M-— tmmä————— L je Graer von Yakhenau Roman von JA. Z. fww (8. Fortsetzung-) Der Prozeß, den Herr Legertnann, der geohrseigte Chef der Firma Karl Wilhelm Legemann, angestrengt hatte, endete mit der Verurtheilung des Re serendars zu einer geringen Geldstrafe, da die vorausgegangene Beleidigung seiner Braut durch den Klägrr dem Vetlagten als strasmildernd in An rechnung gebracht wurde. Kur-e Zeit daraus bestand Gras Mettich das Assessorenexamen. Ein halbes Jahr lang arbeitete der Asses sor bei einem sehr bes ästigten Rechts tuwalt, dem Justiz-ca h Hagemann. Dann bewirkte er seine Zulassung als Rechtsanwalt beim Landgericht 2. Er ließ sich in dem Vorort Halensee nieder, weil er dort leichter Klienten is sinden hoffte. Das Porzellanschild an dem Hause, " in dem er Wohnung genommen, er regte das Interesse vieler Passanten, nnd mancher stand staunend still und las kopfschüttelnd: «Gras von Buchenau, Rechtsantvaltx Sprechstunden 4—7 Uhr Nachmit gg « Eine Vorortzeitung nahm sogar im redaktionellen Theil Notiz von diesem seltenen Vorgang und berichtete seinen verwundeten Lesern, daß zum ersten Male im Bezirk der Landgerichte 1. nnd 2. ein »wirtlicher Gras« den Be rns eines Rechtsantoaltes ausübe. Man besprach den Fall mit Interesse in den Familien und an den Stamm tischen in allen Halenseer Lotalen und zerbrach sich die Köpfe darüber, durch welchen Umstand der Gras Buchenau wohl zu dem für einen so hatt-gebore uen Aristokraten ganz ungewöhnlichen Entschluß veranlaßt worden war, die Rechtsanwaltstarriere einzuschlagen, nnd allerlei scharfsinnige Vermutliurp gen wurden dabei laut. Auch blieb das Interesse siir den Gras-Rechtsan toalt bestehen. Keinem dieser Leute fiel es aber ein, sich des Grasen zu erinnern, sobald sie in einem Rechts streit juristischer Hülfe benöthigten »Wenn ich einen Rechtsanroalt brauche. den ich bezahle,« sagte der sternnmge Geschäftsmann, »so wiu ich mit ihm ungenirt von der Leber weg reden. Jch will keine Kompli mente machen —- Herr Graf hier, Herr Graf dort — und will mich womöglich nicht über die Achsel ansehen lassen nnd nachher noch obendrein aristotra tifch hohe Rechnungen bezahlen. Ueber haupt, was versteht denn solch Aristo trat von geschäftlichen Dingen!" Aehnlich argumentirten die Klein händler, die Bauern und Arbeiter. · Einen Grafen in sein-er Behausung aufzusuchen und ihm ihre kleinen An Iiegen vorzutragen, das war den Leu ten schon so wie so peinlich; rnit einem so hohen Herrn konnte man doch nicht so vertraulich sprechen, wie mit einem einfachen, bürgerlichen Rechts anwalt, abgesehen davon, daß ein Arisiokrat doch gar nicht im Stande war, sich in die Anschauungen und Gefühle eines kleinen Mannes hinein ufinden. Wie konnte sich denn ein af für die Streitsache eines Bauern oder Arbeiters interessireni Der nahm einfach das Geld und betrieb nachher He Sache mit ariftolratischer Noncha nee. Seine Standesgenossen aber nah men die Dienste des Grafen-Rechtsan toaltss noch viel weniger in Anspruch. sie alle waren mit dem Kammerherrn Baron von Glümer-Rottenfeld über die Niederlassung des Grafen als sechtsanwalt höchst indignirt und em pfunden diesen seltenen Fall, diese Lonzession an die »alle Standesunter schiede,ausgleichende Tendenz der Zeit« ais einen Stande-L hätte nicht hie und da einen braven süsrger die Neu ierde in die Sprech Iunde des gräslichen Rechtsanwalts rieben, und hätte vor Allem nicht stizrath Hagemann manchen Rath nchenden seinem jungen Kollegen zu chiett, Graf Dietrich würde alle Ur sche gehabt haben, seinen Entschluß k- bereuen. So