Die Spielgefahrten Ren vno n.v Wiesen. » (6. Fortsetzung) I Um seinen Enkel tümmerte sich der Greis nicht viel mehr als um jeden andern. Er gab ihm einen vierteljähr-. lichen reichlichen Zuschuß, im übrigen mochte er thun und lassen, was ihm beliebte. Von dieser Freiheit machte Music den ausgiebigsten Gebrauch. Ein paar Semester hatte er in Bonn studirt, auch kurze Zeit eine landwirth schaftliche Academie besucht. Dann glaubte er genug geleistet zu haben, ging aus Reisen oder hielt sich in den großen Modebädern auf. Den Win ter verlebte er meistens in Paris. Ein- oder zweimal hatte Wasil auch den Großvater besucht weniger einem Herzensbedürsniß als der Erwägung folgend, daß es, zu größerer Sicher heit, gerathen sei, sich über die testa mentarischen Bestimmungen des Alten zu orientiren. Das Zusammensein war jedoch nicht erquicklich und nur von kurzer Dauer gewesen. Wasil langweilte sich entseßlich, während der alte Baron durch die Anwesenheit des Enkels sich geniert und in seinen grilligen Ge wohnheiten gestört fühlte. Beide ath meten befreit aus, als sie sich wieder trennten. So war die Trauer Wasils auch nur eine rein äußerliche, als er ein Jahr später die Nachricht von dem Absehen des Großvaters erhielt. Der Tod des alten Herrn von Waszczewsti kam gerade zu rechter M, urn der petuniären Lage des En tels, welche anfing, unhaltbar zu wer den, ein neues Fundament zu geben. Dadurch, daß er als nächster Erbe in den Besitz von Dobrawiß gelangte, hob sich sein bereits stark erschütterter Kredit um ein ganz Bedeutendes. Nun fiel es dem verwöhnten Ge nußmenschen erst recht nicht ein, sein kostspieliges Leben auszugeben. Für das Gut wurde ein Verwalter engagier, demselben unbeschränkte Voll macht in allen wirthschastlichen Ange legenheiten ertheilt und nur zur Pflicht gemacht, so viel Geld als ir gend möglich herauszuschasfen. Der junge Erbe fühlte sich jeßt aus der höhe und ganz berechtigt, seinen Nei gungen die Zügel schießen zu lassen. Das ging eine Weile ganz gut, bis endlich doch ein Tag lam, an dem Wasil sich eingestehen mußte, daß es nicht weiter so fortgehen könne. — Wo waren die Summen alle geblie ben? Er hätte es selbst nicht zu sagen vermocht. Vertändelt —- oerjeut — unter den Händen zerflossen. —- Ein Paar Monate noch, und der start un terhöhlte Bau seiner gesellschaftlichen Stellung brach in sich zusammen. Noch ließ sich vielleicht etwas retten, wenn es auch nicht viel mehr war als der Schein. Jn Wasils Natur lag neben der Berschwendungs- und Genußsucht ein s gewisser Zug kalter Berechnung, sein I Leichtsinn hatte ganz bestimmte Gren- » Den, nnd die Selbstliebe hielt ihn da von zurück, sich blindlings ins Ber derben zustiirzen. Jn schlimmster Stimmung — die « Folge einer wüst durchschwärmten Nacht, in welcher er wieder bedeutende I Summen im Spiel verloren hatte —J machte sich Wasil eines Morgens die verzweifelte Lage seiner Vermögens verhältnisse klar und kam zu dem Ent schluß, die jetzige Lebensweise auszu geben, heimzureisen und selber die» Bewirthschaftung von Dobrawitz zu übernehmen. Wer weiß ob nicht al- - les fauler Zauber war, was ihm der Spitzbube von Verwalter immer oonj schtechten Ertragen vorschwindelte Esj sollte doch mit dem Kuckuck zugehen« daß ein solches Gut nichts hergab, wenn man es nur gehörig auspreßtez aber schließlich hier verlor er auch nicht viel. Jmmer das ewige Einerlei, aus dem Resiaurant in den Klub und umgekehrt Die kleine Fisi vom Bal tett würde vielleicht ein