Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 29, 1905, Sweiter Theil., Image 12
·W Thedje Kiezlings Diamant. · sutnrisirte Uebertragung aus »Sit Bits«. Der alte Seel-dir blickte verächtlich ans meinen TabaksbeuteL aber er nahm trotzdem einen außerordentlichen Posten. rollte ihn zu einem lunstgerechs ten «Priemtje« zusammen und steckte ihn hinter die »Kusen«. Dann begann er sein Garn: ,,Biersig Jahre lang bin ich zur · See gefahren, und als ’ne Regel hab’ ich gesunden, daß dieSeeleute ’ne ganz verträgliche Sorte Menschen sind. Aber dieser Thedje Kiesling von dem ich jetzt erzählen will, war 'ne Aus nahme; kein Mensch, wenn er ni » taubfiumm war, hätte mit den zwöl » Stunden zusammenleben können, s ohne daß er das Verlangen gehabt; hätte. ihm den Hals umzudrehen. Da I war nich viel an ihn zu sehen ——’n » großer, plumper Kerl —- abee seine« Zunge, die that es. Nicht daß seine Redensarten ungewöhnlich schlecht für’n Seemann waren ———-ich bin mit Leute gefahren. die ein Loch durch die dickste Bohle fluchen konnten, wenn sie richtig ärgerlich waren —, aber er hatte das ’raus, die Leute ihre schwa Fhen Stellen ’rauszusinden und dann immer daran ’tumzusticheln. Eines schönen Tages fehlte ihm was aus seiner Koje nnd er beschul digie Georg Lappen daß er’s genom men hätte. und als Georgjhm höflich genug, sagt, daß er«n Lugner war-, sagte er: »Ich hab’ auch nie nich die Wahrheit zu hören erwartet von’n Mann, vereinen nich mal g’rade ins Gesicht sehn tann.« Und Georg — der so schrecklich schielen that, daß, wenn er geweint hätte (was ich ihn aber nie nich thun sah). die Thriinen ihn höchsrwahrscheinlich den Puckel Mntergelaufen sein würden — war natürlicherweise wüthend. Und nach dem spielt er immer wieder daraus an. »Friß,« sagte er denn so recht guåig »ich glaube, Georg kuckt nach r .« Da war noch ’n anderer, auf den er’s mmer besonders abgesehen hatte, und das war Klaus Dabelstein, der der sicherlich die schönsten rothen Haare hatte, die ich all mein Tage ge sehen hab’. Thedje nannte ihn »Frau tepp«, und stand immer da und tuckte ihn an und hielt seine Hände über die Augen, als wenn die Gluth von Klaus seine hare ihn blenden thät. Klaus wurde der reine Schatten vor Aerger und Nachdenken. was er Thedje wohl siir’n Namen geben tönnt’. Se waren irr dieselbe Wache, und wenn es ihre Zeit unter Deck war, und sie gerade einschlafen wollten, dann rief Thedjet ««feuertopp, ich wollt’, Du decktest Dich was überm Kovpx ich kann nich schla fen mit'n Licht ins Zimmer.« Und nun erst Peter, der schwarze Koch, den wir an Bord hatten. Den machte Thedje ganz verrückt, daß er immer so that, als wenn es alles schmutzig machte, waser anfaßte, in dem daß die schwarze Farbe von ihn abfiirben that. Einmal, als Peter zufällig gegen ihn stieß, zegte Thedje auf de schwarze Schmere auf senem Hemdärmel und sagte: »Da kuck Dir das mal an. Du Schmutzfint; warum wäschste Dich nich?« Jeder eine, der Lein Nigger war, hätte sehen können, daß die Schmiere Theer war und 'ne Woche alt, aber Peter war so er schrocken, daß er direlt hinging und ein Bad nahm, was, wie ich sagen muß, sonst nich gerade seine starte Seite war. Es war in Sidnev, daß Thedje an Bord kam, für die Heimreise, und die Brig war noch nicht lange unter Se gel, hatte er es fertig gebracht, sich bei jedem unbrliebt zu machen. Er schien sich aber nix daraus zu machen, sondern fuhr fort mit seine häßlichen Snackereien, erst eine und denn ’ne andere. Die Geschichte wurde so