Oasen-: schreit-stinkt m Iv : Tinte kunkmngpi. « No 172. — !E paar Dag zurück is der Mehlmann komme un hat an unser-Hans gestoppt. Jch hen gedenkt, well der werd doch leinBrief von den Phi iipp hen, was mein Hosband is? Der Phil werd doch nit so leichtsinnig fein un en Brief schreiwe, un sei schöne Zeit bei den Wedesweilek misse. Der Mehlterrier hot mit mich geschmeilt un das hot mich mähd gemacht· Was die Kund hen ich gedentt, was Hot der Fellek for e Bißneß mit mich zu schmeileL Wann er mehbie mit mich flöete will, dann will ich den Kanne schon ficisr. Jch sin an die Pohttsch komme un do hot er noch mehr ge schmeilt un hot gesagt: »Ich freue mich immer wann ich so e gutguckige Lehdie sehn; hier in die Nehberhutt do hot’s nur e paar alte Wimmen un for den Riesen is es for mich e Re lief, wann ich emol ebbes diesentes sehn.« Jch hätt am beste gegliche, den Fellek e diesenteö Pies von mein Meind zu gewwe, awwer ich kann doch nit gut Jemand rohste, wann er mich Flätteries sage duht un do hen ich gedenkt, well, so en Mehllerrier hat ja auch Auge im Kopp un kann distinknische was schön un was nit schön is. For den Riesen hen ich auch weiter gar nicks gesagt un hen ihn blos noch en Schmeil gewwe. Er hot dann nicks mehr gesagt un hot en Brief aus sein Säck geholt wo an mich edreßt war. Jch hen mich reiteweg hingesetzt un hen gelese. Schuhe ge nug is es en Brief von den Philipp gewese. Das is, was er geschriwwe. hot: .,Lizzie-Hannie,« so duht mich der alte Fuhl immer in sei Briese edrefse — Lizzie-Hannie, ich will dich emol ebbes sage. Es is gut genug, dasz du sor dei Gesundheit e kleine Jedehschen nemme host wolle un du host ja auch. Wann du awioer denke duhst du könntest e halwes Jahr in den Farmhaus stehn, dann bist du schief gewickelt. Du host auch sozusage en Mann un Hogbond un iwwerhaupt ich gleiche gar nit, daß du so lang stehn duhst. Jch hen jetzt schon die ganze Zeit kein diesenteg Miehl mehr gehabt un ich hen schon so ebaut drei ßig Pund verlore. Wann du nit rette-— weg widder kommst, dann findst du mehbie noch Schlinn un Vohng von mich un das is all was du sindst. Also frag ich dich mitauz Dileh heim zu komme, womit ich verbteiwe Dein pangstonirter Hosband Philipv.« Jch muß sage, der Brief hot mich schlecht « fühle mache; nit for den Riesen, daß « ich widder heim sollt lomme, no, blos deßhalb, weil der arme Feller schont so lang so e Ziegeunerlewe hot führe I un von den Wedesweiler sein freie Lonsch un sei stehleg Bier hot lewei müsse Ich dente ich hen e großes Un ; recht gedahn un ich mache mich gleich s rettig for heim zu gehn. Jch hen die i Wedesweilern gesagt, was meine Jn- ! tenschen is un die hot mich ausge- » lacht. Jch tann nit sehn, hot se ge sagt, for warum du uff eemol so viel i drum gewwe duhsi, was dich dein Al ter iaat. Ich denke, es is hier aanz schön un, wann e Frau so Ioie du, früher nie gekehrt hot, was ihr alter Mann gesagt hot, dann ig es auch jetzt nit nöthig. Jch steh so lang hier, mie ich will un tosse mich vors-Nie mand ebbes sage. So do hen ich’H gemäß« Well, hen ich gesagt, ich dente es is meine Duhtie heim zu gehn un ich sahre heut Obend noch sort so daß ich bei neun odder lzehn Uhr heim sin. Damit war die Sach gesettelt un die Wedestoeilern hot den ganze Dag tein Wort mehr zu mich gesproche. Se hot ectsiicktlie ge iickt als wann ich se insoltet hätt. Jch hab auch bei Ertzident gehört, wie die Medegtveilern en Taht mit die Länd lehdie gehabt hot und wie se sagt: sie deht denke, es wär riditteleg, wann e Frau sich so von