Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 18, 1905, Sweiter Theil., Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    HJ Mr schreit-ebnes m
«·" Tizzik Junkme
W
Ro. 168.
Wenn ich so
dkiwwer nach
denke, wie der
Postika was
mein Vosband
is un ver We
desweilet zu
uns an die
Fatm tomme
jin un wie
se wieder fort sin, wann ich oen
Differenz in tote Luctg in Betracht
ziehe, dann tönnt ich mich ärgern,
wie alles. Jch hen Jhne gesagt, was
se for e gute Jmpreschen an unsere
Ländlehdte gemacht hatte, wie se zu
erscht tomme sin, amwer wie se fort
fin, do hot die Ländlehdie ihren Kopp
geschehtt, mitaus e Wort zu sage, aw
tver ich hen genohtißt, daß se ihre Ap
pinjien getschehnscht gehabt hot. Well,
se sin noch den nämliche Dag fort un
do sin ich froh gewese. Die Kids so
gar, wo sich ooch zuerscht so gefreut
hatte, die hen gesagt, es wär sonnie,
daß sich der Pa awwer auch gar nit
behehse könnt. Well, ich tann ihn nit
tschehnsche, ich hen schon mei bestes
probirt; so is er emol un so muß er
gejuhfi werde. Awwer dorch den een
selbige Phil sin ich ganz davon ab
tomme, Jhne zu schreiwe, was met
mit unseren Entertehnment sor en
Prohgreß zu verzeichne hatte. Jn die
erschte Lein hen mer das ganze Entn
tehnment e wenig verschowe, es nimmt
immer Zeit, wenn mer ebhes gutes
mache will. Awwer ich kann Jhne
heut sage, wie das Nrohgramm sein
werd· Die erschte Numero hen ich.
Ich mache en kleine Spietsch Der
Philipp, wo in den Dichte arig hän
dig is, hot mich e Verschche gemacht
un das duht starte:
Willkomme all ihr liewe Leut
Wo all zu uns gekomme seid,
Hier gibt’s kein Schmohk, kein Dost
tein Dunst,
Mir hen en sahfte Spott for Kunst.
Jch kann nit sehn warum die Bauern
Uff ihre schöne Farm versauern,
Jetzt kommt, un zeigt uns, daß Jhr
willing,
Un die Admission is zwei Schilling
Den Weg is es noch ebaut drei
Pehtsches weiter gange. Jch denke es
es das schönste was ich in mei ganzes
Lewe gehört hen un ich hätt gar nit
gedenkt, daß so ebbes in den Philipp
wär. Jch hen die ganze Geschicht
bei herz auswennig gelernt un hens
von hinne un von vorne hersage
könne. Jch hen mich en große Sock
zzß von geprammißt. Die nächste
ummero das sollt e Peienno-Solo
Zin. Mer hen ofs Kohrs noch kein
eienno gehabt, awwer ich denke ich
kann eins von die Zittie komme losse.
Der Minister, das hen ich ausgefunne,
kann e paar Lieder arig schön mit
zwei Finger spiele, un das is ari
händig komme. Dann hen ich mig
schon den Ländlohrd seine eine Farin
hiind getöctelt, der sollt dann an die
Neih komme. Se mache sich kein Be
griff, was der Feller schön wissele
kann! Morgens schon in aller Früh
hot er immer die letzte Ros gewisselt
un so schön, daß ich immer hen greine
müsse, bitahs ich hen immer dran
dente müsse, daß ich auch emol den
Weg verbliihe deht. Nummero vier
war dann die Ländlehdie ihre Doch
ter. Jch hen den Name Belinda Ka
muslöh for se ausgerückt Sie hot
das schöneGedicht aus die Jungfrau
von Nuh Orlienst »Lebt wohl Jhr
Berge, Jhr geliebte Trifte, ihr trau
rig stille Dahler lebet wohl«, deklam
matzioniere müsse, so was mer ufs
deitsch rieseite rufe duht. Dann losse
mer e Panz folge, wo in angenehm
ster Weis mit Wienerworscht un Bier
augaefülli kann wer’n. Dann kommt
der zweite Pakt un do hen ich eSenni
sehschen priepehrt. Jch hen nämlich
meine sämmtliche Kids weiße Subj
scher gesictst. Die müsse se anziehe
un dann pallisch ich sie die Fehses mit
Schuhblöcking schwarz. Dann wer’n
se als die beriehmte »Tschuhweneil
Minstrels« ennaunzt un ich bette
oebne einiges, se mache en hittL Der
nnie lann den Kuhntahl zur Per
secktschen immitehte un die annere
könne singe un Tschicks danze, das
duht einiges biete. Jch hen se auch
en Kehlwaht eingeochst un ei tell juh
der is auteseit. Die nächste Num
mero is widder e Farmhand von die
Ländlehdie wo uns en Farmerschtaht
gewwe duht; das is zu sonnie for
einiges. Dann muß auch noch emol
die Mamsell Belinda ebbes von sich
gewwe. . ch denke, bikahs ihr erschtes
Vies is e des lustiges gewese, for den
Riesen sollt se jetzt ebbes trauriges,
ich glaube mer tust das ebbes getra
genes zum Beste getvwe. Sie bot aw
wer noch nit ausgepickt, was es is.
