Yet Ring. Kriminal . Roman von ID. Elster. (4. Fortsetvnni Dersebtitbesisen ein Kommer rath Fettnet. hatte sich oberhalb tedrebztbal in romantiscbee Umne - eine mächtige. schloßäbniiche silln erbaut, in der er jedoch mit seiner Mlie nm einige Sommermonate subtachtr. Im Winter lebte die Fa milie in Dresden oder Berlin, wenn se nicht an die Ririera reiste. Alle diese Verhältnisse hatte der sandige Heer Neuaebaur schon arm ersten Abend seines Aufenthaltes von dem acivtächiaen Wirth des Gasthau fes zum ,,Kaiser Franz Joseph« her-« airzaielockt Jetzt saß Herr Neuaebaur. Emüthlich eine Ziaarre rauchend-, auf r weinumrantten Braut-a des Gast dauses und blickte auf die Dorfaasse hin-an welcke von den aus der Fa brik heimkehrenden Frauen und Mäd chen belebt war. Plaudernd und lachend, stumm und iqend, ie nachdem es ihn-en zu war, tehiten die Arbeiterinnen Linn Man sah unter ihnen manche obs-arbeitete Gestalt, manches abae diirmtr. kränkliche Gesicht Fan Stun den des Taan in der heißen Lust der Spinnfabrit arbeiten, die von dem Staub der Baum-wollen Ballen, von dem Dunst des Oels und der Farben erfüllt war, unterarub auf die Dauer selbst die Gesundheit dieser derben Gebitggbevölteruna, wenn nicht ab Und zu eine längere Arbeitsdause ein .tmt, in der sich die Arbeiterinnen in der frischen Beraluft wieder erholen nnd störten konnten. Herrn Neuaebaurs Auaen blieben sit-s einem alten. in einen leichten Tou tisienanzuq aekleideten beten haften. welcher langsam die Dorfaasse entlang sing. Er wurde von den Arbeiterin ukn achtunasnoll beariism bei einigen Irr altn ärmlichsten Gekleidet-en nnd im tränklichslen Ansielienden blieb er W und unterhielt sich mit ihnen. Neben ihm wackelte auf träftiaen Beinchen ein etwa dreifäbriaesBijrlck cksen in eian sauberem Kleidcben Das Kind hielt sicki an dem Rockscksoß des alten Herrn sesi der sich öfter freundlich zu ihm niederbewaie. »Wer iii der alte Herr dort indem muen Amnae und dem breiten Sirt-Mii« sraate Neuaebaur den Wirth der ihm soeben ein srissfes Glas schämewden Pilfener Bier-es Mel-te »Ah det da! Ja. das iii nniet Gier siebet Asniisoeeicksistaib Wein esse! Er wohnt Mn fsfson fafi drei Monate biet Und Mist seht viel Mutes In der armen Beviilierunat ’s iii ia ein ein-sag wunderlier alt-et Hei-r. oder benenswi. Sie werden ikm INng kennen lernen, denn et speist Mist-MS kei wie.« ,Wssob-ni er nicbt bei PMB »Nein. das isi anch io eine Maroiie Im ihm. Er bat sich in dem kleinen Gänschen das Sie dort nnien am M sehen. einqensieibet Sonst war es nur eine armselige Hütte und Ums-te ais Armenbauz. Aber wir bo Ien keine Orignsmen mebe außer dei slien siebenæiaiiibriaen Wittwe des Todtenariiberg Knocke Der bat man m einioen Jahren das bang iibers Diesen. Seit sie dann eine iunae Frau nime welche vor drei Ase-been sitt Zum-vierte ist das Häuschen Md M Gibt-den in auten Stand ne Wen Jetzt sieh-i eg osdenilich fckmmck M, mädem der Amisoes richtier in iedem Wabe einiae Som Wate dein mosan Er bai das Hinschei- cinkiseicksen und ansbeiiesn fasset-. M ist auch so eine Maroite sen ihn-U Hett Ren-gebaut lächelte befriedigt It hatte feinen Mann entdeckt und bunte den Nichten und Neffen gleich sit einer neuen »Damit-AK ihres lieben Onkels aufsperrten In diesem Augenblicke jauchaie das sind neben dem alten Herrn laut auf Ind lief einer allein die Gasse herauf Isimnenden Frau entgegen, welche beim sub-Mk des Kindes niedekknieie lud das Kind mit den Amen auffing Und sättiieb küßte. Dann erhob sie Ist strich dem Knaben die