Um der Mitgift willen. Original-Roman von Akthur sapp. (8. Windung-) Er legte einen Rachdeuck auf das ,Sie«, der der jungen Frau jedoch vollftiindig entging. Jhr brannte der Boden unter den Füßen. Sie verabschiedete sieh mit einem flüchti gen händedruck. Auf der Treppe mußte Clara eine halbe Minute ra sten und sich am Geländer festhalten, um nicht zu Boden zu sinken. Kein Zweifel mehr, ihre Heirath war von Axels Seite keine Liebesheirath, und die in ihrem Konto figurirenden 10, 000 Mark stellten den Lohn dar für Herrn -Haberlorns Bemühungen Sie griff sich an die fchmerzende Stirn und stöhnte. Aber dann biß fie die Zähne zusammen und be ang mit energischer Willens-an rengung den Taumel und die Schwäche, die fie anwandelien. Nun drauchie sie noch die Beweise und die unumftiißliche Gewißheit darüber, wer von Beiden, der KonsuL ihr On kel, oder Axeh ihr Gatte, die Hilfe des denn Haberlorn in Anspruch ge mmen hatte. Es waren nur wenige Schritte org zur hauptfiraße. Die Hausnuw mer erfuhr Clara von einem Vor iibeegehenden auf der Straße. Das Fieber glühte ihr in den Adern und das herz schlug ihr fo heftig, wäh rend sie die Treppe zur Wohnung des Herrn Haberiorn hinaufschritt, daß fee alle paar Stufen Halt machen mußte. Oben öffnete ihr ein Dienst mädchen, die sie auf ihr Begehr in das Gefchäftszimmer des Herrn Ha bertorn führte. Clara fah sich einem älilichen ha geren Herrn gegeniiber. dessen ste chende, forschende Augen und dessen lauernde, witternde Mienen ihren un williiirlichen Widerwillen erregten. Der Ekel stieg in ihr auf. Aber sie zwang sich zu der ruhigen Frage: «habe ich das Vergnügen Herrn Daderkorn zu sprechen?« Der Rentier dienerte höflich. Daß eine vornehme Dame feine Dienste in Artme zu nehmen kam, war eine Seltenheit. Jhm schwirrte etwas von einem großartigen glänzenden Ge schäft ifWomit kann ich Jhnen dienen, Insde Frau?« fragte er zuvorkon1 wend. feinen Besuch zugleich mit einer freundlichen Handbeioegung einla deud, auf dem bereit stehenden Stuhl Pius zu nehmen. Clara beqchtete jedoch die Einla dung nicht; ihre Absicht war, ihre Angelegenheit so schnell als möglich Du erledigen. »Ich bin Frau von Düringshofen,« begann sie ohne eine weitere Einlei tung. »Sie haben früher mit meinem Mann in Gefchäftsverbindung ge Mindenk Herr Habeetorn blickte überrascht auf. »Pardon!« ries er. »Jetzt erkenn ich Sie, gnädige Frau. Jch stand so wohl zu Jhrem Herrn Gemahl als auch zu Jhrem seligen Herrn Onkel, dem Herrn KonsuL in geschäftlichen Beziehungen Der Herr Konsul —« »Sie haben meinem Manne Geld geliehen?·« unterbrach ihn Clara un geduldig. Der Rentier lächelte süsslich »Nun ja, gnädige Frau. Jch bin dem herrn Baron einige Male gefäl lig gewesen. Der Herr Baron hat Alles gezahlt aus Heller und Pfennig. O, der Herr Baron ist ein Gentleman —·—— ein Ehrenmann ——« Die junge Frau schienen die Lob preisungen ihres Gatten aus diesem Munde nicht gerade angenehm zu be rühren, denn ihre Stirn runzelte sich unwillkürlich «Sie haben noch in —- in anderwei tiyr geschäftlicher Beziehung zu ihm gestanden,« sagte sie. während ihre Iassen Wangen sich dunkler färbten. Der Rentier machte eine Bewegung der Ueberraschung dann gab er sich den Anschein, als suche er in seiner Erinnerung und nun zuckte er mit den Achseln «Daß ich nicht wüßte, gnädige Freud' Aber Clara sah ihn nun ihrerseits scharf und durchdringend an. Und so sehr-sie auch innerlich von Abscheu er . Æstvairysie brachtees doch fertig, zu Nin und