W X sein«-Heiße- nah-. Erzählung von sieinhold Ort manm Der junge Rechtsanwalt Paul ilbert war ein Mann von festen tundfiinen und von unerschiitter licher Redlichkeit Er hatte eine ganze Anzahl von Mandaten abgelehnt, weil ihm die in Frage stehenden Sachen nicht reinlich genug waren, und wenn er auch möglicherweise in der Achtung gestiegen war, so mußte er es doch mit ansehen, daß einige seiner weniger ängstlichen Kollegen die nämlichen Mandate zu recht fetten Prozessen ausschlachtetem während er selbst sich mit allerlei wenig eintrag lichen Bagatellsachen mühselig genug durchschlagen mußte. Seine Ansichten aber wurden dadurch nicht geändert, und in der optimistischen Ueberzeu gung, daß die Rechtfchaffenheit doch endlich den Sieg davontragen müsse, blickte er nach wie vor vcyk hoffnungs dollen Vertrauen-s in die Zukunft. Und es schien, daß die Tugend wirklich ihren verdienten Lohn finden solle. Jn einer Gesellschaft machte der junge Rechtsantoalt die Bekannt schaft eines sehr iebenswiirdigen herrn, des Privatiers Rheinberger, der sich ihm eigens hatte vorstellen lassen, urn ihm zu sagen, daß er von verschiedenen Seiten die schmeichel thaftesten Dinge iiber seine Tüchtigkeit wie namentlich über seine Gewissen haftigkeit gehört habe, und das-. er sich freuen würde, diese so schätzens werthen Eigenschaften des Herrn Doktors im Interesse eines ihm nahe stehenden Herrn, seines Schwagers Fritz Meyer, nutzbar«gemacht zu sehen. »Mein Schwager, der augenblicklich noch in Frankfurt am Main feinen ständigen Wohnsitz hat«, lagte er, »ist ein Mann von großartigem Unter nehmungsgeist-, dem alles zu gelin gen pflegt, wag er einmal in die Hand genommen hat. Er hat Fabriten und Eisenbabnen gebaut, Vergiverte ange legt und Badeorte aus Sandwijiien geschaffen. Dies-mal aber wird er ohne Zweifel den Vogel abidiießen und den gewaltigiten Erfolg seines Lebens davontragen. Er kzsat im Verein mit mehreren anderen Gras-, lapitalisten anggedehnie Terrains in der Liineburger Heide erworben, die nach dein Gutackten der bedeutendsten Sachverständigen ungetenre Betro leumlager in ihrem Schoße bergen, und’er ift eben im Begriff, eine Ge sellschaft zur Augbeutimg dieser na türlichen Schatze zu lonstituiren. Weil dabei viele Fragen rechtlicher Natur in Betracht lomrnen, hat er rnich ersucht, ihm einen tüchtigen Ju risten als Berather zu empfehlen, und ich brauche Jhnen wohl nicht erst zu sagen, lieber Herr Doktor, daß die honorirung eine der Höhe des Mil lionenobjekts entsprechende sein wiirdr. Wenn Sie gestatten, das; ich meinem Schwager Jhren Namen nenne, wird er im Laufe der nächsten Wochen hierher kommen, um das Weitere persönlich mit Ihnen zu ver einbaren.« Fiir den an magere Liquidationen gewöhnten Rechtsanwalt waren das natürlich höchst erfreuliche Aussichten, aber sie bedeuteten nicht das einzige freudige Ereigniß dieses Abends. Herr Rheinberger hatte ihn um die Erlaubniß gebeten, ihn seiner Nichte Jda Meyer, der Tochter eben jenes er folgreichen Großunternehmers, vor stellen zu dürfen, und nie zuvor hatte ein weibliches Wesen so tiefen Ein druck auf Paul Hilbert gemacht, wie diese reizende junge Dame, die sich seit einiger Zeit besuchHweise im Hause ihres Oheims aushielt und deren äußere Anmuth augenscheinlich noch übertroffen wurde durch die Rebens wiirdigleit ihres Wesens und durch die bezaubernde Herzens-ging die der Rechtsanwalt deutlich