Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 27, 1905, Sweiter Theil., Image 9
Yebraska StaatI-3n2riger nnd Yerolln J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island-. Nebr» :.7. Oktober 1905 (Zweitcr TheileW WEfksihkganthwåftkMNQ 9. Ver sterbende Baum. Der Sturm zerbrach im Waldesraum Einen jungen unbeluubten Baum, Mit zuckender Fafer hält er sich fest Arn Wurzelftnmm, elf die Kraft ihn verläßt. So müd’ ift er, so sterbensknatt, Er sorgt um kein einziges grünes latt, Doch weiße Blüthen jagt er an’s Licht, Daß ein Leuchten aus feinen Zweigen bricht. Und durch die athemlvs laufchende Luft Sein letztes Sehnen in Düften ruft . . . Er weiß, wenn die Blüthen zerflattert sind, Säufelt durch todte Zweige der Wind. fVer Dortschulicelzren Stikozik aus dem Schwarzwald von iriam Bin Runyan Die Mittagssonne steht hoch über dem Schwarzwald Große Rinder herden weiden friedlich am Fuße des Feldberges, welcher den mächtigen’ Gipfel zu den Wollen emporreckt. Schwiile Hitze liegt iiber dem Derse. Nur ein paar vereinzelte Menschen lassen sich aus den schalten losen, staubigen Gäßchen blicken. Aus allen Hügeln rings herum wuchert die blaue Erila in Hülle und Fülle. Aber die seltene weiße Ertla ist nur hoch oben auf dem Feld berg zu sindenz und wenn man die Augen empor-schlägt zu dem endlosen schneeiaen Blüthenselde, so ist es Ei nem schier als ob der Feldberg eine Schneelappe triig’. Droben am Bergeshang wo das Gras am frischesten und grünsten hervorsprießt, sitzt ein Bauernmiid chen mit der Sichel in der Hand und schneidet Futter siir die Zieaen »Grüß Gott, Dimle sagt eine Stimme neben ihr. Die Erila, oder vielmehr »das Rtterl«, wie sie überall im Dorfe ge nannt wird, schreclt empor· »Schaut Der Marti!« meint sie spöttisch. »Herrjeh, das ist aber was Reit’s. Seitwann steigt denn der saule Thal:-Martl im Gebirg her um?" «D’ weißt ganz guat, daß i Dir nachg’stiegen bin«, tnurrt der Ange redete. Als er aber tecl den Arm um sie legen will, hebt sie blitzschnell zur Abwehr die Sichel gegen ihn empor. »Lasz« mi aus!«« tust sie ärgerlich. Der Martl weicht im ersten Augcn blick erschrocken zurück. »Sei nit so aistia. Rilerl,« lacht er dann. »J will mich bloß a Weil chen zu Dir setzen. Komm, laß uns g’scheit miteinander reden.« »Du und g’scheit!" versucht sie lustig zu spotten, aber die Stimme zittert ihr, und sie ist roth und verle gen geworden. «Sieh’ast!« fängt der Marlt an und wirft sich neben ihr in’s Gras. »Daß i Di gern hab’, hast ja längst g’wußt. J hat« in der Welt zu was ’bracht. Reiche Bauern aiebt’g g'nug im Schwarzwald, aber der Martl ist halt doch noch der Reichst’ von Allen. Sag, was meinst, RiterlT Hött’st was dawider wenn sie uns nächsten Sunntag in der Dorstirch’ ausbieten thiiten?« Das Nile-l ist ganz still und halt das Köpschen gesenkt. Als die Antwort gar zu lang aus bleibt, wird der Mattl unaedulbig. »3’wegen was schweigst dann? So ked’ doch. J weed’ Di nit heißen« Da hebt das Ritetl den Kopf und schlägt die Augen furchtsam zu ihm aus. »F bin dem Lehrer guat«, sagt sie cheu. Heil auslachen muß der MattL »Dein Dorsschul’-Lehtet?" ruft er belustigt. »Jessag, und in so a bleichen, stillen Stubenbodet hast Di vetaasst? Laß Di nit auslachen« Dikndl!