Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 22, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    »F .
,- Zer Ehr-entkeim.
huinoresle von E. N e ck e t.
»Zwei aroßwjioffey ein kleiner
vKoffer, fünf Schachteln, eine Reise
tasche, zwei Plaidbiillen, ein halbes
Dutend Schirme! Aber liebe Adel
beid, it das nicht etwas viel für einen
vierze ntiigiaen Aufenthalt in Ban
sini Im Strandbaus dort wird doch
such nicht so viel Totlettenluxuö ge
trieben, was willst Du mit all’ dem
Kram denn eigentlich anfangen?"
»Aber lieber Mann, ich habe doch
nur das Allernotbwendigfte mith
nommen. ich kann doch im Seebad
nicht nackt und blon herumlaufen.
Außerdem ist doch auch ein Theil von
Klärchens Garderobe dabei!«
»Also nur das Allernothwendiastel
Ich danle —- das wird eine schöne
Uebers-tacht loslen.'·
Das Gespräch fand an einem schö
nen Sommetmoraen in einem elegan
ten hause der Friedrichstrasie zu Be
beim, der Provinzialhauptstadi, zwi
schen dem Branddirettor Müller und
seiner Gattin, Frau Adelheid, geb.
von Stibbe, statt.
» Mit einem schweren Seufzer mu
fterte der Hausberr nochmals den
Hauer Geviicl, als plötzlich sebr leb
haft die Klinael ertönte. Kurz darauf
lam das Dienstmädchen derein;
»Herr Direktor, draußen ift eine
Putotschion. die Sie sprechtn will.«
»Was siir’n Dina?«
»Da, drei Männer im schwarzen
Fracl und hoben Hut.«
»Ach so, eine Deoutation — was
wollen denn die? Wabrscheinlich eine
Bitte um Unterstützung! Aber ich habe
ietzt keine Reit, sagen Sie Ihnen nur,
ich wollte eben verreiien -- -— aber, o
weh. da sind sie schon!"
Lanasam wanden sich durch Koffer
nnd Schachteln drei Männer.
Schwarze Fräckr. urspriinalich siir
eine länast entschwundene Generation
aebaui, und lanafchößiae weiße Westen
bedeckten die Oberlörver und wurden
an Unmodernität nur von den irden
falls von Anno 1 stammenden Rnlins
dern übertroffen Richciae Klein
städter!
Feierlicher Ernst und hohe Würde
laa auf den Mienen der drei Männer.
Von denen der Erste eine lanae, baaere,
bartlose Gestalt war. während der
Zweite, kurz und dick, sich eines an
aenebmen Väuchleins erfreute. Der
Dritte war ein kleines zierliches
Männchen mit fvitzer Nase, spitzem
ichwanen Schnurrlnebelbart. der sei
netzt Gesichte etwas Mephistophelischez
aa .
Noch hatte der Vranddirettor sich
von seinem Erstaunen nicht erholt, als
die drei Gestalten sich wir Automaten
feierlich netbeuatett. der Lanae seinen
aroßen Mund aroß öffnete und also
beaannr
»Hochbereh:ter lHerr Beanddireltork
Nicht allein in unserer Heimatster
vinz, sondern auch in all: n Protinzen
unseres deutschen Vaterlande-i —
nicht allein in den Prodiuzen des deut
schen Vaterlandes, sondern auch dar
iiber hinaus, nicht allein iiber den
Provinzen hinaus —- sondern auch -——
—- in allen Provinzen —- —-«
Anscheinend hatte der Sprecher hier
schon den Faden seiner Rede verloren,
er drehte in wahrhaft beänastigender
Weise seinen Hals, wie ein S,torch der
in der Wiese Frosche sucht, räusperte
sich drei-, viermal sehr energisch und
begann nochmals:
»Nicht allein in. den sämmtlichen
Provinzen des deutschen Reiches, son
dern auch in dcn anderen Provinzen
und darüber hinaus —— nicht allein in
unserer Vaterstadt, sondern auch in
unserer Provinz und darüber hin ——«
,,Niim1ich —- Herr Branddireltor
»wir bringen Ihnen einen silbernen
Ehrenhelm," siel hier der Dicke dem
Redner in’s Wort. »Wir sein Sie
nämlich aus Altröbelbach und haben
viel von Jhnen gehört, und daß Sie
so viele sreirvillige Feuerwehren ge
gründet hoben, wir han aber noch tei
ne Feuerwehr, aber die Neuröbelbacher
han schon eine und haben ihrem
Hauptmann einen Ehrenhelm ar
schentt, der is Sie aber man von Neu
silber —- und was die Neuröbelbacher
tönnen, das können die Altröbelbacher
erscht recht. und weil wir noch keine
Feuerwehr haben und darum auch
noch keinen Hauptmann, so haben wir
Altröbelbacher beschlossen, Jhnen ei
nen Ehrenhelm zu schenken -— es ist
aber tetn alsenidener, wie den Neu
tiibelbacher ihrer, nein, unserer ist
ganz von echtem Silber, und wir Alt
riibelbacher, toir können uns das er
lauben, wir haben’s ja dazu —.«
Ganz erschöpft schwieg der Dicke,
der seine Rede wie einen Wasserfall
herausgesprudelt hatte, und wischte
sich mit einem mindestens einen Qua
dratmeter großen, rothen Tuche den
Schweiß von der Stirn.