paar Moto dilsthriinen weinen — pah, was wei ter. Er hatte das Möbel satt wie al les übrige. Wasils Entschluß war gesaßt; eine Woche später reiste et nach Dobtawiy a.b Das geschah zu einer Zeit, als die ersten graugriinen Saatspitzen aus den Feldern sproßten und an den alten Linden im Schloßgarten sich die hat iigen Blattknospen öffneten· —— Jetzt war das Korn geschnitten, und das Laub bek Bäume begann sich herbstlich zu färben. Die helle Votmiitagssonne schien aus den Kiesweg, der zum Schlosse führte, nnd zeichnete das Muster der eisernen Tbotsliigel daraus. Wasil von Wassezewiti lehrte von seinems Spuzieniit heim. Er pfiff dem Stadiungem iibetgab ihm das Pferd und Ufitieg die Stufen ber Freitteppe Dabei streifte sein Blick die gebot-i » M Sandsteinlöwen, welche einst zu ’ Seiten des Ein gangs Wache MW hatten fest aber abgebebckekt s Wiich Wide- waren. Ueberall Rückschritt nnd Verfall. — Aetgerlich hob der Mann die Reit peitsche und schlug nach einer Liebelle. die sich aus dem breiten Löwenrücken sonnte. Auch draußen auf den Feldern hatte es schlecht ausgesehew Nachlässige Ackerung, geringe Ernte. Und ein Theil davon schon im Voraus an den Juden verkauft. Verdammte Ge schichte! Wasil schritt durch die Vorhalle, in der jeder Schritt dröhnte, seinem Ar beitszimmer zu. Dort wars er sich auf das Sosa, zündete eine Zigarette an und treuzte die weißen. schlassen Hände unter dem tiesdunllen Haar. Mißmuthig und gelangweilt folgte sein Blick den seinen Dampsringen, bis sie sich auflösten und in nichts zer flossen. Es klopfte, erst leise, dann etwas lauter. Die Mamsell, welche schon zur Zeit des seligen Barons die Wirthschast besorgt hatte, steckte den Koppf durch die Thür. »Ein Brief sür den gnädigen Drauf Wasil runzelte die Stirn; er liebte es nicht, gestört zu werden. «Sind die Posisachen heut so früh gekommen?« fragte er, ohne hinzu sehen. «J wo, nein. Diesen hat ein Junge gebracht. Jch glaube, aus Tanninten sagt er.« »Es ist gut, dort hinlegen, aus den Tisch. Und in einer halben Stunde das Frühstück, Frau Grabe.« »Seht wohl, gnädiger Herr-" Die rundliche Gestalt mit der blauen Latzschiirze verschwand. Wasil dehnte sich, gähnte mehrmals und streckte dann lässig die Hand nach dem weißen Kuvert aus. Er hatte es nie sehr ei lig, den Jnhalt der an ihn einlausen den Briese zu erfahren; denn gewöhn lich waren es Rechnungen oder lästige Mahnungen ungeduldiger Gläubiger. Aber dies schmale, zierliche Ding sah eigentlich anders aus. Ohne seine » beqnerne Stellung zu verändern, Ess-. nete Wasil das Kuvert. Ein Brief bogen rnit gepreßtem Rand, wie man ihn in billigen Papeterien findet fiel heraus. Die hübsche, saubere, aber noch unausgeschriebene Håndschrist lglich der eines Schulrniidchens. Er as: »Lieber, lieber Wasill » Seit wir uns gestern Abend trenn- i ten, habe ich an nichts anderes denken. können als nur an Dich! Geht es Dir ebenso? Ich schreibe diese Zeilen in aller Frühe, um Dir mitzutheilen, daß Papa schon alles weiß. Jch habe ihm gleich gesagt, daß wir uns lieben. Jrn ersten Augenblick war er ein wenig de stiirzt; Dn mußt ihm deshalb nicht böse sein, er kennt Dich ja noch nicht. Aber er ist herzensgut und hat rnir noch nie etwas abgeschlagen. Nun wollte ich Dich noch sehr bit ten, tornrn doch nicht heute, sondern erst in einigen Tagen zu uns, um rnit den Eltern zu sprechen. Mutter ist, wie Du weißt, bei der tranken Großtante in Wentitten und tornrnt erst heute Abend nach hause. Da müssen wir uns