blonden Locken aus der Stirn, bob ihn auf den sein« aab dem wen Herrn, der in wicchen beranaeionsmen war, die freie hand. und beide ickititien dann Seite In Seite dem kleinen haufe am Wal desrande zu. Eli-it lebhafttm Erstaunen hatte Kofvar Neuaebcur dieser Ssesse zuse sckmst Er witterte die senfaticwesk strn Dummheiten des lieben Onke!s. Mc Wrcm . melckse da mit ihm qina, tout veMsfstmMia ftp-b funkt. so um die Dreißi» bestim. eine ffattlickse Erfikvimmq mit einem blossem ern Den GMÆL das Von Novdev Kaufen einwabwf wande. Dze starken fis-»f Ien Aswsbmum ans-en dem EWH einen »Wer-v Ausdruck des sedoch Ist-«- dos savkb Lisskspfn des fesan Ce fckmssitms soffs-v Mund-S wiss-NR M We Kszm. esn einfach-S bmsssbkmveg Kntismfspid arm-e CAN-e »s- tms sonnt efn »Im-Weg »Ja-II opIssfwmsq m» hkm hspssnfek Hanf-»Vo« ims Ists »Ist-f fis-NUMqu - »so-»O »Es-» fu«-vorsieht Esp- kU b-» MU« wandte sich Its-Mass- » M WML « » . m M Mist-X ewige-Wie dieser lachend. Arme Marie Brandt nennt sie sich- ’s ist 'ne merkwürdige Sei-dichte mit ihr. Der Amtsaerichtss rath hat sie hierher gebracht, trant und elend hat er sie am Wege gesun den. Niemand wollte sie aufnehmen, da brachte er sie im Armenhause un ter und bezahlte für fre. Die alte Knoche, die Todtenaräbersche, sorgte für sie. Seitdem steht sie sich aut, denn der Amtsaerichtsrath kommt jeden Sommer und lebt mehrere Mw nate bei den Frauen Das ist nun wohl drei Jahre ber. Einiae mun ieln. die Frau Brandt sei die Geliebte des Amtsaerichtsraths und er der Va ter des Kindes, das im Armendause aeboren wurde. Aber ich bitte Sie — der Amtsqerichtsrath ist sechzig Jahre alt-und die Frau tam als Bettle rin hier an Ich alaube, sie stammt aus Galizien oder Unaarn, sie spricht treniastens Polnisch Wir hätten sie biet aqu nicht aeduldet, wenn der Amtsaerichtsrath nicht sür sie gerahlt und Alles in Ordnuna aebracht hätte. Uebrigens ist sie ’ne sleißiae, faudere Brau, arbeitet in der Fabrik und nimmt dort schon die Stellunn einer Ausseherin ein, Umaana bat sie jedoch mi Niemandem im Dorfe« Eine merkwürdiae Geschichte, Herr Wirth!« »Ja, gewiß Aber da de Frau niemandem zur Last fällt, to tijmmert man sich auch nicht um ibre Anaele arnbeitenr Ich höre vom Gemeinde vorstebrt. daß der Amtsaerichtsrath sogar eine Summe Geld für sie und das Kind deponirt hat, damit sie nicht ’mal der Gemeinde zur Last fallen.« »Hm, hm, sonderbar-höchst son: derbar. Wer hätte das von dem alten Herrn erwartet? Spirlt hier ganz im Geheimen einen Roma-n! Na, warte, Alter-den« Dir wollen wir schon auf die Spur lomnrenck Dieses Selbstgespräch hielt here Neuqebaur Nachdem der Wirth ihn verlassen hatte, erbober sich zündete eine neue Ziqarre an und schlenderte« die Dorsaasse herunter Es war ein herrlicher milder Som- » merabend. Die Sonne war schon ; hinter der aewaltiqen Masse der " Schneetoppe versunken und leichte H Dämmerung erfüllte das Thal. Von T den Wiesen stieg ein»seiner Nebelduft T empor, während WWald sich sckon in die Schatten der Nacht hülltr. Von i den Bernbalden klangen die stack-»Der der Hüte-Januar welche die Kühe heimwärts trieben und mischten sich mit dem Geläut der Abendglocken Neuaebaur schqu einen Wiesen vsad ein. der nach demHiiuschen am Waldesrand zu führen schien. Jn der That führte der Pfad san-m zwanzia Schritt an dem Hause vorbei, sodaß Neuaedaur den Garten übersehen nnd einen Blick in die aeösfnete Hausthür werfen tonnte.