« Feierlich nahm der Branddireltor
den blanten Helm in Empfang und
lud die Herren zu einem Glas Wein
ein, was sie erst nach längere-n Prote
stieen annahmen. Frau Adelheid saß
während der lebhaften Unterhaltung
wie aus Kohlen, denn der Zug wartete
nicht, und es fehlten nur noch säus
undvietzig Minuten bis zu seinem
Abgangr. —- Endlich ging die Depa
tation, und das Ehepaar machte sich
aus den Weg. während Märchen, die
achtzehnjährige Nichte, allein zurück
blieb, um die Ankunft ihrer Mutter
aus Berlin zu erwarten und dann mit
» dieser nach Bansin zu folgen.
Während Märchen etwas Ordnung
schasste, mochten vielleicht zehn Minu
ten vergangen sein, als es wieder und
zwar sehr energisch, klingelte.
Märchen öffnete, und vor ihr stand
ihr Vetter Assessor Haber.
»Bist Du es Frist« fragte sie unb
erröthete ohne jede Veranlassung.
-»Na, natürlich bin ich’s —- Klär
chen —- Guten Tag — ist der Onkel
zu Haus?«
»Nein, Fritz, eben abgereist!«
,,Abgereist —- das ist ja einfach
sckeuszlich muß der gerade heute ver
reisen! — Das ist ja furchtbar schreck
lich — haarsiröubendl —- Verreist!«
Wie ein aelnirltes Rohr sank der
Assessor in einen Sessel. Aber nur we-.
nige Minuten brütete er düster vor sich
hin, dann sprang er aus und rannte
im Zimmer hin und her wie eine Hy
äne im Käfig. -«
Klärchen schaute erst ganz sprachlos
zu, dann aber begann sie:
»Aber Fritz, was hast Du denn? —
Jch kann doch nichts dafür. Onkel und
Tante haben es gestern beschlossen.
Was hast Du denn, ist Dir was Un
angenehmes passirt?«
»Es kann mir gar nichts Unanae
nehineres passiren als diese verwünsch
te Reisr. Du weißt doch. daß Onkel
mein Bankier ist, bei dem ich Geld bole
wenn ich was brauche. Jch bin augen
blicklich ganz abgebrannt—trotz des
Onkel Branddirektors —- höllischer
Witz, was? Kommt vorhin einer mei
ner besten Freunde, der Referendar
ZimpeL aus meine Bude aestiirmt und s
will mich anpumpen. Das Unglücks- ;
wurm hat aeieut, verloren und muß "
bis heut Mittag bezahlen. Jch hatte ;
ihm natürlich eine ariindliche Stand- H
rauke gehalten, weise ihn daraus hin, J
daß das Spielen ein Laster und den J
Charakter verdirbth Du brauchstj
übrigens nicht so spöttisch zu lächeln,
Märchen — kurz und gut, ich mache -
ihm die Hölle ordentlich heiß, aber»
schließlich muß ich doch versprechen, ;
ihm set helfen, denn das leichtsinniqe
Hahn will sich sonst todtschießen. Er
sitzt nun aus meiner Bude und wartet ;
aus den Mammon. Sitzt dieser On- ,
lel jahraus jahrein wie eine Schnecke
in seinem Haus, und nun, wo man
ihn gerade braucht, reist er nach
Bansin. ’S ist wirklich zum Todt
schießen!«
»Aber, Fritz, wieviel brauchst Du
denn?«
,,Pah, lumpige hundert Mark, mehr
nicht -—— aber die muß ich haben, sonst
schießt Zimpel sich todt, ich bin bla
mirt und schieß’ mich auch todt, alles
weil es Onkel einfällt, gerade heute zu
verreisen.«
»Aber, Fritz, Du wirst doch nicht
so schreckliche-E- thunZ Vielleicht können
wir noch Rath.schassen. MeineWirth
schastslasse stelle ich Dir zur Verfü
auna. —--— Las-, mich mal nachzählen
Siehst Du —-— 51 Mark 15 Pfennig.