schon noch ein wenig "gedulden —- aber dann aus glückseliges Wirt-ersehen, Du Lieber, Guten Mit vieltausend Grutzen Deine Linn P.S. Jst Dir’s nicht auch, als wäre die Welt jetzt viel schöner· als sonst? Jch möchte immerzu jubeln und singen. Unsern alten Tyras habe ich geküßt, weil er zuerst unsere Be kanntschaft vermittelte; knurrt er aber, wenn Du kommst, und will wieder beißen, dann mag er sich in acht neh men. dann geht’s ihm schlecht. D L Schon nachdem er die ersten Worte des Brieer gelesen, hatte sich Wosil jäh aufgerichtet, die tindliche Nach schrift überle er nur flüchtig. Auf feinem farblosen Gesicht wich der erstaunte Ausdruck einer leichten Röthe. Dein Jveifeh dieses merk würdige Schriftstück kam von der klei nen Dittmer. So also hatte das dumme Ding die gestrige Szene im Papillon aufgefaßt. — Eine landläu fige Kourmocherei, eine galante Be schiiserrolltz einen flüchtigen, durch Einsamkeit und Romontit der Situa tion gerechtfertigten Kuß stempelte sie naiv zur ernsthaften Liebeswut-ung der selbstverständlich Heirathsontrag und gerührter Elternsegen folgen mußten. Was sollte er thun? Schreiben «Sie irren, mein libei Kind, es« ist mir gar nicht in den Sinn get-innrem Ihr-es kleine, braune band zu beseh een. « Schlimm, daß der Alte von der Sache wußte. Welche Narrheit ihm leich In beichten. Sonft pflegten ver MM Mädchen M klit- siihes Vet zenigehetmntfse siir sich zu behalten. VerMe Gefchtchtet — Ein Ge WMZMMMM iste- t Wasil auf. Mit wie vielen hatte er geliebt und geflirtet ohne sich fefseln zu lassen; wahrhaftig, es waren Bor Isnehrnere darunter gewesen als dies un Ibeholfene Landtind. Und diefern sollte es gelingen. durch ihre ahnungsiose Zuversicht und Geradheit den schlauen. aalglatten, weltgewandten Mann in die Enge zu treiben? Wasil sprang auf, machte eine Be wegung, als wollte er das Briefblätt chen, welches Lichs zärtliche Liebes vetficherung enthielt, zerreißen; dann besann er sich anders und steckte es in die Brufttafche. Den schwarzen Schnutrbart mit den Zähnen nagend, ging er im Zimmer auf und ab. Die Mamfell hatte in szwischen das Frühstück hereingebracht. LStehend genoß er einige Bissen, dann ,fchob er den Teller beiseite und feste seine Wanderung fort. Allmählig i verlangsamte sich sein Schritt, und das Gesicht erhielt wieder den gewohnten gleichgültig überlegenen Ausdruck. i Eine Thorheit, sich über der Klei nen fentimentale Einbildungen den iKopf zu zerbrechen Jm Grunde war les fpaßhaft, wie offen sie ihm ihr iherz entgegentrug. s Wasil lachte kurz und spöttifch Er hatte einen Heirathsantrag bekommen Iund fuchte nach einer möglichst höfli chen Form, ihn abzulehnen. Die weißen, spitz zulaufenden Fin lger aneinanderlegend, ließ Wasil seine ylangen Nägel tnipfen, während er darüber nachdachte, was er iiber die lDittmers bisher gehdrt hatte. ! Es war wenig genug. Der Alte ffollte ein fleißiger Landwirth und sehr gutmüthiger Mensch fein; mit dem brauchte man sicher nicht viele Um ftiinde zu machen. Jedenfalls hielt es Wafil für zweckmäßig, sich noch näher zu informiren um danach fein Beneh Jrnen zu regeln. ; Am Nachmittag ließ er anspannen und fuhr nach der Kreisftadt Jm »Goldenen Lamrn«, dem ersten, dicht am Marttplaß gelegenen Hotel pfleg ten die Besitzer der umliegenden Güter im Winter regelmäßig zufammenzu kommen. Aber auch zur Sommerzeit konnte man häufig den einen oder andern dort antreffen, den Beforgun gen oder ein Gefchäftsabfchluß nach der Stadt geführt hatten. Als