« Der Bursch’ ist ausgesptunaen und hat sich mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt. Itapsschiittelnd und erstaunt sieht er aus das Mäd chen nieder. »Madekl«, scagt er ungläubig, »bist denn witlli von Sinnen, daß D’ mi nit habenwillsw Weißt D’ nit, daß sie mi Alt« den «Schluchsel Bauern« nennen? All' das Land um den See herum ist mein. Was? Magst immer noch nit2 Gel)’, sag »Ja«, RitekL sollst’s auch gut bei mir haben. Deinen Bruder, den atmen holzhaaer, that i als meinen Groß tnecht nehmen. Deinem Mutteel thät’ i gar das Häuschen am Berge schen ten und aus a paar gute Milchtiih' wird's mir auch nit antommen.« « bin halt dem Lehrer guat«, wiederholt das Riterl leis: »Natürli, wann Du »Nein« sagst«, meint der Martl langsam und sieht sie tauetnv an, »dann iniißt Jhk eaus aus dem Däuslr. D' weißt wohl, der Grund und Baden g'l)ört mein. J hat« Euch nur zu dem Spottpreis geben· weil i Di allzeit schon lieb hatt’. Und die G’schicht’ mit dem Schalmeistet tannst Die auch gleich aus dem Kopf schlagen. So a Jam uiekisLappent So a verhungntee Ge sell’! Das, —- Deine Mutter thät’s noch nimmer verlauben!« Das Rikerl schweigt noch immer. Da hält ihr der Bub’ die breite braune Hand hin. »Schlag’ ein«, spricht er treuher zig. »Komm, sei g'scheidt. J srag’ Di jetzt zum letzten Mal. Hättst nit d o ch Lust, die Bäuerin vom Schluch-Hos z’ werden? « »Hast Recht, i bin a dumme Dirn’ g’wesen«, sagt'ö Riterl und legt die zitternden Finger in seine große Hcknd. »Ja, hast Recht, MartL Wohl« alsdann will r Deine Bäucrin wer den.« . »Juch!« schreit da der Busrsch’, wirst das schlanke Mädel hoch in die Lust und fängt sie wieder aus mit den starken Armen. —- So ist das Verlöb nisz vom Berg-Riterl und vom Schluchsen-Bauern zu Sand’ gekom men! Daheim in seinem Stübchen sitzt der junge Dorfschul-Lehrer und sieht die Hefte der Bchulbuben durch. Da tlopft’s und der Martl schiebt sich zur Tbür herein. ,.Grüsz’ Di Gott, Schulmeister·« »Gott zum Gruße, Schluchsel Bauer. Was führt Euch her zu mitti« Dann blickt er ihm aufmerksamer in’s erregte Gesicht. ,,Euch ist wohl heut’ was Gutes widerfahren, Bauer, daß Jhr gar so verklärt dreinschaut?« »Hiachzeit mach’ i!« jauchzt der Bursche· »Hiachzeit! Und weißt auch, mit wem, Schulmeister? « Verneinend schüttelt der Anaeredete den Kopf. »Mit dem Rilerll Mit dem Berg Rilerl!« ruft der Martl laut in sei nem Glück und schlägt sich mit der flachen Hand dröhnend aufs Knie. »Mit der Ersta-« fragt der Leh rer tonlos, und es ist dein Marti, als ob das schmale Gesicht noch bleicher geworden ist. »Gelt, da reisz die Anaen aus? Ja, mit dem Niierll Und z’we»aen dessen bin i g’rad’ zu Dir kommen. Schau, .i bin reich; mir lonnnt’s nit »aqu Geld an. J will Dir gern a paar Groschen z’verdienen geben, und da hab’ i mir halt denlt: Der Herr Lehrer tönnt' uns das Hochzeits Lied dichten!'« »Aber nit nur die brave, tugend same Braut sollst D’ beschreiben«, fährt er eindringlich fort, »m ei Vor zücc mu t D, auch in’s beste Licht rucken. erzähl’ drin, wasi fiir a starler, brauner Bursch bin und daß i auf der Kirrneß und auf a jeglicher Rauferei die andern Buab’n stets turz und tlein verhau’n hab’.« Der junge Lehrer hat ihm kaum zugehört. Jn sich zusammengesunten sitzt er da und träumt vor sich hin. Hochzeit —- Und mit der Erilal —— Wie ein Messerstich geht Es ihm durch die Brust. Alle Anderen inr Dorfe haben stets auf ihm herunterae sehen, haben ihn spöttisch oder herab lassend behandelt, ——— nur die Erita nicht! Wie oft hat er sich ausgemalt, wie herrlich es sein niiißt', wenn die sanfte Erita seine Frau tvär’ und mit ihren sleißigen Händen das arm selige Schulhäuschen bliyblant und sauber hielte. Jrntner schon hat er sie lieb