ihren Mann be sehle losse deht. Well ich hen nicks drum gewioe, hen mei Dingses ge päckt un hen die Kids rettig gemacht, hen mei Bill gesettelt un hen mich dann noch e wenig hingelegt for en Näpp zu nemme. Wie ich autteit komme sin, do«hot die Wedeoweilern do gestanne un hot alliivwer ge schmeilt. Lizzie, hot se gesagt, ich hen mein Meind getschehnscht, ich gehn mit dich heim. Luckehier, was soll ich allein hier stehn? Wenn mer wid der heim sin, dann könne mer uns doch alle Dag sehn un hier wär ich ganz mitauo Kompenir. Well. ich kann Jhne sage, ich sm surpreist ge wese, daß die Wedesweilern so schnell ihren Meind getschehnscht hot, aw wev ich hen mich doch gefreut — ich stn ja so e eenselliges dummes Diehr —- un mer hen for lauter Freud noch die letzte Battet wo mer iwroer ge habt hen, ausgedrunte. Den Weg sin met in en artg gute Juhmer tomme un ich muß sage, ich hen mich sogar so vergesse, daß ich sie en Kiß gewwe hen. Wisse Se, ich duhn jeden Mensch troste un meine, die Leut wäre all so I anneft wie ich sin. Mer sin dann a Obend fortgefahre un die Kids hen e ’gkoße Foß gemacht. bilahs fe hen nit I gegliche fort- zu gehn· Mer hen en arig schöne Reit gehabt un die Wedeswei « lern war fo neis un so fchwiet an mich un se hot sich gefreut wie alles, daß se mit mich lomme is un daß se sich die Such noch emol iwwergedenkt ge habt hot un se hot fich. vorgenomme, daß se in Kuhzunft, wollt ich sage in Zukunft immer nach mein Ettweis gehn wollt, blos derft sich e Frau von ihren Mann keine Vorfchrifte mache lossc, bilahs c Frau wär in die Fa milie doch die metherfon· »Die Zeite sin gepäfzt wo e Frau immer an ihren Mann diepende mußt, un die Eidie mußt du dich abgewöhne, bilahs das is altfäschend un e Frau muß auch obbtudeht fein.« Well, ich hen e ganze » Latt driwwer nachgedenlt un ich hen init helfe könne, daß mich die Eidie ganz gut gepließt hot un ich hen ge »wunnert, daß die Wedesweilern so viel Bäckbohn hot Wie mer endlich heim sin komme, ware die Menn fohts nit heim un ich sin gleich mit die Kinner schlafe gange. Grad wie ich in mei Bettche steige hen wolle, do hen ich an den Flohr e Posteltart liege «fehn. Jch gucle un sehn, daß fe an die Wedesweilern edreßt war un mit aus Daut in mei Bästet gefalle war. Jch sin als e Ruhl nit neigierig, aw tver diesmal hen ich en Eckzepfchen gemacht. Die Posteltart war am Nachmittag angekomme un hot gesagt: »Ich will, daß du heut Nacht noch yeimromine ouyin sonst reyg ich en Rau, wie du noch lein erlebt host. Wedesweiler.« Jetzt hen ich gewißt, warum die Wedesweilern so schnell ihren Meind getschehnscht hot. Un bei mich hot se so ferchterlich gebloht, daß se so independet wär. Ei tell juh mer tann lein Mensche mehr ebbes glauwe. Mit beste Riegards Yours Lizzie HanfstengeL Stint-Es erste Gemische Skizien Jn dem Nachruf aus Julius Stin de ist bereits daran erinnert worden, daß Stinde anfangs Ehemiler war nnd erst aus diesem Beruf in die Li teratur hinüberlam. Als Chemiier war Stinde auch eine Zeitlang als Assistent an einer bedeutenden chemi schen Fabrik in Hamburg beschäftigt. Obgleich den jungen Wissenschaftler das chemische Studium lebhaft inter essirte und er, ähnlich wie Theodor Fontane, stets bei den Analysen und Erperimenten mit Leib und Seele da bei war, vermochten ihn die prakti schen Arbeiten in dem großen Fabrik etablissement nicht zu befriedigen. Er latn daher um die Erlaubniß ein, ei nige Zeit zum Studium des Lebens und der Gewohnheiten der chemischen Arbeiter ebenfalls alg einfacher Arbei ter in den