Wasit durch den ziemlich dunk len Vorflur in die Herrenftube trat. fand er sie zu feinem Bedauern leer. Die Dringlichkeit der Erntearbeit hielt wohl die meiften Landwirthe daheim zurück. Das dunkelbraun tapezirte, mit gleichfarbigen Möbeln und Fenster vorhiingen ausgestattete Zimmer mochte bei Lampenlicht ein bebaglicher Aufenthalt sein; jetzt. im Hochson1 mer, machte es einen ungemütblichen Eindruck. Die Luft war dumpf und stickig, die weißen Kaiserbiiften an der Hauptwand arg verstaubt, um den mit schmutziger Gaze bezogenen Kron leuchter summte ein Schwarm Fliegen. Waftl setzte sich an einen Tisch, klin gelte und bestellte eine Flasche Rims heimer. Er nabm eins der herum lieden, zerlesenen Journale zur Hand, blätterte zerstreut darin und legte es wieder fort. Das Heft war mindestens ein halbes Jahr alt, die Bilder und Witze längst bekannt. Statt des Kellners brachte der Wirth, here Schimmlmeiet, Glas » und Flasche. »Berzeiben, uns ist im Augenblick der Ritdesbeimer ausgegangen; dürfte ich vielleicht einen vorzüglichen Mosel empfehlen? Sehr feine Marte." Er sdeutete auf die Etitette. i »Meinetwegen,« entschied der Gast ! mißmutbig, »aber doll ist es daß man hier nicht mal die gangbaren Weine y bekommt « l »Es wird gegenwärtig gar zu wenig verlangt.« entschuldigte sich der Wirth. »Was die Bürger sind, die Abends ’ne Stunde versprechen, die trinten nur Bier, und von answiirtz haben wir im Sommer nicht viel Zuspruch.« »Ich meine doch gehört zu haben. daß die Gutsbesitzer ·irn «Goldenen Lamm« verkehren. Wasil hielt sein Glas gegen das Licht, nahm prviifend einen kleinen Schluck und leerte es dann auf einen Zug. Der Wein war liibl und wirklich nicht schlecht. »Es wunbert mich, heute niemand anwe send zu finden; es ist verflucht lang weilig hist-' Obgleich diese Aeußerung entschie den keine Aufforderung enthielt, siihlte sich herr Schimmelmeier dadurch be wogen, seinem vornehmen Gast Gesell schast zu leisten und ihn zu unter halten. Den breiten Rücken gegen den Fen sterpseiler gelehnt, entgegnete er wohl gefällig »Es ist mal gerade ein Zufall, daß der Herr Baron keinen antreffen. Die Herrschaften beehren mich sonst im mer, sobald sie nach der Stadt korn men. Vorigen Dienstag war der Rammdorser herr da und gestern Vormittag der Glomiter. Der liesz so gar ausspannen nnd hat hier gestütz stiickt, toeil er sagt, solch gutes Wie ner Schnigel . . .' »Wie toeit isi es eigentlich nach Tanninten?« unterbrach Wasil pläts ltch. Er hatte sein Glas» von neuem gefüllt und leerte es hastig « Mach Tanninteni So etwa qu derthalb Stunden die Thauisee lang; wenn aber der Herr Baron den Feld Upcg fahre-« vek schneidet ein Since ab, da kann man in ’ner guten Stunde . . . « »Nicht doch,« lehnte Wasil gleich gültig ab. »ich frage nur, um mich itn allgemeinen in der Umgegend zu orien tiren." Aber der tedselige Wirth. dem gar nichts erwünschter sein konnte, als sich mit feiner genauen Kenntniß von Land und Leuten wichtig zu machen. fuhr eifrig zu erzählen fort: »Der alte herr Dittmer in Tannin ten. alles was recht ist, der ist hier der erfahrendste Landwirth im ganzen Kreise, von dem holt sich mancher ei nen guten Rath. Aeußerlich ist der Mann nicht gerad’ sehr ansehnlich, auch so in seiner Benehmung nur ein fach, aber dagegen die gnädige Frau höchst vornehm.« Wasil nickte zerstreut. »Eine Adlige, ein geborenes Fräu lein »von«, prahlte Schimmelmeier. »Ich erinnere mich, gehört zu haben. Eine Verwandte der Gräsin Wengk, was?