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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Nov. 24, 1905)
Her-Ring Uriminal . Roman von ID. Elster. (8 IMMIMO -Wd’ ich fast-si. Aber dieser Herr Mk Sie und kannte vor allem Ihren W Bruder« . ich war genöthigt, Unherrn Riip er pfiinden zu lassen « Mir Beauftragter fand dabei diese Masche welche nach den darin ent hobenen Wimgen Ihrem ver siorhenen Bruder gehörir. Auch ein ade am Todestage Ihres Bruders lliger Wechsel, accepiirt von Herrn von Kaminsli und miiunierzeichnet von einem Herrn von Breitenbach, fand sich darin vor. Das machte mich neugierig und ich begab mich zu dem Verm von Kam-insti, um ihn auszu forschem wie er in Besitz dieser Brief iasche gekommen war. Das weitere sollten Sie aber von ihm selbst hören, denn er will sein Geheimniß nur Ih nen anvertrauen Sind Sie einver standen, so fahren wir sofort zu ihm. Viel Zeit haben wir nicht mehr zu ver lieren denn wenn nicht alles täuscht, dann sind die Tage Kaminsiis ge zahlt. « »Ich bin bereit. Sie zu begleiten. Ader vorher möchte ich dem Amts gerichisrath Wermcke ielegravhiren, urn ihn über das Schicksal Bertha Wüllhranidis zu heruhigen " »Wir fahren bei der Telegravben station vor. das ist das einfachste « »Ja Sie haben recht.« »Also kommen Sie, ich erzähle Ih nen unterwegs, wie ich die Bekannt schaft des Herrn v Kaminski machte. Sie haben sicherlich von dem sensaiio nellen Spieler- Prozeß gelesen-Z« «Allerdinigs « hNun in diesen Prozeß war der faul-ers Herr als Hauviaiieur ver wickelt. —- Sind Sie fertig? —- Ja dann wollen wir geben« Während dieser Worte hatte der Iusiiirath seinen Ueberrock angezogen, ergriff nun Hut und Handschuhe und iomvlimentirte Ferdinand zur Thür hinaus Auf der Straße angekommen, winkte der Jsusiizrath einer Droschie erster Klasse herbei und aab dem Kut scher die Adresse, wohin er fahren follie. - Dann stiegen die beiden Herren ein und der Wagen rollte fort. »Wohin fahren wir?" fragte Fer diimnd nach einiger Zeit. »Ja das dunkelste Berlin« ent gegnete der? Justizraih lächelnd. »Mu? »Oder in das Sckkeunem Viertel, wenn Ihnen dieser Ausdruck bekann ter isi Kurz· in jene Gegend Ber lin5, in welckser sich alles lichisckseue Gesindei der Welifiadi zu verkriechen glägxz Waren Sie noch niemals »Nein." »Nun. dann werden Sie Berlin ein mal von der Kehrfeite kennen lernen." an der That, mit dern gläneenden Stadttheil, in welchem der Justizrath wohnte, hatten diejenigen. engen, dunkler-. schmutzian Straßen, durch l weiche sein der Was-en über das hoc- ! perige Pflafter rasselte, nicht die ge- ’ rinafte Aehnlichkeit Eine fchrviile, fiickiae, übelriechende Luft erfüllte die Gassen. Miit-ferne wand sich durch einige derselben die Straßenbadn un ter fortwährean fchrillen Geläute der Glocke. denn alle Augenblicke war eine Straßenibieauna oder Kreuzung zu überwinden oder ein anderes Hin derniß ftellte sich ihr entaeaen. Jn den alten, verstaubten. dochaiebliaen Häu fern mit den tiefen dunklen Höfem die wieder durch Hinterbiiufer umarenzt wurden, befand sich ein- kleiner Laden neben dem andern; Höcker- und Grün krarn-Keller, Kneipen und Destillen, in den-en lichtfclteues Gesindel fein Wes trieb, waren faft in jedem sauf: Aermliche. blasse Kinder spiel ten auf den Gassen: fckxlumpiae Wei ber standen mit verdrossenen Mienen auf den Hausfluren zusammen nnd finster- oder frechblickende Burschen trieben sich in den Kneipen herum. Auch biet mochten ehrlicke und arbeit iame Menicken wohnen, tleine Hand werker, ehrliche Arbeiter, niedere Be amte ——aber man sah sie nicht und die bedenklicken