schlimm, daß bei die Zeit, daß der alte Kahn in Sicht von Kapftadi kam, mehr als äner in Thedje feine Wache war, der ihn gern aus reinem Pläfier umgebracht hätte, und er kriegte ’nen deutlichen Wint, daß er, wenn er keine Luft hätte, beim ersten Sturm über Bord zu fallen, man lie ber Urlaub an Land nehmen sollt’ und denn das Schiff verpassen. Na, wir alle dachten, er hätt’ sich das gemerkt, denn er nahm Urlaub und ging an Land. Zwei Tage lang schen wir nix nich von ihm, und die Ruhe war einfach himmlisch, und denn, gerade bevor daß der Anker ge lichtet werden sollte, kam er an, fliege lig wie immer. »Du follteft wirklich lieber unter Des bleiben. Feuerstadt-, wenn wir im hafen find,« sagte er, »die Leute dach ten. das Schiff brennte, bis ich sie von Dein Leuchtfeuer erzählen that.« Maus faate keinen Ton nich, aber ich fah, wie er Georg zunickte, dann kam Peter da längs, und natürlich hatte Tbedje auch fiir ihn ’was. » »Seid ’ne Masse von Deine Brüder an Land, Peter,« fingeran. »Da is ’ne geweihte Wand in ’r Stadt mit’n l langen, schwarzen Streifen darauf,x und man bat mich erzählt, daß der T von die faulen Nigger this die sich z den ganzen Tag da anlehnten und « nach Arbeit auzguckten.« Peter gab ihm auch keine Antwort; kudte bloß Klaus und Georg an. Gut. die nächsten TYe waren still und es passirte ntx. hedje war fo ruppia wie immer, aber ei sprach sich skiaähkich 'raus — von dein Peter ; . ing? gis-»ide; eifziW ixrhg Was-H « r no im r n pr — - . wir alle in ’nen großen thtbnen wa — ren. Wie Sein faste, was wirklich ’n nobler Kerl, Ort-s eine W Schwäche fiir persönliche Redensarten, woran er seit seiner Geburt gelitten Thätte, ja, noch mehr, er hätte all die - ZZeit die Absicht, uns rechtw as gutes »Hu thun. »Er sagte es mich im Vertrauen und ich weiß nich recht, ob ich s weiter sagen darf,« sagte Peter. »Aber alt« er an Land war in Kapitadt, lies ihn« ’n betrunkener Koffer über n Weg, der in die Diamantenfeider gearbeitet hat te, und Thedje taufte ihn’ nen großen Diamanten ab —- bezahlt ihn hun dert Mark dafür, sagt er.« »Hundert auf’ Kopp wohl eher,« sagt Klaus. »Ich möcht’ der Kasser nich sein.« »Auf jeden Fall bat er den Stein, nnd ’n schöner Stein is es, denn ich hab’n gesehen,« sagt Hein darauf. »Und die Hauptsache is, wenn er’n in hamburg verkauft bat, will er jede in seine Wache was davon abgeben.« Natürlich glaubte tein Mensch was davon, und wir sagten Hein, er sollt’ seine Bisage mal aus-kochen und sehen, ob sie denn nich ’ne andere Farbe kriegte; aber den nächsten Abend be stätigte Thedje selbst die Geschichte. »Ich wollte Euch alle damit über ’raschen, aber wo Hein geschwatzt hat, s kann ich’s ja selbst schon sagen, « sagt jet. »Wie der Nigger zu dem Stein i ta1n, weiß ich nich; wahrscheinlich hat er’n gestohlen, aber das geht mir nix an. Jch hab’ ihm all meine Erspar nisse dafür gegeben —- hundert Mart — und hier is er.« Damit zog er ’ne lleine Holzschach tel aus seine Tasche und darin lag auf'n bischen Watte ’ne trübe, graue Art von Kieselstein ungefähr wie die Größe von ’n Thonpfeifenlopp. »Rumreichen will ich ihn lieber nich, im Fall, daß ihn einer von Euch ver liert,' sagt er und läßt wieder sein etelhastes Lachen los. «Sieht man wenig nach’ ’n Dia manten aus,« sagt Klaus nnd seht, ohne nachzudenken, hinzu: »du is ja kein Feuer in.