Hast Du denn got nichts Mehrs«
»O doch-ich hab’ immer noch ein
Zwanzig- und ein Zehnmartstiick mit
dem Bilde Kaiser Friedrichs, und da ;
noch einen Thaler, drei Nickel, sieben
Biermartem zwei Knöpse, in Summa l
83 Mart 80 Pfennig, die Biermarten l
gar nicht gerechnet Wenn wir unsere i
Rassen zusammenschmeißen halsen
wir schon 84 Mark 45 Pfennig. Wo
bekommen wir aber die fehlenden 15
Mart 55 Pfennig her? -— Halt, ich
hab’s, so tvird’s geh’n!«
Des Assessors Auge war aus den in
der Sonne blitzenden Ehrenhelm ge
fallen und leuchtete freudig auf. Aber
ebenso schnell wurde es wieder trübe, !
und trostlos rief er: l
« »Nein, das ist auch nichts, derHelm
ist «doch blos-, von Blech —— ich hätte
sonst-— ;
»Nein Fritz, der Helm ist von ech- I
tem Silber, der dicke Herr hat es vor- »
hin Ontel ganz sest versichert.«
»Was —-— von echtem Silber —
hurra, dann ist uns geholfen. Jch
trage das Unthier aufs Leihamt, 15
Mart 55 Pfennig bekomme ich wohl
dafür! Morgen lasse ich mir telegra
phisch Geld von Haus anweisen und
löse ihn wieder ein. Hurra, Märchen,
zwei Menschenleben sind cerettet!«
Damit hatte er die sich in ihrer
Ueberraschung kaum sträubende Kon
sine umarmt und ihr einen herzhaiten
Kuß aus die rosigen Lippen gedrückt
und war hinaus, die Treppe hinunter.
Klarchen war noch ganz sassunas
los, sie war sich noch nicht einig« ob der
stuß Fritzens nur ein Olusbruch seiner
Freude war, oder obderselbe sie viel
leicht gern habe. als das Dienstmäd
chen mit der Meldung herein kam:
,,Fräulein, die Putatschion ist schon
wieder da.«
Dicht hinter dem Mädchen tauchten
aukh schon die drei ominösen Gestalten
au . .
»Nehmen«Sie’s man ia nich iebel«,
begann der lanqe Sprecher fast schilchs
tern, »wir han uns versehen --—«
»Na rede nur nicht lanae. Mitmen
lich«, unterbrach ihn der Dicke wieder
»me: han uns nämlich aeirrt, der
Helm ist gar nicht siir diesen Herrn
Müller, der soll fiir einen Herrn Mül
ler, der nebenan wohnt, und da meckp
gen wir den Helrn man gern wieder
an.«
Märchen war wie vor den Kopf cre
schlagen. Aber resolut, wie sie war,
sagte sie gefaßt: »Den Helm bat mein
Onkel wmitgenomrnen ich bedauere
»Na —- das is ne scheene Beschn
rung — da harnen mer de Vastete!«
Der kleine Mephistopbetes, der die
sen Seufzer hervorstieß, sal) geradezu
kläalich dabei aus.
»Die Herrschaft kommt zurück«,
meldete das Mädchen zur unbändigen
Freude der Deputation, während
Alarchern deren Nothlüge nun ans-Ta
geslicht kommen mußte fast ohnmäch
tig auf den nächsten Stuhl sank, als
Onkel und Tante eintraten.
»Wir haben leider den Zug verpaßt
—- zu unangenehm«, sagte verstimmt
Herr Müllers da merkte erdie frem
den Herren, die ihn iiber die Sachlage
auftliirten.
»Bitte, Märchen, gieb den Herren
docb den Helm«, sagte ärgerlich der
Onkel.
Aber Klärchen hatte sieh weinend
zur Tante gefliichtet und sagte kein
Wort .
»Gdb’n Se’n man raus, Herr Di
rektor«, triihtcs nun der kleine Mephi
stopheles, ,,Se han den Heim ja im
Gasser.«
f -?Was, ich hätte den Heim im Kos
er «
»Gewiß, das Freilein hat’s uns ja
eben erseht erzählt — backen Se’n man
Aus, Herr Direktor.«
Jn diesem Augenblick kam glück
licherweise der Assessor zurück, den
ominösen Heim in der Hand, welcher
der freudestrahlenden Depntation na
türlich sofort übergeben wurde,— wor
auf diese unter vielen Entschuldigun
gen schleunigst abzog.
