Um der Mitgift willen. Original-Roman von Arthnk sapp. 0 0 .·s-. .0. .I. .I. -1-xL--14 Axt- OOOOOOOOLUIUI UIIIUIIIOIIITTTTT -— (12. FortfenungJ Der Gefangene lächelte. Und dann nn er in dem gemüthlichen, ver traulichen Ton, der sich schon seit ah ren zwischen ihm und der Frau on nl eingebürgert hatte, sich zu verthei en. .Ja, sehen Sie, Frau KonsuL da machte ich wieder die alte Erfahrung, daß man über eine Sache oder eine Situation nicht richtig zu urtheilen vermag, ehe man sie nicht selbst prak tisch an sich erprobt hat. Jch bin im rner ein Gegner des Duelle gewesen und habe immer darüber meine Glos sen gemacht, und nun — nun muß ich erkennen, daß es Lagen geben tann. in denen ein Mann, der Ehrgefiihl be sitzt, sich nicht anders zu helfen weiß, als seinen Gegner vor die Waffe zu» fordern." ; »Unsinn!« fiel die Frau Konsuli iirgerli ein. »Wenn Sie auf einmal l so empindlich geworden sind undj glauben, partout eine Sühne verlangen ’ su müssen, so zitiren Sie Jhren Geg ner doch vor das amtliche Gericht, wie ej sich gehört und wie das Gesey dor schxejvex , . k-. k,-»et.i »Ic, ßtllll sollst-h Wluu qui-( tue aus gedacht, aber dann wird die Sache in der öffentlichen Gerichts sitzung verhandelt und kommt in die Zitungem und ich bin erst recht der Blamirtr. Was niiht es mir, daß mein Beleidiger vielleicht zu einer Geldstrafe von fünfzig oder hundert Mark verurtheilt wird. Das dürfte mir taum als eine entsprechende Süh ne erscheinen für die mir zugefügte schwere Beleidigung« »Also Sie meinen," erwiderte die Frau Konsul ironisch, »Jhre Ehre er fordert, daß Sie sich gegenseitig die Hälse brechen?« Herr Guntermann lächelte aber mais-. »Das scheint mir nicht gerade noth wendig,« erwiderte er, und wieder ernst werdend, fügte er hinzu: »Aber ich gluhe doch, daß Einen ein ganz anderes Gefühl der Genugthuung durchströrnt, wenn man feinen Gegner mit dem geladenen Revolver in der Hand zur Rechenschaft zieht und ihn ein paar Selunden lang zwischen Le ben und Tod hat schweben lassen.« »So? Und wenn Sie selbst, der Beleidigte, nach obendrein Schaden davontragen?« « »Ja —« Herr Gunterrnann zuckte mit den Achseln —- »diese Eventuali tät muß man allerdings mit in den Kan nehmen-« Während die Frau Konsul ärger lich brummte, griff Klara in das Ge sprach. »Ich habe mit Herrn von Dürings hosen gesprochen, weil mir der Ge danke unerträglich war, daß ich die Ursache eines Blutvergießens werden sollte. herr von Düringshafen hat mir ehrlich zugegeben, daß er Sie mißverstanden, daß er Ihnen Unrecht gethan hat, und er ist bereit, die Be leidigung, die er Ihnen zugefügt hat, zurückzunehmen.« sherrn Guntermann’s blasses Ge sicht röthete sich, und ein Gemisch von Erstaunen und innerlich empfundenerl Genugthuung strahlte aus seinen Au gen »Das hätte er gleich thun sollen,«; erwiderte er lebhaft. I »Ich denke,« nahm Klara sanft und j in hitendem Ton das Wort, »auchs morgen früh wird es dazu noch nichts zu spät sein. Er hat mir verspro-i chen. die Erklärung morgen auf dem? Kampfplatz vor den Zeugen abzugeJ den. Darnach haben Sie dann wohl seinen Grund mehr, sich beleidigt zu sählen und Ihre Forderung aufrechtz zu erhalten« i - here Gnntermann sah die Since-i M, der der Eifer die Wangen reif-l thete, zögernd, überlegend an. Seins Der-z war nicht so leicht zur Versöh-« innig gestime wie Frau Klara ins Mut-ist der ihn bewegenden Ein-? pfindungen geglaubt hatte. Jm Geist erlebte er die undergessene Scene noch einmal, er fah seinen Gegner vor sich mit dem hochmüthigen Gesicht