in leichtern, fast heiterem Its zu sagen: »Sie brauchen vor mir M Dei-Wie qupielem Herr habet M M Wenn hat rair Alles er M und H weih daß ich mein Gliick MADE . s- den kleinen grauen Augen des -Wmiiileri blitzte es aus; tier ist nächsten Moment zeigte er M eine verständnißlose, ungläu Usi W. · M verstehe Sie viehi, gnädige W« ers-idem er direkte Mist neu-sie eine Weste der Unge W ZU M- MS si- M argwöh Æi W« Mem Zuch- visit so rasch zu einem offenen Geständnisz bringen würde. Sie fette sich, und mit der den Frauen in allen Lagen ei genen Berstellungslunst fuhr sie fort, eine freundliche, zutrauliche Miene heuchelnd: »Ich bin gekommen, um Sie um Jhren Beistand zu ersuchen, wie es seinerzeit mein Mann gethan. Jch habe nämlich eine Freundin —- sie ist schon vierundzwanzig Jahre, und ich mischte sre recht bald so glücklich sehen, wie ich selbst es bin.« Ueber das Luchsgesicht des Hei rathooermittlers glitt ein rasches Aus leuchten. Er neigte sein Haupt, um sich kein Wort entgeQn zu lassen und hörte mit Spannung und Interesse öU " »Der Herr Baron hat Jhnen also erzählt —?« fragte er, dennoch vor sichtig zurückhaltend. Alles hat er mir erzählt,,« fiel Cla ra mit trampfhaftee Hast ein, »wel chen Antheil Sie an dem Zustande kommen unserer Heirath hatten, und auch das hat er mir mitgetheilt, daß Jhre Bemühungen mit dem Betrage von zehntausend Mart belohnt wur den und zwar am zwölften November achtzehnhundertsechsundneunzig.« Herr Habertotrn saß einen Augen blick starr vor Ueberraschung- Dann aber erhob er sich und eilte mechanisch an seinen eisernen Geldschrant, dem er sein Hauptbuch entnahm. Er legte den gewichtigen Folianten aus den Tisch und blätterte. »Es stimmt,« sagte er endlich, »am zwölften November war es, achtzehn hundertsechsundneunzig.« Ein Schatten senkte sich plötzlich auf seine markirten Züge, während er hin zufügte: »Eigentlich hätten es zwan zigtausend sein sollen, aber der here Konsul hat mir die volle Hälfte abge zwackt, ganz gegen den Vertrag, den ich mit dem Herrn Baron geschlossen hatte.« Ein leichtes Noth stieg in die mage- " ren Wangen des Heiraihsvermittlers. Die Erinnerung an den Verlust schien ihm noch heute, nach zwei Jahren, großen .- Verdruß zu bereiten. Er hatte sich ganz in Eifer geredet. Wo zu hätte er sich auch noch Zwang aus erlegen sollen, da die Dame ja doch in Alles eingeweiht hatte. Und so er zählte er, seinem grollenden Herzen Lust machend, weiter: »Der Herr Ba ron war ja ein Kavalier und hätte mir gewiß von selbst keinen Pfennig abgezogen, aber der selige Herr Kon sul war mehr Geschäftsmann, und ein paar Tage vor der Verlobung ließ er mich zu sich kommen. »Herr Haber iorn,« sagte er zu mir, »es ift ein Sündengeld, das Sie bei der Sache verdienen, fünf Prozent von vierhun derttausend Mark. Der Baron hätte sich nicht zu einer so Unverhiiltnißmä ßig hoben Provision verpflichten sol len. Jch bitte Sie, Frau Baronin, fünf Prozent! Was sollte ich machen? Jch befand mich in einer Zwangslage, denn der Herr Konsul erklärte mir allen Ernsteö, wenn ich nicht minde stens die Hälfte nachließe, so würde er nie nnd nimmer seine Einwilligung zur Verlobung geben Sehen Sie, Frau Baroninz so kam ich um zehn tausend Mart.'