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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 14, 1905)
Yeöraska ZtUUtIsZLUzejger UUU THUUUÜI J. P Windolph, Herausgehen-. Grund Island. Nebr» 14. Wi 1905 ( Zweiter Theil) JUhrgangZ) No. 46 Wem-lich Wend’ ich meinen Blick zum blauen Unbegrenzten Oinrmelszelt, Wird von wunderbarem Schauen Oft die Seele mir erhellt. Vor des innern Lichte-S Scheine Schwindet plötzlich Zeit und Raum, Blick ich aus das ewig Eine Aus der Dinge dunklem Traum. Wurzeln schlag’ i tief im Grunde, Sterne sind der infel Zier. Und der Welt geheime Kunde Strömt durch alle Adern mir. Ob das arme Jch verloren Wie der Brandung Schaum ,3erschellt, Gleich dem hönix neu geboren Wird mein ist zum Geist der Welt. Une- siießts Eine Stizze von Olaa Psalde -—— Die Kleinstadi war in Ausre ung, denn die neue Frau Bürgermeisterin gab ihre erste Kaffeegesellschaft. Ganz abweichend von der Sitte, nur selbst gebactenen Kuchen vorzusehen, hatte diese nach Großstadtart ihre Bestell unaen beim Konditor gemacht, diesen damit aufs höchste beglückend. Allen, die in sein Geschäft lamen, flüsterte er zu, was siir eine seine und verständige Frau die-'neue Bürgermeisterin sei, man metle doch gleich, daß sie aus der Großftadt tomme, und wie gutes sein würde, wenn gewisse alte Zöpfe, die» Handel und Wandel hemmten, durchs idhr Beispiel in Wegfall kommen wür- ; en. s An diesem denlwiirdiaen Nachmit taa schmückten sich alle Damen der Ge sellschaft aufs besie, manche sahen recht aut, viele-sehr geschmacllos aus. Die schon etwas verbliihie Tochter des Apotheters tadelte an ihrem neuen Kleide herum und schalt ausMinchen Wurzel, die vielbegehrte Schneiderin des Städtchens, welche allerdings mehr guten Willen als Geschick besaß. Dazwischen lief das Fräulein bestäti dia ans Fenster, um ihre neueste Hoff nung, den Assessor, nicht su versäu men; hätte sie geahnt, das; dieser ihre letzte und zugleich vergebliche Hoff nuna sei, würde sie sich diese Mühe nicht aemacht haben. ( tote sich im Bürgermeisterhaus ziemlich formlich, wenn schon sehr höflich und liebenswürdig Die Hausfrau. deren Gotte vorher Stadtrath in einerGroß stadt gewesen war, fand sich nicht leicht in dieser engen Welt zurecht, sie war geistig allen überlegen und fürchtete2 immer anzustofzen. Als die Damen nach ermüdenden » Komplimenten und vielem hin und her » endlich ihre Plätze eingenommen hat-— . ten, machte der Kuchenteller zum ersten Mal die Runde, das unglückselige Dienstmädchen aber hatte vergessen« bei der Frau Obervfarrer anzufangen » und erhielt deshalb von einigen An i Der Empfang aller Damen gestal i i l wesenden vernichtende Blicke zugewor sen. Mit großer Vorsicht lostete man den Kuchen, doch die Mienen verklär ten sich und lobende Bemerkungen wurden laut, nur eine ganz besonders fest an alten Gebräuchen hängende Dame fürchtete, sich den Magen zu’ verderben, weil doch belanntlich be stellte Backwaare mit Margarine her gestellt wiirde. Die Unterhaltung be- » wegte sich zwischen Dienstboten Kinderstubengeschichtem Oeirathsaus sichten und der letzten Predigt des be liebten Oberpfarrers hin und her· Die Wirthin seufzte nach innen und lächelte verbindlich nach außen, doch als sich das Gespräch