Nun aber verlangte der Branddiret:
tor ganz energisch Aufklärung.
Diese gab ihm der Assessor, der sehr
veraniigt war. Er erzählte ihm, was
vorgefalten, und daß der Tarator aus
dem Leihamt ihm höchsten-Z Z Mark
halte bewilligen wollen, da der Heim
nur von ganz gemeinem Blech sei. Er
sei in halber Verzweiflung fortge
stiirzt, da habe er glücklicherweise einen
guten Bekannten getroffen, der lHbm
gniltxder fehlenden Summe ausgeh sen
a .
Erst wollte der Onkel dem Melusin
nigen Neffen eine ganz gehöriae ;
Strafpredigt halten, aber dieser mach- «
te sich ersichtlich nichts daran-Zu Jm
Gegentheil, er war sehr vergnügt. und -
wähernd der Ontel noch redete, fraite
er Klärchen ganz leise, ob sie ihm im
mer so treu zur Seite stehen wolle ——- »
ein ganzes Leben langW nnd ihm hel
sen, wenn er in Notl) sei -«-— u. s. w.
Diese aber nidte selig und demBrand
direttor blieben alle seine Mahnungen
und guten Rathschläge im Mund-e :
stecken —als Fritz nnd Klärchen Arm »
in Arm auf einmal vor ilnn standen
und ihn um seine Fiirsvraclie beiltliip
chens Mutter baten, die am andern
Taae in Viehe-im eintreffen sollte.
Geriihrt umarmten Onkel nnd
Tante das Brantpaar.
»Die Putatschion ist schon wieder
da«, meldete das Mädchen mitten in
die Rührung hinein.
Und wieder erschienen, dem Mäd
chen auf dem Fuße folgend, die drei
Unglücke-raben. Kaum hatte der Lange
seine Nase in die Thiir gesteckt, als-s er
gugh schon mit ansiallender Hast an
u :
»Hochgeehrter Herr Branddirektor!
Nicht allein in dieser Provinz ——- nein
auch darüber hinaus-nicht nnr dar
über hinaus-sondern s-— sondern—--«
,,Herrrr!! Was wollen Sie noch!«
brauste Herr Miiller auf, ,,rnachen Sie »
endlich, daß Sie —« ’
»Hären Se Herr Branddirkltor
unterbrach ihn der Dicke. »Es s Sie
nämlich doch richtia Der scheeneczelin
ist siir Sie bestimmt, der Herr Miiller ;
nebenan hat uns rang-geschmissen l
Nehmen Sie-s man ja nicht fiir uns-it
tia. Meine Herrschaften mer habe die
Ehre uns Sie tanz erlepenft zu em
'pfiihlen.«
Damit verschwanden die drei schlen
Piåift nun wirklich auf Nimmertsjieders
e r.
Branddireltor Miiller wie Regie
rungsrath Hubers» denn das wurde
der Assessor bald, hielten den Blech
helnr in großen Ehren. Erinnerte er
sie, besonders die letzteren, doch an die
schönste Stunde ihres Lebens
Jn tiefem Schnee fanden sie ihr
Grab
Eine wahre Geschichte aus«-« Alaska.
Von R u f u S.
i
Jeden Tag spielen sich in dieser ;
I« i
t
Welt Tragödien ab. von denen die
Menschheit im Großen und Ganzen
nichts erfährt —- nur so zufällig hört »
man etliche davon einmal, wenn man !
irgendwo mit einem ziisamrnentrifft,l
der bei einer solchen Traaödie mit-ge
wirtt hat und dann, vielleicht viele
Jahre später-, Abends beim Laaerfeuer
oder am Kamin davon erzählt. So
bin ich zu folgender Geschichte gekom
men, die sich vor nun ungefähr zwan
zig Jahren in Alasla zugetragen hat
und für deren Wahrheit ich bürgen
kann, denn ich weiß, daß der Mann,
der sie mir erzählt hat nie ein unwah
res Wort gesprochen hat.
