Yebraska Staats- Anzeigcr Und Yrrold J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island-. Nebr» :).(). Oktober 1905 (Zweiter TheiU Jahrgang 26 No. 8. Vierbläitkiges Kleeblaii. Lachi mir das Gliick hold? Wahrhaf tig. ich felf Ein Bietblatt, ein großes, im than feuchten Klee! Ich toat in Gedanken so weit ab vom Glück, Jch dachi’ nicht ans Suchen, da fand es mein Blick! — Mit jubelndem Rufe hab’ ich mich ge-j blickt i Und hab’ mir die Gabe des Glückes pflückt! Wie dass aus dem Grünen verheißend !ugi! « So findet die Liebe man nur unge fuchil Wie ist nun so fonnig der Frohsinn wacht! Das Finden des Vietblatts hai Glück ja gebracht! --.—---.-. -.--.-—.— Das Lösegeld Stizze von F. Wild e. Der junge Arzt, Bittor Eltze, liebte die süße, lleine Leonie aus der Ober siirsterei. « Er hätte das herzige Kind gern auf der Stelle geheirathet, denn er sehnte sich nach einer behaglichen Häuslichleit. Hier in dem friedlichen Landstädt chen kam man auf solche soliden An wandlungen, die einem früher so gänz lich fern gelegen. . Viktor Eltze war Berliner. Schwer hatte er sich entschlossen, die Metropole mit dieser dellr zu vertauschen. Aber ein Anfang mußte gemacht werden. Und da er durch Zufall die gute, ein triigliche Landpraxis eines seiner Kouleurbriider übernehmen konnte, Ließ er sich in dem lieblichen Nest nie er. Doch das Schicksal machte es gnädig mit ihm und spendete ihn zum Trost einen reisenden Verkehr. Das waren Oberförsters. Ein urgemiithlicher, alter Herr — Wittwer—-—und dessen einzige Tochter Manie, genannt Wildlatzi Der Oberförster hatte große Sym pathie siir den jungen Arzt und begab sich gern in dessen Gesellschaft Viktor Elsze schien der Abglanz sei ner eigenen Jugend. Jmmer humor vosl, von gesundem Wiß, freier Le bensaufsasfung. Gleich nach dem ersten Zusammen sein drückten sie sich verständnißooll die Hände. Das Gegentheil vom Vater war die Tochter, die lustige Wildtatz. Die zeigte dem Doktor die Zähne, blitzende. weiße, feste Zähne, und be nahm srch so, daß ein andere Reißaus genommen hätte. »Sie berschanzt sich dahinter, um ihr Herzchen noch nicht zu verrathen«, dachte er stillvergnügt. »Der Augen blick wird schon lomrnen!« Es ist zur ErntezeiL Der breite, stattliche Hof der Ober siirsterei schien wie ausgestorben. Heut« mußte Alles hinaus in das Ackerland, das zur Obersorsterei ge hörte, denn das Getreide soll ein-gefah ren werden. Auch im Hause ist Alles still. Wie ein Bild des Friedens schimmert es durch die grünen Vanmtvipfel, rings vom Walde umgeben »Das richtige Dornröschenfchlofz«, seufzte Leonie. Sie sitzt ganz verlassen auf der un tersten Trevoenstuse der Veranda und beobachtet die schlafenden Hunde, die, ermattet von der Hitze, platt ausge streckt auf dem liihlen Rasen liegen. »Aber es lohnt sich nicht, den erlö senden Prinzen zu erwarten, denn in der ganzen Gegend giebt’s ja seinen. Höchstens einen Doktors Und dieser eingebildete, motante Mensch soll mich am allerwenigsten befreien lönnen«, entscheidet sie trohig Sie wirst ihren blonden Lockentops zurück, reckt ihre geschmeidige Gestalt, nach Art der Wildtatze, blinzelt in die Sonne und — faßt einen Plan. Sie geht iiber den Flur in die Mägdestube —- nimmt einen weißen Fett-but einen sogenannten Helgoliim der, vom Rieael---——ziebt eine lose Bluse aus blauem Kattun an, deren Aermet halblung sind, und einen weiten, tur zen Rock. Dann verbirgt sie ihr hüt scheö, pitantes Gesichtchen unter dem riesigen Wollenschieber. So wanderte Leonte aus die Felder. Sie konnte ja auch mal die Leute tontrolliren, wie Papa das immer that, und schließlich mass da noch eher auszuhalten als in dem öden Hause. Aus dem Acker herrscht reger Betrieb und tadellose Ordnung. Als Leonie herantritt, sehen die Leute erstaunt von threr Arbeit hoch. »Wil! die uns hier im Weg steb’n?