Yerw Ring. KriminaLKoman von B Elster (2. FortsetungJ 4. K an i te l. Ja der That, Ferdinand hatte Wendetsen verlassen! Nicht aus immer, wie er anfangs im Sinn gehabt. son dern nur zu einem bestimmten Zroech nach dessen Erfüllung er in daher rnath zurückkehren wollte. Jn einem Briefe an den Pfarrer theilte er diesem seine Absicht mit. Der Brief lautete: » Mein theurer väterlicher Freund! I Ehe ich Wendessen, Sie und die lie ben Jhrigen für eine Zeit, derenj Dauer ich nicht bestimmen kann, vers I lasse, drängt es mich. Jhnen nochmals fiir alle die freundliche und trostreiche Theilnahme zu danken, welche Ste» mir in den letzten schweren Wochen erwiesen haben. Jch danke Ihnen und den Ihrigen von ganzem Herzen fur den Glauben an mich; wenn mich ein Gedanke in dieser furchtbaren Zeit aufrecht erhalten konnte, so war es der· daß die Besten, die Edelsten, die Frömmften der Menschen an meiner Unschuld nicht zweifelten. Dieser Ge danke legt mir aber auch eine Pflicht auf, die ich erfüllen muß, ehe ich wie der vor Sie und die Ihrigen treten sann, die Pflicht, meine Schalk-losm teii den Augen der ganzen Welt zu beweisen, damit nicht der Verdacht, der ietzt noch auf mir ruht, auch die tengen schädigt, welche treu und fest In mir gehalten haben. So verlasse ich Sie denn mit dem esten Entschluß, den Thäter zu sin n oder nie wieder zu Ihnen zurückzu kehren. Es ist eine schwere Aufgabe, welche nicht einmal die staatliche Po lizei, das Gericht mit all den Macht mitteln, welche ihnen zu Gebote stehen, lösen konnte. Ich hoffe sie dennoch zu lösen —- wie, das weiß ich nicht, aber ein unbestimmtes Gefühl leitet mich und diesem Gefühl werde ich folgen. —Leben Sie wohl. Jch gebe Ihnen keine Adresse an, da ich selbst nicht weist. wo ich bleibe. Oser gestanden, möchte ich auch durch Ihre gütigen Worte, die Sie mir unzweifelhaft senden würden, in meinem Vorhaben nicht wankend gemacht werden. Jch muß auch im Verborgenen bleiben, um so unbeobachteter und sicherer kann ich mein Ziel verfolgen. Also nochmals leben Sie wohl! Seien Sie und die Ihrigen herzlichst geariifii. Wann wir uns wieder sehen, steht in Gottes Hand, aber stets bleibe ich Jhnen bon ganzem Herzen dankbar und treu eraeben. Fetdinand Groller. Der Pfarrer schüttelte das araue haupt, als er diesen Brief im Kreise seiner Familie voraelesen, und auch die Frau Psarrin konnte nicht umhin. eine tleine mißbilliaende Miene aus zusehen. »Den Zweck ,den Ferdinand ver folgt,« sagte der Pfarrer nachdenklich, Jst ein löblich-er ——gerviß! Aber ich .qlaube, er hat einen ganz ungeeigne tenWea eingeschlagen. Er wird dem Gespräch der Leute durch seine geheim nisvolle-Abwesenheit nur neuen Stoff eben, hörte ich doch heute schon die Tchöndtiche Muthrnaßung aussprechen-, aß er mit Berthas Wülldrandt ins qeheim ein Verhältnis unterhalten habe. Ich bin diesem Klatsch mit aller Energie und Entrüstung entge qenaetretem indem ich betonte, daß Fräulein Wüllbrandt heute Wendessen verlassen habe. FerdinanW Abreise an demselben Tage — das Geheim nis, mit dem er seine Reise umhüllt, eben natürlich diesem Gerede neue aber-am Er hat sehr unvorsichtig gehandelt« Mit blossen Wangen, zagendem Zerzen und angstvoll aus den Vater qerichtetenAuaen saß Käthe da. Diese sluchtabnliche Abreise Ferdinand’g hatte ihr den Muth genommen, von der Benennung am Grabe Franz Grollers zu sprechen. Die Worte Bertba Wüllbrandts sagten an ihrer Seele: »nur Deinet willen mußte er sterben — weil er Dich liebte —« lag der Schluß da uLch nahe, daß derjenige die Hand seyen ihn erhoben, der sie ebenfalls Lichte? Und war dieser eine nicht Fer Iinand, der