W Es « Perbotene Früchte. « - Eine luftige Berliner Geschichte von . Pa ul Vligss ) ) EdnialtrBergernann war einGliietg lind, kaum siinfundztoanztg Jahre alt und schon in der glücklichen Lage, von seinen Renten leben zu litnnem - Ein alter Onkel war rechtzeitig ge storben und hatte den lieben Neffen als Universalerben eingesetzt. Dies begrüßte der junge Mann mit um so größerer Freude, als er an wirklicher Arbeit nie sonderlich großen Gefallen s gefunden hatte. Langsam schlenderte er heute durch die Linden, spähte nach rechts nnd linls und geradeaus, ob es denn nir ändnio etwas gabe, was in dem dden lltaggeinerlei eine interessante Ab wechselung wäre. Da plötzlich bekamen feine müden Nerven einen Ruck. Mit großen er staunten Augen starrte er zu der Ans lage eines Damenartilel-Bazars hin. Eine Dame erblickte er dort, eine ganz entziietende Dame, fesch, schick, elegant, frisch und jung, mit naiven, frendeleuchtenden Augen. »Donnerwetter!« flüsterte er, »das ift wirklich mal etwas Neue-Bl« Jm nächsten Augenblick stand auch er vor der Auslage und musterte mit Interesse die Hüte und Blasen und Schirme. Dabei fand er noch Zeit und Gelegenheit genug, ein paar dis kreie Seitenblicle nach der schönen Dame zu senden, die erkunden sollten, wes; Rana und Herlunst die holde Un bekannte sei. T Aber all sein eifriges Bemühen war umsonst. Ohne ihn zu beachten, ging die Dame weiter. Aber Herr Ewald Bergemann war nicht der Mann der blossen Furcht — er wußte aus Erfahrung, daß die Ge duld eine der schätzengwerthesten Ei genschaften ist, und deshalb ging auch er weiter-, natürlich unmittelbar hinter der Unbeiannten her. Kaum hundert Schrittweiter war wieder ein eleganter Modebazar mit pruntvollen Aus-lagen, und wiederum machte hier die Dame Halt. herr Ewald natürlich auch Und wieder begann er« die Schöne mit sragenden und bittenden Blicken zu bombardiren, aber wieder mußte er mit langer Nase abtrollen. Jent aber beschleunigte die Dame ihre Schritte, lief behend mit graziös gehobenem Rock iiber den Fahrdamni, sprang in einen der haltenden Pferde bahnwagen und —- fubr davon. Und Herr lswald lächelte wie ein moderner Philosoph, —-er dachte: Du entgehst mir nicht! nahm eineDroschle, instruirte den Kutscher und suhr in entsprechender Entfernung hinter dem Pserdebahnwagen her. Nach kaum einer Viertelstunde stieg die Dame aus und ging zu Fuß wei ter. Herr Ewald, in entsprechender Ent fernung, that dasselbe und folgte der Unbeiannten, bis sie in einem Hause der Kursiirstenstrasze verschwand. Dann wartete er ein paar Minuten, ging zu dem Portier desselben Hauses und erkundigte sich nach dem Preis der leerstehenden ersten Etage· Und so ganz nebenbei sragte er dann: »Saan Sie mir, bitte — die Dame. die hier eintrat, ist das nicht Fräulein Mül lers« Dabei legte er zugleich dem Portier ein Martstiick hin. Der Portier machte ein pfiffiges Gesicht strich dankend die Mart ein und sagte: »Nein, das war Frau Brauwald, die wohnt in der zweiten Etage.« »So. so —- ich glaubte in der Dame eine Bekannte zu ertennen", sagte Ewald leichthin. »Na, ich weis; nicht, vielleicht ist sie ’ne gebotene Müller«, lächelte der Alte —- ,,die Herrschaften sind nämlich erst ein halbes Jahr verheirathet.