« Der Großtnecht lacht iiber sein gan zes, breites Gesicht. lJlJch möchte belsen'«, sagt sie würde Vs . Sie schütteln alle ungläubig den Kopf und drehen ihr den Rücken.v Die Arbeit eilt. Leonie muß sich also zufrieden ge ben. Sie lagert sich un dem Feldgraben und vrobirt die Erntesrucht, indem sie sie behutsam aus der stille schiilt und das meblige Körnchen zerbetszt Da tarn ein Wogen die Cbaussee entlang. Die Räder rollten im Trabe. — Es mußte ein flottes, leichtes Ge- i fährt sein. Sie kannte ein solches Ge fahrt: Es gehörte dem Doktor. Richtig, ViltorEltze kutfchirte selbst Die Wildlatz duckte sich. Sie zon die Beine ein, senkte die mächtige Schute bis an das Knie. Nun konntei der Doktor unmöglich Verdachiz schöpfen. l Sie hätte sich furchtbar geschämh wenn er sie in diesem Aufzug gesehen,J und sie fürchtete feinen Spott. · Aber trotz aller Vorsicht verieth sie sich doch. Sie hatte ihre beiden Arme um die Knie geschlungen. Arn rechten Handgelenl blitzte ein matter, perlen gefaßter Goldreif. Den kannte Viktor Eltze. Plötzlich hielt der Wagen. Leonie rührte sich nicht. Da trat jemand ganz leise an sie heran, legte die Hand auf ihre Schul ter und sah ihr lachend unter den wei ßen Stürmer. Blitzschnell sprang die Wildkatz auf. Jhr kam ein rettender Gedanke. Er sollte seine Kühnheit schon büßen. Flammenden Auges stand sie vor dem Doltor. »Eine sesche Schnitterin«, sagte er mit unverhohlenem Entzücken. »Die hiermit von ihrem Recht Ge brauch macht,« erwiderte sie schlagfer tig. Und nun kam etwas ganz Uner wartetes. Leonie hatte schnell mehrere Getrei dehalme zusammen gewunden und schlang sie um Rücken und Taille des jungen Arztes. Aber ihre fchlanlen Finger zitterten leicht. »So —- nun sind Sie gebunden«, rief sie dann mit heller Stimme »Schaut Leute, der Herr Doktor ist iiber die eben gemähten Stopveln ge gangen. Nun verlangt ein Lösegeld, das ist euer ErnterechU « Die Arbeiter hielten in ihrer Thä tigkeit ein und blickten augenzwinkernd auf das junge,lustige Paar. Der Doktor winkte dem Großlnecht und drückte ihm einen Thaler in dies Hand. »Der Mann danlte ehrerbietig »Darf ich nun um Befreiung bit ten'«, fragte der Arzt dann die schöne Schnitterin. Sie riß mit kurzem Ruck die Ge treidesessel durch. Und als sie so dicht an seiner Brust stand bei der Beschäftigung und der Goldreis an ihrem Arm klimperte, sagte er zufrieden lächelnd: »Wir spre chen uns wieder, Wildlatz!« I I L Leonie iam nach Hause. II Papa war zum Glück noch nicht da, und sie tonnte unentdeckt in ihr Zim mer schlupfen, um die Erntetracht ab zulegen. Hier merite sie. daf; ihr der goldene Armreif fehlte, den sie noch vorhin an ihrem Handgelent gesehen. Sie er schrak heftig. Diese werthvolle Goldspanae war ein Andenken an Leonies verstorbene Mutter, die dies Schmuckftiict als er stes Brautgescheni vom Oberförster er-· halten. Mit einer langen Mahnrede hatte der Vater das Armband seinem Kinde übergeben und ihm die schlimmste Strafe angedroht, wenn sie es etwa verbummeln sollte. Sie besaß nämlich ein furchtbares Pech im Verlieren. Leonie ließ sich also fiir diesen Fall eine Sicherheitstette an das