Laboratorien fungiren zu dürfen. Hier machte nun der mit scharfer Beobachtungåaabe ausgestat tete Stinde werthvolle Studien, deren Ergebniß er bald in Gestalt von ori ginell geschriebenen Slizzen nieder legte, die ihrer packenden Eigenart we gen weit über die näheren Kreise hin aus Aufsehen erregten. Da diese interessanten Stizzem die neben der Erläuterung rein chemischer Vorgänge treffliche Streiflichter auf das Leben, die Ansichten und Gewohn1 heiten der zahlreichen in der betreffen den Jfavrir vefchafngten Arbeiter warfen, so vermuthete man in ihrem Verfasser natürlich einen Angestellten der Fabrik, rieth hin und her, ohne aber an Stinde zu denten, dem eine derartige novellistische Begabung nie mand zugetraut hätte; vielmehr schrieb man die Autorschaft einem der Di rektoren der Fabrik zu, der auch lä chelnd allerlei Lob einsteckte und die Leute ruhig in diesem Glauben beließ. Eines Tages aber wurde in einer Stizze unter anderem das Lebens schicksal eineg Von seiner Frau verlas senen Arbeiters der Fabrik in bewegli chen Worten erzählt, vdn dem nie mand Kenntniß haben tonnte als Stinde selbst, da der Arbeiter diesem erst am Tage vorher in der Früh ftiickspause und zwar nur Stinde al lein, Mittheilung davon gemacht hat« te. Denn zu Stinde hatte der un glückliche Mann am meisten Ver trauen. So wurde durch den Arbeiter die Autorschast Stindes bekannt, und das Direktorium iibertrug dem über raschten Schriftsteller die Leitung der literarischen Abtheilung der Fabrik Jmmerhin war auch dies noch eine mit langiveiligen Arbeiten verbundene Position, in der es der thatendurstige und schreibfrohe Stinde denn auch nicht lange aushielt. Bald schwenkte er vielmehr ganz in den Journalkss mus und die Literatur ab. « Ein Familienblatt in« New England bat fiir feine Leser eine arztliche Spalte eingerichtet, in der Rath für Krank heithälle ertheilt wird, überschrieben ist die Spalte: »Der Hausdottor, ge leitet von Dr. X» der die berühmteste Praxis in unserer Stadt bat.« Da runter steht folgende Notiz: »Diese Spalte ·sog nur sitt einfache leichte Kraniheitssalle dienen. Jn ernsten Fällen möaen die Leser sich an einen Arzt wenden, nicht an un« h Ein Häuschen Asche. Novellette von Hennie Rache Vor einer Stunde war das junge Paar von seiner Hochzeitsreise zu rückgekehrt: Roland Bergmann und seine ,,süße, kleine Lotte«. Jetzt saßen sie in seinem Arbeitgzimmer und sie half ihm rasch den Stoß eingegange ner Brief durchlesen. Plötzlich blickte Lytke auf und sah ihren Mann an. : Inder Hand hielt sie einen Brief aus s einfachem weißem Papier. s »Hier, Roland,« sagte sie ruhig und s nur ein ganz leises Zittern in ders Stimme verkündete eine gewisse Aus- s regung, — ,,hier, ich glaube nicht, daß ; dieser Brief für meine Augen be-( l l l stimmt war.« Roland griff nach dem Brief und sah sie etwas erstaunt an. Als sein Blick auf die Handschrift fiel, überzog : eine heiße Röthe sein Gesicht. ( Er las die wenigen Zeilen: ,,Lieber Roland! Wenn Du mich noch nicht ganz ver gesfen haft, dann nimm einen Glück wunfch an von der, die Dich mehr ge liebt hat, als sich selbst. Jch wünsche Dir und Deiner jungen Frau so viel Glück, als Du mir einst gegeben hast, und wenn Du manchmal, nur manch mal an mich denten willst, wie an eine liebe Erinnerung, dann will ich Dich segnen und mich bescheiden. Muartha « Er legte den Brief fort und sah schweigend vor sich nieder. Lotte hatte inzwischen einige blaue Geschäfts briefe ergriffen und begann sie zu öffnen. ,,Lotte!« bat er leife und legte feine Hand auf ihren Arm, ,,Roland?