aus ihren schö nen dunllen Augen leuchten zu sehen meinte. Man hatte ihn freundlich ausgefoederi, einen Besuch im Rhein berger’schen Hause zu machen und er fand eine foherzliche Aufnahme, daß er die nächsten Tage wie in einem Rausch des Entzückens verlebte. Aber er war nicht der Mann. um der bevorstehenden günstigen Wen dung seines Schicksals willen die Pflichten feines Berufs zu vernach liifsigen. Nach wie vor erschien er auf die Minute pünktlich in seinem Bu reau und jeder Klieut fand ein auf merksames Ohr. Unter diesen Rathsuchenden befand sich eines Tages auch ein Mann, Na rnens Kleinschrnidt, der in einer Strafsache den Beistand des Rechts anwalts suchte. Er berkhteth daß er das Unglück gehabt hatt-IT durch aller lei gefchäfiliaie Trangaitionem die er selber natürlich file durchaus harm los gehalten, das Interesse des Staatsanwalt-Z zu erregen. Schließ lich förderie er eine Menge von Pa pieren zutage, in die Tr. Hilbert Ein sicht nehmen sollte und erllärte, er wolle lieber am nächsten Tage seinen Vetter und Sozius, einen ebenfalls unter Anklage gestellten Herrn Meier, schicken, weil dieser eine größere Ge wandiheii in der Darlegung kompli eierter Verhältnisse habe als er. Der 'unge Rechnanwalt laß den ganzen iAbend fis-r den Papieren der Firma Kleinschmidt und Meter und ei war nicht eben der giinsttgste Eindruck den er daraus von dem geschäftlichen Ge dahren dieser Firma gewann. Alt ihm am nächsten Vormittag Bin Bureauvorsteher einen herrn eher meldete, zeigte er dem Eintre tenden denn auch ein sehr ernstes Ge sicht. Der aber schien den frostigen Empfang garnicht zu bemerken, trat vielmehr mit der zuversichtlichen Sicherheit eines vollkommenen Welt mannes auf. »Ich höre von meinem Schwager, daß er mit Jhnen bereits iiber diel Sache gesprochen hat«, eröffnete er ins beinahe herablassendem Tone die Un-l terhaltung. »Da werden wir also, wie ich hoffe, rasch zu einer Verstän digung gelangen. Sie sind doch be reit, uns Jhren Beistand zu leihen?« »Das kommt ganz aus -die Um stände an«, erwiderte Dr. Hilbert sehr kühl. ,,Uebrigeng hatte ich geglaubt, der Herr sei Jhr Vetter, aber das ist ziemlich gleichgültig Jch habe mich inzwischen näher über die Sache in sormirt und ich muß Jhnen gestehen, daß ich vorläufig noch sehr ernste Be denken habe, mit damit zu besassen. Meine erste Bedingung würde sein, daß Sie mir vollkommen reinen Wein einschenken.« 1 Der Besucher sah ein paar Sekun den lang den jungen Rechtsanwalt» schweigend an, dann aber schlug er! ihn pldtzlich mit einem jooialen La chen aus s Knie und ries: »Sie gefallen mir, Doktor! Dass ist die Sprache eines ausrichtigens Mannes. Und ich glaube selbst, daßI wir am schnellsten zum Ziele kommen werden, wenn wir nicht lange Ver stecirns mit einander spielen.« ,,Kommen wir also zur Sache. Die riesigen Lager, von denen Jbr Verwandter mir gesprochen bat — sie sind in Wirklichkeit garnicht vorhan den, nicht wahr?« »Na, ganz so schlimm ist es nun wohl nicht. Etwas ist schon da, wenn wir auch selbstverständlich ein bischen übertreiben müssen. Anders ist eben heutzutage kein Geschäft zu machen. Und ich freue mich aufrich tia, daß Sie das Ding von vorn herein richtig anseten. »Mundus dult decipi« und »Verdienen« wird mit einem großen Ansangsbuchstaben geschrieben. Haben wir unsere Ge sellschaft erst einmal unter Dach und Fach, so brauchen wir uns um das Weitere nicht mehr zu tümmern.