« »So, so — danie, danle sehr!« Er ging. Vorerst wußte er genug Diesem hause gegenüber war eine Konditorei. und in dieser Konditorei saß Herr Cwald Bergemann am an deren Tage Vormittags um els Uhr. Zuerst trant er einen Kognat, dann eine Tasse Bouillon, dann ein Glas Portwein und endlich noch einen Kog nat. Inzwischen war es halb eins ge worden. da plötzlich erschien in der hausthitr gegenüber Frau Brauwald, und zwar wieder allein! Eine Minute später war Herr Ewald hinter ihr, und zwar so nahe, daß er den Dust ihres bislret feinen Pnrfiirns riechen konnte. Er war so iopilos, daß et sich gar keinen Plan machte, wie er nun vorn-geben habe. Nnk ein Gedanle verließ ihn nicht: Weshalb gebt sie auch heute wieder allein aus? Für eine Ghe, die erst sechs Monate alt ist, tönnte man dies als ein schlechte-z Zeichen ansehen. Jeden falls isi der Gotte ein bequemer, älte rer herr, oder er isi ein übereifriger Geschöfismann, sonii wijrdeer doch so ein ent lickendes Weibchen nicht fort währen allein herumlaufen lassen. So griibelte er und folgte der schönen jungen Frau immer in einer kleinen Entfernung. Sie ging in ein Geschäft und laufie Delikt-reifen Einen Augenblick überlegte er. Dann trat er auch in dasselbe Geschäft. Er taufie alles Mögliche zusammen, ließ es sich zuschicken und hatte nicht W einmal Gelegenheit finden können, sich · ihr bemerkbar zu machen. Ohne ihm einen Blick zu gönnen, ging sie wieder ort. f Schon war er nahe daran, die Ge duld zu verlieren, als sie plötzlich eins der vielen kleinen Packeie fallen ließ. Sofott war et bei ihr, hob das Partei chen auf, überreichte es ihr sehr artig und sagte: »Bitte, gnädige Frau!« Nun sah sie ihn an, zuerst erstaunt, dann verwirrt, und schließlich sagte sie lächelnd: »Ich danke sehr.« Bevor sie aber fortgehen konnte, sagte er schnell: »Ich fürchte, gnädige Frau, Sie werden gleich wieder eins der vielen Packete verlieren.« Lächelnd entgegnete sie: »Es war thöricht von mir, ich hätte es sollen zusammenpacken lassen.« Dabei ne sielte sie an den vielen Fäden der Packete herum. »Wenn Sie mir gestatten, gnädige Frau, dann trage ich Jhnen die Waaren.« Sie wurde verlegen. »U, ich danke sehr, —-— aber ich kann ja auch einen Wagen nehmen.'« Und suchend fah sie sich um, aber es war keine leere Drofchle zu sehen. »Dann erlauben Sie mir wenig stens, daß ich Sie zum nächsten Wagen geleite, gnädige x rau!« Ehe sie noch etwas erwidern onnte, hatte er ihr schon die Packetchen abgnommen und ging nun an ihrer Seite weiter. »Sie sind sehr liebenswürdig, mein Herr,« sagte sie, immer noch ein we nig verlegen. »Aber ich bitte Sie, gnädige Frau, ich bin glücklich, Ihnen den kleinen Gefallen erweisen zu dürfen.'« So gingen sie weiter. ohne einen leeren Wagen finden zu können »Wenn Sie mir erlauben, gnädige Frau, dann trage ich Jhnen die Sa chen bis zu Ihrer Wohnung, —- es ist ja nur eine kleine Strecke weit.« Erstaunt sah sie ihn atr. »Sie wis sen dass« Er lächelte »Durch einen Zufall, sowohl, —- fogar Jhren Namen kenne Fragend sah sie zu ihm auf. »FrauBrauwald«, sagte er lächelnd. Jetzt lachte sie ganz herzhafi und sagte dann: »Nein, mein Herr, Sie ir ren sich-" »Aber ich weiß es ja ganz genau.