« I Herr Habertorn strich mit der zit ternden Hand iiher die fchweißbedectte Stirn. Die Erinnerung an die ihm widerfahrene Unbill hatte ihn tief er regt. Zehntaufend Mart mehr oder weniger! Es war keine Kleinigkeit ge wesen. Clara athmete schwer. HeißeScham und würgender Ekel stieg in ihr auf. Ihr Geschick, ihre Ehre war zum Ge genstand eines Handelsgefchäftes ge macht worden. Die Gestaltung ihrer Zukunft hatte von der Höhe gewisser Prozente abgehangen. Sie hatte die Empfindung, als ginge ein Riß durch ihre Seele und als erfrarre ein Gefühl in ihrer Brust, das sie bisher mit Wärme und Luft und Freude erfüllt hatte. Aber mit übermenschlicher Willensanftrenqung beherrlchte sie sich. Aeußerlich ganz ruhig, während sich keine Muskel in ihrem Gesicht bewegte, redete sie den ihr Gegenüberstehenden an: »Ich bedauere, Herr Habertorn, daß Ihnen vorenthalten worden ift, was Ihnen nach hrer Erllärung rechtlich zukam. Al o mein Gatte hatte Ihnen wirklich fiinf Prozent zu gesagt?« Der Heirathsoermittler schlug in der Erregung mit der Hand auf das vor ihm lie ende Buch. «Fiinf rozent Ihrer Mitgift! Wenn ich Ihnen fage, gnädige Frau Jch hab-i ja fchwars auf weiß.« Er eilte abermals nach feinem Gewfchrant und lramte eine Weile in feinen wichtigen Geschäft-passieren Endlich brachte er ein Schriftftäel W Viertel-ein« mit dein er zu der in heimlich-r Spannung Berharrenden suriicktehrte . « »Sieh Frau Baronrnlk rief er tei unwhirteäd Jeden Sie selbst; fiinf Proz-n . Das Herz fchlus der un lückli en Frau bis sum hafe hinauf und ie Buchstaben verschwammen vor ihren flimmernden Blicken, während sie das Datument in die band na m. End lich gelang es ihr, fich zu affen, und sie durchlas den Vertrag, der einft zwischen ihrem Gatten und dem geei rathsvermittler abgeschlossen war n war, Wort für Wort Axel verpflichtete sich darin, dem Heirathsvermittter fünf Prozent von Iihrem —— Clarcks —-- Vermögen aus zuzahlen. falls die durch Herrn Ha dertorn einzuleitende Bekanntschaft zur Ehe führen würde. Wunderbar, wie fehr sich die schlanke, vlasse Frau in der Gewalt hattet Nur ein klein wenig zitterte das Blatt in ihrer Hand, wa rend sie zu Herrn Habertosrn sagte: » ch sehe Sie haben die Wahrheit ge prochen. Ihnen ift Unrecht gethan. Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen nachträg lich den Rest der Jhnen zugesicherten Summe auszuzahten.« Herr Habertorn wußte nicht, wie ihm geschah. Die helle Freude blihte aus seinen Augen und er schlug die Hände staunend und bewundernd zu samtnen »Wirklich, eFrau Baronin,« ries er im Ueberschwang des plötzlich unver mutheien Segens, der sich über ihn er goß. »Das wollenSie thun? Jch halfs ja immer gesagt. Herr Baron, habe ich gesagt, Sie bekommen einmal eine Perle von einer Frau. Rechten Sie nicht mit mir um die Prozente! — Sie sind eine edle, hoch-herzige Dame, Frau Baronin!« Clara runzelte die Stirn - »Ich habe noch eine Bedin ung,« erklärte sie und sah den ihr gen iiberstehenden mit strengem. verächtli chem Blick an. . Der Heirathsvermittler bekam einen Schreck. «Frau Baronin —-«?« lallte er aus geregt. »Sie müssen mir das Schriftstiick hier überlassen. Dagegen verpslichte ich mich, Ihnen in drei Tagen den Be trag von zehntausend Mart behändi gen zu lassen.« Herr Haberlorn stutzte zwar, aber er besann sich nicht lange. Sie« wußte ja doch schon Alles, und ihm konnte es schließlich aleichgiltig sein. wozu sie den Vertrag da, der ja längst erledigt und werthlos war, benutzte ,.Gut, Frau Baronin,« erwiderte er schnell und machte mit seinen beiden tnochigen Händen eine zuschiebende Bewegung, »behalten Sie ihn, nehmen Sie ihn! Und nun haben Sie wohl die Gäte, e’frc«u Baronin, und gehen es mir schriftlich.'