aber kam er mit nteeftühung des freundlicher Justiz raths glücklich über den schweren An fang hinweg. Und dann half die natürliche Ent wickelung der Dinge ihm weiter. Diejenigen, die an feinem Schilde ein Dutzend Mal zögernd vorüber gegangen waren, kamen schließlich da ss, doch einmal mit dem gräflichen Mtsanwalt einen Versuch Zu ma chen, um nicht erst weiter nach Berlin fhäneingehen zu müssen. Und als sie ben, daß Rechtsanwali Graf Buche Iau aristotratische Alliiren ganz und gar nicht herauskehtte und mit ihnen nicht anders verkehrte als rgend ein Argerlichee Rechtsanwali, und als die Erfahrung sie obendrein belehrte, daß der junge Rechtsanwalt sich der Interessen seiner Mandaien mit ebenso rohen Eifer wie Geschick annahm, da nun sie nicht nur wieder, sondern mpfa sen ihn auch angelegentlichst Inn den und Kollegen. III ein halbes Jahr vorüber war, et ei wagen u können, seine » »Meist- Ieant heimste ihren nnd einen Mit-m Herd im »He-IMM " Die est wurde nsiiiclich in be , . se nnd ist en sten Fa W im. Das Stein-net « Mer- Menfetdfche Ehepaar W’ swar formell eingeladen worden und hatte, wie nicht anders erwartet wor den war, unter höflichem Vormund abgefagt. Die Gräfin-Mutter wurde durch ihren leidenden Zustand entschuldigt, lder alte Graf aber hatte es sich nicht Inehmen lassen, an der Trauung fo wohl, wie an der darauffolgenden flei f nen Feier theilzunehmen. » Er führte Frau Mienen die fich seit i lange nicht so zufrieden und gehoben gefühlt hatte, zu Tisch und brachte auch den Toaft auf die Neudermählten saus. Seine Schwiegertochter schloß iek mit väterlicher Hekziichteit in die i Arme, küßte sie und sagte bewegt: i »Ich wünsche Dir von Herzen Glück, mein liebesKindi Du betommft einen tüchtigen braven Mann. Halte ihn immer lieb und werth! Dann kannst Du Deines Glückes und meines Dankes sicher sein.« Die Gräfin-Mutter hatte aus dem milienschmuck ein paar kostbare tücke gespendet, und auch der Kam merherr und Gemahlin hatten es an dem üblichen Hochzeitsgeschent nicht fehlen lassen und einen pruntvollen, silbernen Tafelaussatz geschickt, eine Gabe, die in dem jungen Ehepaare al lerdings mehr peinliche als andere Empfindungen wecktr. Sogar eine kleine Hochzeitsteise konnte sich das junge Ehepaar, dank der Ersparnisse die Gras Dietrich ge macht hatte, gönnen, um fo mehr, als es ihre hochzeit in die Zeit der Ge richtsferien gelegt hatte. Es waren ein paar Wochen nach ihrer Heimkehr vergangen. Ein kalter IfJerbftwind entblätterte bereits die Bäume des nahen Grunewalds, als eines Nachmittags eine fragwiirdige Gestalt in dem Bureau des Rechtsan waltes Grafen Buchenau erschien. Der Bureauvorfteher maß die nicht gerade Vertrauen einflößende Persönlichteit mit mißtrauischen Blicken. Der kurze hellfarhige, mit Flecken übersäeteSom meriiherzieher war bis zum Halse hinauf zugetnöpft, wahrscheinlich um die nicht mehr faubere Wäsche vor neugierigen Blicken schamhaft zu ver bergen. Der kleine, runde, schwarze Hut war verbeult und am Rande start abgegriffen. Wangen und Kinn des sonst nicht unsympathischen Gesichtes waren schon mindestens vierzehn Tage nicht mehr rasirt und gaben darum mit ihren halblangen Haarstoppeln dem Antlitz ein unsauberes Aussehen. »Der Herr Rechtsanwatt zu spre chen?" fragte der Ankömmling mit einer heiseren Stimme. Der Bureauvorsteher sah nach der Uhr, die auf dreiviertel vier zeigte. »Um vier Uhr beginnt die Sprech stunde,« beschied et barsch, — »was wünschen Sie denn?