und hörte die fchimpflichen, beleidigenden Worte, die ätzend wie Gift in seine Seele gedrungen waren und die ein fieberndes unauslöschbares Verlan gen nach Rache in ihm entzündet hat ten. Und auch jetzt regte sich der Haß . gegen den Mann der die Ahnung loie mit seinem äußerst glatten We sen bethört und unglücklich gemacht hatte, nur noch stärker in ihm. »Ich weiß nicht,« erwiderte er end lich, ,,ob die im ledten Augenblick ab ebene, vielleicht rein formelle Er rrmg zumal bei der Schwere der Bleibt-Jung eine geeignete, hinreichende SÆ Tit-« Mara fah den Sprechenden sehr Masche und betreten an. Jn fei Ist-In glimmte ein Etwas, das sie M kürlich an den von Aer aus W Verdacht erinnerte. Sie « rafsü idem Bkick und ein schwer - . nächtig-n ließ sie die Un gis etwas überaus Reinli-i Doch da sie noch keine T TIIQTTTT TTTT7Is v bestimmte, beruhigenbe Erklärung von ÆelB Gegner empfangen, so konnte sie sich auch der Fortsetzung der Ver handlungen-ich nicht entziehen. ; »Ich chte doch,« entgegnete sie rnit Heinem Anflug von Ungeduld, »wenn Derr von Düringshofen als Offizier von einer friedlichen Beilegung Jbres Zwistes die Beeinträchtigung seiner Ehre nicht befürchtet, so brauchten Sie, der Sie von leiner Rücksicht auf die Standesehre gebunden sind, in dieser hinsicht nicht rigoroser zu sein« «Verzeihung,« versetzte Herr Gun -termann ernst und bestimmt, »ich glaube, hier handelt es sich nicht um Standesanschausngem als vielmehr um individuelles Empfinden Sie vergessen, gnädige Frau, daß ich der Beleidigte bin und daß es mir na turgemäß nicht so leicht werden kann, zu vergessen, als dem Beleidiger. here von Düringshofen hat dem Ge fühl des mir angethanen Schimpfes Zeit gelassen, sich tief und tiefer in meine Seele zu bohren, ehe er — viel leicht nicht aus freien Stücken —- zu dem Entschluß gelangt ist, die mir ungerecht zugefügte Beleidigung zu rückzunehrnen. Ich habe mich infolge dessen schon völlig in den Gedanken an das Duell bineingelebt —« »Aber,« unterbrach hier die Frau Konsuh ihrer Entriistung Ausdruck gebend, und schlug ihre Hände inein ander, »was verlangen Sie denn noch mehr, Herr Guntermann2 Soll er vielleicht noch einen Fußfall vor Ihnen thun? Jch weiß nicht mehr, was ich von Jhnen denlen foll. Jch hatte Sie immer fiir einen ruhigen, friedlichen Menschen gehalten. Und nun zeigen Sie sich ja förmlich blut diirftig wie ein —- ein —« Die erregte Frau Konsul fand kei nen passenden Vergleich und schwieg Herr Guntermann aber erhob sich und gab stehend feine letzte Erklärung ab: »Ich habe ja nicht gesagt, Frau KonfuL daß ich unter allen Umstän den auf dem Duell bestehe. Durch aus nicht! Solch’ ein Spielen mit den Waffen geht mir eigentlich gegen die Natur, und ich bin wirklich, wie Sie die reundlichkeii hatten, zuzu geben, ern friedlicher Mensch. Aber meine Friedlichkeit gebt nicht so weit, daß ich mich nach Belieben beleidigen ließe, ohne eine Miene dazu zu ver gieehern noch dazu von einem Manne, r — Er brach plötzlich ab, als Klara eine auffahrende Bewegung machte und schloß, feine Erregung bezwingend: »Wie die leidige Angelegenheit aus geht, ob ich meine Forderung zurück nehmen kann oder nicht« hängt ledig lich von der Erklärung ab, die Herr von Düringshofen morgen abgeben wird. Man kann eine Entschuldigung vorbringen in einem Ton, mit einer Miene, in einer Ausdruckweise, daß man den Eindruck hat, es handle sich eher um eine Verschärfung der Belei digung, als urn eine aufrichtige Zu rücknahme derselben. Beauemt sich Herr von Düringshofen dazu, sich in aufrichtiger Weise und in dem Um fange, wie ich es erwarte, zu entschul digen, so werde ich nicht ansiehen, meine Forderung zurückzunehmen. Das verspreche ich Ihnen, Frau Kon ful, und der gnädigen Frau, eine be dingungslofe Verpflichtung aber kann ich nicht einaehen.