Elemente der Bevöl kerung drückten dieser Gegend ihren Charakter auf. an ein-ein etwas besseren Haufe die ses StadttheilT on einein kleinen Maß qeleoen, auf dessen Mitte sich eine alte kleine. baufälliq auisiebende Kircke erkob bewohnte der »Baron« Kaminsii. nne er biet aenannt wurde, eine kleine Wohnuna aus Zwei Zim mekn und einer Küche bestehend zweiten Stock. Im Erdenschoß befand lieb rechts der Hausthir eine Bier tneive, links ein fchmutziaer Barbier laden. Auf dem Hofe war eine Tisch- ] lerei und Floicktenbierniederlaoc Im ersten Stock hatte sich eine Händlerin mit exotischen Vögeln. Papaqeien und Kolibris. niederaelassen der man Month daß sie ihr Geschäft nutx akt Deckmantel fiit ihr uns-anderes Treilsen kennte. Pein zweiten Stock wie-sie ist-Bis der »Besten« links ein Wintelkonlulent ein entlassener IManalt Den dritten Stock be ,vitiksekten mehrere Arbeiter-inmitten miMhireichenbkiizdernoch mä . nenne u r n a «« » mMey starrte von F- ? h nnd Miit Die Stufen derj Treppen lnarrten unter den Tritten der Aufs und Absteigenden und die Thüren und Fenster zeigten breite Spalten » is· Und hier wohnte der »Baron« Ka minsti, dessen Eltern noch ein großes Ritteraut in der Provinz Posen be sahen und dessen Vorfahren die er sten Ratt-geber und Feldberrn der Krone Polen gewesen waren. Armee Baron! —- Auch er hatte bessere und glänzenden Tage gesehen, als er als schmucker schneidiger Leut nant bei den Garde-Ulanen stand und als der «schönste Offizier Sr.Maje stät« galt. Aber diese Schönheit wurde fein Verderben. Er glaubte überall die erste Rolle spielen-zu sollen. gerieth in Schulden und auittirte den Dienst. da er sich nicht nach der Provinz versetzen lassen wollte. Eine Zeit lang spielte er nun den reichen und eleganten Lebemann in Berlin. Als aber auch sein väterliches Gut unter den Hammer lam, gerieth er immer mehr in loirthschastlichen Verfall und das Ende vorn Liede war, daß er seht auf ärmlichem Lager in einer schmutziaen Wohnung in einem anrüclxiaen Hause im »Seht-unwahr tel« lag — ein todttranler Mann. Durch eine Heirath hatte er sich ret ten wollen. Aus seinen eigenen Kreisen erhielt er lein Jawort mehr -—- des halb wählte er eine wohlbabende Bür aerstochter. Die Eltern wollten nichts von der Heirath mit dem herunterge tomrnenen Baron wissen. er entführte das bethörte Mädchen, das die Eltern nunmehr bis aus ein geringes Pflicht theil enterbten. Als dieses aufgezehrt war. sing das Elend erst recht an und ietzt war das Ende da. »Gieb mir zu trinlen, Anna, stöhnte der Kranic, sich in den zer toiihlten Kissen bald aufrichtend. Als das arme, abgehiirmte Weib ihm jedoch eine Tasse Thee reichen tue-lite, stieß er ihre Hand brutal zu ru . »Nicht das erbärmlicke Gesöff,« schrie er mit rauher Stimme. »Gieß toeniastens zur Hälfte Rum hinein.« »Du weißt, daß der Arzt Dir Allo hol verboten hat« sagte die Frau mit toeinerlicher Stimme. »Zum Henker mit dem Arzt! Ob ich einige Stunden früher oder später zum Teufel fahre, ist ein-erlei. Gieb mir den Rum.' Mit zitternder Hand reichte die Frau ihm die Flascke, die er an die Lippen sente, um einen tiefen Zua zu thun. Ein Hustenanfall unterbrach ihn im Trinken. er griff mit beiden Hän den nacb der fchmerzenden Brust, so daß die Flasche aus das Bett fiel, von wv sie die«Frau rasch sortnahrn. Dach einer Weile erholte sich Ka minsli. Aber das heiße Getränl batte das Fieber nur noch erhöht. seine Wonnen glühten, seine trockenen Lip ven brannten und in seinen Augen flatterte es wild und heiß aus. »Wenn der New-, der Justizrath nicht bald kommt, dann gebe ich ihm noch durch die Loppen,« höhnte der Kranke. »Was willst Du eigentlich mit die sem Justizratb Betnet?