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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 28, 1905)
Va- nge der Frau. M Ost-dichte eines Reiseabenteuetö m einhold Ottmann. , M —- einfteigen!« · . - Ztschiwll wurden die Thüren Des Zuges geschlossen und erwar - voll harrte alles des Zeichens der · « htt. Aber der Bahnhofsvorsteher M noch, den Zug zu entlassen. »Na, warum geht denn dte Ge schichte nicht loss« sragt ein blonder, bartlosee junger Mann am Fenster eines Nichtraucher-Abtheils der zwei ten Klasse den untenstehenden Schaff Irer. «Die Abfahrtszeit ist doch da.« Er«erhielt keine Antwort, und es blieb ihm auch leine Zeit, seine Frage zu wiederholen. Denn er fühlte sich im nämlichen Moment leicht an der Schulter beriihsrt und sah, als er sich befremdet umwandte, in das ernsthafte schnurertige Antlitz eines Herrn von mittlerem Lebensalter. «Entschuldigen Sie, mein Herr! Jch bin der Kriminal-Kommissarius von Wehmr. Darf ich um Jhren Na meri bitten i« Der blonde junge Herr war ersicht lich mehr entrüstet als bestiir t. »Na, da hört doch alles aus, halten Sie mich vielleicht für einen Verbre cher? Jch heiße Ewald Jsanssen — Theilhaber der Firma Friedrich Jans sen und Sohn. Hier ist meine Karte.« «Eine Visitenlarte ist kein Aus treis, meni Herr! 7 iihten Sie nicht irgend ein anderes egitinations-Pa vier bei sicht« Wüthend zog der andere seineBries taschr. »Da — meine Paßkarte, estern ausgestellt! Jch hoffe, das wird i hnen endlich aeniigen." Der Beamte pkiifie das Schrifisiück und reichte es dann dem Eigenthümer zurück. «Es ist alles in Ordnung —- ich danke Ihnen, Herr Janssen! Sie müs sen die Belästigung mit den Pflichten meines Beruses entschuldigen. Guten Abend!« Er verließ das Abtheil, um seinen Weg durch den Zug fort ufeßen. Der junge Mann aber konnte sich noch nicht beruhigen. Jri lebhafter Erregung wandte er sich an sein Gegenüber, eine in einen langen grauen Reise rnautel gehiillte Dame, hinter deren dichtmaschigem Schleier ein Paar un gewöhnlich große Augen !euchteten. uHat man jemals so etwas erlebt? Gnödiges Fräulein werden nun viel leicht während der ganzen Reise die Furcht nicht los werden, das Coupe mit einein verdächtigen Individuum zu theilen!« Das offenbar sehr hübsche und ju gendliche Gesicht hinter dein dichten Schleier schien sich zu einem Lächeln zu verziehen. «O nein, mein Herr,« tlan es sehr leise zurück. »Ich hege in diesyer Hin sicht gar keine Besorgnsse.« Elyald Janssens Aerger schien mit einem Male ganz oerflogen. Er machte seinem anmuthigen Vis-a-vis eine tiefe, dantende Verbeugung und er kundigte sich dann, da sie erst nach ihm eingestiegen war, ritterlich, ob sie nicht vielleicht seinen Eavlay dem ihrigen vorziehen würde. Sie lehnte zwar ab, aber die Belanntscha"t war damit doch gemacht, und als ich der Klug mit einer Verspätung von unge fähr fünf Minuten in Bewegung feste, tvar bereits eine Unterhaltung im Gange, die dadurch nicht an Leb haftigleit verlor, daß sie von seiten der jungen Dame auch weiter im Flü stertori geführt wurde. Davon, daß er noch eine zweite Reisegefährtin hatte, nahm Herr Ewald Janfsen gar keine Notiz. Sie hatte chon in ihrer Ecke gesessen, als er ein ieg, und daß die kleine Blonde es als eine Kränkung empfand, so gänz als leere Luft behandelt zu wer . ließ sich unschwer aus den nichts weniger als freundlichen Blicken er rathen, die sie von Zeit zu Zeit zu der Dame im Reisernantel hinüber wars. Aber die beiden dort waren so vertieft tn ihre Gespräch, daß sie diese stum men Zeichen des