Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 04, 1905, Sweiter Theil., Image 9
ebraska Staat-i- Zuzejger Und Yrrold WWJ P. Windolph, Herausgeber Grund Island. Nebr» 4. Lluqnst 190s3 (1·3wettcr7hetl) Jahrgang 2.-). No. 49. Wehmnth. . - Vom Weroemtamrä am Bergeshang Schau ich hinab in’s stille Thal, Auf Matten grün, aufWälder schwarz, Auf Dächer roth im Abendstrahl och über mir am Himmelsplan er lichten Wöltlein Heerden flieh’n; Auf schneller Schlving’ zur Abendruh Die Vöglein durch die Lüfte ziehn Und langsam sinkt der Sonnenglanz Von Höh’ zu Höh’, von Au’ zu Au’, Der Silberftrom dutch’s weite Land Bertvallt in’S ferne, ferne Gran. Und meine Seele ziehet mit, - Verllingt wie leiser Glockenfchall, Jn’s Unermeßliche fließt sie, Verliert sich in das große All. Hirt Hierzehnte Der Wirklichkeit nacherziihlt von L. Brenclendorf. Der geseierte Dramatiler Ludwig hersord ——— wir müssen, da er noch un ter den Lebenden weilt, seinen wirt lrchen Namen leider hinter diesem undurchdringlichen Pseudonym ver bergen —- war in heller Verzweiflung Und er hatte dafür nicht nur einen, Londern sogar zwei sehr tristige Grün e. Er hatte eine kleine, aber auser lesene Gesellschaft zu Gast geladen, um ihr sein eben vollendetes neues Schau spiel vorzulesem den Direktor des ostheaters, einige hervorragende chauspieler und Schauspielerinnen und die drei angesehensten Kritiler der Residenz. Das Urtheil aller dieser Persönlichkeiten über sein neues Werk war siir ihn von höchster Bedeutung, und es mußte ihm deshalb unendlich viel daran liegen, sie von vornherein in gute Laune und genußsreudige Stimmung zu versehen. Soweit leib liche Genüsse geeignet find, solche Ge müthsderfassung hervorzurusen, durfte er sich das Beste versprechen, denn sein wohl assortirter Keller stand in einem ebenso guten und wohlbegründeten Ruf wie die Kochlunst seiner liebens würdigen Gattin. Wie aber lann man bei Leuten aus dem abergläubi schen Theatervöltchen aus gute Laune hoffen, wenn man ihnen zumuthen muß, sich zu dreizehn zu Tische zu setzen? Und in dieser fürchterlichen Zwangslage befand sich unser unglück licher Dramatiter, seitdem ihm der erwartete Vierzehnte im letzten, buch stäblich im letzten Augenblick wegen plötzlicher Erkrankung abgesagt hatte. Die versammelten Gäste warteten be reits mit merklichen Zeichen beginnen der Ungeduld aus die Einladung der Hausfrau, sich zu Tisch-e zu begehen» und es gab nicht die geringste Mog lichteit, einen Ersas für den fehlenden Vierzehnten zu beschaffen. · · - Aber das Maß des Mißgeschickg war damit noch nicht einmal voll» Außer an dem Gast, der den Bann der z Unglüaszahl hätte brechen lönnen.; lsehlte es aitch an etwas anderem, nicht « weniger wichtigem, nämlich an dems Theaterstüct, dessen Vorlesung denl kact dieser lostspieligenPerqaninkH iung bildete und auf das Vte Uns-Its- ; nen nicht wenig gespclnnt Wskms Lapi ? wig Herford hatte sein unleierliches; iMonusiript einem jungen Menscheli der ihm von einem Kollegen als flei-’ ßig und zuverlässig empfohlen WVYVM KOCH zuk Abschrift anvertraut. Der sympathische Jüngling hatte feft undl heilig gelobt, es rechtzeitig abzuliefern, und nun ließ er noch imme! Vekgtblich auf sich warten. Ein scholl VO! ein« Stunde in seine weit