Kleinod schmieden. Nun schien es so feft und zuverlässig, daß sie völlig beruhigt sein konnte. Und doch-es war fort! Sie sieht blaß aus, ihr zittern fast die Knie. Aber das thatenlose Grübeln nutzt nichts. Sie muß sich schleunigst, noch ehe Jemand etwas davon erfährt, auf den Weg machen und nachsuchen. Sehr niedergeschlagen trat sie ihre Wanderung an. . Es war stillt Feierabend! Die Nacht senkte sich auf die Felder, weich, besänftiaend wie Schlaf auf den müden Menschen. Leonie hatte den zottiaen Hühner hund mitgenommen. der sollte ihr mit seinem scharfen Spiirsinn behiilslich sein. Sie durchstöberten um dieWette das Terrains-»aber vergebens. Da wollte es das Unglück, daß wie derum das bekannte, slotte Dottorge fährt herangerollt kam. Schon vom Bock aus rief er ihr übermüthig zu: »Noch nicht Feier abend machen, kleine Schnitterin?« Sie fuhr immer zusammen, wenn sie diese leicht ironische Stimme hörte. Sein Lachen unvörte sie. Er näherte sich ihr langsam. Ida-einem plötzlichen Impulse fol aenv — fuhr sie auf ihn los mit der Miene eines Detettivw »Sie haben mein Armbandi Jch sehe es Ihnen ja ant« Er machte ein überaus vergnügtes« Gesicht· Das reizte sie noch mehr. Sie stampfte mit dem Fuße auf. »Der Schmuck ist ein theures An denken an meine verstorbene Mama! Zu Haus giebt’s einen Mordsstam dal, wenn ich ihn verloren habe!« Der Doktor hatte ein Einsehen. Ganz gemächlich zog er seine Brief tasche heraus und tlappte das rothe Juchtenleder auseinander. Leonie blitzte es verheißungsvoll entgegen. Schnell streckte sie dae Hand danach aus-, doch Viltor Eltze hielt dieses liede» Händchen fest mit leisem Druck. ; »So leicht geht das nicht, Wildtatz. Erst ein Lösegeld!« »Das ist eine dumme Revanche«, schmollte Leonie. Seine Augen tauchten leuchtend in die ihren. »Erst das Lösegeld!« sagte er noch einmal dringender. Sie wurde verwirrt. Da bat er in seiner gemiithlichen Weise: »Süße Leonie——nur einen Kuß ——einen einzigen!" »Weiter nichts?« dachte sie. Aber sie schüttelte energisch das lockige Köpf chen. Der Doktor faßte ihre beiden-Hände. »Wollen uns doch vertragen, kleine Wildlatz. Jch habe Sie ja so herzlich lieb." Das klang so einfach, so ehrlich ——völlig ohne Jronie. Leonie machte ein verwundertes Ge sicht. Dann entgegnete sie wie ein tro tziges Kind: »Von ernster, treuer Liebe kann bei Jhnen gar nicht die Rede sein, Herr Doktor!« ,,Soo—oo?-« »Ja-—wei1 Sie ein ganz schlechter Mensch sind, der sich immer nur über mich lustig macht mit feinem unang stehlichen Spott, weil Sie fortwährend nur die Ohren spitzen, um mir eine Dummheit vorzumerfen.« Wenn man's mit solchem Eigen sinn zu thun hat, muß man ganz schlau zu Werke gehen«, erwiderte der Doktor fröhlich. Und er legte den Arm um Leonies Schulter. Seine Augen ruhten mit warmem Feuer auf dem frischenKindes an seiner Seite, das so stolz und trotzig in sounberührter Jugend da stand. »Das Lösegled«, flüsterie er bit tend. »Aber -—— nicht ansehen«, sagte sie leise. Er küßte den frischen, rothenMund. Und dann, außer sich vor Glück, nahm er den schimmernden iBlondkopf in feine beiden Hände und sah seiner jun gen Liebe tief in die Augen« »Nun will ich Dir auch gestehen, daß ich Dir den Armreif einfach abgelnipst habe, als mich die reizende Schnitterin band. So sehr war sie bei der Sache, daß sie den Gaunergriff gar nicht be merkte.« Jetzt lachte Leonir. Und der Doktor erklärte: »Für mein theures Lösegeld wollte ich doch wenig stens auch einen Spaß haben und der Wildlah zeigen, daß ich sie doch noch an Schlauheit übertreffe.