«« Der in dem schmierigen Ueberzieher schien nicht gewöhnt zu sein« sich ein fchüchtern zu lassen. Er zog einen Stuhl heran, setzte fich, schlug behag lich ein Bein über das andere und er widerte zurechtweisend: »Das werd’ ich dem Herrn Rechts anwalt selbst sagen.« Der Bureauvvrsieher machte eine auffahrende Bewegung und schien nicht übel Lust zu haben, den Fremden, dessen Aeuszeres einen zahlendenKlien ten kaum vermuthen ließ, ohne Weite res hinauszuweisen aber es lag doch etwas in der Art des Fremden. das den Bureauvorsteher einschüchterte und ihn veranlaßte, sich brummend über seine Arbeit zu beugen und sei nen empörten Gefühlen lediglich durch ein stummes Achselzucken Luft zu ma n. Etwa zehn Minuten später steckte der Rechtsanwalt seinen Kopf flüch tig durch die Thür eines nebenan lie genden Sprechzimmers. »Ich bitte!« Der Fremde sprang hastig auf seine Füße, jedoch an der Thür zögerte er einen Augenblick. Dann trat er ein Der Rechtsanwalt Graf Buchenau blickte nur flüchtig auf und deutete dann einladend auf den neben seinem Schreibtisch stehenden Stuhl Der Fremde aber leistete dieser Ein ladung keine olgr. Er blieb mitten im Zimmer ehen. Ein verlegenes Lächeln erschien in seinem Gesicht, seine Finger griffen neevös an det Krempe des abgetragenen Hutes he ktunä während er die Frage hervor !c J »Na, erkennst Du mich denn nicht, Dietrich?« Der Rechtsanwalt drehte sich schnell herum und schnellte mit einem Ruck in die Höhe. Sich vor den ihm Gegen überstehenden hinstellend und ihn mit erstaunt sotschenden Augen betrach tend. brach er in den Ausruf aus: »Bist Du es denn wirklich, Bode?« Und als dieser ausaihmend, daß der erste, schwerste Moment vorüber, ( lächelnd nieste fügte er hinzu «Jeh habe Weh längst erwartei.« »Sei« Bedo fand seine Ungemer heit allmählich wieder und streckte dem Bruder die band ent egen: »Na, das steni m . Dann komme ich Die nicht un wiege-is Der Rechtsanwalt machte doch eine unvillkiietich zueiietzuckende Bewe gung, denn Bot-M leste Beete hatten ihm eine nhauch von Viert-einst der nicht eben lieblieh mit dem See-C —« schlechten Eognaci gemischt war, su etragen. Aber er bezwang sich und Fchlng ein. Zugleich nahm er den An deren von Neuem in Augens in. »Sage mal, wie bit u denn auss« bemerkte er tap schiittelnd mit einer Mischung von Spott und mit leidigem Schrecken. Bodo aber hatte seine Verlegenbeit fängst überwunden, und lächelnd an sich berabschauend, erwiderte er: »’n bischen strapazirt. wie? Das ge nirt ’n großen Geist nicht. DemScha den ist leicht abzuhelfen, wenn Du mir ’n bischen unter die Arme greifst.« Und sich mit der Hand über das strap pige Kinn ftreichend, fügte er mit Gal genhumor hinzu: »Ich glaube, der Backenbart steht mir nicht. Was meinst Du, ob ich ihn mir wieder absiibeln lasse?« Graf Dietrich schüttelte noch immer mit dem Kon und betrachtete seinen Bruder immer von Neuem. Endlich zoaen sich seine Mienen zu einem strengen Ausdruck zusammen, under sagte ernst: »Eigentlich sollte ich mit Dir or dentlich ins Gericht gehen. Du hast mir schöne Sachen gemacht. Wenn-Herr Börner.Dich trifft, dann gnade Dir Gott! Aber ich glaube, in Deiner Lage find Vorwürfe wenig angebracht. Ueberdies sehe ich, hat die Strafe nicht lange auf sich warten lassen. Es ist eben die alte Geschichte: Wie gewon nen, so zerronnen.« Bodo nickte trübselig dazu. »So ist es,« stimmte er bei. »Die paar Mari, die ich mir bei herrn Börner eriibrigt hatte, sind bald genug zum Teufel gegangen. Die verdamm ten Karten!