»Ich war am Wuton,« — so er
zählte er mir, -—— »ani Fuß des Wash
Late, zusammen mit etwa dreihun
dert Anderen, und wir laaen in einem
Camp und bauten Boote-, um zusam
men den Fluß hinab zu aehen. Da
wurde der tleine acht Jahre alte Bob
schwer trank. Er war mit feinem
Vater, welcher Brassel hieß, zu uns
qetommen, u·nd wir alle hatten den
prächtiaen Junaen lieb aewonnen —
wir konnten nicht beareisen, warum
der Vater ihn mit sich aebracht hatte,
es mochten wohl aanz besondere Ums
stände sein« die ihn dazu veranlaßt
hatten. Und nun war der Junge
lranl. wurde täalicb schlimmer, und
die dreihundert Männer unseres La
aers waren darüber einia, daß er nur
noch gerettet werden konnte, wenn er
nach Inneau zu dem dortigen Arzt
gebracht wurde. Aber Juneau war
hundertundzwanzia Meilen weit vorn
Wafb Late.
Wenn aber dreihundert Männer
wie diese Männer über etwas einig
sind, dann geschieht es —- es wurde
beschlossen, den Knaben nach Juneau
zu bringen« Natürlich war der Vater
Derjeniae, der in erster Linie dazu
bestimmt war, den Weg zu machen,
und der Zweite war ich. Warum man
mich dazu- erwählte, hatte seinen
Grund —- mein Partner war einige
Taae vorher mit seinem Schlitten in
ein offenes Loch gerathen, als wir
über den See marschirten und war
vor meinen Augen ertrunien — wir
hatten ihm nicht helfen können, denn
das Wasser hatte ihn sofort unter das
Eis aerissen. Seitdem sah ich den
Partner vor mir, wo ich ging und
stand —- ich sah, wie er den großen
Fluß hinabaetrieben wurde unter
dein Eis, ich konnte das Bild
nicht loswerden, und das machte
mich unfähig zur Arbeit. Da dachten
sie wohl, ich sei der rechte Mann dazu,
mit Brassel und seinem tranken
Söhnlein nach Juneau zu marschiren
—- das würde mich aus andere Gedan
ken bringen.
So wurde denn ein Schlitten zu
recht aemacht, mit Bettzeua versehen,
mit Nationen für fünf Tage beladen,
der Knabe wurde darauf aebettet, und
fort aina’s in die Wildniß hinaus. Es
war ein hartes nnd aewaates Unter
nehmen, aber der Knabe war todt
trani, es mußte sein. Der alte Pferde
doktor Blackstoff, der bei uns war,
saate, es sei das Berg-Fieber, nnd der
Junae könne nur in Juneau gerettet
werden.
Der Abschied vom Lager war er
areifend in seiner schlichten Einfach
heit. —- ,,Jungens«, sagte Brassel mit
einer ihm eigenthiimlichen Feierlich
leit, ,,oielleicht wird es nicht gelingen,
aber ich will es versuchen. · Ich liebe
das Gold, aber ich liebe den kleinen
Kerl noch mehr. Jhr Alle seid gut
gegen den Kleinen und geaen mich ge- ;
wesen. ich danke Ench. Und wenn es «
Am »Forth Milc« lFlnssch Gold aiht. ;
so wünscht Jack Brassel Euch, daß»
Ihr es sindei.« l
Alles war hedertt mit Eis nnd »
Schnee, als wir aufbrachen —— ich sehe «
es noch vor mir, als ob es gestern ae- ;
schehen wäre. Und am Himmel spiel
ten die Nordlichter um den Vol herum
mit einander Versteelen. Zuerst aina
es fiinfundewanzia Meilen lana iiber
den See-— es war ein scharfe-s Mar
schiren und ich Vase-te aus« dass wirt
nickt in offene Stellen aeriethen - -— ich ;
musite jeden Anaenblick an meinen;
Nartner denken. Vrassel sprach
Stunden lana kein Wort ——— er Joa.
den Schlitten mit dem Knaben, und«
ich hiirte wie das Kind hier nnd da
im Delirinm sprach und ,.Mama!
Mamal« ries. Dann drehte sich
Brassel um nach ihm nnd saate sanft
wie eine Mutter: ,,Bohhie, wir aehen
heim Zur Mutter. habe Geduld klei
ner Mann, wir werden schon hinloms
inen.«
Ich konnte kaum die Tbränen zu
rückhalten, wenn ich denMann so spre- t
eben hörte, es schnitt mir ins Herz.