« »Das ist ja eben fo entfenlich«, sagte sie ganz unglücklich. i Doch er tröstete großmüthig: »Nun kostan wir Frieden schließen, follsi e en. " Sie wollte noch einmal ausbrausen, aber erlegte die goldene Armspange um ihr Handgelenl—tvie zur Beruhi Jung Dann sagte er zärtlich: »Und jetz komm, mein Lieb Wir wollen zu Hause Deinem Vater die scherzhafte Episode erzählen von dem Lösegeld!« - O-——— Von der Sekundörhabn. Auf dem Bahnhof kommt ein 40l Mann starker Verein an. »Na«, sagti der Vorstand, »was ist denn das, Laut Fahrplan sind noch fünf Minu ten Zeit bis zum Abgang des Zuges, und dort sährt er schon hinaus!« »«a«, antwortet der Stationsdie ner, »als der Lokomotivführer den· Haufen Leut’ kommen sah. hat er Angst kriegt und ist auög’rissen!« Das Schlimmere. Mir hat sie ewige Treue ge schworen —- und sie hat ihr Wort ge brochenl« »Na, trösten Sie sich! —- Mir ist s noch schlimmer gegangen! Mir hat Eine ewige Treue geschworen und ——— sie hat ihr Wort gehalten» Aus der Uhu-en TIehterMulr. »Was wissen Sie, Fräulein Alma, von der alten Geschichte?« «,,Daß sie ewig neu bleibt!« Die Robertfon-Kur. Ein Reise-Erlebniß. Von E r n ft B a l tz e r. Herr Stadtrath Max Hilbert aus Ziesen hate im Koupe 2. Klasse Platz genommen und war glückselig, dasselbe» vollständig für sich allein in BefchlagH nehmen zu können, denn wenn über-’ haupt in Zieer Jemand verreiste. fo geschah es in vierter, oder höchstens dritter Klasse. Aber der reiche Fa briksbesitzer Hilbert, der größte Steuerzahler von Ziefen, konnte es sich schon leisten, »Zweiter« zu fahren und sogar, mit Hilfe eines guten Trink geldes, ein ganzes Coupe für sich allein in Befchlag zu nehmen, wo er es sich fo gemiithlich wie nur möglich einrich tete, die Fenster verschloß und sich be quem in die Ecke rückte. Das ging auch eine Weile so ganz gut; aus der Station A. aber, einem Knotenpuntt der Eisenbahn, hatte diese Herrlichkeit aufgehört. Die Thüre wurde ausgerissen. »Na, hier ist jg noch viel Platz!« mit diesen Worten und einen strafenden Blick ge gen den etwas verlegen die Achsel zuckenden Schasfner ließ der Sta tionsvorfteher zwei Herren ins Koupe hinein, die nicht gerade sehr freundlich vom »Jnhaber« des Koupes willkom men geheißen wurden und kaum einen Dank auf ihre Begrüßung erhielten. Dann aber setzte sich der Zug in Be wegung. Als dann aber wenige Mi nuten darauf einer der beiden Ein dringlinge eine der Fenster öffnen wollte, vroteftirte Herr Stadtrath Hil bcxk ganz energisch dagegen mit den Worten: »Nein, mein Herr, das kann ich nicht vertragen! Bitte, lassen Sie das Fenster zut« »Aber, mein Herr, wenn ein Fenster geöffnet wird, zieht das ja nicht!« re monstrirte der Luftfreund. »Nein, nein, ich bitte Sie, ich kann das absolut nicht vertragen! Es ift mein Tod!« sagte Stadtrath Hilbert ängstlich, aber höflich. »Ja, dann muß ich mich wohl be scheiden!« meinte der Luftsreund, wo rauf sein Reisegefährte lachend zu ihm sagte: »Wir sind eben in Deutschland, lieber Doktor!« »Was wollen Sie damit sagen?« fragte Herr Stadtrath Hilberi. »Damit will ich sagen, mein Herr, daß man in Deutschland leider noch allzu luftfeindlich ist. Jn England — niein Freund ist ein englischer Arzt — ist man glücklicherweise über diese Lustfeindlichteit längst hinaus-. Und meinem Freunde gebührt die Anerken nung, daß er wesentlich hierzu beige tragen hatt« »Wodurch, wenn ich fragen darf? Ich bitte, das nicht als bloße Neu gierde zu betrachten. Mein eigener lei dender Zustand zwingt mich leider, mich siir derartige Fragen lebhaft zu intereisiren.