« , »Er is genau so, wie er aus r s Erde kommt; wenn er erst geschliffen »is, wird er mehr Feuer haben, als HDu in Dein Haar, und ’nen ganzen JPost n schöner aussehen,« sagt Kies j ling. und man sah Klaus das an,daß es ihn leid that, daß er den Mund ; ausgemacht hatte. ; »Natürlicherweise wird er ’n gut I Theil kleiner sein, wenn er geschlissen I is,« fuhr Thedje fort· »Ich hab« den ,zweiten Steuermann so im allgemei nen über Diamanten aus-gefragt, und s nach dem, was er sagt, da kann dieser hier so zwischen hundert- und zwei i f hunderttausend Mart werth sein, und vielleicht noch mehr.« Nu rissen die Leute aber die Augen ’n bischen auf, und mehr als einer davon dachte, daß Thedje doch trotz » allem ein ganz famoser Kerl wär. »Was willst Du damit machen, Thedje?« fragt einer. »Ich hab’ gedacht, ich wollt’ ne große Kneipe tausen,« war die Ant - wort, und einige von uns malten sich ; gleich 'n Bild von unbeschränktes ? Freibier aus. s »Dann mußt Du aber jemand ha s ben, der Dir dabei helfen thut,« sagt ! Christel Schmidt, der nie niichtern ? war, wenn er an Land war. ! »Wenn Du gedacht hast« Dich um den Posten zu bewerben, denn iannfie Dich die Mühe sparen,« sagt Kies ,ling. «Wirthschaften brauchen keine rothe Lampe, Du solltest lieber Deine Nase an ’ne Unfallstation oermiethen.« Christel wollt’ eben seine Meinung von Thedje in seine gewöhnliche bil derreiche Weise ausdrücken, als ihm der Diamant einfällt, und er noch rechtzeitig seinen Mund zumachte. ,,Zu eins hab’ ich mich schon fest entschlossen, und das is, daß ich Euch alle von meine Wache trattiren will,« fährt Thedje fort. »Wir wollen ’ne ordentliche Bierreise machen, soviel wie jeder trinken will, und dann fiir jeden ·ne kleine Ueberraschung, die ich aber noch für mich behalten will; Jhr werdet’s nich eher gewahr werden, als bis die Zeit da is.« »Wo willste denn den Diamanten verstauen, Thedje? Er sollt’ an ’nen sicheren Platz sein,« saat Georg. »Am sichersten wird er bei rnir selbst sein, sollt’ ich meinen,« antwor tei Kiesling »Aber Du kannst doch am Ende mal über Bord fallen. Denk doch T bloß mal, was das siir ’n Verlust sein würde,« sagt Georg und schielt nach Klaus bin. »Ein Verlust für Euch, aber, wo ich denn ertrunken sein werd’, weiß ich nich, ob ich davon graue Haare kriegen werde.« antwortet Thedjr. «Angenornmen, daß Du nu an Bord stirbst, wer kriegt denn den Diamanten?« srägt bein. «Denn kriegen ihn die Fische, denn ich werd’ ihn über Bord schmeißen, wenn ich in den leiten Zügen liege,« sagt Kieöling prompt. Gui, das gab den Ausschlag, und da die anderen Leute anfingen, eine Art Oe inieresse an den Stein zu nehmen, o nahmen sie Klaus und Georg und Peter beiseite und machten ihnen klar, wie nothwendig ej wär', daß Thedje am Leben blieb. Für den Nest von die Reise hat Thedje das beauetnfte Leben, das Sie sich nur denken können. Er wurde so aufgepaßt, als wenn er ein zartes Kindlein wär’. Wir machten den Mid W pen weiß, daß er sich eins von seine Beine grauetfcht hätte und es ging im mer einer von uns fiir ihn in den Mast. Wir gaben ihn das Beste von unsere Kost, aus Angst, daß seine Ge sundheit Schaden nehmen lönnt’. und wenn er nahe an die Reeling ging, stand immer einer von uns parat, ihn » zu greifen, im Fall daß sich daSSchifs plötzlich auf die Seite legen sollte. Wenn er über Bord gefallen wär’, glaub« ich, wäre die ganze Wache hin- « terher gesprungen. Und dabei war er » so scharf wie immer; aber wir schluck- ? ten alle seine Beleidigungen ’runter, als wenn’s Komplimente wären. Es war aber ’ne harte Zeit, und es war etwas ganz gewöhnliches-, zu sehen, wie Georg oder Klaus oder Peter — die am meisten zlr leiden hatten, we gen ihre natürlichen Gaben, so zu sa gen —— über die Reeling hingen und Dampf abließen Es wurde so schlimm, daß selbst Hein froh war, als wir in Hamburg ankamen. Wir waren mit acht Mann in Thedje feine Wache außer ihn, und fo bald als wir abgeheuert waren, ging er mit uns in ’ne große Wirthfchafi, wo er ein Klubzimmer miethete und erft mal ’n Faß Bier und ’ne Kiste Glimmftengel bestellte für ’n Anfang. »Nu,« sagte er, als wir es uns alle recht bequem gemacht hatten, «miissen wir uns über den Verlauf von den Diamanten klar werden. Titus is nich so leicht. als es aussehn ut, denn wenn ich hingeh, wie ich bin, und ei nen Stein, wie diesen hier verkaufen will, denn würde das allerlei dumme Fragen gehen, und meine Geschichte würde mich tein Mensch glauben. Kann einer von Euch ’nen guten Vor schlag machen?« Wir lonnten’s nich, denn wir hat ten nie an irgend welche Schwierig teit gedacht, und nach ’ne ungemütli liche Pause fragte Hän Thedje, ob er selbst keinen Plan hätte. »Ja, das hab’ ich wohl, aber ich dachte, vielleicht hättet Ihr einen bes seren,« sagte Thedje. »Mein Plan is, daß ich mich anziehe wie ’n Patent sakle, Platthemd, Zylinder, Braten rock, und denn ’nen Wagen nehme und nach ’nen Juwelier fahre. Wenn ich ordentlich ausgetratzt hin und viel Geld zeigen tann, glaub’ ich, werden sie wohl keine Fragens stellen. Das einzigste is, es wird ’nen ganzen Po sten mehr kosten, als ich habe, um die Sache richtig zu deichseln, aber ich will Euch sagen, was ich thun werde. Wenn Jhr mich das Geld vorschießen wollt, Leute — ich werde wenigstens achthundert Mart gebrauchen —- will ich Euch das Zehnfache zurückhezah len, wenn der Diamant verkauft is. Einen vollständigeren Vorschlag kann ich doch wohl nich machen?« « »Und wer weiß, ob Du dann wie dertommst?« fragte Georg. «hör ’mal zu,« sagt Thedje und dreht sich nach ihnf um· »Du tannst noch zurücktreten, wenn Du Lust hast; wenn nich, denn denl daran, wen sein Bier Du trintst. Jch wollte gerade diesen-Punkt tlarstellen,'« fährt er fort. «Wiihrend ich die Sachen lau fen geh, will ich Euch den Diamant als Sicherheit hier lassen, und wenn ich wiederkomme, können zwei von Euch mitgehen, wenn ich ihn ver taufe.« - Das schien anständig genug, und das Geld war bald zufammen, denn die Schanze, tausend Mart fiir hun dert zu machen, bietet sich ’n Seemann nich ost. Thedje holte die Schachtel ’rau3, zeigte uns den Diamant darin und stellte sie denn aus ein Vort. »Wenn ich in drei Stunden nich wieder da bin, ist er Euer,« sagt er und grinst dabei. »Ich hab’ Mittag essen bestellt und Jhr könnt so viel zu trinken haben, wie Jhr wollt. Wenn-J Euch zu warm im Zimmer wird, laßt Klaus sein Kopp zum Fenster ’rauå stecken.« Na, wir hatten denn Mittagessen, und ’n gutes dazu. Mit die Weile, daß wir damit sertia waren, waren zwei Stunden vergangen, ohne ’ne Spur von Thedje. Hein meinte, viel leicht wär’ er übergesahren und einige von die Leute sahen ganz vergnügt aus bei den Gedanken. »Wenn er nich zur rechten Zeit zu rück is, denn is der Diamant unser, er hat’s selbst gesagt,« sagt Georg. »Zehntausend sür jedenk wenigstens. Es wär’ ihn ganz recht geschehen, wenn wir gar nich aus ihn warteten; er würd’ uns nie wiedersinden.