gehabt, ——— vom ersten Augenblick an, wo sie mit dem Milchgeschirr in seine Stube trat. »Die Mutter schickt Euch a Mitch'«, hatte sie schüchtern gesagt; »’s ist zwar nur Gaisen«Milch, aberihab’5 selber srisch g’rnolten, und wenn die Gab’ auch klein ist, sie kommt von her-sein« Und blutroth war sie dabei gewor den und hatte sich schier geschämt, daß ihre Mutter so arm sei und sich nicht, wie die Nachbarn, Kühe halten konnte. Und jetzt ist es vorbei, ---— alles vorbei, —- und er soll ihr gar das Hochzeitö-Carmen dichten! » Abwehrend streckt er die Hände aus. Ich kann nicht,« saat er heftig ,,Sucht Euch einen Anderen, der Euch das Lied macht-« Der Bursche stemmt die Fäuste in die Seite und sieht den Lehrer her aussordernd an. »Geh·, sei nit g’spaszig, Schalmei ster«, meint er zornig. Dann sent er schnell begütiaend hinzu: ,,J schick Dir auch von der Meyelsuppem Und wann D’ Dei Such guat machst, leg i a paar schöne Btuatwiirscht’ bei.« »Ich kann nicht Schluchsel-Bauert Ich tann nicht!« stößt der Lehrer hei ser hervor. »D« sollst sek;’n, daß i kein Geiz tragen nit bin. Aus an’ großen, safti aen Schinken soll mir’s auch nit an kommen. Gelt, den kriegst nit alle Tög’ angeboten?« Der Dorfschul-Lehrer denlt an feine leere Speifelammer in welcher selten genug Wurst und Speck hängen. Wie oft hat ihm der Magen getnurrtt Wie oft ift er hungrig zu Bett gegangen! Aber alle Tafelfreuden der Welt würden ihn jetzt nicht locken. »Laß mich in Ruh’, Schluchsel Bauer«, fchreit er wild. »Ich kann nicht« ich tann’s wahrhaftig nicht« Um Gottes Barmherzigkeit willen, Bauer, geht heim und laßt mich in Ruh-P Der Martl pfeift ärgerlich durch die Zähne. ,,Dalteter Kerl!« murmelt er ver drießlich und schlägt die Thür hinter sich zu· —.-..—-—.-—-——--—-———--— Die Sonne ist längst untergegan gen. Lange graue Schatten senken sich über das Thal. Rings irn Dorfe werden die Oellömpchen angezünd-t, nur im Schulhanse brennt noch kein Licht. Der Lehrer steht am Fenster und hat die heiße Stirn gegen dieScheiben gepreßt. Er blickt in die Höhe nach dem weißen Häuschen, wo das Berg-Riterl mit der alten Mutter wohnt. Da oben ist auch Alles dunkel und "still. Ob wohl die blonde Erita an ihn denkt? —- —— — Aber jetzt wird es hell am Abhang. Mit Musik und Fackeln zieht der Schluchsel-Bauer den Berg hinaus. Große Freudenfeuer werden droben , anaeziindeh die Burschen sckießen ihre t Stutzen ab und das gellende Jauchzen der SchuhplattLTänzer drinat zu ihm herab· - Der Dorfschul-Lehrer tritt vorn . Fenster zurück. Er wirst sich auf den sp Stuhl und stützt die Ellbogen auf den Tisch. ,,Erita! Erita!« stöhnt er vor sich hin. Er irallt dieyIinner in die Ohren, um die lustige usit nicht zu hören; den Kopf läßt er aus die Tischnlatie sinken und sein schmächtiger Körper erschüttert Die Hühner-tappt ; Humoresle von Heinrich Hart-! M ct U li. ’ Jch hatte nichts mehr zu thun, und - schlenderte gemüthlich iiber den Wo i cheninartt Mein Zug aina erst in ei f ner Stunde. Jch lonnte also noch ge- z I mächlich ein bischen die Stadt ansehen. I i Plötzlich kam mir ein Gedanke. Wie l wäre es, wenn du deiner Frau etwas i von der Reise Iniibrächtestl Jch dachte nach, etwas Vernünstigcs mußte es schon sein. Plötzlich stand ich vok ei- l nein Geflügelhändler Und in demsel- ; ben Moment hatte ich auch entdeckts was ich meiner Frau mitbringeni wollte. . · s Ein Paar Huhner. Das war pral- - ; tisch, und außerdem hatte ich mir schon ; : lange eine rechte- fette Hühnersnppe ge- ; L wünscht. H s Ich trat auf den Händier zu. »Sa- . gen Sie mal, was kostet denn ein « Huhn?