Als vorletzte Nummern gibt's nach eb
bes das is sensebschenell Der Bennie
bot nämlich die Ländleddie ihren
Zuan wo Mollie heiße duht, eganze
ott Dricks gelernt un do kann er
ganz iesig en Schob mit gen-we Am
Schluß singt die ganze Kompenie das
chöne Vollelied: »Schöner grienek
umserntranz«, woraus gedanzt werd.
ell. was sage Se da derqu Wann
das keine Kraut bringe duht, well
s dann lwitt ich das Bißneß. Awwer
. j« ich sin schuld-h daß mer en Sockzeß
san-we wer’n. Zett, Mist-er Edithor,
« duhn Se awtver auch lene Ihre Dut
« s tie. Schrein-e Se uns e wenig in
sue Jln Vebpee aus. Sie wisse
nsm Hemmillie duht Sehne ler Ped
schon so lang supppbete un do
kann mer auch emal e kleines Fe wer
frage. Off Kohrs könne mer hne
keine Ads gewwe, awwer das macht
Jhwe sja nicks aus. Mache Se’s auch
recht chön un nit so klein. Wann Se
ebbes recht schönes schreitoe, dann kauf
ich auch e eckstra Kappie von Jhr
Pehper un dann komme Se widder
uff Jhren Demmetsch Schreiwe Se
mich auch wieviel Tickets Sie juhse
könne. Jch schicke Jhne soviel wie Sie
wolle un das Stiick kost zwei Schil
lmlg Bei so e Bißneß derf mer nit
sch oh sein« Jch denke wann mer so
weit sin, dann loß ich auch mei altes
Kameel widder hieher komme, for daß
er Tickets verbettele duht. Also nicks
for ungut.
Mit beste Riegards
Yours
Lizzie HanfstengeL
Japanische Pulverfahriken.
Die Japaner haben in der Voraus
sicht kriegerischer Berwicklungen selbst
verständlich darauf besonders Bedacht
genommen, sich zunächst in der Her
stellung von Kriegsmaterial aller Art
von Lieferungen aus dem Ausland
unabhängig zu machen. Wenn sie auch
noch Panzerplatten oder ganzeKriegs
schiffe bis aus die neueste Zeit aus
dem Ausland bezogen haben, so muß- I
te doch wenigstens die Erzeugung der ;
zur Kriegsfiihrung dauernd nothwen
digen Stoffe im Jnland geschehen, z.
B. die des Pulvers und der Geschosse
überhaupt. Jn der Umgebung der
Hauptstadt Tokio befinden sich jetzt,
wie die italienische Rivista dell Ar
tilleria mittheilt drei Pulverfabriken,
anden Plätzen von Meguro im Osten,
von Oji im Norden und von Jtaba
schi im Westen. Die Pulversabrik von
Meguro entspricht durchaus ähnlichen
Anlagen in Europa. Sie ist ganz
modern eingerichtet, vermag täglich
etwa 6000 Pfund Pulver zu liefern
und beschäftigt 500 bis 600 Arbeiter,
die sich einer sehr strengen Zucht un
terwerfen müssen. Thatsächlich ist seit
dem Bestehen der Fabrik noch nicht
ein einziger Unfall vorgekommen. Jn
Oji wird das rauchlose Pulver für
die Marine hergestellt, außerdem auch
die Sprengstoffe von der Art des
Lnddit. Die dritte Fabrik von Ita
baschi ist namentlich zur Ausführung
von Versuchen und zurPrüfung neuer
Erfindungen bestimmt. Zum Zweck
der technischen Ausbildung des Per
sonals werden hier alle Arten von
Pulvern in Körnern, Blättchen und
Rähren angefertigt. Jn Oji sind auch
reiche Mittel sur Zubereitung des für
die Zusammensetzung nöthigen Mate
rials vorhanden, also Vorrichtungen
zur Destillation von Altohol, zur Um
wandlung von Cellulose in Collodium
und Schienbaumwolle u. s. w. Alle
Robstosfe gehen aus heimischen Wert
stätten hervor und werden durch die
heimische Landwirthschaft und Indu
strie geliefert. Die Pulverfabrit von
Oji steht unter dem Marine-Ministe
rium, die übrigen unter dem Kriegs
ministerium.