« »So 'ne Schanze kriegen wir nie wieder,« sagt Klaus. der wohl an Thedje seine Abschiedsworte dacht. Aber die anderen sagten, sie wos ten keinen saulen Kram, und so saßen wir denn und iuckten die Uhr an, bis nur noch ’n paar Minuten an die Zeit sehlten. Kein Mensch dachte an Bier, selbst Christel Schmidt nich; jeder von uns horchte nach Thedje, aber er kam nich, und endlich war die Zeit um. Eine Minute lang Konnte keiner bewegen, nnd dann sprH Georg nach das Vort, riß die Schach tel runter und schwenkte sie in u Lust. »Er is unser Er is unsers« schreit ee nnd wir stellten und alle um ihn. »Nimm Dich in acht, daß Du ’n nich sallen läßt, Du hansnarri« kreischt Dein. »Das macht nir, wenn er’s thut; nix kann sen Diamant kaput b Du Torstopp,« sagt Man-. . . , tannste auf n Amboi legen und mit mmer drauffchlagen.« I irtlichi«« fagt Georg. »Na, hier is die Probef und bevor daß einer lvon uns ihn ftoppen konnte, hatte er Iden Diamant auf den Fußboden ge ; legt und ftampfte mit ’n Fuß drauf. Georg seine Füße müssen ursprünglich fiir 'nen viel größeren Mann be stimmt gewesen fein, und, um die Sache noch viel schlimmer zu machen, hatte er seine schweren Seeftiebel an. Wir hörten einen lnirschenden Ton, und als er feinen« Fuß aufhob, war der Diamant-m lleiner Hausen Pul ver. »Da haft Du die Befcheerung« sagt Hein. »Oder wir, meinfte wohl«'« schreit Georg und-· biiclt sich und hebt was von das Pulver auf. »Das ist Glas, weiter nix, und wir haben ihn acht hundert Mart dafür bezahlt. Dies war feine kleine Ueberraschung O, wenn ich ihn jeht blos hier hätte,« und er langte aus und stieß in die Luft. Na, das war klar genug, daß wir reingelegt waren, und wenn wir da ran denten thaten, wie wir uns mit den Lumpen die halbe Reise angestellt hatten, seine Arbeit gethan und ihn gefüttert wie ’n Preisschwein, dann giebt’s gar lein Wort, um unsere Ge fiihle zu beschreiben. Fiir die nächsten zehn Minuten war das Zimmer wie ’n Käfig mit wilden Thieren. Mitten in dem Radau kam der Wirth rein, der das Stampfen gehört hatte, und fragte, ob wir mehr Bier wünschten, und die Luft war so dick, dasz er nich durchs Zimmer sehen konnte «Bier?« schrie Georg. »Blut woll’n wir haben — Thedje KiKesling fein Blut!« Wieviel der Wirth davon hörte, weiß ich nich, aber er lief ’rauj und lam gleich mit ’n Zettel wieder, den er Klaus gab, der sich ganz schwach ge flucht hatte und gegen die Wand lehnte. Klaus wars nur einen Blick darauf und denn sanl er in nen Stuhl und sing von frischem an: er lonnt' teine neuen Worte finden. aber er brauchte all die alten noch mal aus und brauchte sie in ’ne neue Reihenfolge. Als die anderen fanden. daß der Zettel die Rechnung war für die Zimmermiethe, das Mittagessen und all’ die anderen Sachen, die wir gehabt hatten der gemeine Kerl hatte selbst das nich be zahlt — folgten sie Klaus sein Bei spiel. Einige von die Redensarten waren so kräftig, daß Sie fast Jhren Hut daran hätten aushängen können, und was die Kuer betraf, — na, der Wirth sagte, er hätt’ nun dreißig Jahre feine Witthschaft in die Hafen gegend, aber er hätt’ noch nie was ge hört, was diese Wortmalerei nahe lam men that. atiirlich, es blieb uns nix über, als zu berappen, und dann gin gen wir los und suchten Thedje Kies ling. Zlber wir haben ihn nie gesunden!