« ) »Wodurch, mein Herr? Mein Freund ist ·der betonte Dr. Thomas Nobertson —— « Die Herren verneigten sich leicht ge aen einander, während Herr Stadt rath Hilbert seinen Namen vor sich hinmurmelte. Dann fuhr jener fort: «Haben Sie noch nichts von der be rühmten Robertson-Kur gehört? « »Nein, noch nie!« antwortete Herr Hilbert treuherzig ,,Wunderbar, wenn Sie sich fiir der artige Fragen interessirenl Gestern hielt mein Freund in der Medizini schen Gesellschaft in Berlin einen Vortrag über seine berühmte Kur. Die deutschen Kollegen nahmen ihn mit Enthusiasmus aus. Jetzt gehen wir nach Heidelberg, wo Dr. Robertson aus Einladuna der medizinischen Fa kultät ebenfalls seine Kur erläutern wird!« »Und was bezweckt diese Kur, wenn ich fragen dars?-« »MeineKur, mein Herr«, nahm nun Dr. Robertson in beinahe feierlichem Tone selbst das Wort, ,,bezweelt, jener, verzeihen Sie, lächerlichen Luftsend lichteit mit einem Schlage ein Ende zu machen. Auch meine deutschen Kol learn sind längst dahinter gekommen, daß die Lust und der sogenannte Zug wind teine Feinde, sondern Freunde der leidenden Menschheit sind. Aber die Amte konnten solange geaen die Lustseindlichteit der meisten Menschen nichts auseichtem so lanae es in der That noch immer zahlreiche Menschen anb. die durch Zugwind Reißen und Gliederschmerzen und dergleichen Lei den sich zuzogen. Wer siZ meiner Kur unterworfen hat, mein err, empfin det den Zugwind nur noch als Wohl that, und mochte er auch vordem von Rheiimatismus, Jschias und Gicht noch so sehr geplagt worden sein. Jch hatte das Glück vorgestern, einen Tag vor meinem Vortrag, einen von schwe rem Gelenkrheumatismus geplagten Kranken durch Professor J. zugeführt zu erhalten, den ich gestern Früh mei ner Kur unterwarf und Abends als vollkommen genesen meinen Berliner Kollegen vorstellte.« »Es erregte geradezu Heiterkeit,« so nahm der andere Herr das Wort, »wie der Genesene von seiner bisheri gen Luftfeindlichkeit erzählte und be richtete, wie ihm jedes Lüftchen ge schadet hat, und wie er nun gestern sich ostentativ dem Zugwinde aussetzte und sich dabei behaglich fühlte!« Herr Stadtrath Max Hilbert hörte immer interessanter zu. Endlich er zählte er. daß er selbst an allerlei rheumatischen Schmerzen leide und im Begriff sei, nach Wiesbadenzu reisen,dessen warme Quellen ihm zwar etwas im vorigen Jahre geholfen hät ten aber leider doch nicht fiir die Dauer-. »Ja, wenn Sie in Kassel übernach ten würden, wie wir es beabsichtigen, könnte ich mit Jhnen eine Kur vorneh men!« sagte lachend Dr. Robertson. Und sein Gesährte fügte hinzu: »Dann könnten Sie, anstatt zu baden und stundenlang danach inDecken ein gehüllt auf dem Sofa zu liegen, sich in Wiesbaden gut amüsiren.« Herr Stadtrath Hilbert sah das Vortheilhaste eines solchenBorfchlages sehr bald ein. Er erkundigte sich, wo rin die Kur bestehe. Dr. Robertson erklärte ihm, daß sie sehr einfach sei: Der Kranke werde niift einem von ihm erfundenen Prä parat eingerieben, was keineswegs schmerzhaft sei. Die Zusammensetz ung dieses Vräparats könne er frei lich nicht verrathen, da er mit einer großen chemischen Fabrik wegen An kauf des Rezeptes in Unterhandlung stehe. Auf die Frage nach dem Honorar für die Kur, meinte Dr. Robertson sehr höflich und lachend, das; er sich ein Vergnügen machen werde, bden Herrn Stadtrath