Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Oct. 6, 1905)
Yeöraska Staats-Anzeigrr Und Yerold J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island Nebr» 6. Oktober 190) (Zwe1terThetl) Jahrgang 26 No 6 So schön —- — So schön hab' ich die-Welt noch nie gesehm — Als wenn nach Stürmen und Gewit · terregen. Ein hauch erquickend durch die Lüste MUS- — Wenn’s dann an Laub und Gras wie Perlen hing, Und wenn die Sonne durch die Wol ken brach — Jn ihrem Strahlenglanz die Weite » lag. —- . So schön sah’ ich das Menschenauge nie, — Als wenn nach langer Nacht, — nach tiefem Leide Jn letzten Thränen spiegelte dieFreude Und so dem Auge Himmelsglanz ver lieh! — W Jn den Sternen. Novellette von F r a nz W i cl) m a n n Der Tisch war sauber gedeckt, die Lampe angezündet, das Zimmer he haglich durchwärmt, wie es ein ge miithlicher Abend fordert. Jm Gefühl der wohlthuenden Befriedigung al les fertig zu haben, läßt sich Lilli Liebhardt aus dem Sosa nieder. Draußen in der Küche wartet Ar noldg Lieblingsgericht, Tomaten suppe und Ochsenzunge mit Cham pignonsaucr. Er kann nicht ahnen, heute damit überrascht zu werden. Das Bier soll Babette erst aus dem Keller holen, wenn er kommt, und et hat ja versprochen, heute gleich nach Bureauschluß, pünktlich um 7 Uhr, in sein. Eben schlägt es. Die junge Frau springt auf und schaut noch einmal in der Küche nach. Es ist alles in Ord nung, auch die Teller sind gewärmt. Babette kann sie hereintragen. Wie der aus ihrem gewohnten Eckplatz im Svpha nimmt sie die Zeitung zur hand. ,,-Vielleicht findet man uner wartet eine Verlobungsanzeige von Bekannten. Das interessirt sie mehr, als die langweilige Politik und das gelehrte Feuilleton. Doch die rechte Ruhe zum Suchen fehlt. Jetzt müßte er doch dasein. Zehn Minuten nach sieben. Nein, es schlägt ja bereits ein Viertel. Das Zeitungsblatt wird bei seite geworfen, Ungeduld und Span nung lassen sie nicht mehr lesen. Sie horcht nach der Treppe, aber tein Schritt ist zu vernehmen. Die Minu ten dehnen sich endlos lang. Jetzt ist es halb und die Teller sind längst wie der talt geworden. Geschieht ihm schon recht, denkt Lilli, noch einmal lasse ich sie nicht wärmen. Wo er nur bleibt! Vielleicht eine unerwartete lrbeit oder ein geschwäyiger Betonu ter, der ihm aus der Straße begegnet. Es ist alles möglich. Und schließlich wird sein Hunger um so größer sein, das Essen ihm um so besser schmecken. Als es aber acht Uhr schlägt, ver läßt Lilli die Ruhe. Aus dem Sopha hält sie es nicht mehr aus. So spät zu essen ist ja gesundheitsschädlich Auch spürt sie selbst einen grimmigen Appetit. Babette muß auftragen. Wenn er jetzt dazu kommt, ist es mit der hübschen Ueberraschung auch nichts mehr. Die Suppe lösselt sie langsam hinunter —- sie will heute nicht schmecken. Und das andere gar nicht. Keinen Bissen bringt sie hinab. Den ersten Abend allein, seit sie ver heirathet sind. Nein, sie will auch gar " nicht essen. Wenn sie vor Hunger trank, mager und häßlich wird, ge schieht es ihm recht. Er hat ja al les verschuldet. Jhr zierlicher Fuß stampst den weichen Teppich. »Babette, tragen Sie wieder ab.« ,,Soll ich’s für den gnädigen Herrn warm stellen?'« »Nicht nöthig, er tann talt essen-i Lassen Sie das Feuer nur ausgehen.