« »Jawohl, eine richtige Nichte,'« er läuterte der andere. »Die gnädige Frau reist auch alle Augenblick nach Wenlitten; das ist schon so gut wie ihr Eigenthum. Nähere Erben sind nicht da, und wenn die alte Gräfin die Augen zumacht, sie ift schon iiber acht zig alt, dann fällt alles an die Tan ninker. Das heißt, die einzige Tochter vom Tanninker soll das ganze Vermö gen erben, wird erzählt; weil sie der Gräsin ihr Paienlind ist, hat die das fo bestimmt, heißt es.« »So, so.« —- Wasil lehnte sich scheinbar ermüdet zurück und gähnte. Indessen fuhr der Wirth fort, die Personalien der ganzen Umgegend und der Honoratioren des Städtchens zu erläutern, bis ihn der Dobrawitzer mit einer ungeduldigen Handbewegung unterbrach. »Wollen Sie wohl meinem Kutscher sagen, daß er oorfährt, Herr Schim melmeier?« ,,Sehr wohl, sogleich« Der dicke Wirth dienerte verblüfft und entfernte sich. Draußen brummte er vor sich hin: »Hochmiithiges Voll, alle mit einander, diese Adligent« und schnauzte den vorüber gehenden Kellner an, um seinem Aerger Luft zu machen. Wasil hatte sich, während er schein bar gleichgültig zuhörte, blisartig ein Gedanke bemächtigt. der seinen Ent schliisfen eine ganz andere Richtung gab. Wenn wirklich für Alice Ditt rner die Wenliiten Erbschaft in Aus sicht stand —— natürlich mußte man sich darüber noch genau informiren — dann verdiente der naioe Liebesbrief Vielleicht ernstliche Beachtung. Das Mödel war hübsch, anspruchs los, lentfarn, und wenn ihr der tolos fale Reichthum zufiel —- Waszczewsli hatte plötzlich wieder ein Gefühl war mer Zuneigung fiir Lich. Entschieden war dies nicht der schlimmste Weg, sich finanziell zu ran giren. Die angesammelten Hundert-; tausende der alten Griifin konnte Wa- H sil gut gebrauchen, in feiner hand sollten sie nicht nutzlos daliegen, son dern lustig ins Rollen kommen. Und wenn einmal geheirathet werden mußte — die Kleine gefiel ihm wirt lich ganz gut. Viel besser gestimmt als aus der hinsahrt. lehrte Baron Wasil nach Haufe zurück. Jn Tanninten standen frische Sträuße von Herbstslieder, Astern und dunkelrothen Ebereschen in allen Zim metn, die der niichiernen Ausstattung derselben ein freundlich gefälliges An sehen gaben. Frau Dittrner lonnte zwar abgeschnittene Blumen nicht lei den· ließ es jetzt aber doch geschehen, daß Mike täglich den Garten plpiin derte. Das Mädchen ging von früh bis spät voll siebethaster Ungeduld um her, sie erwartete Wasii. Vorgesiern hätte er schon lornrnen iönnen oder gestern· Was hielt ihn denn noch zu rück? Er wußte doch, er würde will lornrnen gehißen und sein Bräutchen ihrn jubelnd entgegensliegen. Damals, als die Mutter von Wen litten anlangte, ermüdet, til-gespannt und gereizt, hatte sich Lich laurn ge traut, von ihrer herzensgeschichte zu sprechen. Aber schon bei der ersten schüchternen Mittheilung zeigte sich Mama hoch erfreut und pries das Schicksal, das ihrem Kinde eine solche Partie bestimmte. Noch nie hatte Alire so sroh er regte, liebevolle Worte von ihrer Mut ter gehört. Dann verhandelten die Eltern lange untereinander. Das ängstlich an der Thür lau schende Mädchen konnte nur etwas wie »vornehmer Bewerber« »Nittergut«, »angesehene Familie« verstehen, wo raus Papa bescheidene Vorstellungen zu machen und zu widersprechen schien. Jedoch ersolglos. Frau Marie em vsand ei als eine persönliche Genug thuung, daß Alire den Adelstitel süh ren würde. den sie selbst einst hatte ablegen müssen herr von Wazzezewsli war von Stande, war