« Er verbeugte sich und ging. Drau ßen biß er die Zähne zufammen. O, diese Frauen, diese erbärmlich schwa chen Frauen! So unglaublich es war, sie chien ihn noch immer zu lieben, den Mann, den sie doch in seiner ganzen moralischen Niedrigkeit er kannt haben mußte! . . . Es war keine persönliche, zum Vergessen und Vergehen neigende Stimmung, in der Herr Gunterrnann feiner Wohnung zufchritt. Schade, daß schon die Dämmerung hereinbrach! Er hatte zwar fchon faft den-ganzen Tag zu gebracht, um sich nm ver ungetrenn ten Waffe,so gut es ging. einzuschie ßen. Aber ee hätte seine Uebungen gern noch fortgesetzt, denn die Mög lichkeit, daß der Revolver dennoch während seines motgigen Zusammen treffen-B mit Herrn von Dükingslzw fen eine Rolle spielen würde, schien ihm durchaus nicht ausgeschlossen Bierzehntes Kapitel· Axel von Dütingöhosen erwachte am anderen Morgen frisch und mun ter, obgleich et nicht seine gen-ohne volle Nachirnhe gehabt hatte. Ein Brief an seine Klara hatte ihn lange wach gehalten. Alles, was sein Herz un weichen. liebevollen Gefühlen barg, hatte er in den vier eng beschriebenen Seiten ausgesteömt Dann hatte er den konveetieien und mit der vollstän dige-n Adresse versehenen Brief in ein leeres Schubfach feinei Scheeibiisches siegt und den Schlüssel stecken lassen. ziin ven Fakt, daß et lebend nicht mehr ntiieikaiw wiieve man den Bei-s s den nnd ihn an feine Adres satin befördern Ei me eesi sechs Uhr. Um sieben J W Uhr sollte das Wende-baut in den sum Rittergut Planiiiow gehörigen Forst, an einer vorher genau bestimmten M bezeichneten Lichinng, stattfin Eine halbe Stunde vor der festge setzten Zeit verläßt Aer ieise Zimmer und Haus, um sich zu Fuß nach dem Rendesvouspiatz zu begeben. Es ist ein heller, ilarer Frühlingemorgen Rüsiig und frisch schreitet Axel dor wäris, er hat, wie es bei einer solchen Situation auch bei den Reserve-Offi zieren iiblich ist, Uniform angelegt. Ihm isi so wohl, so leicht zu Muth; von der instinktiven, dumpfen Ban gigkeit. die in schwerer Lage des Le bens, im Angesicht einer Gefahr, et was Natürliche-Z is«-, empfindet er keine Spur. Vielmehr verklärt ein sonni geiz Lächeln seine Züge. Er gedenkt des überraschenden Besuches, den er gestern empfangen und rer merkwür digen Unterredun , während der er alle Phasen mens lichen Empfindens der Reihe nach durchlostet hat: Zorn. Erbitterung, Schmerz, erleichtertes Aufatbnren. tiefinnetliche Genugihu ung, Freude, Glück. Er muß iiber sich selbst lächeln· Wie hatte er auch nur einen Augenblick lang im Ernste glauben können, daß dieser irockene.» langweilige, fieisleinene alte Zung geselle für Klara eine andere eben-» tung haben könnte, als lediglich die» des Verwalters ihres Vermögens!; Er ist ihr auch heute ebenso gleich giltig wie damals Mit dieser Ge wißheit in der Brust begiebt sich Aer nach dein Kam-philan. ais handle es Isich uin eine friedliche gesellige Zu isammenkunft und nicht um ein ern !,stes vielleicht todtbringendes Ren stontrr. s In seiner Seele ist keine Spur- von Zorn und Erbitterung mehr. Opti mismus und freudige Zuversicht be herrschen ihn und et ist fast sicher, daß es zu einem Kampf überhaupt nicht tommen weide. Sicherlich wird sich der sriedsertige Kaufmann nicht