So gina die kurze Alaska Mai-Nacht
dahin, und die Sonne aing auf. Wir
aßen unser Frühstück und weiter ainas
-— den ganzen Taa, denn Brassel
marschirte voran und ich konnte und»
wollte nicht zurückbleiben Gegen :
Abend waren wir 60 Meilen weit
marschiri. Der Knabe war währendj
des Taaes besser gewesen Abends lam
das Fieber wieder und er pbantasirte ;
Bald war er auf dem Dampfer, aliick- ;
lich und srob. bald war er zu Hause s
bei der Mutter, und trieb dort das
Vieb auf die Weide· Sein Geist
wanderte von Szene zu Szene
----er war schwer krank. Brassel sprach
nur wenia —- er machte ssrb Vorwürfe
daß er den Knaben mit sich gebracht
babe. »Smitb«, saate er Zu mir, »ich
mus; das Kind retten — ich muß beute
Abend noch weiter.«
Es war nicht möglich, ihn zurückzu
halten —weiter aina’s, nach kurzer
Rast, über Eis und Schnee. Jetzt
waren wir vierzig Stunden unter
wegs, da konnten wir nicht mehr wei
ter. Wir packten das Feind ein, als
der Morgen anaebrochen war, und
leaten uns nieder Und schliefen, wir
schliefen bis zum Abend, so zum Tode
erschöpft waren wir. Da weckte mich
Brassei. Er jubelte sast,ser sagte, der
Knabe sei besser —— das Kind war bei
llarem Verstande. Aber als ich die
stammenden Wangen des Knaben sah
und die sonderbar leuchtenden Augen«
da wußte ich, daß er nicht besser war
— sarer ich hatte das Herz man, es
dem Vater zu saaen. Und als der
sinabe dann sprach: »O was bin ich
froh, daß wir nach Haufe aehen,«
und hierauf zu seinem Vater saate:
»Nun thue, wie die Mama es thut,
und tniee bei mir nieder und bete mit
mir,« da lnieete ich auch mit nieder
nnd das Kind betete fein Abend
aebet: ,,Miide bin ich, aeh’ zur Ruh’,
schließe meine Auan zu; Vater, laß
die Auaen dein iiber meinem Bette
sein«. Der Knabe schlief ein, und
wir aßen ein wenia, und dann bra
ehen wir wieder auf. Am Morgen
waren wir am Laie Linderman, und
ietzt war nur noch die große, mit
Schnee bedeckte Beratette zwischen uns
nnd dem Meere, noch dreißia Meilen
weit. dann waren wir am Ziel.
Wir hatten erwartet, hier Jndianer
zu finden, die uns weiter helfen soll
ten nach der Küste, aber es waren
teine da. Das war- schlimm, aber
Brassel verlor den Muth nicht. »Wenn
Gottes will, so werde ich den kleinen
Burschen nach dem Sheev Camp brin
neu-dort finden wir sicher Freunde,
die uns nach der Küste weiter helfen.
Könnt Ihr es noch ein paar Stunden
länaer aushalten, Smith?«
Ja, ich konnte es—so antwortete
W
I
ich, ohne zu wissen, ob es Möglich war,
und fort ging es. Aber nun ging die
Noth los-—alles Borherige war da
gegen nur leichte Arbeit gewesen.
Jetzt gings die Berge hinauf, und
Schnee und Sturm stellten sich ein.
Immer dunkler wurde der Himmel,
immer schlimmer das Wetter, und die
Kälte wurde schneidend. Da. zog
Brassel seinen Mantel aus und deckte
das Kind damit zu —- in dünnem Rock
marschirte et weiter. Er war ein
Held — so heldenhaft, wie nur je ein
Mann gewesen ist.
Aber seine Kraft war zu Ende-—
ich sah das und wußte nicht, was nun
mit ihm werden sollte. Brassel mußte
wohl auch zu dieserErlenntnifi gekom
men sein, denn plötzlich nahm er meine
Hand und sagte: ,,Smith, ich kann
nicht mehr weiter, ich mus; einen
Augenblick ruhen. Aber ehe ich mich
lege, versprich mir, daß du für den
Knaben sorgen willst, so lange du es
vermagst; versprich es mir, ehe ich
mich lege.«
Ich reichte ihm stumm die Hand-—
dds war das Versprechen. Da hob
Brassel die -Decke, die er ijber den
Knaben gebreitet hatte, um ihn noch
einmal zu sehen, ehe er sich lege —
und da sahen wir, was ich befürchtet
hatte —das Kind war todt.
Ich konnte es nicht mit ansehen —
ich wandte mich ab und ließ den Vater
bei dem todten Kinde allein. Allein
wanderte ich den vor mir liegenden
Hügel hinauf, um dort auf Brassel zu
warten. Etwa dreihundert Schritte
von dem Platze, wo ich ihn verlassen
hatte, setzte ich mich, vor meinen Au
gen wurde es Nacht, die tiefste Er
schöpfung nfachte sich geltend, eine
Ohnmacht umfing mich.