« »Wenn ich Jhnen aber versichere, daß Sie sich irren! Frau Brauwald wohnt zwar auch in demselben Hause, aber ich heiße anders.« Jetzt platzte er heraus: »Aber, gnä dige Frau, als Sie gestern Nachmit tag ins Haus gingen. fragte ich un mittelbar darauf den Portier, wer Sie seien.« Wieder lachte sie: »Den Portier fragten Sie?« Nun ärgerte er fich, dass er aus der Rolle gefallen war, und, um die Scharte auszuwetzem sagte er: »Ich glaubte nämlich eine Bekannte von früher in Ihnen zu erkennen, deshalb fragte ich.« Sie lachte noch immer: Da hat-sich also der Portier geirrt, denn Frau Branwald trat kurz vor mir ins Haus —- mich dagegen hat der Portier über haupt nicht eintreten sehen, denn ich habe einen Drücker, der mir die Thiir öffnet.« »So, so«, — saate er nur. Bei sich aber dachte er: Aha, sie will uner kannt bleiben, —- nun gut, wie sie will· -—— da werde ich mich vorerst auch nicht zu erkennen geben. Ein paar Schritte gingen sie schwei gend nebeneinander. Dann begann er wieder: »Der Frühling in Berlin ist doch herrlich, nicht wahr?« »Lächelnd meinte sie: »Wenigstens draußen im Thiergarten, —- hier in den Straßen ist es doch fast unerträg lich warm und dumpf.« »Ganz recht! Aber im Thiergarten ist es herrlich! —- Sie sind auch wohl eine fleißige SpaziergängeriM « »Oh ja, soweit es meine freie Zeit gefiattet.« »Oh! Sind Sie denn so mit Arbeit überhäuft?« »Nun, wenn auch das nicht, so hat man in der Wirthschaft doch genug l,u thun-« ,,Aber dann ist es doch unbedingt nothwendig, daß Sie jeden Tag min destens ein Stündchen im Freien sich erholen.« »Das thue ich auch.« ,,Ah! Und im Thiergarten?« »Gewiß!« »Sonderbar, daß ich Sie dori nie mal-J getroffen habe. Welche Pläne befuchen Sie denn mit Vorliebe?« Sie lächelte fehr fein und sagte zö ernd: ,,Je nachdem, den Goldfiimteich oder Floraplatz, oder auch den Neuen See.« »Kenne ichl Kenne ich alles genau! Nun, vielleicht fügt es der Zufall, daß ich Sie dort einmal wiedertreffe. — Um welche Zeit find Sie denn am liebsten dort, meine Gnädige?« Und sie, mit demfelben fein ironi fchen Lächeln: .Nun, fo um fünf Uhr meifteni.« »Seht fchönt Würde mich alfo glücklich schätzen, meine gnädige Frau, wenn ich Sie dort zufällig einmal wiedersehen könnte.« Lächelnd nickie fie nur. Man war vor dem Haufe angekom men. Er übergab ihr die Packeichen und bekam ein vornehmes Kopfnicken als Dant. . W ! NAlso wo darf ich Sie morgen tref fen?« fragte er ganz leise. ,,Am Floraplatz« sagte sie ebenso leise nnd verschwand dann schnell im hause. Als er fortging, wollte es ihm scheinen, als mache der Portier ein äußerst erstauntes Gesicht, aber er ach tete nicht weiter darauf, weil er mit seinen Gedanken schon bei dem zuge i sagten Rendezvous amFloraplatz war. lEr hatte große Gala angelegt und war aufgeregt wie ein junger Prima ner der sein erstes Rendezvous hat ’Mit großen Schritten ging er um l den kleinen Platz herum, sah ängstlich, voll Erwartung, nach allen Seiten, ob er seine Holde nicht erspähen konnte. Aber es war bereits fiinf Uhr durch; es wurde später und später, und die Erwartete kam noch immer nicht. Plötzlich tönte eine Stimme: »Gu ten Tag, Herr Bergemann!