« fragte die junge Frau zurück. Jhre Augen waren ernft, aber sie sah ihn freundlich an. »Lotte, willst Du wissen, was für eine Bewandtniß es hat mit diesem Brief? —- Darf ich Dir erzählen?« »Wenn Du willft —« Er führte mechanisch die Cigarre zum Munde und stieß den Rauch durch die .Lippen. Aug seinen Augen brach ein verlorenes Leuchten, und Lotte, die ihn genau beobachtete, empfand einen stillen, uneingestande neu Schmerz. »Siehft Du,« fing er endlich lang fam an, »Du weißt, ich war ein ar mer Student, ein armer Schlucker, der sich mit Freitifchen und Stunden- ? geben mühselig diirchfchlug. Es war ein armfeligeg Leben und wenn man eben nicht jung gewesen wäre: — zwanzig Jahre 'und im Herren ein Lachen, das uber Glück und Unglück triumphirte —- wer kreiß, ob ich es aiisgehalten hätte. Nun, ich hielt’s aus. Da war mirs oft schwer, meine Ziminermiethe aufiubringen Aber einmal hatte ich Glück. Ein ganz hübsches Zimmer und billig! » billig! Die Frau war die rich- ’ tige Studentenmutter, hilfreich, theil nelnnend, zum Piinipen bereit, nnd manchmal oeischmähte sie auch eine tleine Gardiiienpredigt nicht. Das tSchönste an ihr war aber ihre Toch er. Ein fo liebes Geschöpf war die Martha —-- weißt Du, das richtige iiiße Mädel. Braune, schelmische Augen, braune Locken und den hub— fcheften rothen Mund. Sie war mit ihren siebjehn Jahren anniuthig und unschuldig wie ein Kind, und doch nieder aiitig und taltvoll wie ein rei fes Weib Jugend zu Jugend findet sich schnell. Es war eine Liebe, die zart war und doch voller Leidenschaft, unschiil dig und doch gluthooll und heiß lfine Sonne, die blutroth aufgeht und einen glühenden Tag verspricht Ach Lotte, begreife, was niir diese Liebe damals. war! Sie machte mir mein armes Leben so reich, daß ich kaum mehr empfand, wie entbehrunggvoll und trüb eg ei gentlich war sie war es recht ei gentlich, die mich anfpornte, meine Kräfte zu verdoppeln, um möglichst bald eine-gesicherte Existenz zu er langen. Dann natürlich wollte ich Martha heirathen. Wir sprachen zwar nicht darüber. aber es war uns beiden so selbstverständlich daß wir tein Wort darüber verloren. Nein, versprochen habe ich ihr nichts aber — Alz ich dann meine Studien been digt hatte und sich· mir eine beschei dene Stellung bot, in einer anderen Stadt ,da war« unser Abschied nicht einmal allzu thränenreich. Jsch war lebenssreudia und voller Hoffnungen, und diese Stellung war natiirlich in meinen Augen nichts weiter als die erste Stufe zu Geld und Ehren und unendlichem Glück. Martha war trauriger aber eben so hoffnunagsreudia wie ich ach, und so voller Vertrauen!« Wieder schwieg er und zog heftig an der erloschenen Ciaarre. Sein bewegtes Gesicht abm allmählich ei-— nen rubiaeren usdruck an und gleichmiitbiaer fuhr er sort: »Nun, es geht so, wie es geht. Ans sangs schrieb ich jeden Tag und ich wunderte mich, daß meine Briese nicht verbrannten ob der glühenden Sehnsucht, die ich darin ausflaminen ließ. Dann nahm mich das neu . Leben mehr und mehr gefangen ich lernte andere Frauen kennen, ich ver glich zwar nicht, aber Martha war mir doch nicht mehr die Eine, die Einziae Sie muß das gemerkt haben mit ihrem warmen, empfindsamen Her sen, denn die Briefe wurden zu rückhaltender und ein klein wenig trübe. Das beschämte mich dann, är gerte mich aber zugleich, weil ich mich im Unrecht fühlte, und meine Ant worten wurden kürzer und türzer... Ich sah sie dann aus der Durch reise nach drei Jahren noch einmal wieder-. Sie war blaß geworden und mager, aber über ihrem Gesicht lag noch immer die keusche Lieblichkeit, die mich einst so entzückt hatte. Den noch stand ich ihr jetzt fast wie ein Fremder gegenüber und wußte nur ein paar nichtssagende Redensarten zu stammeln. Nicht, daß sie mir gleichgiltig geworden wäre . .. aber es war alles so anders. . Jch verließ sie dann mit einem Her Jen vom-Freundschaft für sie und schrieb ihr später noch hie und da eine Karte. Von ihr selbst hdrte ich nichts mehr. Dies ist die erste Nachricht seit-zehn Jahren..