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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Nov. 10, 1905)
Die Spielgefährten Roman von V. Wiesen. (10. FortsesungJ Iris sprang auf und öffnete eine Fensterladr. Richtig, drüben vor dem Sutshause hieit der Einspänner, und eine dunkle Frauengeftalt stieg her aus. Sollte Frau Dittmer nach hause gekommen sein« jetzt, im offenen Ge fährt,«1-ei Regen und Sturm? »Vater, ich werden mich ertundigen, ob der Knecht etwas Näheres weiß.« Brunk machte sich selbst dazu be reit. »Laß sein, Fritz, ich gehe schon. Da muß was Besonderes passirt sein, denk: ich mir·" »Herrgott, doch man nichts Schlim mes!« Mutter Brunk faltete erschreckt die Hände. Der Sohn schwieg, aber man fah ihm die innere Unruhe an. Die Zeit düntte ihm endlos lang, bis der Vater zurückkehrte »Nun, was ift’"s?« rief er dem Ein ireierrden entgegen. »Tranerbotschaft. aber eigentlich auch nicht. Jn der Depesche hat ge standen, daß die alte Baronin aus Wenkitten im Sterben liegt. Da ifi unsere Gnädige, wie sie ging und stand, in den Akan gestiegen, und der Gottlieb lzat fahren müssen, was Zeug und Leder hält. Jetzt werden blos frische Pferde vorgelegt, und dann geht es gleich weiter nach der Starken Die gnädige Frau soll ge sagt haben: es ist ihr um jede Minute zu thun, die sie friiher bei der Kran ien·»antomrnt." «Jy Du meine Zen,a außerre ore Kämmerin mitleidig, »unsere Gna dige kann einem leid thun. Bei sol chem Unwetter mitten in der Sylve sternacht aus der Landstraße herum kutschiren ——« »Wird wohl wissen, warum sie’5 thut,« entgegnete Brunk; »aus christ licher Nächstenliebe gewiß nicht. Aber das geht unfereinenmichts an.« »Du meinst, Frau Dittiner wird Erbin der Baronin Wengt?« fragte Fritz ges pannt. »Wer kann es wissen. Der Mic chen fällt jedenfalls die Hauptsache zu, davon soll die Alte immer gesprochen hat-ein« Die Schwarzwälder Uhr an der Wand setzte surrend zum Schlagen an. Zwölf langsame, feierliche Schläge Sie klangen wie eine Be kräftigung des eden Gesagten. Fritz wenigstens empfand es so. — Zum Liebesgliick den Reichthum —- kleine Lich, das neue Jahr brachte Dir wahrlich köstliche Gaben! —- — — «Zur selben Zeit fuhr Marie Ditt mer die dunkle, einsame Landstraße entlang und achtete. ganz mit ihren Gedanken beschäftigt, weder auf die Stöße, welche der grundlose Weg ver ursachte, noch auf den Regen, der un aufhörlich gegen das Schutzleder des Dalbverdects irommelte und in ein zelnen Sprühtropfen kalt ihr Gesicht traf. —- Vorwärts — vorwärts — nur erst dort kein! Erst die Gewiß heit haben, daß endlich das heiß er sehnte Ziel wirklich erreicht sei, daß jene verhaßten. knöcherigen Finger das Erbe nicht länger sesthiellten, auf des sen Vesid Marie ein halbes Leben lang gewartet, um dessentwillen sie sich ge plagt, gedemüthigt. zähnelnirschend geheuchelt hatte. Gottlob, daß sie es that, —- jetzt, jeßt endlich kam der L n. — Die Pferde dampften, als man am Baheihof anlangte. Jm Wartezim mer wüstes Durcheinander. Eine lu stige Sylvefteraesellschast, die vermuth lich den Anschluß ver-paßt hatte, todte ungenirt bei den Resten einer schnell herbeigeholten Punschbowlr. Glü hende Lise, von dem überheizten eiser nen Ofen ausströmend, Tabaksqualm und ansdringlicher Speisegeruch füll ten den engen Raum. Frau Dittrner hielt es inmitten dieser zügellos Fröh lichen nicht länger aus. Troß des ei Mn Zugs-indes schritt sie draußen auf dem Perrrm aus und ab, bis end ttch der herannahende Zug mit seinen rathglähenden Augen in der Ferne Mr wurde. »Eine: Minute Aufenthalt! —- Ein- « steigen!