Wie lange ich da gelegen haben mag,
weis-, ich nicht -— donnerähnlicher
Lärm weckte mich, und zwei Männer
riefen mir ins Ohr, ich sollte auf
stehen, sonst müsse ich erfrieren. Jeb
fragte sie nach meinem Freunde; es
waren zwei Jtaliner. Aber sie hatten
meinen Freund nicht gesehen, und
fragten mich, wo er sei. »Da unten,«
antwortete ich, ,,da unten im Can
hon«. Aber da war kein Canyon
mehr, denn eine Lawine, die sich von
oben berabgewäth hatte, hatte das
Thal unter mir ausgefüllt, aus dem
ich herausgestiegen war, und unter dem
Schnee, tief unten. unter zehntausend
Tonnen weißen Schnees lag Brassel
zusammen mit seinem todten Söhn
chen zur ewigen Ruhe gebettet.
- h-—
Kostbare Teppiche.
Von kostbaren und merkwürdigen
Teppichen erzählt eine Londoner Wo
chenschrift: txin besonders prachtvouer
perscscher Teppich wurde turzlirh nach
England gebracht, als einGeschent des
Schuh an denttönig Er ist ganz
und gar Handarbeit; seine Herstellung
nahm trotz der großenZahl der Ar
beiter, die daran veschaftigt waren,
iiber drei Jahre in Anspruch. Es ist
ein höchst kunstvolles und komplizirtes
Muster, in das hinein der Name des
Königs »Edward der Siebente« ge
webt ist. Einen Gebetteppich von er
lesener Schönheit besitzt das Sout -
KensingtomMuseum in London. sr
mißt ungefähr 33 zu 20 Fuß, und er
wurde für einen Preis von 812,500
gekauft, hauptsächlich auf das Betrei
ben des Dichters William Morris hin,
der selbst eine größere Summe zu die
sem Zwecke zeichnete. Dieser Teppich
tam ursprünglich aus der Moscheezu
Ardebil, für die er im Jahre 1540
von Maksond von Kashan gemacht
war: diese Thatsachse wird zusammen
mit einem frommen Spruch in eilige
tvebten Worten verzeichnet Zwei
andere prächtige Teppiche sind vor
vier Jahren in Lissabon verkauft wor
den, um die Wiederherstellungskosten
des königlichen Klosters von St.An
toniv zu bestreiten; diesem waren die
Teppiche im Jahre 1500 von einer
Jnfantin aeschenkt worden. Um die«
Teppiche, hervorragende persische Ar
beiten, die 18 Fuß im Quadrat mes
sen und mit Gold gestickt sind, ent
spann sich ein heftiger Kampf. Das
Angebot begann mit 84500 und stieg
schnell aus 88500, zu welchem Preise
ein Franzose die Teppiche erstand.
Die öffentliche Meinung war indessen
so sehr gegen diesen Verkauf, daß
zwei andere, gleichfalls lverthvolle
Teppiche, die gleichfalls versteigert
werden sollten, zuriickaezogen werden
mußten. Ein merkwiirdiger Teppich
ist vor Kurzem in Caesaera beme
stellt worden. Er zeigt eine Darstel
lung der Sei-lacht von Trasalgar.11nd
zwar jenen Moment in dem entschei
dunasfchweren Kampfe, in dem Nel
son feine verhängnißvolle Wunde em
pfing. Der Teppich ist ganz ans
Seide, er mißt 7 zu 6 Fuß, zwei
Mädchen webten 14 Monate daran
nnd er wurde dann fiir 82000 ver
kauft. Auf der Londoner Vieltaus
ftellung von 1851 wurde ein vollkom
mener Kaschmirtevvich vom Maha
radscha Goolab Sinab aezeiai. Er
war ganz aus Seide zusainmenqeseyt,
und jeder Quadratfnfi enthielt nicht
weniger als 10,000 Knoten.
-.---—
Die böte Köchin.
»Nun, habt Jhr Eurer Köchin ge
kündigt?«
»Noch nicht! Damit warten
wir, bis wir auf dem Lande sind —
dann thun wir’s von dort aus schrift
lich!«
Vorsichtig.
Onkel: .,Lieber Neffe, Du solltest
doch etwas mehr sparen!« —- Neffe
,,Ach, mit dem Sparen! Haft Du
nicht gelesen, Onkel, daß wieder eine
Sparkasse zu Gunde gegangen ist?«
sue
Ueimaithender Tritt-.