« Als das Mädchen gegangen war, schämte sie sich doch. Eben hat es neun geschlagen. Wenn ih mnun etwas pas sirt wäre. Eine fürchterliche Angst befällt sie. Kann er nicht von einem Wagen überfahren, unter die Trom bahn getommen sein, —- vielleicht bringen sie ihn schon in der nächsten Minute daher, —- blutend, — nein, sie tann es nicht denken, schaudernd bedeckt sie das Gesicht mit den weißen Händen. Doch die Furcht hält nicht an. Warum soll gerade ihm was passiren? Man muß nicht immer das Schlimmste dentent Es wirdt schon einen anderen Grund haben. » Das hiibsche Kögfchen mit dem brau- s nen Lockenhaar urchzuckt plötzlich ein unheimlicher Gedanke. Jäh schnellt sie aui und eilt an die Gangthiir Am inneren Pfosten starrt ihr ein leererl Haten entgegen. «-Babette,« ruft sie mit vor Auf-l regung zitternder Stimme, »wo ist’ der hausschliissel?« »Ich weifz nich ch.t —— Der muß doch am Pfosten hängenf ] »Aber er ist nicht da. ———« »Dann wird ihn der gnädige Herr wohl mitgenommen haben.« Jn Ltllis Brust trampft sich alles zusammen Jhre kleinen Hände bal len sich. O — sie ist betrogen —- ver rathen — vertaustt Jth weiss sie? allei. Er hat gar nicht die Absicht ge- 4 habt, heim zu kommen, — irgend eine ; Verabredung getroffen, sie täuschens wollen. Und dasiir hat sie ihm seinl Lieblingsgericht bereitet, mit solcher Sehnsucht auf ihn gewartet! Er soll es büßen — o, er soll es büßen! »Kann ich das Bier jetzt heraus holen, Madame? Es ist schon elf Uhr. Und um Mitternacht trau ich mich nicht in den Kellek.« »Nicht nöthig, Babette —- nicht nö thig«, teucht Frau Lilli. ,,Gehen Sie nur zu Bett. Jch brauche Sie nicht mehr.« Das fehlt noch, ihn mit frischem Bier zu erwarten, wenn er schon an derswo, ;- o —- es ist zu schändlich. Schluchzend wirst sie sich auf das Sopha. Das Zeitungsblati wird in Fetzen zerrissen. Sie mag nichts mehr von Berlobungsanzeigen lesen. An dere sollen glücklich werden und sie — sie ist die unglücklichste Frau aus der ganzen Welt. Mag sein, daß alle Männer schlecht sind, aber Arnald ist gewiß der schlechteste. Wie —- wenn sie ihre Sachen zusammenpackte und heim zur Mutter führe? Um 1 Uhr Nachts geht noch ein Schnellzug. Der Zeiger des Regulators weist auf 12. Doch nein, sie — die Schuldlose — darf vor dem Schuldigen das Feld nicht räumen. Erst soll er sein Ver brechen gestehen. Eine furchtbare Strafpredigt will sie ihm halten. Zer inirscht —- zerschmettert soll er zu ih ren Füßen liegen, und dann, wenn er um Gnade, um Vergebung bettelt, dann will sie ihn verlassen, um nie mehr wiederzufehren Das soll seine Strafe —- ihre Rache sein! Einige Minuten berauscht sie sich an der Vorstellung solcher Vergeltung. Dann aber läßt die nervöse »Span nung nach. Schmerz und Verzweif lung haben sie erschöpft. Ermattet sintt sie im Sopha zurück. Jhre Thra nen fließen langsam, eine elegische Stimmung der Trauer überlommt sie. Gewiß geht es keiner besser. Die Männer haben alle kein Herz und Ge fühl. Sie sind von Natur Tyrannen. Jhre Liebe ist nur Verstellung Ganz andere Zwecke verfolgen sie. Mit heuchlerischer Lüge wissen sie die ar men Opfer zu umgarnen. Hat nicht Arnold ihr gelobt, sie nie zu verlassen? Und heute! --—— Mein Gott, wie ihr der Kopf schmerzt, wie dumpf und schwer es ihr aufs Herz drückt! Das Feuer im Ofen ist erloschen. Es wird ungemüthlich lalt im Zimmer. Lilli fröstelt, sie schlägt ein weiches Schal tuch um die zarten Schultern. Nur in ihrem Innern tocht und brennt ein Vultan. Die Wuth übermannt sie wieder. Es geht auf ein Uhr. Jhre Geduld ist erschöpft, die Schwäche überwunden. Sie will nicht mehr warten —-—« sie will Arnold suchen — ihn nach Hause holen. Alles muß sie wissen, alles. —- Sie tennt ja die Los tale, in denen er vor der Hochzeit ver kehrte. Jn einem derselben wird er schon sein. Sie muß die Gesellschaft sehen, die er ihr