Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 08, 1905, Sweiter Theil., Image 14

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    Die SpielgefährtenH
Roman von V. Wiesen.
Iskakava --T-.- ff
U
(14. ek. na.
Man erwartee it e. Baron
liebte die Geselligieit nnd ließ sich
nicht leicht eine Gelegenheit dazu ent
ge . heute sollte in Dobrawiß
das Erntesest geseiert werden. Die
lder waren abgemiiht. die Frucht
den Scheu-ten geborgen — reich
liche Frucht, von ganz vorzüglicher
Beschaffenheit, —- wie der Baron
jedem erzählte. Zwar aus dem halm
hatte es nicht darnach ansgesehem
aber nun das Getreide in den Scheu
nen untergebracht war, zeigte sich erst,
wie gut die Ernte gewesen und wie
hohe Erträge in diesem Jahr zu er
warten standen.
Die Gutsbesitzer aus der Nachbar
schaft mit Frauen nnd Töchtern, so
wie mehrere jüngere Herren aus der
Stadt wurden erwartet; man wollte
dem Tanz der Dorsleute zusehen,
vielleicht sich auch eine kurze Weile
daran betbeiligen.
In dem Grasgartem wo sonst das
Jungvieb weidete, war der Tanzplatz
hergerichtet nnd die große Scheunen
diele nebenan zur Bewirthung der
sutöleute freigegebem Schon am
Just voll-er you-n me gnug-se unu
Feierabend aus Laub undTannen
lange Guirlanden geflochten; das
grüne Gewinde um Pseiler und Bal
len zu schlingen, wurden die Knechte
beauftragt. Sie stellten sich dabei ab
sichtlich so ungeschickt wie möglich an.
Immer wieder fiel ein Büschel fpitzer
Sanmnreiser den laut auftreischenden
Kranzbinderinnen gerade in den
Nacken
Zu beiden Seiten der Tenne hatte
man primitive Holztische ausgeschla
stn, die Sitze bildeten lange, auf leeren
Viersiißchen ruhende Bretter. Nach
Ueberreichung des Erntetranzes soll
ten die Leute hier mit Saum-T Fla- .
den und Kaffee bewirthet werden.
Den letzteren zu brauen war ein
seit Jahren unbestrittenes Recht derl
Schäfer-strau, deren altbewäbrtes Re- -
zwi: Pfund Kasfee mit einem Pfund -
Cichorie und einem Pfund Svrup in J
drei Eimer Wasser gekocht, sich stetss
der größten Anerkennung erfreute. Je
der Gutsinsasse brachte sich seinen Be
cher mit und durfte aus dem großen
Wafchiessel der an diesem Tage zur
Muffeezubereitung diente, nach Belie
ben schöpfen.
- Im Schloß war die Bewirtbung der
Säfte stets eine sehr opulente, und
Mice mußte alles aufbieten. um hierin
den Würrfchen des Hausherrn nachzu
lommen und seinen Ansprüchen zu ge
trügen.
Seit jenem Abend, an dem Wasil
tm Zorn ihr den Vorwurf zuschleus
verte, sie habe sisch ihm aufaedriingt,
wich sie scheu aus seiner Nähe. Wie
Zwei Fremde. die zufällig dasselbe!
haus bewohnen. gingen die Gatten »
aneinander vorüber. Fabr Zusammen- J
Un beschränkte sich auf die Mahlzei
und ihre Unterhaltung aus die
nothwendiasten Wirtbschaftssragen
Ueber ihnen lag es schwer und
dumpf, wie vor dem Ausbruch eines
Gewitters Ein Gefühl namenloser
Beblonnnensbeit schnürte oft das Herz
der iungen Frau zusammen, als stünde
sie vor einem unbekannten schrecklichen
Schicksal dem zu entfliehen nicht in
ihrer Macht lag.
heute allerdings merlte niemand
etwas von einer Verstimntung. Der
Var-on war wie immer ganz Kavalier,
aanz der bezaubernde Gefellschafter.
Mit liebenswürdig-net samtnen-nen
lIeit empfina er am Fuße der Frei
tret-ne feine Gäste und führte fie der
Gattin entaeaen.
Alice sal- unendlich reizend aus-.
Des Festes weaen tma sie ein weißes
Kleid, das ikyren schlanken Körper
weich iimslosk. Das wellige lunitlos
geordnete Blondbaar und die aroßen,
stillen Anaen gab-en dem Gesicht etwas
rührend Kindliches. An ihrer Brust
binaem schon leise welkend, ein paar
blaßwthe Monatsrosen die letzten des ;
diesjäbtigen Sommers.
