Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 21, 1905, Sweiter Theil., Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    No. 164. Well»
ich fm jetzt mit»
die Kids in die
Konttiri Sie
wisse, daß ich
en Schreibe
brief von die
Wedesweilern
kriegt ben, wo
drin se alles
»Unsean bot,
Jch hen mich ja off Hohes in die erschte
Eckeseitement e wenig geörgert gehabt,
awwer ich sonnt doch an die Weins
weilern nit mähd sein; ich weiß gut ge
nug, daß se e arig gutes Diehr is un
daß se einiges for mich dahi. Jessek,
so Freinde muß en Mensch heu. Well,
ich fin also gleich am nächste Morgen,
nachdem ich den Brief gekriegt hen, an
den Trehn un sin nach so ebaut e
Stand un e halb bei die Wedeswei
lern gewese. Ei tell jub, do is es doch
different gewese, wie in die Tanti. Die
Ehr is do gewese, als wann se erscht
geiott un getreit un dann gesisst worde
wer. Wann mer zu die Ehr e Sieht
che un e Pleht voll sreit Pohtehtos un
e Stück Brot aehabt l)ot, dann konnt
met sattisfeii sein for e MiehL Die
Tries warte so grien, als ol) se frisch
gepehnt wäre on die Piebels wo die
Wedesweilern von gerent bot, die ware
so plesent zu mich, alH wann ich schon
seit zehn Jahre zurück bei se lewe del-L
Die Ländlehdie hot mich gleich ge
fragt, for warum ich die Kinner nit
mitgebracht hätt, bikahs se hätt doch
schon alles sot fe nffgefickst. Well,
ich muß sage, ick hen die Ruhms aria
gut gegliche un ben reiteweg heim ge
tchriwwe, daß die Buwe gleich komme
sollte. Am nächste Morgen is denn
auch die Gang komme un do hätte Se
emol e Freud erlewe solle! Es hot noch
keine haltve Stand genomme, do hot
der Johnnie in den Pahnd gelege. Er«
war off Kohrg johting wett wie mer
ihn widder kraus gefischt hatte. awwer
fonft hot’s ihn nicks geschad. Mer hen
e feines Miebl gehabt un die Kids hen
eingehaue, wie die Kesselflicker. Am
Obend hen mer an de Portfch gesoffe.
Mit einmol hen ich ebbes gehört, das
hot gefaund wie Muhsict ans e große
Diftenz. Wie ich grad meine Ohre ge
fpiyt gehabt hen, for zu lissene, bnms,
dr- hot mich ebhes in die Nos gestoche.
Jch hen en Schrei von mich gewwe un
die Ländlehdie hot gesagt, ich sollt das
nit meinde, das wär rnehbie e Mostie:
tho gewese. Well, ich bente auch, daß
es eins gewefe is, hen ich gesagt. Jch
hen gefühlt wie meine Nos ange
fchwolle is wie e Krott un weh hot’s
gedahn das hot einiges gebot-. Nach
e tleine Weil bot auch die Wedeswei
lern en Beit gehabt un dann hot der
Fonn gestatt. Die oerdollte Mostie
terfch hen die Buwe verbisse, als wann
fe seit sechs Woche nicts mehr diesentes
zu fresse gehabt hätte. Mer stn mit
fehr gemischte Gefühle in unfer Bett
ruhm un es hot mehr wie e Stand ge
nomme, bis ich die Buwe mit e Linne
ment eingerobbt heu. Jch kann Jhne
sage. mitaus daß ich gern davon rede
dnhn, awwer meine Lehts die ware
voll von Blifterfch, fo hen mich die Jn
feckft perbisse gehabt· Das Niesolt
war, baß ich die ganze Nacht noch tein
Wink geschlofe hen. Am nächste Mor
gen is es off Kohrs wibder gut ge
wese, awwer die Bompg hen ich doch
immer noch gehabt. For Frühstück hol
uns die Ländleiidie Reddisches gen-we
un dann hen mer freid Ehts gehabt
un Milch un ei tell inh, das bot ge
iehst, daß ich bald die Moslietersch ber
gesie hen. Es dnht doch ganz annerfch
ter tehste, wann mer Weischetebbels
esse kann, wo mer selbst gerehst hot un
Ehis wo mer selbst gelegt bot. Die
Butve sin gleich nach den Breckfeft los
geschowe un hen Bullfrahkg getetschi.
Das is e große Freud for se gewese
un ich hen auch nicks dagege gehabt.