« fragte seine Frau mistttauisckx »Er hat uns noch das bischen Hausratb, welches wir besaßen, psiinden lassen.« . .. »Das hat et gethan... ja! Ah, wäre ich gesund geblieben, es wäre nisbt dazu gekommen! Wir hatten ge rade einen neuen Gimpel im Garten, den wie ordentlich rupfen wollten, als man uns ftiirte.« . . . »Das heißt, als man Eure Spiel hölle aufhob! Adolbett, daß es da hin kommen mußte!« »Flenne nicht! Das Spiel ist ein handwert wie jedes andere, sagte der olle ehrliche Seemami seligen Ange denken. Bin selbst früher ost getupst worden mache mir deshalb auch tein Wesen var-aug, anoere zu rupsen i Das ist nur ausgleichende Gerechtig keit!« lachte er mit entseylichem Hohn. »Datiiber wäre ich auch hinweaaetonk men — aber über das Eine nicht... damit belastet will ich nicht sterben . .. nein.» nein.» nicht sterben...« Seine Worte ersiarben in einem un deutlichen GemurmeL Er sant in die Kissen zurück, seine Augen schlossen sich, eine fieberhaste Gluth über slammte sein einaesallenes Gesicht, er riichelte schwer. Seine Frau beugte sich besorgt über ihn. O dieses arme Weib, was hatte sie schon urn ihrer Liebe willen gelit ten! Als glänzender Kavalier war er ihr entgegengetreten Jnnerlich hohl und unhaltbar war damals sein Leben schon gewesen, aber sie alaubte seinen Worten, daß er sich wieder Anherok- » beiten würde, wenn er nur festen Bw l den unter den Füßen fühle. Vielleicht wäre es ihm auch gelungen, wenn er sich dem Willen ihres Vaters aesiiat und in dessen Geschäft eine Weiß toaaren-handluna, eingetreten wäre. Aber er wollte nicht hinter dem La dentisch stehen« er wollte eine Stellung im Leben einnehmen. sein Schwieger vater sollte ihm ein Gut tausen. Das wollte nun der alte Leinwaarenhänd ler nicht und so schieden tie im Zorn von einander. Anna hieit fest an ihrer Liebe. Sie vertrautedem Geliebten, der sich in der Herßen Zeit ihrer Ehe auch bemühte, W eine anständige Existenz zu erhalten. Aber das Spiel, der Trunk, die Renn bahn winkten zu verlockend. Aus einem flotten Lebemann wurde ein Gewohnheit-Steinchen ein Berufsspieler, ein gewerbsmäßiger Buchmachert Un aicflmltfam nahm das Verhängniß seinen Lauf, bis der frühere glänzende Gardeofsizier zutii Berbrecher herab aefnnten war, den nur seine Kraut heit vor dem Gefängniß bewahrte. »Du bist katholisch, Adalbert.«flü fterte Anna. »Würde es Dich nicht er leichtern. wenn Du Dich gegen einen Priester Deiner Religion aussprechen tönntefi3« »Einen Priester?!« fuhr er empor. " » dalbert,« bat die Frau und er iaß e feine Hand, sie sanft und mit ihren Thriinen benebend Dann kniete sie neben feinem Bett nieder, lehnte die Stirn auf den Beitr-and und brach in heitiaes Schluchzen aus. Sein Blick ruhte lanae auf der zu sammen aeiuntenen Frau, die obgleich kaum über dreißiaJahre hinaus den veriiimmerten Eindrua einer Fünf Ziaiiihriaen machte. Sein Auge wurde feucht, in seinem Gesicht zuckte und ar· deitete es. Er leate die Hand auf ihren Scheitel sanft und liebreich, wie er es lanac nicht aethan hatte. ,»Anna. Fraii,« flüsterte er mit hei serer Stimme. »ich danke Dir . . . Du hast treu bei mir ausgebalten . . . warte nur noch kurze Zeit, dann bist Du frei . .. und dann wird Dein Ba ter nicht mehr unbarmherzig sein« »Ach. Adalbert . . ." »Es-aß mich ivrecken. Anna. Ich habe unrecht zaeaen Dich gehandelt. ich weiß es. Ich duriieDich nicht aus den ar sicherten Bahnen Deines Lebens reißen —oder ich mußte mich dem Willen Deines Vaters keuaen... baha, es wäre vielleicht aus mir noch ein ganz iiichiiaer Lrsinivandbändler aewordeni WeshaTE auch nicht? Geschäft iit Ge schäfi — und ein Kaufmann saate mir mal: ter iit der beiie Handelsmann, der cni besten keiriiaen kann. Und leirearki habe ich ja aenua in der Weli. . . .