« Paul Hilbert runzelte die Stirn. »Sie denlen also im Ernst daran, diese Gesellschaft in’s Leben zu ru sen?'« »Und ob ich daran denke! Die Sache ist ja schon so gut wie fertig Es tommt nur eben darauf an, sich fiir alle Fälle den Nachweis der Gut gläubigieit zu sichern und die nöthige Anzahl von Hinterthiiren offen zu» halten. Und das ist es, was wir von Jhrer Gerissenheit erwarten, Herr Rechtsanwaltt Mein Schwager hatte mir gesagt, Sie müßten mit Vorsicht behandelt werden und man dürfte Jhnen nur ganz allmählich beibrin gen, was Sie fiir uns zu thun haben. Aber er ist sein Menschentenner — das habe ich ihm immer gesagt. Er sieht in jedem Menschen, der eine ehr bare Miene aufzuseßen versieht, einen unbestechlichen heiligen. Jcha aber wußte schon in den ersten zwei Minu ten, woran ich mit Jhnen war.« « Jetzt war die Reihe des Verbliifft »seins an dem Doktor. »Es scheint mir denn doch noch nicht ganz sicher, Herr Meyer, daß Sie sich in diesem Fall als der bes- s sere Menschenienner erwiesen haben. Jch gestehe, daß mir eine Zumuthung wie die Jhrige bisher noch von Nie mandein gemacht worden ist« Der Andere lachelte verschnitzt. »Ich verstehe, Doktorchen « tch verstehe vollkommen Sie meinen, soi was müsse vor allen Dinan ange messen bezahlt werden. Aber Sie können, was das anbetrifst, ganz be ruhigt sein. Und je tnifflicher die Dinge sind, die wir von Jhnen ver langen, desto glänzender werden wir Sie natürlich auch bezahlen. Gerade dasz Sie bei aller Welt in dem Rufe stehen, ein Mann von vedantischer Rechtschaffenheit zu sein, macht Sie ja für uns so unschätzbar.« Nun aber war es mtt Paul Hil bert’s Geduld endgültig vorbei. »Nun ist’s genug«, schrie er, »und ich will Ihnen «mal etwas sagen, mein sehr ehrenwerther here Meyer! Wenn Sie mir hier eine Million auf den Tisch legten, so würde mich das nicht einen Augenblick hindern, Jhnen die Thiir zu weisen. Sehe ich aus wie ein Heilfershelfer und Sonsng selle von Schwindlern?« i i i Herr Meyer fuhr aus als wäre er von einer Schlange gebissen worden. »Von Schivindlern? Herr Rechts anivalt—das hat mir noch Niemand gesagi.« »Nun, so sage ich’s Ihnen. Ver llagen Sie mich, wenn Sie wollen. Aber machen Sie jetzt gesälligst die Thür von draußen zul« «Unerhörti Das mir, einemManne, der sich hundert solcher armen Schlu rler laufen kann wie Sie einer sind. Und mein Schwagee, dieser Esel, wollte mir einreden, Sie wären in meine Jda verliebi.« Paul hilbert hatte die Empfindung einez Menschen dem Jemand under-i sehens einen Kübel eiskalten Wassers über den Kopf geschüttet hat. ; »Jhre Jdai Sie sind also — -——«s »Ich bin ihr Vater —- natürlich ; Haben Sie das vielleicht nicht ge-H wußt? Na, Einer von den Schlauen sind Sie jedenfalls nicht, mein wer ther Herr Rechtsanwalh Einen Men- s schen, der sich solchen Verdienst und solche Partie verscherzen kann —- ohne jeden vernünftigen Grund —- bloß( aus sogenannter Rechtschaffenheit, den hätten seine Ew senbote werden iassen sollen aber nicht Rechtsanwalt Guten Morgen, Herr Doktor, und der Himmel erhalte Jh-’ nen Jhre fromme Einfalt!