nach Ratsch und Standalgeschichten hintoendete, wobei auch der Name des schönen Assessors, halb zum Entzücken, halb zum Entsetzen seiner ältlichen Verehre rin genannt wurde, hielt es Frau Bürgermeister fiir angebracht, tattvoll einzugreifen und den geehrten Anwe senden ihre siebzehnjährige blühende Tochter Margarethe, welche auf Fe rienbesuch vom Seminar da war, vor zustellen. Das junge Mädchen nahm» siir lurzeZeit Platz und bewies oielx Anmuth und Höflichkeit i »Ach, Sie armes Fräulein müsseni so viel lernen, wollen Sie wirklich Lehrerin werden?« fta te die Apothe terstochter. sich dabei Leiter als je in die glückliche Rolle der Assessorsgatttn bineindentend. Das junge Mädchen entgegnete: »Ich lerne ielyr gern und aus dem Se minar ist es hübsch, wir haben da auch nette Geselligieit, neulich feierten wir erst meinen Geburtstag und tanzten sogar.« Später-, als Margarethe den Kreis wieder verlassen hatte, bestürrnten sie die Mutter mit Fragen: »Warum lassen Sie die einzige Tochter fern von sich leben —- warum genießt sie die Jugend nicht —Sie haben es doch nicht nöthig, das einzige Kind in dumpfe Schuiituben einzusperreni Andere bedauerten: »Gott im Him mel, teine Tanzstunde —, lein Kränz chen, keine tleine Schülerliebe —- am Ende, o Entsetzen « teine Gelegen heit, sich zu verheirathen! —" Frau Bürgermeister hatte alles ruhig iiber sich ergehen lassen, jept hob sie den Blick, der so viel Schirm-ein Tiefe, Festigieit, aber auch stille Trauer barg und antwortete: »Meine Damen, bleiben wir bei dem letzten Ausspruch: teine Gelegenheit, sich zU verheirathen, stehen, gerade dies wün sche ich sitt mein Kind, denn mir ist eine andere schöne, be abte Tochter durch eine unglückliche he u runde gegangen, meine zweite wi ch vor einem solchen S iclial bewahren« Zuerst legte si ein Schwet en tiber den Kreis, dann äußerten ein ge Mit gefühl, Berftändniß und Theilnahme, andere Neugier. «Wiirden Sie uns vielleicht etwas - mehr iiber Jhre traurigen Erfahrun gen mittheilen?« bat man. »Warum nicht, wenn auch nur die Umrisse der schmerzlichen Geschichte. Wir erzogen unsere älteste Tochter Johanna wie alle Mädchen noch vor kurzem erzogen wurden: fiir die Ehe. Sie hatte die Töchterschule mit Aus zeichnung verlassen, ihre Studien in einem Pensionat fortgesetzt und sich in der Tanzstunde vortrefflich amiisirt, der gewöhnliche Verlauf· Einladun gen, etwas häusliche Arbeit, Theater gute Lettiire füllten ihren Tag aus. Als sie neunzehn Jahre alt war, warb ein Mann um sie, er war vermögend, älter und schien uns vertrauenswür-" dig. Außer einer gediegenen Ausstat- » tung konnten wir unserer Tochter» nur-ein Nadelgeld zusagen, daher war uns ein Freier, welcher tein Vermögen » lseanspruchte, willkommen. Meine; Tochter liebte den Mann und mit der! ganzen Illusion ihrer Jahre hielt sie ihn fiir edel, ritterlich und ideal, so war sie eine glückliche Braut und er nicht unliebenswiirdig als Bräutigam. Jn der Ehe änderte er sein Benehmen nur zubald, er spielte den brutalen Haustyrannen, lebte seinen Gewohn heiten weiter, ließ seine Frau infolge dessen viel allein und bewies ihr nur zu deutlich seinen bloß auf alles realei gerichteten Sinn. Auch tadelte er ans ihr herum, sie sei keine Hausfrau, sie verstehe nicht zu sparen u. s. w. Bei einein solchenS -tiret frug sie ihn be-j bend, ob er denn nur eine Haushälte- « rin in ihr erblicke, sie habe sich freilich die Ehe anders vorgestellt, er aber antwortete darauf brutal: ,,Jn erster. Linie ja, wir Männer heirathen, wenn wir des freien Lebens müde sind und uns nach Ordnung sehnen, gute Küche ist das beste Bindemittel der Ehe, alles T andere ist Mumpilz!