« »Dir inarit lrickisinnia. Adalbert, aber nicht schlecht. . ." -,.Neiri. Anna, wir wollen uns nicht mehr täuicken ich war schlecht! Schlechter als- Du Dir denken kannst —ick- war ein Verbrechen Anna...« ..Adalbert ! ! !'« »Ja, ja, ein Verbrecheri Was hilft das Lenanen und Veriuichen2 Anna, erinnrrit Tu Dich noch. ais wir zu fannnen ani dem Rennen in Harzburg iisarrn? Es find drei Jahre her. . .« ,,L’ta... ich entsinne mich. . .« »Damais aina·s nie-s noch leidlich. Ich hatte auf dein Nennen aute Ge schäfte gemacht. Dennoch drohte mir das Verderben, ich sollte einen Wechsel zahlen . « ich konnte es nicht .. . der Gläubiaer war unerbiitiich.» und wenn der Weckfel rur Einilaae kam, war mir das Ruckibaus arti-iß. . .« »O mein Goitk" .Ja. Anna, ich hatte eine Unter schrift unter dein Wechsel geiiilfcht . .« Die unalijiliclxe Frau schan die Hände vor das- Gesicht. Aber Kamingii fuhr mit einer aewissen Selbstverach tuna und ielditauälerischer Schaden freiide iori: »Ich war ein elender Kerl ein Feialina... ich wollte nicht in·s Zuchthaus . .. erinnerii Du Dich noch, daß ich Dich allein nach Berlin zurückkam-en ließ? Jch hatte noch ein Geschäft abzuwickelm bei dem ich Nie manden gebrauchen konnte. Ich wollte den falschen Wechsel wieder haben, koste es was es wolle... nnd es ko stete mich niei Seligkeit . .« Keuchend hielt er inne. Eine un heimliche Stille trat-ein. Da tlopite es an dieZimmerthiir. Anna fuhr ein vor. Als sie die Thiir öffnete, standen der Jäistizrath und Ferdinand Groller vor i r. 15. Kapitel. «Guten Tan, Frau von Kaminsti,« iaate der Justizrath freundlich. »Ich sehe, Sie haben wieder geweint Sie sollten iich wirklich nicht so aufreaew Ich habe, wie ich es Ihnen versprach, mit Ihrem Vater verhandelt und ich denke, er wird meinen Gründen zu aiinalich iein.« · »Ach. Herr Juni-irrtth. das wäre eine Wohlthat iiir meinen armen Mann . . .« »Sie denken nur «an Ihren Mannf obgleich er·s eigentlich nicht ver dient. Doch das ist nicht meine Sache. Jch möchte Ihnen helfen, Ihrem Mann ist nicht mehr Zu helfen.« »Ach Gott »i« »Mit wem sprichit Du de, Anna?« rief der Kranke von seinem Bette her mit heiterer Stimme. ,,Jite"5 der Ju stizratb?« »Jawahl. Herr von Knminsti,« entgegnete dieser, in das Zimmer tre tend, »ich bin es und da bringe ich Ihnen den Herrn Groller.« Der Kranke zuckte zusammen. Dann sah er Ferdinand mit sinsterem Blicke an und sagte: »Was will der Herri« »Sie scheinen vergessen zu haben, mein Bester,« antwortete der Justiz ratb, »daß Sie Herrn Graller eine Ge schichte erzählen wollten« «Dunnnes Zeug! Ich habe nichts zu erzählen . . ." »Warten Sie einmal, Freundchen,« sagte der Justizrath leise. »Gehs« diese Brieftasche Ihnen-i —- Ja——- sie it wenigstens bei Ihnen gesunden. an haben Sie mir versprochen, die sem Deren, der der Bruder und Erbe des verstorbenen Herrn Franz Groller ist. zu erzählen, wie Sie zu dieser Priestaiche gekommen sind· WollenSte nur Ihr Versprechen einlösen oder soll ich die Oriestaiche dem Gericht über geben ., . K« s- · Verse-um streckte die Hand sus. W »Sei-Ren Sie die Frau sort,« flü sterte er. . ’ »Frau von Daminsti,« wandte sich der Justizrath an die abseits stehende Anna. »weilen Sie die Güte haben. uns eine Weile allein zu lassen? Wir haben-mit ihm aeschiifftlich zu reden . . aber seien Sie unde orat. ich führe nichts Boses im Schilde. Ich bitte Sie, neben Sie. . .