Bruder des Erschlage nen? Hatte nicht schon ost die Liebe In einem Mädchen in Brüdern tödt lichen Haß erzeugt? Und nun seine plötzliche Flucht — sein geheimnißvolles Verschwinden? Ihr fchwindelte —- sie wußte nicht mehr, was sie denken sollte, und brachte das Geständniß der Begeg nungf am Grabe nicht iiber die Lippen. Konnte dieses Geständnis ihm. der sie noch immer liebte, nicht zum Verder ben gereichen? Wenn er dennoch schul dig war, so mußten andere seine Schuld ans Tageslicht bringen, sie solt- weniasteni nicht freiwillig die · » nddazu bieten. Wenn er aber un kviq war, dann wiirde seine Un ! das-Toben ihr Zutbun klar ge M Mir Gedankengang war vielleicht Ittch ganz Wich. Aber sie war so stiften-d in Unschuld und barm eit ernstem sie aiaubte so In den gerechten, akigittiaen, all W Gott das He einerseits jeder " It ans-Schuld und Blinde, jede « » mit den Rachtseiten des M und ver-irrte- und daß sie andererseits der festen Ueber zeuguna war, Gott werde-helfen und Alles zum Besten wenden. Dennoch erzählte sie, daß sie Bertha Wüllbrandt am Grabe Franz Grol lers getroffen und daß diese wirre und unverständliche Worte gesprochen. Der Pfarrer runzelte die Stirn. »Mir schien bereits öfter,«« sagte er ernst, »daß das Mädchen unglücklich oder nicht recht bei Sinnen war. Jch habe rnit ihr zuweilen gesprochen, ich habe versucht, ihr Vertrauen zu - minnen, sie hat mich schroff, fast hoh Uisch zurückgewiesen Sie will iein Vertrauen geben und nehmen, lassen wir die Unglückliche ihren Weg gehen und Gott möge ihr helfen« Er schnitt jede weitere Erörterung ab. indem er sich erhob und in sein Arbeitszimmer gina. Käthe aber be saß nicht den Muth, ihm zu folgen, wie Raben umslatterteni die schwarzen Gedanken ihre Seele. von der die freu dige Gewißheit, die hoffnungssrohe Thatlrast, welche sie heute Morgen bewegt, gewichen waren. Der Zweifel schloß ihr die Lippen und machte sie muthlos. —anwischen führte der eilende Schnellzug Indi nand Groller durch Nacht und Nebel nach Berlin. Während der Fahrt er wog er, welche Maßregeln er ergrei fen wollte. Mit einem bestimmten » Ziel vor Augen war die alte Thatkrast ; seines Charakters wieder erwacht, die sihm geholfen hatte, in harter Arbeit ! das start heruntergelonnnene elterliche IGut wieder in blühenden Zustand zu i vresetren ? Sein Vater war kein Landwirth Tgewesem als pensionirter Rittmeister Jhatte er das Gut übernommen. Er liebte ein behagliches, bequemes Leben, feine Gattin, uus vornehmer Familie jstarnmend, herzensgut, aber allzu le JbensfreudiHL war ebenfalls nicht ge jeigneh sparsam zu wirthfchaften, und : so war es gekommen, daß Ferdinand Idas elterliche Gut start verschuldet Hübernoinmem während Franz, sein )jiingerer Bruder, ein abenteuerliches »Leben in Amerika führt«-nachdem er ’ im alten Vaterlande als junger Offi zier Schiffbruch gelitten. Durch eisernen Fleiß und Thattraft arbeitete sich Ferdinand empor, und als Franz eines Tages aus der Ferne heimkehrte, saß Ferdinand fest und gesichert auf dem väterlichen ErbtheiL während Franz durch kaufmännische Geschäfte ein Vermögen erworben zu haben schien. Schien —- denn klare Auskunft gab Franz nicht. Er handelte mit Juwe len und Brillanten. Er machte weite Reisen nach London, Antwerpen, Pa ris und führte im Uebrigen ein freies Junggesellenleben in Berlin, wo er seinen ständigen Wohnsitz aufgeschla gen hatte. Er schien über große Mit tel zu verfügen. er bot Ferdinand seine Hülfe an, die dieser in einfachem Stolz auf seine Arbeitskraft zurück wies. Jedes Jahr tam Franz einige Wo chen nach Wendesfen, um dort der Jagd obzuliegen So war er auch