Schwimmenve Jus-lu. i
Der betannte Weltteisende Savage Z
Landor hat eine umfangreiche Reise s
in den Philippinen vollendet und über !
einige seiner Erfahrungen in einem ;
Vortrag berichtet. Das größte Ge- ’
wicht legt er auf die Durchstreifung «
des fchwierigsten und unbetanntesten .
Theiles der Jnset Mindanao, wo er «
einen Weg von etwa 1300 Kilometer »
Länge zurückgelegt zu haben angiebt.
Er entdeckte unter Anderem einen gro- J
ßen See von ungefähr 650 Quadrat- »
tilometer Ausdehnung, der besonders i
dadurch merkwürdig ist, daß eine An
zahl schwimmender Inseln auf seiner
Oberfläche treibt. Die größte der Jn
seln war etwa zwei Quadrattilometer
groß. Bei häufig wechselndem Wet
ter tonnte Landor feststellen, daß sich
die Jnsel bei der geringsten Verände
rung der Windrichtung mit der herr
schenden Luftströmung verschob. Die
Jnsel erwies sich als bewohnt, aber
der Reisende hatte doch das Gefühl,
daß sie einen sehr unsicheren Boden
darbot, als ob man nicht wagen durf
te, allzu fest aufzutreten, damit nicht
etwa der Fuß durch die dünne Schicht
fester Erde hindurchbräche. Schwim
mende Inseln sind gelegentlich gefun
den worden, aber fast immer in ge
ringer Ausdehnung und vorüberge
hendem Bestand, da begreiflicher Wei
se solche Erdrnassen, wenn sie sich
überhaupt schwimmend erhalten, bald
ans Ufer getrieben und dort festgelegt
werden. Es ist zu bedauern, daß
Landor nicht genauere Beobachtungen
iiber die Beschaffenheit jener schwim
menden Jnseln angestellt und berichtet
hat, zumal die Glaubenöwürdigleit
dieses Neisenden noch immer von der
Erinnerung an die wilden Erzählun
gen von seinem Schicksal in Tibet in
geographischen Kreisen erschüttert ist.
Bescheidenheiti Zu allen Zeiten —
Wird man sie fchä en ungemein, —
Schon deshalb, wei sie’s andern Leu
ten-Erleichtert, arrogant zu seint
I Q f
Baron Komura empfiehlt die eng
lische Sprache für die Friedenöver
handlung. —- Schlaumeier, der here
von Mitte spricht nämlich nicht eng
lischl
i ·- i
Der Steuerasseisor zu Emporia in
Kansas hat die wichtige Entdeckung
gemacht, daß ebenso viel männliche wir
weibliche Personen heirathen.
Eine häuslicheSzene von C la r e n c e s
Rot-L Aus dem Englischen
vo M. W.
,,Gesalle ich Dir?« fragte sie, als sie (
an einem der jüngsten herrlichen Mor
gen in mein Studirzimmer getreten
war und nun vor mir stand, indem sie
in Seelentuhe ein Knöpschen an einen
ihrer Handschuhe nähte —- die letzten
Stiche zur Vollendung ihres Sommer
tostsiims ;
Es war ein entzückender Anblick.1
Das allermodernste Rassinement war
darüber ausgegossen. Jch will gar nicht
versuchen, das Kostürn zu beschreiben.
Man mußte es sehen, um es zu glau
« ben. Jch that mein Bestes, zugleich
Liebhaber und Krititer dieser leuchten
den. schneeigen Vision da vor mir zu
sein, und fand alles bildschön und in
Ordnung. »Und« — fügte ich hinzu
— »Du siehst sehr, sehr ,,theuer« aust« »
Diese Bemerkung gab ihr augenschein- »
lich ganz besondere Genugthuung, wie- i
wohl sie nachdrücklich erklärte, ich hätte
alles, die Toilette und sie selbst, äu-;
ßerst billig erstanden. E
« Die Tasche.
, »Uebrigens,«' fuhr sie fort, ,,an dem ;
Korridortisch liegen sieben Briefe, die
ich Dich bitte, für mich in den Kasten
zu stecken und mit den nöthigen Frei
marken zu versehen!« (
»Hier sind die Marken!« sagte ich
und griff in die oberste Schublade mei
nes Schreibtisches, in der Hoffnung,J
mir so die Verantwortlichkeit anderer;
Leute abzuschütteln.
»Ja, ja! Recht schön!« sagte sie.
