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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Nov. 17, 1905)
Eine nuglaubliche aber wahre Ge-. fchichtr aus Wien von B. Eiavacci. Er war ein interessanter Mensch, der Mediziner Milan Patturich. Als sz et das Kabinett bei der Frau Brandt miethete, fiel er der Tochter der Zim metsrau, der Tini, schon aus. Die biondhaarige Tini liebte das Roman tifchr. Sie ging jeden Monat einmal in's Theater und las in der Zwischen zeit Lieferungsromanr. Die Mutter nannte sie zwar ost einer überspannte «Gredl«, aber die Tini ließ sich ihre Jdeaie nicht rauben. Sie lechzte nach einein Roman und da sie bis jetzt tei- s nen erlebt hatte, so träumte sie stets davon. Und nun sandte ihr das gü tige Schicksal einen solchen Romanl in der Person ihres neuen Zimmer herrn, des Herrn Milan Patturich. Gleich bei der ersten Begegnung sagten ihr die bangen Herzens-schlage daß dieser junge interessante Mann mit den loblschwarzen, von Leiden-. schast durchglühten Augen und dem melancholischen Ausdruck um die Mundwiniel entscheidend in hir Schicksal eingreifen würde. Sein ganzes Wesen hatte etwas Dämoni sches und erinnerte sie an unzählige Züge der verschiedenen Romanhelden von denen sie abwechselnd geträumt hatte. Da war vor Allem das son nengebriinnte, sahle Antlitz mit dem geheimnißvollen Leidenszug dann die dichten, schwarzen an der Nasenwur zel zusammengewachsenen Brauen. Sogar die Zornesader auf der Stirne fehlte nicht, deren unheildrohendes Anschwellen in so vielen Romanen ein ostzitirtes, charakteristisches Moment bildet. Er hatte in seiner Sprache einen fremdartigen Atzent und sein ganzes Auftreten war geheimnißvoll. Sel ten ging er bei Tage aus und wenn er nach Hause karn, so blickte er scheu und vorsichtig um sich, bevor er in den hausflur huschte. Tini-hatte genug Roman-e gelesen, um zu wissen, daß der neue Zimmerherr nicht zu den ge wöhnlichen Menschen zählte. Mutter Brandl jedoch hatte wie immer eine ganz entgegengesetzte An ficht wie ihre Tochter. Weder die zu sammengewachfenen Augenbrauen, noch die Zornesader machten einen merklichen Eindruck aus ihre Phan tasie; hingegen war es ihr gleich an fangs unangenehm ausgesallen, daß der neue Miethsmann außer einem Bündel Wäsche und einigen Büchern nur ein Kofferchen, nicht viel größer als eine Sardinenbiichse, in sein Kabinett gebracht hatte. Auch später konnte sie nicht entdecken, daß er sein heim geschmückt hätte; denn außer zahlreichen Cigarrenstummeln und ei nigen sorgfältig präparirten Wurst hiiuten fand sie nichts-, was auf den ästhetischen Sinn ihres Zimmerherrn einen Schluß zugelassen hätte. Und als nun gar vierzehn Tage verstrichen waren, ohne daß der interessante Gast an die Zahlung der Miethe gedacht hätte, stand es bei Frau Brandt fest, daß ihr Zimmerherr ein gewöhnlicher Filou und Gauner sei. Tini aber vertraute nach wie vor der Stimme ihres Herzens und eines Abends kam es zwischen ihr und Mi lan zu einer Aussprache. Tini hatte vom Fenster aus beobachtet, wie Mi lan verstört und eilig um die Ecke der Straße bog und sich dann im Lauf schritt, immer scheu um sich sehend, in’3 Hausthor flüchtete. Gleich da rauf sah sie einen zweiten Mann um die Straßenecke biegen, der sorg fältig umherspähte und dann, ver mutblich in der Meinuna. der Flücht ling sei in die nächste Straße einge bogen, eilenden Schrittes verschwand. Da ging auch schon die Thür aus und Milan stürzte mit den Worten: »Retten Sie mich, verbergen Sie mich!