vorzieht —- ob es Freunde sink, —- oder gar eine Freun din! Es wäre entsetzlich M aber bei einem Manne ist alles möglich. Bes ser, sie weiß alles-. Um so schneller tann die Scheidung vollzogen werden. Hastig wirft sie den Mantel um, setzt ihr Theaterhäubchen aus und faßt den Thürgriss. Wenn sie sich nur nicht so fürchtete. Nachts allein aus der Straße. —--— Der Gedanke ist ihr schrecklich. Ob wohl drunten noch Menschen gehen? —- Sie kehrt wieder tun-und wendet sich dem Fenster zu. Behutsam öffnet sie den Flügel. Kalte Nachtluft schlagt an ihre glühende Stirne. Eine andere, neue Welt thut sich plötzlich vor ihr aus. Millionen Sterne flimmern und leuchten über ihr mit stillem freundlichen Glanze. Wie betäubt blickt sie hinauf zu den goldenen Ufern der Unendlichkeit. Welch heilige Ruhe athmen die Ge stirne. Nacht um Nacht steigen sie dort auf, unbekümmert um die nich tigen Qualen all der Menschenherzen da unten. Sehnen, Hoffen, Ent töuschung die ganze Skala von Em vsindungen, die die Menschenbrust durchströmt —— wag sind sie diesem ewigen Leuchten! Unendlich klein und armselig kommt sie sich vor unter den goldenen Augen Gottes, die alles sehen, alles.durchdringen. Was ist sie dagegen mit ihrer Blindheit. Kann es nicht ein Nichts sein, um das sie fürchtet, weint, zürnt, haßt. Tau send Jahre « hat Arnold einmal ge sagt, brauche das Licht, um von der Erde dort hinauf zu dringen. Erst nach Aeonen sehen die da droben, was hier unter auf der Welt geschieht. Wenn sie selbst, längst vermodert, an Arnolds Seite im Grabe ruht, werden diese himmlischen Sterne erfahren, was sie heute denkt und vorhat — und werden still lächeln über die ewige Thorhett des PygmöemGeschlechtes der Menschen. Eine große feierliche Stimmung überlommt sie. Die Nich tigkeit von Zorn und Nache, Versöh nung, Liebe, Frieden, predigt der ganze strahlende Himmel über ihr. Und jetzt hört sie auf dem Straßen pflaster Schritte, dann eine Stimme, —- seine Stimme — die in heiterer Laune ein altes Studentenlied vor sich hin trällert: »Es hatten drei Gesellen ein fein - Kollegium, und es kreisie so fröhlich der Becher in dem kleinen Kreise herum.« Ein Gefühl den« Erlösung durch schauerte sie. Fast schämte sie-sich, »dem Gatten gegenüber zu treten. ! Da öffnet ek schon die Thük und zsteht vor ihr. s »Wie, Lilli, Du bist noch arth Hast IDich doch nicht um mich geängstigt?« iFreilich ich hatte versprochen, gleich Fnach Bureauschluß zu kommen — ;doch schon auf dem Wege traf ich zwei Ialte liebe Studienfreunde — Benno Hund Richard —- ich habe Dir ja ost Hvon ihnen erzählt. Seit sechs Jahren hatten wir uns nicht gesehen, so gin Tgen wir in die Drei Kronen — und ein-Glück — dasz ich von gestern noch den Hausschliissel im Ueberzieher ste cken hatte.« E Kein Wort des Vorwurfs kommt Jiiber Lillis Lippen. Zärtlich schlingt jsie den Arm um den Hals des Gatten Hund tiißt seine Lippen. ; --Ja. Du hast recht gehabt; es freut :mich, daß Du vergnügt gewesen. Weil JDU nur wieder da bist, Liebster!« i »Aber warum bist Du nicht schon jlange schlafen gegangen?« H »Ach —- Arnold —- die Nacht war so herrlich schön. Jch habe am Fen sier gelegen, Deiner Riickkehr entge gengesehen —- und in den wundervol len Sternen gelesen!« »Ei, ei! Und was haben sie Dir gesagt?« lächelte er fröhlich. »Daß wir immer glücklich sein wer den, Arnold!« k Er erklärt sich. Eine Geschichte nach dem Leben von I Adothhiele. da heute Abend!« seufzte ein junges Mädchen, indem sie sich an ihre Nach barin wandte, die neben ihr an der Wand des kleinen Saals Platz ge nommen hatte. ,,Darf ich bitten, mein Fräulein?