Unwillens gar nicht bernertten. Als der Zugfiihrer kam, um die Karten zu kontrolliren, ertundi te sich Ewald Janssen nach der Ursa der Beläftigung der er vorhin ausgesetzt gewesen war. Und der Beamte trug kein Bedenken, ihn aufzuklären. »Die Kriminalpolizei hatte irgend tuelchen Anlaß. zu der Vermuthung, daß einer von den Dieben, die gestern Nacht das Magazin des Hofjutoeliers M ausgeplrindert haben, versuchen wird, rnit diesem Zuge über die Grenze zu entwischeir Man besigt eine angefahre Personalbeschreibung der Svißbuben, und da müssen sie eben das« Pech gehabt haben, mein ,M« einein von ihnen ähnlich zu Der junge Kaufmann nahm die Sache jeyt nur von der spaßhaflen Seite und machte über sein Mißge schick allerlei lleine Scherze, die sein schönes Gegenüber ersichtlich sehr be Miimw Plötzlich hob ein tiefer Seufzer die Brust der holden Unbeiannten, und ihre Lippen hauchtem D, mein Gott, wie unerträglich « ei hier ist!« ienfteifrig lie der verliebteReiie Ihm das Fen er herab. Jrn näch Mpment aber erklang aus ver Inderen Ecke eine ziemlich scharfe HEWUO Stimme: z- v »Ze. muß bitten, das enster zn Isfslkexh die . ugluft belii igt mich.« « hieri von keine Rede,« ·«:Msiim Ort-old un · lich, »und et Es j eine klein« ziemlich erregt-e De sitz » die durch den Machlspruch des zum Schiedtrichter aufgerufenen Schaffners mit einer Niederlage der kleinen Blenden endete. Sie ioarf den beiden anderen ein paar fun telnde Zornesblicke zu, wickelte sieh fefter in ihre Neifedecke und legte das Köpfchen in die Polfter zurück, um, wie es fchien, bald sanft und ruhig zu entfchlummern. Die Stunden verrannen; aber Ewald und feine dunkelhaarige Rei fegefährtin empfanden nicht die min deste Langeweile. Man war nicht mehr zu weit von der Grenze ent fernt, und der junge«Kaufmann. der sichtlich große Erfahrung im Reisen hatte, brachte, da einmal das Wort Zollrevision gefallen war, allerlei lu ftige Schmuggelgefchichten aufs Ta txt-Ich bringe immer ein paar Hundert Cigarten unberzollt über die Grenze,« betrieth er vffenherzig, denn ich habe ein unfehlbares Mittel. mein Handgepäck vor jeder unbequemen Durchfuchuna zu bewahren.« »Ein unfehlbares Mittel?« flüfterte sichtlich interessirt die Dunkelhaarigr. »Jatvvhl. Und es ift jammerfchade, daß ich’s dem gnädigen Fräulein nicht zur Nachahmung empfehlen kann. Jch borge mir nämlich jedesmal, wenn ich auf ein paar Wochen ins Ausland muß, von meinem Bruder, der Re ferve-Offizier ift, feine Uniform und lege fie obenauf in meinen Haut-inf fer. Dann tiinnte ich darunter an Kontrebande verbergen, was ich wollte· Der revidirende Beamte hält mich fiir einen Offizier, und die ein fache Erklärung daß ich nichts Zoll vflichtiges bei mir führe, läßt ihn von jeder Nachforschung Abstand nehmen. Bis jetzt wenigstens hat der kleine Kunftgriff noch niemals oerfagt.« Es gab eine kleine Stille; dann neigte sich die fchöne Coupegenofsin plötzlich näher zu Ewald und hauchte: »Wilar Sie mir vielleicht einen großen — einen fehr großen Dienft erweisen, mein Herri« »Jeden, der in meine Macht gege ben isi,« versicherte er begeistert. »Ich habe da in meiner Handtafche einiaes, das ich nicht gern verzollen möchte. Wenn Sie es fiir die Dauer der Revision in Jhrem Koffer un ter-bringen wollten —- ich würde Ih nen fehr dankbar dafür fein. Aber Sie müssen mir versprechen, mich auch im Fall der Entdeckung nicht zu verrathen. Fiir jeden Schaden, der Jhnen erwachsen könnte, komme ich natürlich auf.