Die Kinner cniisfe ja doch e wenig Fon
ben. Die Wedesioeilern un mich, mer
hen en Wahl genomme un das hen ich
arig gut gegliche. Wie mer heim fin
komme, hen mer en Näpp genomme, ei
iell juh, mir hen e Leive gehabt wie die
Prinzr. Es is e schönes Ding, wann
mer sich for gar nicks zu battere un zu
irutvele hol; wann mer schiefe iann,
wann mer teiert is un wann mer esse
kann. wann mer hungrig is, mitaus,
daß rner nor en Finger krumm zu
mache braucht. Was der Johnnie ain
niehrschte gegliche hot, das war, daß
er nit zu helfe braucht Difches zu
wasche. Wisse Se, ei is bei mich die
Ruhl gewese, dass immer einer von die
Bunde die Disches hot abdriekele müsse.
Die Kids hen nnner sich ausgemacht,
wer es zu duhn hot un die Feger hen’s
immer so geficist, dafz der kleinste helfe
mußt. Jetzt hoi er auch in die Lein
Felehschen gehabt un ich kann ihn gar
nit for Nehme, daß er froh war. Es
war ja bei mich denselwe Weg. Well,
wie mer am Obend ins Haus sin, do
hen mer alle Windersch zugeniachi, daß
die Moskietersch nit inseit gekonni hen
un do is arig floh- in den Ruhm ge
worde. Die Ländlehdie hoi gesagt,
mer könnte ganz ruhig die Windersch
nffmachez solang kein Licht brenne
seht, dehte die Moittetersch nit erein
komme. Das hen mer denn auch ge
dahn un mer sin die Nacht gar nit ge
hattert worde. Mer hen uns mitaus
Licht in unsere Better gelegt un wie
die Wedesweilern zu mich komme is,
—- ntir hen oss Kohrs in ein Bett
schlase müsse —- do hot se mit den linke
hinnersuß gege e Bacts gestoße, wo usf
den Bett gestanne hot. Jch hen nit
gewüßt, was es war. un ich hen auch
nicks drum gewwe. Es hat nit lang
genomme, do hen mer geschlofr. Uss
emol hen ich e Fühling gehabt, als
wann ebbes sahftes in mei Fehs entm
trawwele deht, ich hen ihn mit die
Hand en Schlenter gewwe un ich hen
gehört wie ebbes ganz schwer an den
Flahr geplumft is. In dieselwe Min
nit hot die Wedesweiler en ferchterliche
Krisch von sich gen-we un mir sin alle
beide ans dem Bett getschumpt O,
vier o vier, was sin mir geschiehrt ge
wese! Jch hen e Mätsch gestrocte un
hen Licht gemacht, un was wer’n Se
denke, unser ganze Bett is voll Bulls
srahts gewese; ich hen wenigstens
dreißig gekannt. Hen dochdie Feger,
die Bullfrahts wo se getetscht hatte in
e Backs gedahn un hen die Backs uff
das Bett gestellt gehabt! Das war
awwer noch nit all. Von den Licht
angelockt, sin wenigsten-s dausendMos
tietersch in das Ruhm komme un in
unsere Kandischen sin mer so recht e
Fresse for die Biesterfch gewese. Wenn
Se mich nor emol hätte sehn könne,
wie ich geguctt hen, ich sie e Seit ge
wese! Well, die Nacht hot meiner Liebe
for das Letve in die Kontrie en arige
Stoß gewwe.
Mit beste Rigards
Yours
Lizzie Hanfstengei.
W
Karten von Kote-.
Es ist merkwürdig, daß viele der
ältesten Karten, aus denen die Osmi
ste Asiens dargestellt ist, in dem be-·
treffenden Gebiet eine Halbinsel zei
gen, von der es aber unsicher ist, ob
sic thatsächlich die Halbinsel Korea
darstellen soll. Die erste zweifelhafte
Andeutung einer solchen Halbinsel
lann bis auf eine Karte zurückge
siihrt werden, die von Martellus Ger
manus wahrscheinlich im Jahre 1489
entworfen worden ist. Jn der Karte
des Bernardus Snlvanus von 1511
nimmt Korea bereits eine bestimmtere
Gestalt an, die aber noch ebensowenig
als das Ergebniß einer sicheren Kennt
nisz betrachtet werden kann, wie die
Zeichnung aus der rohen Karte des
Bordone aus dem Jahre 1528. Noch
in der Mitte des sechzehnten Jahrhun
derts muß die Kenntniß von diesem
fest so ungeheuer wichtig gewordenen
Gebiet in Ostasien außergewöhnlich
ungenau geblieben sein. Das be
rühmte Theater der Welt von dem
großen Kartographen Ortelius aus
dem Jahr 1570 giebt merkwürdiglw
weise überhaupt nicht die geringste n- .
deutung von der Halbinxel Korea,
während Mercatvr, der edeutendste
Kartogravh seiner Zeit, den Namen
Korea auch nur einer Jnsel beilegt.