« Diese Worte zerschmetterten das Herz meines Kindes. Johanna sah alle ihre Jllusionen verschwinden, sie sah sich erniedrigt, betrogen. in den reinsten Gefühlen ihrer jungen Seele beleidigt. Dann, als das Kind, wel ches sie erwartete, todt zur Welt lam, wurde sie trübsinnig, zuletzt artete der ustand in Wahnideen aus, sie hielt ich siir die Wirthchasterin ihres; Mannes- uno weil sie mit ihm leben müsse, für ein gesallenes Weib. Wirt mußten sie in eine Anstalt bringen — niemals lehrte sie von da zuriick — Gott erlöste sie.« —- l Keine der anwesenden Damen wagte das Wort zu ergreifen, endlichl entschlos; sich die Frau Oberpfarrer, gewissermaßen hier angesichts dieses» Kummers das Amt des SeelsorgersL zu vertreten, sie sprach infolgedessen auch sehr salbungsvoll: »Meine ver ehrte Frau Bürgermeister, Sie haben ein schweres Schicksal durchlebt, eine Wunde ward Ihnen geschlagen, die. niemals ganz verheilen wird, doch desi Herrn Gnade wird alles Glück neu siir s Sie erstehen lassen in Jhrer zweitenl Tochter.« » Das Auseinandergehen war herz licher als das Kommen, man wußte nun, die »Neue« hatte auch ein Ge-» spenst irn Hause. das brachte sie den; anderen näher. Still und emsig räumte dce Gast geberin dann den Tisch ab, das Er zählte wirkte noch in ihrer Seele nach. Da fühlte sie sich von den·Armen Margaretheng umschlungen. »Bist du vergnügt, Matti, war es nett?'« Jhre helle Stimme belebte, die Mutter sagte lächelnd: »O ja, ganz nett so weit hier, mein kleines Lecker mäulchen, sind noch Wasseln, inmm sie dir.« ? »Dann —- Muttchem ich habe un Tterdessen solch netten Brief erhalten, es stehen auch viele Empfehlungen an dich und Vater darin." »So, von wem s—— Grete, sei vor sichtiger mit dein kostbaren Kuchen lorb!« »Ach, Mutter, laß doch das lang weilige Ausräumen fest, ich möchte dir gern etwas sagen, aber du mußt sehr lieb sein, nicht so streng wie neu lich, als mir der Assessor ein wenig den Hof machte, dente dir, er schreibt, daß er schon am Sonntag kommt, wie hatten eigentlich für später abgemacht, aber er meint, daß er es nicht mehr aushalten tann.« Jetzt wendete die Mutter nun doch ihre volle Aufmertamleit auf die ge heimnißvollen Reden ihrer Tochter ,,Wer schreibt, wer kommt Sonntag, wer hält es· nicht mehr aus?« frug sie und die Zunge wollte ihr dabei nicht mehr gehorchen. »Der Kandidam »Ah so —- blosz der —- ich dachte schon —- nun wenn der Herr hier zu thun hat, so müssen wir ihn eben ein taden, da sagtvst mir mal, er habe shier ein Interesse und ich fand das schon damals komisch, daß er dir das erzählt, wer ist denn eigentlich die Dame?" - Gretchen lachte laut aus. »Du sti ßes Muttchen, das bin ich, ich selbst —- wir lieben uns rasend, er kommt um bei euch um meine Hand anzuhal ten.