« Die Schulreitekin. Skizze von Gustav Wetner. Der Zittus war start besucht. Das Auftreten der berühmten Schmette rin Teresa Mattoni hatte eine viel töpftge Zuschauekmenge angelockt. Jn den Logen zeigten sich Unähn men der Kavalletie-Regimentet neben Damen in diitinguirt einfachen Tos letten. Hier und dort bemektte man woht auch eine auffallende Schöne mit leuchtendem, roth gefärbtem haak und blitzendem Diamantschmuct. Da ztvifchen bewegten sich Kavaliere, de ten Kleiderfchnitt nach neuester Mode und innig sicheres Auftreten unjchwek den Sport- und Weltmann verra then. Mit strahlenden Blicken schaute «ein Bocksischchen, dessen rothe Wan gen von teiner Großstadtluft ange kränkelt waren, den Künstlern in der Manege zu und stimmte mit silber bellem Lachen in das dröhnende Ge lächter des Vaters ein, der eine un bändige Freude über die harmlosen Scherze des Clown-B empfindet. Der wettetseste Pelerinenmantel und der grünliche Hut mit Spielbahnseder kennzeichnen den herrn Papa als zu der Klasse der Agrarier gehörig. Und dort der dicke Großschliichtermeifter mit den vielen Ringen an den Fin gern: mit welchem Verständnisz er den schönen, in Freiheit vorgesiihrten Trakehner musterte. Er verstand et was von den Pferden, schickte er doch selbst seine Traber aus die Renn bahn. halb verborgen hinter einem Pfei le: saß ein Mädchen. Ein dunkles Trauetileid umschloß die ebenmäszige, schlanke Gestalt. Das schöne, schars geschnittene Antliß war bleich, die Augen waren wie vom Weinen leicht gethhet und die Mundwintel wie im Schmerz abwärts gebogen. Theil nahmloi zurückgelebnt hatte sie die bis herigen Vorführungen an sich vorüber heu lassen. seht seste die Musik mit einem slotten Galopp ein und herein sprengte aus einem mächtigen Gold suchtscetesa Mattoni im tuappen Reitkleide, den kleinen herrenhut aus dem vollen Blondhaot. Ja den Logen folgte man mit ge spannter Aufmerksamkeit nnd mit Or W Kennerbticlen jedem Tritte des edlen Vollbluts, dessen seines Köpfchen von rothgoldener Miihe umwallt war und dessen geblähte Nüsiern sich blut roth stirbten. Beim Auftreten der Schulreiterin Mr Leben in die Einsame hinter dem Pseiler gekommen. Sie neigte sich vor« die Augen begannen zu glühen die Wangen rötheten sich und der Athem kam rasch über die halb geöff neten Lippen. Jhr brennender Blick hing unverwandt an der schlanke· Ge stalt unten in der Manege und dem schönen Pferde, das sich willig der Leitung der kleinen Faust im Leder handschuh fügte. Dann löste sich langsam Thriine auf Thriine aus den Augen und rollte über ihre Wangen herab. Die Vorbereitungen zu dem Haupt ftiick des Abends, dem Riesensprung wurden getroffen. Die Manege wimmelte von rasch zugreifenden Stalldienern, es ent wickelte sich jene eilsertige Geschäftig keit, mit welcher binnen wenigen Mi nuten die Arbeit grschehen ist. Auch der übexeisrige Clown, der allenthal ben half und stets im Wege war, der Länge lang hinschlug und unmoti virt Radau machte, fehlte zur Unter haltung des Publikums nicht« Das Mädchen hinter dem Pseiler hatte kein Auge siir die Vorgänge im Zirlus. Dicht an der Brüstung doch halb vom Pseiler verborgen, stehend, die Hände krampshaft um die rothe Polsterung der Varriere geschlossen, so stand sie traumberloren und starrte in wette Ferne-n Der große Moment des Abends nahte. Die Menge glich einem klei nen See. Ein Holzgeriist thiirmte sich ander Seite des Zuganges nach den Ställen. Fansarengeschmetter be grüßte die Schulreiterin, die auf ih rem Goldsuchs auf dem hohen Postu mente erschien. Aller Blicke hingen an ihr. Ein Schenkeldruck, ein gleich zeitig kaum merilicher Hieb mit der Gerte, und Roß nnd Reiterin flogen in weitem Bogen durch die Lust und tauchten in dem schmutziggrau schim mernden Wasser unter. Ein Augen blick athemloser Spannung. Da tauchten sie schon wieder auf und das edle Thier erklomm mit seiner Bürde das andere Ufer und hielt. zitternd und