Den ersten entschiedenen Fortschritt
schreibt man dem Hollander Lin cho
ten zu, dessen Karte zum ersten ale
» die allgemeine Uniriszsorm von Korea
einigermaßen wiedergiebt, obgleich
auch dieser Kartograph sich noch nicht
ganz klar darüber geworden ist, ob
Korea eine Insel oder eine Halbinsel
ist. Andere Forscher haben denn auch
die Ueberlegenheit der Karte Ansche
tens bezweifelt und vielmehr an e
nommen, daß sie aus ebenso unsi e
rer Kenntniß beruht, wie die von
Mercaton
Die Karte, die in die späteren Aus
aaben des Welttbeaters von Ortelins
ausgenommen wurde, stammte aus
dem Jahre 1595 und verwerthete die
Erfahrungen, die bis zu jener Zeit
von den großen portugiesischen See
fahrern gemacht worden waren. Als
Urheber dieser Karte wird der Por
tuaiese Ludoico Teisera genannt. Eine
der ersten Karten. die Korea mit Be
stimmtbeit als Halbinsel zeigen. er
schien ini Jahre 1600, aber der alte
Glaube. daß das Gebiet eine Jnsel
wäre, schien sich stellenweise so festge
setzt zu haben, daß noch ziemlich lange
nachher aus bolländischen und anderen
Karten Korea als Jnsel dar estellt
wurde. Eine wesentliche Verbe erung
der Karte von Ostasien wurde dann
erst wieder herbeigeführt durch die
Forschungen der französischen esui
ten, deren Material von D" nville
deni größten Kartographen des acht-—
zehnten Jahrhunderts, verarbeitet
wurde. Die Reisen von La Perouse,
Brouabton und Krusenstern, tliirten
dann die Karte so weit aus« daß die
Halbinsel Korea die Gestalt annahm,
in der wir sie heute aus den Karten
- finden.
—
Temperenzisörchem
Der junge Mann aus Chicago toar
in Liebe entbrannt zu dem s önen
lMiidrl)en, welches in der Provinzial
sstadt St. Louis lebte. --—— Als sie Arm
sin Arm den Fluß entlang spazieren
sgingem sltisterte er: »Schatz, Deine
Augen sind berauschend.« — —- Das
Mädchen beschleuni te die Schritte und
,sagte: ·,,Dann mu ich sie augenblick
ilich schließen. Du weißt, Liebling,
’beut’ ist Sonntag und da dars kein
Plan in St. Louis geössnet sein, wo -
es etwas Berauschendes iebt.« — i
Und so gingen sie beide iiber ie Brücke T
san das andere User, wo die·Jungsrau
ihre Augen wieder össnetr.
s
"""d?i?i7zlssiny ’ Z
(Von Freda MarklandJ
Jn fünf langen Jahren hatte er
nichts von ihr gehört, als daß sie Hab
nnd Gut verloren. Wie hieß es doch»
in dem Bericht, der zufällig zu ihm ge- s
drungen war? »Ganz arm, und hats
nicht eine Stätte, wo sie ausruhen
kannt« So unvermittelt tönten ihm
die Worte im Ohr, daß er faft erschrak. «
Ganz arm! Er konnte es nicht fassen.
Er sah an sich nieder. Worauf fein
Auge fiel, war vom theuersten und be
ftent das Pferd, das Sattelzeug, jedes
Stück seiner Kleidung.
Längft verklungene Worte wurden in
ihm wach, alte Erinnerungen, kleine
Begebenheiten — er konnte sich der Bil
der gar nicht mehr erwehren; es war
wie ein Zurückblicken an eine dunkel
gewordenen Himmel. an dem Stern
auf Stern aufleuchtet.
Er ritt den Wegen nach, die mög
lichst an Plätzen vorüberfiihrten, die er
einmal mit ihr besucht hatte. Ueber
dem morgenfrifchen Thiergartesn lag
die Frühlingsfonne.
Die ersten Regenspuren riefen ihn
aus seinem Sinnen; am Himmel zeigte
sich ein schweres, schwarzes Wolkenge
schiebe, das eilig Tropfen um Tropfen
niederfandte. Er schlug den Weg nach
dem Pilz ein. Das weitausladende
Schutzdach in Form eines Malaien
hutes um eine mächtige alte Eiche ge
fügt, beherbergte schon zwei Reiter. In
dem einen erkannte man bald eine
Stallbedienung, den anderen verdeckte
der Baum.
Der Anlommenae sah, daß das
zweite Pferd eine Dame trug.
Sie hielt unter dem äußersten Ran
de des Baches-, jedem Fremden den Rü
cken zuwendend.