« s Hinaus war»er, schnaubend vor Muth Paul Hildert aber, dem es erst so spät zur Ertenntniß gekommen war, daß er nicht den Schwindler Meier mit i, sondern den Schwindlers Meyer mit h vor sich gehabt habe, stützte den Kopf in die Hand und ver sank in tiefsinnige Betrachtungen über den Werth der Redlichkeit Seine goldenen Aussichten und seine sonni gen Liebeshosfnungen —- alles war mit einem Schlage dahin, und in sei ner Seele dämmerte es auf wie die« betrübliche Erlenntniß, daß er viel leicht wirklich besser gethan hätte, einl Dichter zu werden, obwohl es ihm keineswegs ganz außer Zweifel war, daß man es gerade in diesem Beruf mit der Ehrlichkeit sonderlich weit bringen könne. Der Bund. Von J. H· Rosnh Autorisirte Ueber setzung von W. Thal. ,,Nein,« ries Eljarleg Montsort eis rig, »ich mache nicht den geringsten Unterschied zwischen einem Hund und einem Menschen! Wenn ich ausricljtig sein soll, so ist mir sogar manchmal ein Hund lieber als so ein Neben mensch, der nur Böses im Schilde führt. Der Tod meines anhänglichen Thieres wiirdc mir ebenso wehe thun, wie der meines-; theuersten Freundes-, ja vielleicht sogar noch mehr. Seit den acht Jahren, die wir zusammen leben, ist er nicht allein stets der ver ziiglichste Gesahrte gewesen« sondern er hat mir auch zweimal unter Um ständen das Leben gerettet, wo einem zweibeinigen Freunde nichtg weiter übrig gebliben wäre, als höchstens mit mir zusammen zu sterben. « Wenn ich hundert Jahrhunderte lette, so wiirde ich den Nachmittag des 18. JJuli 1897 nicht vergessen. Ich war zur Besteigung der Teufelkhörner aus« gezogen. Wenn er auch nicht gerade die Jungfrau und auch nicht das-Mat terhorn ist, so ist auch dieser Berg sehr hoch und dabei ein äußerst ge fährlicher-Berg Es giebt Stellen, wo einem manchmal Steine in so reicher Fülle aus den Kopf regnen, daß man damit eine Schwadron Radallerie ver nichten könnte. Von Natur aus bin ich unklug und sogar tollkiihn. Weil ich dreimal die Teufelåhörner bestie gen, schmeichelte ich mir, sie ganz ge nau zu kennen. Außerdem verließ ich mich aus den Instinkt Mirauts; der brave Hund ist im Berge geboren, und hat außer dem Gedächtniß für Wege ein merkwürdigee Verständnis siir die Richtung. Wir brachen also vor Tagesanbruch von Anzeindaz ans und erreichten die Gipfel gegen neun Uhr Morgens. Aus dem Rückwege lenkte ich, trotz des Wi derspruches meines Hundes, in eine Moräne ein, die ich zu kennen glaubte. Es war eine jener schrecklichen Stellen, von denen dieser Berg wimmelt, und in denen unsere Zeitgenossen übrigens die Emotion des Erhabenen finden, oder wenigstens zu finden glauben. Jch durchschritt die Moräne ohne Schwierigkeit und wurde nur von der Sonne gebraten, die, —«- das kann ich beschwören, —- bier glühender ist, als die Sonne der Sahara. Man weiß, mit welcher Hestigkeit die Sonnen strahlen die Menschen gerade aus den höchsten Bergspitzen treffen; das Fleisch aus meinen Schultern und in meinen Achselhöhlen war buchstäblich verbrannt. Wir waren, Miraut nndi ich, sehr zufrieden, als wir uns inH Schatten eines ungeheuren Blockes niedersetzten und uns mit Hilfe eines! kräftigen Frühstücks, das aus kaltem Fleisch, Ziegenkäse und dem ausge zeichneten Brote oeg Pachtyoieg Dotter bestand, ersrischen tonnten. Dabei bei ging ich allerdings die Untlngheih eine Flasche Dezalen, einen kleinen, an scheinend recht harmlosen Weißweinss zu leeren, der aber recht verhängniß voll wirkt und äußerst verrätherisch ist. Er stieg mir zu Ropr und regte mich aus. Jch machte mich wieder nuf den Weg« durchschnitt ein Flußlaett und sodann ein Rinnsal, das ich schon einmal durchsvatet zu haben glaubte. Miraut leistete wieder etwas Wider stand, verließ sich aber dann auf das