« derein. Zum Glücke war die Mutter nicht anwesend; denn diese hätte ihn erbarmungslos seinem Ver solger ausgeliefert. Tini aber zitterte vor freudiger Ausre una. Endlich schien siir sie die Stun gekommen zu sein, in der sie den langgeträumten Roman erleben sollte. Finaen nicht unzählige Romane, die sie schon aelesen hatte, damit an, daß ein Flüchtling durch den Edel muth eines Mädchens seinen Verfol aern entzogen wurde? Und daß der Gerettete, gerührt von so viel Hinge hung, dem tapferm Mädchen Herz und Hand nebst einigen Schlössern zu Füßen legte? Es stand bei ihr fest, daß sie den Roman, den ihr das Schicksal beschieden hatte, getreu nach bewährten Mustern durchführen werde. Sie stellte sich daher in Positur, ver hüllte die Anaen mit der Linken und streckte die Rechte abwehrend von sich. indem sie ausriest »Ungliickseliger, was baden Sie aethan?« Milan Patturich stand einen Au gsblick betroffen; dann aber eralomm seinen Augen ein seltsames Feuer, forschend blickte er Tini in das Ant ti », in dem er den Ausdruck zärtlichen Itleids zu lesen glaubte und sagte: Hat-Fig- M Säche; Sie in mir e r r «. . 'n das Ovser , fWÆr Tyrannei. Ia; ich habe - ÆMJ aber wasech that, war in . Mord. St war berecht gte spMwiskaew un beiden Rinden. sank auf einen Cetsel nnd schluthgter »O Gott, o Gottl« .Sie find die einzige lebende Seele der ich mich voll und ganz vertraue,« fuhr Milan fort »Sie werden mich nicht verrathen. Sie sind der Engel, »den mir die Vorsehung zu meiner Rettung geschickt. Jhr edles herz äird nicht zum Verräther an mir wer n.« »O nein, a nein!" wimmerte Tini. Und voll Äusregung und Spannung setzte sie hinzu: »O Gott, was werd’ ich hören müssen! Fuhren Sie fort.« »Wohlan, so hören Sie!« sagte Mi lan feierlich. »Ja meinem armen Vaterlande weit drunten in der Tür iei, regierte vor lurzem ein Pascha mit unumschränkter Gewalt. Jm frechen Uebermuth häufte er Greuel auf Greuel. Dem Weibe des Janowitsch wollte er Gewalt anthun; aher der Mann kam gerade noch zur rechten Zeit und mit der Axt hat er ihm das Bad gesegnet. Er wollte fliehen, aber der See war sturmgepeitscht und nie mand wollte es wagen, ihn ans ret tende Ufer zu setzen. Da kam der wackere Tellowitsch, bedachte sich nicht lang und führte den von den Häschern LSTdelgten über den stürmischen »Das ist ja furchtbar!'« sagte Tini, »aibt es denn in Ihrem Vaterlande kein Abgeordnetenhaus?« »Das ist es ja eben,« antwortete - Milan »Mazedonien ist groß und er Vcdifchab ist weit. Er hört nicht den Hilferuf der getnechteien Völker. Aber hören Sie weiter. Mein armer Vater besaß ein Gut mit zahlreichem Vieh und ausgedehnien Feldern. kamen die Knechte des Pascha und wollten ihm sein Vieh wegführen. Ich widerfeßte mich und schlug einen der Knechte zu Boden. Daran entfloh ich. Der Pascha aber ließ meinen Va ter gefangen nehmen, spannte ihn auf die Falter und als er ihm nicht das Gestandniß meines Berstecles erntes sen konnte läßt er ihn zu Boden wer fen den spitzen Stahl in beide Augen drücken —« »Entsehlich!« tief Tini Und dabei war ihr, als hätte sie die furchtbare Geschichte schon einmal gehört. »Nicht wahr, entsetzlich? Das hab’ ich auch gesagt. O, eine edle Him melsgabe ist das Licht der Augen· Alle Wesen leben vom Lichte. Jedes lebende Geschöpf, die Pflanze selbst kehrt freudig zum Lichte. Und er muß sitzen, fühlend in der Nacht, im ewig Tun leln. »Warum seht Ihr mich so jam mernd an?