Nun das Rauschen in den Liiften
stärker wurde, fing ihr Pferd an, un-«
ruhig zu werden; trotzdem der Regen
keftiger fiel, schien es einen Augen
blick. als beabsichtige die Reiterin, wei
ter zu traben. Der Bediente sah auf
merksam zu ihr hinüber, aber ehe er
noch verstand, saß sie schon wieder
starr, die Augen halb geschlossen, die
Lippen vorgeschoben.
Ihn. den Beobachter, interessirte ib
re vornehme Toilette, die kostbare
Auszäumung des Pserdes. Ein leich
ter Wind machte sich aus, vielleicht um
die Wollen auseinanderzutreibenz er
sspielte in den Mähnen der Pferde,
. schüttelte die nassen Baumkronen und
s Sträucher, fuhr um den alten Eichen
stamm und hob siir einen Augenblick
den Schleier der Dame
Der Reiter stutzteJ er hatte das
Haar seiner Prinzessin erkannt. Er
riß sein Thier herum.
,,Prmzessin « sagte er, dicht an ih
rer Seite, »sind Sie es wirtlich?«
Sie wandte den Kopf und sah ihn.
,.Prinzessin,« wiederholte sie; ,,niemand
nannte mich so, außer einem. Das ist;
lange her. Jch bin es nicht mehr.«
Sie zog den Handschuh ab unds
reichte ihm die Rechte, die den Frauen- -
ring trug. Er murmelte etwas- vag
wie eine stumme Frage klang.
»Seit zwei Jahren,« fliisterte sie. »
Es trat eine Pause ein« da man
nichts hörte, als die unruhigen Bewe:j
gungen der Pferde. Die Regenwoliens
waren vorübergezogen, die schwellenden z
Knospen tranlen die feuchten Tropfen,
bevor die Sonne sie ausfog. Das helle
Licht folgte ihnen aus einem gemeinsa s
men kurzen Ritt; sie sprach viel und ost l
von den Pflichten, die ihrer daheim
harrten, und bat ihn schließlich, sie aufs
dem Nachhauseweg zu begleiten »
Es war derselbe Pfad, den sie dor
Jahren so oft gemeinsam betreten, den s
sie beide lieb gehabt, in Frühlings ;
pracht nnd in Winterstarrheit. Jeder
Baum, jeder Strauch sprach zu ihnen;:
sie hörten es, sie verstanden es nnd
wurden in tiefem Schrecken gewahr, s
daß sie sich vor den Erinnerungen inl
acht nehmen mußten.
Auf der Cornelinsbriicke hielt sie an. i
»Hier müssen wir uns trennen, in den
nächsten Hänsern wohne ich.«
Jn seinen Augen erlosch das Leben.
Er wollte sprechen, allein sie hob ab
wehrend die Hand und sagte:
,,Lassen Sie uns dem Schweigen ein
Ende machen. Morgen möchte ich Sie
noch einmal sehen. Kommen Sie nkn
zwölf an den lleinen Wasserfall gegen
über der Rauchstrasze. Seien Sie vor
sichtig« ——· ein Schatten ging über ibr
Gesicht-— »ich komme nicht allein.«
Sie hatte ihn nicht vergebens gebe
ten. Er fand sich zur festgesetzten Zeit
ein. Und er war vorsichtig, denn das
Bild, das sich dort bot, überraschte ihn »
aufs höchste. Man hatte einen Roll
stuhl in die Sonne geschoben, in dem
ein alter, kranker Mann saß. Ein Die
ner hielt einen Schirm über ihn.
An einer der Bänte spielten ein
Knabe und ein Mädchen; nicht weit da
von sasz seine Prinzessin, ein Buch auf
dem Schoß, aber ihre Augen gingen
ins Weite.
Sie ging sogleich ans den Kommen
den zu. Ein kurzer Händedruck nndj
ein leises: »Ich dante Jhnenk«
Er streckte ablehnend die Sind aus .
»Sie haben ein weit treneres Ge- !
dächtniß als ich, Sie wissen darinn,
. daß nur ich Ihnen zu danken habe. « «
« Er sah zu den Kindern hinüber Es
schien, als wolle er fragen, allein ihr
jniiides Gesicht hielt ihn davon zurück
P »Wie leben Sie?« Seine Stimme:
war sanft. »
»Wie hinter schühcnden Dünen,«
sagte sie »und dennoch unter einem
Druck von ulv und Vorwurf, der
mir den Frie n raubt. Sehen Sie
mich nicht so forschend an, mein
Freund, ich will Ihnen alles erklären.
Als wir an jenem Sommerabend Ab
schied nahmen — Sie erinnern sich der
Stunde — habe ich Jhnen nicht ein
gutes Wort mit auf den. Weg gegeben.