« Ewald sah sich um. Vor ihm stand der Oberlellner aus seinem Clublolal. »Na, Kleinete, was machen Sie denn hier?« fragte Ewald mit gnädi gem Lächeln. Der Oberlellner nahm eine stramme Haltung ein und antwortete: »Ich er warte hier Jema.nd, Herr Berge mann.« ,,Sieh’ doch einer an! Also ein Techtel-M«echtel?« »Nein, Herr Bergcmann, ich er warte einen Herrn« »So? Na, dann will ich Jlmen mal etwas sagen, mein lieber Kleinele, — nun thun Sie mir mal den Gefallen und verduften Sie recht schnell, --— ich erwarte hier nämlich auch Jemand-— aber keinen Herrn« Dct Oberlellnek zuckte verlegen die Schultern und sagte: »Ich bedaure außerordentlich, Herr Bergemann, aber leider kann ich Ihren Wunsch nicht erfiillen.« »Aber, Menschenstindi Ihren Freund können Sie doch auch an jeder anderen Stelle treffen,« rief Ewald empört. »Es ist ja gar nicht mein Freundi« -,,Na umsomehr!« »Ein ganz fremder Mensch ist es, dem ich aber eine achörige Lektian er theilen will.« Er fuchtelte wüthend mit seinem dicken Knübvel herum. »Wie? Kleineke, Sie wollen hier eine Keilerei inszeniren?« »Ich muß, Herr Bergemanni Der Kerl verdient eine exemplarische Strafe!" »Aber weshalb denn aerade hier«-m »Nun. ich will Ihnen die Wahrheit saaen, Herr Beraemann. Da läuft so ein verdammter Laffe seit ein paar Taaen meiner Braut nach-, belästiat sie in ganz frecher Weise nnd hat sie fiir heute fünf Uhr hier zu einem Neubegi vous herbestellt.« Herr Ewald Bergemann versuchte zu lächeln, aber es wurde ihm doch ein wenig unbehaalich, als er den dicken Kniipvel ansah; dann nahm er sich zusammen und fraate: »Ja, aber ken nen Sie denn den Mann überhaupt?« »Nu: nach der Beschreibung, um halb sechs Uhr aber kommt meine Braut hierher, nnd dann werden wir ihn schon finden-« »Ich habe ia aar nicht aewusz das-, Sie verlobt sind, lieber Kleinete Wer ist denn Ihr Fräulein Braut?« Der Oberkellner lächelte. »Eine sehr eleaante kleine Person! Augenblicklich ist sie die Wirthschafterin bei der Ba ronin v. Reibenstein in der Kurfiir stenstraße.« »In der Kurfiirsiensiraße?« stot terte Ewald. Der andere nickte. »Und wenn man meine Braut auf der Straße sieht, kann man sie wohl fiir eine feine Dame halten, denn sie bekommt fast alle die eleganten Kleider ihrer Herrin geschenkt, und sie weiß sie mit so viel Schick zu traaen, als ob sie ihr Leben lang auf dem Parkett aewandelt wäre.« Herrn Ewald Beraemann wurde es immer unbehaglicher. »Seht interessant!« stotterte er. »Ja, denken Sie nur,« sprach lä rkelnd der Oberlellner weiter, »der Eleaani von gestern hat meine Braut sicher fiir ein-e Dame der Gesellschaft aehalten. denn er redete sie mit »Frau Brauwald« und «aniidiae Frau« an. »Was Sie saaen!« — Mehr brachte Herr Ewald nicht heraus, denn er ge dachte des Knüpvels. Nun zoa der andere die Uhr-. »Na, in fünf Minuten wird meine Braut sa kommen, da können wir uns den Laffen hier heraussuchen.« »So, so, dann will ich Sie dabei nicht weiter stören. Adieu, lieber Kleineke!« Und mit schnellen Schrit ten verschwand Herr Eioald Berge mann-. Noch an demselben Taae verreiste er, und als er dann drei Wochen spä ter zurückkam. trua er einen Bollbart, der seinem Gesicht ein aani anderes Aussehen aab, sodafi selbst seine besten Freunde ihn kaum wieder erkannt hätten , Umgekchri. i »Wenn ich ein neues Kleid brauche, Hetze ich meinen Willen bei meinem jMann immer durch; kann ich mit iWeinkeiimpfen nicktis erreichen, dann , falle ich in Ohnmacht.