« Die Mutter war keines Wortes mächtig, sie sank auf einen Stuhl, stützte schwer den Kon in die Hand und stieß dabei den Sahnenkrug um, eine weiße, fettige Fluth ergoß sich auf die schöne gestickte Tischdeckr. »Alles fließt!« rief Gretchen aus. »Ja alles fließt ,——— das Schicksal nimmt seinen Lauf —«, murmelte die Mutter fassungslos, dann die Hände wie zum Gebet faltend, setzte sie hin kuxk »Der Mensch denkt ——— Gott en t.« - Jn der Hitze. Humoreske von K a rl P a u l i. Der Oberst von Kühling war einer der schneidigsten Soldaten in der gan zen Armee. Er war in allen Sätteln gerecht, war ein vortrefflicher Frontoffizier, sowie ein ausgezeichneter Strategr. Jm Generalstab hieß es allgemein, er könne sehr viel, und in seinem Regi ment, er könne alles. Er konnte auch, was »zum Dienst und Militär gehört, thatsächlich alles, nur eines nicht — reden. D. h. er konnte schon reden, er redete sogar ganz gut, aber wenn er zu reden an fing, redete er sich derartig in die Hitze hinein, daß er gewöhnlich etwas ganz anderes sagte, als er eigentlich zu sa gen beabsichtigte. Der Oberst kannte seine Schwäche aar wohl und hütete sich, unnöthiger weise Reden zu halten, allein manch mal war es doch in seiner Stellung unerläßlich. Zwar die Rede, die er am Kaisers Geburtstag zu halten hatte, genirte ihn wenig, da brauchte ser nicht viel Worte, seine Soldaten und Ossiziere hatten alle nur eine Meinung, und wenn der Oberst sein Glas erhob und ries: ,,.Kameraden, unser gnädigster Kaiser-, unser oberster Kriegsherr, er lebe hoch! hoch! und zum dritten Male hochl« so wirkte das mehr, als wenn ein anderer drei Stun den aesvrochen hätte. Aber es gab auch andere Veranlas sungen, wo er nicht umhin konnte, öf sentlich zu sprechen, da blieb denn nichts übrig, als daß er sich die Reden vorher augarbeitete und sich den Text genau einprägte. Zum dritten gab es aber noch andere Gelegenheiten, Ivo ihm das Herz auf die Zunge trat und er zu reden wünschte, dag aber waren die gesährlichsten Reden, da gab’s ge wöhnlich Malheur, und das einzige Mittel, das er dagegen in’5 Feld siihs ten konnte, war die warnende Stimme seiner Gemahlin, die ihn in solchen Fällen leise mahnend, bei seinem Vor namen zu rusen pflegte. Das hals dann auch gewöhnlich, aber nicht im mer. Dieses letzten Umstandes wegen bat denn auch die Frau Oberst ihren Mann, am Tage der Hochzeit ihrer jüngsten und einzigen Tochter mit ei nem Ossizier des Regiment5, recht in ständig, heute Abend ja auf ihren Zu rus zu achten. »Aber ja doch, gewiß, natürlich, liebe Elise!« entgegnete der Oberst, »aber jetzt entchuldigst Du mich wohl einen Augenblick, ich muß nur mal nach der Raserne hinüber!« Auf dem Kasernenhof begegnete ihm der Unterossizier Schulz. — Schulz war ein Liebling des Obersten, weil er ein stranirner Soldat und ein tüchtiger tkrerziermeifter war. Des halb hatte er ihm auch alle Einjähri gen zum Ausererzieren gegeben und swar mit der Leistung des Unterosfi Hiers außerordentlich zufrieden. Heute in der freudigen Stimmung, in der er sich befand, war es ein Bedürfniß sei nes Herzens, auch andere fröhlich zu machen, deshalb rief er den Unterossis zier an und sagte, als dieser in strams mer Haltung vor ihm stand: ,,Hören Sie mal, lieber Schulz, ich muß Ih nen meine Zufriedenheit aussprechen, Sie