Nach Begrüszuna der Anwesenden
und einer kurzen. lebhaften Debatte der
herven üsdet Wetteraussichten wurde
am Kasseetisch Blatt genommen Alice
schenkte ein, ließ die Kuchenberge die
Runde machen und nöthigte zum Zu
areisem Jbr gegenüber thronte die
are des Oberamtmanns publmeier
tabatbrmmen, sehr vrallsitzenden
Ripskleide dessen rotber Atlas-einsah
sich site-ff über die Mtmstetbüste
spannte und mit der Gesichtssarbe der
Dame wetteiferte.
Frau Kuhlmeter hatte sofort ein
Gespräch über verschiedene Küchen
eröffnet dem in gewissenhafter
Reihenfolge sich Mttheilungen über
Massetmelslzuberettuna und Gänse
mästunsg entschlossen Alice versuchte T
tüters anzuhören nur bin und wie
der sog ihr ängstlicher Blick zu Wastl
trägeber ob er auch nichts zu tadeln
Die Furcht war unnöthig, Wastl
stiften deute in vortrefflicher Stim
mng.E den mochte ee einen brillan
im Md zum besten get-TM Its-M
denn die Heeren rund herum lachten
- sie sich sckättteltem trotz-Zerstobe
ME c In
Wim- uwi M vom
I- fkasvvssskavvkskvkskv
ed verschluckt und husiete, pusiete und
ebnean sich, daß man vor Lärm eine
Zeiibang kein Wort verstehen konnte.
Gndlich zu Athem kommend ties et:
hat-a — wahrhaft so zu sa
mos die Ge chichteha
lech .Ve könnte
c platzen var rgnugen.
Ader Hatiinchemha ha, ha, gelogen ist
hier natürlich?«
»F t il, ich versichete —«
« , g n ie man, Sie Schlan
beksetz te verstehen’s Jägerlatem
aus dem Grunde,« sagte der Ober
amtmann lachend und wischte ein leh
tes»Thkänchen aus den kleinen. ver
gnügten Aeuglein »Wir anderen sind
aber auch keine Schassköpsex hab ich
nicht rieche, meine Herren?« wandte et
sich an die zunächst Sitzenden. »Was
bat et uns doch neulich bei Bande
tvidens aufschwayen wollen? Dreißig
Korn vorn Rossen gedroschen —- was,
mass nicht so
»Belsaupte ich auch noch,'« ent eg
neie det Baron »Mein Getteides ät
telt drillant und dies Jahr ist oviuel
gewachsen daß es kaum in den
Um Plct hat«
»Nein. so mast« tie der Oberamt
mann mit etwas zwei lhaster Aner
kennuna staunend. und einer der bet
E
den äußerte:
»Für Ian ist es nur eine tnappe
Durchschnittsernte gewesen; wenn Sie
mehr erzielt haben, Herr Baron, tön
nen Sie froh sein.« Und zu seinem
r gewandt, rannte er diesem
in's Ohr: »Noch froher kann der Lö
tvenstrin sein, da kriegt er vielleicht
mal sein Geld zwriick vom Baron."
Das Gespräch hatte eine Wendung
woran-m die leicht einen Mißilang »
in die Gemäthlichieit bringen konnte.
Aber noch ehe das momentan ein e
tretne Schweigen einlich wurde, ab
man eine Schaar nechte und Mägde I
im Sonntagöpuke die Dorsstraße ent
lang gerade aus das Schloß zu kom
men.
Das voranschteitende Mädchen trug
einen gwkgy aus Aebren geflochtenen
Kranz, mit Bckndrosetten und
flatternden Streifen rothen, blauen
und gelben Papierö reich verziert war.
Ver en und doch im stolzen Bewußt
sein i r Mission, näherte es sich der
Veranda.
Alice winkte der ögernden ermu
thigend zu. »Ihr ingt uns den
Emteitanz?«
»Joa, gnädigei Frute.«
Und nach einem unbeholfenen Knix
und dem üblichen Handtuß begann
das Mädchen geläufig, wenn auch
nicht gerade ausdrucksvoll:
»Dies Dorn ist Zstianden in Sonne
und egen.
Es ist gewachsen mit Gottes Segen,
Mit Gottesteegen wir brachten's
rn;
Es soll der ånädigen frrschast zum
lück gedei ’n."
Wasil und Alire nahmen dankend
den Kranz entgeyem wobei Alters
d freundlich über des Mädchens
rassen, mit Wasser gestrählten Schei
tel glitt, der sich flachsbiond von der
gebraunten Stirne abbob.
Nachdem der seierliche Akt des
Kranziiberreichens vorüber und die
Leute ins Dorf zurück kehrt waren,
begannen dort Fest chmaus und
Tanz.