· Aber sie war einmal der Stern in der Finsternifz meiner Ar muth... mein guter Engel in harten Stunden. .. Er schwieg und glättete den Brief, der vor ihm lag. Lotte blickte vor sich nieder, ihr Ge sicht war ernst geworden. »Hast Du nicht hast Du nicht ein Bild von ihr?« fragte sie nach einer Weile stockend und schüchtern. Roland zögerte einen Augenblick mit der Antwort. Dann zog er langsam eine Schieblade seines Schreibtisches auf und reichte ihr eine Photographie, die in einem einfachen gestickten Rah men steckte. Lotte blckte in ein reizendes, lachen des Mädchengesisbt, das von Anmuth und Güte strahlte. »Du mußt sie sehr lieb gehabt ha ben... dieses liebe Mädchen,« sagte sie leise und versuchte ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Sie war meine einzige Liebe vor Dir,« antwortete Roland und griff nach dem Bilde. Da sah er, wie ein heller Tropfen auf das Glas fiel, und bestürzt schaute er seine Frau an. »Lotte! was ist? Du weinst? Lotte!.« »Nichts, Roland... laß mich...« «Lotte, bist Du eifersiichtig?« Sie schüttelte nur stumm den Kopf. Er aber fand keine andere Erklärung fiik ihre Thränen und mit kurzem Entschluß ergriff er das Bild und den Brief und warf beides in das lodernde Kaminfeuen »Noland!« schrie Lotte entsetzt und eilte zum Kamin. Es war zu spät. Mit leisem Knacken zersprang das Glas, und die Flammen leclten gierig an dem Bilde, das sich trüminte und wand, als litte es tausend Schmerzen »Bist Du nun zufrieden, kleine Eifersucht?« fragte Roland lächelnd und versuchte seinen Arm um ihre Schulter zu legen. »Sie entzog sich ihm aber und blickte starr in die Flammen, die niedriger und niedriger brannten, und jetzt nur noch ein Häufchen Asche umziingelten. Ein Häuschen Asche! Das war das einziges Das war ria geblieben von dieser Liebe, die ihn doch einmal ganz erfijllt und be glückt hattet Ein Häuschen Asche-? f Ein sonderbares Gefühl übertam te. Mitleid und eine seltsame Zusam mengehörigteit mit diesem unbekann ten Mädchen erwachten in ihr und Trotz und stolze Abwehr gegen den Mann an ihrer Seite. Es war ihr, als ob beim Knacten des Glases etwas in ihrem Herzen zersprungen sei . .. Seinen Stern hatte er sie genannt, seinen guten Engel... und doch — erbarmungslos hatte er ihr Bild in die Flammen geworfen . .. Und jetzt wußte Lotte, was in ihrem Herzen gesprungen war... das war der Glaube —- der Glaube an seine Treue. Kleine blaue Flammen ziingelten aus dem Häuschen Asche hervor, und jede Flamme hinterließ ein Brandmal in Lottes Seele. Der vers-innre Dichter-. Am f August feierte der schwäbi-s «). sche Bauerndichter Christian Wagner in Warcnbronn seinen 70. Geburt-H tag. Die ihm aus nat) und fern zahl reich zugegangenen Gliickswiinsche, so wie die tagg daraus veranstaltete Feier beweisen, dasz der Dichter überall Freunde gewonnen hat. Folgendes beitere Geschichtchen, das Wagner selbst in Freundes-kreisen zum besten gab, wird gewiß manchen interessiren. Der greife Dichter, der heute noch ein rit stiger Wanderer ist, begab sich vor drei Jahren zu