Kavalier — und with rend sie diese Vorzüge als beste Bürg schast siir Alterns Zukunft pries, dachte sie nicht tm entserntesten daran, daß jedes ihrer Worte dem schlichten Manne weh that, der ihr nur sein redliches herz nnd seine unermüdltche Arbeäisrmdiglett hatte bieten titu M. Dittrners Einwendungen verstumm ten, und als Frau Marie daran er innerte, welches seltene Gliick es liber dirs wäre, Altce auch später in der Nähe zu behalten, da gab er nach, nicht überzeugt, doch überwunden. An einem der niichsten Bormittage war Licy im Garten und .sammelte Fallobst auf. Da sah sie aus der Landstraße eine wirbelnde Staubwolle näher und näher kommen, bald ließ sich ein leichter offener Jagdwagen er kennen und dann —- die zusammenge saßten Schürzenzipsel entglitten der Hand des Mädchens. Aepsel und Bir nen rollten ins Gras. n siiirmischern Laus eilte Alice dem ause zu. »Er kommt —- er tommtk Papa chen — Mutter!« Obgleich man längst den Besuch er wartet hatte, gab es nun hast und Verwirrung. Frau Ditttner, die aus dem Ballon saß und Strriimpse stopfte-, ließ schnell die Arbeit in die Tischschublade glei ten. Einem Stalljungen ries sie zu, er solle nach der Grummetwiese lau sen und em Herrn bestellen, er möchte sofort nach Hause kommen. Dann strich sie ordnend mitkder Hand über sihre ohnedies spiegelglatten Scheitel. Jm selben Augenblick rollte auch schon der Dobrawitzer Wagen in den Hos. Mit eleganter Bewegung sprang Wasil heraus, Lichts hörte ihn eine Frage an das herbeikommende Stu benmiidchen richten und deren Ant-; wort: »Der Herr ist aus’m Feld. aber ; ich werd’s die gnädige Frau melden.« ! Vor Lich’s Augen trat ein Flim-’ mern; sie hatte dem Liebsten entgegen eilen wollen und duckte sich nun ver schärnt in eine Baltonecke, zwischen das Blättergerant des wilden Weines. Frau Dittmer begrüßte Wasil an der Schwelle des Wohnzimmers, der in feiner ganzen bestechenden Siebens wiirdigkeit ihr entgegentrat. »Meine hochverebrte, anädigeFrau, Jnicht wahr, ich dort hoffen, daß Ih ;nen der Zweck meines Besuches nicht unbekannt ist? Sicher wissen Sie »durch Ihr Fräulein Tochter...'« lFortsetzung solgt.) Sonnensinsternlssstucstua. Siguenza, 80. August. Ungeheure Menschenmassen dräng ten sich heute Morgen im Ma drider SüdbahulzoL um die nach hier abgebenden Sonderziige zur Beobachtung der totalen Sonnensiml sterniß zu benutzen. Es war gera dezu ein lebensgesährliches Gedränge, und es wäre unmittelbar zu einer Katastrophe gekommen, wenn nicht die Behörden den weisen Be schluß gefaßt hätten, die Bahn verwaltung zu veranlassen, ihren aesammten Waaenpart, was nur tr aend davon dispanibel war, zur Ver fügung zu stellen. Die Sonnenjins sterniß hatte schließlich alle ubrigen Ereignisse in den Schatten gestellt. Povuliire Schriften, die zu Tausenden abaesetzt wurden, fliegende händler mit bunten Gläsern, die Presse durch lanae Abhandlungen u.s.w. hatten das ibriae aelban, um das Interesse aufs höchste zu steigern. Als nun heute Morgens der Himmel gutes Wetter versprach. da war kein- Halten mehr. und Tausende steömtem mit Körben voll Lebensmitteln und straf sen Weinschläuchen bewaffnet, dem Babnbose zu. Ader auch -die, welche szuriickbleiben mußten, wollten das ISchauspiel bestmsalichst genießen. ; und jeder suchte dasiir einen Platz zu lerlanaem was ja nicht schwer war, » da lich die Vorstellung in einem Thea ster abspielte. in dem alle Zuschauer seinen Sperrsitz in der ersten Reihe ein Inehrnen konnten. Bald waren Bal stane