« sagte ich zu meinen Freunden. »Ich habe zwei gesunde Augen und kann dem blinden Vater keines geben· Nicht einen SMmmer von dem Meer des Lichts, das glanz voll blendend mir in’s Auge bringt« Und als sie mich zu trösten suchten, da schrie ich auf in höchster Verzweif lung: »Und trohnt’ er droben auf dem Eispalast der Czernahora oder höher, wo der Jvan seit Ewigkeit verschleiert sitt, ich brech’ mir Bahn zu ihm." »Edler Jüngling« rief Tini und blickte voll Bewunderung zu Milan auf. Doch die Geschichte kam ihr im mer bekannter vor. Sie mußte davon in der Zeitung gelesen haben. Milan fuhr aber fort: »Ich sagte zu den Freunden: »Nein, eine Grenze hat Thrannenmacht. Wenn der Ge driickte nirgends Recht finden kann, greift er hinauf getrosten Muthes in den Himmel und holt herunter seine ewigen Rechte, die droben hängen un veräußerlich.« »Um Himmelswillen und Sie ha genden Pascha umgebracht?« rief mi. »Das that ich.« Milan reate sich empor und sah in diesem Augenblicke wie ein Held aus. Dann fuhrer flü sternd fort: »Ja einer hohlen Gasse, durch die er kommen mußte, lauerte ich ihm auf. Jch wußte ja, es führt tein anderer Weg nach Kadikö. Die Gelegenheit war günstig. Ein Stillun derstrauch verbarg mich ihm. Von dort herab konnte ihn meine Kugel errei chen. »Mach’ deine Rechnung mit dem Anat-, Patcha!" riet ich. ,.tort muhtx du, deine Uhr ist abaelaufen." Und richtig, wie er mit seinen Dasein-Bo iuls durch den Hohlweg reitet, schieß ich ihm eine Kuael mitten durchs Hen. Sein letztes Wort war: »Das ist Vatturich’s Geschoß!« Ich aber floh iiber die Grenze und kam nach Wien. Aber meine Feinde ruhen nicht. Die Verwandten des Paschss haben mir Blutracbe aeschworen und wenn sie mich entdecken. fährt ihr kalter Stahl in meine Brust« »Nein, nein. das darf nicht sein!« rief Tini. «Nur über meine Leiche seht ibr Weg en dir.« Sie sank an seine Brust und weinte Tbriinen voll Webmuth und voll Lust. Milan küßte tie aus die Stirne und sprach: «Holdes Mädchen, das mir der Himmel gesandt. wenn wir unsere Feind besieaen, sollst du an meiner Seite als Fürstin einziehen in die Hauptstadt unseres Landes; denn wisse. ich bin Prinz Bari-V Tini wollte sisb ehrfurchtsvoll aus ein Knie niederlassen. Er aber lwb sie zu sich empor und saate: »Nicht biet. Zitmeinem Kerzen ist der schönste « r .« Ritter-nd im hschstrn Gliicksaesiibl saß sie noch lanae an seiner Seite. Sie war doch endlich die Keldin eines No mane3, wie sie ihn schöner nie in »Lie serunaen« aelesen lsiattel Wie glücklich siihlteße sieb. als der Geliebte sie bat. ihm mit ibrem Er lvarten auszubelsem bis die SNE dien ans seiner beimatb kämen. Das kleine Opfer machte sie stolz. Als die Muster heimkom. zahlte Milan den eiickltändiaen Zins. Er gab ihr weit mehr. als lie von ils-n nettes-et hatte mu- michsW M siir die Berfpiith damit« das die Verbindung mit azedonien eine so schlechte sei Mutter Brandl war, als fie das Geld fah· wie umgewandelt Und als ihr die Tochter, im Ueberschwang ihrer Gefiihle, einen Theil dej Geheimnis ieö verrieth, da lpnnie es fich ihr Muttersiolz nicht versaaeæd auch der Frau Greiölerin davon ittheilung zu machen, welch großes Glück ihrer Tochter bevorstände. «Siell’n S’ Jhna nur vor,« zifchelte sie der Greislerin in’s Ohr, »e.r is a maiadaniifcder Veinz oder sowas. Er hai a Schloß auf der Czernahora und wann s’ im Früh jahr die Türken verjagt hab’n, wird er König von Maladamien.« , »Na da graialier i« sagte die Greißlerin gelb vor Neid. »Da werd’n Sö ja nachdem Königin Muaiier. Hoffentlich vergessen S« nachdem net aus Jhnere alten Freund’.« »Psi!« sagte Frau Brandl, »das is alles a tiefes Geheimnis. Sö werd’n do la Wurt verrathen?« »J man, da kennen S’ rni z’ guat«, erwiderte die Greislerin halb belei digt. »A Geheimniß is bei mir be grab’n. A Grab is a Phonograph gegen meiner.