In Mrmelm die Mühe aus
dem Kopf, schwenkten die Burschen
ihre Schönen mit kräftigem Armim
Kreise beruny wobei es als besonders
Hexegant lt, in die hände zu klat
schen un mit denFiißen zu stampfen.
wei Musikanten, nut Paß und
Fie l, spielten unermüdlich aus, und
wenn doch endlich · Kraft erlabmte,
half eine beirnis Ziehharmonita
ers-E.
Der erste Gespanninecht, ein schnei
diger Kerl, der schon seine Milliar
dienstzeit hinter svch bat, ist der be
gehrteste Nin . Er winkt immer
wieder die hti cl- Tochter des Dorf
schnrieds zum- Tanz zu sich heran.
Der Schmied gilt als wohlhabender
Mann und pflegt aufmunternd mit
schöner Offenheit jedem annehmbar-en
Junggesellen zu erzählen: »Wer min
Karlrnke kriegt, der tri t ook min
Koh und Schand und S win.«
Mochi-en nun Kuh, Schaf, Schwein
oder des Schmiedes Töchterlein die
Veranlassun näseim genug, Karlinchen
l.«« tte viele werdendech schien der
Dominicks Fried der Auserwählte
denn von ihm ließ sie sich necken und
in die Arme weiser-, trug auch Sonn
tags eine Presche, die er ihr vorn
Jahrmarkt mit gis-tacht hatte, und
zeigte dadurch deutlich die Absicht,
«mtt dem d zu geben« .
Der ver andes aber auch ordent
lich. den Miit-ein zu imponirenx er
hatte in der-Stadt spaßiae Redens
arten und seine Markieren lernt.
Dte bunte Reservistenmiixe l auf's
linke Ohr geschoben die brennende
Zigarre im rechten Mundwintel hän
send so new et for-f und sieges
seiner Aussrwsiilrtm
nu nran los dasürz wir tan
n noch etnz!« nnd im Kommandw
Fee-n zu den Musikantenfche »nne Kreuz
polta extra, HIU
» II VII-TM is k- ktzx W
; we zur enn
Lklein be bitlaäried aseßkesd FRde «
: U u «
im- tig ice-tönen Mit Wie spi
W
lsiki essen inten- m des Wit
"«nud W HSW wohl, du
tinnnt er, l eSchritte niemnt er —«
; Karlin , st lrebsroth im Gesicht,
und dem ried wird das Heind wi
’schen den buntge ictten Tragbiin ern
!naß, aber nicht e , als bis die Mu
i l schweigt, Hebt der Tänzer seine
i me frei. im letzten Strich des
JMelbo ns läßt er sie mitten auf
; la stehen« wischt mit dem Arm
Jden gehn-aß vom Gesicht und geht,
um sich durch ein paar Glas Bier von
zder gehabten Anstrengung zu stärken.
s Au der Scheunendiele an den lan
!gen rettertischen sitzen unterdessen
! ie nicht mehr tanzlustigen älteren
jLeute, die Männer bei Bier und
;Schnaps, die Frauen bei Schmalz
Ffladen und Kasser.
; Zwischen den Schmaulenden drückt
»sich, seinen Krakn anpreiiend, der
FJude Tadratz herum. Seit unt-ent
Flichen Zeiten kennt man weit im Uni
;lreise den alten Hausirer. Jn Win
zterliilte und glühender Sonnenhitze
kgeht er auf der Landstraße umher von
; « orf zu Dorf.
l Band, thim unechten Schmuck,
»Spielzeug, Seife, Kämme, Traum
ibiicher und dergleichen schöne Sachen
zhat er vor sich in einem um den Hals
igehängten Glas-lasten. Auf dem ge
’trüminten Rücken schleppt der Alte den
7 acken mit Kleiderzeug, Schürzen und
unten Tüchern, die er in der Stadt
sbillig einhandelt und an die Dorxleute
mit ein paar Pfennia Profit a setzt.
"Ueberall, wo das lleine verfchrumpfte
’Miinnchen mit dem fettgliinzenden
Kaftan und dem röthlich grauen Zot
telbart sich sehen läßt, kommen Frauen
und Mägde neugierig herbei umrin
gen ihn jubelnd die Kinder.
Auf keiner Hochzeit oder Kindtaufe
meilenweit in der Runde pflegt er zu
fehlen froh des bei solchen Gele
hetten etwas reichlicheren Verdien teö
zufrieden mit einer Schiitte Stroh
als Nachtlager und mit einem Stück
trockenen Brodes als Kost.