« Ewald kannte die Schwäche des weiblichen Geschlechts fiir ileine Ge fetzesiibertretungem und er verpfiins dete feierlich fein Ehrenwort daß er lieber sterben würde, ehe er seine Rei segefährtin verriethe. Und dann, da nicht mehr viel Zeit zu verlieren war, nahm er feinen ziemlich gewichtigen Koffer aus dem Netz. Die Daniel haarige warf, ehe sie ihre Handtafche öffnete, einen scheuen Seitenblick auf die Coupegenofsin. Aber die kleine Blonde lag ohne allen Zweifel im tiefsten Schlafe, und von ihr war sonft nichts zu fürchten. Haftig reichte die verführerische Unbekannte ihrem galanten Ritter zwei länglichr, sorg sam verfchniirte Packete dar. Er war etwas überrafcht von ihrer Schwere. Aber da sie ihm nicht aus freien Stücken sagte, was darin fei, wiirde er es für taktlos gehalten ha ben, eine Frage an sie zu richten. Er .fchob die fäuberlich zufammengelegte Unifvrsi bei Seite und machte in der Tiefe des Koffers einen Plan fiir die beiden Packete frei. . Kaum fünf Minuten später erschien der Schaffner, um zu melden, daß das Handgepiick im nge revidirt werden würde, während man sich zur Revi sion der größeren Stücke in die Ab fertigungsftelle begeben müsse. Ewald und fein Gegenüber, die tein Passa giergut aufgegeben hatten, blieben aus der Grenzftation ruhig siten, während die kleine Blonde. die sich bei der Einfahrt überrafchend fchnell ermun teri hatte, behend aus dem Wagen fchliipftr. Nach einer kleinen Weile trat ein uniformirter Zollbeamte in das Coupr. Noch ehe er sie dazu aufge fordert hatte, öffnete die verfchleierte Retfende ihre Handtafche, die nur eine Anzahl von Toilettengegenftän den, aber nichts Zollpflichtiges ent hielt. »Und Sie, mein Herr? Führen Sie etwas derartiges bei sichs« »Nein,« erklärte Ewald in affek tirt fchnarrendem Tone von oben her ab, »nur Dinge fiir meinen persönli chen Bedarf.« Damit klapptt er feinen Koffer auf, sicher, daß die wunderwirtende Offi ziersuniform auch diesmal«ihreSchul dtgteit thun würde. Aber er hatte sich getäuscht Mit unheimlicher Gründlichteit begann der Zöllner feine Untersuchan und das erste, was er zu Tage förderte, waren die beiden oerfchniirten Packete. »Löfen Sie, bitte, die Umhiillung!« Da gab es tein Widerstreben und Ewald fchickte sich an, dem Befehl zu gehorchen. Jn diesem Augenblick spra die schöne Unbekannte auf und te, das Loupe zu verlassen. Aber dee Zallbeamte stand breit in der einzigen. auf den Seitenweg füh rende-I Thär nnd versperrte the den M Eine Minute später gab ei eine gewaltig Ueberraschung. denn was lich da aus dein Partet heran-Witz war ein ganzer Schuh an funkelnben und glisernben Juwelen, Magen, Preschen, Irmbändern und anderm Kostbarkeiten »Das alles find also Dinge fiir Jhren persönlichen Bedarfs« graste der Zöllner höhnisch· »Ich mu Sie erfuchen, mir zu folgen.« » Ewald war ganz betäubt, aber als Mann von Ehre dachte er nicht daran, fein Wort u brechen. »Es neu ein Berfehen beim Ein packen passirt fein,« sagte er mit hel denmiithigem Entschluß. »Aber ich bin bereit, die verwirtte Strafe zu er legen.« Da tauchte in der Thiir des Ab theils der Kopf der tleinen Blonden aus und ihre helle Stimme ertönte: »Weöhalb wollen Sie sich durchaus oufern, mein Herr? Sie werden we ni Dank dafiir ernten. Jbre Reise gesährtin ift ja ein verkleideter Mann. Sie brauchen ihm nur die Perriieke abzunehmen, um sich davon zu iibers zeugen.