menschliche Genie und folgte mir phi losophisch. . Als ich das Rinnsal durchschritten, erkannte ich positiv, daß ich mich ver irrt hatte. Die elementarste Klugheit hätte mir nun geboten, umzukehren, und mich von setzt ab einzig und al lein aus den hervorragenden Instinkt meines Hundes zu verlassen. Doch der Delazey ist ein Wein, der die Men schen prahlhansig und eigensinnig macht. Ich schmeichelte mir, einen Ausgang zu finden und setzte ent schlossen meinen Weg fort. Er wurde immer schwieriger· Zwei- oder drei mal hörte ich das wüthende Geröll großer Steine, und etwas unklar und verschwommen suchte ich in mein Hirn wieder Ordnung zu bringen. Nach und nach entschwanden die Geister des Weines, dafür aber spürte ich eine un angenehme Schwäche und Müdigkeit in den Gelenken. —- Plötzlich sah ich mich einer wüsten Zeerekgegeniiben Eine fast senkrechte, etwa hundert Fuß hohe Mauer, die kaum von eini gen Vorsprungen unterbrochen wurde, vereinigte sich mit einem finsteren Chaos von Steinen. Ringsumher graue Massen, furchtbare Felsenvor sprunge, Gipfel, Zinnen, ein zerkliis teter, zerrissener Berg, überall Trost losigleit und Tod. Mich überfiel ein heftiges Schaudern, und ich dachte nur daran, so schnell wie möglich um zukehren. Vorher aber prüfte ich meine Ausriistung meine Krampen, meine Hacke und vor allen Dingen meinen guten Manillastrick. Jch hatte ihn losgemacht und drehte ihn nach allen Richtungen, als das Geräusch eines Steines mich erschreckte. Jch will es nicht wie manche Duellanien machen, die die Angrisse und Paraden auszählen, die dem verhängnißvollen Stoße vorangegangen sind. Jch hatte die untlare Empfindung, daß der Stein auf mich zukam, oder wenig stens aus mich zuzutommen schien, daß ich eine falsche Bewegung machte, und ..... nach einem Sturz in’s Leere an meinem Jackett —- nebenbei be 1nerlt, einem recht kräftig gearbeitet-en Jackett —- an einer Felsspitze hänan blieb, die wie ein großes, steinernes Horn aus der Wand herausragte. Ich war nicht verletzt, laum be täubt, und dachte daran, daß ich eben sogut gleich nach unten hätte rollen lönnen, der Tod wäre augenblicklich eingetreten, während ich jetzt noch lange Stunden mich im Todestamdie winden mußte ..... Eine Hilfe war nicht zu erwarten. Sicherlich miirde nie mand durch diese Gegend kommen. Zuerst fragte ich mich, ob ich mich nicht von dem Felsen losreißen und mich selbst in den Abgrund itiirzeu sollte. Doch der Trieb der Zell-ster haltuug ist mächtig, und außerdem sagte ich mir fast in demselben Augen ;blict, daß ich ja nicht allein war; mein ’Gefäl;rte, riet den Kopf ijlser den Ab ;grund trug-streckte stiesz ein Derzweifel Eies Geheul aus«-. —-— Wenn ich nur ieinen Strick l)«citte, sagte ich mir, doch iauch er lag am Fuße der gräßlichen sMauey zusammen mit meiner Hacke »und meinem Hute. i gi- sie sc i Jch komme jetzt zu dem unglaub lichsten Theil meiner Erzählung, fuhr Montfort fort, bevor ich dariiber spreche, muß ich Ihnen sagen, daß ich mit Miraut regelrechte »Rettunggsze nen im Gebirge« probirt hatte. Er lannte gewisse Worte, wie Hacke, Al penstock, Strick usw. und hatte ferner gelernt, mir mehr oder weniger ge schickt Gegenstände von oben nach un ten zuzuwersen. Hätte ich ihm zum Beispiel meinen Strick zugeworfen, so hätte er ihn mir aus der Stelle ge bracht. Wie aber sollte er ihn mir aus dem Abgrund, in den er gefallen war, herausholen? Versuchen wir