« fragte da zufällig einer der Herren, die als begehrenswerthe Objekte an der Reunion des Fremdenpensionats in dem kleinen Badeort theilnahmen und beim Klange des Trios schwebten ,,Wieder einmal recht wenig Herren die beiden im Tanze dahin, so gut ein etwas steifbeiniger Herr eben mit einem graziösen Mädchen zu schweben vermochte. Eine Anzahl der weiblichen Jn sasfen des gut besuchten Pensionats Winkelmann blieb nun allerdings als Mauerbliimchen sitzen, eifrig bemüht, ihren Schmer; unter einer heiteren Miene zu verbergen. ,,Seben Sie nur, Fräulein Hel mer«, sagte bald darauf die erste junge Dame zu der anderen, als diese ihren Platz wieder eingenommen hatte, »sehen Sie nur den hübschen jun-gen Mann dort!« Klara Helmer blickte aus den Er fwähntetr und blieb die Antwort schul stern, auch ihr gefiel der elegante, stattliche Mann mit den schönen Zit gen, der sich in taktvoll unauffälliger Weise im Saale bewegte. »Und wie reizend er tanzt!« seufzte die Nachbarin. Der fremde Herr — «Feldmann« stellte er sich vor — war ein flotter Tänzer, mit einer ganzen Anzahl Da men machte er Bekanntschaft ·»Anscheinend«, sagte er zu Frau Wollmann, einer hübschen jungen Wittwe, »anfcheinend bietet Walden fels alles das, was man braucht: Ruhe, Waldesfrieden nach den An strengungen des großstädtischen Ge: schästsleben Die Luft scheint all den Damen hier vortrefflich zu be kommen, Sie, gnädige Frau, blühen nsie eine Rose.« »Als-) Sie glauben, daß ich Dornen habe?« fiel die junge Wittwe fcherzend ern. »Wenn dies wahr wäre«, erwiderte Feldmann rasch, »so würde der be rauschende Duft den Schmerz über täuben.« Die Reunion verlief wie alle ihres gleichen, das Trio ftrengte seine Mus tulatur an, um die ,,ftemder Leute Töchter im Kreise herumdrehenden Herren der Schöpfung« im richtigen Tatt zu erhalten, es fielen die üblichen, .gczwungenen Phrasen zwischen denen, dig. , Es erging ihr wie ihren Mitschwe: die sich erst kennen lernten, während zwischen den Bekannten heitere Ge spräche mit allerlei Klatsch geführt wurden, es wurden Partien verabre det und allerlei Dinge besprochen, die fröhlichen Müßiggängern wichtig er scheinen. Am nächsten Morgen ging im gan zen Pensionat das Gerücht um, einer jungen Dame sei schon wieder einmal etwas gestohlen worden. Als sie Abend nach der Reunion ihr Zimmer betrat, fand sie, daß ihre Kommode geöffnet war und eine Summe Geldes fehlte. Der Inhaber des Pensionats, Herr Winkelmann, tröstete die Dame, so gut es ging, aber er tonnte nicht verhindern, daß allge meine Unruhe entstand und daß zwei Parteien sogar abreisten. Bei Tische, an der Table d’hote, bildete der neue Diebstahl das Haupt Sei-präch« »Abscheulich!« sagte Frau Helmer. »Wir vermissen eine goldene Brosche, sie ist ein Andenken!« »Und mir«, siel Frau Wollmann ein«, ist ein werthvoller Ring abhan den getommen,« den ich unvorsichtiger weise auf dem Waschtisch liegen lietz.« -O, wie schade«, bedauerte Feld mann galant. ,,Jndessen, gnädige Frau, derlei kommt überall einmal vor, ich habe schon öfters in Hotels und Pensionen über dergleichen Ver luste klagen hören.« Am nächsten Tage sprach man schon nicht mehr über den Diebstahl, son dern die zahlreichen Gäste des Pensio nats unternahmen einen Ausslug auf eine benachbarte Anhöhe, wo man sich im Wald lagerte. »Nun sehen Sie nur«, sagte eine der älteren Damen zu einer anderen, ,,wie der Neue, der Feldmann, der Wollmann die Cour schneidet!« ,,Allerdings, er macht’s ein bischen deutlich. Was ist er denn eigentlich.