« —- Tie Thüren llappten zu. Das Coupe, welches Marie Dittmer gewählt hatte, war ebenso wie die nebenan liegenden völlia leer Natür lich, wer reiste denn auch mitten in der Sylvesternachtt ; Aufathmend lehnte sich Marie zu-« tück Ein Gefühl von Behagen und Zufriedenheit, wie es sie noch nie em pfunden, erfüllte sie. Jhr bangte nicht davon-, binnen kurzem an ein Sterbe heti treten, Leiden und Qualen mit ansehen zu müssen. Ihre Gedanken flogen weiter und spannen glänzende Zitunftöpliine — Sie oder Alice Universalrrhim Besitzerin von Wen » Wie-i Marie Dittmers lühles Herz pochte .W Eine gierige Freude durch »in-se sie. Solange ihre Erinnerung - Mit-in hatte sie sparen, darben » such die heiraih mit dem , ungeliebten Mann brachte nur ein defcheidenes Auskom men ein. Aber jetzt endlich —- jetzt! i Mit dem fchroarzwollenen Trauer-» handfchuh wischte Marie über die be-( fchlagene Fensterfcheibe. Jn der Ferne ließ fich eine dunkle Häufermaffe er kennen — das Städtchen. Näher und näher rückt es allmählich heran; ver einzelte Lichter blitzen auf — dort mochten noch fröhliche Zecher den Be ginn des neuen Jahres feiern. Der Zug fährt langsamm und.im mer langsamen Er hält in der Bahn hofshalle. Der übernächtig ausfehende Schaffner öffnet die Coupethiir. Aus dem Gpäckraum kommt langsam, die Hände in den Hofentafchem ein Ge päckträger. »Koffer zu besorgen?« ,,Nein, nichts-, nur hier den Reife fack und die Plaidrolle nehmen Sie. th vielleicht ein Fuhrwerk aus Wen titten da?" «Weiß nicht, werde mal fragen.« Der Träger geht gleichmiithig dem Ausgang zu, gefolgt von Marie. Draußen hält eine altmodifche Ver deckchaife. Der bärtige Rosselenter scheint feft zu schlafen. »Sind Sie aus Weniitten geschickt? Wie geht es der Baronin?« Der Kutscher rückt sich zurecht und greift an die Pelz-nütze. »Die gnädige Frau Baronin ift krank.« Mit einer ungeduldigen Bewegung wendet sich Marie ab, bezahlt den Ge päcktriiger und steigt in den Wagen. Und wieder geht die Fahrt durch nächtliches Dunkel. an stillen, winter lich traurigen Fluren vorüber. Gleich Merkzeichen dahinsliogender Jahre zie hen die hohen, ernsten Pappeln, welche die Chanssee begrenzen, an dem Auge vorüber — eine —- wieder eine —- nnd noch eine —- so immerfort in langer Folge, biö zum Ende· Jm Wenkitter Schloß sind nur die Fenster des Erdgeschosses erleuchtet. Als der Wagen die breite Aussahrt hinanrollt und vor der Veranda hält, zeigt sich ein Gesicht am Fenster. Gleich darauf wird die Thür zur Halle ge öffnet. Marie ist ausgestiegen Dies ist dieselbe weinumsponnene Veranda, aus der sie vor Jahren in einer wundervol len Sommermondnacht mit ihrem Ver lobten stand. Jetzt rüttelt der Wind an den Holz sparren und vpeitscht die kahlen, los gerissenen Weint-knien hin und her. Aber für Marie Dittmer giebt es kein Erinnern Hastig betritt sie das Hans-. Die Wirthschaftsmamsell kommt ihr entgegen. Ueber die rathe Bar chentnachtjacke hat sie treuzweise ein schwarzes Wolltuch geknüpft. Jrn Hin tergrunde sröstelt ein junges Küchen mädchen, das eine Lampe trägt. »Die Baronin —? Nichts weiter sragt Marie die Erregung droht sie zu ersticken. »Ach Gottchen, das Unglück, das Unglück!« jammert die Marnsell und wischt mit dem Schürzenzipsel über Augen und Nase· »Was ist?m preßte Marie mit sto ckendem Athern hervor. «Die Baro nin?