haben aus den Einjährigen in der kurzen Zeit alles gemacht, was sich machen ließ. Sehen Sie mal, die jun gen Leute sollen in einem Jahre zwei mal soviel lernen, wie die anderen in zwei Jahren, und das will eben ge macht sein, dazu muß man sie eben einem Unterosfizier anvertrauen, der stramm ist und nicht bummelt. Denn stranunl stramrn! muß der Soldat sein und —« hier schwoll die Stimme merklich an — »das ist eben einfach Jhre Pflicht und Schuldigkeit, daß Sie ihnen das beibringen, dazu sind Sie Soldat! Dazu dienen Sie in meinem Regiment! Hier dulde ich keine Schlappheit! Merlen Sie sich das, Herr! Der Kuckuck soll Jhnen in die Knochen fahren, wenn Sie mir die Kerls verpfuschenl Sie sind ver-; antwortlich, daß das Soldaten wer-C den, wie ich sie brauche! Verstehen Sie mich, Herr? Und wenn Sie das nicht fertig kriegen, dann fliegen Sie in’g Loch! in’s Loch! damit Sie über die elendigliche Bummelei nachdenken lernen! Wegtreten!« schrie er zuletzt noch den in maßloser Verblüffung da » stehenden Unteroffizier an, und schritt säbelrasselnd und sporenklirrend wei ter. Plötzlich fiel ihm ein, daß er ja dem Unterossizier seine Anerkennung hatte aussprechen wollen. Hm, da war die Zunge wieder mal schön mit ihm durchgegangen, das mußte er gut machen. Er drehte sich daher um und ries: ,,Unteroffizier Schulzik »Herr Oberst!« »Sie wissen also jetzt, daß ich sehr zufrieden mit Jhnen bin!« ,,Zu Befehl, Herr Obers «, antwor iete Schulz, der lange genug Soldat war, um von allem überzeugt zu sein, von dem seine Vorgesetzten überzeugt waren. »Dann nehmen Sie mal diese fünf Mart und trinken Sie auf das Wohl meiner Tochter eine Flasche Wein!« »Ja Befehl, Herr Oberst!« »Danke Jhneni« und wieder fchritt der Oberst rasselnd und llirrend da hin, aber ein fröhliches Lächeln wie vorhin umspielte seine Lippen. — Die Hochzeit fand im Kasino statt. Alles war aufs glänzendfte verlau sen, als das Gastmahl sich beinahe sei nem Ende zuneigte. Da schlug der Oberst plötzlich an sein Glas und er- l shob sich: »Meine Damen und Herren, werthe Gäste!« begann er: »Thr·cinen derRiih rung schicken sich nicht für einen Mann nnd Soldaten, aber glauben Sie mir, das Herz wird einem schwer, wenn man das letzte, geliebte Kind, das man mit Milbe und Sorge großgezogen hat, aus dem Vaterhause scheiden sieht, und nur ein Trost bliebt ung betrüb iten und traurigen Eltern, daß wir sunser Kind einem Ehemann von der Qualität unseres Schwiegersohneg iibergeben dürfen, das vetampft nicht snur Betrübniß und Trauer, nein, das verwandelt sie in Freude und Fröh lichkeit. Ja, mit Freuden lege ich meine letzte Tochter, das Nesthätchen, in die Arme dieses braven Mannes, den ich kenne, wie kein anderer, weil ich weiß, daß ich, will mich unser Herr gott zur großen Armee abberusen, heiter die Augen schließen kann, weil ich mein Kind an der Seite eines Man nes weiß, dem die Pflicht iiber alles geht. Und das muß sie dem Soldaten, erst die Pflicht gegen Kaiser und Reich, dann die Pflicht gegen das Regiment und die Pflicht gegen sein Haus und die Seinen, und wer diese drei Pflich ten nicht erfiillt, der ist ein Lump! Das sage ich von jedem, und wenn es mein eigener Schwiegersohn wäre. ; Oder glauben Sie vielleicht, ich wiirde lSie mit anderen Augen ansehen, weil J Sie meine Tochter geheirathet? Glau ben Sie deshalb die Pflichten gegen Jhr Vaterland vernachlässigen zu dürfen?