« Dietrich stand tiefbetiimmert vor seinem Bruder, und seine Gedanken flogen nach Schloß Buchenau« zu sei ner Mutter. Ein leises Aufatbmen hob seine Brust. Nur gut, duß sie ihren Liebling nicht in diesem Zu stande fab. »Schamn Du Dich oenn gar man, Bodo?" sagte er mehr traurig als scheltend. »Wiißtest Du nur, wie Mama sich um Deinetwillen härmi. Das, was Du an ihr gesiindigt hast, kannst Du nie,—— nie wieder gut ma chen. Du hast ihr Leben zerstört. Die Sorgen und der Kummer um Dich bringen sie täglich dem Grabe nahm« Seine Stimme schwanlte, und auch über des Leichtsinnigen Gesicht flog ein Zacken der Rührung und Zutun-sch ung. Beschämt sentte er sein Haupt. Plöszlich aber erhob er sein Gesicht mit jähem Rud. »Der Teufel soll mich holen!« rief er und schlug sich betheuernd und auf geregt mit der Rechten aus seine linke Brusiseite, »wenn ich noch einmal die oerwiinschien Karten in die Hand nehme. Das schwör-e ich Dir, Ditt rich, auf mein heiligstes ——« Aber der Rechtsanwalt winkte ab. Er mochte von dem in dieser Situa tion abgegebenen Gelöbniß nicht allzu viel halten. »Schon gut,« sagte er. »Zeit wär’s allerdings, daß Du endlich einmal in Dich gingst und endlich ein ehrlicher Mensch würdest. Uns Mamas willen will ich Dir helfen, so viel in meinen Kräften steht. Fürs Erste mußt Du Dich wieder anstiindig eauipiren, da mit Du präseniabel bist. Dann wollen wir weiter sehen, hier« —er schritt zu seinem Schreibtisch, öffnete und nahm einige Goldstücke heraus, die er dem freudig und begierig Zuareisen den in die Hand drückte, »für die nothwendigsten Ausgaben! Suche Dir irgend wo in der Nähe ein Chambre garnie und komm-e morgen zum Mit tagbrod — zwei Uhr. Wir wollen dann das Weitere besprechen." Die lebhaften Danteshezeugungem in denen sich Bodo ergehen wollte, schnitt er kurz mit den verabschieden den Worten ab: »Ich habe jetzt zu thun. Auf Wie dersehen morgen!« Fünfzehntesskapiteb » Bodo sah ganz flott und gentleman lite aus, als er am nächsten Mittag abermals im Bureau des Rechtsan waltö ersehen. Auch sein Auftreten war ein wesentlich seibftbewußteres und seine Stimme hatte schon wieder den früheren schnarrenden nnd ein we nig näselnden Ton, während er den Bureauvorsieher, der ihn gar nicht wiederzuerlennen schien, fragte: »Ist mein Bruder, der Herr Graf, schon hieri« Der Bureauvorsleher sprang bei dieser Anrede sogleich devot auf. Der Herr Re sann-alt ist noch auf dem Gericht, ann aber jeden Au genblick kommen. Wollen der here Graf vielllleirht inzwischen im Sprech zimmer Plan nehmen!« Damit wollte er die Thus des Ne benzimmers öffnen, aber Bodo winkte wohlwollend ab. »Lassen Sie nur, mein Liebet!« Und nachdem et sich in dekn Buteau neugierig umgesehen hatte, was et ge stern in seiner Niedergeschlagenheit verabsäumt hatte, fina ee here-blas send ein Gespräch mit dem Eures-u vvrsteher an. »Sagen Sie einmal, mein Lieber, was hat denn nun eigentlich solch ein Rechtsanwalt wie mein Bruder zu thun?« » Der Respekt vor dem Grafen veran laßte den Bueeauvotskeher. das Lä cheln, das ihm auf die Lippen treten ;wol1ke, zu verbeißen. ; «Meisteni sind ei kaufmännische Prozesse-' erklärte er, »die den-here Ruhm-weilt führt, Inder n werden eingeklagt oder Mittagen-Rein Manchmal kommt auch eine Strafe ! DI- VML i i do DER-o uuwiipk « « « « Der Bureauoosrfteher zuckte mit den Achseln. »Das will ich nicht erade zagenf meinte er. «Freilich, chwier g ift’i manchmal und anprengend und erfor dert viel Scharf inn und Gelehrs tenntniß.