«' Am andern Tag wußte es die ganze Gasse. Milan war von jener Stunde an nur sehr selten zu Hause. Er latn ofi erst am frühen Morgen heim und schlief dann bis Mittag in seinem Kabinett Tini machte ihrer Mutter begreiflich, daß die Politik 'und die geheimen Versammlungen ihn ganz in Anspruch nahmen. Einmal er zahne er ihr sreudeitrahlenv, daß al les gut stünde. Er brauche nur drin gend Geld, da die Tiirten seine Gitter mit Beschlag belegt haben. Sie gab ihm ihr Spartassenbuch. Milan ver abschiedete sich von seiner Braut in ge hobener Stimmung. Jn der nächsten Nacht kam er gar nicht heim. Es verging ein Tag und noch einer, ohne daß der Geiiebte er schien. Tini stand in Thränen aus gelöst am Fenster und blickte voll Sehnsucht die Gasse aus und ab. Und als er auch am dritten Tage nicht kam, stürzte sie der Mutter schluchzend an den Hals und wimmerte: »Er ist idset ein Opfer der Blutrache gewor n.« Die Mutter schüttelte den Kaps. Da der Monat um war und der »Prinz" die Miethe siir den zweiten Monat nicht gezahlt hatte, so war auch ihr Respekt verslogen. Darum schüttelte sie den Kopsund sagte zu ihrer Tochter: »J man allerweit. er is halt do a Schwindler!« Der Tini gab es einen Stich ins Herz. Sie wollte ihr Jdeal nicht ver unglimpsen lassen. Sie glaubte an ihn. Nur zitterte sie vor dem Augen blicke, da sie ihrer Mutter über die Verwendung ihres Sparpsennigs zur Eroberung Macedoniens werde Mit theilung machen müssen. Eines Tages-, als sie einige Lin täuse bei der Frau Greislerin besorgt hatte, tam die Frau hausmeisterin in den Laden und begrüßte Tini mit den Worten: »No, wo is er denn, der Prinz? J hab' glaubt, er wird Jhna nach Matadamien mitnehmen. Wann er nur sonst nix mitg’nommen hat. Schaun S’ guat nach, ob Jhna ta Ohrringl oder ta Brosch fehlt. Solche Prinzen nehmen sich gern was zum Andenken mit.« Tini war empört: »Psui, wie können Sie so reden?« rief sie mit zornsunielnden Augen. »Wenn Boriö nicht verunglückt ist, so wird er kom men. Jch habe sein Wori.« »Da san S’ aber die Anzige die von ihm was hat«, erwiderte die Hausmeisterim »Bei mir war’n schon wenigstens a Dutzend, Leut’, dö er ang’schmirt hat. Dii hab’n ihm alle bluatige Rache g«schwur’n. 3’erscht is der Schneider tumma, dem er a G’wand außasiloudirt hat, nachdem der Zahlmartör vom Kaiser PamverL bei dem er die 3ech’ seit zwa Monat schuldi is, nachdem a Fiater, mit dem er amal in ganzen Tag rumg’sahr’n is, bis er ’hn bei an Durchhaus hat warten lassen, too er hat abpaschen können. Nachdem sei seither- Zim mersrau, wo er vier Monat Zins lotig is. Da tann is begreisen, daß der« einz« liaber nach Matadamien du ennt is, als daß er sich der Blutrache seiner Gläubiger ausg’setzt bätt’. Oder werd’n Sö derweil sür ihn zahl’n,«Frau Prinzessin?« »hahaha!« lachte die Greislerirh »i bab’ rn’rs aber glei denkt, daß dös a Schwindler ask« Die Anwesenden stimmten ein dröh nendes Gelächter an"und Tini verließ den Laden in verzweifeltsiet Stim mung. Beim Fortgehen rief ihr die Köchin vom Goldarbeiier noch nach ,,Kann i in’r a Kladl machen lassen zu Jhnerer Hochzeit, Frau Fürstin von Matadamien?« Der Name blieb ihr. Sie konnte sich nirgends mehr zeigen, ohne daß die Leute zifcheltem »Die Fürstin von Matadarnien« und die Schulkin der riefen es laut. Mit der Mutter hatte sie schlechte Tage durchzuiämpfen, als diese er fuhr, wie sie die Ersparnisse angelegt hatte. Seit dieser Zeit las sie ieine Lieferungsrornane mehr. Mancher Leier wird vielleicht un stänbig den Kopf schätieln und sich denlem · st denn so was möglichs« Da verwei e ich den geehrten Leser auf die Zeitungen, die jede Woche von einem solchen Roman aus dem Leben zu berichten wissen. Hitschbraten im Hinterhaus. Eine Berliner Fleiichnotls-Geschichte von Thomas Schäfer. An diesem Freitag Abend gab es für Schlosser Bandite und Frau eine schwere Stunde: wie sie auch rechneten und rechneten, es wollte ihnen nicht ge lingen, das Budget der nächsten Woche in Ordnung zu bringen. Bald fehlte es da, bald dort an ein paar Groschen, und schließlich ergab sich ein Manto, dasschon start in die Martitüele hin entging. Mit den vierundzwanzig Mart Wochenlohn. die Friedrich Bandtle «für gewöhnlich heimbrachte war bei Lsechs-?