Jch schwieg, denn jeder Athemzug war
schwer und machte das Herz erzittern.
Eines lassen Sie sich sagen: ein leich
- tes Trennen wäre wortreicher gewesen;
Aber durch alle diese Jahre ist mir
diese Stunde nachgegangen wie etwas,
das ich hätte besser machen müssen, als
es geschehen.ist. Verzeihen Sie mir!
Doch um alles ganz zu bekennen: meine
Kraft war erschöpft, denn ich wartete
immer auf das Wort, das uns von der
langen Freundschaft erlösen sollte.«—
Sie legte fiir einen Augenblick die
Hand vor das Gesicht. ·
»Ich Thor,« murmelte er.
»Und dann, mein Freund, habe ich
meinem Leben eine Wendung geben
müssen, müssen! Verstehen Sie mich
-wohl?«
Jhre Hand zeigte zu der Gruppe hin
iiber, an der sein Blick wie gebannt
hing.
»Wer ist der Greis im Fahrstuhl?«
»Mein Manni«
,,Prinzessin!«
»Mein Mann,« wiederholte sie fin
ster.
Seine Seele war so voll Bitterkeit,
daß er ihr einen Vorwurf nicht erspa
’ ren konnte. »
»Und alles um Gold und Goldes -
Lohn!« rief er aus. x
Ein Leuchten ging über ihre Züge.
»Fast haben Sie recht. Jch habe im
entscheidenden Augenblick alle schönen
Gefühle hintenangesetzt und bin einge- ;
treten fiir eine alternde Frau. meine i
Mutter, und fiir diese beiden Kind-er, (
meine Geschwister. Sollte ich sie da
mals-, als wir das Unglück hatten, alles i
an Hab und Gut zu verlieren. was ein
Mensch verlieren kann, in ein Waisen- l
haus schicken und meine Mutter unter l
i
i
i
i
i
fremde Leute in Dienst?———Da bot mir
jener Mann seine Hand, die ich nahm, »
ohne zu wissen, daß ich eine Vaterhand «
ergriff. Jch schwöre Ihnen, ich dachte
weder an mein Herz, noch an seinen
Reichthum, ich folgte dem, wag ich fiir
meine Pflicht hielt.«
»Sie haben recht gethan,« sagte er, i
fest ihre Hand fassend. ;
Ein feines Rath stieg in ihre Wan
gen
,,Jntermezzo,« erwiderte sie kaum
hörbar, »fchon ahne ich den Schluß
altord. Tag um Tag sitze ich an je
nem Rollstuhl und beobachte, wie das
Vernichtungswert im Körper des al
.ten Mannes vor sich geht. Es war
«der hippotratische Zug, der mich aufs
lTiefsie erschreckte. Der Tod hat ihn
gezeichnet. Schon zieht sich die leblose
Blässe über die Stirn, ich sehe sie täg
lich mehr und mehr ausbreiten« -—— —
Jhte Augen weiteten sich in Angst.
»Ich zittere um den alten Mann,«
flüsterte sie unter aufsteigenderTrauer.
Er trat ganz dicht an sie heran und
legte leicht den Arm um ihre Schul- ;
tern. «
»Ich weiß, daß ich von Jhnen gehen .
muß. Geben Sie mir heute ein Wort
mit auf den Weg?« -
Sie hielt lange seine Hand und fah
ihn an. Z
»Wir sehen uns wiederk« 4
»TLann?« i
»Wenn die Lebens-music wieder voll
einsetzt!«
Ein einzigartiges Damms-doch
Jn jedem Jahr hat während der
großen Frühjahrsfluthen auf dem
Mississippi ein Dampfboot die Auf
gabe, die durch diefe Fluthen herbei
gefchwemmten Schisffahrtshindernisse
zu beseitigen. Es find das namentlich
Baumstämme, die der Fluß, wenn
das Wasser sich verlaufen hat, auf den
Bänken und an feinen Ufern abfetzt
und die schon manches Schiff zum
Scheitern gebracht haben. Jhre Zahl
und ihre Größe sin fo beträchtlich,
daß man eben ein ganz besonderes
Schiff zu ihrer Beseitigung hat erden
ten und bauen müssen. Das erste
Fahrzeug dieser Art ist"der General
Wright. Es besitzt auf der Vorderseite
einen doppelten Rumpf, so daß in der
Mitte eine Höhlung entsteht, in der
Vanmstämme gefangen werden. Das
Schiff mißt rund 150 Fuß in der
Länge und 90 Fuß in der Breite. Be
trieben wird es mit Dampfrädern,
deren jedes seine besondere Maschine
besitzt. Da die Stamme hauptsächlich
aus sehr feichtem Wasser aufgelefen
werden müssen, hat das Schiff einen
Tiefgang von nur zwei Fuß, vier
mächtige Krähne, die gleichfalls jeder
einen besonderen Motor haben, dienen
zur hebung der Hindernisse Der vor
derste Krahn trägt oben einen fehr
ftarten stählernen Haken, der herab
gelassen werden kann und die Baum
stämme gewissermaßen harpunirt,
wenn man die Maschine rückwärts ar
beiten läßt. Sind die Stämme sehr
groß, so werden sie vor der Hebung
zerschnitten. Da das Fahrzeug eine
fchwere und langwierige Arbeit zu
leisten hat, ist eg mit trefflichen Woh
nungen für die Offiziere und die Be
inannung ausgestattet
Der Sultan von -Sulu fährt in
seinem Automobil nur des Abends s
aus und dann nur vier Meilen per «
Stunde. Wie will der Mann je ein
guter Ameritaner werden.