« — »Bor ’ne Stunde sanst entschlafen. —- Ach Gottchen, wer hätte das ge dacht. Der Herr Doktor war heute ftiih da, meinte, es könnte sich noch 'ne Woche hinziehen, aber telegraphi ren möchten wir man aus jeden Fall. —- Fiir meins-wegen hätte die gnädige Baronin auch länger leben können; mir ist nie nichts zu viel gewesen. Mai hab’ blos schwer gehabt die ganze Zeit bei die Pflege; und alles hab’ ich be sorgt und gekocht und gemacht und ge than. Gestern Mittag hat sie noch eine Tasse Taubenbrillze getrunken mit Ei gelb abgeriihrt, aber heute . . .« «Wo liegt die Leiche? Jrn Schlaf zimmer?« »Ja, ja, wimmerte die Wirthschaf terin. »Wir haben nichts gerührt. Die Bertha — sie wies aus das Mäd chen —- hat bis gegen zwölf gemacht, und nachher ist sie wohl ’n bischen eingenickt und wie sie aufwacht —- —« »Schon gut, kommen Sie, ich will die Todte sehen.« Rasch schritt Ma rie auf dem wohlbekannten Weg zum Schlofzimmer der Tante voran. Statt zu folgen, wandte sich die Mamsell unwirsch an das Mädchen. »Hast Du nicht gehört, Vertha? Mit gehen sollst Du und die gnädige Frau leuchten.« »Ach Mamsellchem ich trau’ mir nich, —- ichstauk mir so sehr!« »Den-irae Marill, wer todt ist, kann keinem nichts thun!« Damit wandte sie sich ihrer eigenen behaglichen Stube zu, kroch schnell ins Bett und zog das schwere Jedetzudeck iiber den Kopf. Das Junge Ding schlich furchtsam bis zur geöffneten Thiit des Sterbe zimmers. . « Neben der Leiche. ManfgerichteQ Hand wie ein unheimliche-, chwarzet Schatten Marie Dittmer. Sie winkte abmhtend mit der hand. .Es wird schon Tag; löschen Sie die Lampe aus. Sie können sich schla fen legen. Morgen früh soll die Mam sell sämmtliche Schlüssel bereit halten und mir über-geben« Das Mädchen huschie eilig fort. Matie blieb allein. Durch das Fenster, baß nach dem Garten ging, drang der erste Morgen schein. Ueber dem kahlen Gezweig der hohen, alten Buchen began sich der Himmel gelblich - roth zu färben; das nächtliche Dunkel wich iahlgranem Dämmeru. Jle rraren o:e zuge oer Verstorbe nen schon deutlich hervor. Das kleine, dürre Vogelgesicht war noch mehr zu sammengeschrumpft, die unverhältniß mäßig starle Nase schien das umsprin gende Kinn zu berühren, die hänbe lagen, nach innen getrümmt,"Krallen gleich auf ber weiß-en Bettdecle. Nichts Hoheitsvolles, Ehrfurchtöge bietenbes und auch nichts Rührendes sprach aus bem Antlitz dieser Todten, aber Marie empfand zum ersten Mal eine Art verwandiichaftlicher Sympa thie für die Verstorbene Wie oft hatte sie ihr früher, Zorn und Bitterkeit im Herzen. für armse lige, gönnerhaft erwiesene Wohlthaten danken müssen; heute war es aufrich tig gemeint, als Marie, neben das Bett »tretend, leise murmelte: »Halt Dant, daß Du mich reich machst. Nun ist saller Groll zwischen uns zu Ende.« « Dann wandte sich Marie Dittmer »ab. Sie war leine fentimentale Na tur; sie suchte nach dem Schreibtischs ’schlüssel, den die Verstorbene stets auf sihren Nachttisch neben Wasserglas und HGebetbsuch zu legen pflegte. Da lag ier auch heute. s Frau Dittiner nahm ibu an sich und lging nach dem Nebenzimmer. Hier war seit schon taghell, die Sonne hatte sich jleuchtend aus der Dämmerung empor gerungen. Der ftürmischen, regneri schen Nacht war ein schöner Morgen gefolgt -—- Hoffnung erweckend, Segen verheißend. . Ein neues Jahr begann, und auch ein neues Leben sollte heut für die nach Neichthum Dürstende beginnen. Marie fühlte leine Müdigkeit, kein