die ses Jahr gekommen und während die ses Besuches war das Schreckliche ge schehen. Eines Abends war er auf den Anstand in den Wald gegangen und nicht wieder zurückgekehrt —-—am anderen Tage fand man ihn erschossen im Walde. Die Kugel eines Revolvers —- eines «Armee-Revolvers« hatte ihm das Herz durchbohrt. Ein Selbst mord war ausaeschlofsen. man fand den Revolver nicht vor: feine Doppel flinte, mit Rebpoften geladen, der eine Lauf abgeschosfen. lag neben ihm. Auch eine Unvorsichtiateit, ein Zufall lag nicht vor: ein anderer mußte ihn erschaffen haben. Das waren die äußeren Umstände der Ihat, welche sich Ferdinand wäh rend der einsamen Nachtfahrt wieder in das Gedächtnis-, ruriirlrief. Die äußeren Umstände welche keine Erklä runa der That aeben lonnten. Was wollte er in Berlin? —- Der Gerichtshof, welcher die That abgene theilt und das freisprechende Erkennt niß gefällt, hatte in der Provinzial baudtstadt stattgefunden. Aber ein Berliner Anwalt hatte Ferdinands Vertheidiauna aefiihrnt. Der Berliner Anwalt war auch zum Verwalter des Naslklasses seines Bruders ernannt worden und vor einiaen Taan hatte Ferdinand ein Schreiben des Anwalts erhalten« er möae nach Berlin kom men, um als Erbe seines Bruders Nachlaß in Empfang zu nehmen. Da war der Gedanle durch seine Seele aeblitzt: sollten sich in diesem Nachlaß nicht Spuren finden, welche die blutige That erklärten? Freilich hatte das Gericht diesen Nachlaß schon durchforfcht, aber der Untersuchunaörichter kannte das in nere Leben des Todten nicht, er lachte nur nach äußeren Spuren. Ferdinand aber wußte mehr von dem Leben lei nes Bruders, der then in froher Wein laune oft von den Abenteuern seiner Reisen erzählt hatte. Dieser Gedanke verfolgte ihn unab läfsiax n ließ ihm keine Ruhe, erzog ihn mit unwiderstehlicher Macht fort, er bot ihm wieder einen Lebenszwech « ein Ziel. durch das er Ruhe Inderiede nieder seist-neu konnte. In Wendesien fand er keine Rude. Seie friibere Beschäftigung widerte ibn an; den Verdacht, den ers in den Blicken, in den Worten, in den Bewe gungen aller Menschen zu liefen glaub te, machten ibtn das Leben in Wend effen unerträglich — et wollte das Gut verkaufen, die Worte des Pfar rers zeigten ian daß er dadurch nur den Verdachtbestärten würde, er gab diefen Plan auf, um sich dafür an den anderen Plan zu klammern. den Mör der seines Bruders zu entdecken Das follte fortan das Ziel seines Lebens fein! So teifte er ab—plötzlicb, flucht äbnlich. Er wo,te frei fein, er wollte nur feinem Ziele leben, er wollte un beeinflußt bleiben. deshalb verbarg er sich selbst vor feinem tbeuerfien Freunde. Die Wirtbfchaft war in guten Hän den. Sein Verwalter war ein rauher, argwöbnifcher, aber ehrlicher, einfacher Mann, der mit kurzen Worten den Plan feines Herrn, auf einige Zeit zu verteilen, gutdieß. Man lab es dem Mann an. daß er aufatbmete, als sein Herr, der in einem solchen furchtbaren Verdacht stand, abreifte. »Wenn Sie uns etwas mitzutheilen haben, schicken Sie Jbre Briefe an den Justizrath Berner in Berlin,« sagte Ferdinand beim Abschied zum Ber waltet. »Dorthin gehen auch alle Ab rechnungen und geschäftlichen Mitthei lungen. Adieu ...