« ,,Ostar, Ostar!« flehte die Fraul Oberst, aber er hörte sie nicht; stumm,j mit schreckensblassen Gesichtern den Sprechenden anstarrend, saß dieTisch I gesellschast da, er achtete es nicht, hoch roth vor Muth ini Gesicht, schrie er mit Donnerstimme: »Herr! Was bilden Sie sich ein?! Halten Sie mich fiir bestechlich? Jch dulde teine Bevorzugung! Jn meinem Regiment verlange ich gleiche Pflicht nnd gleiches Recht fiir alle! Herr, Sie haben Jhre Pflicht zu thun, oder dieser oder jener soll Sie srilassirenl Sie tragen des Königs Rock, sind Of fizier nnd in meinem Regimentl Wis sen Sie nicht, was das bedeutet, die sem Rock, diesem Stand, diesem Regi inent Schande machen? Das heißt ein Elender, ein Feigling sein, das heißt, ein Verbrechen begehen, auf dem der Tod, die Degradation steht! Und das sollte ich an Jhnen erleben? Nie mals! Niemals! Hören Sie, Herrl! Jch werde das zu verhindern wissen und sollte ich Jhnen mit eigener Hand den Degen durch den Leib stoßen! Au genblicklich geben Sie Jhren Degen ab und melden sich bis auf Weiteres zum Stubenarrest!« - Fast sinnlos vor Aufregung halte der erzürnte Regimentschef dieseWorte herausgestoßen. Jetzt wischte er sich den Schweiß von der Stirne und sah sich verwundert um. O weh, o weh, da hatte er wohl wieder mal ganz etwas anderes gesagt, als er sagen wollte! — Zugleich sah er feine Toch-: ter thränenüberströmt auf sich zukom men. Bestürzt ergriff er das Glas und rief: ,,Also trinke ich auf das Wohl meines Schwiegersohnes, des ehrenwerthesten Osfiziers unserer Ar mee!« »Hoch! Hoch! Hoch!« klang es ringsherum wie von einem Alp be freit, und jeder Herr beeilte sich, mit seiner Dame ein solebhastes Gespräch anzukniipfen, wie es irgend möglich war, um den üblen Eindruck zu ver mischen. Der Oberst aber sagte zu seiner Frau: »Sage mal, Elise, ich bin wohl etwas weit gegan«gen?« ,,Weit?« sagte die noch vor Aufre gung zitternde Dame. »Erst wolltest Du ihm den Degen durch den Leib rennen und dann gabst Du ihm Stu benarrest!« »Na, laß man!« sagte der Oberst, »ich gebe Dir mein Ehrenwort, daß ich nicht eher wieder rede, als- zur Hoch zeit unseres ältesten Enkelkindes. Da rauf laß uns mal anstoßen. Bist Du zufrieden?« Da nickte die Gefragte mit dem Kopfe und antwortete: »Ja, Oskar, da werde ich doch eine Reihe von Jah ren Ruhe haben!« Die zwei Wünsche. Eine kleine Geschichte von H a n s H o r i n a. Am Waldesrand lag ein Jiingling und weinte bittere Thränen. Stun denlang schlon schluchzte der Arme in sich hinein und die alten Waldbäume rauschten mitleidig dazu. Sie hatten das schon öfter niitangesehen, wie so ein Menschenkind jammern und kla gen tan, dem das Herz, so wie die sem da, so voll, ach so voll von Liebes sehnsucht und Liebesgram ist. Schon breitete sich nächtliches Dun tel über die Forste und noch immer lag der arme Junge dort und grämte sich um das Dirndl, das ihn nicht mochte. Da legte sich ihm eine sanfte Hand auf die Schulter und als er ausbliclte, sah er eine Waldsee vor sich stehen, die zu ihm sagte: »Dein Schmerz hat mein Herz gerührt, mein Sohn, um Dir zu helfen, will ich Dir zwei Wünsche gewähren, die, sobald Du sie augsprichst, sofort in Er füllung gehen werden!