« Jn den Mienen des Zuhörenden walte sich fo etwas wie Bewunderung. »Dafiir bringt es denn wohl auch höllifch viel Mammon ein, wieisp Diesmal gestattete sich der Bureau vorsteher ein dislretes Lächeln. »Je nachdem, Herr Graf, je nach der Größe des Ohielts·" Der Eintritt des Rechtsantvalks unterbrach das Gespräch, durch das sich Bodo offenbar iiber die äußeren Verhältnisse seines Bruders unterrich ten wollte. Dieirich händigte dem Bureauvorsteher seine Handatten aus, gab ihm einige Anweisungen und for - derte dann seinen Bruder auf, i m zu folgen. Sie schritten iiber den orri dor. Auf der anderen Seite des Flurs hatte Dietrich seine Vrivatwohnunm »Was ist Deine Frau fiir eine Ge borene?'« erkundigte sich Bodo wäh rend des kurzen Weges. Dietrich lächelte. »Du wirst schon sehen. Ihr« seid Euch Beide ja nicht ganz unbetannt.« Bodo hatte nicht mehr viel Zeit, sich den Kopf iider diese geheimnisvoll an gedeuteten Worte feines Bruders zu I ekokkchen.—Dietkich öffnete vieThiik feines Wohnzimmers und zog feinen Bruder mit den Worten hinein: »Da ist er, Franzislal« ; Während die junge Frau, die durch Iihren Gatten bereits vorbereitet war, zdem Eintretenden mit freundlich ent Igegengeftreclter Sand gegenübertrat, stand Bodo im ersten Augenblick wie erstarrt. Aber mit der ihm eigenen gesellschaftlichen Gewandtheit faßte er f sich rasch, zog die Hand seiner Schwä gerin an feine Lippen und ließ ein paar grüßende Worte vom Stapel. s »Seht angenehm überrascht, gnä digste Frau Schwiigerin Gestatte mir :noch nachträglich meinen herzlichsten - Glückwunsch.« Und sich zu tetnem Bruder umwen dend, gab er seinen Gefühlen in den Worten Ausdruck: »Du Duckmäusert Davon hast Du «Dir ja nie das Geringste anmerten lassen!« Dietrich guckte mit den Achseln »Damals wußte ich ja selbst noch . nicht,« erläuterte er mit einem zärtli chen Blick nach seiner erglühenden ; jungen Frau hinüber, »wie sehr ich in ;Franzisla verliebt war. Das offen Hbarte sich mir plötzlich —- bei der Ka i tastrophe, die ———« s Er machte eine heftige, wegschie ; bende Bewegung mit der Hand. »Doch zwir wollen jetzt nicht davon sprechen. tJch habe einen Bärenhunger. Jst an i gerichtet, Franziska-W i Bodo reichte seiner Schwiigerin ga lant den Arm und siihrte sie in das Eßzimmer. Es war eine eigenthürn zliche Situation, die für Bodo eigent zlich viel Peinliches und seelisch Be engendes hätte haben müssen· Aber der Ex-Leutnant ließ sich nicht so leicht verblüssen. Man merkte ihm nicht die Hierin-Oe Besangenheit und Verlegen heit an. Mit der harmlosesten Miene lplauderte er von allem Möglichen, von Halensee, von der Schönheit des inahen Grunewaldeö, von Dietrich'5 sBerut und noch von einigen anderen Hundersänglichen Dingen. I Als das Mittagsmahl vorüber war, Ftüßte er seiner Schwägerin abermals ! galant die Hand und machte seine ele Iganteste Verbeugung, als Franziska lsich verabschiedete. um die herren bei ’einer Zigarre und zu intimer Aus sprache allein zu lassen. z Bodo legte sich behaglich in einen iStuhl zurück und vasste wohl emuth ; den Rauch seiner Zigarre vor ich hin. s »Deine Frau ist rei end.« sagte er. E«Mache Dir mein au richtiges Kom fblimenn Bist wirtlich beneidenswerth LSchatte nur« daß der Alte —« Doch Dietrich unterbrach die Be ! trachtungen seines Bruders. » »Lassen wir das fest und sprechen Iwir von Deiner Zukunft. Jch bin be I reits für Dich thötig gewesen-" l Bodo nahm dieie Eröffnung mit Ieiner Miene hin. die eber ein dunkles Unbeha« en, als Befriedigung verrieth. »Ich abe mit Justizrath Hagemann gesprochen,« fuhr Dietrich fort, »bei dem ich als Assessor gearbeitet habe. Der « ustizrath ift bereit, Dich in sei nem ureau anzustellen, vorläufig niit dem bescheidenen Gehalt von vierzig Mart monatlich. Ader er hat mir versprochen,« Dir bald Zulage zu geben, wenn Du Dich einarbeitest. Die Aussicht, die sich Dir eröffnet, ist ver hältnismäßig nicht schlecht. Wenn Du tüchtig bist, kannst Du But-entwor steher werden. Ein Bureauvoriteher, besonders bei einem beschäftigten An walt, bat anständige Einnahmen.