- avpetitaesegneten Kindern nicht ,viel Staat zu machen. Wenn nicht jFrau Minna Bandtle mit Schürzen J nähen ein Paar Mart zuverdient hätte, es hätte so manches Mal im Hausetat sein böses Loch geaeben Nur mit Wi: deritreben hatte Friedrich Bandtle da smals, vor sechs Jahren. es geschehen lassen, daß Minna mit der Näharbeit anfing. Nach seiner Meinung hatte sein Mann, der eine Familie grün z dete, auch die ganze Pflicht, ZWeib und Kinder mit seiner Hände zArbeit zu ernähren. Aber das Leben k lehrt sich nun einmal nicht an mensch ; liche Meinungen und Grundsätze, und z so ließ Bandtle seine Frau stillschwei jaend gewähren; nur das eine machte i er sich aus: daß sie auch ihm das Ma Ichmemmheu beldtachtk Und sich gele gentlich von ihm an der »Klapper mithe« ablösen ließ. Auch aus dem Rauchklub »Pluto« trat er damals aus. Mochten sie ihn darum immer-, hin einen «schle’schen Duekmiiuser« schelten —- er wußte. was er sich selbst und den Seinigen schuldig war. Jnimer härter hatte sich mit den Jahren fiir die Bandtkes der Lebens kamvs aestaltet. ' Arbeitslosigkeit und , Krankheiten. die heranwachsende Kin tderschaar —- es war wirklich für sSchlosser Bandtle nicht leicht, den Kon immer oben zu behalten. Nun ztam aar diese Theuerung, die jede snoch so knabpe Berechnung über den j Haufen warf — nein, es ging so nicht ; weiter. es mußte wieder irgend etwas i Entscheidendes geschehen. ! »Wenn wenigstens Hans schon et ! was zuverdiente!« meinte-Frau Min ina, während sie vom Mohrriibenschas iben aufdlictte und die hellen blauen tAuaen auf das schnurrbiirtige Gesicht Z ihres Gatten richtete. «Driiben in der Tischlerei suchen sie ««nen Lausbur n « »Was?« fiel ihr Bandtte unwirsch i ins Wort — »ich soll vom Marte mei Iner Kinder leben? Das haft Du Dir nicht überleat, liebe Minna!« ; »Ich meinte ja auch nur... Der l Junae ift träjtig gebaut und baldt zwölf Jahre» .« i »Mit vierzehn ist’s Zeit —- nicht j eigen Tag früher soll er mir in's Joch s ge ’n.« I Frau Bandtte wußte, daß ihr Mann l irr diesem Puntte unbeuasam war· Die i Kinder ——die waren ja sein Alles in ! dieser Welt. Wenn er seinen sechsi Blondtöpfen in die lachenden blauen Augen tad, schwanden die Wolken von seiner Stirn· Sechs tüchtige Menschen wollte er aus ihnen erziehen, sechs ge » sunde. wahre. gerade Menschen, wie sie F die Welt immer brauchen konnte. Da l rum war er ja eben diesen Them Itunaspolititern so aram. daß er um ; ihretwillen seine Lieblinge darbkn - lassen sollte. »Niichsten Donnerstag ist dein Ge burtstag,« nahm Frau Bandtke nach einer kurzen Pause wieder das Wort. Die Kinder freuen sich schon auf den Gänsebraten. Zweimal im Jahre. zu Vaters Ge burtstaa und tu Weihnachten gab es bei Bantkes eine Gans, die jedesmal mit raffinirtem Geschick auf drei bis vier Mittaaesfen vertheilt wurde. Diesmal verbot sich dieser Lurus aani von selbst. Es iiraerte Bandtke· das-. ihm Minna aerade ietzt mit dem Ge burtstag lam ,.Giinsebraten!« rief er mit bitterem Hohn. »Warum nicht aar Fasanent Oder Hirlchbratent Sollen froh sein. wenns ’nen Hottebiihbraten gibt!« Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da Fasanens und hirschbraten fiir ihn etwas Alltiigliche waren. Das war in seiner Kindheit als sein Vater noch als herzoaltckker Förfter izn Ratibor’ sagen teure uaoer Davon tat-umke, ern- " mal selbst ein echter Forsfmann zu werden. Aber der Vater starb ihm sriih satt, und so machte das Leben aus ihm eben einen Schlosses der in der Fabrik Büchsenlöufe volirt, statt sie auf Hirsche und Rehe zu richten Aeraerlich erhob sich Friedrich Bandtse vom Tische und durchmasz unruhia das kleine. mit sauberen Länsern beleate Zimmer. Und plötzlich blieb er nachsinnend stehen« »Hottekn·i«« — es war ihm nur so ganz zusiillia entsahren, aber das war ja die Lösuna des Problemäl Wenn er in dieses verirackie Wochenhudges » den Posten .,Pserbesleisch« einstellte k ’dann war sosors jede Schwierialeit ibeseitiat Ein aesundes Stück Roß silet —war es nicht billiger, naht haster und avpeiiilicker als all das ’Freibanlsbeisch, Musileisch und son stian widerwiirtiae Zeug, das fehl aus seinen Tisch lam? Freilich aaW da noch eilichet zu bedenken. Wenn ei im hause bekannt wurde, daß Bandtsei. die stolzen Baume-, nun auch unter die Pserdefleiscksesstt sk acnnen waren — dann war es vorbei mit dem bißchen Matt-ach der ihren Namen umgab. Und wie sollte er vor allem diese Nennung im Menti. die einer gesellschaftlichen Degeadation gleichsam. seinen seGsBlondtopsen vlausibel machen? Niemals wurden sie freiwillig aus dieseNeuerung em akben, da kannte er die kleinen Tros bolde nur zu gut. Barsiißig geden Flkenenstiicke verlaufen, Nachmittags stellen annehmen -—nein, das brauch ten Bandtles Kinder nicht« das hatte ihnen Vater oft aenug gesagt. Und nun gar Pserdesleisch essen! Er mußte schon aus irgend eine ganz schlaue List sinnen. um sie für seine Idee einzufan gen. Und da kam ihm auch schon der ret tende Gedanke. »Weißt du, Minna,'« begann er mit pfiffiaem Lächeln —- «statt dekGans Möcht« ich diesmal ’nen recht schönen Wildbraten haben. Ein schönes Stück Hirschieule, gehörig gespickt und mit Pfeffer und Zwiebeln geschmort — das wird den Kindern noch Mehl Freude machen als ’n Vogel.« »Ja aber, Vater-, Hirschicule —— die kommt ja noch theurer zu stehen als ’ne Gans! Der Speck dazu, die Sohne, und die Butter . . .« »Hekraott, Minna, verstehst du denn nicht, wiss gemeint ists-! Wenn ich Wildbsraten sage, so mein ich doch den vom Roßschlächter...« »Pserdefleisch? Nicht um alles in der Welt! Ist's denn schon so weit mit uns? Und das willst du den Kindern vorsetzen, noch dazu an Vaters Ge burtstag?« »Ja, Minna ——-sie sollen docheden denken, es ist Hirschbraten.»« »Beliiaen willst du sie's Noch nie hast du’s gethan, immerkyast du ihnen aeptediat,daß man die Wahrheit sagen soll, und ietzt mit einem Male . . .« Mit Händen und Füßen sträubte sie sich gegen den Einfall ihres Gatten. dem die Sache, weiß Gott, schwer ge nua fiel. Als sie dann aber nochmals szusammen den Wochenetat durchs-in aen, vueo ffrau Minna merk-is weiter übria. als nachzugehen Sie that es s mit Thriinen in den Augen, sie schwor ; hoch und theuer, daß sie lieber Steine Iessen als auch nur einen Bissen von Tdem »Hirsckibraten« anrühren würde. Am nächsten Dienstag iedoch aina sie in aller Heimlichleit, damit nur ja die Na barinnen nichts merkten, zum Roß mliicksster um die Ecke und lauste vier Pfund vorn besten Filet die sie sorasam fiir zwei Taae in Milch leate und mit Ausbietuna aller ihrer Kach aeicksicklichteit a la Hirschteule her richtete. Der Donnerstag Abend lam heran. Vater Bandtte pflegte an seinem Ge burtstaae die Fabrik eine Stunde früher zur-erlassen. Voll Spannung erwartete ihn sein »halbes