der Würde und Bedeutsam keit richterlichen Urt ils zu sehe be wußt, um die trari chen Seiten des Lebens mit einem frohen Humor zu würzen. Da erinnert man sich gern der lustigen Zeiten, da noch die alten Landrichter und Amtsmiinner unum schränlt als Gebieter in ihren Bezir ten walteten und mit manchem Spaß und manch drolliger Erfindung un tereinander und mit den Clienten verkehrten. An solche Originale un ter den Richter-n erinnert ein-e engli scht Wvchtnschtift Ein rechter Humorist vom Schlage der Fielding und Smolleti war der Oberrichter O’Grady. Ein College e ählte ihm einmal, in wie uminas ri r Weise er seine Verhan lun en erle i e: »Ich sage zu den Ker en, daß see mir mit ihren närrischen Be meriun n nicht diä Zeit und den Athem tehlen sollte , und daß all«ihr Gerede nur zum einen Ohr herein und zum anderen wieder heransee « »Nein Wunder,« antwortete ruhig - Grady, ,,es ist ja nichts da, was sie zwischen den Ohren aufhalten könn Ein anderer Betannter zeigte ihm ein abgeschlossenes ZZimnier, das er ich extra hätte bauen la en, nnd in m ee völlig ungestört einen Stu dien obliegen tönnte. » rtresslich!« rief Q’Grady bewundernd auc, »da kannst Du wirtlich Tag und Nacht studiren, alter Freund, und niemand wird davon nur um einen Deut wei er.« Ein anderer Richter ärgerte ich ein über ei en Rechtsamoait, der ihm i- set-soff1 widersprochen hatt-. und sagte voller Wuth: kann. en keine Manieren be ringen. ret« »Das stimmt, mein Lieber," antwortete friedlich der Udvoiat Einst vertheidigte ein Re Zanwalt einen Clienten, dessen d so gut wie erwiesen war. Na m er hn lanw entschuldigt und dertheidi t Patie, sah er endlich das Ver ebliåe eines Berniihens ein und r« plöt lich aus: »Gut, es ist so, ich mu zugeben, mein Client ist ein Sehnt und der Hirößte Lügner in der Weltt« « »Aber Sie vergessen sich,« unterbrach ihn da der Richter-. satte-C Gewissen-en Ein Händler nnd ein Bauer saßen eines Abends in einer Dorsschenle zus sammen. Man tam auch ans das Weiten zu sprechen. »Wenn Sie alles belalen, will icl’n Schock Sechserläse verlnacken!« sprach der Bauer, der wegen seiner Gesröszigleii well in der Runde bekannt war, zum Dändlen «Abgernacht!« entgegnete dieser und hielt seine Rechte zum Handschlag be reit. Mit wahrem Riesenappelit ver schlang das Bäuerlein einen Käse nach dem andern. Der Händler. der sich anfangs seiner Sache sicher glaubte, machte große Augen, und als der Vielstasz den neunundsiinszigsten Käse noch mit sichtlichem Behagen in seinen schier unersättlichen Magen besdrdern wollte, nahm er den letzten der sechzig schnell vom Teller und sprach: »Gott let et nu doch beloalen, denn will ick ock weeten, wie hei smecktl« NO «setbees’saubas«. In dein soeben in Wien erschienenen Künstleelalender ist, wie wir dem Wie ner Extrablatt entnehmen, Peter Ue segger mit folgendem Gedicht verste ten: Weiberg’schinaei. s ’s Dirndl schön, ill’s in Ersten nnd Lesen hob Js 's Dirndl jung. Will's an Kerl. an sestn has-n. stät Pisis- brav, ’I n n an Liabsln bn, s 's Dirndl s lecht, do ll’i in Liebstn san Vesln spie-.