ganz umsonst zu be handeln. Er sei dabei durchaus nicht uneigennützig, denn jeder Geheilte würde zweifellos zu einem Lobredner seiner Kur werden, durch die er be rühmt und fteinreich würde, zumal wenn sie im luftfeindlichen Deutsch land eingeführt lrürde. Es liege ihm. gerade daran, an einslußreichen Kran ken aus den gebildeten Kreisen seine Kur versuchen zu dürfen. Und er würde sich allerdings vorbehalten, den Erfolg der Kur, an dem nicht zu zwei feln sei, in der medizinischen Fach presse bekannt zu machen. Herrn Stadtrcth Hilbert wurde es bei diesen Wortm beinahe wirbelig im Kopf. Die medizinischeWelt würde sich für ihn, den Stadtrath aus Zie sen, interessiren. Er würde sich gewis- » sermaßen verdient machen um die » Einführung einer epochemachenden ! Entdeckung, —-— so ungefähr fügte noch I halb scherzend, halb ernsthaft, der s Reisegefährte des Dr. Robertson hin- ’ zu, — sein Bild würde in den illu- : stritten Blättern erscheinen. Und esl bedurfte keines weiteren Zuredens ! mehr: Herr Stsidtrath Hildert unter brach mit den leiden Herren in Kas sel die Fahrt. Der Koffer des Herrn Hilbert wurde auf der Bahn gelassen, die Reiseesfetten der beiden Herren gingen, wie sie sagten, ohnedies weiter nach Heidelberg. nur eine leine Hand tasche nahmen sie mit nach Kassel, wo die Herren gemeinschaftlich im Hotel nahe dem Bahnhof abstiegen. Jn fröhlich-st» Stimmung nahmen alle drei gemeinschaftlich ein gutes Abendefsen ein; auf das Wohl des Stadtratheg aus -Ziesen wurde eine Flasche Sett geleert, die dieser zu be stellen scch nicht nehmen ließ, dann be gab man sieh gemeinschaftlieh auf die Zimmer-, die man nebeneinander ge wählt hatte. Jin Zimmer des Herrn Hilbert wurde sodann die »Kur« vorgenom men, Herr Hilbert mußte sich vollstän dia seiner Kleidung entledigen; Dr. Robertson betlopfte seinen Brustka sten, horchte auf der Brust und am Rücken. Dann mußte sieh Herr Hil bert auf dje Matratze legen, während dessen Dr. Robertson eine Flasche aus seinem Zimmer holte. Daran begann er den Patienten mit der Flüssigkeit, die stark nach Spiritus» roch, einznreiben, nicht sonderlich start. Aber gleichwohl brannte es tüchtig. Der ganze Körper wurde ein gerieben, und als das geschehen war, packten beide Herren Betten auf den Patienten hinauf. Daß sie diese auch mit Stricken umwanden, konnte der bis über die Nase eingehüllte Patient nicht mehr sehen. So sollte er eine Stunde lang liegen bleiben, damit er tüchtig schwitze. — Das that er auch; er blieb sogar länger liegen, denn er schlief ein. Und als er erwachte, war weder vorn Dr. Robettson, noch von dessen Freund et was zu sehen. Er konnte sich nur durch Ruer dem Dienstpetsonal be merkbar m"achen, das ihn nach langem und bangem Warten aus der recht fa talen Situation befreite. Daß natür lich aus seinen Kleidern alle Wem-ge genstände von den Gaunern mitge nommen waren und diese auch den Reisekoffer auf der Bahn laut des im Besitz des Stadtraths befindlich ge wesenen Aufbewahrungsscheines be hoben hatten, ist selbstverständlich Sie waren noch in der Nacht abgereist, um weiter Propaganda für die Robert soniKur zu machen. Luftfeindliche finden sie ja in jedem Eisenbahn Conpe -————-.