« Ein Bild des behaglichsten ländli cben Friedens bot sich ihm dar. Der kleine Garten war sehr sauber net-al ten. Die Rabattem welche den Wen bis zur Haustdür bearenzten mit al lerhand einsacken Blumen bevslanzt Nelten, Levtonen, Nittersporn und deraleicksen mehr. Rechts und links dieser Rabatten standen Kartoffeln, Kohl, Erbsen und anderes Gemüsr. Das Häuschen ein Blockhaus, wie es hier im Gebirge Sitte, war sauber weiß getüncht, die kleinen Fenster frisch aestricken und mit weißen Gar dinen versehen. das weit überhäu aende Schindesdach war Zum Theil neu gedeckt: Wein und wilde Rosen kletterten an ilnn empor. Alles machte einen netten freundli cken sauberen Eindruck, auch »das kleine Stallgebösde. aus dessen aeiifsneter Tbür das bedanliche Brummen einer Kuh bervsrdrana. während eine Ziege weckernd von dem Gras naschte, das hier in üvviner Fülle wuchs-. und et niae Gib-ver sich eben anschickte-L die Stiege zu ihrem Stall hinaufzuflats n. Auch der Zaun, welcher das kleine Gedölt umschloß, war frisch rnii wei ßer Farbe aesirichem Auf der Bank neben der haudthiir laß der alte Herr und beobachtete mit freundlichem MMn den Knaben. der mit einem kleinen zottiaen Hunde lpilete. Zuweilen rief er dem Kna ben ein sckernndes Wort zu, das Eexer mit kindlichem Jauchzen erwi r e. Neben dem alten Herrn laß die iunae Frau. ernst und still. kaum daß das Sviel ihres Sohnes ihr ein flüch tioes Läslseln entlwite. Ihre Großen dunklen Armen schienen sinnend in die Ferner aerichlet zu lein. Ihr Nuvt wii den schweren blonden Fleck-ten let-nie an der Wand des fimrlez ihre lanaen, schienen harken Hände rab ten. lrsnvvflmii ineinander gest-lieb auf den- Sckoßr. An Innern des Mles flammtel ein Feuer. Es irre-Este wohl von der der Inn-Wir neamriberliegenden klei nen Nil-is- kerriilnem « Eine Weil- lseodassrlele Reime tmlsewerkt dielek lieblickw Bild Friedens. Miitle den-erste llm der kleine »Wir-e Cis-d nnd indk rnil lan tem Messell mi- ölm los. Ner alte Herr lnb qui. esIlHe den Fremden, erhob fisk- Omd rief des einmi- zurileb Ren-ebner lllfteie zum M den bemerkte noch. alter sich einmal um wandte, dass eine alte. einfach geklei dete Frau aus dem Hause trat und mit dem alten Herrn redete. Dann begaben stch alle. der alte Herr, die junge Frau und das Kind in das haus, dessen Thür geschlossen wurde. Ein Licht flammte in dem einen Fen ster aus, man schien sich zum Abend essen niederznseßen Der Detettiv wartete eine zeitlang, aber es rührte sich nichts mehr im Hause oder im Garten. Er ging daher i den Weg wieder zurück. trat vorsichtig Ian den Zaun und versuchte in die :Fenster zu sehen. Aber die Vorhänqe waren heruntrrqelassem er konnte Inichts sehen und hören, mißmuthiq « schan er den Heimweg nach dem jDorse ein mit dem Vorsatz. moraen die Bekanntschaft des Amtsgerichts Jraths machen zu wollen lockt und schritt langsam weim. Er i i i 8. K a p i te l. ; «Gcsianeu, daß ich mich vorsieae .. EAsiessor Neugebaur vom Amte-geruht ?2, Berlin . . .« E Mit dies-« höflichen Worten nahm lNeugebaur am folgenden Tage neben ldeni Amtsgerichtgraih an der einfa chen Mittagstafet des Gasthauses sum » »staiser Franz Joses« Plan. Der alte there oerbeugte sich ziemlich steif und ) nannte seinen Namen. Er schien nicht die geringste Lust zu verspüren, mit dem jungen Kollegen amutnüpstn, aber Herr Neugebaur verfügte, wenn er es für nöthig hielt, über eine ge schmeidiae Liebenswürdiateit und zarte Rücksicht nahme. denen so leicht selbst der unzugangliehste Charakter nicht widerstand. Und der Amt-sae richtsrath trar durchaus nicht unzu aiinglich« wenn man ihn nur von der richtigen Seite