Fuß in die Gegend von Böblingen. Er hatte damals seine ---— jetzt bereits veröffentlichte »Die Schlacht bei Böblinaen« in Ar --— Ballade . beit und hoffte, dort noch irgend eine - im Volksmund lebende Sage, die sich aus die Schlacht bezöge, zu erfahren. Zu diesem Zweck fragte er überall nach " den ältesten Leuten und wurde so auch in ein kleines Wirthe-bang gewiesen. Er bestellte um sich gut einzufüh ren —- einen Schoppen Wein. Als der Wirth, ein eisgrauer Alter, das Gewünschte vorsetzte, beaann der Bauerndichter mit seinen Fragen Diese mußten dem Wirth, dem der Zweck des Verhörs unbekannt war, ganz sonderbar vorgekommen fein. Nachdem er eine Weile zugehört hatte, zog er den noch unberührten Schoppen vor dem Gast weg und sagte ,,Alter, Jhr hent scho gnueg fürs heut!« i W Mondschelnstudlem Wenn ich im Lehnstuhle an meinem Schreibpulte sitze und —- zum Nach denken ausholend —- gewohnheitsge mäß mit der Hand über die Stirn fahre, dann gerathe ich im mer glatt und ohne jedes Hinderniß bis weit hinab in die Gegend des Hin terhauptes· Kein ganz normaler Zu stand, gewiß . .. fiir mich hat die Sa che indeß nichts Verbliiffendes mehr. Sie werden ohne Anstrengung erra then haben, daß ich Herr und Besitzer einer respektablen Glatze bin, und mir liegt es völlig ferne, diese Thatsache zu leugnen, einfach deshalb, weil je des Leugnen im gegenwärtigen, weit vorgeschrittenen Stadium vergeblich wäre. Vor Jahren freilich ließ ich es an derlei Versuchen nicht fehlen, und ich gestehe ganz offen, daß es mir ge radezu das Blut in Wallung brachte, wenn Jemand das ominöse Wort Glatze in meiner Gegenwart gebrauch tc. Wäre mir dama s von wem im mer die Zumuthung gestellt worden, ich solle etwas über Kahlköpse oder dergleichen schreiben, bei Gott, ich hätte dies als eine Persönliche Her-« aussorderung empfunden . . . Heute aber Na, Sie werden ja sehen, wie kühl und sachlich ich dieses sicherlich nicht bei den Haaren herbeigezogene Thema zu schreiben verstehe. Ursprünglich habe ich beabsichtigt, methodisch vorzugehen und meiner Studie folgenden Titel voranzusetzem Versuch eines Beitrages zur Naturge schichte desHaarschwundes Das klingt gewissermaßen gelehrt, wissenschaftlich und macht sich deshalb nicht schlecht. Allein im Verlaufe der Komposition bin ich zu der Ansicht gelangt, daß es sich eher empfehlen dürfte, diese glän zenden Dinger, so da Glatzen heißen, recht bunt durcheinander zu werfen, weil ich mir denke, daß ein solches-Ver fahren die Sache pikanter gestaltet und auch mehr Abwechslung in sich birgt. Und da jeder Autor bekannter maßen auf einen Zugtitel bedacht sein muß, so habe ich gleich einen gewählt, der den ganzen Gegenstand mit einem Worte umfaßt, völlig präzis ist und auch schlagend wirkt. Glatzen! Fertig! Eine kleine Gruppirung, zu der ich leider auf empirischem Wege gelangt bin, sei mir dennoch gestattet. Jch meine die Unterscheidung jener Gla tzen, welche die Stirn zum Ausgangs punkte nehmen, von jenen, die sich so-’ fort in der Mitte des Scheitels eta bliren und von da ihre unheimlichen Kreise ziehen. Erstere Gattung ge hört zu den milderen, ich möchte sagen tröstliclzeren Denn sie schreitet ziem lich langsam vorwärts, läßt sich durch verhältnismäßig lange Zeit masliren und bietet auch sonst mannigfacheVor theile, beispielsweise gleich den einer hohen Tenlerstirne Macht-n Sie das (50nipliinent eines schön gewölbten Vorhauptes wem Sie wollen und ich: verbürge mich meinetwegen mit der! eigenen Glatze « dafür daß er es ge- ’ schmeichelt quittirt. Selbstverständ-. lich! Solch