« T ! »Oh, das ist verschieden. Drei Mart, zwei Mart und noch billiger.« » i »Ein gutes muß es schon sein.« Wir einigten uns aus ein seisteg IL Exemplar der Gattung, das drei Mart . , tosten sollte. » ! »Ja, und wie transportire ich das j Thier?« »Na, ich schlachte es gleich und tviclle es Ihnen aut ein. Aber da lam der Mann schön an. »Nein, denHahn muß ich lebendig mit: brinaen, sonst hat die ganze Geschichte « teinen Zweck.« Wir dachten hin und her, schließlich s meinte der Mann: »Ich gebe Jhnen ei i nen lleinenBeutel siir fünsundzwanzig Pfennia, da thun wir den Hahn hin-— 4ein, das aeht aanz aut.« s Jch war einverstanden. Jch bezahlte und gab ihm, da ich lein kleines Geld l besaß, ein Zwanzigmartstiicl. Der sMann wollte los gehen, und von sei nem Bruder, der auch aus dem Markte sei, einen Sack holen. Jn demselben Moment traten verschiedene Leute, da runter ein Gerichtsvollzieher, aus den Händler zu und... vsändeten sein Geflügel. Nach vielem Lamentiten er klärte sich der Gerichtövollziehee bereit, den von mir getausten Hahn heraus zugeben. Der Händler ging daraus hin einen Sack zu holen. Da er eine lange Zeit wegblieb, sprach ich init dem Ge richts-vollziehen und sprach auch von den zwanzig Mart. Kaum hatte ich das gesagt, so fing der Gerichtsvolb ziehet an zu lachen. «Nanu, warum lachen Sie denn?« Der war sogleich wieder ernst. »Mein verehrter Herr«, sagte er, »ich glaube, der kommt mit den zwanzig Marl nicht wieder.« Das war eine schöne Geschichte. Jch wartete noch ein bischen und ging dann los. Aber schon bei dem nächsten Geflügelhändler iam mir der Ge danke: Nun gerade. Sollte ich schließ lich nicht einmal mehr eine Hühner suppe essen können! Also frisch darauf los. l »Mein Herr, was kosten die Hüh nq?" l k;,Das ist verschieden, je nach Quali- ! tä Bald hatte ich zwei Hühner l»-?« 1.75 Mart erstanden. Leider hatte auch die ser Mann kein geeignetesBerpackungs material für lebende Hühner. Aber er hatte eine Jdee. ,,Fiaufen Sie sich drüben beim Sei lser ein Netz!« . Das ging. Jch erstand für eine Mart ein tadelloses Netz, und meine Hühner wurden hinein gesteckt. Kaum hatte ich das Netz in der Hand, als es mir auch schon entfallen war. Die ängstlichen Hühner flatter- « ten und blufterten, und da das Netz Yicht zugezogen war, gelang es einem Seiner Hühner zu entwischen. Nach dem man mich gehörig ausgelacht, jnnchte sich der halbe Wochenmarkt auf die Jagd. Endlich glückte es. Man» hAtte meinen Ausreißer wieder. Nach dem ich dem glücklichen Fänger fünfzig Pfennig Trinkgeld gegeben und die Schlinge fest zugezogen hatte, machte ich mich auf den Weg. I Nach Lofung der Fayrrarte pamrre ich glatt die Bahnsteigiontrolle mit meinen Hühnerm die sich immerfort hin und her bewegten und schlecht zu traIpottiren waren. Jch setzte mich gemiithlich in den Zug und schob mein Netz unter die Bank. Jch dachte an die Freude meiner Frau und an die meine, wenn die Hühner erst aus dem Tische stehen wür den. Schon spürte ich den Duft der Suppe in meiner Nase und sog mit Wohlgefühl denselben ein. Da, mit einem Male trat der Konduiteur auf mich zu, verlangte meine Fahrsam und . . . entdeckte meine Hühner. Ob wohl ich der einzige Fahrgaft im Ad theil war, fragte er doch: Wem gehören die Hühner.« Jch war sehr höflich: »Mir, mein Herrl« »Ja, das giebt’s nicht. Lebendes Geflügel darf nicht mit in’g Coupe ge nommen werden, die müssen raus.