Bedürfniß, auszuruhen. Sie zog sich einen Stuhl heran,—ösfnete die Klar-we des altmodischen Schreibsetretärs und machte sich begierig an die Durchsicht der enthaltenen Papierr. —- — Die Beisetzungsfeier war vorüber. Frau Dittmer einstweilen nach Tan ninken zurückgelehrtx Es hatte sich berausgeftellh daß von der Baronin :Wengt schon vor Jahren ein Testa: Ement beim Gericht der nächftgelegenen YKreisftadt deponirt worden war. wel ches, laut Verfügung der Erblasserin, vier Wochen nach ihrem Tode eröffnet werden sollte. « Dies war eine Zeit auälender Spannung für Marie Dittmer, iron dern ihre Ueberzeuaung, daß die Tante sie oder Alice als Universalerbin ein gesetzt, unerschütterlich fest stand. Wie oft, in langen, schlaflosen Nächten, wenn Marie am Bett der Kranken wachte, hatte diese davon ge sprochen. Auch gab es teine näheren Verwandten« die Ansprüche hatten. Endlich war die Frist verstrichen. Zur gerichtlichen Testamentseröffnung fand sich auch Wasil von Waszczewsti als Bevollmächtigter seiner Frau ein. Jn beiterster Stimmung fuhr er am Morgen von Hause fort. Stolzer als je war sein Aussehen, als er in Ali ces Zimmer trat, um ihr Lebewohl zu sagen. Er küßte sie zum Abschied, was schon lange nicht mehr zu seinen Gewohnheiten gehörte, und alsder Wagen die Rampe hinunterfuhr, winkte ek der ihm vom Fenster aus Nachfchauenden einen zärtlichen Gruß zu. Alice fühlte sich so beglückt durch diese langentbehrten Zeichen feiner Liebe, daß sie den ganzen Tag in ge hobener Stimmung einherging Aeh, vielleicht wurde noch alles wie der gut, vielleicht erfüllte sich dennoch, was ihr junges Herz einst geträumt und erhofft. Ja gewiß, es waren nur äußerliche Veranlassungen gewe sen, die Wasil oft schroff und lalt er scheinen ließen, es war Zerstreutheit. augenblickliche schlechte Laune; aber im Grunde liebte er sein Weib wahr und innig, und hatte nur erft das Kind die süßen Augen aufgeschlagen, o, dann war das Band doppelt ftari, das ihre herzt-n vereinte. Aliee lächelte glücklich vor sich hin, .ihre Lippen summten leife ein tleines IWiegenlied dessen sie sich aus ihrer ; eigenen Kindheit entfann. « ! So froh war ihr zumuthe, fast lübermiithig All-:rlei Hübfches und FTrautes zog durch ihre Gedanken. Sie Inahin sich vor, recht fleißig an dem winzigen, weißen Spitzenjäckchen zu nähen; es sollte bis zum Nachmittag fertig fein, damit sie es Wasil zeigen könnte. Und wenn er heute heim iam« wollte sie nicht wie sonst schlich tern auf feinen Gruß warten, sondern ihm mit uusgehreiteten Armen entge geneilen. horcht —- Fiihrt da nicht ein Wa gen in den hof? Sollte Wasil schon jetzt? —- Unxnöglich fo früh pflegt er fonfi nie —- aber wahrhaftig — er it es. IIliee wirft die Arbeit in den Näh lorh und springt anf. . G Unter wird die Pan-Mir dröhnend znge chlagen, eilige Schritte nähern sich m Zi mmer. Die junse Frau übettoinmi piöhs lich, sie we ß Selbst nicht warum, ein Gefühl von Muihlofigieii nnd Furcht Die ausgestreckien Arme sinken schlaff herunter. Beilemmen lauscht sie. - Da wird die Stubenthiir aufgesess sen. Aschfahl im Gesicht, die schönen, schwarzen Augen unheimlich flackernd, itiii Wasil herein. Seine Hand zit ieri, als et ein großes, mii Amtssiegel versehenes Briefkuvert auf den Tisch schleudert. ,,hiet, nimm!« ruft er mit heifeter Stimme Alice zu. Die steht wie ge lähmt und starrt ihn versiändnißloö an. »Um Gottes willen, was —- was ist geschektexi?'