« ; »O Du Glückliche! Wenn ich ein ineues Kleid haben will, fällt mein ) Mann in Ohnmacht.« Ein ineknlafives Genie. »Warum rennen Sie denn so,MUi ier Lehmann?« »Je! höre, die Kohlen ivet’n theietz s ick wetfe meine uss’ n Marchi.« Rai-PS Erscheinung. Eine seltsame Geschichte von G u st a v H o ch st e t t e r. In dem Exirazimmer eines sashikp nahten Hotels saßen fünf Herren m Unisorm. Vier davon Gascdeieutnants aus Potsdam und der Fünste ein Potgdamer Stabsarzt Die Gesellschaft wollt-e heute aar nicht so recht munter werden. Es fehlte nicht an Scherzworten, die hin und her flogen, aber der Ton, in dem sie ge sprochen wurden, war nicht der, der sonst in diesem aemüthlichen Kneip zimmer zu herrschen pflegte. Es lag etwas Düst.eres, Schwermüthiges über der kleinen Gesellschaft. Nachdem alle Ablenkunaen nicht recht versanqen wollten, fing schließ ’lich ann von W—ettstein, der Aelteste von den Herren, damit an, aus das Thema einzugehen, an das alle Fünf dachten, wenn sie auch nur von ande rem gesprochen hatten: »Also heute Nacht um zwölf Uhr will er dir er sch e i n e n.« Walz doch das Spottenxa »Ich spotte nicht! Es hilft ja doch nichts, wenn wir nicht davon reden; wir denlen ja doch alle nur daran lund an nichts anderes-. Verfluchte lGefchichte. Natürlich, ich glaube ja Hauch nicht daran. Aber er war doch i immer ein so torrekter und gewissen lhaster Mensch, und wenn er dir das nun bestimmt versprochen hat——!« »Ach was!« sagte der Jüngste aus ,der Gesellschaft, »die Todten sind todt, deshalb brauchen wir unseren Pommerh nicht mit solcher Leichen bitteriniene herunterzuschliirsen Wer i'mal da drüben ist, der kommt nicht Imehr wieder.« Und wenn er zehnmal testamentarisch das Versprechen hin ’terlassen hat, am Jahrestag seines :Todes seinem lieben Vetter Nachts um zwölf Uhr als Gespenst zu er scheinen. Aber da seht ihr, wohin »das ewige Streiten führt. Siehst Jdu, lieber Stabsarzt, ich hab’s euch beiden hundertmal gesagt ihr sollt Heuch nicht immer über solche Dumm heiten in den Haaren liegen Wie oft Ihat dein lieber Vetter Karl, als er snoch lebte, seine Theorie von der Un Hstetblichteit der Seelen verfochten, wie jost hast du viertelstündige Kampfn ; den gegen diese Theorie gehalten, und wie oft habe ich euch dann auseinan » derreißen müssen, als ob ihr ein paar JHirsche gewesen wäret. Da siehst du les nun: Das hast du nun von dei ! nem ewigen- Streiten! Nun hat dir der theure Verblichene In seinem Testament die Antiindigung hinterlassen, daß er dir, wenn sein Sterbetag sich zum er sten Male jähri, zur Mitternachts stunde erscheinen will. Na — und wenn nun auch von uns allen keiner im entferntesten daran glaubt, daß dir heute Nacht die Ehre dieses Besuches zu Theil werden wird . . . Es ist doch eine unangenehme Geschichte. Und nun sitzen wir hier alle und würden uns ganz verflucht freuen, wenn es erst » vierundzwaniigStunden später wäre.« ,,Kameraden!