abgelegene Woh lnung entsandter Dienstmann war mit der niederschmetternden Mittbeilunn zurückgekehrt, daß ihm Niemand Auf gktlmn habe, obwohl er versicherte, die »Tbiir des von Herrn Ludolf Bünau Inihkiqeug wiedek ein Pseudonym bewohnten Dachftiibcbens beinahe zer ttriirnrnert zu haben. Und so war denn der verzweifelte Dichter eben zu dem Entschluß gelangt, das Verhängniß feinen Lauf nehmen zu lassen, als die -Wobnungsglocke erschallte und als der Drumattter, » der selbst hinaeftiirzt war, um zu offnen. den heiß ersehnten chschrerber vor sich sah. · Ei war ein ichlanier, biibi er renscb von vielleicht zwanzig undckåd niqen Jahren. Aber er hatte das Aus-— ifeben»1emandeö, der nur fetten Gele genheit bat, sich satt zu essen, und auch sein Anzug lies; auf alles andere eher »als auf Wohlhabenbeit schliessen »Ich bitte um Entschuldiauna we gen der Verspätung«, brachte ei gan sathemlos heraus. »Schon vor Zwei Stundenbatte ich mich mit der ferti gen Arbeit auf den Weg gemacht: aber Unterqu wurde mir fo schlecht. daß ich in einem Kaffeeleller Zuflucht su chen mußte, um mich einigermaßen zu Ich-leih Jch hatte nämlich die ganze Feste Nacht durchqearbeitet und seit zwei Tagen »so gut wie nicht geaefsen.« ; Meine bleichen Wangen und seine dunkel umfchotteten Augen waren be fidte Zeugnisse für die Wahrheit fei ser Worte. Den weichherrigen Dra iwskkäkmeäthäiewigriges Mitleid, und e raus iami m ' skiattdiose Idee. h eme Wollen Sie mit uns speise « n, rr "Wnnui« fragte er. »Sie beugen M erst in ihre Wohnung zurückzu s-. um sich umzutleiden, denn ich -« szjsdusz Sie ungefähr meine Figur » , und ich besise noch einen zwei -»««Oesellschafisanzug, der Ihnen ganz gut Passen dürfte. Meine übri gen Gäste brauchen ja gar nicht zu wissen, wer Sie sind. Jch stelle Sie als meinen jungen Freund vor, das wird vollkommen genügen. Machen Sie nüt, bitte keine Umstände und ziehen Sie sich recht schnell um, denn man wartet drinnen im Saale bereits auf das Zeichen zum Beginn der Ta fel.« Ludolf Bünau wußte nicht, wie ihm geschah. Er hatte noch eine Menge Einwendungen auf der Zunge, aber der Dichter ließ ihm gar keine Zeit, sie vorzubringen. Wer und was auch immer der junge Mensch sein mochte, für ihn war er in diesem Au genblicke nur der rettende Vierzehnte. Und seine ganze äußere Erscheinung bürgte zur Genüge dafür, daß er sich still und bescheiden auch ohne beson dere Ermahnung in die ihm gebüh rende Rolle des gnädig geduldeten Gastes finden würde. Nach einer raschen Verständigung seiner Gattin lführte Herford den Schreiber in das ;Antleidezimmer, legte ihm Wäsche und Kleider zurecht und überließ ihn mit Jnochmaliger dringender Aufforderung zur Eile sich selbst. Zehn Minuten später betrat ein sehr .eleganter, hübscher junger Mann, dem die Blässe seines Antlitzes und die in teressanten Schatten unter den Augen nach der Meinung der Damen ein sehr geniaies Aussehen gaben, den Salon. »Herr Bünau —- ein talentvoller junger Betannter«, stellte Ludwig Herford summarisch vor, um dann zur allgemeinen Genugthuung hinzu zu fügen: »Wenn ich die Herrschaften vielleicht nunmehr zu einem bescheide nen Mahle bitten dürfte —- —« Das bescheidene Mahl war ganz so opulent, wie man es erwartet hatte. Die Künstler und Künstlerinnen, die