triesend vor Rässe, doch unver sehrt. Donnernd brauste rer Applaus durch den Zirkus· Das bleiche Mädchen war auf ihren Sitz zutückgesunien. Sie hatte beide Hände vor das Gesicht geschlagen und ihre Brust hob und senkte sich in un terdrücktem Schluchzen. Dann zog sie den dichten Schleier Vor das Ant litz, stand aus und ging mit schleppen sdem Gang, den einen Fuß nach sich zziehend, dem Auggange zu. T Ein Stallmeisier begegnete ihr in Iden Gängen. Er irat zur Seite und xgriißte mit jener achtungsvollen Scheu, die man dem Leid entgegen bringi, während sie stumm dankend vorüber schritt. »Wer war das?« erkundigte sich, hinzutreten-, ein aller Herr, ein stän diger Besucher des Zirlus. «Eine frühere Kollegin, die be rühmteste Schulteiterin ihrer Zeil; gegen sie ist die Matteni nur eine Stümperin«, lautete die Antwort. »Aber sie scheint nogojung zu s ·n.« »Kautn Ende der anzig. in unglücklicher Sturz auf einer Probe. Es ist lange an ihr herumgedolieri worden, schließlich blieb sie lahm. Sie lan sein Pferd mehr besteigen.« ,, ·e Aerrnsie, und was thut sie jetzt?« »Sie ift Näherin iMi Weiß waarengefchäft. Sie hat noch eine tranie Mutter, für die sie mit großer Liebe forgt. Aber vom Zirtug kann sie nicht lassen. Der Direktor, dessen Zugftück sie einft getvefen, hat ihr aus Gutmüthigteit einen Freiplatz einge räumt. Da sitzt sie Abend für Abend und wartet auf das Auftreten der Schulreiterin. Dann geht sie heim und foll oft ganze Nächte hindurch nähen nnd sticheln.« Das fchrille Glockenzeichem das den Schluß der Pause ankündigte, machte der Unterhaltung ein Ende. Nachdenilich ging der alte herr auf feinen Platz zurück. Am anderen Abend war er wieder im Zirlus. Er ließ fein Opernglas in die Runde wandern. Nach langem Suchen fand er, was er zu fehen erwartete: das schlanke Mädchen im Trauerileid, das tslaffe Antlitz und die dunkeln Augen, die .wie gebannt an der Schuleeiterin in der Manege hingen. Bergleichend folgte fein Blick dem ihren. hier wir dort: Jugend, Schönheit, Können. Diefe genießend und im Vollbefih der Kraft — jene ausge schlossen, fortgewtefen vom Tische des Lebens und das Detz doch voll het ßer Sehnsucht nach dem einft Besesse nen. «Menfthenfchickfale«, murmelte er vor fich hin und ließ das Glas sinken. sen der Sah-einen A.: «Sag' mal, was ftectft Du denn da in die Weftentafche?« Q: «Einen Zahnftocher, vielleicht leitdkt mich Jemand zum Mittagessen e n « W Große Geistesgegenwart. — Humoreske von Th. M ii lle r. Die Bürgergefellschaft Harmonie« tultivirte unter andern gesellschaftli chen Veranstaltungen auch ein Lied habettheater. Schade war es freilich, daß unter den Mitgliedern nicht im mer jene Einigkeit zu herrschen pflegte, welche ein gedeihliches Zusammenwir ken bedingt. Seil-strebend stand dabei im Vorder grunde der bekannte Rollenneid, und es war oft recht betrüblich, mitansehen zu müssen, wie manchmal sogar bei offenek Szene sich Dinge ereigneten, die nicht dazu angethan waren, die in nere Einigkeit erstatten zu lassen, son dern direkt auf das Gegentheil hinari bit-ten So hatte sich Herr Meier einmal den beiden des zur Ausführung kom menden Stückes erträumt, und was bekam er? Eine elende erbärmliche «Charge«, eine Dienerrollei Meier fchiiumte und war aus feinen Neben bubler Müller, der den helden —- na türlich durch seine Jntrigantentiinftet —- erhalten hatte, entsetzlich geladen. Mit einer Feindseligteit sonderglei chen gegen sich selbst zermarterte er sein Gehirn. »diesen Kerl« auf den Tod zu blamiren — und er fand etwas! Seine Rolle verlangte, daß er dem verhaßten Müller einen humpen Wein zu reichen hatte-—und dieser Moment sollte seiner Rache dienen — —- denn Miiller mußte, seiner Rolle nach, diesen humpen leeren! Meter trank also vor der Ausfüh rung den guten-Wein, den er Müller reichen sollte, heimlich selbst aug, mischte dann für Müller in dem Becher ein Gebrün zusammen . . . ein Ge bräu . . . schweigen wir lieber davon! Und dazu murmelte der Erbärmlich-r noch: »Wohl betomm’s!