« Er wirft sich in einen Sessel und lacht höhnisch auf. »Ein Ratt-, einNatt bin ich gewe sen, ein leichtgläubigcc, finpidet Natt!" Seine Fingeriiiochei vrucrien irch gegen die Stirn, daß duntelrothe Flecke auf der weißen Haut zurückblieben Zitternd näherte sich Alice. »Was hast Du? So sage dacht« heftig springt er auf. Wie ein in den Käfig gesperrtex Thier läuft er im Zimmer hin und her. «Kannst Du denn nicht lesen? Da nimm — da lies!« herrscht er sie an und zeigt auf das Schriftstiick. Die Brutalität in der Natur dieses Man nes hat im Augenblick jede Schranke angewöhnter guter Formen durchbra n. . »Betiilpelt, angeführt, überrumpelt, wie der erste beste Gimpel,« tnirscht er zornig, »und so was muß mir pas siren. Wäre es nicht zum Verzwei feln, tönte man lachen, wie die alte ge riebene Person uns genasfiihrt hat.« Lich faltet den großen Foliobogen auseinander nnd versucht, sich seinen Jnhalt llar zu machen. Aber ihre Aufregung und die vielen Flosteln ain Anfang des Schreibens verwirren sie. »Nun, was sagst Du?« ruft ihr Mann ungeduldig. »Milde Stiftung für adelige Fräulein hat die liebe Großtante gemacht, damit ihr Anden len von der Nachwelt gesegnet werde. Zehnmal verdammt soll sie sein! Ha, ha, lachte er kamt-hast« »für euch ist auch gesorgt; Deine Mutter bekommt das Oelvortrait der Verstorbenen, ihre Kleider und Wäsche, und Du baare 6000 Mart Ein fürstliches Vermögen! —-— Und mit solchem Bettel habe ich gerechnet um solches Lumpen geld mich verlauft!« »Wie meinst Du das Z« fragte Alice tonlvs. Sie zittert nicht mehr sie ist plötzlich ganz ruhig geworden; ein Gefühl innert eher Erstarrung hat sich ihrer bemächtigt »Wie meinst Du dass-« fragte sie noch einmal, langsam und deutlich. Voll trifft das Licht des Fensters ihre Gestalt, ihr tief erbleichtes Gesicht, und sür einen Moment toinmt dein Mann seine Härte zum Bewußtsein. Mit finster gesalteter Sirn, aber im Ton der Mäßiguiig. entgegnete er: »Laß. es niitzt nichts davon zu res den —— Uebrigens. wie die Sachen stehen, war es eine Existenzfrage für uns, daß Du Deine Großtante barb test. Jeder hat es sicher geglaubt, warum sollte ich es nicht glauben? Auch Deine Mutter bestärtte mich stets in der Voraussetzung Jch habe fest daraus gerechnet.«' »Und nun,« stammelte Alire, »nun wir das Gelb nicht erhalten, sind wir nun arm?« Wasil zuckte die Achseln »Was keiszt arm? Das Schicksal hat mich allerdings verflucht reingelegt. selber solange man Kredit hat. Es darf zu niemand über diese irr-same Erb schaftggeschichte gesprochen weiden. verstehst Du; ich musz aus andere Art versuchen. -—-— Ah, solch heimtiictische alte Person« -—— der Zorn quoll wie der in ihm s— »läßt sich bis ins acht zigsie Jahr mit tausend Rücksichten umgeben, läßt sich wohlgesällig als Erbtante den Hof machen. und schließ lich -—--« seine weißen Zähne tnirschten auseinander. Er riß Aliee has Testa ment aus der Hand. »Gieb her den Wisch; und wie ge sagt, niemand dars etwas davon er sahren." — Der Aufgeregte hatte längst die Thitr hinter sich geschlossen. Noch im mer stand Lich wie angewurzelt und blickte ihm nach. Die leicht entslamrnte hestigteit seines Charakters war ihr nicht fremd, aber so maßlos zornig, so verletzend bitter zeigte er sich noch nie. Sie wußte nun, daß der scheinbare Reichthum, der sie umgab, aus unsiche rem Grunde ruhte und nur tiinstlich aufrecht erhalten wurde. Vielleicht standen ihrem Gatten jeht Sorgen und Entbehrungen bevor. —- Wie gern wollte sie ihm dieselben tragen