ein sichtbares Attribut’ hervorragendes Geistes läßt Jeder gern an sich bewundern. Dagegen ist die zweiterwähnte Form schon viel inileicber und nach dem rapiden Umsichgreifen derselben zu schließen, das ich aus eigener Er fahrung kenne, auch viel bösartigen Das hat mit der Stirn gar N ichts zu thun, das läßt sich nur schwer ver decken und wiithet auf dem Haarboii den mit der furchtbaren Schnelligkeit des PriiriebrandeSE Herrgott, wenn ich daran denke, wie mir zu Muthe war, als ich jene Verheerungen von Tag zu Tag am eigenen Leibe koni trolliren mußte! Wenn ich mich er innere, mit welch heroischer Selbst iiberwindung ich nach dem Hute griff, so oft ich zu ariifzen genöthigt war! Gerade so, als ob ich im Begriffe aller Welt zu enthüllen. Und un heimliche, fröstelnde Empfindungen, lsefonderg bei naszlaltem Wetter -—— Gott sei Dank, das ist hejjte Vorüber, ich trage meine Glatze, die nun schon ihr Vürgerrecht erlangt hat, in Ehren, und wenn der Gemeinplatz »der Mensch gewöhnt sich an Alleg« jemals richtig angewandt wurde, so war dies gewiß in meinem Falle der Fall. Uebrigens, da erinnere ich mich, daß sich vor einigen Jahren in Wien eine Vereinigung von Herren gebildet hat, welche sich zum Ziele setzten, statt des Hutabnehmeng den militärischenGruß allgemein einzuführen. Jch glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, daß sich in dieser gemeinnützigen Ge sellschaft auch einige Mitglieder befun den haben, denen die oben geschilder ten Gefühle nicht ganz fremd waren. Leider ist das schöne Projekt geschei tert, wie ich bestimmt versichern kann, bloß deshalb, weil wir noch immer nicht genug Kahlldpfe haben. Jn der Litteratur spielt die Glatze seit jeher eine hervorragende Rolle. Läßt doch schon Shatespeare (wenn ich richtig citire) seinen Julius Cäsar sa gen: »Laßt wohlbeleibte Leute um mich sein, mit glatten Köper und die Nachts gut schlafen.« Damit wollte er offenbar andeuten, daß volle Gut müthigteit nur bei jenen Herren sicher zu konstatiren sei, welche ihr Haar be reits zum größten Theil verloren ha ben. Jch bin in der neuen Shate sparte-Forschung nicht bewundert ge nug um frank und frei behaupten zu stände, eine bescharnende Bloße vor M können, daß der große Brite sein»ge waltiges Werk zu einer Zeit schuf,"tvp er bereits den Verlust seines Kopf schmuckes zu beweinen hatte, aber-ich fiir meine Person schließe mich dieser seiner Anschauung unbedingt an. Jn der erzählenden Litteratur fand lich die Glatze häufig genug mit Eler ibein verglichen, noch häufiger schlank Eweg mit einer BillardkugeL Jn mir ihat dies immer eine höchst unange snehme Empfindung hervorgerufen. Billardkugeln stellt man sich gewöhn lich in rollender Bewegung vor und wie sie heftig zusammenprallen. Den ken Sie sich dieselbe Prozedur mit zwei Kahltöpfen ausgeführt nnd Sie swerden sich zweifellos eines starken sSchauderng nicht erwehren können . Auch mit Frau Luna hat man die HGlatzen in Verbindung gebracht und insbesondere in Wien weiß jedes Kind, wag es zu bedeuten hat, wenn man mit Bezugnahme aus diesen oder jenen soliden Herrn von Mondschein spricht. Nie war einVergleich so platt, wie dieser. Ganz abgesehen davon, daß der Anblick des keuschen Nacht gestirng ganz andere Gefühle weckt, alg die Aussicht auf eine Glatze, so muß schon vom astronomischen HStandpuntte jede Parallele verworfen Iwerden. Zunehmender Monr —- — ;na? Da hapert’s. Abnehmende Gla tzenx Ycennt mir Jenem oer eine Wage abnehmend zu gestalten vermag und ich garantire ihm binnen kurzer Frist