« Der Verwalter sand es kaum der Mühe werth, den Abschiedsgruß zu eriwdern. Ferdinand achtete nicht daraus. er sprang in den bereitsiehew den Wagen und fuhr Casch davon In der Nacht kam er in Berlin an. Am anderen Morgen ließ er sich von dem Bureauvorsteher des Justizraths den Schlüssel zur Wohnung des ver storbenen Bruders geben und eilte dorthin. Tief ausathmend trat er in das Zimmer, welches feinem Bruder zum Wohngemach gedient hatte, während Fiebänan das Schlaszimmer sich he an . Die Wohnung war noch in demsel ben Zustand. wie sie sein Inhaber ver lasen. Alles, was sich in ihr besond, gehörte ihm und war ietzt das Eigen thum Ferdinands geworden. Die Ein richtung war reich und geschmackvollz man sah es ihr an. das; ihr Besitzer den Luxus, das Wohlleben liebte. Aber die schweren Portieren, Vor hänge, Teppiche und Volstermiibel waren verstaubt, an den Fischen. Schränien, Kommt-den und Bildern lag eine dicke Staubschicht. unordent lich stand und lag alles durch- und übereinander; nach der gerichtlichen Haussuchung und Durchsorschung der Sachen hatte seine ordnende Hand mehr gewaltet. Die Werthsachen hatte der Justizraib in sichere Verwahrung genommen, die Thüren der Wohnung und der Schränle waren dann ver siegelt, bis sie sich jetzt dem berechtig ten Erben öffneten. Der hauswirth war sroh,das Fer dinand Groller endlich kam, um die Wohnung srei zu geben. Nach einigen kurzen sachlichen Worten empfahl sich der Wirth, Ferdinand war allein. Er blickte sich unsicher um« Wo sollte er beginnen zu suchen? Wo sollte er die Spur finden, die ihn Dur Enthüllung des Geheimnisses führen sollte? Dort lagen die Kleidungsstiicte des Verstorbenen aus einem Hausen. Dort der Tisch und Bücherschrant waren mit Büchern und Schriften bedeckt Aus dein großen Schreibtisch lagen Pariere, Rechnungen, Geschäftsbücher, Briefe —alles bedeckt von einer grauen , Staubschicht. In der mittleren Schublade des Diolomatenschreidtisches stat der Schlüssel. Ein Sonnenstrahl, der durch die nur leicht geschlossenen Fen stervorhänge fiel, blintte auf den Schlüssel. Ferdinands Auge blieb unwillkürlich aus diesem kleinen, blin ienden Stück Metall haften. Hir wollte er beginnen zu suchen! Wenn ein Mensch Geheimnisse hat, so verbirgt er sie aeineinigiich in den ge heimften Schubfiichern seines Schreib tisches. Ferdinand wußte es aus eige ner Ersahruna, weliten doch auch die Blumen, welche Käthe ihm dann und wann aeschentt. in dein Geheimech seines Schreibtisches. das zugleich das Bild des geiiebten Mädchens barg. Er trat an den Schreidtisch und zog das Fach heraus. Eine Menge alter Papiere, Briefe, Rechnungen, Bilder und dergleichen mehr, auhllen ihm entgegen. Dazwischen lagen kleine Kästchen, in denen Juwelen und an dere Schmucksachen aufbewahrt zu werden pflegen. Aber sie waren leer. Vielleicht sollten sie gelegentlich deniikt werden« vielleicht hatte der Justizrah ihnen den kostbaren Inhalt entnom men, um ihn an einem sicheren Ort aufzuhewahren Dennoch wühlte Ferdinand in dein Inhalt des Schubfaches, anfangs planlos. aufgeregt, willkürlich, dann ruhiger und systematisch, indem er jedes Papier rasch durchstog und jedes Kästchen öffnete. Es ist ein trauriges Geschäft in den Papieren eines Verstorbenen zu lesen, der so ist«-Mich und auf so schreckliche Weise aus dein Leben geschieden. Eine sichtende, vorsichtigehand hat da die Geheimniise, die jedes Menschen Leben birgt. nicht vernichtet oder verhüllt. Mit brutaler Offenheit tritt einem dieses verstoisene Leben gegenüber — alle die kleinen Schwächen, alle die Hofsnunaeiy alle die Enttiiuschungen, alle Gefühle, alle Empfindungen, die mit raschem Pulsschlaa das nun er ialtete Leben durchströniiem Wie oft lernt man erst aus solchem nwordneten Rachtahdas 1.sehen eines f l ;Menschen recht kennen! Wie oft erfiibrt Hman aus solchem Nachlaß. daß man Jsich in einem Menschen —sei es nach : der guten oder der schlechten Seite hin J — getäuscht hat. » Auch Ferdinand ergina es fo. Ent Irnuthtqt, bestürzt. beschämt hielt erin seiner Arbeit inne. hatte er den Bru der bislana