Später am Abend tommt die
Gutsherrschaft mit ihren Gästen ins
Dorf hinunter.
Alire, die im Umgang mit dken Leu
ten die schlichte, gewinnende Art ihres
Vaters hat, richtet an alle ein freund
liches Wort oder eine theilnehmende
ära e. Jedes Kind im Gut tenntfie
· amen. Als der Großtnecht in
sirammer galtung den Schnurrdart
modisch au wirbelt. vor sie hintritt,
um »sich die hre aus ubittenc ist er
nicht wenig stolz, da die gnädi e
Frau sich wirklich »so gemein macht,
zweimal mit ihm im Kreise herumzu
walzen.
Bald spüren auch die jungenStadt
herren Luft zum Tanz, fordern die
enden Gutsbesitzerstöchter auf
und chtoenken schließlich sogar die
Dorf chonen flott herum
Jn ein Entfernunge des Tanz
platzes ge Wasrl im åesdrach mit
dem Oberamtrnann auf und ab -
Auf dem Wege zum Dorf hat ers
ihn geschickt von den anderen zu isoli- ;
ren verstanden. Kuhlmeier ist ein zu- i
gänglicher Mensch und als sehrtoohl- l
habend bekannt Wasic der seit dem ]
legten Spielverlost wieder ganz auf
dein Trockenen schi, hat sich vorgenom
men, den heutigen Tag zu einer Auf
besserung seiner Famnzen ausz u
nuhen Er hofft sz die durch gute
Bewirthu erzeugte öidele Stirn
mung das rge dazu t un wird, und
nicht ohne t hat er vorhin mit
seiner reichen Ernte geprahlt. Diese
chenDickscha "del waren immer l
entseEituchtm vorsichtig; man mußte i nen i
ernre Geld icher (
stande, ehrt tefich entschloe n,darnit
herauöz uruck en.
Aber so oft der Baron das Ge
spriich auch geschickt auf diesen Punkt
zu lenlen s te, immer lttgrrh Kuhb ;
meier dernse ben im e cheidenden
Moment eine entgegen fette Wen- :
dung. Verstand er toi ich ni
oder wollte er nicht verstehen? sil
merkte bald, daß dieser Mann tro
aller Offenheit und Jovialität
nicht gan eln ließ, und faßte schrie
den Guts uß, statt in halben Andeu
tungen geradeaus ohne Umschweife
zu-reden.» « «
r schon og anytmeter seinen
Arm aus dem s Barons, und wäh
rend die vergnügten Aeugelchen schel- «
miseh zwinlerten, sagte er mit einer
Miene völliger Ahnungslosigleit:
»BaIaUchen, lassen Sie uns doch’ n l
bischen näher herangehen, da wo die
Tanzerei ist ha, ,bin zwar schon
ein alter Kerl, se' aber noch anz
gern nette Mädels rumhopsenl
auf einen blonden, etwas einfältig
aussehenden jung-II herrn deutend-,
der im korrekten nzstundenpas mit
Schmde Karlinehen walzi, ruft er
lustiq aus:
Was en Sie hloßi Da hat mein
Adolf wahrhaftigen Gott schon
die h cheste langtt Son ver
slixter Ben ha, kleiner Schwe
renötherl ,schadet nichts, bin Ptolz
darauf. Jmnier flott immer ein
Aber I kostet ein itsen lb, können
Sie mir glauben. sxahr in der
Stadt als Einjähriger, au weh. Da
gis ßt’ö blos immer: ,.,Vater schickl«
s reißt nicht ab mit dem Baargeld
schaffen Ha, has wenn der Jung «
denn aber zum Besuch kommt, so prop
gen forsch, in Kaisers Rock, hat man
seine Freude dran«
oEdelsil zwan zu einer höflich
znÆ stimmenden D a.se Als der -
Papa auf Tanzplatz stehen
ålieb,Po mn die That seines Sproßlin s
weiter u hemmt-er n, wandte er
missen-ihr ab. n und Entwu
schung späten in Er hatte den
Oberamt-sann de breitet-, rothes
Ge so vergnügt la an der
den nlrniiqenLeu hiö
tlIi das leste Oel anspem
tel c " "Ua« Isstirs —
die Gen-. Ue setzt-traten Lippe-n Mur- (
ten sich zu einer Verwiinsthmg »und i
lZier-steife skgetxpwger Funke-isten Tit-kenn
mang, vie ihn vernichte Ausdruck
e
send, ließ er im See-sinnen
urch die Lust sau en und hieb aus
ein in der Rä wucherndes Holundets
sträuch. B ittter und Beerendolden
oben umher, zugleich ertönte ein
dumpser We laut. i
Wasil blie stehen und horchte. Die .