unversönlich und blutgieriger erwei sen, als er, der in der Führung der Waffen geiibt ist. Und sollte dennoch swider Ermatten das Tuell stattfin den, bah, was hat er zu fürchten? Er trachtet nicht nach dein Leben sei nes Gegners; der Mensch ist ihm jetzt furchtbar gleichgiltig, und er wird« nicht die schwere Last auf seine Seele wälzen. ein Menschenleben ohne zwin gende Veranlassung taltbliitig der nichtet zu haben. Und sollte er selbst dein Kampf zum Opfer fallen, was liegt ihm ain Leben? Er fürchtet den Tod wahrhaftig nicht, weiß et doch, »daß Klara zwar ihm nicht« aber auch jieinem Anderen inehr angehören »wird. Niemand wird sie liebend in sseine Arme nehmen dürfen. Sein swar sie, sein allein! Unweit des Rendezvousplatzes trifft Axel seine Sekundanten, in deren Be gleitung sich der Stabsarzt des Ne giinentå befindet. Kurz nach ihm trifft auch die Gegenpartei ein. Herr Guntermann ist in ein feierliches :Schwatz gekleidet, seine Mienen sind noch ernster als gewöhnlich; ein Aus druck düsterer Entschlossenheit blickt Haus seinen Augen und zeichnet sich um den sestgeschlossenen Mund. ! Nach ver ausgingen höflichen Be grtißung gehen die Sekundanten an den üblichen letzten Versuch, eine Ver föhnung der Gegner herbeizuführen, der pflichtgeinäsz jedem Duell voraus-« zugehen hat, der aber in den meisten Fällen nur eine leere Formalitiit be deutet Axels Sekundanten blicken denn auch ganz überrascht, als dieser nun erklärt, sein Gewissen nöthige ihn, szu bekennen, das er m Folge von erst sgestern Nachmittag eingetretenen Um ständen vie Ueberzeugung gewonnen habe, seinem Gegner Unrecht gethan zu haben. Herrn Gunternianns Be such bei ihm sei nicht, wie er irrthiirn ; lich angenommen, in beleidigender Ab Hsicht erfolgt. Er —- Axel von Dü Iringhosen — sehe sich deshalb veran ilaszt, vie gegen Herrn Gunternrann fausgesprochenen Beleidigungen hier imit zurückzunehmen. Als diese Erklärung Herrn Gunter mann überbracht wird, zuckt es spöt tisch urn seine Lippen. Er richtet sich in seiner ganzen Höhe aus und ertheilt kühl, fast hochmüthig seinen Bescheid. Er bedaure, die kurze Erklärung seines Gegners nicht sitt eine vollwich tige Sühne des ihm zugesiigten schwe ren Jnsults betrachten zu können. Er set nicht nur mit Worten, sondern in direlt auch thätlich beleidigt worden. iHerr v. Düringshosen habe sich brüst iaus seinem Zimmer entfernt und habe ’ihn, seinen Gast, wie einen lästigen Bittsteller stehen lassen. Er verlange deshalb, vasz Herr von Düringshosen diese seine Handlungsweise als nicht «gentlenran-lite« anerkenne, sich ihret-. wegen besonders entschuldige und sei ner Reue einen noch näher zu verein barenden überzeugenden Ausdruck ver leihe. Zugleich solle Herr von Dif ringzhosen ausdrücklich geloben, ihm — Gunterrnann —- tiinstig mit ver ihm gebührenden Achtung zu begegnen. An den ernsten gerötheten Gesich tern seiner Sekundanten erkennt A el, daß vie Botschaft, die sie ihm von i neni Gegner überbringen nicht Gu tes enthalte. Während er aber s t den Bescheid selbst vernimmt, sehte auch ihm das Blut jiih in die Wangen nnd seine Entrilstu macht sich in einein heftigen Un stampfen seines trachten Fußes Lust. Doch er be W herrscht sich rasch. und äußerlich ruhi ertltirt er mit so lauter Stimme, da auch sein Gegner jedes Wort verneh men tannr »Ich be vorhin rneine Ertliirutgk nicht um dem Duell aus dein Wege zu geben, son dern weil ich mich als Mann von »Eine, der, wenn er"sein Unrecht er ; kennt, es auch eingesteht dazu fiir ver .pflichtet hielt. Auf das demüthigende ’Ansinnen meines Gegner einzuge hen, weise ich weit von mir zurück. Fias- lasse dem Zweikampf seinen au .