« »Ja. gehi« ries der Kranke. Mit aedeuatern Haupt entfernte sich die arme Frau. die auch ieht noch nicht Kraft aewonnen hatte, sich dem Wil len ihres Mannes zu widersetzen. Als sie das Zimmer verlassen hatte, trat der Justizrath an das Laaer des Kranken und sagte: »Nun, was haben Sie zu er.räkylen?'« h·7’finster blickte Kaminsti· vor sich m. »Was wollen Sie ivisien?« fragte er mti einem scheuen Seitendlick aus Ferdinand. »Wie Sie zu dieser Brieftasche, die de mermardeten Franz Groller gehörte und diesem Wechsel aetommen sind.« »Den Wechsel bade ich einneliist . . »Das ist nicht wahr. Der Wechsel wäre sonst mit einer Quittuna ver sehen. Und dann, Verebrtester, waren Jdrr Vrhältnisse nicht derartia« daß Sie einen Wechsel über JtOOst Mart so schlankwea einlösen konnten. Also heraus mit der Sprache!« »Herr von Kaminsti,« nahm Fer dinand das Wort, indem er näher an das Bett trat, »beurtk:«eilen Sie mich nicht falsch. Ich bin nur hierher ar iommen, weil Sie Un Wunsch außer-— ten, mich zu spie-den Mir liegt an diesem Wechsel und der Brieftasche nicht das Geringste- Fiirckrten Sie nicht, daß Ihnen daraus iraend welche Unannedmlichieiten entstehen. Ich Miß. daß mein Bruder Gelder argen hohe Zinsen auslieh... ich erfuhr es erst nach seinem Tode und halte diese Dandlunasweise meines Bruders seht beklagt. Ich habe mit sen-en Geschäf ten nichts zu thun...« «Nein.« rief der Justizrath lebhaft, »er verbrannte sogar nach dem Tode seines Bruders alle vorgefundenen Wechsel und Schukdsckeine!« »Still, ich bitte Sie. Herr Justiz ratb! —— Also sprechen Sie ossen, Herr von Kantinle mich leitet nur der Wunsch, Näheres iiber den Tod mei nes Bruders zu erfahren —- sehen Sie, ich zerreiße den Wechsel...« Damit nahm er den Wechsel und zerriß ihn. »Und nun sprechen Sie, wenn Sie et was iiber denTod meines Bruders wissen . . . vielleicht anr, wer der Mör der twr . . .«' Da schan der Kranke ausschluchzend die Hände vor das Gesicht. Die Ellen boaen auf die emporaezoaenen Kniee stünend das Gesicht in die Hände ver wrabem blieb er eine Weile schweigend sitzen. Da trat der Justizroib auf ibn zu, legte mit festem Griff die Hand aus seine Schulter unds aqte mit tiefer Stimme: »Kaminsti, gestehen Sie —- Sie selbst waren der Mörder!« Da fuhr- der Kranke jäh empor und streckte die inneren Arme aus: »Ich bin tein Mörder!« schrie er. »Es war ein ehrlicher Kampf, in dem ich ibn tödtete . . . einer von uns mußte sterben... er oder ich...'« Dann siel er auf das Laaer iuriici und verarub sein Gesicht in die Kissen. Erschiittert stund Ferdinand da. Welch Drarna entroklte sich seinem Blick? O wieNecht hatte der Amts uerichtsratb, als er ihn warnte, trü aerische Anzeichen siir Beweise zu nehmen! Der Institratb beriibrte den Polie aenden leicht an der Schulter. »Tassen Sie sich — ermannen Sie sich.« suate er ernst, doch nicht unfreundlich. »Er zäblen Sie uns, wie Alles sich Zuge tranen —- erleichtern Sie Jbr Gewis sen, ehe Sie vor Gottes Richterstuhl treten. Denken Sie daran. dasi Jbre Aussage eine Unschuldiue von schwe rem Verdachte befreit, daß Jbre Aus sage dem Bruder des Getödteten sein Lebensglück, seine Lebensfreude wie drqeben kann. Wollen Sie mit ant worten, wenn ich Sie frage?« »Im-en Sie,« flüsterte der Kranke. »Nicht wahr, Sie hatten diesen Wechsel herrn Franz Groller ausne stelM Der Wechsel befand sich in sei nen bsndenW »Ja . · . »Und Sie wußten nicht, wie Sie ihn einkösen sollten2« »Nein, ich wußte es nicht« x »Der Gläubiaer liest sich aus seine Fkolonqation ein« er drohte mit einer ane.