zu nehmen wußte. Freilich mit aesellscbastlicttem Klassen Theater und Literatur, die er mit dem Sammelnamen «S-ckkund" zu bezeich nen pflegte, durfte man ihm nicht tommen. Auch die Tagespolitik war ihm verhaßt und die Parlasrnente der verschiedenen Staate-n belegte er mit einem fehr kräftigen Wort, das seiner Abneigung gegen diese »Bortheile der öffentlichen Meinung« einen sehr dra stischen Ausdruck verlieh. Wenn man ; ihn aber auf Soiialvolitib Armen l vflege und Unterstünuna der Nothlei L denden brachte, dann biß er aus die sen Köder rasch an und war bald Feuer und Flamme. Freilich auch in feiner ureigensten Weise. welcke unse ren parlamentariscken und aesellfchaft lieben Sozialpolititern ein verale ebes Lächeln abaewonnen und die offi Etiellen Armenvsleaer und Veranstalter J von Wohltb«itigieitslonzerten mit Entrüftung erfüllt haben würden. Neugebaur batte diese schwacheSeite des alten Herrn bald herausaefunden Seine Bemerkung, daß er dieses ein same Gelsirasdorf ausgesucht babe, urn die Verhältnisse der armen Geburts betvobner zu stiftren erregte zuerst die Aufmerksamkeit des alten Herrn. Mißtrauisch sah er den jungen Kol legen von der Seite an. »Sie haben wohl einen behördlichen Auftraa?« sraate er in dem Tone eines Unter suckrunasrickzters. Neuaebaur lackte. »Nein, verehrter berr Amtsaerichtsratb ich reise aus eigene Kosten und will die Studien iu einem sozialpolitischen Wert verwen den.« . »Natürlieb,« knurrte der alte herr, »So1ialvolitit ifi fa heute TMva Das Elend der armen Leute wird da sein situierlich reaistrirt tataloaisirt. dolumentirt und mit statistischen Rab len tlivv und llar bewiesen. Aber an Abhilfe denkt Niemand oder es wer den die unsinnigsten Vorschläge ge macht.« . .Aber erlauben Sie. here Amtsgei richtöratb. die Sozialpolitik des lehten Dezenniums . . .« »Weil-en Sie mir gefälligst mit die ser ofsiziellen Sozialpolitik vorn Leib. wenn Sie mir nicht den Appetit an diesm wirklich vorzüglichen hasenbrw ten verderben wollen. Diese Sozial politik ist nur dazu da, um das Elend der armen Leute amtlich zu registriren und sie wieder in eine Art Leibeigen schaft zu bringen. Von oben her läßt sich das Elend nicht wedetretieenx von unten aus muß man anfangen. Zur Natur muß man die Menschen wieder zurückführen und sie nicht in die Mil lionenstädte stoßen. Die Natur ist arosi genug, um alle Armen und Elen den in ihren mütterlieben Schoß aus zunehmen und ihnen Nahrung Mei duna und Obdach zu geben« UUD nun LMWMUL dtt gute alle Herr ein System Der Sozialpolitik, dem Neun-baue mit heimlichem. spöt tisch-en Lächeln zuhörte Jeder Mensch sollte seine heimsiätte in Gottes sreier Natur finden, die ihm und seiner Fa milie den einfachen Unterbalt gewährte —das war so der Hauptarundsatz dieser eigenartickien Sozialpolitih die sich aus Naturschwörmerei. wart-ther ziaer Menschenliebe nnd theoretisch richtian, aber praktisch unaussiihps baten Grundsätzen zusammensetzte i »Ich bin erstaunt. Herr Amtggeil richtöratb.« entaeanete Neuaebaur « san-eithean über Ihre aanz eigen artigen Anschauungen und ich glaube. dasr ich mein sozialpolitisches Werk nach ihnen mnaessalten muß...« »Man Sie bas. innerer Mann! Ich selbst habe keine Lust und seine Reit, mich rnit solchen Schreibereien abzu aebem ich sann meine Zeit besser ar» zwendetk Aber wenn Sie weine Ideen weiteren Kreisen zuaanalich machen . wollen so habe ich nichts dagegen-« ; « «Mit awßek Meuye werde ich das ’tbun. Dann oedökt aber. dass Sie mi« tieset in die Welt M Ideen MW ein Wiss-U Tisch Msdkäch dürfte doch kaum genügen« .Do haben ste recht. So einfach ist die Sache nicht. Run, besuchen Sie mich einmal in meinem einsachenSoms merauartter da draußen am Walde, dann tin-An wir weiter über diese Anaeleaendeit sprechen.