helfen. Nicht dies war es, was ihr herz be ben machte. Sie hätte sich freudig auch ganz bescheidenen Verhältnissen anpassen, ja sich irr ihnen glücklich süh len tönnen, blieb ihr nur ihres Man nes Liebe. Aber ein helles Streislicht war in dieser Minute aus seinen charakter gefallen, und eine Ahnung dämmerie in ihr anl, da der, den sie bisher blind beegiii eet tie, anders sei, als sie geglaubt . Und wußte sie denn, ob er sie wollte theilnehmen lassen an seinen Küm mernissen, ob es ihm ein Trost .tein würde, wenn sie ihm zur Seite stände, auch in schlimmen Tagen? hatte ee etwa utn der vermeintli chen Erbschaft willen sie zur Frau begehrt —- an schnöden Reichthum ge dacht, während sie, selig beglückt, Gott fü-: das köstliche Geschenk seiner Liebe dankte?! Wie muten doch seine Worte? »Um PassiLumpenqeld habe ich mich ver au .« Alice stöhnt laut aus und Jchragrl die Hände vor das Gesicht. Sie will nicht klar sehen, es thut so weh. Sie möchte sich vor der Ertenntniß der Wahrheit verschließen die grübelnden Gedanken verjagen, die ietzt nichts mehr nützen» Sie muß das Leid ertragen. den sich aufbiiunienden Stolz niederzwingem denn dem Mann, der sie nur um des äußeren Vortdeiis lrillen begehrte« hat sie sich fiir das Leben angelobt, und er ist der Vater ihres Kindes. si- e- ei Trübe Tage und Wochen ziehen iiber Dobrawitz hin. Auf dem Lande spiirt man des Winters Unbilden doppelt start. Die trosttose Einför migkeit der tiefverschneiten Land schaft, der ewig graue Himmel, der sich iiber die nackten, frierenden Bäu me spannt,'die Einsamkeit und welt vergessene Stille . . . das alles stimmt meiancholisch, und es gehört ein sehr frohes Herz, ein sehr trauliches Heim dazu, um den tiefen Zauber eines Winters auf dem Lande zu empfinden. Alice besaß teines cvn beiden . . . . Seit der heftigen Szene mit ihrem Gatten nagten unausgefetzt Furcht und quälende Vorstellungen an ihrem Gemüll-. Es bedrückte sie unsäglich, Wasils Erwartungen getäuscht, ihm tein Vermögen eingebracht zu haben. Jetzt. wo sie angefangen hatte. an sei ner Liebe zu ihre zu zweifeln, wollte sie ihm nichts berdenten. Und dann wie der beuntuhigten sie Sorgen um die Zukunft. Wie stand es eigentlich mit den petuniiiren Verhältnissen ihres Gatten? Er sprach nie mit ibr dar über, und nach einer schroffen Abwei sung seinerseits wagte sie nicht mehr zu fragen. (Fortsetzung folgt.) Fang wilder Thiere. Die einfachste Art, wilde Thiere zu fangen, ist die mittelst der Grube. Den Tiger und ähnlich viele andere wilde Thiere fängt man nach dieser Methode auf folgende Art: Man gräbt eine sehr tiefe Grube, deren Wände fast sentrecht in die hdhe steigen. Die Grube wird mit Zweigen überdeckt, die mög lichst schwach sein iiiiifserr, aber doch ftari genug, um eine Ziege zu tragen, die in der Mitte über ein Loch ange bunden wird. Der Tiger wird durch das Geschrei des Opferg angelockt und schleicht sich heran, bis er endlich mit einein mächtian Satze auf seine Beute siiirst, aker nur« um mit dieser durch die Zweige zu brechen und in die Tiefe zu stürzen. Von diesem Augenblicke an kümmern sich feine Jäger nicht mehr um ihn, da er ihnen nun ganz sicher ist. Sie begeben sich nach hause und schlafen ruhig aus, um dann am Morgen wiederzutoinmem Nachdem der Tiger das sicklein aufgefressen, hat er sich die ganze Nacht vergebens bemüht, aus seiner Gefangenschaft zu enttoinnien. Es handelt sich nun darum, den Tiaer lebendig aus der Grube zu