« Axels Sekundanten fegen sich noch einmal mit dem Gegner in Verbin dung. Aber Herr Guntermann lehnt ebenfalls ab, auch nur ein Jota nach zugehen. Damit muß der Versöh nungsversuch als gescheitert betrachtet werden. Die Sekundanten machen sich nun unverzüglich an die Erledigung ihrer weiteren Aufgaben. Es wird in ver Lichtun , die ein paar hundert Schritt im Umfang beträgt, die ebenfte Stelle ausgesucht und hier werden nun die Standplätze — der beiden Duellanten so ausgewählt, daß jeder das Sonnen licht von der Seite empfängt. Dar auf werden die Distanzen abgeschw ten, und zwar beträgt die Entfernung zwischen den Standpuntien der beiden Duellanten sünfunvdreißig Schritte. Auf der Verbindungslinie zwischen diesen beiden Standvlätzen werden je zehn Schritte abgernessen und diese Endpuntte durch niedergelegte Ta schentiicher als Barrieren bezeichnet, so daß der Abstand zwischen diesen martirten Schranken nur fünfzehn Schritte ausmacht. Nachdem diese Vorbereitungen getroffen, werden die Tags zuvor von den Sekundanten ver einbarten und ausgeschriebenen Bedin gungen des Zweitampfes vorgelesen und den beiden Duellanten die ehren wiirtliche Verpflichtung abgenommen, diese Bestimmungen genau zu befol gen. Danach zieht Axel seinen Was-: senrock aus, während Herr Gunter-; mann sich seines seierlichen langen; Gehrockes und seiner Weste entledigt.j Während das alles programmmä-. ßig verläuft, hängt AxeL dem dag» Alles nichts Neues mehr ist« da er; schon einmal einem Duell als Sekun- ; dani heigewohnt hat« seinen Gedankens »nach. Wenn er auch den Kampf nicht ( fürchtet, eine Empfindung schmerzli chen Bedauerns durchrieselt ihn doch. Schade, daß er Klaras Wunsch nicht hatte erfüllen können! Wird sie ihm nun nicht die Schuld beimessen, wenn sie erfährt, daß das Duell doch statt gehabt hat? Arme Klaral Wie viel Aufregung. wie viel Bitterkeit sie in der letzten Zeit hat durchtasten müssen durch seine Schuld! Es durchschauert ilzn heiß, undein Gefühl tiefer Reue, hrennender Sehnsucht erfiillt ihn und in jedem Blutstrvpfen empfindet er, daß er sie liebt, nur sie allein, innig und wahrhaftig, daß er sie verehrt aus dem Grunde seines Herzens, daß es in der ganzen Welt lein weibliche Wesen giebt, das für ihn das Jdeal einer Frau deriörpert wie Klarm O, wenn er es ihr doch einmal sagen dürfte mit der ganzen« flammen n Beredtsamieit der ihn in allen Fasern seines Seins durchdringenden Ueber zeugungi Eine neue Enttäuschung muß er ihr nun wieder bereiten. Das wenig stens schwört er sich im Stillen heilig zu, sich, was an ihm liegt, so zu ver halten, daß das Duell einen-unblutis gen Ausgang nehmen muß. Die Sekundanten laden die Was feu. Das Looö spricht Axel den Vor theilzm unter den beidenjlzistdlen zu mahlen. er grem aukg Oerarhewohi zu. Die Sekundanten und die Aerzte begeben sich an ihre Pläne. Jn allen Zügen malt sich tieser Ernst; aller Mienen und aller Anwesenden Hal tung legen Zeugniß von der feierlich diisteren Stimmung ab, von der Je der durchschauert wird. Die beiden Gegner stehen hochausgerichtet wie Erzbilder einander gegenüber. Jeyt ertönt klar und bestimmt das Korn mando des älteren Selundanteu: »Borwärts!