sich durch rasche Auszählung überzeugt hatten, daß man zu vierzehn am Tisch saß — es waren nämlich schon vor her einige Bedenken in dieser Hinsicht laut geworden —- befanden sich in der allerbesten Laune, die drei Krititer machten so harmlose Gesichter, wie wenn sie kein Wasserchen trüben könn ten, und der Direktor des Hoftheaters schaute so wohlwollend drein, als ob er noch nie in seinem Leben ein einge reichtes Bühnenwert abgelehnt hätte. Das war der Zeitpunkt für den Be ginn der großen Haupt- und Staats Attion dieses Abends. Sowie das Dessert servirt worden war, erhob sich Ludwig Herford von der Tafel, nahm an einem abseits stehenden Tischchen Platz, das mit seinen beiden brennen den Kerzen sast wie ein Altar aussah, schlug sein Manuskript auf und be gann zu lesen. Er war, wie schon eingangs ange deutet, ein erfolgreicher und gefeierter Dichter; aber er war der schlechteste Vorleser, der je mit hohlem Pathos und falschen Betonungen eine Rorona vn Zuhörern gemarteri hat. Und außerdem war ihm zu allem Unglück die vorhin ausgestandene Aufregung auf die Stimmbänder geschlagen, so daf; sich schon nach den ersten fünf Mi nuten die bedrohlichen Anzeichen einer lieginnenden Heiserteit bemerkbar machten. Der Eindruck war Unter diesen Umständen ein mehr peinlicher als erhebender. Die Schauspicler und Schauspielerinnen wechselten verstoh len bedeutsame Blicke, hier und da von leisem Achselzucken begleitet! Die drei Kritiker sahen aus, als ob sie im nächsten Moment einschlafen wollten, und der Direktor des Hofiheaters machte ein soernstes Gesicht, als würde er vom Hausminister wegen des chro nischen Defizits im Bühnen-Etat zur Rede gestellt. Und immer trosilofer wurde die Stimme des Lesenden, immer augen sälliger die Qual seiner Anstrengung, immer größer die Zahl der Schweiß-« trovfen, die ihm von der Stirne rie selten, der erste Akt war noch nicht zu Ende und schon schien alles verloren. Da, als seine zitternde Hand eben wie der nach dem schon fünfmal geleerten Wasserglase griff, ertönte vom Ende der Tafel her eine bescheidene, ange nehm llingende Stimme: »Wenn Sie» mir vielleicht gestatten würden, weiter zu lesen, Herr Doktor —- ich glaube wohl, daß ich dazu im Stande bin; denn ich weiß das Stück beinahe auswendig.« Verwundert blickte alles aus den ta lentvollen, jungen Unbeiannten, der bis zu diesem Augenblick noch nicht mehr gesprochen hatte als eine Oel fardinr. Der Dichter aber, dem nun schon alles eins war, stand ohne wei teres von seinem Sessel auf. »Jn Gottes Namen«, ächzte er, »ich hätte ohnedies nicht mehr weiter ge lonnt. Sehen Sie zu, daß Sie mir die Wirkung wenigstens nicht ganz verderben.« Und der Bierzehnte verdarb nichts. Jn ruhigem leichtfliissigen Konserva tionston wie es die Situation er heischte, begann er zu lesen. Aber als sich die Sache dann dramatisch zu spitzte, gewann sein Vortrag an Wärme und Befeelung, man tonnte die redenden Personen mit voller Deutlichkeit von einander unterschei den, ohne daß er, wie es der Dichter gethan, jedesmal hätte ihren Namen nennen müssen, Und zuletzt tvar es beinahe als sähe man sie leibhaftig vor sich in ihrer leidenschaftlichen Er regung. Die Schauspieler und-Schaustück rinnen hatten längst aufgehört, mit den Achseln zu zucken; die Krititer waren aus ihrem sanften Halbschlum mer aufgewacht und der Direktor des Hostheaters strahlte förmlich vor Wohlwollen. ,,Bravo! Bravo!