« · So war denn das Eis gebrochen und Neugebaur ergriff rnit Freuden die Gelegenheit, die nähere Bekannt schaft des alten Berrn zu machen, um in dessen Geheimnisse einzudringen. An jedem Nachmittag wanderte er nach dem tleinen Hause hinaus und saß stundenbana mit deen alten herrn auf der Bank neben der Hausthiir oder in der kleinen sauberen Stube, um dessen sozialpolitische und sazialtrimi nalistische Erörterungen anzuhören und sich gelegentlich Notizen zu ma cken Der Amtöaerichtsratb würde aber sehr erstaunte Auaen gemacht ha ben, wenn er diese Notizen gesehen bötte—-—denn sie handelt-n durchaus nicht von soeialvolitiickenDinaem son dern gaben die Beobacktunaen wieder, welche Neuqebaur während seines Aufenthalts in dem kleinen Hause anstellte. Da waren die aenauen Personal kieschreihungen der alten Frau Knoche. der Frau Marie Brandt und deren Zöhnchen Richard! Da war die Be schreibung des Oäitschens« der Stu ben, des Gärtchen-Ist Kurz, es schien, als ob Herr Neugebaur Notizen fiir die Schilderungen eines im Gebirge spielenden Roman-s sammelte. Aber das Wichtigste fehlte ihm noch: die Lebensgeschichte der Frau Brandt. Diese selbst war von einer fast ver letzenden Schweigsarnteit gegen Neu aeksanr. während dessen Anwesenheit sie sich stets entfernte, irgend eine häusliche Arbeit vorschiitzend. Die alte Frau Knoche war ebenso stocktaub, daf; eine intimere Unterhaltung mit ihr überhaupt nicht möglich war. Daß der Amtsgerichtsrath nicht erst hier in dem tleinen Dorfe die Bekannt » schaft der Frau Brandt gemacht hatte, s schien Neuaehaur durchaus sicher. Effrau Brandt muß aber auch durch feste Bande mit dem Rath verknüpft sein, denn sie war ihm gegenüber von enier Ergebenheit welche fast an Un terwiirfiakeit erinnerte. Außerdem sorgte sie für ihn, wie nur eine Tochter fiir ihren Vater oder eine Gattin fiir den Gatten soraen konnte. Und an dem kleinen Niclsard hina der alte Herr mit närrischer Liebe, die, wie Neuge haur meinte, nur von einem ver wandtschaftlichen Verhältniß herrüh ren tonnte. Frau Marie Brandt war Polin«; das wußte Neuaehaur: der Amtåge- I richtsrath hatte vor seiner Pensioni- l rung in Vosen aeftanden. sprach voll- l kommen polnisch und unterhielt sich öfter mit Frau Marie in dieser Svrache. Neugehaur hedeuerte sehr, dieser Sprache nicht mächtig zu sein« er würde dann schon hinter das Ge heimnis gekommen sein· Aber seine Schlauheit half ihm über diese Schwierigkeit hinweg. Eines Tages brachte er die Sprache auf die Wittwerk und Waisen-Fürsorge. Da gerieth der alte Herr in Feuer. .Sehen Sie,« rief er, »das ist auch ein Uebelstand unseres sozialen Le bens! Für die Wittwen und Waisen sollte hesser gesorgt werden« »Ist —- durch Versicheruna...« »Pol- —ich pfeife aus die Versiche rung! Eine Heimstatte sollte man ih nen geben, ein eigenes heim. in dem fre von ihrer Arbeit redlich und frei von allen Verpflichtungen leben kön nen. Ich will Ihnen ein Beispiel aus meinem Leben erzählen. Wandere ich da vor ein-isten Jahren durch das Ge birge und finde am Wege zusammen ges unten ein elendes, armseliges Weib, das feiner Niederkunft entgegensteht Vor Hunaer und Erschöpfung kann sie das nächste Dorf nicht mehr errei chen; die Noth hat sie zum Betteln ge stoungeru da fie ihres Anstandes we aen