»Aber ich kann die Briefe nicht mit
nehmen. Jch habe keine«—
»Natürlich! Keine Tasche! Das
wußte ich. Der bewundernswürdige
Verfertiger dieser Toilette, mit all sei
ner Geschicklichkeit, konnte nicht einmal f
darin einen kleinen Bergeraum sür«—·«
»Bitte!« fiel sie mir in’s Wort und.
stach sich dabei in’s Handgelenk. ,,Kei
nen der abgestandenen Witze über
Frauentaschen! Jch kenne sie alle und
kann sie auswendig.«
»Witze!« rief ich. »Es sind keine
Witze! Die Sache ist äußerst ernsthaft.
Du weißt so gut wie ich, daß die vor
züglichsten Schneiderinnen —- Schnei
der sind. Daß der Mann das Weib
—- ankleidet!«
Sie lächelte, murmelte einen ange
beteten Namen vor sich hin und er
wähnte, die Briefe seien sehr wichtig.
Jch aber blieb bei der Stange, warf
meine Feder auf die Seite und machte
mich an die Auseinandersetzung eines
der wirklichen Probleme des Lebens.
Siehst Du« —- eiferte ich —- »wenn
ein Mann Dich nun also gekleidet hat,
was für einen Platz zum Unterbrigen
nothwendiger Dinge hat er für Dich
dabei vorgesehen? Das Ding da?«
Es baumelte von ihrem Handgelenk
—- ein kleines Beutelchen.
»Was hast Du darin?« fragte ich.
Sie öffnete es, holte ein Taschentuch
heraus, ein Visitenlartentäschchen, eine
Börse, eine Schokoladenstange und —
gestand. daß ein noch zurückgebliebenes
Büchschen eine —- Puderquaste ein
halte.
,,Weiter nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Was»
brauche ich wohl noch mehr?« fragte
sie.
»O Du!« rief ich. »Du hast gar
keine Ahnung von der degradirten
Lage, in dieDu gerathen dist. Bist Dir
nicht bewußt, daß Ihr, Du und alle
Deine Schwestern das Opfer seid einer
Jntrigue, einer Verschwörung der
Männer, ja, der Männer, die sich zu
sammengethan haben um den Kreis
eures Lebens und Wirkens zu be
schränken.«
Sie zog die Augenbraunen hoch bei
dieser Phrase. — »Sieh mal, mein
Kind! Männer und Weiber sind wie
zwei Flotten. Die eine hat ein paar
Kohlen und Vorröthe für eine ganz
kleine Reise —- das seid ihr! Die an
dere ist mit allem Nöthigem völlig und
für die Dauer ausgerüstet. Jch habe
in diesem Augenblick alle die Dinge in
meinen Taschen. die ich brauchte,
würde ich plötzlich auf eine ganze Ta
gesreise durch die Stadt gerufen Und
Du kannst nicht sehen und nicht sa
gen, wo ich die Sachen untergebracht
bade!«
Jch stand aus. »Nun, wo sind sic?«
fragte ich.
Sie betrachtete mich eine Weile nach
denklich, die Nadel am Faden hoch in
der Lust. Dann sagte sie: »Zeigen!
Näume Deine Taschen aus!«
Das war nun eine Aufforderung,
die mich in Verlegenheit brachte.
Aber sie bestand darauf. Nun sei ich
an der Reihe, sagte sie.
So leerte ich denn den analt mei
ner Taschen aus. Stolz mischte sich mit
unbestimmtem Bangen in mir, als ich
eins nach dem andern herausholte, aus
den Schreibiisch, wo ich schnell Platz
gemacht hatte, niederlegte und jeden
Gegenstand mit einer Erläuterung ver
sah. Sie sah mit scharfen Augen zu.
»Hier mein Taschentuch — hier noch
eins als Reserve! Vier ein Pincenez,
eine Zigarrentasche, ein TabalsbeuieL
ein Tabakspfeischem eine Schachtel
Streichhölzer, ein Taschenmesset, eine
Füllseder, einen- Blaustist, meine Uhr,
meine Brieftasche, ein Packei Papiere,
Rechnun en, Einladungen, Briefe« —
»Ja, en da gab ich Dir vor acht
Tagen, um ihn fiir mich in den Kasten
u stecken!« sagte sie, indem sie einen
r Briese herauslangir.
»Thut mir leid, aber es war Dein
Brief, nicht meiner!« »protestirte ich.
Dann fuhr ich fort:
»Hier noch ein Notizbuch, ein Bund
Schlüssel, mein Checkbuch, elf Brief
marken, meine Goldbörse, eine Sai
sonkarte und acht Schilling und sie
ben in losem Geld.«
Sie fah sich den Haufen Sachen
auf dem Tisch an, indem sie den »un
besorgten Brief« durch ihre Finger
gleiten ließ.