« llang es von al len Seiten, als der erste Aufzug zu Ende war, und Ludwig Hersord stand aus, um dem jungen Manne die Hand zu schütteln. »Sie sind ja ein großer Künstler!« slüsterte er. »Fahren Sie so fort, und es soll Jhnen an meiner Dankbarkeit nicht fehlen.« Ludolf Bünau aber schien die allge meine Anerkennung nur wie in hal bem Traume zu vernehmen. Sein fei nes, blasses Gesicht hatte einen sonder bar durchgeistigten Ausdruck ange nommen und seine Augen leuchteten. Nach einer Pause von wenig Minu ten nahm er die Vorlesung wieder aus, und was vorhin bei den Hörern nur theilnehmende Aufmerksamkeit ausgelöst hatte, das erweckte jetzt eine stetig gesteigerte, ehrliche Span nung. Man fühlte und litt mit den handelnden Personen, man war ergriffen und hingerissen, begei-» stert und entzückt; man jubelte dem glücklichen Dichter in aufrichtiger Be wunderung zu, und man umdriingte, als auch,das letzte Wort verklungen war, huldigend den Vorleser, der sich nur langsam aus seiner Welt der Jl lusionen in die Wirklichkeit dieses reich ausgestatteten Speisezirnmers zurück zusinden schien. : Er lächelte fast verlegen, als derj strahlende Dramatiter ihn umarmter und dann machte er Miene, sich zu ent fernen, wie jemand, den das Uebermaß der ihm erwiesenen Ehre mehr bedrückt I als erfreut. Aber im Vorzimmer holte « ihn Ludwig Hersord glücklich noch ein. i ,,Sagen Sie mir uin des Himmels willen, Sie Wundermann, wer Sie ei gentlich sind· Der detheaterdirettor. hat mich soeben gefragt, ol) es nicht’ möglich sein würde, Sie fiir dieHaupt rolle meines Stückes zu engagiren. Und ich war in Verlegenheit, wag ich darauf antworten sollte.« I »Sie tönnen dein Direltor sagen, Herr Herford, ich sei, seitdem ich aus der Ober-Setunda entlaufen, ein klei ner Schmieren - Komödiant gewesen, den endlich Engagementgldsigleit und bittere Noth gezwungen, sich als Ab schreiber durchzuschlagen Solche Leute engagirt man doch nicht an ein Hof theater. Jhnen aber danle ich von Herzen siir die erwiesene Gastfreund schaft und für das Glück, das die letzte Stunde mir hier bereitet hat« Er wollte wirklich fort; denn er war damals noch ein weißer Rade unter den Künstlern, nämlich ein wirklich beschei dener junger Mann· Aber man hielt ihn fest, und zwar nicht bloß deshalb, weil man auch am Kaffeetisch nicht gerne zu dreizehn gesessen hätte. » Vier Wochen später debutirte er mit großem Erfolg aus der Bühne des Schauspielhauseg Und heute zählt er längst unter die Allerbesten, unter die leuchtendsten Gestirne des Theater Jhimmels. Die tleine Geschichte von : dein Beginn seiner Karriere hat er iuir tjiingst unter dem Siegel derVerschwie lgenheit in einein gemiithlichen Antip iwintel anvertraut, mit dem lächelnden Hinzufiigem »Da sehen Sie, daß man es unter YUmständen zu etwas bringen kann, auch wenn man im Anfang nichts wei ter ist, als ein Füllsel, eine Zahl. ein Vierzehnter am Tisch« -—- --.-.