« —— Freudiger Schreck durchzuckte das Herz des ver liebten Knaben und ohne lange zu überlegen, rief er: »Fürs erste wünsche ich mir, daß die Anne-Marie, die Tochter vom Kreuzhosbauern, mein Weib wird und sure zweite wünsche ich mir recht viel Ge...« — »Halt!« siel ihm da die gütige Fee ins Wort, »mit dem zweiten Wunsch sei recht vorsichtig, mein Junge; spare ihn Dir sür spätere Zeiten!« lächelte sie und freundlich niclend entschwand sie sei nen Blicken. Der Jüngling aber jauchzte voll Freude, rannte ins Thal hinab und-— Wunder über Wunder! —- da kam ihm auch schon die Anne-Marie ent gegengeslogen, sagte nicht mehr, wie ehedeni, »Tappschädel!« zu ihm, son dern nannte ihn ihren lieben Heinrich und gab dein Glücklichen ein Busserl ums andere. Schon nach wenigen Wochen ward» Hochzeit gehalten und Heinrich, der junge Ehemann, war so glücklich, daß’ es ihm gar nicht einfiel, an den zwei ten Wunsch, den ihm die Waldfee vor behalten, zu denken. Kaum aber wa ren die Honiglnonde verstrichen, da mußte er zu seiner Betrübnis; sehen, daf; hinter dem hübschen Lärvchen fei ner Frau eineTeufelsfraize stecke, denn sie war über alle Maßen zanksüchtig verlogen und falsch. Um das Haus lvesen kümmerte sie sich gar nicht und dachte nur an Putz und Vergnügen. Auf die Tage voll Sonnenschein folgten nun für den armen Heinrich »Wochen und Monde der Trübsal, des ihm einmal das ewige Keier und Zanten seines Weibchens zu arg wur de, schlich er sich wieder, so wie da mals zum Waldesrand und weinte dort über sein Mißgeschick. Plötzlich fiel ihm ein, daß er ja noch einen zwei ten Wunsch habe . . . ,,Ach!« seufzte er ,,i wollt’, ich wäre die AnneiMarie los und ledigl« —« Da trachte ein Donnerschlag und -— ——— der Jüngling erwachte! Er hatte dies alles bloß geträumt, als er über seinen Liebesgram eingeschlafen war. Tief aufathmend, strich er sich übers Gesicht und ging frohen Mu thes ins Thal hinab. — — An die Anne-Marie dachte er aber nimmermehr! W Der Zugsltheer des alten Kai seis. Der langjährige Vorsitzende des ehemaligen königlichen Eisenbahn kommissariats, dem bis zum Jahre 1895 die sämmtlichen Privatbahnen unterstanden, Geheimer Oberregie rungsrath August Beusen, beging sei snen 80. Geburtstag Als der Sieb Ezigjährige vor einem Jahrzehnt aus dem Amte schied, beglückwünschten ihn die Kaiserin Friedrich, der Eisen bahnminister v. Thielen, Staatssekre tär v. Bötticher und andere zu seinem 50-jährigen Dienstjubiläum. Als Jn genieur hat es Herr Beusen zu einer Stellung gebracht, die sonst nur Juri sten anvertraut wird. Ursprunglich in hannoverschen Diensten, folgte er nach 1866 einem Rufe der preußischen Re gierung, die ihm den verantwortungs vollen Posten eines Eisenbahndirektors in Saarbrücken übertrug; während der Kriegsjahre 1870—-71 war dann Ge heimrath Beusen hervorragend an der Truppenbeförderung nach Frankreich betheiligt. So leitete er auch im Ver lause des Krieges die Sonderziige des alten Kaisers Wilhelm L, wobei er auch mit der kronprinzlichen Familie in enge Berührung kam. Später nach Berlin berufen, leistete Beusen dem früheren Eisenbahnminister v. May hach als