« «Schristlich? Was denn?" sragie Clara erstaunt. »Nun, wegen der zehntausend Mart, die mir der selige Herr Konsul seiner Zeit abgezogen hat. und die mir die gnädige Frau ——" Herr Haberkorn unterbrach sich, als er sah, daß die Dame eine heftige Be wegung des Unwillens machte, und erklärte süßlich, iatzenbuckelnd: »Nicht, als ob ich an dem Wort der anädigen Frau Zweifeltr. Bewahrek Es ist nur der Ordnung wegen-« Damit eilte er auch schon an den Schreibtisch und warf ein paar eilige Zeilen auf einen Bogen Papier, wäh rend Gara, die sich bereits zum Weg gehen erhoben hatte, ungeduldig aus und abschritt und sich mit den Zähnen die Lippen blutig nagte. »So, gnädige Frau! Bitte freund lichst hier zu unterzeichnen!« Herr Haberlorn hielt der Dame einen Federhalter hin. Clara unter schrieb, ohne zu lesen, und wollte zur Thür. »Aber, gnädige Frau,« ries ihr-Herr lHabertorn nach, »Sie wollten ja doch noch mit mir iiber eine andere Sache sprechen — von einer - reundin, die Sie gern verheirathet ehen wollten. Ich habe gerade jetzt ein paar sehr gute Reslettanten an der Hand, prirna, sein, sein!« Clara hatte sich aus der Schwelle umgedreht. Daslistige, schmunzelnde, witternde Gesicht des prositsiichtigen Geschäftsnsmneö erschien ihrer aus geregten Phantasie wie eine grinsende Teufelssraszr. Erst setzt kam ihr die Erinnerung an den Vorwand, dessen sie sich bedient hatte, um die Wahr heit aus dem heirathsvermittler herauszubeiomnien »Ein ander Mal,« stieß sie hastig. voll Etel, hervor, »ein ander Moll« Ohne besonderen Willensait, rein mechanisch schlug Clara einen anderen Weg als den nach ihrer Wohnung ein. Sie mußte ja zunächst mit sich in’s Klare kommen über die Fuge, was nun zu geschehen habe. as freilich stand in ihr sest als unerschiitterlicher Entschluß: sie würde teine Minute länger, als unbedingt nöthig war, in der Nähe des Mannes leben, den nicht Liebe veranlaßt hatte, unt sie zu wer ben. sondern nur gemeiner, materieller Eigennutz, der sich nichtseschämt hatte, ihre Zukunft,·ihr Glii um Gegen stand eines ordiniiren åchachers zu machen. Auch sie empfand kein wei ches, wärmereö Gefühl mehr siir ihn. Jnr Gegentheil, sie verachtete ihn, sie verabscheute ihn, sie haßte ihn. Nie in ihrem Leben hatte sie einen so hef tigen Schiner-. eine so schneidende Eint-Braun eine so brennende Scham empsunden wie seht. Bett e»n um das Glück ihres Leben-, schienst lich be trogen von dem Manne, in dem ihr ahnun loseh leicht laubiges Herj das deal eines annei verehr hattet Rie, nie wieder wollte·sie i n sehen, nie wieder die schmeichelte e eisen- , die so staut-hast zu M ver and. Was zwischen hnen nojzti eilediwn war-, das solite it sen eine seen-de Person des-IV Ihrr als cis-ro nun nach-u nieu begann, regte sich doch eine unitbersi windliche Schle in ihr. Wem solltes sie sich anvertrauen, wem eingefiehen, » daß sie das Opfer eines irupellosens Mit «ftjiigers worden? hre TanteH die k rau Kon ul wäre die nächste ges s wesen. Ein he tiger Widerwille jedoch 1 erfallte die G belnde bei dem Gedan len, ihre Tante in das, was geschehen, einzuweihen Die alte Dame war so umständlich. Zudem war sie von Axel sehr eingenommen und sie witrde ( ihr möglicherweise zureden, die Dinge zu lassen, wie sie waren. Aber davon konnte nie — nie die Rede sein. Nie I wiirde sie Aer vergessen tönnen—, wiel bitter er sie enttiiuscht hatte. Jhret Hand streifte unwillkürlich an das in s ihrer Tasche tnisternde Papier. Besaß » sie nicht den Beweis seines