« Jch war ganz perplex. Da der Kon duiteur aber iort ging, dachte ich, es würde klappen. Aber schon nach weni gen Minuten war er wieder da. »Na, die Hühner sind ja noch da.« »Allerdings, ich weiß nicht, was ich mit denselben machen soll.« »Ja, das geht mich nichts an, die Thiere (Tl)iere sagte er) müssen raus.« ,,Könnte ich denn kein Hundebillets dafür iaufen·« »Nein, das geht nicht, die müssen raus.« Was thun. Jn fünf Minuten ging mein Zug. Jhn zu versäumen, hättef großen Schaden gebracht· Jch mußte; also versuchen, den Mann zu gewinig nen. Ein Fünfziger Trinkgeld, den ich i ihm anbot, fruchtete nichts. Nun wur de ich grob. « i »Herr! Ich werde die Vuyner mirs nehnun Man hätte mir früher BE scheid sagen können, schon als ich den Bahnsteig betrat, hätte man mich dar auf aufmerksam machen müssen.« Der Konduiteur holte jetzt den Sta- » tionsvorsteher, verschiedene andere Bes- « amte kamen auch noch. Es gab einen Auflauf, und das Ende war, daß man dir Hühner mit Gewalt aus d(’mCoupe entfernen wollte. Jch kam dem zu vor, nahm meinNetz und gab es sammt den Hühnern einem Gepackträger. s »Hier haben Sie ein paar Hühner »zum Sonntagsbraten.« . Zu dem ganz erstaunt zusehenden Beamten sagte ich: »Meine Herren, ich wcrde mein Rscht schon kriegen. Jch werde an die Bahnverwaltuna schrei ben und Schadenersatz verlangen, da ich durch die Fahrlässigteit des Beam ten, der die Bahnsteigetontrolle aus übt, geschädigt worden bin.« Die lachten. Der Zug fuhr ab. Meineg ute Laune war dahin. Erst am Ende der Ncise dachte ich darüber nach, daß es doch Unsinn sei, sich des wegen zu ärgern. Jn Berlin ange langt, war ich schon wieder so weit, daß ich mich mit dem Gedanken trug, tßrotz allem eine Hühnersuppe zu genie cn. Nach einigem Schwanken entschloß ich mich, ein Huhn zu laufen. Schon war ich in der Marlthalle, als es mir nach meinen bisherigen'Erfahrungen räthlich schien, lieber ein todtes Hahn zu tausen. Mir gefiel keins. Jch ent schloß mich, nach Tietz zu fahren. Schon nach kurzer Auswahl hatte ich ein großartiges Exemplar für nur zwei Mark erworben und ging stolz den heimischen Penaten zu. Meine Frau empfing mich herzlich. Jhr Gesicht wurde aber merklich lan- - ger, als das Huhn zum Vorschein kam. »Aber Heinrich, jetzt ein Hahn, wo du doch weißt, daß mein großer Topf letzthin entzwei gegangen ist.« Auch das noch. Ich aber beschloß, alle Hindernisse zu überwinden, und ging einen Topf kaufen. Den ent-» zückendsten aller Töpfe erwarb ich. Damit er nicht etwa auch wieder ent zwei gehen könne, nahm ich vorsorgli cher Weise einen aus Ematlle. Meine Frau war entsetzt. »Aber ich soll doch nur ein Huhn kochen, du hast ja einen Ton gebracht, in dem sieben Hühner Platz hätten.« »Liebe Lotte, es ist der schönsteTops im ganzen Laden, wiegt neun Pfund und kostet drei Mark fünfundvierzig.« Meint- Frau hörte garnicht zu. »Und der Deckel? Wo ist der J Deckel?« Ja, wo war der Decken Die me derträchtige Verkauferin hatte mir ei nen Topf ohne Deckel verkauft. »Ich werdc einen Deckel holen.« Der Deckel paßte nicht. Jch ging ein zweites Mal, belud mich aber diesmal vorsichtiger Weise mit dem neunpsiin digen Topf, damit ich einen passenden Deckel kriegte und lenkte meineSchritte abermals nach dem Emaillegeschiist. »Ja, Kuchen! Der heimtiiciische Mensch hattt seinen Laden zugemacht, und eg war doch erst anderthalb Mi nuten iibvr neun Jch war aanz zer schmettert. Erst nachdem ich zwei halbe Liter Kulmbacher getrunken, traute ich mich zaghast nach Hause. Meine Frau wetterte nicht schlecht. »Natürlich, nun sitze ich da, habe kei nen Braten zum Jesttag gekauft, we gen deines dummen Huhnes (als wenn das Huhn was dazu tonnte). Morgen am Ersten Festtag sind die Läden zu, da kannst du ja sehen, was du ißt.