nur ftir einen etwas leicht sitmtnem lebensfrobem aber durchaus frechtlichen Charakter gehalten, fo mußte er jetzt erkennen, daß der Vet . storbene ein vornebmes Leben gfiilirt, daß lichtfertige Weiber, Spiel und —Wucheraeschäfte sein Leben ausge j füllt hatten. ’ Ein tiefer Schmerz erfaßte ihn. Er· reute es, diesen ganzen Nachlaß nicht ungesehen dem Feuer übergeben zu haben. Er wollte nicht weiter eindrin- · san in diese Gebeirnnifse des Todtenu ! Er wollte das Schubfach wieder schlie l ßen. itaend ein Gegenstand hatte sich zwischen das Fach und die Tischplatte )aetlemmt, er suchte dieer Hindernis Hu entfernen und zog ein kleines ro j tbes Etuis hervor, in dem Ringe auf j bewahrt werden. Auf dem Etuis wa lten in Golddruck zwei engverschlun zgene Hände anaebracht. j Mechanifch öffnete er das Kästchen Hund seine Auaen blieben auf einem »Nim( aus Silber haften, der ebenfalls :3wei verschlungene Hände darstellte. Iveriiert durch einen blutroth funkeln J den Rubinen. f Ferdinands Augen wurden starr — Desine Geisterblösfe bedeckte feine Wan qun——er zitterte —- plötzlich ließ er I den Rina fallen und sprang emvor — Hein Aechzen entrang sich seiner Brust. — i 5. K a p i t e l. - I Juftizratb Berner faß in seinem iBnreau und ftudirte umfangreiche Atten. Der Juftizrath war ein viel laesuchter Anwalt, feine Reden vor Gericht waren berühmt feine Schnei-v diateit als Vertheidiaer brachte ihn lfoaar öfter in Konflikt mit dem jStaatsanwalt oder dem Borsißenden des Gerichts, und an feiner fcharf isinniaen und glänzenden Beredtfam Iteit bildeten sich die junaen Juristen. ISeit Jahren beschäftigte er sich nicht Emehr mit Kleinigkeiten, die er groß IMüthia einem jüngeren befreundeten Kollegen überließ Senfationelle iBant odr Familien-Prozesse waren i das Feld, auf dem er feine Lorbeeren l und reiche Einnahmen erntete. ! Seine Erscheinung glich der eines IGelebrten oder eines höheren Geist lichn; stets in tadelloses Schwarz ge ;tleidet, mit der stereotypen weißen Krabatte, dem korrekten, ruhigen We sen, hätte man ihn für einen Hoffm diaer halten können, wenn nicht das sartasiifche Lächeln des Mundes und der tluae und scharf beobachtende Blick seiner arauen Auaen aewefen wäre« welchen eine scharfe Brille noch ver s stärtte. « Eine Zeit lana las der Justizrath in den Atten. ohne fonderliches Jn teresse zu zeiaen Schließlich lehnte er sich aelanaweilt iuriieL aiihnie ein we nia und nahm feine Brille ab, die er ;mit läfsiaer Bewegung mit seinem J Tafchentuch putzte I Ein leises Klopfen an der Thiir ließ Iihn aufschauen. Auf feinen Ruf trat I der erfte Bureauvarfteber herein. ? »Entfchuldiaen here Justizrath die -Stiiruna,« sagte dieser. »Ich weiß dass der here Juftirratb betchiiftiat jsind, aber here Groller ließ sich nicht !abweifen.« j Was will denn der Herr nochi Ich dente Sie haben Alles mit erlediati IDer Werthnachlafk seines Bruders be jfindet sich im Debat der Deutschen Bank und Sie haben ihm doch den De potschein und den Gerichtöbeschluß ge ;aeben?« I «Allerdinaö, here Justizratb Aber( There Groller möchte Sie persönlichi sprechen." » «Lassen Sie den Herrn eintreten. . Diese Alten können warten, es ift ein junintereisanter Fall nnd ich bin noch! nigrt schlüftia ob ich die Sache über-z ne me." ; Der Bureauvorsteber entfernte sich und nach weniaen Auaenblicken trat Ferdinand in das Allerheiliaste des ; berühmten Anwalts. Ferdinandö blasses, übernächtiaes Gesicht zeigte eine finstere Entschlos Iienbeit Mit beimlichem Erstaunen beobachtete ihn der Justizratb, dessen Menschentenntniß ihm verrietb, daß Ferdinand ibm eine wichtige Mittbeb luna zu machen dabe. Aber rubia lächelnd streckte er ihm die feine weiße Hand entgegen. »Gu ten Tag, mein lieber Herr Grollen was führt Sie zu miri Jst etwas bei der Nachlaßiisberaabe nicht in Ord nunai« »Ja, hetr Justiztatb« —- itieß Fet binand der rov——— .es ist etwas nicht in Ordnuna!