Dämmerung ließ nichts mehr deutlich
erkennen.
»Wer ist da?'«
Zwischen dem Blattwert taucht der
Kopf des alten Haufrrers aus. Der
lange Bart zittert ihm vor S reck,
die roth ent ünd:ten Augen ehen
surcätsam zu sil empor.
» ann der Kerl nicht antworten?«
Both dieser noch ein«-nat »Wer bist
u «
»Wdiger Herr Baron werden doch
kennen den alten Tadratz,« klang es
unendlich demüthig zurück.
»Komm vor. Was hast Du hier zu
spät-M
horsam kroch der Alte aus sei
nrm Unterschlupf heraus.
»Gott soll lassen leben den Herrn
Baron 100 Jahr! Nischt hab' ich e
tham als da ich hab’ verhandelt for
billiges Geld scheene, feine Sachen
was se mer haben abgetoost sar de
Kalle und de Schickselchenk Und de l
rette sein gut gewesen zum alven
Jiid’ und haben ihm wollen gebenzu
essen; weil es aber is gewesen unrein,
bab’ ich nischt genommen, hab' F
dentt, schlafen is so gut wie satt sein.
und b’ mer gelegt hier zur Nacht'·
» irst Du verdammter Kerl end
lich das Maul halten,« fuhr Wasil da
gischem »Wer hat Dir erlaubt, mit
inem Schandtrsam auf meinen bog
zu kommen? Gleich scherst Du Di
weiter, Judenhund. Hier giebt’s tein
»Na tquattier für Landstteicher und
zDie sgesindel.«
Der Spazier-stock fuhr wieder durch
Jdie Luft. Nechtzeitig sprang der Alte
zur Seite. Er zitterte an allen Glie
dern. ·
»Sol! mer strafen, gnädiger rr
Baron,« jammerte er, »wenn ich b’
wüßt, das es is große Sind, ßu
ttzen still im grünen Holunderftrau «
Hab’ i doch nicht betrogen nich ,
nich C rist, und die gnädige rau
Baronin tann mer beßeigen, da der
Fett Vater schon hat von mir ge
auft, wie se is gewesen noch ganz
klein; und wenn ich bin gekommen ßu
gehn, hat se immer getlatscht in ihre
köndche und hat gerufen: »Der liebe
Härer is da, der liebe Tadratz is
»Soll ich Dir Beine machen, alter
Spitzbube!« donnerte der Baron, dem
Angel-. der ihn seit dem erfolglosen
Gespräch mit Kuhlmeier beherrschte,
freien Lan lassend. »Jn zwei Minu
ten bistDu vom Hof herunter oder-«
»Bei mer, wei mer —-- nischt ge
gesse, nischt,geschlose!« winselte der
Alte, hatte im Augenblick sein Bündel
auf rasft und über die Schulter g
war en; den Kasten, den er nicht mehr
Zeit behielt umzwhiingem umklam
merte er mit den Armen. Dann ha
stete er, o s nell ihn die Füße tru
gen, der irnt nLandstra zu. Sein
langer Kafian flatterte im inde.
III
Ob in Lust oder Leid —- die Zeit
verrinnt. Der Sommer hatte dem
bst Pla gemacht. Schon war das
aub der ··u.me gelb gefärbt und be
gann zu verflatterrr.
Jn Taninben wurden die legten
Rüben eingefahrew Das sah weit we
niger lustigæaus als im hochsommer
die Getrei rnte. Damals rasselten
die Gespanne nur so über den gis
daß der scksvere Lanng auf m
Leibern-sagen hin- und hertan te, der
Knechte bunte « bänder atterten
und die Mägde sc treischend an den
nbitern lten mußten. um
ni Käfer-but . Jeßt arbeiteten
die s ralligen BretterwagenM
nur langsam durch den ausgewe· n
Lehmbodem Selbst das Knallen der
lan n Peitsche, die der Gespannt
tunsxvoll durch die Luft tnattern l ,
klang melancholisch.
en Fensterplatz, strickte und sah
nn vergnü m- dte graue, einiönige
Herbstlan chafi hrnaus. Da war
nichts, woran man sich hätte erfreuen
und unterhalten können — ein
Schwarm Krähen, der, von den näch
sirn Bannunipfein ausstiegen-, sich
auf die scknvmze Bracherde niederließ;
ab und zu ein- voriibergehender Arbei
ter, die rte über dem Rücken, oder
wenn es m, ein plumpeer
wagen mit fchtnuhitiefenden Rädern.