« Es gab einen Tumult, denn die schöne Dunkelhaarige hatte einen abermaligen verzweifelten Fluchtver such unternommen. Aber er war wie derum mifzgliickt, und wenige Minu ten später befand sie sich sammt ihrem Ritter im Polizeibureau des Bahn hofes, wd eine körperliche Untersuch ung nicht nur die Richtigkeit der von der fcharfblickenden kleinen Blonden aufgestellten Behauptung ergab. fon dern auch noch eine Menge anderer Kostbarkeiten zu Tage iörderte, die die angebliche junge Dame an ihrem Leibe verborgen hatte. Man hatte den gefuchten Juwelen dieb erwifcht. Die Rache einer belei digten Frau hatte ihn feinem Schick sal überliefert. « Ewald Janffen kam nach langnsie riger Feststellung des Sachverhaltes mit einer empfindlichen Geldstrafe wegen Beihilfe zur Zollhinterziehung davon. Die Anknüpfung galanter Abenteuer während einer Eisenbahn fabrt aber hat er ein siir allemal rek fchworen. W l Jn Vertretung. herr und Frau Kanders saßen beim Morgentasiee, als Anna, das Mädchen, aufgeregt ins Zimmer trat, einen Brief in der Hand: »Ach Gott, gnädige Frau, ich triea’ da eben ’nen Brief: mein Bruder ist beut zu Besuch in der Stadt —« »Und nun möchten Sie gern frei haben? Ja. was meinst Du. EmiliU »Ich enthalte mich der Stimme. Jmmerbiru wenn es ein Bruder ist-, — es ist doch ein Bruder, Anna?« Er blinzelte vergnügt. Anna wurde roth: »Aber aanz ge wiß. Herr Kanders. Sie werden doch nichts schlechtes von mir denken?« — »Schlechtes?« Sie lachten alle drei. Und Frau Kanderö saate: «Gehen Sie nur, wenn's auch-blos ein Cousin sein sollte oder ein Stiesbruder. Ja, mir paßt es eigentlich samos. Ich bin heute aerade zum wirtbschaften ausgelegt. Was meinst Du, Emil?« »Wir können ja mal im Restaurant eisen. gewiß.« Jm Restaurant?« Frau Kanders war iebr empört. »Nein. daraus wird nichts-. Oder willst Du mir mein gan zes Vergnügen verderben? Grade aufs Kochen freue ich mich. Es gibt Spar gelsuppe, hubn und jungen Kopfsalat. Das oerachtest Du doch sonst nicht?« Kanders hatte sich mit einem Blick aus die Uhr erhoben: »Verachten? J wo. Aber —- Donnertoettert —- Da sällt mir ein: ich Ioerde ja gar nicht zu Tische kommen tönnen. Es liegt eine furchtbare eiliae Arbeit im Bureau.« »Psui, Emil! Meinst Du, ich durch schaue Dich nicht? Jch wilkö Euch heute aber gerade mal beweisen —- ja, Ihnen ebenfalls, Anna! Lächeln Sie nur so heimtiickisch!« »Ich lache doch nicht!« behauptete Anna mit plötzlich zusammengezogener Stirn. ,,Wann muß ich denn wieder zu Haus sein?« »Wenn Sie wollen« Nehmen Sie meinetwegen den hausschliifiel mit. Das bischen Wirthschast erledige ich im Dandumdreben.« »Ah-naschen sann ich ja, wenn ich wieder da bin.« u »Daß-en Sie keine Anast! Jch lasse " Ihnen nicht ein Tümlchen übrig. Heute will ich mal so Wun, als ob ich Sie wäre· Jch glaube, ich sielle mich doch etwas geschickter an. Kein Com poti-Tellerchen soll zerbrechen. Und etwas schneller als bei Ihnen wird«s such gehen, hoffe ich." »Was sind hossnungem was sind Eniwürse?« ziiikte ihr Mann. »Du sei still, ja? Du wirst Dich ja überzeugen Sie auch, Anna.« »Na 1"a.« Anna niate gleichmiithig »Aber um acht bin ich doch wieder da. Mein Cousin reist um sieben Uhr schon ab.« Kanders hatte schon den Hut ans: »Ihr Kot-sin, nicht wahr?« »Mein Bruder —« »Ach ja. Na, adien, Lotte. Jch komme also.« Ein Seufzer-. »Du findest ein schönes braunes Huhn auf dem Teller!« Die Gattin ries’ö ihm noch aus dem Flut nach. Und zu Unna: »Einheit Sie sich nur gleich an, damit Ich sreie Bahn kriege.