X
Auweh-D schreckt-III
Eines Tages lud mich Tschelow zu
einem Besuche in dem Dorse Kutschsik
Koi ein, wo er ein kleines Grund
stück und ein zweistöcliges weißes
Häuschen besaß. Er zeigte mir
seine ,,Besitzung« und sagte dabei
lebhaft: »Wenn ich Viel Geld hät
xh würde ich hier ein Sanitorium
iir tranke Dorf chullehrer bauen. ch
würde, wissen ie, solch ein gro es
Gebäude errichten, mit sehr, sehr viel
Licht, mit großen Fenstern und hohen
Decken. Jch würde eine prächtige Bi
bliothet haben und verschiedene min
sitalische Instrumente und einen Bie
nengxirtem einen Obst- und Gewisse
txarten . . . Man könnte da Vorträge
ejber Landwirthschaft halten und iiber
Meteorologie . . . ein Lehrer muß
eben alles wissen, Väterchen, alles!«
Er schwieg plötzlich, hustete, blickte
mich von der Seite an, und auf sei
nem Gesichte erschien jenes sanfte, lie
benswiirdige Lächeln, das einen so
unwiderstehlich zu ihm hinzog
»Meine Phantasien langweilen Sie
»wohl?« sagte er. »Und ich verweile
sehr gern bei diesem Thema .
Wenn Sie wüßten, wie sehr das rus
sische Dorf eines tüchtigen, verstän
digen, gebildeten Lehrerstandes be
darf! Bei uns in Ruszland sollte man
dein Lehrer eine ganz besondere Stel
lung anweisen, und zwar müßte das
so rasch wie möglich geschehen . .
Man muß eben bedenken, daß ohne
umfassende Volksbildung ein Staats
wesen zerfallen muß, wie ein Haus,
das aus schlecht geb-rannten Ziegeln
errichtet ist. Der Lehrer soll ein Mei
ster in seinem Fache, ein seinem Be
ruse begeisterungsvoll ergebener
Künstler sein — bei uns aber ist der
Lehrer ein Tagelöhner, ein mangelhaft
vorgebildeter Mensch, der mit demsel
ben Gefühle die Dorftinder unterrich
ten geht, wie wenn er etwa in’s Exil
müßte. Er ist verhungert und ver
schüchtert, er zittert bei dem bloßen
Gedanken, dafz er sein elendes Stück
chen Brot verlieren könnte . . . Statt
dessen sollte er der erste Mann im
Dorfe sein, sollte befähigt sein, dein
Bauer auf alle Fragen die rechte Ant
wort zu geben, damit der Bauer in
dein Lehrer einen einflußreichen,
wichtigen Faktor respektiren lerne,
und Niemand ihn anzuschreien und zu
deiniithigen wage, wie dies heute Ze
oerrnanu sich herausnimmt: der o
lizeibeanttc, der reiche Krämer, der
Vope, der Districtscommissär, der
Schulturator, der Ortsvorstand und
jener Beamte, der den Namen eines
Schulinspettors trä t, jedoch nicht auf
die Förderung der Zoltsbildun, son
dern nur auf die pünktliche rledi
g: ins der Cirtulare bedacht ist. Jst
I nickt absurd, daß man einen Men
schen, der zur Erziehung des Volkes
is- versicker- Sie wohi? —— zur Er
;iehung des Bolkest berufen ist, aufs
jämnierlichste bezahlt? Man sollte es
nicht leiden, daß dieser Mensch in
Lumpen einhergeht, daß er in den
feuchten Schulbaracken, durch deren:
Ritzen alle Winde pseifen, vor Kälte
zittert. in Kohlendunst erstickt, Erkal
tungen ausgesetzt ist und mit dreißig
Jahren an Laryngitis, Rheumatis5
mus, Tuberkulose schwer erkrankt ist?