« meinte l«7,gon, »ich hätte da einen ganz vernünftigen Vor schlag: Stimmung kommt heute doch leine! Also fahren wir schen nach Hause! Um 10 Uhr 30 fährt der nächste Zug nach Potsdam den tön nen wir gerade noch erreichen, also Wohlauf Kameraden, aufs Pferd, aufs Pserdl« Ist Si- sit · Auch während der Fahrt nach Bots dam wollte keine bessere Stimmung in den kleinen Kreis einziehen. Unheim lich schallte das Echo der Schritte, als die Herren durch die stillen Straßen der kleinen Residenz zogen. Wenn ei ner an der Ecke angelangt war, wo er nach seinem Hause abbiegen mußte, trennte er sich mit dem mißlungenen Versuche eines harmlosen Scherzes-. Schließlich war der Stabsarzt in sei ner Junggesellenwohnung mutterste lenallein. Es War dreiviertel Zwölf. Klar und deutlich schallten eben die drei Schläge von der nahen Thurmuhr. Der Stabsarzt wirft sich in den lsreiten Clubsessel aus braunem Sass fianleder und schaut melancholisch aus die Biesen seiner Unisormhose herab. Dazu bat man also zehn Semester aus der Universität, aus der Anatomie und in der Klinit berumstudirt, daß man schließlich vor seinem eigenen Vetter Angst hat! Angst? Zum Don nerwetter — ja! E br l i ch mus- der Mensch doch gegen sich selbst fein! Und so schlecht es sich auch einem taiserlich deutschen, königlich preußischen Krie aerherzen geziemt, — die Angst war da. Und dabei muszte er sich einge steben, daß er sich noch nie in seinem Leben so dumm vorgekommen war, wie heute· Er wußte doch ganr ge nau: er befand sich hier in seiner Wohnung, er hatte die Thiir eigen händig verschlossen und verriegelt, kein Mensch konnte da eindringen, gleichviel ob todt oder lebendig! Und der Blödsinn, überhaupt über so etwas nachzudenken. Er hatte doch genug mit Leichen herumgewirthschastet, als! er noch aus der Anatomie war, um zu wissen, daß die Todten wirklich todt sind. Und dennoch —: Die gräßliche Angst war da, und sie ließ sich durch nichts, durch seine Vernunstgriinde bannen. Was hatte ihn denn sein ganzes Studium gelehrt? Schließlich doch nur das eine, daß wir Menschen, je mehr wir an Wissen erringen, nur« um so schärfer zu der Erkenntniß ge langen, daß wir nichts wissen. Nun gut, wenn er also nichts wußte, dann konnte ja der andere, mit dem er sich so oft darüber gestritten hatte, Recht haben! Dann giebt es vielleicht ein Fortleben nach dem Tode. Und wenn es das giebt, warum sollmicht ein Todter für eine Nacht zurückkehren können? Ach was! Zwanzig Jahre lang war man darüber mit sich einig, daß von drüben keiner zurückkommt. Und nun soll man heute auf einmal, einem dummen Einfall eines verstorbenen Vetters zuliebe-, seine ganzen Lebens anschauungen umkrempeln?i Fällt uns ja gar nicht ein! Nein! Und nochmals nein! Er kommt nicht wie der. Und damit dasta! So! Und jetzt den Rock an den Nagel und hübsch ins Bett gelegt. Sofort einschlafen, wenn ich bitten darf. Ja, wer das könnte! Zu dumml Zu dumm! Jmmer nur der eine Ge danke: »Und wenn er nun doch wie dertomtnt?