nicht arbeiten kann. Von Stadt iu Stadt, vonDorf zu Dorf hat man sie —eiaat, da die hochwohlweisen Städte- und Dorfviiter ihren Ge meinden die Last der Unterhaltung des Weibes und des tu erwartenden Kin des nicht aufhiirden wollen« Eine Heimath wohin das Weib abgefchoben werdne könnte. besitzt es nicht. U ere bochtpohltveise Gesedqehung hat f s deimathsrecht abgeschafft, auf Unter ftiihuna hat man nur Anspruch, wenn man sich drei Jahre an ein und dem selben Orte ausaehaltenhat Wohin also mit dem Weibes Auf die Land straer —in das Elend-— in das tör Mlisbe und sittliche Berderhent Da haben Sie ein Bild unserer sozialen Zuständet· Und was wurde aus der Frau?«! fresate Neugebaur gespannt » »Die Menschenpflicht aehot mir,! mich ihrer amrunehmen,« knurrte der Amtsaerichtsrath »Jetzt ist sie eine fleißiwe Fabrilarheiterin bewohnt ein kleines haus, ernährt sich und ihren Knaben, der zu einem ordentlichen Menschen heranwächit. « »Verzeihen Sie, Herr Amtsaerichtd rath, Sie haben da die Geschichte der Frau Marie Brandt erzählt!« - »Das hab' ich nicht aetaat.« »Aber ich hab's errathen.« »Nun fa, es ist die Geschichte her Frau Branth Daher also ihre dankbare Ergeben heit Ihnen araenil ilr.«be »Ich verlange keine Dankbarkeit Ich habe ihr aus Men««henpflicht su einer anstänhiaen Ertttenz verhelfen iett ernährt sie sich tell-it und ilt mir keinen Dank schalt-im Ach hin im Ge aentheil ihr Dank ickmlhia daß kie rntr meinen Smmeequfenthali hier lobe M nicht« «U.brt Sie haben M dieses u ...« »Dosten Sie uns nicht mehr davon sprechen, derr Kollege Ei ifi nicht der Mühe werth« »Vielleieht könnte man die ser tvandten der Muwemdt zn einer Beihilfe hesiininten.« uSie besiit keine Verwandte-R «Oder die Gemeinde, in der sie mtt ihrem Manne zulett lebte...« « »Ich muß Sie bitten, auf diesen Geqenstand nicht wieder zurückzukom men,« unterbrach ihn der alte derr mit ernster Bestimmtheit Neuaebaur war lan aenua, nicht weiter in den Amtsgerichtsrat zu dringen. Aber er war auf eine pur aesetzt und er war nicht Ver Mann, sich von dieser wieder abbeinaen zu lassen Am fotaenden Moraen beanber sich aus das Standesamt des Dorfes und bat um Einsicht der Geburtsregister. Da fand er denn unter dem Datum des 12. Dezember 189. folgende Ein traauna: »Im der Nacht zum 12. Dexember 189. wurde der Marie Brandt, Fa brilarbeiterin aus Polen, ein Sohn geboren, der die Namen Richard Fer dinand Franz erhielt. Vater unbe: kannt. Ter Knabe wurde am 15. De zember aetauftx Taufpathen waren der Amtsaericbtsrath a. D. Richard Wernecle aus Berlin, Frau Johanna Katharine Knocke, geb. Widmanu, Wittwe des Todtenaräbers der hiesi gen Gemeinde, Heinrich Knoche, sowie die Hebeamme Frau Anna Marie Walters arb. Zimmermann Bemerkung: Die Mutter Marie Brandt ist im Herbst dieses Jahres unbekannt woher zuaexoaem doch hat sich der Amtsaerichtsrath a.D. Ri chard Wernecke für sie verbiirat. Da hatte Herr Kaspar Neuaebaur ja des Mithlels Lösuna. Der Amts aerichtsrath war ohne Zweifel der Vater des Knaben, sonst würde er nitch in solcher Weise siir die Mutter arsorat haben, nicht jedes Jahr biet in dem kleinen, weltberlorenen Winkel iden Sommer verbrinan und nicht eine solche närrische Liebe siir den Junaen hegen. l Daß die Brandt in die Fabrik zur jArbeit ging diente nur als Maske dieses Verhältnisses. Ohne ehrlichen Erwerb würde die Frau nicht in der Gemeinde geduldet werden. Man war in dieser Beziehung hier auf dem Dorfe nicht so weitherziex wie in Ber lin. In Berlin aber durfte der Amts qerichtsrath