»Und diese ganze Rumpelkammer
trägst Du wirklich Tag für Tag mit
Dir herum?«
,,Tag für Tag! Gewiß! Wenn nur
ein Gegenstand davon fehlte, würde
ich mich unbehaglich fühlen, ausge
nommen den Brief da in Deiner Hand
—Deinen Brief! Mit diesen Dingen
ausgerüstet, kann ich in die Welt
hinausgehen und dem Leben ins Ge
sicht sehen. Nun, siehst Du jetzt den
Ernst der Sachlage ein?«
»Es erscheint mir einfach blödsin
nig, sich mit allen diesen Sachen zu
belasten,« sagte sie. »Ich käme mir
damit vor wie-wie ein Wagen der
Packetposi.«
»Von mich an! Ich wiu Dir den
Ernst der Lage auseinandersetzen.
Wir sind zwei Armeen — Männer
»und Weiber — auf das gleiche Thun
bedacht. Denn heutzutage ist der Un
terschied der Geschlechter im Leben
nahezu aufgehoben. Beide gehen» wir
gleichmäßig ins Geschäft, auf den
Markt, sind Buchhalter, Journalisten,
Mutter, Schreiber, was Du willst.
Nun hat die eine Armee sich die Kon
trolle über die Verpflegung der ande
ren gesichert. Es ift ein altes, un
schönes, aber klassifches Wort: Eine
Armee marschirt aus ihrem Magen. —
Jch —- als ein Mann— habe alles,
was ich für den täglichen Feldzug
nöthig habe. Du — eine Frau —
iannst Deine Vorräthe nirgends un
terbringen außer in dem winzigen
Handbeutelchen da, das Dir schon der
ungeiibteste Spitzbube entreißen kann,
in welchem nur eine Börse ist, ein—
Taschentuch —das Du, wie gewöhn
lich, hast auf die Erde fallen lassen —
eftatte mir« — sie nahm es und
topfte es in den Pompadour.
»Da siehst Du nun die Pfiffigkeit
der Männer, die dem Weibe dieses
Koftiim geschaffen haben, mit dem sie
ihr jede freie Beweglichkeit hemmen
und den Kreis ihres Wirkens entzäu
nen. Mit der einen Hand geben sie ihr
den Hausfchliissel —- fozusagen — mit
der anderen ein Kleid, worin sie ihn
nicht unterbringen kann. Sie muß
also den Hausschlüssel auf ihrem Toi
lettentifchchen liegen lassen. Siehst Du
nun ein, wie man Euch zum Narren
hält? Jm Atelier des Schneiders holt
sich der Mann die feine Ueberlegenheit
über die Frau. Er bringt in feinen
Kleidern alles- unter, was er braucht,
der Gegnerin aber macht er weis, es
sei ihr ganz unmöglich, den Tages
proviant mit auf den Marsch zu neh
men.«
Erschöpft hielt ich ein, Sie betrach
tete noch einmal den Triumphhaufen
auf dem Tisch, knöpfte sich die Hand
fchuhe zu, brachte ihre Robe mit einem
Schwung herum und sagte:
»Kannft Du rnir nicht eine Steck
nadel leihen?«
Jch suche überall ,fand aber keine.
»Meriwiirdig!« murmelte sie sin
nend. »Nicht einmal solch ein einfaches
Dingchen könnt Jhr an Euch haben,
ihr Männer!«
Sie griff nach ihrem Gürtel und
holte sich eine Stecknadel heraus
»Und Deiner Tabakspfeife da« —
fiigte sie naferiimpfend hinzu —- ,,thäte
es auch gut, wenn sie gereinigt würde.«
»Ja, ja!« rief ich. »Aber« —
Sie holte eine lange Nabel aus
ihrem Hut und bemerkte beiiäufig,
daß sie immer eine zweite, Reserve
nadel, bei sich führe. Und indem sie
sich unter der Thiir mit ihrem süße
ften Lächeln noch einmal nach mir
uinwandte, fagte sie mitleidig: »Ihr
Männer feid doch recht hilflose Ge
schöpfe!«
Eine taktvolle Eseltn.