die Million. Jch selbst wäre der Erste, der spornstreichs zu ihm ren nen und ihm einen großen Theil mei nes leider nicht sehr großen Vermö gens anbieten würde, nur dafür, daß er sich bereit erklärt, seine Kunst an fmir zu erproben. — Aber, mein Haar jsträubt sich schon bei der bloßen Vor ftellung... Jch hatte einen Kameraden, gleich mir ein Mann von der Feder. Der hat mich seiner Zeit ob meiner glatten Kopfhaut weidlich gestichelt und jedes erdentliche Gesprächgthema zu einer diesbezüglichen Anspielung zuzuspitzen gewußt. Wenn ihm schon gar nichts anderes einfiel, dann sprach er von militärischen Uebungen und von dem Mangel an einem geeigneten Excer zierplatz, dem er jedoch leicht abzuhel sen wüßte. Die Nemesis hat ihn er reicht. Der Mann hat seinen iippigen Haarwuchs binnen wenigen Monaten verloren. Er hatte aber auch die Ge pflogenheit, Tintenslecke an den Fin gern dadurch zu entfernen, daß er sich mit der Hand durch das Haar fuhr. Diese Gepflogenheit hat er denn auch später beibehalten, namentlich dann, wenn er in eifrian Schreiben vertieft war. Ich habe ihn dabei nur beobach tet, aber niemals gestört. Vielmehr habe ich mich diebisch gefreut, wenn er endlich aussah wie ein Zel)ra. Neh men Sie mir dag nicht iibel und halten Sie mich nicht etwa fiir einen boshafs ten Menschen. Sie kennen doch das Sprichwort: Wann freut sich der Lahme am meisten? — Die Glatzen der Anderen sind ein hervorragender Trost sijr den, der selbst eine besitzt Jm Uebrigen wende ich meine aus gesprochene Sympathie allen Jenen zu, aus deren Haupt es schütter zugeht Nicht nur Sympathie, sondern auch liebevolle Aufmerksamkeit und sorg fältige Beachtung Daher kommt es auch, daß mir die Glatzen in allen Formen und Größen vollkommen ge läufig sind. Jch will Niemanden mit der Aufzählung der gewonnenen Re sultate ermüden, nur so viel möchte ich bemerken, daß es auf der ganzen Welt nicht lzwei Glatzen giebt, die ein ander vollkommen glcichen. Davon können Sie sich ganz leicht überzeugen, wenn Sie sich einen Galleriesitz in die Oper taufen und Von dort aus in’s Parkett hinabblicien. Sie werden all abendlich eine große Anzahl Glatzen zu zählen in der Lage sein, aber ich wette den Versatzzettel meiner Uhr ge gen Jhre goldene Busennadel, daß Sie niemals zwei kahle Köpfe ausfin dig machen, welche miteinander ver wechselt werden könnten. Wenn Sie das Spiel fortsetzen, werden Sie eLi ich zweisle nicht da ran —---- mit der Zeit ganz amiisant finden. Jch fand dag schon längst und, wie gesagt, ich shmpathisire mit jedem biederen Glatziops. Verhafzt sind mir nur Jene, welche die ihnen von der giitigen Natur verliehene Glatze unter einer schnöden Perrücke bergen. Dass ist ein unwiirdiges VersteckengspieL Solche Leute gehören nicht zum würdigen Stande der ver schämten Armen, fiir mich sind sie Protzen, die mit leicht erworbenem Reichthuine prnnten und als etwas gelten wollen, wag sie in Wahrheit nicht sind. Denen zum Trotz singe ich ein Lob lied aus meine Glatze. Mir ist sie mit der Zeit ein werthvoller Besitz gewor den, der seine Annehmlichkeiten hat. Kein Kamm mit scharfen Zähnen, keine Haarbürste mit steifen Borsten existirt für mich Jch srisire mich ebenso rasch wie gründlich mit dem UHandtuch und welch ein Wohlgesuhl es ist, sich mit der weichen Leinwand über den Kon zu fahren, weiß nur Derjenige, der dies an sich selbst ver spürt hat· Sie lachen? Da giebt’s gar Nichts zu lachen! Glauben Sie vielleicht, weil Sie einen schönen Haarschopf besitzen? Auch Sie werden Jhrem Schicksal nicht entgehen!