feine Geliebte nicht unter bringen, da feine Verwandten dieses Verhältniß bald entdeckt und ihm das Leben fehr schwer gemacht haben wür den. Eine solche »Dummheit« ver ziehen die Nichten und Neffen dem ulieben Onkel« gewiß niemals Herr Kafpar Neuaebanr rieb fich schmunzelnd die Hände. Er hatte da eine faniofe Entdeitnna aemacht, die ihm ein hübsches Stück Geld einbrin aen würde. Er war nur noch nicht sicher, von welcher Seite er die Ernte einheime follte. Er iiberleatr. Wenn er den Verwandten desRathss die Angelegenheit mittheilte, würde er nichts weiter, als das ausbedungene Honorar erhalten. Die Verwandten waren nicht reich und das Honorar war nicht sehr hoch, hatte er doch die ses Gefchäft nur gelegentlich übernom men, um die Kosten seiner Erholung-Z reife zu denen. Wenn er dagegen dem Amtsaerichts rath die Pistole auf die Brust setzte, dann lönnte er anher dem bonorar, das er auf alle Fälle erhielt. noch ein schönes Stiick Geld herauöfchlagem Einmal das Geheimnis den Verwand ten vreisaegebem blieb ihm diesen ge genüber tein Presfionsmittel mehr. Seine Beobachtung war überflüssig geworden. Bei dem Awizaerichtörath lag die Sache anders. Das Geheimnis bil dete hier eine stets fließende Geld anelle, und here Caspar Neugebnur verstand es, eine solche Quelle ergiebig zu estalten. och nicht mit sich einig schritt er dem Gafthanle zu, vor dem fich meh rere Leute um einen Wagen versam melt hatten, dessen Achfe gebrochen war. Der Kutscher verhandelte mit dem Sol-nier- dei Dorfes, während der herr, welcher mit dem Wagen ges lonnnen war, in nachliifsiqtr Baltung dabeiftand und den langen Erörterun gen des Schmiede zuhörte. .Repariren Sie den Wagen nur,« schnitt der herr fchließlich diefe Erör terungen ab. »Ich bezahle Sie. Jch werde lolanne hier itn Wirthshaus bleiben.« »Aber heute wird die Arbeit nicht fertig, gniidiner herr.« »So bleibe ich bis morgen . . .« Mit dielen Worten ging der Herr auf das Gastbani zu. von dem Wirth höflich beariißt· Neugebaur blieb erstaunt stehen« er hatte in dem fremden Derrn den Be siser von Wendefsen Ferdinnnd Grol ler erkannt. 9. Kapitet ; Als Neuaebaut in die Gaftstuke Utah saß Fetdinand Groller am Fen Htek und las die Zeitung. Er achtet Lnicht auf den Eintretendem der somit« Gelegenheit hatte. ihn aufmerksam zu beobachten Aus dem einfachen biederen Guts besitzer, der sich am Wohlfsen in der Jaadioppe und den hohen ReiWefeln gefühlt hatte, war ein eleganxer Welt mqnn geworden mit nachlässigen. et was Matten Mvnietens nnd einem blossen mähen Gesichte und gleiche-ill tiq blickenden Aussen. Statt bei länd liGeu Akkemanzuaes trug er einen eteqantes MM owns nnd WadenstM M M roter Jagdhut mit Mdntt I ariiniichet Wettern-mirs hing Idee g; skiz- sein«-WIer « a un Mira-nd den W eines Mannes der grossenci Welt der sich in der Verkleidm eines bers fexes gefällt. Der richtige Salan meinte Reuaebaut heimlich nett spöttischem Lächeln. Du Groller ietneriei Rotiz von ihn nahm räusperte er sich vernehmli Grollet sah aus blickte ihn eine Wei an und wandte sich wieder seiner Zei tuna zu. »Sie scheinen mich nicht mehr In kennen, Herr Groller,· sagte Reno baur, an Ferdinand derentretend Dieser sah ihn gleichailtia an »Wenn ich nicht irre, « sagte erdenk ruhig »Herr Neugebaurk Ja, das ist mein Name. Alsow sinnen Sie sich meiner noch?« »Wie sollte ich nichts Erinner cie mich doch an die unangenehmstr Eviiode meines Lebens. " »Sei-r schmeichelhaft" lachte Reu aebaur spöttisch. »Ich hoffe jedoch Sie werden mir diese unangenehm (5«visode, an der ich völlig unschuldig bin, nicht nachtraqen.