Dieser Tage besichtigte der Präsi
dent der französischen Republil Lou
bet den Concours hippique in der gro
szen Pariser Maschinenhalle. Es ist
dies bekanntlich eine Pserdeschau, ver
bunden mit einer Ausstellung der be
sten Maulthier- und Eselsrassen
Nach einem Rundgana durch die ver-:
schiedenen Seltionen nahm der Prä
sident rnit seiner Suite aus einer Tri
biine Platz, um von hier die Vorfüh
rung der vorzüglichsten Thiere anzu
sehen. Unter den Eseln figurirten
als Prachtstiick eine langzottige Ese
lin, deren Haare bis zum Boden rei
chen. Das Thier ist zweifellos das -
lostbarste unter den Langohren
Frankreichs, es wird mit 30,0()« Ft
bewerthet. Die Eselin ist zur Zeit
Mutter und befindet sich stets in Ge
sellschast ihre-s Jungen, eines kaum
ziegenhohen Eselchens. Der Führer
band nun das Mutterthier los, um
es dem Präsidenten vorzusührem
Kaum im Freien angelangt, entriß
sich jedoch die kostbare Eselin den
Händen des Führers und begann von
dem Jungen gefolgt auf der Wiese
herumzutollen. Plötzlich jedoch mach
ten Mutter und Jun es von selbst
vor der Präsidententri iine Halt, mu
sterten die illustre Gesellschaft und
machten sodann knapp vor dem Sitze
Loubets mehrere Verneigun en mit
dem Kopfe. Die überraschen e Scene
rief bei den Zuschauern begreiflichers
weise helles Gelächter hervor; selbst
der Staatöchef konnte sich des Lachens
nicht enthalten Die manierliche Ese
lin schien ihn herzlich zu amiisiren.
Besiegt und wahnsinnig.
Die Sache ereignete sich des Abends
nach einem wie gewöhnlich erfolglosen
Gefecht. Wir waren im Lager.
Rings herum traurige Gesichter, be
drückte Herzen, todtwunde, erchöpfte
Menschen. Zudem waren alle Eßvor
räthe ausgegangen, Feldlazarethe gab
es nicht, auch kein Holz fiir ein La
gerfeuer. Die Baggagen waren buch
stäblich in die Erde versunken. Nie
mand wußte. wo sie steckten. Al
les war wie in die Unterwelt
verschwunden. Die Kälte von 25
Grad ließ die Han rissig werden und
sich abfchälen, das Blut schien in den
Adern sich zu eisigen Klumpen zu
ballen.
Unter solchen Umständen bewe
gungslos zu bleiben oder der Ermü
dung nachzugeben, wäre sicherer Tod
gewesen. Und viele, thatsächlich,
überstanden die Nacht nicht. Stellen
Sie sich, wenn Sie es können, unsere
entsetzliche Lage vor. Stellen Sie sich
vor, zehntausend Mann so auf einen
Haufen zusammengepfercht, zehntau
send Mann, aus deren Mitte nur das
dumpfe Getrappel der Füße auf den
harten, gefrorenen Boden ertönt.
Außer diesem Getrappel nichts, lein
Ruf, lein Geflüster.
Die Nachzligler, die sich zum Lager
herangefunden hatten, erzählten, daß
sie auf dem offenen Feld, rechts und
links, vor sich und hinter sich, Hilfe
rufe gehört hätten, Jammern und
Wehklagen, Stöhnen und Seufzen
von all den Verwundeten, von den Un
glücklichen, die fern von ihrem Trup
pentheil dort in der Finsterniß zurück
geblieben waren.
Wiederholt wollten sie zu ihnen hin-«
gehen, aber sie hatten ja nichts zur
Hand, um auch nur die Allerschwäch
sten mitzunehmen, und so mußten die
Unglücklichen zurückbleiben, überlassen
der Willkür des Schicksals. Was hätte
man auch mit ihnen anfangen sollen?
Wie und womit sollte man ihnen
helfen?
»Wir miissen die Verwundeten u
sammensuchen!« schrie ich. »Wir kon
nen sie nicht im Stich lassen und zu
geben, daß sie ohne Hilfe sterben. Wer
will mit mir kommen?« Keine Ant
wort. Jch wende mi chan den Oberst.
Der Oberst dreht mir den Rücken zu.
Jch spreche mit dem General. Der
General geht, ohne ein Wort zu sagen,
san mir vorbei. Ein Arzt von höhe
jrem Rang antwortet mir, als ich ihm
»sage, worum es sich handelt: ,,Wohin
Isollen wir denn mit den Leuten? Wir
haben keine Tragbahren, keine Apo
)thele, keine Instrumente! Nichts haben «
twir! Darum lassen Sie fie in Ruhe!
— Gute Nacht!«
sein theilnehmendes Wort!
Ge uhl für Gerechtigkeit und Mitleid
war erstickt. Niemand erschauerte
mehr vor dem Entsetzlichen. Nichts
als stumpfe, rohe Gleichgiiltigteitl
Was thun? —- Das ist nun einmal so
i im Kriege! Alle diese llnseligen, Gene
riile, Obersten, Soldaten, sie alle sind
sich bewußt, daf; vielleicht morgen
Das »
schon die Reihe an sie kommt· Nichts- «
deftoweniger gelang es mir darauf,
»als ich ein paar armseliae Tragen mir »
fverschafft habe, doch noch, diese abge- »
stampften, verwilderten Menschen wie
der aufzurütteln. Ungefähr hundert
Mann schlossen sich mir an.