«. . . »T’(a s— ja." . .. »Weshnlb fürchteten Sie diefeKiaae fo sehr? Sie waren doch fchon öfter vertiaat worden und ein Offenba rungseid wäre Jshnen wohl nicht fchwer qewvrden.« - «J-ch... ich fürchtete mich vor der Strafe... vor dem Zuchthauie . .. Der Wechsel war gefälfcht.«... »Hm —- ich dachte es mir. Herr von Breitenbach, der Rennftallbesißer und Majoratsherr, würde Ihnen taum seine Unterschrift argeken haben. Also Sie mußten den Wechsel unter alten Umftänden wieder zu erlangen suchen und —dezhaib griffen Sie zum Re vviver.« . . . Kaminsti atbmete tief auf. Dann faate er mit finfterer Entfchlofsenheit, sich oewaltiam aufreifend: »Sie halten mich fiir fchulbiaer, als ich in der That bin. hören Sie mich ein«-und ich fchevöre Ihnen. daß ich die Wahrheit rede. Mein Leben ten nen Sie-Sie wissen-, daß ich mich durch die Arbeit mit meiner Frau em vprzuarbeiten versuchte Sie wissen. daß das an der dasrtnitckiqteit meines Seh-others und an meinem eige nen Stolz scheiterte· Jch sank wieder in mein altes Leben Darin-. Aber bei Gott« ich liebte-mein Weib. und ich» schämte mich vor ihr einzugestehen, daß ich unser Leben ans unredliche Ma chenschasten, —- Spiel, Weiten aus der Rennbahn und smiter — ariindetr. Ich redete ihr vor, daß ich Auge tlter eines Rennverein sei und very lichtet ware. die Rennbahn zu besuchen. Sie alaubte und vertraute mik. Eine Zelt lana gina Alles gut. Ich wußte den Schein einer anständigen Existenz sus recht zu erhalten, Anna war glücklich. Da drohte jene Wechselllage —- kam IS dazu. stürzte mein Lügengebiiude zusammen und ich stand als Betrüger da—rnein und meines Weibes Leben war vernichtet. Ich flehte Groller an, mir Zeit zu lassen, den Wechsel zu prolongiren. Der hartherzige Mann verweigerte es —-— er wollte mich ver derben, denn er haßte mich, seit ich ihn einmal aus meiner Wohnung ges wiesen, weil er sich ungebührlich gegen meine Frau benahm. So lagen die Verhältnisse, als ich nach Harzburg, too ich mich gerade der großen Nennen wean befand, voll Groller die Nachricht erhielt, daß er den Wechsel dem Gericht übergeben würde. Groller besand sich damals in Wend essen. Ich reiste dorthin, um ihn zum letzten Mal um Nachsicht anzuflehen. Ich ließ mich jedoch-in dem Dorfe und aus dem Gute nicht sehen, sondern er wartete Groller im Walde, wohin ich ihn am Abend bestellt hatte. Er lam und dann . . .« lkr stockte nnd legte die Hand vor die Anaen, als blendete ihn eins-direct bild. Jahren Sie sort,« sagte der Ju stizrath ernst, der sich insgeheim einige Notizen til-er die Aue-sagen Kaminglis aemacht hatte. »Ah-« tunr dieser nach einer Weile fort. »Sie kennen nicht die Empfin dungen eines aehetzten Ældes, die mich damals beseeltenZ Gewiß -—— ich will nicht heucheln und mich selbst be liiaen — gewiß, ich trat schuldig k ich hatte ein augschtreifendes und in dem letzten Jahr verbrecherisches Leben aefiihrt aber das Gute, das Edle toar noch nicht aanr in mir erstorben ... ich schämte mich Vor meinem Weibe —ibr gegenüber wollte ich damals noch den Anfckein eines anständian Mannes aufrecht erhalten. Ich mußte den Wechsel haben! Ich bat, ich flehte. ich drohte —— Alles umsonst. Groller blieb bei ieinem Vorfah, mich zu verderben. , Höhnisch zeigte er mir die Bireftafche. in der das verhängnisp volle Papier verborgen war. Ich stürzte aus ihn zu, um ibm die Brieftasche zu entreißen... ein turzer Kampf entstand... er stieß mich zuriich »Fort!" risrs er. »oder ich schieße Dich wie einen Straßenriiuber niederik Er erhob die Büchse aeaen mich — da partie mich sinnlose Muth ich richtete den Revoloer auf ihn» »Den Wechsel oder ich schieße!