« »Die hübnet müssen noch gerupsi werden« »Gew! Sie, iaf Nachen Sie sich nur keine Sorgen um mich. Ich werde schon set-i i« s »Na ja , sagte Anna, begab sich in ihre stammen zog Ich an nnd llo te noch eian an die Thixr des Spei e zimmerl. too Frau Landen eben die Lettilre der itung beendigte. -T Sie werden nicht ertta bts um ein-, gnä- l dige Frau. Ich will doch lieber —" Frau Itanderi lächelte hoheitsvom »Ich heißedoeh nicht Annak Und während dte lestere sich verabschiedete und die Wohnung verließ, begann Frau Lotte den Kasseetisch abzuräu- » men. Dann band sie sieh eine riesige Schürze um und stürzte sich in die Arbeit. Zuerst ging trotzdem alles-« in vor nehmer Ruhe vor sich; allmählich wur de sie nervöser, später hastete sie. Da bet bemerkte sie gar nicht mehr, wie schnell die Zeit verging. Mit Erstau nen hörte sie dann die Schritte ihres Mannes au; dem Flur. »Bist Du es schon, Emil « Ein rather Kopf streck te sich ihm aus der Küchenthiir entge gen. »Du kommst ja so sriih heute.« »Iriih? Es ist einhalbiwei Uhr.« «Unmöglich! Und ich hab’ noch nicht mal gedeckt. Aber gleich. Watte nur einen Augenblick.« Kanderö setzte sicb ins Speisezim mer und wartete. Einen Augenblick und noch einen, bis eine halbe Stunde herum war und die tleine Stutzuhr aus dem Kaminsims zwei schlug. Da hustete er. i ( ( i l »Ja, ja!« Gereizt tam’5 aus der Küche. Dann eilige, hastende Schrit te. Gleich daraus ein Klingeln und Klappern, ein Aufschrei —- ein halb iveinendes: »Siehst Du, das kommt von Deiner Treiberei!« Dann schob Frau Lotte die Scherben mit dem Fuße zur Seite: »Es waren nur leere Teller.« Kanders riihrte sich nicht« sondern sah mit steifem Ernste aus dem Fen ter. »Bitte!« Es war gedeckt. Mit er hihtem Gesicht, in dem sich einige schwarze Fingertupsen zeigten, lief die junge Frau ein nnd aus. »Aber nun isz auch! Läßt es erst talt werden. Nachher heißt’s, ich bin schuld! Na tiirlichi« s »Ich hab’ ja noch gar nichts gesagt.« Kanders füllte seinen Teller halb mit Spargeisuppe und probirte vorsichtig. Hast Du in die Bittersalzdiite ge griffen statt in’S Kochsalz?« »Wenn die Suppe wirtlich etwas bitter ift, so liegt’s am SpargeL Ue brigens ist sie gar nicht bitter.« »Na, denn nicht. Aber deine Zunge ist bitter, Lotte." Lotte antwortete nicht. Dann sah sie den entseylichen Blick deö Gatten aus die Hühner gerichtet .»Die gefal len Dir natürlich auch nicht« trotzdem annoch teinen Bissen gekostet hast, wie « Er sah sie besorgt an. »Sag’ mal, Lotte, bist Du farbenblindi« »Wieso?'« Das klang drohend. »Aber sieh doch selbst.« »Gewiß, sie sind dunkler als ge wöhnlich. Aber ich liebe das sinnst-e rige. Es kann ja auch einmal nach meinem Geschmack gehen.« »Sicher! Blos — er tranchirte ei nen der Vögel, »daß Du für Holz iohle schwärmft —' er zupfte etwas aus dem Rumpf — »für Holztohle mit gebratenen Bettfedern —-« »Emil!·« Ein wüthendes Schluchzen auf ihrer, ein trampshafteö Würgen auf seiner Seite. . »Na. laß nur,« tröstete er dann, »ich werd’ mich am Spargel schadlos halten« — Donnerwetter!« Er zog etwas Langes und Zähes aus den Fahnen. »Du hast den Spargel zu schölen vergessen, Lotte." Schäteni Sparael schälen?« Lot tenö Gesicht flammte. »Was soll man denn nicht noch an einem so kurzen Vormittag machen? Da!" Sie schob ihm ostentatio den Salatteller bin. »Ich bin wirklich neugierig, was Du daran auf-zusehen findest. Denn sin den wirst Du natürlich etwas-' »Nicht wahr? Man tönnte wirklich beinahe mißtranisch werden. Aber der Salat ist gut —« Also doch!« Ein triumphirender Blick. »Ja. Aber ei wäre besser, wenn Du ihn ohne Kies gemacht hatteft. Der Salat muß nämlich gewaschen wer den, liebes Kind. Er tnirscht dann nicht so zwischen den Zähnen.« »Eniil!« Lotte war aufgesprungen. »Du bist inpertinenti Ja, imperti nent geradezu!