« Jch war ernstlich böse. »Liebe Lotte. wenn du mich um meine ersehnte Hühnersuppe bringst, bin ich mindestens drei Monat und si(’benunddreißia Tage böse.« Das half. Wenigstens dachte meine Frau angestrengt nach. Dann sagte sie: »Liebe: Heinrich, weil du dich denn so sehr nach einer Hühnersuppe sehnst, will ich mal sehen, was sich da machen läßt. Jch werde zur Frau Keibel ge hen, die pumpt n«.ir vielleicht einen Topf-« Fast war Es mir leid. Frau Keibel die Klatschbase, und meine Frau, das würde ja nett merkten. Wirklich kam meine Frau um halb zwölf mitten in der Nacht wieder. Da sit einen Koch-« tops hatte, so beruhigte ich mich. »Frau Keibel mußte ihn erst hersu chen, daher hat es so lange gedauert. COEZ diesc Weiber). Jst aber ein schö ner Topf, echt französisches Steingut, innen glasirt, auizen nicht. Das ist jetzt das Neueste. Er soll von wunder barsr Wirkung sein. Da wird dir deine Hithnersuppe noch schöner schmecken. Jch war selig, meine Träume waren entzückend. Der Mittelpunkt dersel ben war ein wunderschönes Huhn und eine Hiihnersuppe, wie es noch keine schönste gegeben. Am anderen Morgen war ich schon sriih auf. Mit hochgekrempclten blo ßen Armen stand ich neben meiner Frau am Kochtops und war emsig be müht, die Hühnersuppe recht schön zu machen. Meiner Frau schien das nicht recht zu gefallen, sie meinte, ich habe den «Hiihnersnppenklapps«. Jch ließ mich indessen nicht stören, sondern riihrte und kochte, daß Vs einv Art hatte. Meine Frau wollte etwas-Holz nach- - legit. Jch sollte den Topf abnehmen, damit es schneller ginge. Jch nahm voll Stolz den Topf, nnd . . . . vardautz lag der Topf; dessen .Henk("l heiß war, am Boden. Zerbrochen. Mein Huhn im Schmutz — -—— —— — — Jch setzte meinen Hut auf und ver lisß schweigend meine Wohnung. Erst in meiner Stammkneipe — Hühner suppe war natürlich alle geworden — kam ich wieder zur Ruhe. Mit Ueber legenheit holte ich ein Blatt aus der Tasche und noiirte: Für einen qepfändeienHahn 20 00 Mk für ein Netz. . . 1,00 » siir zwei Hühner . ,. . . 8,50 » Trinkgeld. . . . 0,50 » Fahtkarte zu Tietz . . 0,10 « ein iodies Huhn. . . . 2,00 » ein Topf . . . . . . 3,45 « ein Deckel. . . . . . 0,55 zwei Kulmbachet . . . TO » meine heutige Zeche . . . 1,50 « machie zusammen . .38,20 Mk Ein schönes Stimmchen. Dazu kaut noch der sranzösische Topf. Und schließlich hatte ich nicht einmal Hüh nersuppe gegessen. s Zaghaft ging ich nach Hause. Meine Frau würdigte mich keines Blickes. Sie war bemüht, die einzelnen Theile des Huhnes zu säubern und genieß bar zu machen. I Jch habe nichts davon gekriegt. Und lmir darf seit der Zeit Niemand mit Hühnersuppe kommen. Die hat für mich allen Reiz verloren. Auf mein Schreiben an die Eisen bahnverwaltung wegen Erstattung der Kosten für zwei Hühner hat diese Be hörde nicht einmal beantwortet. - Die Getränke ver Völker. Nach der neuesten Statistik des Handelsamtes in Washinton scheint der Amerikaner im Vergleich mit sei nen europäischen Brüdern im Trinken ziemlich mäßig zu sein. Er verbraucht weniger Bier als der Engländer, der Deutsche oder der Oesterreicher. Als Weintrinker nimmt er die fünfteStelle ein. Der Franzose, der Italiener, der Oesterreicher und der