« Vom Thurm drüben schlägt Zwölf. Nun gut, also muß es sich jetzt ent scheiden. Banges Lauschen. Nichts rührt sich. Unheimliche Stille. Er sitzt halb aufrecht im Bett; wenn er sich ein ganz klein wenig bewegt, knistert und knarrt die Bettstelle. Aber sonst lein Ge räusch. Nichts. Garnichts Da —- plötzlich dreimaliges, lang es sames, deutliches Pochen an der Thür. Zum Kuckuck! Nein! Das kann ja nicht sein! Akustische Täuschung! Nervositätl Aufs Ohr legen und ein schlafen, dummer Kerl. Ein paar Selunden —- dann klopft es wieder laut und deutlich drei Mal an die Thür. Hölle und Teufel! Ob das wirk lich Karl ist? Ach was! —- Blödsinn, shallucinationi Einschlafen, einschla en. Nichts regt sich. Dann wieder lau tes deutliches Pochen, drei Mal genau wie vorhin. Also jetzt halft alles nichts! Muth» gefaßt, aus dem Bett heraus und nachsehen, was das ist! Schließlich ist es vielleicht ein ganz einsacher le bendiger Mensch . . .. Kurz und gut, Muth gefaßt. Den Säbel aus der Scheide, das Licht in die andere Hand, so! Und jetzt zur Thür! »Jn aller Heiligen Namen — wer ist da?« Und von draußen tönt es klar und deutlich: ,,Karl!« Um des Himmels willen, das lann E ja nicht sein, das darf nicht sein! Noch einmal: »Wer ist es, der mich rust?« Und wieder draußen nur das eine Wort: ,,.Karl!« Das Licht zittert in der Linken, der Säbel zittert in der Rechten, aber schließlich dreht sich der Schlüs sel, der Riegel lnirscht, die Thiir ist offen. »Wenn du es denn Karl, so tritt eint« Draußen aus dem Korridor ist es stocksinster. Die Kerze in der Hand des Stabsarztes wirft nur einen schwachen Sein in den Korridor hinaus. Die Umrisse einer großen schlanlen Männergestalt werden sicht bar, und sie trägt die Unisorm des Potsdamer Reaimentes, bei dem Karl stand, als er noch lebte. Die Gestalt bleibt wie anaewurzelt draußen stehen. Bis der Stabsarzt sie anruft: ,,Tritt herein, Karl! Was willst du von mir?« Die Gestalt tritt in den Lichtkreis der Kerze. Die Gestalt legt militärisch stramm ihre beiden Zeigesinger an die Hosen naht. Die Gestalt meldet in streng vor schriftsmäßigem Tone: »Bursche Karl vom Herrn Major aus der oberen Etage Schöne Ern psehlung vom Herrn Major, die gnä dige Frau Majorin wären nicht recht wohl und der Herr Major wären dem Herrn Stabsarzt sehr dankbar, wenn Herr Stabsath sich gütigst sofort nach der oberen Etage bemühen woll ten.« wirklich bist, Der brave Bursche S e b a st i a n l Karl aus Neutomischl bat es bis heute noch nicht begreifen können, wa rum ihm der Stab-Samt damals in der Nacht zum Dank fiir die Stö rung einen vollen Theilen Trinkgeld gegeben hat. Mißverständniss. Oberleutnant (der bei einemBauern einquartiert ist, zur Magd, die das Essen bringt): »Hast Du denn auch schon einen Schatz?« Magd: »Ja! Du wärst mir auch viel zu sein!« Berti-unlink Dame: »Diese Gesellschaften sind doch eigentlich schrecklich. Immer det selbe Lachs, dieselbe Pute ...« Herr: »O, das ist noch nicht das Schlimmste. Aber immer dieselben Menschen!