Dutzend« vor dem hausthorx sie wußten es nicht anders, als daß Vater mit dem Hirschbraten überrascht werden sollte »so wenigstens hatte Mutter es ih nen gesagt Sie sreuten sich schon im voraus über das erstaunte Gesicht· das Vater machen, und über den Ap petit, den er entwickeln würde. Und natürlich waren sie selbst auch unge heuer neugierig. wie dieser Hirsch-bra ten tvohl schmecken würde, denn sie hat ten noch nie welchen gegessen. Sie hatten auch sckxon dafür gesorgt, daiz sich die Neuigkeit im ganzen Haufe herumsvrach, und tret es noch nicht wußte. dem verrieth es der töstliefe Zwiebeldust aus dem Treppenslur. daß da hinten im Queraebiiude irgend etwas aanz Besonderes voraina. Man setzte sich nur«-Tisch und es mun dete allen, bis zu Willi. dem dreijäh iiihriaen Jüngsten herab, aanz ausae zeichnet. Auch Mutter deraaß ihren Schwur und aß mit, und Vater hieb ein, daß es eine Freude war, ihm zu zuschauen. Und Hans, der Aelteste und Paul, und CmiL und die beiden Mädcken ——nie wieder wollten sie an Vaters Geburtstag Gänsebraten essen, sondern immer nur hirschsbraten wie die arosien Herren, in deren Wäldern die hirsche und Rehe umherspazierten Und als das Festmabl vorüber war, stürmte die aanze kleine Rotte in den Hof hinunter-, um den Sviellamera den über die lutullisiben Genüsse der Geburtstaastasel zu berichten. »Na, siehste, Mttn —da hätten wirs ja überstanden!« meinte Fried rich Bandtle, als er mit Frau Minna allein war. Und während er traulich seinen Arm um ihre Schultern leate, süaie er hinzu: »Hast deine Sacke übrigens aut gemacht —- solchen Roß sleisehbraten sann auch 'n Minister eisen. Zwei-« dreimal die Wack lann’s nu ruhig Hirschbraten aeben." Doch wie sie noch so traulich beisam men standen und plauderten, scholl plötzlich vom Hause lauter Lärm her aus. Friedrich Bandtle sah zum Fen ster hinaus und erblickte im abend lichen Halt-dunkel Hans seinen Adle sem, vek ers-n im Bexäiff was, den aleichaltseiaen Sohn des Hauswirthes nach allen Kanten zu vervriiaeln, während ein autes Halbschocl von klei nen Zuschauer-n die Kämpfenden im Kreise umstand. »Hans! Sosort herausk« rief-Vater Bandtte, und zwei Minuten später stand die Schaar der Blondlöpse vor dem Urheber ihrer Tage. »Was gal« dort unten?«« fragte Bandtle strena. »Was hat der andere dir mit-aus« »Er sagte, es gebe seht gar lein Hitschfleisch,« versetzte Duns, der noch aanz erhitzt war. »weil nämlich die httsche Schonzeit haben. Er wisse es von seinem Vater. der habe selber ’ne iStaats aevaehtet und schleße nur Bilde uyd sühnte- " «So —das hat er gesagti« sie Vater Bandtle, und seine S imme klang seltsam stockend und tonloL »Ja —und wir hätten wohl Hatte hiih gegessen, oder sonst was, aber lei nen hirschhraten.« »Wie ist denn das mit der Schon zeit. Vaters« sragte Paul, der Zweite. »Die weiblichen hirlche werden jetit geschont — die männlichen dürfen ge schossen werden« »Na, also!" machte Paul. »Dann war's also ein here hirschl Was Vater?" - Vater Bandtte sah sei n Jungen an. Er hatte ihnen imme aeprediat, »bloß nicht liigen!« ———und nun sollte er selbst? ——— Aber das ging nun wohl nicht anders. »Ihr habt... Hirschbraten geges sen!« brachte er mühsam hervor und wandte die Augen weg »Siehst Du! Und der auatscht Evas Tvon Hottehiihl Hans hat’s ihm aber igrdentlich besorgt, dem Frechdachsl« Da, horch —- tvas ist das? Was für »ein seltsames Rufens »Hottehiih! Hottehiih!« tönt es vom Hofe herauf, und immer lauter und höhnisclter sckallt es im Chor: »Doste hijhl Hottehijh!