eine Art ,,Nebenminister« für die Verwaltung der preußischen Pri vatbahnen die trefflichsten Dienste und soll von diesem auch zu seinem Nach folger empfohlen worden sein. Da mals aber siegte der Jurist. Noch heute hat sich der greife Jubilar die alte Geistesfrische und seinen Humor bewahrt. Ein Bratwurst-eh Der Schreibtisch des Fürsten Met ternich, ein Prachtstück aus Rosenholz mit Goldbeschlägen aus der Zeit Lud wigs XlY., ist von der Familie um eine Million Kronen in’s Ausland verkauft worden. Er kam, wie erzählt wird, als Geschenk Napoleons l. in den Besitz des Fürsten. Nach der Prager »Politik« war er bestimmt, mit mehreren anderen Werthgegenstän den in Form eines Fideikommisses dem Verkehr entzogen zu werden. Das Ministerium habe sich geweigert, dem Anfuchen der fürstlichen Familie, die bezeichneten Vermögensobjekte zu ei nein Fideikommiß zusammenzufassen, stattzugeben, weil es nicht in der Lage wäre, den hierzu nöthigen Gesetzwi tourf vor das Parlament zu bringen. Ein Streit, der sich über diese Vermö genstheile unter den Familienmitglie dern entspann, endete dann mit einem Vergleiche der Betheiligten, aus diesen Vermögensobjekten eine eigene Sub stitutionsmasse zu bilden. Bezüglich des Hauptobjekts, des kostbaren Schreibtisches, verfügte das Prager Landesgerichi, daß dem Vertreter des Fürsten Metternich der Auftrag er theilt werde, es bestmöglich zu verkau fen. Dem Prager Gericht lag bereits ein Angebot eines Pariser Liebhabers vor, der 800,000 Kronen für den Schreibtisch bot. Das Angebot wurde von dem Fürsten Paul Metternich nicht angenommen, da ein anderer unge nannter Bewerber 900,000 Kronen nnd später eine Million dafür bot. llm diesen Preis wurde dann der Schreibtifch verkauft. q Das Leben gerettet. Der Schauspieler Joseph Jefferson und General Sherman waren intime Freunde. Bei irgend einer Gelegenheit war der Schauspieler einmal im Hause des Generals, und als er nach einer gemüthlichen Unterhaltung fortging, fielen Shermans Augen auf ein Blatt Papier, welches unter Jesfersons Stuhle lag. »Jefferson«, rief er ihm nach, »ich glaube, Sie haben das hier berloren«, und brachte ihm das Blatt an die Thüre nach. Jefferson nahm es und erginsg sich in so lebhaften Dankesbezengungen, daß der General verwundert fragte, was denn eigentlich so groß zu danken sei. »Lieber General«, sagte Jesferson, »Sie haben mein Leben gerettet!« »Nun, lieber Freund«, sagte Sher man überrascht, »dann sind Sie sehr unvorsichtig wenn Sie solch’ wichtige Papiere so leichtsinnig bei sich tra gen.« Jefserson lachte und faltete das Blatt ausenander. Es war das Ma nuskript der ersten Seiten einer Selbst biographie, —-—— ,,Jesfersons Leben«. Aus der Rolle gefallen. Bursche: »Hier schickt der Herr Leutnant einen Waldblumenstrauß, den er eigenhändig siir das gnädige Fräulein gepflückt hat!« Fräulein: »Ach, das muß aber eine mühselige Arbeit gewesen sein?« Bursche: »O fa, er hat auch ge schimpft wie ’n Rohrspatz, als er nach Hause lam.« ,,Wohin wollen Sie denn Jhre Pocäizeitsreise machen, Herr Profes orssd Ach so! A.: »Das war das letzte Mal, daß ich den Haber zum Mittagessen einge laden habe. . .« B.: ,,Wieso? Hat er abgelehnt?« A.: »Nein, im Gegentheil . .. ange nommen hat ert«