es immerhin, sagte ich mir —- wie Sie sich denken tön nen, ohne die geringste Hoffnung. Jch erhob den Kopf zu Miraut und sprach mehrmals das Wort Strick aus. Dann deutete ich aus den Fuß der MLuen Eine Minute begniigie sich Miraut, kläglich zu heulen. Er ver stand nicht, —- und selbst wenn er ver standen hätte? Plötzlich hörte sein Geheul auf, nnd der Kopf verschwand. Jch blieb in einem grauenhasten Schweigen allein, das kaum von dem leisen Knistern meines Jackettg unterbrochen wurde-, das mit schrecklicher Langsaniteit unter meinem Gewicht nachgab. ---- Wie viel Zeit eigentlich verging, weiß ich nicht, aber es dauerte fürchterlich lange. -—-— Endlich ließ sich ein Bellen unter mir huren, Miraut war in dem Abgrund. —s Zum ersten Mal schoß ein Hoff nnngsschimmer in meiner Seele auf. Jch ermuthigte das Thier mit meiner sanftesten Stimme und wiederholte immer und immer wieder das Wort Strick· « Von neuem Schweigen, lanaeg, fürchterliches Schweigen. dann wieder das Gebell des Hund«-, diesmal über rnit. Da neigte sich der Kopf über den Abgrund, und ich fah, wie er ei: nen Strick zwischen den Zähnen hatte. Eine fürchterliche Minute! Denn dies mal hegte ich nicht den geringsten Zweifel, wie sich Mirant benehinen würde. Auf mein Kommando würde er ausführen, wag er während meiner Dressur tausend Mal ausgeführt. Aber würde der Strick nicht wieder an den Fuß der Mauer zurückfallenk Nach einer Minute des Zögerns stieß ich den entscheidenden Schrei aus-. Der Strick flog in die Luft. Nur eine Kleinigkeit war vonnöthig ..... ein Zentimeter, oder eine Zehntel Sekun de . . . und alles war umsonst. Aber es gelang. Jch faßte den Strick und war gerettet. Jch brauchte nur eine Schleife um das Felsenhorn zu wer fenund mich herunter zu lassen. Der Abgrund führte zu einem praktitablen Wege, und drei Stunden später wa ten wir nach Anzeindaz zurückgekehrt. Sie werden es jetzt wohl ganz na türlich finden, daß mir Miraut einem Menschen durchaus ebenbürtig er scheint, und daß ich für den Instinkt ebensoviel Achtung habe, wie für die Intelligenz. Es giebt ein Genie des Jnstinkts, wie es im Genie des Ver standes giebt; am 18. Juli 1897 hat lmein Hund Miroui Genie besessen. Der Haus-Briefkasteu. »Sol« murmelte Professor Schlau mann befriedigt. »Das wäre besorgt. Nun noch etwas Streusand auf die Adresse, und dann kann ich die beiden Briefe gleich in den Postkasten wer sen« Und schon griff er nach dem Hute und eilte zum Korridor hinaus-. Hin ter ihm klappte die Wohnungsthür zu. »Aha, da ist ja schon ein Briefkasten, hier gleich am Hause,« rief er freudig überrascht aus, als sein Auge auf ei nen braungestriehenen Kasten mit der Auffchrift: ,,Briefkasten« fiel. »Wie bequem! Ja, ja, ich habe erst kürzlich gelesen, daß man solche Brieftasten jetzt auch in den Häufern selbst an hringen will. Wirklich eine ganz bril lante Ersindung.« Und zufrieden ließ er seine beiden Schriftstüele in den gähnendenSchlund l ides Kasten-s verschwinden. — i Als nun Professor Schlaumann am lautern Morgen seine Postsachen durchsah, fand er auch zwei an seine ibeiden Kollegen Professor Stribius und Professor Tüftelmann gerichtete Schreiben vor. ,,Nanu«, überlegte er« ,,lvie kommen die beiden Briefe hier zu meiner Korrespondenz Aha, « fiel ihm lein, »die sind gewiß in eine sogenannte Briefsalle gerathen und so unter meine Postsachen gekommen. Jch will sie; dann selbst in den richtigen Kasten be- s sördern.