unedlen, heuchlerischen, niedrigen Charakters schwarz aus weiß? Jede Fiber in ihr empörte sich bei der Möglichkeit, ihm je wieder unbefangeu, freundlich be gegnen zu sollen Noch viel weniger als ihre Tante mochte sie den Amtsrath ins Ver trauen ziehen. Sie sah schon im Geiste die höhnische, schndensrohe, triumphi rende Miene der totetten Kousine Arelo. Nein, diesen Triumph wollte sie ihr nicht gönnen. ileberhaupt Nie mand sollte von der Schmach wissen, die ihr widerfahren war. Jhr teufches Herz bebie davor zurück, irgend Je mand in ihr anneres blicken zu lassen, vor fremden Augen die blutende Wunde ihres Herzens zu enthüllen. Es mußte sich irgend ein Vorn-and finden lassen, unter dem man äußer lich ruhig auseinanderging, ohne daß man ie einer fremden Seele den siir sie so demüthigenden wahren Grund offenbarte. Und darum mußte sie sich doch dem Schweren unterziehen, mit Arel selbst Auge in Auge das Weitere zu berabreden. Arel war schon vom Dienst zurück, als Clara zu Hause»anlangte. Er eilte ihr entgegen und wollte sie nach seiner Art freudig, zärtlich begrüßen Aber eine Handbewegung von ihr und mehr noch ihr Aussehen scheuchte ihn zurück. Ihr Gesicht war noch bleicher als gewöhnlich und trug die Spuren durchiittener seelischer Erschiitternng. »Was hast Du, Schatz?« fragte er erstaunt, bestürzt. Sie athmete tief. Ein schwache-s Noth belebte die Farbe ihrer Wangen. Ihre heftige Geniiithsbewegung ver hinderte sie am Sprechen Wenn nur erst der Anfang heraus wäre! Dir Brust war ihr wie zugeschniirt Mit zitternden Händen legte sie Hut und Cape ab. Wieder näherte er sich i ihr, um ihr behilflich zu fein. »Laß dass« gebot sie mit müder-, tonloser Stimme nnd mit einer so leidenden, tummervollen Miene, daß es ihn unwillkürlich durchfröfteltr. Er fah sie cvortlos, aus starren, weit ge öffneten Augen nn. Jetzt wandte sie sich zu ihm herum; sie guckte heftig zusammen bei seinem Anblicks es war ein vlötzlicher Krampf, der sie ergriff, und sie litt innerlich so unendlich, daß ihr der Schweiß auf die Stirn trat. »Aber was-—was iit denn vorge fallen, Clara?« rief Axe1, erschreckt und ernstlich beunruhigt. Sie hielt ich mit ihrer linken Hand an der Leh eines ihr nahestehenden Stuhles. Jhr Gesicht neigend, um ihn nicht anblicten zu müssen, bra te sie mühsam, aus gurgelnder Ke le hervor: »Ich wollte Dir niittheilen, daßieh morgen mit Reinhold nach Carlähagen abkxisczä — Er sab sie versiändniszlog an, zwei selnd, daß er recht vernommen habe. »Noch CarlshagenZ Aber meine Uebung dauert ja noch drei Wochen. Warum willst Du denn voranreisen?« Sie hefteie noch immer ihren Blick aus den Fußboden und that ein paar hastige Athemziige. »Ich will Dir nicht boranreisen,« entgegnete sie, »ich will in Carlåhagen leben mit Reinhold ohne Dich.« Er that unwillkürlich einen Schritt nach vorn und griff mit beiden Hän den an seine Stirn. IV· verstehe Dich einfach nicht, Claras Was soll denn das Alles l,eis;en?« Sie erhob den Blicl zu ihm. Kalt und seft sah sie ihm jetzt in die Augen. »Das soll beißen, daß ich nicht mehr mit Dir leben will, daß ich nicht mehr mit Dir leben tann.« Er taumelte zurück und starrte schreckensvoll nach ihr hin, als fürchte er, sie habe plötzlich den Verstand ver loren. »Aber warum — warum aus ein mal?« stiesz er euchend hervor. »Weil —-—,« te sentte unwillkürlich wieder ihren Blick, und ihre Stimme sont zum Flüsterton herab, —,,weil ich erfahren habe, daßTu mich gehei rathet hast nicht aus Liebe, sondern um meines Geldes willen.