« »Er ist Fabrikant in Berlin und scheint wohlhabend zu sein.« »Hm! Na, wenn sie vorsichtig ist, erkundigt sie sich erst einmal.« IHFeldmann war indessen galant ge nug, um auch mit den anderen Damen zu verkehren, wenngleich er sich mehr und mehr zu der hübschen jungen Wittwe hingezogen fühlte, die ihre isanften Augen meist niederschlug. « Nach dem Picnic blieb man noch im Speisesaale des Pensionats in hei terer Stimmung vereint. l Als der Schwarm der Gäste· schließ Zlich den Saal verlassen hatte, kehrte splötzlich ein Herr mit erschreckter iMiene zurück. I »Herr Wintelmann«, rief er dem lPensionatsinhaber zu, »meine goldene illhr mit Kette ist verschwunden!« »Wie?« rief der Wirth aus. «Wann haben Sie zuletzt nach der llhr ge sehn?« ,.Vor etwa einer Stunde.« Die Aufregung theilte sich verschie denen Herren mit, die noch am Abend davon erfuhren. Am nächsten Morgen war diesert neue Diebstahl das Tageggespriich »Wann mir die Uhr abhanden tam, « sagte der betroffene Herr, ,,weiß ich nicht einmal es muß sie mir je mand gerader vom Körper abgenom men haben.« »Schrecklich! Ein Taschendieb!« ries Frau Helmer, und Frau Woll: mann sagte mit theilnahmsvoller Stimme: »Eine solche Dreistigleit ist doch gar nicht möglich. Wer sollte dies wagen? Was meinen Sie, Herr s Feldmann?« s »Du lieber Gott, erwiderte der( Angeredete, indem er seinen Schnurr:: l l i baset drehte, »so sehr ich Herrn Wer ther wegen des Verlustes bedaure, so meine ich, dergleichen kommt doch über all einmal vor.« »Sie scheinen da,« meinte Frau Helmer etwas scharf, »zieinlich sorg-’ loser Natur zu sein.« . »Allerdingg, gnädige Frau,« war die höfliche Antwort, ,,man könnte ja sonst leinen Augenblick ruhig sein. Nein, ich gestehe, ich sage mit den Bayern: Laßt’s mir mei Ruh!« Diese Ansicht wurde indessen kei nesweg getheilt. «Sagen Sie mal, Herr Winkel mann,« wandte sich etwas später ein älterer Herr Namens Lutsche —— ein Beamter aus einer kleinen Stadt — an den Pensionatsinhaber, »wer ist eigentlich dieser FeldmannZ Er ist aus Berlin?« »Hm, so viel ich weiß,« war die Antwort. ,,.K·ontrolliren kann ich-I natürlich nicht.« »Er nennt sieh Fabrikant? Was fabrizirt er denn?« ,,Weiß ich leider auch nicht, kann leider nicht dienen.« Jn den nächsten Tagen setzten die Sommersrischler ihren zwanglosen Verkehr unter einander fort, man nahm den Kaffee zusammen ein, un ternahm Spaziergänge und Aus flüge, und im Hause war ein fort währendes Gehen und Kommen, das allerdings Diebstähle begünstigen mußte· Herr Lutfche hatte einen Plan ge faßt. Jhm gefiel dieser Feld-mann nicht, unter diesem schönen Aeußeren, diesen eleganten Formen mußte etwas verborgen sein. Und dann kam er aus Berlin, überall sprach er von Berlin! Dies machte ihn noch ver dächtig-r. Wenn der sorgfältige Be obachter dem jungen Mann im Hause begegnete, so that er riesig unschul dig, indem er sich plötzlich umiwandte und anderswohin blickte. Eines bekam der Späher heraus: Feldmann war in Frau Wollmann verliebt, und sie schien die Huldiaun gen des schönen und weltgewandten Mannes gern entgegen zu nehmen. Jn der That hatte Feldmann für nichts weiter Augen, als für die nied liche Wittwe, deren zuriickhaltendes, fast schüchternes Wesen ihr einen be sonderen Reiz gab. »Er wird sich nun bald erklären!