« Ein Schluchzen. »Wie wild habe ich eardeitet. und nun kommt so ein ann —- pfnii Pfui! Da solltest nur wissen, wo mir der Kopf steht!« «Ja,« tagte der Unetbittliche, »das möchte ich qetn wissen. Aber weine man nicht, Lottchen Gieb mit schnell meine obligate Tasse Kassee« —- ee sal) nach der Uhr —- «ich komme heute wirklich zu spät in's Buteau.« »Aassee? Kassee willst Du auch nach? Ja, meinst Du denn, ich tann hexen2« · . »Me, das meine ich nicht. Uebri gens aeht’s auch ta. Adieu, Latte.« »Mit springt dermpr« Latte warf sich auf die Chaiselongue. Die Theti nen lösten die schwatzen Spuren im Gesicht und teiinlten das weiße Tals-entneh Ali Anna um acht Ulye heim lam, tagte sie nur: »Na ja.« Dann fegie sie die Scher ben fort, icheuette die innen ange beannte Bratpfanne und wusch das Geschirr ab —- biö to gegen Mitter nacht. Zwischenbuech legte sie der gnä Peigetfi Frau kalte Komptessensum den pp . — Der gute Mille verspricht zuweilen äbskoviel Schlimmes wie die böse Gesaizem Ameritanische Siizze· Von M a x « P o l l ais e t. «Eeb’ ich zu, Gents, in diesem ge segneten Lande ist Niemand davor rcher. geleimt zu werden und man braucht gar nicht ein verdammtes Greenhorn zu sein, um aus einen blu tigen Schwindel hineinzusallen. So gar ich bin einmal einem mächtigen Gauner und Pserdedieb in’s Garn ge gangen, aber das feine Köpfchen, das ich aus meinen Schultern trage, hat mir wieder aus der Peitsche geholfen.« »Erzählen By Jave, so wahr ich, der Calonel Elias Hiram Hawtien, über sechs Fuß hoch bin, werde ich Eure Neugierde stillen. Barteepey eine Runde! «Also, ich war damals noch jung und steckte zum Theil in den Vorur theilen dez Ostens. Trotzdem hatte ich meinen Gin schon in vielen Staaten und Territorien getrunien und hatte eine natürliche Anlage, smart zu wer den. Aber hier im Westen ware ich, wie gesa t, beinahe übel angekommen. Als ich alisornien betrat, waren die schönsten Zeiten schon vorüber. Uncle Sam hatte mit seinem langen Arm herüber gelangt und das Land wim melte nur so von Sherisss, Friedens richtern, Deteitivs und ähnlich nutz losen Menschen. « ·Eine gute Anzahl prominenter Bürger. die die Sitten der uten, alten Zeit hatten aufrecht er lten wallen, warennach Schwester-Institu ten von Sing-Sing und Auburne ge bracht worden. Ja, beinahe durfte man nicht einmal mehr auf einen Chinesen schießen. Jnsofern hatten er- also die Bot-s in den Camps über, aber sonst ging das Geschäft gut und wenn einer Gold fand, dann lonnte et es ziemlich sicher nach Frisco schaf fen. Die besten Claims hatten schon die Gesellschaften, die im Großen waschen ließen, man lonnte aber noch von diesem oder jenem alten Digger, dem es zu eng wurde. einen guten Plan taufen. Jch hatte Lust, es auch einmal mit der Goldgriiberei zu ver suchen und da ich aus einem guten Geschäft in Kansas -— wissen Sie, ich war darauf genöthigt gewesen« schnell zu verreisen — ein paar Hundert Dollars bei mir hatte, sah ich mich nach etwas Geeignetem um. Petrobolis war damals schon eine seine Stadt und da mir das Counth aefiel, beschloß ich, womö lich zu blei ben. Es waren drei aloons am Orte, eine Banlfiliale, vier Stores, wo man auch einen Schluck nehmen konnte, und ein Gefängnis-. Natürlich war es bald herum, dasz ein Grüner gelommen sei und der und jener er llärte sich bereit, mir seinen Claim ab zugeben. Jch nahm mich aber sehr in Acht, borzeitig Ja zu sagen und ge dachte, meine gesegneten Augen selbst aufzuthun. Schlrnderte also durch das Camp und fah jedem Burschen durch die Pfanne. Die meisten lie:» ßen sichs gefallen, einer aber, wär-s risch wie eine