« »Weshalb sollte ich Ihnen nach iraaen? Jch linbe mich jedoch demuts. diese"bäßlicke Episode zu vergessen-— also auch Sie.« »Das scheint Ihnen jedoch nicht ge lnngen!« Ferdinand erröthete leicht »Ich denke, ich bin Ihnen darüber keine Rechenschaft schsuldicU »An der That — nein. Und ich bitte um Entschuldigunq, daß ich Sie da ran erinnert habe. Ich arbe Ihnen mein Wort, daßes nicht wieder vor kommen soll.« »Dann müßten Sie sich schleunigst entfernen und mir nicht wieder von die Auqen iommen.« entgegnete Fer dinand ruhig. Neitaebaur lachte ein wenig ge zwunaen auf. ,,.Höflicker sind Sie nicht new-orden, Herr Groller. Aber ich hoffe. wir wer den uns, solange wir hier beisammen sind, dnch aani aut vertraqen. Sie werden bier wenia Vertebr finden nnd mit meiner Person zufrieden sein müssen-« iFortfetzunq folgt-) Untier-meet itie vie Lehrer-. « Aus Mecllenbnrg-Schwerin wird qelckriebem Alles muß hierrnlnnde nniiormirt werden! Das Neueite auf diesem Gebiete ist die llnisorrnirnng der Lehrer. Man länat dabei von »oben« an; zunächst kommen die Di rektoren der qroßberronlirhen Gnmnsi sien und dann diejenigen Oberlehrek an die Reihe, denen der Titel Grimas iial Professor «Allerhöehit« verliehe iit. Sie belomnren eine wunderbiibs Galatracht, bestehend ans dunl blauem Fracl mit larmoisinrolhels Kroan und ebensolchen AermebAcks schlagen, die mit Goldsiickerei verziert sind, sodaß die Landessarben blas qelbsrotb sich widerspieaeln. Iris und weiße Weste haben aoldenesknöpII mit Krone und dem landegiiblickies Iksriedrichs Ftranz). Zur Unisom gehört ferner noch eine weiße Hose ins breitem Goldilreifen, Zweispitz III Kolarde in den Landesiarben und großer, goldener Raupe und, nicht z vemessen, ein Stichdegen mit goldener Grisll In dieser Tracht brauchen die Herren Lehrer von der Schul· bei feierlich-en Geleaenheiten nicht mehr ins schlichten bürgerlichen Rock neben des Herren vom Militiir nnd denen von der Nitterlchast zurückzuiiehem weis letztere mit einer ähnlichen Tracht be gnadet sind. nur daß sie einen teuer rothen Frack und als besonderes Ub zeicben aroße goldene Evaulettes an leqen dürfen. Was werden nun aber die höheren Lehrer der ssädtiiehen Schulen im Lande lassen. denen der Landesherr die wunderschöne Tracht nicht verleihen kann, mit der er dein ienigen Theile der »Großherzoqlichen Diener« eine hohe Freude bereitete, die an Gymnasien die Jugend lehret. Denn als »Großherzoqlirher Diener« gelten nach mecklenburaiicbern Staats recht, sowie nach dem Landesnrundges letzlichen Erbvergletrh von 1755 nos heutzutage alle Stastiiunltlonärx vorn Minister, Professor nnd Geri ts ptäsidenten bis hinab zum Feuer see und Schuldtener. Wie wenig würden wir uns um die Fehler der anderen kümmern, gäb's dabei nicht so auie Seiesenheih us sere eiaenen Vorzüge zu rühmen. i I . Hundert Tboten baden dich erbsbc und ein Wort kann dich stürzen. I O i Unter den Deutschen, die an der Automobilrvettiahrt in New York theilnehmen wollen. befinden sich Werden. Camvbell und Mem. Die Q’Briens, McFaddens und MeCav tbns werden wahricheialich Frankreich vertreten. i i I Wenn der Haß sich lange frisch ek dolien foll, muß er in der Lange des Neides acpilleli lein. O . I Genieß das Leben deute, die Freu den des nestriaen Taaes gehören des Vergangenheit an und die des mor ainen Taaes sind noch fein ungewis. i I s Willst Du mii einem Freunde du chen, geh ohne böse Worte von ihm dies itemveci Dich zum wohlerwo Menschen