»Was machst Du« sür ein glückli
ches Gesicht, Frauchen -——— ist Dir PG
besonders Erfreuliches passirt?« s
»Dente Dir, ich habe heute sekis
gekocht und Niemand von Euch hakt
gemerkt!«
In Gedanken.
Bankiersgattin (zu ihrem, ties in
Arbeit versunkenen Gatten): »Um
Himmelswillen, der Karl hat ein
Zehnmartstiick verschluckt!«
Gatte: »Na, was regst Du DiesA
auf? Da hast Du ein anderes!"
Schwester-liebt
Mamat »Nun, Röschen, was wün
schest Du Dir denn zu Deinem Ge
burtstag?«
Röschen (die sich gerade mit ihrem
kleinen Bruder gezankt hat): »Daß
der Alsred einmal ordentlich durchge
wichst wird.«
Prärisc bezeichnet.
Erster Soldat: »Warum sieht un-»
ser Kamerad Meyer in letzter Zeit so""
melancholisch aus?«
Zweiter Soldat: »Der ist in eine
lsochherrschaftliche Speisekammer un
glücklich verliebt.«
Bedeuiend gebessert.
Kastellan: »Das Schloß war stiis
her ein berüchtigtes Raubnest, in wel
chem den Reisenden Alles genommen
wurde, was sie besaßen. Jetzt wird
hier blos noch Trinkgeld genommen.«
Nach den Flitterwochetn
Er: »Ich will Dir ja gerne mein
ganzes Monatsgehalt abliefern, liebes
Weibchen, aber etwas muß ich dochj
als Biergeld behalten.
Sie: »Wozu den, mein liebes
Männchen, da Du doch nie ausgehen
wirst!«
Beruhigt.
Kunde: »Wie die Ziehung ist wie
der verschoben worden?«
Collerteur: »Nur um acht Tage.«
Kunde: »Na, das geht. Solange
reicht mein Geld gerade noch.«
Nur nicht aufrech.
Cigarettcnreisendert »So Tal
be - Siritz - Cigaretien rauchen Sie
missen Sie auch, daß Sie da nut
die Ausstattung und nicht die Qua
lität bezahlen?«
Studiosus: »Und wissen Sie denn«
ob ich sie überhaupt bezahle?«
Scheinbarcr Widerspruch.
Fabrikant: »Jetzt weiß ich erst rechk
nicht, ob ich dem Mayer kreditirm
soll. Jch habe zwei Austiinfte über
ihn erhalten, die eine lautet gut uns
die andere schlecht.«
»Da halte Dich nur an die letztes
Auskunft. Die schlechte ist gewöhnlis
immer die gute.«
Sehr tichtikr. «-»
Lehrer: »Was ist Ei siir einWortF
Schüler: »Ein Lmuptwort!«
Lehrer: »Welches Geschlecht?'«
Schüler: »Dös woas mer no net
bis es aus-krochen is!«
Entweder —- oder.
Dame: »So oft ich Klavier spiele.
kommt mein Kleiner und unterbricht
mich; das Kind ist sicher sehr unumsc
talisch.«
Herr (Musikprofessor): »Ob« sehr
musikalisch!«
Die Hauptsache
»Welchen halten Sie fiir den besten
Platz zum Studiren für meinen-Sohn,
München oder Berlin?«
»München natürlich!«
»Weshalb?«
»Na, weil da das Bier bedeutend
billiger is.«
Auch ein Glück.
A.: »Ich weiß mir gar keinen Rath
mehr, so schrecklich Viel Ratten habe
ich im Hause«
B·: »Sie Glücklicher!«
A.: »Was sagen Sie?«
B.: »Bei mir verhungert sogar das
Ungeziefer.«
Die Schmicrrn
Theaterdirektor Cals das Publikum
stürmisch nach dein Darsteller des
»Othello« ruft)r »Meine Herrschaften,
der Othello kann leider nicht erschei
nen er hat sich bereits gewa
schen!«
Acnnstlich.
Medizinalrath (r)or einer Reise zu
seinem Stellvertreter, einein jungen
Arzt): »Meine beiden besten Patien
ten sind Kommerzienmth Goldstein
und Staatsrath Schenken lassen Sie
mir die ja nicht sterben!«
So herum.
»Wodurch ist der Konnneriienratf
Baumann so reich geworden?«
»Durch Bücklinae.«
eIst er denn ein so großer Stre
ber?«
»Nein, aber er hat eine große Fisch
handlung.« (
Der see-streute Berichte-Matten
sDie ganze Seemacht der kleine-s
Republik besteht nur aus 12 Kreu
zern —.— 24 Heller neue österreichische«
Währung. " ·