Nothhaut, bat mich, meine Nase wo anders unterzubrin- ; gen· sonst würde er Licht durch meinen j Leichnam scheinen lassen. Er sah ganz so aus, als wüßte er mit seinem Colt : umzugehen und hielt ich es sür besser. s mich nicht auszudriingen. Von fern( beobachtete ich ihn aber um so mehr» und lam bald zu der Ueberzeu un J daß er ein verteufelt gutes Geschäft; machte. Er ging fast jeden Abend mit einem ftraffen Lederbeutel nach Hause » und wenn er im Saloon über sein’ Pech schimpfte, so hielt ich das siir eine Falle. Es nahm mich also Wun der, daß er sein Claim verlaufen wollte, wie man mir bald erzählte, und noch mehr, daß er teinen Räuser fand. Aber er war daran selbst schuld, denn er machte ja seine Waare schlecht· Jch wurde bald mit ihm be kannt und schlug ihm vor, mich einmal « mitarbeiten zu lassen. Zuerst ant wortete er, daß ich nicht viel Gutes dabei erleben würde. gber ich rückte ihm entschieden auf den Leib und zu letzt gab er nach. «All ri ht, Fremder« aber ich lal lulire, das Ihr die Lust zu tausen, bald verlieren werdet.« Am nächsten Tage zogen wir loi.« Ich grub, er wusch und was soll ich Euch sagen, Gents, am Abend hatten » wir dreißig Dollars in der P anne.j Ich hielt das sitt gut, er aber schimpf- i te auf das chlechte Ergebniß und schimbfie noch, als wir in den nii sten ; Tagen für vierzig und fünfzig ol laes Gold fanden. Nun dran te ich ihn zu vertausen, er wei erteålkg aber noch und ertliirte, das i meine Stalploele frisiren lassen könnte, wenn ich den Jungens ein Sterbens wisrtchen verrieth. Endlich aber hatte ich ihn so weit, gab ihm 600 Dollars, taufte ihrn außerdem sein Geräth zu einem hor renden Preis ab und war ihm oben drein nach so dankbar, daß ich ihn einen ganzen Abend trattirte. Das gab-ein halloh unter den Jun gens, als das Geschäft betannt wurde und by Jingp, sie nannten mich einen verteufelten Dummtopf. ch aber hielt mich fiir gescheidter a s sie alle nnd glaubte, die Mosauitos niesen zu hören. Fing also an zu arbeiten und merkte bald, daß ich erbärmlich von diesem großen Gauner und Lügensaa » betrogen worden war. Noch nicht fürs einen Cent holte ich heraus, und ich tarn dahinter-, daß mein Vorbesitzer die Erde in der Pfanne »gesalzen« hatte. Er hatte selbst Goldstan hineinge-! schüttet und ieh atte ihn ausgewa sehen. Beliebter riet das früher ge wesen, Genu. Aber machen konnte ich nicht-, er hatte stets die Wahrheit i sites gesagt undichsinußie ruhig mitanfei heir, wie der Lunip im Lager blieb und mein oder vielmehr fein Geld iin Peter verrnehrte.« » t ihm ohne ifel mit Eurem Sche ifen das bthige eroffnet, Oberts« «Jt«s auite sure, daß i es gern ge than hätte, aber das war Jan zu r s tant geworden. Oh no, ich inå es an ders an. Ich arbeitete jeden ag mit verzweifeltem Eifer und salzte nun selber. Jeden Abend chleppte ich das Gold nach Haus, da i früh·lelbft mitgebracht hatte. elb verstandlich beklagte ich mich nicht, sondern that nur ganz geheimnisvoll und bald muntelten die Jungens, dafz ich mehr Glück als Verstand hätte. lind o tam er mir nach ungefähr· vierzehn Tagen wieder, redete erft ein Langes und Breites und sagte dann, es thate ihm leid, aber der Kauf wäre nicht gilti . »Es-M- .. . »Ja, der Besitzwechsel hatte einge tra en werden müssen-« un hatte der Gouverneur aller dings so eine Verordnung erla, en, wie ich je t erfuhr, aber die wenig ten ihatten ich bis jetzt darum ge i kümmert. Jch erwiderte ihm, daß ich mich den J Teufel uin den Gouverneur iind seine lVerordnung tiimmerte. Dabei wusch Hich in feiner Gegenwart fort und die Ausbeute war nicht gering. · - Nun wurde er dringender, ich jedoch blieb kühl. » Wenn er mich nicht ungeichoren Elließe, fo würde ich ihn mit Blei ful en. Aber er ließ nicht locker. Bald re dete er mir gut u, bald drohte er mit Shktkss und Friedensrichten Er hielt mich fiir bedeutend dämmer, als ich war, Gents, und ich ließ es mir gern gefallen. Zuletzt that ich fo, als wäre ich eingeschiichtert und gab ihm den Claim zurück. Er zahlie mir mein Geld und gab noch fein Pferd dazu; das hatte ich nämlich verlangt.'