Frau Dittmer hatte nie eine beson
dere Vorliebe für das Landleben ge- -
jth war es ihre geradezu ver
Eis-: denn nicht einmal die Seil-ji
h»Frau Dittrner saß auf ihrem er
hoi
ändigieii und unbedingte Autorität,
onstbamii ausgeiöhn t hatten,
genoß se ungetrübt. äriwahrendgab
es Neibeteien mit m Kämenerer
Brunk, dene en witthichafilichenAnord
nungen tesich im eigenen Interesse
Fugen mußte-. Der Mann, der durch
eine Erfahrung Treue und Umsicht
Zä: tmsgahbarediådtenlxie lgäsdiehiteiichnåar
gera um er ne ii
willen rcnbequetn und aniipathisJ,
und Fa oft sich nur die Gele i
bieten wvsllie, suchte sie i dies in
« rischer oder ehåsst eise fühl
Exil Essai-e tFrtelunk ntchi eine
Zagt-s guuimiit pe, arglose Natur
en, dann hitiie es l schon sing
ieiu völliges Zerwiirfni gegeben un
der Man sScctdeeine schrienka Fig-»an
e re an
hin prallien fM Füser
Worte gleich wirkungslos ab; zu tiau
fMiit-vers Ml em- Uerqer ignoetrie .
et all·ihre « lltgteitem als gingen
ge ihn nicht das gerinan an. Für
runt fiemd das Weh von Tonma
ten obenan, er leitete das Gut, deiner
fett nun bald drei ig Jahren alle feine
Kraft gewidmet tte, und es weite
ihm undentbar erxchienem f davon
zu trennen. Ein olcheö ftar es Her
nvathsge ühl kennt man nur auf dem
Lande. wird es mit den Menschen
geboren und wö ft mit ihnenIZeram
bis es fo feft in hrenserzen urzel
schlagen, da es si nicht mehr
Krausreign lii t.
Frau ittmer ftrickte und seufzte.
Was war das wieder für ein entfetz
licher Tag! Langeweile und Aer r,
weiter gab es hier wirklich nichts. ie
alternde Frau dachte mit Schauder an
den herannahenden Winter. Dunkle
Tage. einsame Abende, niemand in
derNähe, der sich wahrhaft um sie -
for-Ja I
ie sie isk- in stillem Gkiidem mit !
dem Schick al grollt, hört sie fchwere ;
Schritte draußen auf dem Flur. Ge- ;
rade fo klang es früher, wenn ihr l
Mann, vom Felde heimlommend, am
Wohnzimsmer vorüberging. Lange,
lange hatte sie nicht mehr an ihn ge
dacht, und jetzt iftes ihr plötzlich, als
würde sie froh fein, wenn er herein
trate mit dem freundlichen, verleaenen
Lächeln und den beschmutzt-en Wirth
schastsstie eln.
Wirtl« öffnet sich die Thür. Es ist
das Stubenmiidchen, welches melden
kommt, der here Kämmerer stehe
draußen und wünsche die gnädigeFrau
zu spte n
»Der-Brand was will er denn?«
»F weiß nicht«
» ihn hereintonunen,« bestimmt
Frau ittmer, richtet sich stra ser aus
und «ebt ihrem Gesicht den unverä
nen usdruck. Das Mädchen , ht wie
der, man hört leich darau an der
Thür das umständliche Schatten
schwerer Füße, ein turzes Klopfen,
dann tritt Brunl herein und nähert
sich mit bescheiddnem Gruß
«Gniidige Frau werden entschuldi
gen, ich wollte blos bitten..."
»Was giebt es denn am hellen Vor
mittag so Wichtiges zu besprechen, daß
Sie die Leute darum ohne Aussicht
lassen?’ fragte Frau Dittmer spitz.
»Es hat eder seine Arbeit und ist
richtig angeitellh da brauch’ ich nur
ab und zu nachzusehem aber nicht alle
lvege dabeizu tehen. So geschah es
auch zu des seligen gnädigen herrn
Zeit und ist ihm immer recht gewesen,«
entgegnete der Getadelte aleichmiithig.
lFosrtsetzuna folgt.)