« Er stand einen Augenblick sprachlos, wie gelähmt. Sein Gesicht wurde todtenbleich. »Wer —- wer sagt dast« brachte er endlich stammelnd hervor. Jhre Stirn zog sich in tiefe Falten, ihre Nasenfliigel vibrirten, ihre in ger griffen nervös an ihrem N eide herum. Jede Miene in- ihrem Gesicht drückte deutlich aus, wie peinlich ihr diese Erörterung war. »Ich weiß e5," antwortete sie, ihn noch immer mit ihrem Blick vermei dend. »Du weißt ei auch. Wozu eine Thatsaehe weiter erörtern, die feststeht und die- ztr leich sitt uns Beide so we nig-wen g schtneichelhast ist?« Ein hefti r Ruck ging durch seine habe, elast sehe Gestalt. Das Blut schoh i wieder tr« Gesicht und laut, l denschaftlich rief er: »Es ist nicht wahr, sage irh Dir. Es i niGt wehe. Man hat Dich ge änan man hat übertrieben.«s— » te gri tn ihre Tasche; ein ver aehtliehej ächeln guckte dabei um ihre Mundwinleh Sie entsaltete das Schriftsttich das sie zum Vorschein brachte, undxhielt es ihm hin. Er nahm es, sah es an und er bleichte. « «Wie?« ——· stammelte er betreten —- «ivie kommst Du dazu?« Sie zuckte mit den Achseln, ohne zu antworten. Plötzlich tam ein Wnthansall iiber den Mann. Er zerriß das kompro inittirende Dotument in Stücke . »Der Schust, der FallnnteN knirschte er. »Er hat eine rpressnng gegen Dich verübt, eine schändliche Erpressnng.« Sie schüttelte mit dem Kopf. , »Du irrs entgegnete si'e, und niit einer stolzen. zurückweisenden Hand bewegung und einem leiten Klange von ätzender Ironie fügte sie hinzu: »Uebrigen«5, es lommt jetzt gar nicht daraus an, welche Motive den Herrn Habertorn bewegten, mir das interessante Dotument anszuhändiqm Die Thatsache selbst kannst Du jeden falls nicht mehr leugnen.« Und als er nichts erwiderte, sons dern nur schweigend sein Haupt senkte, schlug sie, von tin-willen, Empörnng und schmerzlichem Schamgesiihl über wiiltigt, ihre Hände vor das zuckende Gesicht und brach in ein heftiges: »ani! Psuit Psnil« aus. Der große breitschnltrige Mann er bebte, und eine dunkle, slammende tslicgthe ergoß sich über sein ganzes Ge i t. »Ich gebe zu,« sagte er langsam, fast zögernd, »daß es nnschön von mir war, ein solches Schriftstücl zu unter-s zeichnem mich überhaupt mit diesem Menschen einzulassen, aber —« «einc Augen erhoben sich zu ihr und keine Stimme nahm einen festeren, lauteten Klang an —,,Du bist ungerecht, Dn legst diesem Menschen nnd dem Datu ment, zu dessen Unterzeichnnng er mich zwang, eine zu große Bedeutung bei Es handelte sich siir mich damals nur darum. Dich kennen zu lernen. Die volle Freiheit meines Handelns hatte ich mir ausdrücklich vorbehalten. Ueberhaupt, in der ganzen Angelegen heit that dieser Herr nichts weiter, als drsis er meine Bekanntschaft mit Dei neni Onkel veremittelte. Das war Al les. Alles liebrige hing von dem Ein druck ab, den Du aus mich machen würdest nnd ich aus Dich." Entsetzung folgt.) Am deutschen Kaiser-hob Ein Zufall fügt es. daß in den Tagen der Kronprinzewhochzeit der Pariser Gaulois aus den bisher nnveröfsentlichten Lebenserinneruw gen des Generals Caillot einen Ab schnitt wiedergiebt, der von der Hochzeit des jetzigen Kaiser-s- han delt. Caillot befand sich damals — in den Februartaaen des Jahres 1881 — als Mitglied der französi schen Spezialgefandtschaft in Berlin und schildert seine Eindrücke am deut schen Kaiserhofe in folgender Weise: Ende Februar 1881 -— ich war da mals Kommanedeur der zweiten Chasseurbrigade in Luneville — wur de ich durch