« Da hielt es Friedrich Bandtke nicht« I länger aus. Er nahm seinen Hut und stürzte zur Thiir hinaus, ohne ein « Wort des Grußes. Erst spät nach Mitternacht lani er heim — schwan tend, schluchzend und lallend, kurz, in gnem Zustande, in dem ihn Frau andtte in den dreizehn Jahren ihrer Ehe noch nie gesehen. Wie erreicht man den Rorvpoli Nach seiner lürzlich erfolgten Rück kehr in die Heimath hat Anthony Fealc, der Führer des Ziegler'schen Nortpolunternehmens, auf Grundder Erfahrungen die er bei seinem zwei-« iahrigen Aufenthalte in Polargegen den gemacht hat, in bemerkenswerther Weise seine Ansichten über die Mög lichten, den Nordpol zu erreichen, ge äußert. Er meint, daß dies nur aus zwei Wgeen möglich wäre. Das beste Verfahren wäre wahrscheinlich ein sehr großes Unternehmen auszuriistem dem zehn Schiffe zur Verfügung stän den, von denen jedes als eine Art Niickbaltstelle dient-e, so daß eine große Berbindungslinie mit einer gut ver vroviantirten Ausgangsstelle herge stellt würde. Ein solches Unterneh men müßte sich auch über einen großen Zeitraum erstrecken, aus 5, 7 oder gar 10 Jahre. Wichtia wärees dabei,daß aus die Auswahl der Hunde die größte Soraialt verwendet würd. Die furchtbare Vereinsamuna und das Gefühl, daß man keine Hülfss auellen in erreichbarer Niibe bat, ha ken me Falk-e daß den Menschen in nordischen Eisaeaenden leiclkt der »Mutt) sinkt, saate Fiala nnd er salaubh daß diese wesentlicke Schwie ;riaieit durch eine snlstse nmiaisende «Anordnuna von Rückhaltschissen zu überwinden wäre· Eine andere Mögliasieit. dem Ziele niider zu kommen, fielxst der kühne Po larsorscher darin. daß man ein sehr starkes Treibschisf aus schwerem Stahl baut, das iedem Eigdruck wie derstehix das Schiff müsse das Eis zermalrren können und dazu sehr lei- « itunaksöbige Maschinen hol-en; natür lich müßt-.- es auch einen sehr aroszen Proviant mitfuhren Daß Pearn den Nordvol erreichen wird. alaubi Fiala nickt, trenn er auch bessere Aussizchten hätte-, als jeder Forscher vo: 1.i:i. Wüste-reinem Der Gedanke, einen Dampswagen iiir den Verkehr iider Sandstr-:cken zu verwenden, den Leutnant Trost in Deutsch-Südwestafrita wiederholt, aber erfolglos zu verwirklichen aeiuzht bat, ist neuerdings von englischer Seite ausgenommen worden« Sir Francis Wingate, der Vertreter Eng lands in Canptem hat ein Automobil bestellt, das imstande sein soll, durch die Wüsten des Sudans Lastntaaen zu ziehen. Kürzlich haben in Dank-at Proer mit dein Wagen auf einem Sondseld stattaesunden. Die Maschine war dabei imstande, den Lastwaaen mit einer Geschwindigkeit von sieben Meilen die Stunde auf hartem, von drei Meilen aus weichem Sande zu sieben. Die Eingeborenen Stirn-vest airiias haben seinerzeit den Trost' schen Wagen »den Dampsoctlen« ge nannt: der Winaate’scke diirlste, da im Sudan der Ochse nicht a S Zun tdier rerwendet wird, wohl »Damps tamel« getauft werden. Uömilehe Anwendunqu in dauert-. Das seit Wochen gesuchte Nordthor des Großen Lagers ist nun endlich ge sunden worden. Allen Muthmaßuns gen zum Trotz hat es seinen Platz nicht gegenüber dem Südthor, sondern nahe bei der nordwestlichen Umbiegung der das Lager einschließenden Spitzng ben. An dieser Stelle ist der höchst gelegene Punkt des Lagers, von dem aus man eine prachtvolle Aussicht nach verschiedenen Richtungen genießen kann. Die Thorstelle ist ermittelt windet-Z indem man mittels langer, dünner Stahistangen das Feld son dirte, ob man darunter gewachsenen oder eingesiillien Boden hatte. Ge genwärtig ist man damit beschäftigt, das That sammt den dazu gehörenden Anlagen in weitem Umsange freizules gen. Den·Besnchern wird es ange nehm sein, zu hören, d diese Stelle auch siir spiiter essen ble ben wird