So gingen wir aus dem Lager hin
aus-. Die Nacht war undurchdringlich
finster. Wir steckten Fackeln an. Aber
als wir dann etwa eine Stunde mar
schirt waren, wies uns das Gestöhne
der Verwundeten besser den wirklichen
Weg als das Licht unserer Fackeln.
sBom Winde hin- und hergeweht, ver
breiteten fie nur ein trübes-, flackern
des Licht und drohten von Minute zu
"Minute zu verlöschen. Von Zeit zu
Zeit prallten wir wie scheu gewordene
Pferde dicht auf einzelne Truppg von
Menschen und Thieren. Plötzlich fühlte
ich, daß irgend etwas mich anfafzte
und auf der Stelle sefthielt. Etwas
drückte mich zusammen wie mit eiser
nen Reisen. Zwei Hände umfaßten
meine Füße. Sie gruben sich wie
stählerne Klammern in meinen Körper
ein. Zähne drangen in meine Stie
feln ein und fuchten das Leder zu zer
reißen. Alles das unter wüthendern
Geheul ähnlich wie das Gebell eines
Hundes. Laut schrie ich auf vor
Schrecken. Auf meinen Ruf kamen
meine Leute herbeigelaufen. Wirent
deckten vor uns einen Verwundeten,
dem beide Beine von der Hiifte an
weggerissen waren —- ein blutiiber
strömter menschlicher Rumpf.
Da es völlig unmöglich war, ihn
von mir loszureiszem so machten meine
Leute dem armen Kerl mit Kolben
fchlägen und Fußtritten auf den
Schädel ein Ende. Jch überlebte auch
diese Augenblicke, deren Entsetzen zu
beschreiben über meine Kräfte geht...
Mein Herz schien mit Schlagen ein
zuhalten; wilde, wahnwitzige Gedan
len wie in Fieberphantasien tauchten
in meinem Hirn auf. Um den weite
ren Schrecknissen dieser Nacht zu ent
gehen, raffte ich meine schwindenden
Kräfte zusammen und rief meine
Leute herbei. »Macht ein Ende!
Macht ein Ende! Schnell, schnellt Jch
kann’s nitch länger aushalten!«
Jch war schon im Begriff zurückm
gehen, dem Lager zu, als wir plötzlich
von rechts Schreien und Geheul hör
ten, noch durchdringender und wilder
als die verzweifelnden Rufe um Hilfe.
die von überall zu uns drangen.
Da es mir unmöglich schien, jenem
Ruf zu widerstehen, so gng ich, eigent
lich gegen meinen Willen, nach der
Richtung, aus der jene erschüttetnden
Laute herkamen.
Jn dem trüben Licht der Fackeln,
das kaum die dichte Finsterniß durch
drang, sah ich vor mir —- es war
keine Hallueiuation, kein Phantasie
hundert, vielleicht auch zweihungert
Mann, die, vollständi unbekleidet,
mit den Händen umher uchtelten, al
lerlei Gebärden machten, fortwährend
Flüche ausstießen und tanzten. Ja,
herumtanztenl Bei einer Kälte von 25
Grad tanzten diese nackten, mit Wun
den, Narben, Schrammen bedeckten
Körper, bespritzt von oben bis unten
mit schwarzem, geronnenem Blut.
Diese Unglücksgestalten tanzten!
Einige von ihnen konnten auf den
blutigen Resten ihrer Glieder nur
noch vorwärts-kriechen. Andere, mit
Revolv-ern, Gewehren, Säbeln bewaff
net, fuchtelten, durchdringende Schreie
ausstoßend, imt diesen drohend in der
Luft herum. Alle stürzten uns ent
gegen. Sie stürzten sich auf uns, die
wir zu ihrer Rettung herbeikamen
Sie erkannten uns nicht. Sie riefen
uns zu: »Komm nicht heran! Kommt
ja nicht heran! Macht, daß ihr fort
kommt!«
Sie alle waren wahnsinnig gewor
» gen. — Alle waren wahnsinnig gewor
en. ——
Einige Schüsse fielen. Einer von
meinen Leuten stürzte hin und wälzte
sich auf der Erde, dann noch einer.
Was sollte ich thun? Jch befahl, zum
Lager zurückzugehen.
Noch einige Stunden befand ich
mich mit meinen Begleitern mit er
loschenen Fackeln in dem Höllenkreise
jener wahnsinnigen Menge, dann
drangen eine Zeitlang ihre rasenden
Rufe nur noch schwach zu uns, endlich
wurde das Geschrei schwächer und
schwächer und erstarb in der Ferne.