brinaen, ohne daf; er dabei einen Mnesa,e11 in das bessere Jenseits be fördert. Man läßt ein aroßes Netz von äußerst starken Seilen in die Grube diett auf den Tiger fallen, der nichts Eiliaeres zu thun hat« als sich sofort darauf zu stürzen und dasselbe mit feinen Klauen und seinen Zähnen zu bearbeiten ——«— die natiirlicke Folge ist, dast das Thier sich rettungslos in das Netz veriviaelt, fo daß es hilflos auf dem Boden liegt. Nun steigt einer der Jäger in die Grube, bindet ihm mtt ttarten Striaen die Vorder pfoten zusammen und leat ihm einen Kragen um den Hals. Nicht leicht irgendwo waren die Tiaer zahlreicher und blutgieriger als auf -Oude. Und wohl fast nir gends waren die Eingeborenen ihnen aegeniiber wehrloser als gerade hier. Doch was denselben -an Kraft und vollkommenen Waffen abging, das wußten sie bald durch Schlauheit und List zu ersehen. Sie wissen sieh ihres furchtbaren Feindes in folgender höchst sinnreicher Weise zu bemächti gen. Wie fast jedes Thier der Wildniß. so hält auch der Tiger seinen be stimmten Strich inne, auf dem er seinen Bedürfnissen nachgeht, auf dem er auf Beute ausgeht oder zur Quelle eilt, um seinen Durst zu löfchen. Jn der-Jäaersprache nennt man dies den Wechsel des Wildes. Diesen Wechsel nun tundschaften die Eingeborenen uns und treffen hier ihre Vorberei tungen. Dieselben send ganz einfach: Sie sammeln nämlich die groäen Blätter des Prausz-Baumes, eine rt Sutomore, bestreichen dieselben mit Vogelleim und legen sie mit der kleb rigen Seite nach oben auf den Wechsel. auf dem der Tiger fast täglich auc ziebt. « Sobald das Raubthier dann eine seiner Tahen auf eines der scheinbar rmlos umherliegenden Blätter ge ett hat-ist sein Schicksal besiegelt Er versucht zuerst das unbeaueme Blatt von der Maue abzuschiltteln und da dies erfolaloi ist, so sucht er T dies mti den Zithnen n t n. Dier bei beschmiert er steh e ale,« tritt nun auch wohl noch auf ein zweites Blatt, versucht mit diesem dasselbe und besudelt sich dann mit dem Vogel leim das ganze Gesich. Bald kleben ihm die Augenlider zusammen; vor Wuth tragt er nun auf der Erde, lleht sich dadurch die Augen und die Nase auch voll Sand. Er tritt auf immer mehr Blätter, rollt steh in Angst und ohnmöchtiger Muth auf dem Boden umher; lein schönes Fell wird ganz ver.;seistert, sein Kopf et hölt eine. völlige Kapuze; schließlich hört und sieht er nichts mehr, wälzt in veraeblicken Bemühungen sich im mer mehr auf der Erde umher, wühlt heulend 'nnd brüllend tiefe Löcher in dieselbe. Sein Gebrüll ist das fehnlichst er wartete Zeickkcn fin feine Besieger. Sie lommen herbeiqelaufen und tön nen nun ihren blinden und erlclkijviten Feind mit ihren Spiefzkn und Pfeilen bequem und gefahrlos erlegen. Gemüthlich ist nachfolgender Bä renfana. Jn der französischen Bergstadt Su verboguerre unweit Luchon begaben sich neulich eine ziemliche Herde Jäger um 10 Uhr Abends aus die Jagd, ge führt von einem Arzte, der verspro chen hatte, Goliaih, den Schrecken der Umgebung seinen riesengroßen Bä ren), todt oder lebeiidig in die Stale zu bringen. Sie sagen gar nicht wie Jäger aus, da sie nur mit eisernen Stangen und großen wollenen Decken bewaffnet waren. Der Zweck derselben ward einigen Mitgliedern ersi bekannt, als sie ihre Dienste gethan. Mit den eisernen Siangen schloß man die Oeffnung der bekannten Höhle Brauns, worin er des Nachts regel mäßig zu logiren pflegte, und da er fest schlies, seßte er auch den wollenen