Schämen sollten wir uns sol- »
cher Huftäridel Acht, neun Monate im
Jahre bringt unser Dorflehrer wie
ein Einsiedler zu, spricht mit keinem
Ellienfchen ein Wort, wird in der Ein
fainteit,ol1ne Bücher, ohne Zerstreu
ungen Völlig stunipssinnig. . Und
lädt er fiel-, ein paar Kollegen ein,
dann bescksutdigt nian ihn wieder po- ?
litischer Unzuverliissigteit . . .« ein thö: ’
richteg Wort, mit dem gewisse Schlau
oerger ore Dunnnropie schrecken.
Höchst widerwärtig ist das alles-»
als wenn man sich iiber einen Men
schen, dem eine so grosze und wichtige
Aufgabe zufällt, lustig machen woll
te . . . Wenn ich einen unserer Leh
rer sehe, schäme ich mich vor ihm -—;
daß er so zaghast ist nnd so schlecht
gekleidet . . . und ich habe die Empfing
dung, als triige ich selbst an dieser
Armuth unseres Lehrers mit die
Schuld . . . in allem Ernst!«
Er schwieg, versank in Nachdenken
und sagte dann leise, mit resigniren «
der Geste: «
»Ein zu verdrehtes, plumpes Land «
s- unser altes Rußlaan . .
Mehr als einmal sagte Tschechow
Jl! mlcs
»Hier ist ein Lehrer angekommen ..
e: ist trank, hat Frau und Kinder . »
Können Sie nicht irgend etwas siir
ihn thun? Vorläufig habe ich ihn hier
untergebracht . . .«
Oder: ,,Hören Sie, Gorki — hier
ist ein Lehrer, der Sie gern kennen
lernen möchte... Er ist krank und
kann nicht ausgehen... Wollen Sie
ihn nicht einmal besuchen?«
Oder:v«Da bitten mich ein paar
Lehrerinnen, ich möchte ihnen Bücher-»
schicken....«
Bistveilen traf ich diesen Lehrer bei
ihm persönlich an: er saß gewöhnlich
aus dem Stuhlrand, höchst verlegen
im Bewußtsein seiner Unbeholsenheit,
und suchte im Schweiße seines Ange
sichts nach Worten, um ja recht glatt
und ,,gebildet« zu sprechen- Oder er
überschiittet Anton Pawlowitsch, um
nur ja in seinen Augen nicht dumm
zu erscheinen, mit einem Schwall von
Fragen, die ihm bis dahin kaum in
den Kopf gekommen sein mochten.
Anton Patvlowitsch hörte mit Aus
mertsamteit die wenig unterhaltsame
Rede. an und begann dann selbst ein
fache, tlare, lebenswahre Worte zu re
cei, die den Besucher mit einem Male
aus aller Verlegenheit beseeiten.
Ich erinnere mich eines Lehrers,
den ich einmal bei Tschechotv antraf
—- es war ein hochsewachseney hage
rek Mensch mit gel em, verhungertem
Gesicht und lan er, melancholisch nach
dem Kinn hera gebogenen Nase. Er
saß Anton Pawlowitsch gegenüber,
sah ihm mit seinen schwarzen Au n
starr in’s Gesicht und sprach sit-Fee
mit seiner tie en Baßstimme: » us
solchen und ähnlichen Lebenseindrii
cken bilden sich schließlich im Laufe
der Pädagogischen Saison ein psgzsichoi
logisches Konglomerat, das jede dg
lichleit eines objektiven Verhaltens ge
genüber der umgebenden Welt abso ut
ausschließt. Die Welt ist in der
That ja nichts anderes, als lediglich
Eie Vorstellung, die wir von ihr ha
en . . .«
Hier begab er sich auf das Gebiet
der Philosophie und begann darauf
bin und her zu schwanken wie ein
Trunteiier aus dem Eif.
,,Sagen Sie einmal,« sra te Tfche
chow leise, in freundlichem one, »in
Jhrem Kreise soll es Lehrer geben, die
die Kinder schlagen?«
Der Lehrer sprang vom Stuhle auf
und begann aufgeregt mit den Armen
zu fuchteln. .
»Was sagen Sie da! Jch vielleicht?
Niemals! Schlagen?«
Und er schnaubte förmlich im Ge
siihl der Kränkung.