« » Die Duellanten spannen ihre Was- ! sen und gehen in demselben Momentl aus der zwischen ihnen gezogenen ge raden Linie einander entgegen. Beide halten ihre Pistolen mit der Mündung nach oben. Axel ist es, der zuerst stehen bleibt, einen ganz kurzen Au genblick zielt und seinen Schuß ab giebt. Seine Kugel pseist ein paar Schritte seitwärts von dem Gegner: vorbei und bohrt sich in den Stamm! einer der die Lichtung begrenzenden Fichten. Kerzengerade bleibt Axel stehen« um. wie es die Vorschrift bestimmt, unbeweglich den Schuß des Gegners abzuwarten. Sein Gesicht blickt ruhig, fast gleichgiltia here Guntermann geht noch ein! paar schnelle Schritte weiter bis hart an seine Barrierr. Hier macht er halt, senkt seine Pistole, zielt sorgsältig und schießt. Wie ein Echo sol i dem Knall ein kurzer-, chrillee Aufich rei, Axel tau melt un sinkt vorntihee zu Boden. Seine Sekundanten und die beiden Aerzte prangen ihm sofort bei. Er ist hetvußts kund a huiet nur miihsam. Wir hin diz Brust.« lautet der ärztliche Beschet .Schwer verwun det aber nicht hossnungslos. « Fitnssehntes Kapitel. Klara hatte sich arn Morgen nach ihrer Ankunft bei der Frau Konsul nach Tarlshagen zurückbegebem ah nungtloi, daß sur selben Zeit um ihretwillen Blut stoß. Erst zwei Tage später brachte ihr ein Brief ihrer Tante die Mittheilung del Vorgesallenm Axel liige schwer verleht in Plantilow auf dem Sma zenslageu zwei Aerzte widmeten ihm ihre Kurzsi Klara erschrat heftig. Das Brief blott ensani ihren zitternden händen und es wandelte sie eine plötzliche Schwäche an. Alles Blut strömte ihr zum Herzen, dessen Schläge wild tob ten, als wollten sie die dumpsstöhnende Brust zersprengen. Mit übermensch licher Willentrast easste sie sich aus; ihr erster Gedante war, soort abzu reisen und selbst nach dem Verwunde ten zu sehen. Aber während sie durch das Zimmer ging, um ihre Vorkeh srungen zur Reise zu treffen, tam ihr idas Bedentem durfte sie ihrem ersten »unwilltiirlichen Antriebe nachgebeni »Dandelte sie nicht intonsequent, sor sterte sich nicht Spott, Hohn und Ge ringschähung heraus, wenn sie sich nun so gewissermaßen selbst desavouirtei Hatte sie nicht selbst das Band zwi schen Axel und sich zerrissen? Geschah es nicht nach ihrem Willen, daß sich ihre Wege getrennt hatten? War’s nicht aus ihre Veranlassung geschehen, daß bereits der erste, der Sühne-Ter min, in ihrer Ehescheidungstlage an beraumt war? War’s etwa ihre Ab sicht, das, wozu sie sich entschlossen, wieder rückgängig zu machen? War nun plöylich Alles ausgelöscht, was zwischen ihnen Beiden oorgesallen war, und sollte sie ihm eine Hilfe aus drängen, die ihm nicht erwünscht, viel leicht nur peinlich war? Nein, nein! Sie hatte weder die Pflicht, noch das Recht, zu ihm zu eilen und ihm ihre Fürsorge zu widmen. Ada war es, die ihm als feine Verwandte jetzt näher stand als sie und die es sich gewiß nicht nehmen ließ, den Leidenden lie bevoll zu plfegen. Ein brennender Schmerz durchfuht die Sinnende, und ein paar heiße Thriinen tropfien durch die Finger, die sie erfchiittert gegen ihre Augen gepreßt hatte. Die Brust war ihr eng und bedrückt und ihre unthiitige Ein famleii, die Stille ihres Zimmers la steten schwer auf ihr. Es war eine mechanische Bewegung daß sie jetzt nach der Klingelschnur griff. Fortsetzung folgt.) Jutimes von Zelt-. Wie Zola seine Romane taki-erei tete, darüber veröffentlicht der Litera turforseher F. Mafsis, der in der Na tionalbibliothel sämmtliche Manu skripte und Notizen aus Zolas Nach laß durchgefeth hat« eine interes sante Studie. Mafsis nimmt als Beispiel PAssommoir lDer Todt schläger), fiir welchen Roman dem; großen Realiften 1868 im Gesammt- - plan der Rougon - Macauart die: erste Jdee kam, und den er erst 1878 ; veröffentlichte Er wohnte vor dem3 Sturze des Kaiserthums in einer der « Miethstasernen der Rue Samt Jacques, mitten unter Arbeitern und . armen Leuten, die Alloholismus und Elend niederdrückte Er warf 1869 folgende Notizen aufs Papier: »Ar heiter - Roma-n. Der Roman in Ba- « iignolles. Eine Wäscherinx der Ar beitsraum der Büglerinnen, in einem Laden der Avenue; in der Avenue Wöfcherei. Wäscherinnen u. s. w. Ein Arbeiterfest (die Wäscherin). Kleine Gerichte, große Platten, alles Geld geht auf ein Ahendessem Die Fenster find offen, das Draußen nimmt an der Freude theil. Lieder beim Nach tisch. —- Die Frauen holen die Män ner aus der Wirthschaft. -—.Die Frauen führen die Männer. —— Nicht die Photographie eines Mannes, der 48 aus den Barriladen getödtet wur de, vergessen, die den revolutionären Haß in der Familie wachhält. — Die Politik irn Volle, mit ihrem Ge schwäh, Erzählungen aus 48, ihrem haßetfiillten Dulden des Reichthums, ihren Schmerzen. —- Nur Arbeiter im Roman. Arbeiterfamilien mit ver schiedenem Milieu. —- Wäsche an den Fenstern u. i. w.« — 1875 schreibt Zola dann den ersten Entwurf nieder: »Das Milieu Voll zeigen und durch dieses Milieu die Voltssitten erklären; wie in Paiio die Völlerei. die Auflösung der Fa milie, die Liebe der Arbeitereristenz, der harten Verrichtungen, des Zusam menlebens ohne Rücksicht auf die Ge schlechter und das Alter, drä. Sich gehenlassens u. s. w» kommen. Mit einem Wort, ein sehr genaue-Z Bild des Volkslebens mit seinem Schmutz, seinem Dahinlebem seiner Sprache; und dieses Bild soll als das darunter —- aber ohne These — den besonderen Boden haben, auf dem all dieseDinge gedeihen. Dem Arbeiter nicht schmei cheln, ihn auch nicht schwärzen. Eine absolut exakte Realität. Am Ende macht sich die Moral von selber frei. Den Gegensatz bildet ein guter Ar beiter; oder vielmehr nein, nicht in den «Maieuel« verfallen. Ein schreck liches Bild, das feine Moral in sich ielbit triith diesem Selbstgespräch plaudert er un weiter über seine Personen «Meine Gewaiie Maequart muß die hell-in lein. Ich mache also die Frau out dem Voll, die Arbeiterstan. Ihre W Geschichte erzähle ich. Sie flilchteh sich von Plassant mit ihrem Geliebten Lantier, von dem sie zwei Kinder Claude und Ettennr. hat, nach Paris. Sie fltlchtet sich TM. hat damals B Jahre; Claude hat s Jahre, Etienne 4 Jahre. —- Lantier, Gerbereiarbeio ter, verläßt sie drei Monate nach der Anlunft in Paris, wo sie ihr Gewerbe als Wäscherin wieder aufgenommen hat; er seinerseits verheirathet sich, zweifelsohne. Sie lebt mit Coupeau, einem Zinlarbeiter, zufammen, der sie heirathet. Sie hat alsbald von ihm eine Tochter, Anna, 1851. Jch entle dige sie Claudes, sobald er 10 oder 12 Jahre ist. Jch lasse ihr nur Etienne und Anna. Wenn die Erzählung spielt, hat Anna mindestens 14, Etienne 18 Jahre. Mein Drama wird also ums Jahr 1865 spielen. Vorher werde ich das Leben von Gervaise er zählen. —- Jch werde ohne Zweifel zum Rahmen das Leben einer Frau aus dem Volke nehmen können. Jch nehme Gervaise in Paris mit 22 Jah ren (1850) und führe sie bis 1869. bis sie 41 Jahre alt ist. Jch lasse sie durch alle Krisen und erdenlliehe Schande schreiten. Endlich tödte ich sie in einem Drama." Zola malt dann die Einzelheiten des Charalterg und Temperamentö, die er den Personen geben will, macht eine Liste von Personen, als handle es sich um ein Theaterstiick; wirlt die Epifoden der Handlung ineinander, sucht den Titel (er wählt zunächst« Das einfache Leben von Gervaise Macauart) und