« «Ab... icb tann mich doch lonft fut. meinen Bureaudorfteber verlas en.« «Es handelt sich nicbt um den Nach laßielbii —er befindet sich in bester Ordnuna. Aber, Herr Justizratb ich babe eine Entdeckung gemacht —eine Spur —- einen Verdacht . . .« Der Anwalt wurde aufmerksam ,,Sie sind erregt. lieber Herr Grol ler,« laate er· Nehmen Sie Platz-— erzählen Sie in aller Rubr. CineSvur baben Sie entdeckt. taaen Sie! Eine Spur des Mörderö Jbreö armen Bruders? Ei, das wäre seltsam, nach dem die Kriminaldolizei. das Unter tuchunasgericht. wir selbst. lieber Freund. nichts entdecken lonnten·« »den Justizratb —- Sie saaten mir einmal im Laute des Prozesse-: «cher che- la femme« . . .« Der Anwalt sachte leicht anf. Mich tiai Bei lata-en arbeimnißdallen Bot w-, i. . ’"I sfsllen ist stets eine Frau betheiligtz silber, bester herr Groller, breFram ;a.ii Gattnnasbearifß bat im Leben IIbres Bruders eine solch bedeutende Roll gespielt« baß es unmdglrch ist« die richtige berauszzifinben Sie wri itzu Mbe- baß nach dieser Richtung bin bie einsebenbsten Nachsorichuvgm Musik-It wurden —obne Neinltat.« « »Ich weiß es — nnd doch bin ich ietzt überzeuat, daß eine Frau beibri liat ist.« » »Ich theile Jbre Ueberzeugung, aber es banbelt sich darum, diese Frau zu finden.« »Ich habe sie aesunden!« »Alle Wetter! Das wäre ja sehr in teressant! Wollen Sie mir das Nähere mittheilen7« »Ja —deöbalb tarn ich ber. —Se den Sie biet! ——Was ist das?« Er reichte dem Anwalt das tleine Etuis rnit dem seltsam geformten Rina. Der Justizratb besah das Kästchen von allen Seiten. Dann saate er lächelnd: »Ein sehr schönes Etuis mit einem seltsam aeformten Ring . . .'« »Ja. aber bemerken Sie nicht noch etwas?« »Einen prächtiaen Rubin und einen Einfchnitt in dem Polster des Käst chen-Z, in dem noch ein zweiter Ring gesteckt haben muß.« »Gut. Und böchst wahrscheinlich" » ist dieser zweite Ring ebenso geformt gewesen« wie der noch vorhandene. ; Denn in diesem Ring befindet sich eine ;Jnschrift: »Verbunden aus ewig in ; Leben und Treue« .«« Das läßt da ’ raus schließen, daß die beiden Ringe angefertigt wurden zur Besiegelung eines Liebesbiindnisses und jeder der zbeiden Liebenden einen Ring rbielt.« »Ich kann mich der Richtigkeit Ihrer i Schlüsse nicht entziehen. Aber ich sehe » nicht ein« inwiefern das mit dem Tode ijkes Bruders in Verbindung steht. Ihr Bruder bat verschiedene Liebes . verhältnisse gehabt. Es käme vor Al lem darauf an, die Besitzerin des szeiten Ringes zu finden. Aber auch Jdas wäre tein Beweis. Jbr Bruder ’hat viele Ringe verschentt.« » »Die Besitzerin des zweiten Ringes : ist gesunden!« »Ah-die Sache wird immer in teressanten eWr ist die Dame?« nFräulein Bertba Wiillbrandt...« »Wie TJdre Wirtbschasterin, weiche so sehr zu Jbren Gunsten aussagte?« » a—dieselbe. Sie bat einigeTage nach meiner Rücktritt nach Wendessen um ibren Abschied, den ich ihr sofort ertbeikte. Als sie mir die Hand zum Abschied reichte. wobei sie seltsam be wegt war, bemerkte ich an ibrer Hand einen Rings-den gleichen Ring, wie Sie solchen ietzt vor sich sehen.« »Hm, können Sie sich nicht getäuscht babens« »Nein-die Form des Ringes, der blutrotbe Rubin fielen mir sofort auf. Ich batte den Ring noch nie an ihr bemertt -—als rnir beim Ordnen des Nachiasseö dann dieser Ring in die Hände fiel, erkannte ich ibn sofort wie er.