eine Depefche nach Paris berufen, um dort einen der angenehm sten Aufträge zu empfangen. Ich Ivar bestimmt, unser damaligen«Bot schaster in Berli herrn von Samt Vallier bei den hochzeitsfeierlichteiten am Berliner Hofe zur Seite zu stehen. Jch freute mich sebr über diesen Auftrag, denn ich hatte nun Gelegen heit, den Berliner Hof in seiner gan zen Pracht nnd auch ein bischen von der deutschen Armee zu schen, die uns Zehn Jahre vorher geschlagen hatte. it mir reisten der Komsnandenr Falsch Ordonnanzoffizier des Präsi denten Grevn, und Konnnandant Rau vom großen Generalstab. Vor meiner Abreise empfing mich Barthelemy Saint-Hilarie, unser Mi nister des Auswiirtigem Er unter richtete mich iiber die schwebende-i po litischen Geschäfte fiir den Fall, daß man mit mir iiber iie reden würde, Am Z4. Februar kam ich in Ber lin an. Jch erfuhr, daß vorn 25. Fe bruar bis zum 1. Mär-I ununterbro chen Diners, Galavorstellungen, Fest tonzerte stattfinden würden. Außer dem hatte ich viele Besuche bei Mini stern, Fürstlichleiten und den Ge sandten anderer Länder zu machen. Empfangen wurde ich nur vorn Feldmarschall Grasen Moltte. Er wunderte sich, dasz ich, der aus der Jn fanterie hervorgegangen war, eine Kavalleriebriaade tonunandirtr. Jn der That toar das ein seltener Fall, aber ich war 47 Jahre alt, und harte noch viel zu lernen. Dann sprachen wir von unseren Versuchen, südaineri tanische Pferde zn verwenden. Moltte ist 80 Jahre alt und in den vorigen Herbslmanövern machte er noch seine 50 Kilometer zu Pferde. Bisntarct war nicht in Berlin. Bei verschiedenen Gelegenheiten lernet ich die Generale Bronsatt von Schellendorss, von Lee, Verdy duVen noij kennen« mit denen ich über ihre ausgezeichneten militärischen Werte sprach. » » Nach den Visiten tamen die Vorstel lungen bei Dose. Ein Geile-wagen anz aus Glas, a la Daumont be nannt, mit Sofszenreiter und Lakeien nahm de Saint-Vallier und mich aus« Das erste und. letzte Mal in solcher Cauipage durch die Straßen Berlinöt Wir fuhren über die Linden durch eine dicht aedriingte Menge, die stch nicht genug wundern konnte, daß ein Mann in französischer Untsorm in einein solchen Wagen saß. M« Jm Palaiz macht eine Eis-entom pagnie die Honneurs. Was find M fiir Soldaten! Wie handhaben sip die Waffen! Und die Kann-tande jtimme des hauptmannesz streng charf, befehlihaberifch. wie irn Horn . . . und die Dannan foiz eeet Wir gehen durch glänzenden Salons5 ohne warten zu milfo werden wir der Kaiserin und »Unse rem Fris« vorgeftelli. Ader an der Schwelle des Saales, in dem der Kaiser uns empfangen will, giebkt einen Aufenthalt. herr von Pers-on chek ist da und späht durch die Thür spflte Endlich öffnen sich die Flüs» ge . : Der Kaiser hat den Großkordon det Ehreniegion angelegt, groß, stattlich und machtvoll steht er da, trotz feiner 84 Jahre. Saint-Vallier hält seine Ansprache. deren Text er in fernen Botschafterhut trägt. Ernst hört der Kaiser zu, er antwortet mit einiqen offiziellcn Werten. Dann wechselt er Ton und Haltung: »Ich habe Sie warten lassen, meine Herren. Sie sehen, ich habe den Großiordon angelegt, um Sie hier zu empfangen Dort in einein Neben zimmer steht mein Stammerdiener. Auf seinem Arm hat er die Großin dong aller Länder, deren Gesandt lchasten ich heute empfange. bei jeder muß ich ein anderes Band anlegen. Als ich eben das spanische Band ab iegte, hat mir der Kammerdiener die Epanlctte abgerissen, und nun muß ten wir sie erst mit einer Stecknadel wieder fest machen. Das ist eine schwere Sache. Sie sehen nun selbst, warum ich Sie warten lassen mußte.