« Dies war die allgemeine Ansicht. Bald aber wurde die Aufmerksam keit von diesem Herzensbiindniß abge lenit: schon wieder war im Pen sionshause etwas gestohlen worden. Allgemeine Aufregung, alles besprach laut und leise den Fall. Herr Lutsche war in voller Thätigkeit, er beob achtete mit scharfem Blick, besonders aber nahm er Feldmann auf’s Korn, dieser gewandte Berliner erweckte in ihm vollen Verdacht. Zwar wurde sein Argwohn nicht durch Gründe unterstützt, doch hin derte dies den eifrigen Mann nicht, einmal Frau Wollmann zu warnen. Doch als er in seinem Gespräch mit der jungen Wittwe die Wahrheit ein fließen ließ, man dürfe doch nicht so leicht fremden «Menschen trauen, zu mal den Großstädtern, erwiderte die weltunerfahrcne hübsche Frau: »Aber man soll doch auch nicht zu mißtrau isch sein,« und sie lächelte ihn mit kindlicher Miene an. Gleich darauf rannte der freiwil lige Detettiv beinahe an Feldinann, der flotten Schritts dahertain, an. Wußte er doch, daß Frau Wollmann ihn hier erwartete! Lutsche drückte sich beiseite-, grüßte höflich und that sehr harmlos. Feldmann bemerkte ihn kanni, er stürmt-e aus den Gegen stand feiner Neigung zu. Und so schloß sich denn das Her zensbiindniß fester und fester. »Er erklärt sich nächstens!« sagte Klara Helmer’s Freundin. »Er erklärt sich sicherl« stimmte Klara traurig zu. »Er erklärt sich heute nacht« sagte auch Frau Helmer, als die Gesell schaft eine Partie unternehmen wollte. Und ihr Blick hette nicht getäuscht, Feldmann erklärte sich- heute noch. Als er mit Frau Wollmann aus ei nem Prdmenadennege dahin schritt, blieb er stehen und saate: »Es musz schon höchste Zeit sein. Leider habe ich die Feder meiner Uhr heute früh zerbroclen, bitte, gnädige Frau, welche Zeit ist es?« Die junge Wittwe Zog eine mit Türkisen besetzte Uhr aus dem Gür tel. Jn diesem Moment faßte Feld mann mit festem Griff ihre Hand, sah sich die Uhr aenau an und saate: ,,,-rau Wollmann, ich verhafte Sie wegen Diebstahl-Jl« Ohne Aufsehen führte er die Wankende in’s Ortsgefängniß und der Aququ fand ohne das ,,liebende Paar« statt. Als man beim Picnic lagerte, trat Werther hinzu, der allein aus der Stadt nachgetommen war. Zufällia traf er zuerst auf Lutsche. »Wifsen Sie es schon mit der Ver hastunq wegen der Diebftähle in der Pension?« »Nein! Bitte, erzählen CHieN ,,Jtun, der Feldmann — »Ha, « unterbrach Lutschc triumphi rend »sagte ichs doch immer, der Feldmann — « Und damit eilte er in den Kreis der Tafelrunde und Verkündete, Feld mann fei wegen Diebstahlg verhaftet worden »Aber nein, das ist ja gar nicht wahr! « rief da Werther, ,,Feldmann ist -— Volizeikomnrtssar und hat -— Frau Wollmann verhaftet!« « Ein allgemeines »Ah« ertönte, alles forschte mit größtem Eifer nach Ein zelheiien. . »Sie hat alle Diebstähle in der Pension augaesiihrt,« erzählte der Herr. »Die aestohlenen Gegenstände sind bereits gesunden, auch meine Uhr. Unser Wirth Wintelmann war der einzige, der über Feldmann die Wahr heit wußte. Dieser war der Woll rnann scharf aus der Spur, doch griff er erst zu, als er eine anderswo von ihr entwendete Damenuhr in ihrem Besitz sah.« »Nein, dieser Jeldmann,« ries einer aus, »der schien doch gar nicht um die Diebstahle zu iimmetn, er ftte doch nur Augen für Frau U mann — — »Na natürlich,« siet Werther ein, »das war ja sein Amt. Aus der Promenade, nahe der Polizei, hat er sie verhaftet!« »Nun, was habe ich gesagtW rief jetzt Frau Helmer. ,,Sagte ich doch, er würde sich — heute noch erklären!