und Dächer von Tausenden in fröhlichster Stimmuna besetzt: wer iraend noch einen brauchbaren Witz iiber Sonne, Mond und Sterne aus Laaer hatte, schoß ihn las. Ja, man berichtet mir. daß einiae sich anaesichts der Unmöalichteit, die Totalitöt zu beobachten. damit trösteten, indem sie in« niarornantilchern Gewande und mit Phantasietelestovem vulao alten Ohne-Ihrem ausgerüstet als link-radi sirte Astroloaen allerhand Kurzweil trieben. Aber es war Scherzt In Wabrbeit dachte deute niemand mebr bei der Versinsteruna an veraanaenen Aberglauben! Auch hier in Siguenza .- ging es lustig ber. Schon am Babnbos wur den die Antonirnenden mit Musik ern pfanaen und die meisten häuser bat ten Coloaduras ausgebängt Aller dings befanden sich in unserem Luxus zua die Minister, soweit sie zur Zeit in Madrid weilten, während sich der Hos von San Sebastian aus nach Burgos begeben batte, wo er nicht so gutes Wetter tkas. Jn Burgos wur den, nebenbei gesagt« diesmal auch zum erstenmal Beobachtungen mit Hilfe von srei schwebenden, von der Heeresverwaltuna gestellten Lustbal lnos gemacht. Ueberbaupt trat, abge sehen von der Erforschung der nur bei totalen Sonnenfinsternissen sichtbaren Korona und damit der Konstitution des Sonnentörpers an und sitt sich, das Studium der meteorologischen und maanetischen Einwirlunaen, die er zweifeliobne aus unsere Erde aus übt, bei den diesmaligen Beobachtun aen mehr in den Vordergrund Von welch großer praktischer Bedeutung das Resultat dieser Ersorschunaen sein kann. braucht bier nicht näher ausgeführt zu werden. Ueber die Vertheilung der zahlreichen wissen schaftlichen Erveditionen, die aus der ganzen Welt nach Spanien gekommen waren, sei nur so viel aesuat, daß sich das Groi tn Burng und den Orten der Mittelmeerliiste befand. Daae n hatten die Mitglieder der sLich ternwarte. mit ausgezeichneten lJnstrumenten ausgerüstet, Uldama in Aragon als Standort ausersehen. i Sie wollten dort die nanze Umgebung » der Sonne bbotoarapbisch ausnehmen, lum, wenn möglich, den innerbalbdek TMerturbabn noch vermutbetenPtanes ten ausdie Spur zu kommen. Ve .sondere Soeltoarapben sollten dazu dienen, auch die Lage der eigentbitmi lieben bellen Linie in der Korona g nauer festzustellen, die einem aus r Erde noch unbekannten Element an .aeb«ort. dem man deshalb vorläufig den Namen Koronium gegeben bat. Um indeß wieder aus Siguenza zu rückzukommen, so gab es dort teine ’echten Astronomen, sondern nur im brovirsite, die mit aroszem Wort ichwall der Einfalt staunender Mit-, büraer die Vorgänge bei der Versin steruna so gut wie möglich auseinan dersetitem Natürlich war auch bei den Einivobnern von nichts anderem die Rede, als vondem bevorstehenden aroßen Himnielsereianiß, das jeder betrachten wollte. Alle alten Oel lamben der Rumpelkammer iamen plötzlich wieder zu Ehren. Jbr sonst unausstebliches Schwalken war un entbehrlich heute, um Glas zu schwär zen. Glbst kleine Kinder schrien um die Wette: »Mama, schwarz machen!