« riefjich Da lachte er auf —- seine Büchse trach—te... ich hörte die Posten an meinem Obr vor überpseifen . .. ich schoß aleichfalls . .. under stürzte mit einem leichten Auf schrei nieder.« . . . Tiefe Stille herrschte. Ferdinand batte sich seitwärts an den Tisch Sk setzt, das Haupt in die Hand aestiiizi. Er wollte dem Mann nicht ins Gesicht sehen, der seinen Bruder erschossen und den er doch nicht schuldig erklären konnte. Gott mochte richten. tven die größere Schuld traf, seinen Bruder oder diesen Unaliialichen hier. »Ihr-e Erzählung klingt ganz wahr icheinlich,« saate der Justizratb nach einer Weile. »Mir eines ist mir nicht aanz erklärlich Jbre Zusammentunft fand in der Nacht im Walde statt, wie konnten Sie da so sicher treffen?« »Es war ziemlich heller Mondschein. Aber dieser Todesschusz war doch wohl ein Zufall.·. ich zielte nicht... ich schoß blindlinas auf ihn su, den ich heute noch als schwarzen Schatten vor mir stehen sehe... ich hätte ihn am Taae sicherlich nicht aefeblt, daß ich ihn in iener Nacht traf, war Zufall oder Gottes Wille...« »Sie machten sich diesen Zufall aber zu Nahe.« sagte der Justizrath mit leiser Ironie. »Als er nieder-stürzte, stand ich einen Augenblick wie versteinert — dann blitzte in mir der Gedanke aus, mich der Brieftasche zu bemächtigen... sie laa am Boden neben ibm . .. ich raffte sie auf und entfloh, ohne mich zu ver sichernt ob er nur verwundet oder ob er todt war.«... »Sie fuhren dann nach-Berlin?« »Ja» . aber nicht von der Station Wendessen aus. Ich aina nach einer anderen Richtuna nnd benuhte auch nicht die Eisenbahnlinie. welche iiber Wendessen nach Berlin führt, sondern erreichte aeaen Morgen die Station Allendoef der Linie HannovetsBekiim wo ich den Frühschnelizua Köln-Bet lin Miiea.« »Wie iam es, daß Niemand Sie bes merije2« »Ja Wendessen aab ich mich fiie einen Gefckäiiskeiienden aus« det die kleinen Landiiädtchen befuchie. In der Nacht sah mich Niemand ----- in Allen dorf am frühen Moeaen nur einiae Babnteamir. denen ich in meinem Reiieanzua nicht auffiel. —-— So «- nun wiifen Sie Alles und nun ichievven Sie mich vor das Gericht Was ich ak iaai habe, Miwa —- io wahr mit Gott in meiner ieyien Stunde, die nicht mehr fern ist« helfen möne.« Erschöpft sanier in die Kissen zu ciick und schloß die Augen. Fertiinand erhob sich und trat an das Beii des Kranken »Ich glaube anen.« sprach eriiei den-ewi- «un derzeit- Ihnen. .hiee meine band« Mintii etasrifi baitia die darge hotene Hand und ehe es erdtnand verhüten konnte. drückte er an die Lippen »Danl —- tansend Dant« -—-starns melte er. »Nun fürchte ich den Tod nicht mehr.« Die That ist gesühnt, « sagte Fer dinand, »ich fordere teine Sie hne.« anhalt mein verehrter HerrGroller. « unterbrach ihn der Juftizrath »So leicht aeht dieSache nicht. Vedenlen Vorgang gerichtsiundig zu machen.« sJch glaube nicht« »Gewiß, Herr Grolleri Wir sind dazu verpflichtet.« »Schon Sie Ihre Pflicht —- ich fürchte mich nicht mehrf· sagte der Kranke. »Die irdische Gerechtigkeit hat teine Gewalt mehr iiber mich...« »Ich habe hier, « fuhr der Justizrath fort, »ein kleines Protokoll in meinem Tatchenhuch aufaesetit, während Sie sprachen, Herr von Kaminsti es ent hält alle die von Ihnen angesiihrten Daten soll ich es Ihnen vorlesen?« »Nicht nöthia ;8ch glaube Jhnen.« Nun aut, dann heträftiaen Sie die Wahrheit des Protokolls durch kak Unterschrift . es ist nur wegen Le .bens und -«erlen8 « . liin Lächeln huschte iiher das hlafse Gesicht des Kranken. »Wean des Sterbens... um das ILeien brauche ich mich nicht mehr zu «liimmern· Gelsen Sie mir das Buch ich irill unterzeichnen.