« Die Nationalweisen-. Der Pariser »Gil Blas« veriissents ilichte anläßlich des französischen Pa tionalfestes folgende kleine Studie über Nationalhymnem »National hymnen, die den Herrscher feiern, giebt es in England, Oefterreich, Dönematk, Portugal, Preußen, Rußland, Schwe den. Nationalhymnen, die die Nation feiern, besitzen: die Bereinigten Stac ten, Holland, Ungarn, Norwegen. Eine dritte Klasse ist die der Natio nalhymnen revolutionären Ursprungs; dazu gehören vor allem die ,,Marsel laise« (Frantreich), die ,,Brabanconne«« (Belgien) und das »God save Jus land«. Die Nationalhymnen sind ver hältnißmäßig modern; es ist faft leine älter als 100 oder 150 Jahre. Die Verfasser von Hymnen sind gewöhnlich große Unbekante, abgesehen von Rou get de Lisle, dem Verfasser der »Mot seillaise", und von Björnstjerne Bjiirns son, dem Verfasser der norwegischen Hymne (»Ja, wir lieben dieses Land«). Die einzige Hymne, deren Musik das Wert eines großen Komponisten ist« ift die von Handn tomponirte öster reichische Hymne. Besondere Erwäh nung verdient noch die portugiesische Hymne, weil ihr Autor ein Kaiser, Don Pedro l. von Brasilien, war. W Sie-eng logisch. Mohr: »Ich möchte hier auch ein Bad nehmen« Badeaufseher: »Das lassen Sie lie ber gut sein, denn entweder wird’s Bassin schwarz, und dann schadeks uns, oder es wird nicht schwarz und· dann hilst’s Ihnen nichts.« Ottenherzig. »Ich bin ja mit Ihrem Antrag ein verstanden, aber die Rosa ist noch . jung . . . . könnten Sie nicht noch ein Jahr warten mit der Vermählung?« » »Ich könnt’ ja warten, aber meine ’ Gläubiger nicht« Zu arg. »Lumpt mein Sohn wirklich so arg?« Wirthin: »Ich sag’ Ihnen, Herr Rath, der kann gar nicht früher ein schlafen, als bis ihn der Hahn in den Schlaf kräht!« Mehr als verlangt. »Sie denken doch noch daran, daß ich Ihnen unlängst hundert Mart ge liehen?« »Und ob ich daran denke! Ich denk· sogar schon an die nächsten hundertt« Ein Unzufriedener. Bauer: »D·o·s is scho sauduinm. daß ma’ immer erst noch an Grund zu oaner Raufetei snch’n mußt« Persönliche Auffassung. »Mertwiirdige Begriffs-verwir rung! Das nennt sich nun eine Wohl thätigkeits - Lotterie und dabei ist dei Haiiptgewinn ein Klavier!« Bei der Bersichcrnngsgcsellschaft Herr Heymannt »Ich möchte den Direktor sprechen, um meine Dia nianten zu versichern.« Lehrling: »Glasversicherung, letzte Thüre rechts.« Jmnfer die gleiche. Pantoffelheld (beini Festmahyt »Ich trinke auf das Wohl ....« Gattin (unterbrechend): »Halt, schütt’ Dir zuerst Wasser in dev Weint« · Dann allerdings. Richter-: »Wie konnten Sie nur so herunterkonnnen2« Landstreicher: »Ganz einfach, Herr Richter, weil ich ein ftellenloser Luft schiffer bin.« Bei der Soirce. »Ist denn das Reisen unter Ganz wilden wirklich so gefährlich, Mistet Fowler?« »Oh, Dir, mit einem Fuße steht man immer im Krssel.« Erklärt »Der Jnspettor sieht schlecht aug; der Tod seiner Frau scheint ihm doch sehr nahe gegangen zu sein!« »Ach, das ist’5 nicht, aber wissen Sie-, vierzig Jahre lang hat er nicht ranchen dürfen, und jetzt fängt er wieder an!« Sarkaftifch. »Seht-U Sie den Mann da bril ben? Der hat auc- seincen Rücken schon ein große-S Kapit nl gefchlagen.«« » Mag ist wohl ein Sacktriiger?« »Nein, aber ein Kaiiiiiierherr!« Falsch aufgefufo Herr (zu1n Diener eines Baron3): »Ist denn der Herr Baron zu Hauses Jch hätte ihn in einer Kleinigkeit zu sprechens« Diener: »Na, wenn s nicht viel ist. da lege ichs unterdessen cing Vorbereitung. Hausfrau: ,,Alfo heirathen wen den Sie. Anna? Haben Sle sich des Schritt auch ernstlich iibeclegt?« Stubenmädchem »O gewiß, gas· Frau, ich bin schon zweimal bei des Kakienichlägetin gewesen«