« Sie meinten damit zwar die Gläser, allein in Wirklichkeit sahen sie selbst alsbald so aus wie lleine TeuTeL Ge aen Mittaa bildeten sich aus.allen Straßen und Plätzen Gruppen. und es wurde allaemein Feierabend ar macht. Und dann tam der große Auaenblick. wo die Versinsteruna be aan . Zuerst bemerkte das unbewani nete Auae nichts Unaewiibnliche5. Nur durch farbige Gläser tab man, wie sich die Sonnenscheibe allmäblich verkleinerte. Auch das Thermometer fiel langsam. Aber die helligkeit war unaetäbr dieselbe wie zuvor. Dann aber, als der Mond etwa die hälite des Tagesaestirns berdeckt batte, änderte sich auf einmal die Szencrir. Die Sonne verlor ihren Glanz und aleichzeitia beaann das sonst bewegte Leben der Natur zu stocken· Man sah, wie die Sinaviigel und Schwalben ängstlich flatternd ibre Nester aufsuchten, die Tauben ihren Schlaa und die hübner den Stall, wie Hunde und Rasen sich vertrochen. Die Schafe blöckten kläg lich. Die Pferde wurden unruhig und mußten aebalten werden und nur die Esel, die bekanntlich zu den kliiaiten Thieren aebören, zeigten keine beson dere Ausreauna. Es wurde mittler weile immer dunkler und die Sonnen sichel immer kleiner. Ein kalter Luft zua erhob sich und ein iabler Schein biillte nach und nach die Landschaft ein. Die Gesichter der Umstebenden nahmen eine bleiche Farbe an, als ob leistete aerade dem Grade entstiegen wären. Selbst die Blasirteiten, die in dem vollen Bewußtsein aekommen waren, einem nach festen. unabänder licken Gesetzen sich reaelnden Voraana beimwobnen, konnten sich einer ge wissen Beweauna nicht entziehen. und manch einem mag der Gedanke durch den Iton aeitieaen sein: was würde aus der Erde und ibren Bewohnern werden« wenn das Sonnenlicht nicht mebr wiederkehren würde. Gestein betrachtete ich den bis zu einem seinen Streifen zusammenge schrumdslen Sonnenrand, um den Moment nicht zu verpassen, wo sich die berühmten «Peilen'« zeigen mußten, anaeblich durch die letzten Sonnen strahlen, die sich noch durch die Tha ler der Mondesobersläche zu uns bin absteblen, hervorgerufen. Die meet würdiae Erscheinung schien allerdings nur siir den Bruchtheil einer Sekunde wabrnebinbar. Wöbrenddessen busch ten seltsame, wellenförmiae Schatten, deren Urspruna noch nicht erariindet ist, über die Erde hin. Gleich da raus, mit einein Schlan. befanden wir - uns in der Totalitiit der Versinstes runa. Der Anblick des Firmainents war unbeschreiblich aroßartia. Rings um die rabenschwarze Mondscheibe iiinaelteii aliiniende, seuriae Wollen, die Protuberaniem während sich wei terhin die hellen Strahlen der Korona wie ein wunderbaier silberner Heili enschein in das Aetherineer ergossen· . ablreickH Sterne, 3.B. Benult und Merkur, Reaulus und Arltur. tauch ten aus. Tieer Schweigen herrschte; Alle waren von dein arandiosen Schauspiel erarissen und standen re aunaslrW Dann begannen sich wie der die bbantastischen vaaen Schatten ilber den Baden zu schlänaelii und dann... dann schoß plötzlich wieder der erste blendende goldene Sonnen stralil zur Erde herunter, wo er mit Jubelaeschrei beariisit wurde. »Pen diia iea dir-si« riesen die auten Leute. Die hiibiie aus den Geliösten singen an zu traben, und es schien, als ob siir die Erde ein neuer Tag unbesche. Jch hatte. ossen aestanden, die Schil derunaen, die man mir von dem Phä nomeii aemacht, siir übertrieben ar balten,· aber ich musi ietzt Wiesen« dasi nichts Aehnlicbes beranreicht und der Eindruck unveraesilicki ist. Man alkiubt sich in unmittelbarein Kontalt mit den aiaantischen Krästeii des Kosmos und iliren siir das kleine Menschenbirii schier unsasibaren Wir kunaen. Mbae auch die Wissenschaft deute wieder einen Schritt vorwärts gethan haben! kJch bin stritter Probibitloniih Fremder,« saate der Mann aus Kan sas dein «durchreilendeii Tour-isten. ,.Aber,« erwiderte dieser. »so viel i hörte. ist bier die Probibition seine Probibitian.« »Nein, Fremder-. das ist sie nicht: ich dense. das ist Grund sen-at der Partei anzugrliörew«