« i »Das ist allerdinas seltsam. Aber· Jhr Bruder hatte die nicht iehr löb liche Gewohnheit, ieine Liebesbriefe auftubelvahrem haben Sie in den Brieer feinen von Fräulein Wäll brandt gefunden? Ich entsinne mich nicht, daß das Gericht einen Brief des Fräuleins gefunden hat« . ." »Das ist das Merkwürdigftri Jch habe alle Briefe durchgesehen, ich fand teinen Brief des Mädchens.« «Seltiam, in der That! Aber wo rauf gründen Sie Ihren Verdacht, daß «enes Mädchen mit der That in Ver indung fteht?« »Auf diese beiden Ringe und auf die Mittheilung des Pfarrers Voll mar, daß er meinen Bruder und Ber tha Wüllbrandt einige Male auf ein samen Wegen aesehen, so daher an nimmt, mein Bruder habe zu dem Mädchen in Beziehunaen gefianden.« »Der Herr Pfarrer hat während der Untersuchuna schon diesen Verdacht aeäußert. Wie Sie wissen, ist eFräu lein Witllbrandt danach gefragt wor den, fie bestritt durchaus nähere Be ziehungen zu Ihrem Bruder ghabt zu haben. Da keinerlei weitere Beweise vorlagen, im Gegentheil Fräulein »Willlbrandt als durchaus moralischer Charakter gelten konnte, ließ man idtese Sache fallen. Aber ich bin miß Htrauisch -—ich alaube an nichts und »ein Alles — und weiie deshalb auch Ihren Verdacht nicht von der hand. Lafsen Sie uns jedoch, ehe wir weiter gehen. die Thatiachen in das Gedächt niß rurilckruferu Mir stehen Sie noch deutlich in der Erinnerung — Also —Jhr Bruder tam in diefem Som mer, wie jedes Jahr, am ersten Juni zu Ihnen zum Besuch. Er war lustig und auter Dinge, wie immer. Sie beide verkehrten sehr anaenehm mit einander, Grund zu Streitigteiten lag nicht vor.« »Gewiß nicht. Mein Bruder bot mir sogar ein unverzinsliches Dar lehen an.« t «Welcheö Anerbieten Sie ablehn en.« »Ja —- ich glaubte ohne dasselbe austommen zu tsnnen.« »Gut. Das Alles wissen wir. Wir witsen auch, daß Jhr Bruder oft auf die Jagd ging. Er streifte viel allein im Walde umher. Am 15. Juli wollte er Abends auf den Anstand gehen: Sie begleiteten ihn durch den Pakt bis zum Saum des Waldes, daraus tehrten Sie in das Baue zurück· Sie sahen Ihren Bruder lebend nicht wie der. Als Sie am anderen Morgen auf anden, wurde Ihnen gemeldet, das hr Bruder noch nicht zurttagetehr ei, Sie warteten bis Mittag, da Sie tneelet set-entriß hegten. Dann suchten Sie nach ihm, schickten einige Leute aut, welche die Leiche M Bruders im Walde fanden.« »Ja, so war et.« »Ihr Bruder war erschaffen. —Zu erit alaubte man an einen Ser ord oder an einen Unfall. Die n deren Umstände ergaben. das diese Anna nttch aufrecht zu erhalten war Plati. auf dem Ihr Bruder auf dem Anftande gesessen, zei te Spuren von einem leichten Kamd . Der Fa d ftock, auf dem Ihr Bruder ge e en, ftat noch in der Erde, er selbst laa neben diefem Jaadstoch das Gewehr-, mit einem abgeschosfenen Lauf, der mti Rebvoften aetaden gewesen war neben ihm. Er war mit einem Ar mee-Revolver erschossen. Einen solchen Revolver befaßen auch Sie. da Sie KavallerieMeferveoffizier sind. Dann fand man Eindrücke am Boden, als habe Jemand neben dem Erschossenen aetniet, vielleicht sich über ihn gebeugt, um zu sehen, ob er todt fei. Fußspuren leiteten in den Wald hinein, doch der feuchte Moosboden ließ keine deutliche Spur ertennen. ——— Habe ich die Umstände der That rich tig daraeftellt?" »Ja — volllommen." »Lassen Sie weiter sehen Man ver muthete, daß Wilddiebe ibn erschaf fen. Aber es war tein Wilddieb in der aanzen Umaeaend zu entdecken, auä war es febr unwahrfcheinlich. daßsi ein Wilddieb so nab bei Ihrem Hause berumtreiben sollte. Kurz, der Ver dacht mußte fallen gelassen werden. Es wurde nach anderen Verdachtiaen