« ti- ! Und als er später an seinem Haus brieftasten vorbeiging, ließ er die bei den Briefe in dessen Jnnern ver Am nächsten Morgen lagen wieder ztrei Schreiben, eins an Professor s Tiiftelmann eine an Professor Stri j liug gerichtet, auf seinem Schreihtisch. ; »Ja, die Postbeamten!« brummte i Zehlaun ann argerl ileh. »Gewiß ha k hen sie hl of; lnrz die Adresse ülerflo k gen und al L« sie den Titel »Professor« blasen, gleich die Brie fe für mich ah eaehen. Al-: oh ich der einzige Pro Iseffor wäre! Na, ieh werde sie dann stiertig befindet-n.« Und wieder ließ irr sie leim Verlassen des Hauses in den Reihen des anugdrieskastens der I schwinden. i Als aber am anderen Tage wieder Iztoei Schreiben an Tiiftelmann und Strihing vor ihm auf dem Tische lagen, rief er empört seine traute Gattin cruphrosine herbei »Denke Dir, Sinden,« leriehtete er voll Zorn, ,,fchon seit drei Tagen dringen mir diese Postbeamten jeden Morgen stets zwei Briefe an Kollegen Tiistelmann und Strihiug ins Haus Zweimdl habe ich die Schreiben schon in den richtigen Kasten gesteckt; jetzt werde ich aber den Beschwerdeweg beschrei ten.« Mild lächelnd nahm Frau Euphra sine die beiden Briefe in die Hand. Ein Blick aus die Schriftziige legte ihr den Sachverhalt klar. »Jn welchen Kasten hast Du denn die Briese immer geworfen, Lllois?« fragte sie giitig. ,,Jn unseren Hausbrieftasten,« ent gegnete er immer noch unwirsch Da nahm ihn Frau Euphrosine an Eder Hand, öffnete die Korridorthiire f und führte ihn zu dem vermeintlichen s Haushrieftastem ans eine Inschrift ; am unteren Theile des Fiasteng deu Jtendt »Für Professor Schlaumann!« flas Schlauniann verlegen. ! ,,Sotlten das — sollten das —- ——« ’ stainmelte er, »meine eigenen Briefe sein —— die ich immer wieder in meinen - eigenen Privatbrieftasten gesteckt « habe) --— ——« Frau Euphosine lachte nachsichtia: ,,Gib nur die beiden vSchreiben her, ich - will sie selbst besorren damit sie end lich ihre Adressiiten erreichen.« Es schlägt Dreizehn. Eine einfache nnd originelle Art, seine Leute zur Piinttlichteit anzu halten, fand der berühmte Herzog von Bridaewater, der seiner Zeit Süd Lancashire mit Kaniilen versah: erist jetzt schon ijber hundert Jahre todt. Dieser Herzog war ein Peinlich pünktlicher Herr und ärgerte sich da rüber, daß seine Leute nicht nach demDinner so Piinttlich zuriicktehrteih wie sie sortgingen, wenn die Uhr auf seinem Gute Worgleh zwölf Hing- Als er ihnen darüber Vorstel lungen machte. erklärten sie, das; sie zwar die zwölf Schläge zur Mittaags stunde stets vernahmen als-er oft den einzigen Schlag um 1 Uhr überhör ien. Der Hering fand schnell einen sehr einfachen Ausweg, um ihnen diese Ausrede abzuschneiden und liefi eine Uhr machen, welche um 1 Uhr drei zehn Schläge ahgieht, und diese Uhr verkündet noch heute die Stunde nach Mittag mit ihrem guten Bäcker dutzend kräftiger Glockensrhläge nnd ist eine der Mertwiirdigkeiten von Worsleh Hall. — . — Merkwiirdige Entdeckung· P ofessor (der etwa benebelt nach Sau e kommt, legt sich mit seinerPelz müde in’s Bett und berührt diese ,vor’m Einschlasen zufällig): »Mut wiirdig, früher hatte ich doch immer ’ne Platte!« Kinder-munt Lehrer (zu Karlchen, einem U· tetiensöhnchen): »Nun, weißt auch, warum der Thurmbau zu Babel unterbrochen wurde?" Karlchem »Weil der Plan vorn lie ben Gott nicht genehmigt war.