Decken, welche über die eisernen Stangen gezogen wurden, um die Höhle möglichst lufidichi zu verschlie ßen, keinen Widerstand entgegen. Nachdem dies geschehen, ließ Dr.Pyot feine Waffe durch eine Oeffnung in die Höhle spazieren und wirken — Chloroforin. Er war nach kurzer Zeit der Wir lung so gewiß, daß er Stangen nnd Decken wegnehmen ließ und mit einer Laterne zu Goliath hineintrai, der sich nun ruhig beleuchten ließ, ohne in seinem fürchterlichen Schnarchen ir gend nachzulassen. Auch hatte er nichts dagegen. daß man ihn band und auf eine Tragbahre zog· und selbst als er im Triumph durch die mitters nächtiaen Straßen getragen ward, merkte er noch nichts von der Verän derung. die nun auf Lebenszeit mit ihm vorging. Schlafend und schnar chend ward er in einem Käfig unter aebrack;t, wo er am folgenden Morgen sich lange brummend und bäumend umfah, ehe er sich entschließen konnte sich in fein Schicksal zu ergeben. Doch sehr wild that er auch nicht, da der listige Doktor. der ihn im Schlafe seiner Freiheit krank-L seine neuen Fesseln mit den Nosenleltien der Liebe verband. Goliath Braun, bisher ein Junggeselle der Wildniß, fand in seinem Käfig ein Weibchen vor. wel ckes Hirten mehrere Monate vorher eingesungen hatten. Goliath fand Wohlaefallen an feiner neuen Lebens gesiihriin. er behandelie sie mit aller möglichen Zärtlichkeit ißt und trinli regelmäßig, legt sich frühzeitig zur Ruhe und stebi spiii wieder auf, so daß er allgemein als das Musier eines braven Philisters geachlei wird, der sich auch ohne Freiheit würdig zu be nehmen weiß Wie man um 1550 an den Ufern des asianiscken Meeres die Hnönen sing, giebt eine Notiz aus Buöbecks Tagebuch folgendermaßen an: Be kanntlich ist dies widerliche Thier nur durch seine Gesriißigleit furchtbar," während es dem Menschen gegenüber äußerst feig ist. Nichtsdestoweniger war es bei den Alten im Nuse einer außerordentlitten Kluaheit und sollte die menschliche Sprache aenau ver stehen tönnen. Diese Meinung war in ienen Gegenden damals allgemein verbreitet - und man benutzte sie zu einer Jaadmethodr. welche viel schmei chelhafter für den Verstand der Zwö nen als den der Jiiaer war» —- Ein Jäaer troch leise in die durch herum lieaende hier- und Menschenleian hinreichen erkennbare Höhle der Hnäne, indem er in seiner Hand eine Schlinge, aus einem starien Strick be stehend. trug, dessen Ende seine vor dem Höhleneinaanae befindlichen Ge fährten hielten. Beim Herantriechen rief er unausaeiitzk »Ich Zehe keine Hoiines Die Qui-ne ist nich zu sin den!« in der Absicht, die hyiine sicher zu machen! Als er das wilde Thier erblickte. troch er zu ihm hin, unter beständiger Wiederholung seiner Worte, befestiaie ihr die Schlinae an einem Beine und troch so schnell wie möalich zurück und schrie, sobald er in Sicherheit war: »Die Hniine ist doch in der fiöhle!« Sobald die hyäne diesen Ausruf hört. erkennt sie auch, daß sie entdeckt ist und versucht zu entfliehen, aber die übrigen Jäger halten den Strick iest und ziehen das Thier aus der höhle beraus, wo sie sieh dann leicht seiner bemächtigen-— Wenn die Hniineniäaer dem alten Busbeck ieine »Weil-geschichte« aufge bunden haben. so ist auch an Münch hauiens Abenteuern nicht mehr zu zweifeln. WW Die Irauenllubs verlanan eineVers treterin im Kabinett des Präsidenten. Die übrigen Nabineitsmitglieder wet den wahrscheinlich feinen Einwand er psbesh Yvksusgtietzt die Vertreterin ist Jung, hübsch und liebenswürdig-«