aeforicht, —- der Mord ionnte aus Rache, im Streit. oder um den Tod ten zu berauben. da er stets Wettb fcchen bei sich führte, vollbracht sein. Es wurde nichts gefunden. Jbr Bru der war bei Jhren Leuten und den Torfbewobnern sehr beliebt, er that manches Gute und schenkte reichlich. Ein Liebesverbältniß unterhielt er in Wendessen —- so weit wir wenigstens wissen —auch nicht. Ein Naubmord laa nicht vor, denn die mit einer aris ßeren Summe gefüllte Börse fand sich bei dem Todten, ebenso feineUbr und seine Rinae. Ein eufiillia entstandener Streit wäre möglich: aber man ermit telte Niemanden. der an jenem Abend im Walde aewefen war. Da fiel der Verdacht auf Sie, da Sie der einzige Mensch waren, welcher Vortbeil von dem Tode Jbres Bruders hatte· . . Sie waren sein Erbe. und man wußte, daß Ihre Verhältnisse nicht allzu glänzend waren« sFortsetiuna folgt.) -,-s’ — Das verlemeedete sterdetlelteth Es steht noch immer und überall so, daß fast jeder, dem man zumutden würde, Pferdesleisch zu essen, nicht weniger empört darüber sein würde. als wenn man ihm ein faules Ei oder dergleichen vorgesetzt hätte. Jn Berlin sind zwar während der letten Jahre Versuche gemacht worden. dies Vorurtheil zu bekämpfen und die Cszbarleit oder vielmehr sogar die Schmackhastiateit des Pferdefleischeb durch Veranstaltung öffentlicher Madlzeiten praktisch zu beweisen, aber man kann vorläufia nicht sagen, das die alte Abneigung aeaen das Pferde fleisch dadurch in weiteren Kreisen er schüttert wäre. Jetzt bricht Dr. Luerssen aus Kö niasbera in den Blättern für Voll - aesundheitspfleae eine neue Lanze f r das aeächtete Nahrungsmittel und weist zunächst historisch nach, wie das Pferdefleisch zu einem schlechten Ruf aetommen ist. Die alten Deutschen schätzten das Ronfleisch als Nahrung sebr hoch, verbanden jedoch mit dem Schlachten der Pferde auch Opfer an ihre Götter. Deshalb tarn später in christlicher Zeit das Pferdeopfer in den Geruch einer beidnischen Sitte. Seitdem hat das Pferdefleisch bei den christlichen Völlern als »urrein' und damit auch als unaenieszbar gegolten. Die Roßschlächterei ist dann erst im 19. Jahrhundert allmählich zu einem Gewerbe aeworden. namentlich nach dem 1825 eine französische Kommis sion und später der berlibmte Natur forscher Geoffrov St. Hilaire den Ge nuß von Pferdefleisch als einem durchaus einwandsreien Nahrungs mittel, empfohlen hatten. Bei asiati schen und amerikanische-i Nornadew vältern binaeaen ist es nie außer Gunst aetommen. Die Zuträglichieit des Pserdeskeis sches fitr den Menschen ist von wis ienichastlicher Seite nie bezweifelt worden. Ein grosser Vortheil liegt darin. daß es teine Zinnen Trichinen oder ähnliche gefährliche Schmaroher enthält. Der Preis ist verhältnismä ßig sehr niedrig. Thatsiichiich wird es ja bereits in großen Mengen ge gessen. wurden doch im Jahre 1903 in Preußen allein 77,282 Pferde e schlachtet. Leider geschieht der - nuß vielfach, vielleicht sogar in den meisten Fällen, unbewußt aus dem Wege des Betruges. Der Nahrungs mittelchemiter kann Pserdeileisch al lerdings immer leicht von anderem Fleisch unterscheiden, nicht lo aber der Laie, besonders wenn es durch kleine . Kunstarisse hindurch gegangen ist. Ein anderer Theil wird bewußt von armen Leuten aeaeiien. und da stellt sich wohl ost mit der Noth auch der Geschmack ein, wenn auch meistStill ichweiaen daritber beachtet wird, um dem Spott oder der Verachtung zu entaehen Die Liebe zum Gelde der Anderen ist die Wurzel alles Uebels. . i i s Wenn ein Autor durchsiillh ist das ubltlunliI iein E«7ikitös;sigiez Uneeä er': a er r o g, o es «iissentlirhe Mel-want «