« »Warum?« »Weil ich wiederum eine Liifiver änderung fiir nothwendig hielt und nicht wollte, daß er mir nachtam. Daß ihm aber einer von den anderen feinen Gaul borgte, war ausgeschlos sen. Dazu tannten sie fich unterein ander zu gut.« »Und dann?« »Und dann ging ich nach Colorado zndtließ ihn weitergraben. Good bnye, en IS' Der Student und der Könis. Aus Adolf Pichlers autobiograpbi schen Schriften, die alsErgänzung der Werte des trefflichen Dichters eben bei Georg Müller in München erschienen sind, bringt die Münch. »Allg. Ztg.« eine hübsche Anetdote —- niimlich ein Geschichtchen von dern absolvirten vanasiasten Pichlen der 1838 zum ersten Male als Fußreisender aus sei nen Tyroler Bergen heraus und nach München kam. Pichler erzählt: »Als ich all die Herrlichleiten der Stadt bewundert hatte, trieb es mich auch in die Au; man hatte mir gesagt, dort werde eine Kirche im gothischen Stil gebaut, sür den ich damals als deutscher Jüngling schwärmte. Der ganze Raum war aber ringsum durch Planken abgesperrt, so daß ich nur von außen zum Thurm und Giebel einporschauen konnte. Da lam ein Herr, das Lattentdor öffnete sich, er trat ein; das Studentlein dachte ich, da tönne es auch mit, wur de jedoch oon einem Arbeiter barsch tutüctgewiesen Nun wandte sich jener Herr um und sagte: »Den jungen Menschen hereinlassem den jungen Menschen hereinlassen!« Und io fand ich schnell Zutritt. Jch besichtig te die Schiffe und was eben srei war, voll Bewunderung, an den Pfeilern stiegen jedoch Gerülte zum Gewölbe empor. Der Herr betrat die Treppe, das vorwitzige Studentlein glaubte: Dann tann ich vielleicht auch mit — wurde jedoch zuriiagewiesen Nun trat wieder jener Herr ins Mittel. »Sol! nur hinaussteigen!« Jch tlets terte hin und ber, als mache ich Stu dien wie ein Architett, und kehrte dann in das Schifåzuriich wo jener bereits mit- einem rbeiter, der e bückt vor ibm itan , verhandelte. Zch meinte: Danten mußt Du auch! und hätte bald in den Sack gegriffen, um dem deren, der gar schäbik ewandet war, ein Sechserl als Tr n geld itr die hand,zu drücken, traute mich aber nicht recht. Nachdem ich mein Sprüch lein vorgetragen, fragte der Petr »Dat»’s Jhnen gefallen7« »Tai ichl« riefsrch, »so was haben wir n Tyrol doch noch nicht.« —- Jener sagte »Recht, rechtl« und ging lächelnd wet ter. Da traten ein paar Arbeiter her an und fragten: »Wissen Sie. wer das gewesen ists« —- ,,Wie sollte ich den kennen. ich bin ein"Fremder und zum erstenmal in München hier.« — »Das war der König Ludwig!« — Erstauni trat ich zurück, denn ich hatte sest geglaubtz so ein Fürst mit e aus sehen satt wie die ·Ki)nige im arten spiel. »Dein Ludwig bewahrte ich aber stets ein treues Andenken« Os— Das tut-. Aeltliches Fräulein (hochmüthig): »Ich würde mir nie etwas von einer Manne gefallen lassen!« Besuchen »Aber das Heimwe doch?!« Trift- " Paaiossetheld (zu seiner Frau, die eben eine Tasse zerschlagen hat); »Sei nur froh, Manchem daß ich es nicht war, sonst müßtesi Du Dich wieder fürchterlich ärgern.«