--—«..... IEine niedltche Marsham . Die Kieler Ztg. schreibt: Am Tage der Hochzeit des Kronprinzenpaares läßt ein Lehrer in einer Schule bei Kiel in der Gesangstunde »Hei( Dir ! im Siegertranz« singen. Er weist vor her die Kinder auf die Festlichteiten im Kaiserhause hin und fragt dann: !Welches Lied wird heute in Berlin wohl viel gesungen werdens Ein Kleiner hebt n Finger und antwor I tet: Middchzeit machen, das ist wunder lchönC Nain Singh. Stizze aus Jndien Von Max P"ollaczek. Die neunten Ulanen, die bisher eis rig über das Zehn Mohurrennen mit )Maiden-Etta-Ponnies gesprochen hat ten, unterbrach ihre Unterhaltung Fund hörten Watson vom vierten Pun zjab - Regiment zu. ,,Merten Sie sich, Hope,« sagte der ztleine Hauptmann »mit »Nayaurs "(Hindus) darf unsereins nicht verkeh sren. Einer von ihnen ist wie der an dere, ob er in Tufsutseide geht oder in Lumpen.« ,,Aber,« wandte der Zahlmeister ein, ,,mit Nain Singh muß man doch eine Ausnahme machen.« Bedenken Sie, er ist Brahmane, aus der ersten Kaste und ein modern gebildeter Mensch. Die Regierung selbst hat ihn Medizin stuoiren lassen und er ist ein Pangit von Rus.« »Mein hat er,« riefen die Ulanen, die einem Jnsanteristen sonst nicht so leicht beigetreten wären. »Recht hat er, wir müssen siir sie ein für allemal die Sahin bleiben.« Hope gab seine Sache noch nicht ver loren. »Ich kann einen Arzt doch nicht wie einen Sais behandeln oder wie einen Jhampani.« · »Warum denn nicht,« fragte kaltblü tig Watson, »daß sie in Simla die Dummheit sich in den Kon gesetzt ha ben, einheimische ,,Gentlemen« heran zuziehen, braucht uns doch nicht maß gebend zu sein. Wenn wir alle Thor heiter mitmachen wollten, die die Re gierung des indischen Reiches aus heckt . . . Er zuckte die Achseln und wandte sich zu seinem Soda. ’ Watfon that das gleiche und die Ulanen nahmen ihr früheres Thema wieder auf. Aber der Zahlmeister hör et nicht hin. Er war noch nicht lange in Indien und noch nicht versimpelt, sondern interessirte sich für das, was er »die Wunder des Orients« nannte. Stundenlang konnte er dasitzen und zuhören wenn ihm Jemand etwas von den Sat Bhai oder dem Halli-Hult Tanz oder der Teufels - Kapelle von Ao-Chung in Tibet erzählte oder vor log. Anfangs hatte das den anderen auch Spaß gemacht und sie hatten ihm mehr Geschichten aufgetischt, als ein Mann glauben konnte, allmählig aber war es ihnen langweilig geworden und sie waren zu ihren früheren Beschäftigun gen zurückgekehrt und tümmerten sich um ihre Ponnies mehr, als um den’ wißbegierigen Beamten. Er hätte sich schon bequemen müssen, die Dialette der Eingeborenen zu studiren. Urdu, ,,Chotee Bolee« der Frauen und die Diebeesprache der Changerg dazu, um seinen Wissensdurst zu stillen, aber da traf esJ sich, daß er die Bekanntschaft des Pandit Nain Singh machte und von dem hochgebildeten Manne täglich neue, werthvolle Mittheilungen erhielt. Gegenwärtig war er von ihm ge trennt, da er mit den Ulanen und den Punjab : Jnfanteriften in einem an deren Lager stand, als Nain Singh, der bei dem Sirmubataillon der Gurt hag angestellt war, die mit den Shi tarris zusammen in der Nähe der Station geblieben waren. Nur hatte man ihm ja, heute nicht zum ersten Mal, sondern schon mehrfach zu ver stehen gegeben, daß er den Pandit zum Teufel schicken solle, er that es aber nicht. Die Truppen waren zurückgekehrt, der regelmäßige Dienst. der sich in den Bureaur abwickelte, hatte ssiir Hope