befafzt sich dann mit dem Ausgang: »Das Ende; das Drama ist zunächst das Wichtigste. Es müssen dabei alle Personen mit lpielen, die Poifsons und die Boches. I Andererseits muß Gervaise dieHaupts und Mittelperson sein, und da ich vor allem ihr Leben erzähle, muß ich aus ihr eine sympathische Persönlichkeit machen; ich muß zeigen, wie alles in bewußter und unbewußter Weise an ihrem Untergang arbeitet. Zunächst sind Schulden nöthig. Um sich zu nähren, und ihren Nichtsthuer von einem Gatten zu nähren, kann sie »rechts und links Geld schuldig blei J ben, beim Metzger-, beim Bäcker, beim «Kohlenhiindler, beim Kolonialwaas renbiindler u. s. w. Dann, zum Aru ßersten getrieben, tann ich sie zeigen, wie sie aus die Straße hinabsteigt. Schließlich, um das Drama schreckli cher zu gestalten, tann ich sie noch in anderen Umständen, an Selbstmord denken lassen. Das banale Drama beim Voll ist irgend eine brutale Ei fersucht, die am Ende mit dem Messer spielt. So könnte es einen Kampf zwischen Lantier, Coupeau und Hon jet geben, die von den anderen Perso nen die einen gegen die anderen ge trieben werden. —- Nicht vergessen, daß ich sie sympathisch machen will. Meine Personen in gute und böse theilen, so viel gute wie möglich. s Zola arbeitet dann siir jede Person ihre politische Gesinnung aus und be ginnt, sobald der Entwurf beendigt ist, von neuem die Charaktere auszu arbeiten; jede einzelne Person nimmt er vor, zerlegt ihre Biographie, stellt die Daten sest, leiht ihr Redensarten und stillt zahlreiche Seiten mit Dia logbruchstiicken, als habe er sie im wirtlichen Leben irgendwo belauscht Aber diese ganze Arbeit ist nur gewis sermaßen das Vorspiel. Mit dersel ben Genauigkeit studirt er das Mi lieu, in dem sich sein Roman abrolleu soll; er beschreibt Stadtviertel, Stra ßen und Sackgassen, Häuser undWoh nungen, und spart nicht mit Einzel heiten; er zeichnet Pläne, gruppirt in logischer Nachbarschaft seine Perso nen. Er macht sich genaue Notizen über Wäschereien und Biiszreiem macht eine Liste technischer Ausdrücke, lernt tennen, was das Werkzeug ei nes Spenglers oder eines Ketten schmiedes ist« Dann versenlt er sich in die Bitchen studirt den Altoholiss mus und seine Folgen, sindet über die Arbeitersitten das Buch »Subtime« eines bedeutenden Sociologen, Denis Toulot, mertt sich allerlei Voltltauäs drücke darin an und ritirt in seinem Roman wörtlich ganze Stellen aus dem Buche. Dann schasst er sich ein Lexilon des Argot. desPariser Plebö, an. Und so die Handlung, das Mi lieu, die Personen derart im Kopfe, macht sich Zola daran, in einem Zuge seinen Roman niederzuschreibem Es lann nicht erstaunen, daß er sür eines seiner dickleibigen Bücher nur sieben Monate brauchte. Die Präliminarien, die Vorarbeiten, losteten ihm Jahre. So war Zola Realist nicht im »Dichten, er war es im Erleben. Wer die packende Erzählung von PAssonri ; rnoir gelesen und wer Augen hat, dem Jrvird die Studie Massis’ in der Re itme etwas wie eine Enthüllung sein. jMan hat sich ost gefragt, wie das jhirn eines Mannes einen so lamplis »zirten Apparat erdenten nnd beherr ; schen konnte, welcher in den Notnanen HTravaiL Fecondite u. s. w. spielt. ; Zola wußte seine Städte lebendig um Isrch zu schaffen, bevor er sich daran machte, sie der Mitwelt zu beschreiben· - Wir lieben es ost, die Menschen nach den Charattereigenschasten zu be nrtheiletn die ihnen sekleth und nteht nach denen, die sie be then. ·- i i ; Was früher in -««der Literatur siik lkurlanter galt, wird jeht immer lan- , I er. «