« Bodo ließ die Hand mit der Zigarre sinken und starrte seinen Bruder ent setzt an. »Du muthest mir doch nicht etwa zu, Schreiber zu werden?« rieser ent rüstet. Dietrich zuckte mit den Achseln und erwiderte elaisem »Weißt u etwas Besseres?« Augenblicklich ja nicht,« stotterte Bodo, ganz bleich irn Gesicht vor Schrecken. »Aber mit der Zeit wird sich schon etwas einigermaßen Patien des sinden.« »Das kannst Du ja dann immer noch annehmen. Aber voriäusig bietet sich Dir nichts Andere-. Ich bin noch froh, daß der« Just ath meiner Bitte to rasch We get ntt hat« sodp iprana aus. Er war ftir den Vorwurf, der in der Antwort feines Bruders gelegen, nicht ganz unein psindlich . »Na ia.« stammelte er, »ich bin Dir ja dankbar. Aber —« er trat an sei nen Bruder heran —»sa e doch mal selb , Dietrich, kannst u Dir das den en, daß ich in so 'ner Schreiber bude hoele mit Schreibärmelm als Kollege von ordiniiren, srauhbeinigen S reiberseeleni« · er ExiLeutnant streckte schaudernd beide Arme zur Decke empor. Dietrich liichelte ein wenig sarlastisch »Berauschend st ja das Bild nicht. Aber wenn Du in Amerika geblieben wärst, wär’ es Dir vielleicht noch viel schlechter gegangen. Jch habe mir sa gen lassen, daß sich drüben manch ehe maliger Ossizier und manch ein Ba ron und Gras als Kellner durchgehol sen haben, da scheint mir der Beruf eines Schreibers doch immer noch we niger peinlich. Kannst Du denn über- » haupt höhere Ansprüche machen?« : Bodo blickte immer noch sehr empört T drein. s »Erlaube ’mal, erwiderte er heftig, ! »ich dächte doch, bei meiner Vergan genheit —!« s »Bei Deiner Vergangenheit?« ent-! gegnete Dietrich und gab den Blick ; seines Bruders voll zurück. »Meinst Du Deine Vergangenheit als Berather meines Schwiegervaters, die ihm sein ganzes Vermögen gekostet hat?" Die Stimme des Sprechenden llang ( scharf und schneidend. Bodo senlte nun doch etwas beschämt daß Gesicht. Die Antwort blieb er schuldig. Und so fuhr Dietrich sehr ernst und entschie den fort: »Ich habe Mama versprochen, Dir zu helfen, und ich bin bereit Dir in der mir richtig erscheinenden und mir möglichen Weise Hülfe zu leisten. Mein Einkommen ist nicht hoch genug, um Dich ganz erhalten zu lönnen. Du mußt also selbst verdienen. Aber auch abgesehen von dieser Frage, die Arbeit ist auch in moralischer Hinsicht eine Nothwendigleit siir Dich, damit Du endlich einmal die Selbstachtung zu rückgewinnsL Ein Mensch, der nichts Nützliches thut und aus der Tasche Anderer lebt, der muß sich ja doch, meine, ich, selbst verachten.« Ein rother Streifen flammte in dern Gesicht des Geiadeltsem Mit einem Ruck hob er seinen Kopf, und in dem Ton, in dem er jetzt sprach, lag teine Entrüftung mehr, nur noch schüchernes Bitten. »Kannst Du mich denn nicht wenig stens bei Dir anstellen, Dietrich?" »Das geht unmöglich« ertliirte er. »Denn erstens tann ich keinen Schrei ber mehr einstellen. Und zweitens würde Deine Beschäftigung in meinem Bureau zu allerlei Unzuträglichieiten führen. Das begreifst Du doch?'« Bodo strich mit der hand über seine feuchte Stirn. nFreilich,« stiihnte er. »Also, Du meinst, es wird mir weiter nichts übrig bleiben, als die Schreiberstelle bei dem Justizrath anzunehmen?'