wieder begonnen und natürlich lang tveilte er sich dabei. Er verkehrte im Kasino, ritt ab und zu ein Rennen mit. spielte Bolo, wenn er nicht anders tonnte, äraerte sich ab und zu mit ei nem Clert und immer mit den Cha tzrassig und fand seinen Trost mit Nain Singh. « So saßen sie eines Abends auf der Veranda des Bunaalow und der Arzt erzählte ihm von Talismanen und Llrnulettem ron schicksalbestimmenden Steinen und aeheimnisivollen Pflan zensästen Hope trank einen Vea lSodamasser und Roanah nach dem andern und hörte gespannt zu, wäh rend Nain Singh nicht einen Tropfen iiber seine Lippen brachte. Endlich schloß Hope die Sitzung. Morqu habe er viel zu thun, denn es gelte die Kasse für alle Zahlunan zum Quar tal zurecht zu machen und es sei kein Spaß, über achtzigtausend Rupien zu ver-theilen Es war an diesem Abende das erste Mal, daß der Pandit den Mund. zu einer Frage austhat. Warum der Sahib sich keine Hilfe nahm. Unmöglich, der Assistent war auf Urlaub und von den Eingeborenen wollte er Niemand hinzuziehen. Vielleicht konnte ihn der Venecali sche Babu (ein als Schreiber verwen deter Bengale) unterstützen. Nein, der hatte anderes zu thun. Nain Singh erhob sich, verheugte sich und als Hope die Hand gab, grüßte er nochmals ehrerbietig und verließ dann geräuschslos schreitend das Haus. Aber er ging nicht heim. Er ging in’s Serai, wand sich zwischen Pferden und Kamelen hindurch-, stol perte über Schlafende und kroch end-. lich in ein Buftee (Stall), in dem ein unsagbar schmutziger, brauner Bursche im Schlummer lag. Der fuhr jäh auf, aber ein paar Worte in seiner Sprache beruhigten ihn. Er erhob sich sofort und horchte aufmerksam auf das, was ihm der Pandit im Flüster tone sagte. Darauf verließ Nain Singh wieder die Karawansereij ohne daß ihm der Jemedar (Auffeher) auch nur die geringste Aufmerksamkeit ge schenkt hatte. Brutende Hitze lag am anderen Tage ilber die Station. Kein Mensch ließ sich draußen erblicken und nur - der schmutzige Chokee Lall, der Fatir aus Pooree, hockte wie gewöhnlich am Brunnen und unterhielt sich mit ei nem Bhilir (Wasserträger). Unweit von Hope’g Bungalow lagerte ein Kameh eines aus der Bitaneezucht, die man Diebezkamele nennt, weil fie beim Aufstehen und Niederlegen nicht brüllen und in aller Stille beladen werden können. Hohe hatte sich ge wundert, was der Treiber mit· dein Thier da wolle, aber er war zu faul um seinen Sais hinüberzuschicten Und fragen zu lassen. Erschöpft hatte er sich in seiner Hängematte ausgestreckt und träumte mit offenen Augen. Rund um ihn lagen Säcke mit Sil berrupien mit Goldmohurs und Ku pferana5, der Tisch war mit Büchern, Reaiftcrn und Tabellen bedeckt. Plötzlich hörte er einen leisen( Schritt, er hob ein wenig den Kopf und sah Nain Singh vor sich, der wie immer in hlendendes Weiß gekleidet war. Erstaunt sah er ihn an. Was wollte er um diese ungewöhnliche Stunde. Der Pandit grüßte. ,,Ber,zeihe, wenn ich zu ungelener Stunde komme. Jch wollte Dir ei nheen interessanten Stoff lzeigen. Sieh r.« Er hielt dem Zahlmeister ein klei nes Büchslein hin, aus dem ein schwa cher aromatischer Geruch entstieg. Hope sah ein schwarzbraune Masse. »Willst Du davon kosten?