-- C-——— Tanhe nnd Habicht. »Ein Freund« sandte jüngst dem »Berliner Tageblatt« folgende interes sante Mittheilung: AmZ ughaufe ni sten zwischen dem heraldiFchenSchmuck über den Fenstersimsen verwilderte Tauben. Als gestern früh einige von diesen Tauben über dem Dache hin und herflogen, fuhr ein Habicht, vom Museum herüberschießend, unter sie. Die erschreckten Thiere stürzten nach ihren Verstecken, in die ihnen der Stößer folgte. Dieser kam aber bald wieder, ohne Beute gemacht zu haben, hervor, und strich nach dem Dom ab, wobei ihn die am Opernplatze und über dem Lustgarten sich aufhaltenden zahlreichen Thurmschwalben mit wü thendem Geschrei ansielen und zu ver wirren suchten« Bei eirsm ähnlichen Hergange an derselben Stelle ereignete es sich vor Jahren, daß eine vor« dem Habicht fliehende Taube durch das of fene Fenster in einen Salon des kai serlichen Palais Unter den Linden eindran«g, in das ihr der gierige Raubvogel folgte. Die Taube sank erschöpft auf das Pirket nieder, und der Habicht entfloh auf demselben Wege, auf dem er gekommen war. Jm Salon befand sich die Kaiserin Au gusta bei der Morgentoilette. Nach dem sie sich vom Schreck erholt hatte, befahl sie die Aufnahme der Taube und ordnete ihre Pflege an. Das hübsche, kupferrothe Thierchen wurde in einen Käfig gethan und erhielt den Namen ,,Lotte«, auf den es später auch hörte. Nach einiger Zeit ließ man »Lotte« frei; aber sie wich nicht mehr vom Palais und seiner nächsten Um gebung, sie machte höchstens die kleine Besuchstour nach dem Zeughause zu ihren früheren Kollegen und Kollegin nen hinüber. Oft sah man sie auch am Fenster des historischen Eckzim mers sitzen, wo sie Kaiser Wilhelm der Erste selbst fütterte. »Lotte« ist alt geworden und hat ihre Pfleger lange überlebt —--—--.-.-———— Ein «Wüsteness n.« Von einem originellen Mittagessen, das dasjenige des Trimalchio noch zu übertreffen scheint, wissen italienische Zeitungen zu berichten. William Wal dorf Astor, der vielfache Millionär, ist es, der die alten Römer nachzuah men bestrebt ist. Zu einem Gastmahl in Kario hatte er eine Anzahl Gäste geladen. Man nahm an einer quadrat sörmigen Tafel Platz — sieben Per sonen an jeder Seite —- auf der die egyptische Wüste nachgebildet war. Der weiße Wüstensand bestand in Streuzucter, und auf dem Sande er schienen in dollendeter Nachbildung kleine Figuren: Männer, Frauen, Ka meele Und ganze Karawanen. Kleine Häuschen, aus Miniaturpalmen gebil det, Oasen und fließende Wasser er freuten das Auge. Jn der Mitte er hoben sich die Pyramiden und die Sphinx, mit dem fließenden Nil, auf dem sich Barken, mit kleinen Arabern darin, schaukelten. Nach dem Gesto renen wurde eine große Schale mit kleinen goldenen Hacken und Schau feln für die Geladenen hereingebracht und die Gäste wurden aufgefordert, Ausgrabungen in der Wüste vorzu nehmen. Es wurdsn nun ebenso viele alte egyptische Schmuckstiicke ans Ta geslicht befördert als Gäste vorhanden waren, den letzteren wurden dann die Gegenstände als Gaftgeschenk über reicht. Jedes einzelne Schmuckstiick hatte einen Werth von einigen tausend Franks. — Ein noblct Kutscher-. ,,Gnädiger Herr, wenn Sie eine Man zahlen, fahre ich Sie durch den Wald zurück, nnd wenn Sie noch eine Maß zahlen, zeige ich Jhnen auch den Vlussichtspitnki!« »Nun, und wenn ich noch eine Maß zahle?« »Dann -——— dürfen S’ ——— Du zu mir fagen!« Auch ein Beruf. »Sie sind wohl Rentier, Herr Ma yer?« »Nein, lachender Erbe!« Schrecklich. Verleqer (zum Chefredakteur): »Um Himmelswillen, nehmen Sie nur rasch den« FeuilletomRedakteur Schweferl in ein anderes Ressort unseres Blat tes! Sie scheinen noch gar nichts zu wissen! . .. Der ist seit drei Tagen herliebt und hat seitdem nichi weniger als 890 lyrische Gedichte accepiirt!«