« Der Justinath reichte ihm das ·Buch nnd einen Tintenstift. Mit zit ternder Hand unterschrieb der Kranke: »Ich belenne hiermit, daß dieses Protokoll nach meiner eigenen Aus sage die Wahrheit enthält. Adalkert von Kaminsti.« »sich werde Ihre Unterfchrist be alaubiarn, ntein Beiter,« saate der Ju stierath und Könialiche Notar lächelnd. »Man-n Sie auch Ihren Namen da runter setzen Herr Groller?« Frrdinand unterschrieb-. dann voll ioa der Notar die Vealaukiauna beider Unterschriften und tlebte sein Amts sieael darunter ,,Sind Sie nun fertia?« fragte Ka minsti »Ka« . . . Sie, daß toir verpflichtet sind, diesen i »Dann rufen Sie, bitte, meine Frau zurück. Ich möchte mit idr allein fein." Ferdinand ging in das Neben-tim mer, wo Anna am Fenster safe und traurig auf den öden Platz hinaus starrte. einbr Gotte verlangt nach Ihnen, Frau von Kantinsli,« faatsr er höflich. »Ach wollte mich von Ihnen verab ; schiedenk aber nicht ohne Xtmen meine itiefste Theilnahme auszudrücken nnd ; Ihnen meine hiilfe anzubieten. Ihre ;Sachen find aepiiindet, ich werde da t für ioraen, daß fie Ihnen zurückgestellt i werden« . . . , CSchluß folgU -—--—-— -- ! Insect-Präsuqu I Aug Consiantine wird folgender . sehr interessanter Vorfall gemeldet, der sich bei dem Auflaufen des Dampfers »Malvina dicht vor Bougie abspielth JDie Rettungsbojen konnten nicht be ; nutzt werden, da sie so ungeschickt wie tmöglich angebracht waren, als sechs sStriiflinge, die von drei Gendarmen ? nach dem Militärgesängnisse von Bau Zgie gebracht werden sollten, nachdem ) ihnen die Ketten abgenommen worden ; waren, in der allgemeinen Verwirrung z die Rettung organisirten. Es gelang s ihnen, die Boien loszumachen und mit philfe dieser die Frauen, die sich an E Bord befanden, ans Land zu bringen. Ianwischen wurden von dem Oasen - leutnant mit Hilfe der Zollbeamten die I weiteren Rettungsrnaßregeln ergriffen « worauf die Sträflinge ans Land schwammen, nachdem sie die Frauen kund Kinder den Rettern übergeben hatten. Gan durchnäszt, ohne daran zu denken, di ihnen angeboteten Klei dungsstiicle nnd Decken anzunehmen, fragten sie nach der Adresse des Ge fängnisses und begaben sich alle sechs Idorthin, um sich als Sträflinge zu t melden. Als der Wächter ganz ver blüfft fragte, was denn aus den Gen darrnen geworden wäre, erwiderten die i Sträflinge: »Sie sind auf dem Schif fe geblieben. Wir wollten es vermei den, daß ihnen die geringste Unan , nehmlichteit widerfahre.« Sämmt Iliche Blätter treten natürlich für die iMustergefangenen ein und verlangen, I daß diesen wegen ihrer lobenswerthen Haltung sämmtliche Strafen erlassen swerden sollen. Dagegen wird wohl k niemand etwas einzuwenden haben. f El- Festlande-gen l Ein Amerika-im der in einem Cou l pe erster Klasse für Nichtrauchet saht, Izog in aller Gemüllysruhe eine Ci sgatte hervor nnd wollte dieselbe an lzünden, als ein neben ihm sitzendet s Engländek energilch dagegen prolestits He und den Condulteut ries. ; »Der Mann hat gar lein Rechl. in diesem Coupe zu sahten,« sprach dee Amerilanet zu dem Zugbeamlen, !«denn ek hat nur ein Billet dritter Klasse.« Der Condulleut verlangte die Fahr latte zu sehen und da stellte es sich heraus-, daß der Ameeilanee Recht hal te und der Engländer mußte das Cou p verlassen. Ein anderer Passagie sragte den Ametilaner erstaunl «Abet woher wußten Sie denn, daß der Mann einen Fahtschein dkillee Klasse l)atle?« I Der Ameeilanek lächelte versehn-list und sprach: »Ich sah es aus sein-e Tasche herausstean und es halte die lelbe Farbe. wie das meinige.«