Der Ansall von Massenwahnsinn,
der die Unglücklichen betroffen hatte,
legte sich wahrscheinlich bald unter
dem Einfluß der grausigen Kälte.
Bis zum Morgen waren sie alle schon
erstarrt, auch nicht einer von den Ver
wundeten hat wohl diese furchtbare
-Nacht überlebt. Am nächsten Tage
» wurde Ich selbst vewrundet. Eine Kugel
izerschlug mir die linke Schulter. Jch
halte ei- fast fiir ein Wunder. daß ich
nicht damals schon starb. Jch weiß
auch nicht, ob und wann ich mich wie
der werde erholen können.
Ivtld —- sah tch vor mir zehn, zwanzig.
So oft ich bis jetzt auf alle diefe
Greuel zurückblickte, schwand mir die
Lust, weiter zu leben. Weder am
Tage noch in der Nacht konnte ich
mich bis jetzt freimachen von jenen
auälenden Bildern, von jenen be
drückenden Erinnerungen. Jmmer er
scheint mir jener schauerliche Men
schenftumpf, der mich in die Beine
gebissen; überall sehe ich jene Wahn
sinnigen, jene bejammernswerthen,
nackten, blutbedeckten Verriickten mit
ihrem Geheul im fchauerlichen Dunkel
der Nacht.
Sie können sich nicht vorstellen. .
was ich ausstehen muß. Und wissen
Sie, oft frage ich mich: Wird nicht
auch mich jener Wahnsinn ergreifen?
Geräth nicht auch mein Verstand schon
ins Wanken? Und wäre es dann nicht
auch fiir mich besser gewesen, wenn ich
dort geblieben wäre, dort auf dem
Schlachtfelde? . . .
(Aus den Petersburger Birscheivaja
Wiedomofti.)
Seitenbild aus China.
Beim Durchsehen der Lokalblättet
großer Städte liest man täglich Be
richte über Schwindeleien, die meist
zur Erpressung größerer oder kleine
rer Geldfummen gemacht werden.
Die Art und Weise diese-r Schwinde
leien ist international: ,,Vorfpiege
lung falscher Thatsachen.« Jn der
Ausführung aber zeigen sich allerlei
Verschiedenheiten, die von den Sitten
und Anschauungen der betreffenden
Länder abhängen. Deshalb wird man
mit besonderem Interesse einen Bericht
der chinesischen Zeitung ,,Dschung wai
ji bau« lesen. Er wirft ganz interes
sante Streiflichter auf das chinesifche
Beamtenthum Das Blatt schreibt:
«Eines Tages erscheint im Pferdeftall
des Kreisdireitors Hfin Hfiang Hsien
lniirdlich des Hwangha, Provinz Ho
nan) ——— nahe dem gelben Meer — ein
fremder Herr, welcher die dort stehen
den Pferde aenau zählt und darauf
einige Fragen an die Pferden-Eimer
richtet. Da er vornehm angezogen ist.
meidet der Pferdewächter die Sacke
eiligst dem Kreisdireiior. Dieser der
niutizet sofort eine außerordentkiche
Revision der Relaispferde durch einen
besonderen Denn-ten ans der Provin
iialhauptitadt Er liifzi deshalb den
fremden Herrn in sein Namen »Bu
reau) bitten und spricht mit ihm Fie
liensioiirdig, irie mit eine-m Freunde,
indem er nach Namen, Vornamen und
berlunft fragt. Der fremde Herr
antivortet aber ausweichend und em
vfielt fich nach iurier Zeit. Tiefes
Aue-streichen Leitärii der-. Kreisdirektor
noch mehr in feiner Verrrtutliurat er
nackt eiliast IN Taelz ein u»d Tessdet
sie dem Herrn. Dieser irseigert sich iu
näctrfi ganz entfxslsieden dkg Neld »i
iunehnens erst auf freundliche-— Bit
ten. lant er ncls dau! neu-en ’.-’er. Ise
treffende Kreisdireksor, Ranken-Z Lu,
ist dafür bekannt. fan er daij («ke«d
liebt· außerdem km er die arisfete
Angst vor außerordentlijen Ren-To
nen. Der fremde Here der ndlts
weiter war, als ein Elsnxindlen inm
te diesen kleinen Charaktekfeslen
Darauf kaute er seinen Man nnd es
aelana ihm, den Rreisdirektor. der
»Drec! am Eli-den« hatte, denn auch
richtig zu betrügen.«
Mk
Viele sind am unzertrennlichstcm
wenn sie miteinander streiten.
l· L I
Maryland behauptet, größere Mos
kitos zu haben, als New Jersey. Räch
stens wird wohl Maryland eine Mast
moskito - Auestellung veranstalten.