« Ein märttfcheö Wahrzeichen bedroht. Der alte sagenumwobene Birnbaum aus dem Kirchhofe zu Ribbeck, Kreis West - Havelland ist durch Uebertou chern mit Efeu derartig erschöpft, daß er einzugehen droht Allgemein bekannt ist dieser Birnbaum aus TheodsorFon tanes wunderhübschem und allgemein bekanntem Gedicht: Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, Ein Birnbaum in seinem Garten stand. Und kam die goldene Herbstes Zeit Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da siopste, wenns Mittag vomThur me scholl, lHerr von Ribbeck sickkl beide Taschen vo . . Und kam in Pantinhen ein Junge da er, , So rief er: »Jung, wiste ne Beer?« Und kam ein Mädel, so rief er: ,,Lütt Dirn, Kummman röroer, icl hebb ne Birn!« Der alte Herr, so berichtet die bran denburgische Uelrerlieferung, der unter dem Birnbaum begraben liegt, war ein großer Kinderfreund, der für seine Lieblinge gern Obst, besonders Birnen in der Tasche mit sich führte. Als er starb, dauerte es nicht lange, so sproßte ein junger Birnbaum aus dem Grabe hervor, ward bald zu ei nem stattlichen Baum und trug reich lich schöne, süße Birnen. Die Leute sagen, der alte Herr habe eine Birne mit ins- Grab genommen, und aus einem Kern sei der Baum erwachsen, der noch nach seinem Tode der Dorf jugend Birnen schenken sollte. Und wie es bei Fontane am Schluß heißt: So spendet Segen noch immer die Hand Des von Ribbect aus Ribbeck im Ha vellan —-—- — I Etwas von den Hundertiähs eigen. Amerika nimmt den Ruhm für sich in Anspruch, die meisten Hund-erfäh rigen aufweisen zu können. So wer den bei der letzten Voltszählung in den Ver. Staaten 3536 Hundertjäh rige angegeben. Man dars jedoch ge gen diese Zahl einige Zweifel hegen; man darf nämlich nicht vergessen, daß selbstverständlich auch die Farbigen iider das Datum ihrer Geburt nur sehr ungefähr Bescheid wissen. So wird berichtet, daß ein Neger, der seinem Aussehen nach höchstens 65 bis 70 Jahre zählte, Stein und Bein schwor, daß er am Tage der Volks zählung in sein 169. Lebensjahr ein getreten wäre. Mit etwas mehr Recht als die Ver. Staaten kann sich die Jnsel Ceylon rühmen, das Land der Hundertjähri gen zu sein. Auf Grund genauer Er hebungen hat man festgestellt, daß es auf Cehlon eine Frau von 121 Jahren giebt; 145 andere Einwohner hatten das 10(). Lebensjahr überschritten, und 95 Personen traten gerade in ihr 100. Lebensjahr ein. Bemerkenswerth ist dabei, daß unter diesen die Frauen den Rekord halten; von den 145 Hun dertjährigen sind 74 Frauen gegen 71 Männer; von den 95 der zweiten Ka tegorie waren gar 52 Frauen. Der «Lancet« führt auch noch das Beispiel einer Frau aus der Kaptolonie an, der Mrs. Charsley, die im Jahre 1784 das Licht der Welt erblickt hat. Der erstaunlichste Fall von Langlebigkeit ist aber der eines Mestizen in San Salvador Namens Michael Solis. Dieser erklärte im Jahre 1878, er wäre 180 Jahre alt. Seine Unter schrift war bereits aus einem Votu ment vom Jahre 1712 zu lesen, und ein achtzigjähriger Arzt erinnerte sich, daß man schon in seiner Kindheit Solis als einen Hundertjährigen genannt habe. -q’ Vergeblichcr Streit. »Warum zanken sich die beiden Schwestern wieder?« »Ach, die eine will Sonntag ihren zwanzigsten Geburtstag feiern, Und die andere ihren siebzehnten... und eg sind doch Ztoillinge!« Der Verliebte-. Verhrer: »Seit drei Jahren will ich schon um die Dame anhalten und je desmal, wenn ich vor dein Hause bin, entfällt mir der Muth —— lstöhnend) o, der Zingverlust!« Bei-schnappt. Richter: »Sie wollen total betrun ten gewesen sein, als Sie den Ueber zieher stahlen?« Angellagter: »Natürlich — sonst hätt’ ich doch einen besser’n genom nien!« Jm zool-mischen Gatten. Elschem »Ach Fräulein, ist das junge Rhinozeros aber häßlich!« Gouvernante: »Das ist gleich, Kind —— wenn es nur brav und folg sam ist und sich ein reines Herz be wahrt hat!«