Ist-Miste Eisen-ahnen
Der Reisende. der in Station Wir
ballen aus dem preußischen Eisenbahn
zug in den russischen hinüberturnt,
hat vorn ersten Augenblick an die deut
liche Empsindung, daß er sich in einer
völlig anderen Welt befindet. Nach
der vatternden hast des preußischen
Zuges, der qualvollen Enge der klei
nen Coupes, der soldatischen Raubheit
der beeren Zugbeamten umfängt es
ihn drüben mit sanften slavischer
Weichheit, mit wohlia-behaglicher,an«
genehm einlullender Raumsiille. Mit
jeder weiteren Werst, die man vor
wärts kommt. steigert sich der Ein
druck, daß die Eisenbahn in diesem
balbzivilisirten Reiche in weit höherem
Muße als sonstwo ein Kultursaltor
vornehmsten Ranges ist. Wer in den
weiten Gebieten des Zarenlandes reist,
der ist daraus angewiesen, sich aus
viele, viele Stunden, ja ost aus Tage
und Wochen im Eisenbadnwaaen
wohnlich einzurichten. Aus dieses Be
dürfniß ist denn auch der aanze Be
trieb des Personenverlehrs aus den
russischen Bahnen, namentlich den
langen Auslandslinien, zugeschnitten
—- die beaueme Einrichtung der Cou
pes· der reichlich zuaemessene Platz, die
aute Küche der Restaurationswagen
und vor allem die Haltuna des Ver
lehrspersvnals· Der ruisische Eisen
bahner ist ein Muster den Zuvor-kom
menbeit Kaum hörbar durchschreitet
er die Tom-es erlediat in höflichster
Form die Billettrevision. nimmt jede
Geleaenheit wahr, den Wünschen des
Reisenden zuvorzutommen und weiß
ihm in erfreulichem Gegensatze zu sei
nen Kollegen in anderen Ländern das
angenehme Bewußtsein beizubringen,
daß die Eisenbahn um des Publikums
willen da ist und nicht umgekehrt·
Wohl maa im hintergrunde dieses
liebenswürdigen Verhaltens die stille
hoffnung aus ein »Theegeld« ruhen;
aber ich habe nie bemerkt, daß die
Fahraask, die ein solches nicht zahlen,
etwa schlechter behandelt würden. Be
areislich ist es immerhin, daß die ar- ,
men Schlatter, die im Dienste der rus
sischen Bahnen stehen« ihr lächerlich
taraes Gntomrnen durch tleine Neben
sporteln zu verarößern suchen. Gehalt
und Meilenaelder dieser wichtigen
Beamtenlateaorie sind so niedrig be
messen, daß ihre Lebenshaltung eine
durchaus proletarische ist. Mit 30,
40 Nubeln in einer Stadt wie Peters
dttra sich feldst nebst Weib und Rin
dern anständig durchzudrinaen -———- das
ist eine rechnerische Aufaabe, siir die
selbst Graf Seraius Witte. der be
kanntlich auch einmal als Eisenbahner
anaefanaen hat« teine befriedigende
Lösung zur Hand baden wird·
Die russtschen Eisenbalmer sind ein
bochintelliaentes, weit vorgeschrittenes
Element. Auf meinen Fabrten durch
Russland bade ich mit diesen beschei
den-höflichen Leuten manches Stünd
chen angenehm verplaudert. Es sind
nicht wenrae darzmtey die mehrere
Jahre aus einer höheren Schule, einem
Seminar, einer Realschule zugebracht
baden, ja soaar einem ehemaitaen
Studenten in der Kendutteurs-Uni
drin bin teh die-se net. Dem Auslan
, der sich n in MUM
terfnrache verstärr n kennt, W
see qern ihr herz. n lernt da diese
höflichen. stillen Menschen von ganz
anderer Seite ierrnem als fanaiische
Anhänger der fortschrittlichen Ideen,
die sehr wohl wissen, wo Rußland der
Schuh drückt. »Das Volk ist erwacht«
—- das war der ständige Refrain, den
ich bereits im verflossenen Sommer
immer wieder aus ihrer Unterhaltung
heraushörtr. »Das Volk ist erwacht
—sie sagten das in so bescheidenern,
fast demuthvollem Tone, aber in ihren
Augen leuchtete dabei ein nur miih arn
verhalterreS, leidenschaftliches Feuer.
Ob Russen, Firmen oder Polen -—in
dieser einen Hauptrichtuna schienen sie
alle gleich zu empfinden. Am reserviri
testen verhalten sich vielleicht noch dre
Finnerr, die durch ihre fchtvedisch-hro
testantische Kulturtradition und ihre
nationalen Sonderziele sich von dem
übrigen tussischen Völkerionalomerat
ziemlich scharf unterscheiden. Dagegen
scheint das polnische Element, das in
der russtscherr Eisenbahnerschaft siari
vertreten ist, völlig demokratrsitt.