« Hope überlam ein seltsames Ge fühl des Mißtrauens. Die Hitze, die Todtenstille, der Duft der Masse er regten ihn. »Ja, ist es denn kein Gift,« fragte Der Arzt lächelte sonderbar. »Das ist es, aber eins Von ganz besonderer Art.« Mit dem langen Nagel des kleinen Fingers nahm er etwas aus derBiichse und schluclte es herunter. Hope schämte sich. ,,Gieb ber,« sagte er, »und sage mir, was es ist.« ck Nain Singh hielt die Büchse fest. »Es ist Curare,« antwortete er mit leiser Stimme. ,,Curare, das Gift, das alle Bewegungsnerven lähmt.« Erschreckt streckte Hohe die Hand ge gen ihn aus. Verstand der Jndier die Bewertung falsch? Rasch reichte er ihm die Büchse, ihre Hände berührten sich. Dabei fühlte Hope einen leichten Schmerz am Handrücken, Singh hatte ihn mit dem Fingernagel blutig ge tratzt. Aergerlich sprang er aus der Hängematte, aber was war dag? Ein wahnsinniaer, wüthender Schmerz durchzuckte ihn. Er wollte aufschreien, aber seine Zunge bewegte sieh nicht. Der Mund blieb offen. Er nsollte den Arm aufheben, aber er hatte die Herrschaft über seine Glied maßen verloren. Nichts entging ihm von dem, was rund um ihn her ge sajah, er sah und hörte alles, aber er konnte sich nicht rühren und nicht ei nen Ton von sich geben. Mit demselben Lächeln, mit dem er gekommen war, war der Hindu hin ausaeschliipst und hatte die Thijr auf aelassen, vor der aus der Schwelle todt der Sais lag. Hope erstickte langsam, aler er sah noch, wie Sinah und der Kameltreiber zurückkehrten wie sie die Geldsäcte ausluden und sich um ihn nicht mehr kümmerten als um eine Statue. Er starb und schon waren Nain Singh und sein Volksgenosse weit von der Station entfernt, um bald unter zutauchen unter den Millionen, die das Riesenreich bevölkern. W So mancher hat ein übles Loos, Weil er nie trennt, was klein, was groß Und seines Lebens ganzer Gram Jst, recht besehen, nichts als Kram. H Bäuerlicher Stolz. Jn den letzten Jahren ist oft und viel über denRückgang der bäuerlichen Tracht geklagt worden; auch in Baden ist wiederholt mit Bedauern dies Berschwinden der ländlichen Tracht festgestellt worden, und man hat ver sucht, durch Gründung besonderer Volkstrachtenvereine diesen Rückgang aufzuhalten. Um so erfreulicher be rührt die Wahrnehmung daß es doch noch Bauern giebt, die stolz auf ihren Beruf sind und sich nicht schämen, selbst in vornehmster Gesellschaft, ihre bäuerliche Tracht zu tragen. Als vor Eturzem zum 25jährigen Jubiläum des Großherzogs als Protettor der badischen Militiirvereine sämmtliche Gauvorstände des Militärvereinsver bandes zur Hoftafel befohlen wurden, wurde auch der Bürgermeister von Hesselhurst in der Nähe von Straß burg mit einer Einladung beehrt. Der Bürgermeister ist ein kleiner Landwirth mit einem Besitz von etwa 10 Hektar, aber er ist ein stolzer Hanauer Bauer und scheut sich nicht, noch heute die rothe Weste und die goldverbrämte Pelzkappe mit großer Würde zu tragen. Er berichtete, wie der in Engen erscheinende Hegauer Erzähler mittheilt, dessen Redakteur selbst bei der Hoftafel war, an das Präsidium des MilitärvereinS-Ber bandes, daß er der fürstlichen Ein ladung gerne Folge leisten wolle, aber einen Fracl habe er nicht. Das Prä sidium trug die Sache dem Großher zog selbst vor. Dieser entschied, daß der Bürgermeister von Hesselhurst auch in seiner bäuerlichen