»Beruhigen Sie sich nur,« fuhr An
ton Pawlowitsch mit einem beschwich
tigenden Lächeln fort, ,,rede ich denn
von Ihnen? Jch erinnere mich nur,
in der Zeitung gelesen zu haben, daß
; da irgend jemand die Kinder prügelt,
i und zwar gerade in hrem Kreise . .«
Der Lehrer setzte ich, trocknete den
iSchweifz von seinem Gesichte und
Isprach, erleichtert ausathmend, in sei
! nem dumpfen Baß:
»Ganz recht.... wir hatten ein
mal einen solchen Fall... Da war
sein gewisser Makarow.. Aber wissen
sSie: es war wirklich kein Wunder!
FES war eine Rohheit, aber doch sehr
»erklärlich. Der Mann ist verheira
thet .. hat vier Kinder . . . seine Frau
ist irank.·. er selbst hat die
Schwindsucht . . . sein Monatsgehalt
beträgt zwanzig Rubel... und die
Schule ist der reine Keller, der Leh
rer wohnt in einem einzigen Zimmer .
Unter solchen Umständen kann sich
ein Mensch an Engeln ver reifen...
und die Dorfbürschchen siznd, weiß
Gott, keine Engel... glauben Sie
mir’H!«
Derselbe Mensch, der eben noch er
barmungslos seinen ganzen Vorrath
an ,,gebildeten« Worten über Tsche
chow ausgeschüttet hatte, brachte plötz
lich, während seine Adlernase bedeut
sam in der Luft auf- und niederfuhr.
in wuchtigen, klaren, grell beleuchten
den Worten all den Fluch und Jam
mer zum Ausdruck, in dem das russi
sche Dorf hinvegetirt . . ..
Beim Abschied nahm der Lehrer
Tschechows magere, kleine Hand mit
den feinen Fingern in beide Hände und
sprach, sie kräftig schüttelnd:
»Ich ging zu Jhnen wie zu einem
Vorgesetzten . .. schüchtern und bebend
. .. ich sträubte meine Federn wie ein
Puter, um Jhnen zu zeigen, daß ich
lein Tropf bin... Und nun gehe ich
von Jhnen wie von einem guten Men
schen, der mir herzlich nahe steht und
alles begreift... Alles begreifen —
o, das ist ein großes Ding!... Jch
danke Jhnenl Und ich nehme einen gu
ten, schönen Gedanken von hier mit:
daß nämlich große Männer einfacher-,
verständlicher nnd in ihrem Wesen.
unsereinem verwandter sind als die
Jammermenschen, unter denen wir le
ben... Leben Sie wohl... niemals
werde ich Sie vergessen . . .«
Seine Nase zuckte, um die Lippen
spielte ein gutmüthiges Lächeln, uns
unerwartet fügte er hinzu: ,,Schließ
lich sind ja auch die Schufte —- un
glückliche Menschen .. der Teufel mag
sie holen!«
Als er uns verließ, blickte Anton
Pawlowitsch ihm nach und sagte lä
chelnd:
»Ein prächtiger Mensch .. Er wird
nicht lange Lehrer sein . . .«
»Wes:«halh nicht?«
»Sie werden ihn hetzen und schließ
lich aus dem Amt jagen . .
Und nach kurzem Sinnen fügte er
hinzu:
»Jn Ruszland spielt der ehrliche
Mensch eine ähnliche Rolle wie der
Schornsteinfeger, mit dem die Ammen
die Kinder schrecken . · .«
Maxim Gorli. ;
-qs-f —
« UnterseebootsMäuir.
Aug London wird berichtet: Zu der
»Besatzung« eineg britischen Unterseei
booteg werden in Zukunft auch immer
drei weiße Mäuse gehören. Sie wer
den sogar in den Schiffsbiichern ge
führt; ihr ,,Dienst« besteht darin, daß
man mit ihrer Hilfe Dämpse, die den
Gasolintants entströmen, sofort fest
stellen will. Die weißen Mäuse haben
besonders empfindliche Geruchsnerven.
Holland, der amerikanische Erfinder
der Unierseeboote, erkannte, wie
werthvoll sie infolge diese-r Eigen
schaft fiir Unterseeboote sein können,
wo das geringste Entweichen aus den
Gasolintantg verhängniszvolle Fol en
haben kann. Deshalb hat die br ti
sche Admiralität die weißen Mäuse
jzum Dienst herangezogen Die Mäu e
sind in einem kleinen Käfig unterge
bracht, der in der Nähe der Gasolcns
-tank5 hängt; sie werden gut versorgt
und genau beobachtet, wenn die Unter
seeboote fahren. Fan en die Mäu e
an zu quieten, so it es «eit, die
IGasolintants nachzusehen. ie Ma
» trosen verhätscheln die Thierchen phr,
lso daß sie ganz zahm geworden nd
Die Unterseeboote aber führen jeßt
mit einigem Recht den Spißnamen
«Mausefallen«.
J