« »Das ist allerdings meine Mei nung,« antwortete Dietrich sehr be stimmt. Dann erhob er sich. ging zu seinem Bruder hinüber und fuhr, während seine Stimme einen weicheren Klang annahm, fort: »Sei ein Mann, Bodo! Rasse Dich auf! Nur der An fang ist schwer. Die Thäti teit eines Schreibers ist keine so angren ende, bedente doch, wenn ich Papa, so te er mich einmal nach Dir fragen. antwor ten tönnte: er hat ganz mit der Ver gangenheit gebrochen und ist ein or dentlicher, ehrenhafter Mensch gewor den, wäre das nicht ein tleiner Licht biick fiir Papa, eine gewisse Genug thuung, die Du ihm doch wahrhaftig schuldig bist? Und bedenke auch, wie es auf Mamaö leidenden Zustand lin dernd und vielleicht heilsam einwirken : würde, wenn ich ihr mittheilen könnte, . das; Du in gesicherter Stellung bist,; in meiner Nähe. Netzt Dich denn " das gar nicht, Bodo?« »Ja, Du hast Recht,« rief er aufla dernd »Ich will arbeiten und will ein ordentlicher Mensch werden, und der Teufel soll mich siiickweise hoben, wenn T ich nicht endlich aufhöre, unseremAlten daheim Sorge und Kummer zu berei ten.« Der leicht Geriihrte warf in blöd lichem Gesiihliausbruch beide Hände um den Nacken seines Bruders und riß ihn stitrmisch an seine Brust. Sechzehntes Kapitel. Bvdo trat also die Stellung als Schreiber bei Justizrath Hagemann an. Außer dem Justizrath kannte Niemand seine Vergangenheit. Dem Bureauvvrsteher und seinen Kollegen gegenüber galt Bodv als einfacher »Den Buchenau«. Daß seine guten Vorsähe wirklich ehrlich gemeint wa ren, davon zeugten Dietrich sehr ange nehm die gelegentlichen Aeußerungen des Justizraths. »Ihr Bruder läßt sich sehr gut an,« äußerte Herr Hagemann unter Ande rem, »er besi t eine schnelle Auffassung und ist ii erhaupt ein gewandter Mäusch. Auch an Eifer fehlt es ihm ni t.« Dietrich tvar seh-r zufrieden und be lobte feinen Bruder. der häufig des Abends sein und Franzislcks Gast war. Freilich, im Stillen konnte er die Besvrgniß nicht los werden, ob dieser Umschwung zum Besseren bei dem Leichtsinnigen auch vvn Dauer sein tviirde. Eines Tages erhielt Dietrich von Buchenau eine alarmirende Nachricht. Bei der Gräfin hatten sich die herz irämpfk- von denen fle früher fchon hieund da bei esucht worden« tn lester Zeit wieder vlt ein estellt, und der Urst hatte mit le r besvr ter Miene nie nt, daß die sehr leid de Vatient n· einem solchen Unfal- leicht erliegen könne. J Ein aar Mußerun en in» dem Briefe seknes Vaters erfFillten Dtetrich mit schmerzlicher Erschiitterun . Die Kranke leide schwer an nervo er Un ruhe. die den Schlaf von ihrem La er sicheuche und sie in beständiger seelis er sAufregung erhalte. Tit-der Grafs Tvermuthtz obgleich sie sich ihm gegen Hiiber nie darüber ausgesprochen, daß ses das ungeftillte Sehnen nach dem verlorenen Sohne sei, welches ihr am Iherzen nage und ihr Gemüt verdri stere. Ihn erfülle diese hrnehs mung natürlich mit noch größerer Er bitterung gegen den Ehr-losem dessen Leichtsinn die Tage der Mutter ge - für t habe. ietrich besann sich nicht lan e. Er besorgte sich in Eile einen iuri ischen Vertreter und reiste nach Schloß Pu chenau ab. Der alte Graf empfing ihn mit herzlicher Freude. »Ich dante Dir, mein Jun e,« sagte er, »daß Du gekommen bist. Deine Gegenwart wird der Leidenden wohl thun, und für mich selbst ist sie eine Hülfe, ein wahres Labsal. Es ist furchtbar, ein geliebtes Wesen leiden zu sehen und ihm nicht hlfen zu tönnen.