Tracht zur Hoftasel kommen dürfe, und er zeich nete diesen Bauer, dessen Tracht sich von den Generalsuniformen und den goldbestickten Fräcken nicht zu ihrem Nachtheil abhob, durch ganz besondere Liebenswiirdigkeit und Herzlichkeit aus. W Ein Mißverständniss. Der Seibendorfer Schorsch-l, der noch nie aus seinem Dorfe herausge kommen ist, ist wegen eines Grenz streites mit seinem Nachbar in einen Prozeß verwickelt worden, der Ihm viel Sorge und Kummer macht. » Da haben sie ihm so einen thch vom Gericht geschickt mit allerlei Zah len und Zeichen, und nun soll er Ant wort geben, ob das alles so richtig ist, oder ob er Einspruch will. Rathlos dreht er den verflixten Zet tel hin und her. Auch der Schulmei ster weiß ihm keine Auskunft zu ge ben. »Gehst eben in d’ Stadt zum Av’kat!« ist sein einziger Rath. Und so ungern ’s der Schiorschl auch thut, es bleibt ihm nichts anderes übrig. Jm Sonntaasstaat, mit hohenStul penstieseln, das runde bütchen auf dem dicken Bauern-schädel, langt er in der Stadt an, wo er schließlich auch nach vielen Kreuz- und Ouerwegen die Wohnung eines Rechtsantvalts her aussindet. Eben will er die wenigen Stufen-, die zur Hausthür führen, heraufstol pern, da fällt sein Blick auf ein klei nes ovales Schild an der Seiten mauerz »Bitte die Füße zu reinigen!« »O mei, o mein,« denkt er, ,,san dös feine Leut. Und de Berscht is a glei dabei!« fügt er, den vor der Hausthür befestigten borstenbesetzten Stiefelrei niger erblickend, hinzu. Es ist lzwar keine leichte Arbeit, die mächtigen ,,.Kanonenrohre« von den Füßen zu l·;iehen. »Aber was sein muß, muß eben sein,« denkt der SchorscheL retelt seine langen »Roh: re« mühsam herunter und unterzieht seine unteren Gliedmaßen mit Hilfe der Schuhbiirste einer gründlichen Reinigung Dtnn steigt er wieder in die Stie fel hinein, und tappt nun, froh, seine Pflicht gethan zu haben, die Treppen zum ,,Ao’katen« hinauf. ——---. Das Empfehlicngskchreivem Der junge Mann war schon seit einiger Zeit ohne Stellung. Um sei nen Bewerbungen um einen anderen Posten mehr Nachdruck zu geben, bat er seinen früheren Prinzipal, ihm ein Empfehlungsfchtreiben auszustellen. Dieser kam dem Verlangen nach. Das Zeugniß war aber fo undeutlich geschrieben, daß weder der junge Mann noch seine Freunde, denen er es zeigte, die Worte entziffern konn ten. Ein Vetannter gab ihm den Rath, damit in eine Buchdruekerei zu gehen, da bekanntlich die Schriftsetzer im Stande wären, auch die verwor rensten Handschriften zu lesen. Er ging in verschiedene Drude reien, aber kein Setzer vermochte den analt des Schreibens zu entziffern. Als letzte Hoffnung wurde ihm empfohlen, sich an einen Apotheter zu wenden Der Pillendreher nahm das Blatt Papier und blickte es lange und ge dantenvoll an. Dann ergriff er eine leere».8llcedizinflasche, eilte hinter dem Tisckse auf und ab, goß aus verschiede nen großen Flaschen kleine Mengen von Flüssigkeiten in die Medizin flafche und schüttelte die Mischung eine Zeit lang kräftig durcheinander. Dann überreichte er die Flasche dem Eigenthümer des Empfehlungs fchreibens, der mit wachsendem Er xtaunen sein Thun betrachtet hatte und agte: »So« zwei Mart, wenn ich bitten darf. Es ift nämlich ein aunz vor zügliches Mittel gegen den Hulten.« « »Hu-«