Dem Tschinvwnii wie überhaupt al
lem, was zum herrschnden Reaime ge
hört, gilt der stille Haß aller dieser
Leute. Wenn jenem Regime ein
Schnipvchen geschlagen werden kann,
thut man es nur zu aern. Auf der
Strecke Dünabura-Pskow war ich
Zeuge eines Vorfalles, der mir nicht
ohne symptomatische Bedeutung zu
sein schien. Jch stand im Dienstcoupe
der Konduiteure und hörte mir ihre
Ansichten iider die Meuterei auf dem
Fürst Potemtin an, als plötzlich se
mand vom Zuapersonal beigelaui
sen iam und den anderen was zu
flüsterte. Zwei oder drei Miann gin
gen mit ihm, und einige Minuten
später lehrten sie mit eine-m jungen
Burschen in zerrissener und beschmut
ter SoldatensUniform zurück, mit dem
sie irgendwo hinter den zum beizen
der Lokomotive bestimmten Holzhau
fen verschwanden.
»Was ist mit ihm?« fragte ich einen
der Konduiteurr.
»Nach Pstow will er» . . . ist auf den
Zug aufgesprungen..
ie —in voller Fahrt2«
IWas thut dar Mensch nicht aus
Verzweiflung! 's ist nämlich« — er
gämpfte seine Stimme zu leisem Flü
stern —- »ein Deserteur!«
.Und was machen Sie mit ihmi«
»Wir nehmen ihn einfach mit! Jst
doch auch ein Mensch! Will auch mal
mit dem Schnellzua fahren!«
»Und wenn man. . ihn hier fin
det?«
»Pah —- niemand wird ihn suchen!
Haben jetzt andere Sorgen . . .«
Ich bemerke nebenbei, daß im Zuge
wenigstens ein Dutzend Osfiziere, da
runter zwei mit Generalsabzeichen
anwesend waren.
Vierhunderttausend Köpfe Zählt
das aesammte Personal der russifchen
Staats- und Privatdahnen — ein
ganzes Heer von Menschen, die sich
durch freiwillian Hunaern das Recht,
srei zu denken und frei zu reden, er
streiten wollen. »Der Mensch stets
höher als der satte Magen«, sa t d
ehemaliae russifche Eisen ei
Marim Gorki in seinem Nacht-a hi«
und seineKameraden machen das
terwort zur Wahrheit Der D s
waaen Georae Stevhensons als poli
tisches Ranwsmittel —- ein seltsaan
arandioses Schauspiel! Wie sein
Schlußatt ausgehen wird -—die näch
sten Tage, die nächsten Stunden viel
leicht werden es uns lehren . .
--—-——
Orts Witte.
Aus der Vergangenheit des Grasen
Sergius J. Witte geben russische Blät
ter einige interessante Mittheilungen.
Der Vater des Grafen, der Mitglied
des Konseils beim Statthalter des
Kaukasus war, war mit einer Tochter
der Frau J. P. Fadejewa, einer gebo
renen Fürstin Dolgurokowa, verheira
thet, einer hochgebildeten Dame, die
sich um die Erforschung der Flora des
Kaukasus große Verdienste erworben
hat und auch mit humboldt in Verkehr
stand. Seiner Mutter nach ist somit
Graf Mitte ein leiblicher Neffe des
Schriftstellers R. A. Fadeiew und ein .
Vetter der-betannten Theosophin J. N.
Blawatskaja und der Romanschriftsteli
lerin W. P. Scheliiowskaja, geh.
Dahn. Seine ersten Kinderjahre hat
Graf Mitte mit den beiden genann
ten Damen« die früh ihre Eltern ver
loren hatten, in Tislis verbracht. Das
bescheidene Haus der Schachmuradotvs,
wo Witte geboren wurde und viele
Jahre gelebt hat, befand sich an der
Ecke der Gribojedotvstaji und Tschatvs
tschawadschivasiaja in Tislis. Es
wurde erst in den neunztger Jahren
niedergeritsem um einem grandtosen
Neubau Plan zu machen. Vor dem
Abbruch des hauses hatte der Besiher
dem Staatäseiretär auf seine Bitte
mehrere Photographien davon iihers
sandt. Gras Witte ist ein Zögiing des
Ersten Ghmnasiums in Ttslts und der
Odessa’er Universität, deren physitos
mathematische Fatultät er im Jahre
1866 absolvirte. ·
Ein Direktor des Stahltrufts sagt,
8100,000 Jahresgehalt sei nicht zu
halt zu hoch. « . «
Die Herrschaft über den Augenblick
ist die heteschüst über das Leben.
O II O
»Sie haben sich atduckt," sagte der
Richter zu Vatrick Cane, der Josep
Nat-ansah nntlagte, am Strand aus
ibn HONIij haben. «Wchrhqss
ti das that ich. Euer Ehren. Es ist
be te, stins Minuten ian ein Feig
iins als set-n Lebelang todt zu sein.·