« Dietrich sah seinem Vater bittend in’s Auge und erwiderte leise: »Vielleicht kannst Du ihr doch hel fen, Papa« Der alte Graf guckte er blickte diister zu Boden, sein Gesicht verfinsterte sich und nahm einen harten, fast drohen den Ausdruck an. »Komm’,« sagte er, die Andeutung seines Sohnes unbeachtet lassend, »Mama erwartet Dieb« Er schritt ur Thür. Aber Dietrich machte leine iene, ihm zu folgen-· »Papa,« nahm er nach kurzem Zo gern entschlossen das Wort, »ich wollte Dir zuvor noch eine Mittheilung ma chen, über die Du Dich sicherlich freuen wirst. Bodo ist auf dem Wege ein ordentlicher Mensch zu werden« Seit vier Wochen arbeitet er in einem Rechtsanwalt-Bureau. Sein Arbeit geber ist voll zufrieden mit seinen Lei stungen.«' Der alte Graf hatte sich wieder dem Sprechenden zugelehrt. Ein unendlich bitteres, veröchtliches Lächeln guckte um seine Lippen. Mit der Hand machte er eine abwehrende Bewegung. lFortsetzung solgt.) Pflanzen der Wüste. Das außerordentlich thätige Car .neaie - Institut in Washington bat neben anderen bedeutsamen wissen schaftlichen Unternehmungen auch eine ganz eiaenartige Gründung vorge nommen, nämlich die Schaffung eines ständigen Wüstenlaboratoriums, das die Erforschung der Wüste nach all ihren Eigenschaften in einer bisher nicht erreichten Weise in die Hand nehmen und fördern foll. Wesentlich wird es allerdings auf die Untersu chung der Pflanzenwelt ankommen. die bekanntlich unter dem Einfluß des Klimas und des Bodens der Wüste besondere Formen annimmt. Als Platz für das Wüstenlaboras torium ist eine Oertlichteit in der meritanischen Provinz Sonora in mäßiger Entfernung von einer Eisen bahnftation ausgewählt worden. Die ersten Arbeiten, die von zwei hervor ragenden Botanilern dort unternom men wurden, sind fest veröffentlicht worden und bringen mancherlei neue Aufklärung über das sonderbare Pflanzenleben in der Wüste. Betannt war bereits die Thatsache, daß die Pflanzen in der Wüste sich durch Wasseransammlung in ihren Geweben gegen die Austrocknung schü tzen. Es giebt Landstriche auf der Erde, in denen es Wochen unt-Monate lang nicht regnet, und die Gewächse müssen deshalb darauf bedacht fein, den ihnen durch einen Regenfall ge lieferten Wasservorrath festzuhalten und sparsam zu verbrauchen. Sie würden damit allein aber nicht zum Ziel kommen, wenn nicht bei ihnen die Mittel zur Aufnahme des Wassers noch in besonderem Grade verstärtt und veroolltommnet wären. Zu den dadurch besonders beeinflußten Or ganen gehören selbstverständlich die Wurzeln. , Jn der camornnchen Wune rommr ein Kattus der gewöhnlichen Gattung Opuntia vor, der über der Erde tnapp 11,-s« Fuß erreicht, dage en unter der Erde Wurzeln besitzt, ie sich über einen Bereich von etwa 161x», Fuß Durchmesser ausdehnen und ziemlich dickt unter der Erdobersliiche hinlau sen. Daraus ergiebt sich für die Pflanzen die Möglichkeit, eine sehr große Menge von Negenwassen mit ihren Wurzeln aufzunehmen, ehe es im Wüstenboden wieder verdunstet. lMitunter muß der so ausgespeicherte JWafferoorrath für ein ganzes Jahr lausreichem um die Pflanzen bei fort ’gefedter Dürre am Leben zu erhalten. Uebrigens benutzen manche Thiere ) und erst recht der Mensch in der Wüste die Pflanzen vorzugsweise als Durst stiller. Die wilden Esel in den süd ameritanischen Wüsten schlagen mit )ihren husen die starken Dornen den Katteen ab und sangen dann den er Efrischenden Saft aus ihnen heraus. LDie Jndianer schneiden ein hutförmis ges Stück von der Spihe eines Kaitus lab und führen das start mit Wasser Gmel-feste Fleisch in der Pflanze wie in einem Topf um, um ei dann mit der Hand herauszuichöpsem Unser Zollamt rechnet Fros then tel zum Geilü el. Dementspsefchend hIrten Haufe rüste zu den gerüc kten Fischen.