Deutsche trin ken-mehr Traubensaft. Dagegen sind Kaffee und Thee des Amerikaners Lieblingsgeträntr. Jm Verbrauch von Spirituosen steht der Jtaliener unter den Völkern Europas an letzterStelle. Er trinkt auch weniger Bier als seine Nachbarn, dagegen ist der Verbrauch des leichten, wenig Alkohol enthalten den einheimischen Weines sehr groß, so daß er im Weintrinken gleich hin ter dem Franzosen kommt, der den höchsten Weinkonsum unter allen Völ kern aufweist. Der Russe steht im Verbrauch von geistigen Getränken an sechster Stelle; er trinkt nur ein Drei ßigstel von dem Bier, das der Eng länder zu sich nimmt. Nehmen wir an, daß sich ein Deutscher, ein Amerika ner, ein Engländer, ein Franzose, ein Oesterreicher, ein Russe und ein Ita liener zu Tische setzten und Getränke in den Mengen bestellen würden, die dem Konsum dieser Getränke im gan zen Volke dem Verhältniß nach ent spräche-m so würden die Maße außer ordentlich verschieden vertheilt sein; der Eine würde so viel bekommen, daß er getrost darin baden könnte, ein An derer wieder kaum einige Schluck Lassen wir sie zum Beispiel Thee trinken. Dann trinkt der Engländer 1800 Tassen, der Amerikaner 400, der Russe 275, der Deutsche 86, der Lesterreichex 20, der Franzose 18 und der Jtalienernur eine einzige Tasse. Auch wenn Bier bestellt würde, würde sich der Engländer als der stärkste Trinter erweisen. ..— Berlin, die Denkmalstavt. Sechs neue Denkmäler wird Berlin in der nächsten Zeit erhalten, und zwar das Molttedenkmal, das Har dendenimal (Dönhosfsplatz). Momm sendenkmal (Universctätsgarten), Vir chowdenltnal (Karlsplatz)- Lortzing dentmal (Thiergarten) und das Ei chendorffdenkmal. Außerdem wird aus dem Floraplatz im Thiergarten eine Nachbildung der Tuaillonschen Vlinazone Aufstellung finden. Bis jetzt besitzt Berlin 165 Stein- und Erz denkmäler, 12 allegorische Figuren gruppen, 16 Thiergruppen, 39 sonsti ae Dentmäler und Standbilder, zu sammen 282 Dentmäler oder ähnli ches-, weiter 6 Marmorbänke mit Bü sten nnd 14 Springbrunnen. Zu den 232 Dentmälern gehören noch 184 Nebenfiguren, so daß insgesannnt in Berlin »auggehauen« sind 416 Per sonen und 128 Thiere. Die Berliner Vororte haben dagegen insgesarnmt nur 17 Denkmäler (11 Kaiser Wil helm Denkmäler, 2 Bigmarekdenl mäler, 4 Kriegerdrenkmäler). ———— Ein Bonmot des Kaisers-. Einen hübschen Ausspruch des Kai sers gelegentlich des Atelierbesitches, der schon einige Zeit zurückliegt, wird jetzt bekannt. Als fast überall in den Werkstätten Dentmäler Kaiser Wil heltns, Kaiser Friedrichs, Bismarcks u. s. w. herzustellen waren, benutzte man als Vorbild für die Köpfe nahezu allgemein die nach dem Leben model lirte Büsle von Reinhold Begas. Der Künstler machte nirgends Einwen dungen dagegen, obwohl die Köpfe vielfach direlt lopirt wurden. Ein sehr aeschiiftgtüchtiger Bildhauer hatte nun eine Denkmalgbüste der Kaiserin Friedrich auszuführen Auch hier gab eg« natürlich lein besseres Material als die Biiste der Kaiserin, die Begas ge schaffen hat. Der Kaiser nahm die Denkmalsbüste in Augenschein, be trachtete ste kritisch und sagte dann kurz und treffend: »Seht gut, sehr ähnlich —-- aber, mein lieber X» ken nen Sie auch das siebente Gebot?« -——-—-. --.--«— Hochmuth kommt Vor dem Fall — Stolz hält aufrecht. Il- Iis sit ! Wer in seinem Schmerz nach einem Trost sucht, der ist schon getröstei. Die nicht qetröstet sein wollen, bedürfen des Troste-«- am tiefsten. II III Il Mancher lobt andere nur, damit sie auch ihn loben.