« Angemessen. Hausfrau: »So eine Frechheit! Aus Jhre Rechnung schreibt der Schuster »Hochwohlgeboren« und .an unsere »Wohlgeboren!« Dienstmädchen: »Ja, Madam, ich bezahle meine Rechnung aber auch im mer gleichs« Glaubwtirdig. Blaustrumpft »Herr Redakteur, wean Sie meine Novelle nicht abdrucken, dann geben Sie mit das Manuskript wenigstens zurück! Bisher hat mir noch jeder Redakteur meine Arbeiten zurückgegeben.« Beweis-. Gatte: »Wie, der Hut, den Du vor acht Tagen gekauft hast, soll heute schon nicht mehr neu sein?« Gattin: »Nein, der ist jekt nicht« im Mindesten mehr neu!. .,.-.- Meine Freundinnen haben ihn s on alle ge sehen!« A.: »Ich theile Jhn im Vertrauen mit, daß ich seit gest n mit der schö nen Laura, die an de Tischchen dort sitzt verlobt bin. Ab ,,bitte sagen Sie es Niemand!« B.: »Seien Sie vollkommen beru higt — das thue ich schon nicht aus Rücksicht für Jhre Braut!« Ein Schuldcnmacher. Tochter (ro-einend): »Mir ist er im mer noch eine Erklärung schuldig!« Mutter: Und mir die gebührende Ach·tung!« Bruder: »Mir —- den Dank dafür-, daß ich ihn bei Euch eingeführt!« Vater: »So —- und Inir?! Die fünfhundert Mark, die ich ihm vor s« langer Zeit geliehen. Mißqlücktc Verbesserung. Der witzige, aber etwas voreilige Kritiker X. kommt bei einer Festtafel neben die dicke und alte Gattin des Bankiers May-er zu sitzen. Jm Eifer deg Gespräch-s bemerkt er zu seiner Nachbarin: »Ich tann die dicken Frauen nicht leiden.« Jm selben Augenblick wird ihm seine Ungeschicklichkeit klar und et fügt rasch hinzu: »Das heißt, wem s« sie jung sind. Begreiflich. Polizeiiommissär: »Nun, Hubey wie hat denn das Automobil, von dem Sie überfahren wurden, eigentlich auggesehen?« Bauer: »Ja, wenn i’ das toiißt’, Herr Kommissar! J’ hab’s g’lsört, g’rochen und g’spiirt, aber — g’sehn liab’ i’g net!« - Beim Heirath23vermittler. Freier: »Ich bin wirklich imsweis fel, ob ich die Dame mit 35 Jahr« und 20,000 Mark Mitgift, oder die mit 30 Jahr’ und 25,000 Mark Mitgift nehmen sollt« Vermittler: »Das ist ganz glei ; 35 mal 20 sind 55, 30 mal 25 sinds auch!« Schlan. ,,Denl’ Dir, Frau, heut’ Nacht ist meine Kasse ausgeraubt worden. Mein ganzes Gelb, 5,0()() Mart, find fortt« ,,Soll ich gleich die Polizei verstän( digen?« »Nein, aber an die Zeitung werde ich eine Notiz schicken, daß der Ein-« brecher die in einein anderen Fach be findlichen 80,()0() Mart glücklicher weise nicht bemerkt bat, wenn sie in Wirklichkeit auch nicht existiren. Da ärgert sich der Dieb gehörig und ich verschasse mir einen größeren Kre bii!« Jn der Eomrncrfrischr. »Aber Herr Wirth, ra sind ja gleich ztrei Fliegen in der Silppe?!« »Werden halt Zwillinge sein!« Zur Ausbildung Chef szinn Let)rling): »Dieses Jahr werden Inir ’mal Pleite ma chen . . . damit Sie das auch lernen, Mitllert« »Ent- rvsa.« Er: »Die Frauen sind eigenthlimli che Geschöpfe sie heirathen den ersten besten Esel, der nm ihre Hand anhält. Ich glaube, Sie iriirden er: ebenso machen ?« Sie: »Halte-i Sie Dach ’n;al Um mich an, dann werden Sieg ja sehen!«« Nicht passend. t »Weißt Du, inein Mann ist zu dralligt schenlt mir einen Hut, der ab solut nicht zu meinem Haar paßt; wenn er mir wenigstens das passends Haar noch tnitgeschentt l)ätte!« Der dick ttmkndr Dicke. »Was diese mißgünstigen Leut· nur haben, wenn sie von mir sagen ich würde ’rnal platzen Wenn ich platzen sollte, dann platzt ich icn Boll gesiihle meines Daseins, und die, bis platzen aus Neid!«