« und lächelte sein infamstes Lächeln! Die für Müller verhängnißvoll werden sollende Szene war da. Meier als Diener reichte ihm auf ei nem stlet den Humpen mit dem . . . »Trans« und seine schwarze Seele machte in seinem verruchten Körper vor Freude die tollsten Sprünge. Müller nahm den Humpen mit groß artigem Anstand von dem Tablett, setzte ihn an den Mund, und die Ve wegung seines außerordentlich üppig entwickelten »Adamsapfels«, bezw. Kebliopfes zeigte den Zuschauern, daß er sich einen gewaltigen Schluck ein verleibt haben mußte. Meiers Gesichtsausdruck zeigte das Höchste an reiner Freude, was ein Menschenantiitz überhaupt auszudrü cken imstande ist: — «ganz aus dem Häuschen«, hieß der Grad. Aber die Besiie in ihm hatte zu früh triumphirt; fie glaubte Müller schon gänzlich vernichtet — dieser war jedoch Häher und schlagfertiger, als es sich Meter geträumt hatte Allerdings, es tann nicht geleugnet werden« Müllers Mienenspiel war ein - höchst dramatischer-. Der entsetzliche Geschmack ließ ihn den Mund weit über das Maß des Schönen ausma chen und die Augen bekamen sogar einen höchst unintelliaenten Ausdruck —- aber es waren diese Symptome fabelhafter innerer Ueberraschtheit und gewaltiaer Abneigung nur den dritten Theil einer Minute sichtbar und ebenso waren die würgenden Be wegungen des so sehr entwickelten Kehltopses uin teine Selunde länger zu beobachten s— dann hatte sich der Liebhaberniime gefaßt, und in gewal tigem Schwunge hatte er dein Tie ner, Herrn Meter, den Nest des Trankeg in das Gesicht geschleudert und donnerte in seinem getvaltigsten Tone: »Schust, Tu hast die falsche Sorte erwischt!« Natürlich raste das Publikum vor Avptaus, und Meier zog sich als der stärker Blaniirte zurück... er hatte Müllers Geistesgeaenivarl bei Weitem zu gering eingeschöntt W Pflamenwuetliiöåetnter Azetnlens Zwei Professoren der Cornell Uni versität, Bailey und Crah, haben Ver suche gemacht, nni die Wirkungen des Aretylenlichtö auf Pflanzen festzustel len. Es wurden Lilien, Kalteem Erb sen und Nadieschen zu- deanperimen ten herangezogen. Um den Einfluß desAcethlenlichts genau beurtheilen zu können, wurden gleichzeitig Pflanzen derselben Arten theils bei gewöhnli chern Tageslicht, theils bei völliger Dunkelheit gehalten und beobachtet. Es stellte sich heraus, daß dasWachh thum der Pflanzen sehr wesentlich fördert wurde, wenn sie ta s g: Sonne, Nachts deni Aectylenli t aus geseht wurden. Ein Sa Nadies n entwickelte sich dabei mit oppelter schwindigleit, 37 so gezogene Rai-iet ehen wogen 136 Gramm, während R nur bei Tageslicht ehaltene nur Sl Gramm wogen, at o weniger als die Halfte. An den Erbsenpflanzen wa ren bei den rnit Aeethlenli t be adel ten schon Blüthen und tle ne ten entwickelt, während zu gleicher Zeit bei den nur vom Sonnenlicht bestrahlt ge wesenen noch nicht einmal Knospe sichtbar waren. Moder-ne Gewissen-. Um ganz sicher zu gehen, sollten die Bauten nicht nur das Geld, sondern auch ihre —-· Kassirer einsperren.