« Und der Kaiser driictt uns die Hand. Die Kaiserin ist sehr liebens würdig. »Unser Fritz« ist zeremw nielier nnd ein bißchen kurz angebun Bei Gelegenheit eines Cercles is dem berühmten Weißen Saal wurde ich dem »rothen« Prinzen Friedrich Karl (er trug die Hixsarenunisorm) dargestellt Ein echter ReitergeneraL der Sieaer von Meg und Orleanä Er sagte mir u. A·: »Sie langweilen sich hier-, General. Sie müssen uns mal bei den Maus Vern besuchen, da werden Sie sich bes ser anriisiren.« Der Prince os Wales -—- König Ed tvard Ul. ——— ganz Pariser, ganz Satonplauderer, sagte zu mir: »Was, diese Preußen find Kerlet Hier amiisiren sie sich und tanzen. Aber diese Leute arbeiten den ganzen Tag. Am rijhen Morgen sitzen sie bereits im r-attel. Was ich am mei sten beivundere --—— das ganze Volk steckt in der Unisarm. Jeder hat einen Hean aus dem Ropi. SoIar ich« — er deute-te aus seinen preußischen Gr neralghelm den er unter dem Arr hieli —- »ich würde mich bier nickt wohl fühlen ohne diese Uniform.« Der Kriegsminister vouftamete rief mich zu sich, um mir eine Legitimatrs siir einen Kasernenbesnch zu gebet Um 10 Uhr Morgens aing ich zu ils Der Minister ist in llniform, um if herum liegen Hausen von Zeitung »Sie sehen, ich lese gerade all’ d Schlechte, was man von mir sagt. muß das- Alles verschlingen, weil Reichstag gerade mein Budget bes then wird. Und ich muß wissen, I man mich angreisen will.'« Dann er mit die Erlaubniß, die Kaserne l. Garde-Draganer--Regiments I besichtigen. Alle Völle, Diners u. s. w. glitt sich. Man muß eine Unisarm habe-« um zu Hase zu kommen. Jch erhielt den Rothen, der Bot schasier den Schwarzen Adlerardern Am Abend nach der Bermählunn sand als Ueberraschung eine militiirisehe Ceremnoie, die der greise Kaiser selbst arrangirt hatte, statt. Der Kaiser skagte mich, wie die Sache mir ge fiele. Jch drückte ihm meine Bewun derung aus und dankte ihn: auch sitt die erhaltene Auszeichnung »Das ist ein keines Andenken, Sie werden an mich de;:ten!" - Als ich im Brei-Eise war nach Pa ris zurückzukehren lud mich die Kai ferin zu einem Hoflonzeet Jch faß zu meiner Ueberraschung neben einer Franzdsim es war Frau von Tollen rand-Perigord, Herzogin von Sa an, Tochter des Marschallg non Catel lano. Auf der anderen Seite saß ihr Schwager. der Prinz von Ratibor in Generalsuniforrm er fagte n. A.: »Ich bin gar tein General, ich seh nur fo aus« Jn meiner Jugend wat ich natürlich Leutnant wie jeder an dere. Dann aber bin ich zur Di lo cnatie übergegangen Mit der eit le älter ich wurde, rückte ich auch in li: höheren Offiziersarade Mein Reife l·)ai;feldt, der Mafor da, ift auch kein co.dat.« Wähieud ccouperpaufe fragte mich die Kai serin: »O eben Si e die M:«fit?" « Ich mußte gestehen daß ich Laie fei und nur die Malitftiiele liebe, die ich Tenne, z. B. das Stückchen »Car inen«, das man eben gespielt hätte, be griffe ich, ich liebe auch die alten ita lienischen Opera adee die gelehrte Musik fei nicht Meine Stätte. »Zum Beispiel Wagner, « fa te die Rai erin. »Ich liebe feine Mu it and nichts aber man darf das hier nicht fageih weil alle heute ganz vernatrt in itm findt« Das war mein letzten Abend in Berlin, meine Mission war beendet. Jch fuhr nach Frankreich zurück. Die alsnzendestilafnatfmåy die Lapi gefunden aeil wa ich een ge riund lernt habe, hinterließ einen tieng - nachhaltigen Eindruck in mie. -