..«.sxj«c«f«t willen. griginabRoman von Tit-thut sapp. J k ortsetzuan sen unendlich demüthigendeH bren MS Gefühl der Scham erfüllte die JOHN Grübelnde. So vernichtekld Und " beschämend es auch für sie war, sie konnte sich der Erkenntnis nicht«ent siehem daß sie weder ihren körperli chen noch ihren seelischen Eigenschaften Ihren Gatten oerdanltc, sondern al leinihrem Gelde. Er hatte immer nur Ada geliebt, und er liebte sie noch heute. Darum Adas häufige plötzli cheBesuche, darum dieses beständiae Suchen und Sichfinden. Das Wieder sehen hatte das Gefühl der alten Sympathie rasch wieder in ihnen ent mt, und wenn sie sich auch nicht angehören durften, ihre Herzen schlu gen immer noch lebhaft fiir einander. Es war fiir Klara eine fast uner trägliche Marter, still auf ihrem Stuhle aushalten zu müssen inmitten der heiteren, lachendem plaudernden Geiste, und dem Geschioiitz ihres ah nungslosen Nachbars ein aufmerksa-« mec Ohr leihen und auf seine Fragen Antwort geben zu müssen. Endlich, als die Tafel aufgehoben war und die Gäckt sich in die Nebenzimrner ver theilten, während die Dienerschaft rasch die lange Tafel abtrug, um im Saal für den von dem jungen Voll heiß herbeigcsehnten Tanz Platz zu schaffen, konnte sie sich ein wenig zu rückziehen; ihre Stirn brannte, das Herz klopfte ihr zum Zerspringen Es war wie ein Fieber in ihr. An die beiden neben dem Saal be findlichen großen Gesellschaftszimmer schloß sich Axels Arbeitszimmer und daran als Letztes in der Vorderfront ein kleines Gemach, das in ein Schlafzimtner mgewandelt worden war. Hierher s lich sich Klara, dem MvvGetümmel der Gäste entfliehend; hier ließ sie sich in einen Stuhl sinken, ihre fchrnerzende Stirn mit beiden Händen pressend, und sann düster vor sich hin, bis plötzlich der Klang einer lauten Stimme sie aufschreckte. Es war Axel, der in Begleitung eines Freundes sein Arbeitszimmer betre ten hatte, um« wie es schien, hier un gestört bei einer Ziaarre plaudern zu können. Klara hatte auf ihrer Flucht die Thiir nur leise anqeleqt, und so» konnte sie einen großen Theil dessen, was im Nebenzimmer gesprochen wur de, verstehen. Schon die ersten Wech felredem die sie vernahm, veranlaßten fie, aufzustehen, sich an die Thüre zu schleichen und ihr Ohr an den offenen Spalt zu legen, um sich kein Wort der ; Unterhaltung entgehen zu lassen. « «Sage einmal, Durtngshosen,’ » fragte Axels Freund, »Die kam es ei gentlich, daß Du damals den Abschied nahmst, Du, der Du immer mit Leib nnd Seele Soldat getvesen?« Axel ließ ein lautes Auflachen hö ren, bevor er antwortete. »Es geschah auch durchaus nicht seeitvillig,« sagte er. »Nicht freiwillig? Wer in aller Welt hätte Dich zwingen können? Dein alter Herr hatte sich doch schon längst zu seinen Vätern versammelt.« »Mein Schwiegeronlel.« »Dein Schwiegerenkel?« »Der Onkel meiner Frau, Konsul Reisfeld, zugleich ihr Vormund. Der machte es zur Bedingung, daß ich den Dssizierssäbel in die Ecke stellen und mich ins die ländliche Einsamkeit von Carkzhagen zurückziehen sollte.« »Ab!" Axels Freund lachte. »Der kannte Dich, Dürinashosen Alle Ach tung. Der Herr Honsul war, wie es scheint, ein gewiegter Menschenken ner.« »Das war er auch,« pslichtete Axel gemiithlich bei. »Na, schadet nicht, hab-s nicht zu bereuen gehabt. Zuerst freilich erschien’s mit hart, kolossal hart, und ich wollte schon Nein sagen. Ich mußte mich siigen.« »Versiche. Deine Frau hat Dir wohl einen höllischen Mammon mit .gebtachti« » - Axel»ließ einen Ton tiefsten Beha geni boten. » »Ich danke,« beschied er. »Bin zu geben — so ziemlich eine halbe Mil . sp» »Donnerwetter! Amor-as sag’ mal Reingshosem kannst Du mir. nicht karg« solch einen Goldsisch nachwei en Der Gesragte lachte. »Bist Du auch schon so weit? Willst Du Dir auch durch eine heirath aus « Nisus Na, ’s ist ein probates Mit Spannung. Sie vernahm jetzt ein Musch. wie wenn der Eine seinen Sessel näher an de des Andern her mückte. GleichHsarauf ertönte wie oer ANY Stimme, diesmal im Flü stern-m »Wil! Dir was sagen, aber sieh mit zuvor Dein Ehren-vorn daß Du nicht davon sprichst.« »Gut! Ehrenwort!" »Kennst Du den sogenannten Ren iker Habetkoth Ja der Hauptstraße wohnte et.« »Der Biedermann soll ja wohl « Mib äusleiben gegen zwanzig Pro « satt und auch mehk!« k· »Mir-mus« Aberinals erfolgte ein zjjskuckmkt dem Sessel und Axels Stim Klara horchte in fieberhaftet m- Umpsik sich noch mehr zum Flü sterion. »Aber der Machinäer thut noch mehr als das. An den wende Dich mal, der hat vielleicht für Dich ein reiches Mädel — hahaha — auf Lager.« »Auf Lager —- ift gut. Ah! Nun verfteh’ ich. Darum also! Wir waren damals alle basf, wie Du plötzlich zu der Bekanntschaft kamft. Das erklärt Alles. Also durch die gütige Vermitt lung des Herrn Haber —« Mitten im Worte brach der Spre chende plötzlich ab, als wenn ihm der Andere seine Hand aus den Mund ge legt hätte. Dann ertönte wieder Axels Stimme: »Pst! Davon spricht man nicht« Uebrigens —- lomm’, laß uns ein bischen das Tanzbein schwingen. Wir gehören ja doch noch zur Ju gend.'· Die Herren entfrenten sich. Klara stand hinter der Thür wie betäubt. Jhre Pulse hämmerten zum Zer sptingen. Jn ihrem Kopfe wirbelten die Gedanken durch einander. Reder und Gegenreden waren so schnell ein-; ander gefolgt, daß sie noch nicht recht» klar zum Berständniß alles dessen« was sie auf ihrem Laufcherpoften ver- » nommen hatte, gelangt war. »Haber- » korn —- sogensannter Rentier ——-J Hauptstraße — Geldausleihen -—. iztvanzig Prozent ——« Und dann kam ; ldag unverständliche unfaßbake. Dek PMann hatte Mädchen auf Lager. ’ Was sollte das heißen? So hatte Axel s esagt, im Anschluß an feinen dem? reunde gegebenen Rath, sich ani kHerrn Haberkorn zu wenden. i ? Klara preßte beide Hände an ihre jStirn und sann nach Plötzlich durch fuhr es sie wie ein erhellender Blitz. Mit einem dumpfen Aufstöhnen brach sie in ihre Knie zusammen und mit dem Obertörper warf sie sich iiber das in der Nähe stehende Bett. Jhre Er lschiitterung war so start nnd die Knie zitterten ihr so heftig, baß sie sich mit beiden Händen an der Bettlante fest halten mußte, um nicht zugleich um zusinten nnd mit dem Gesicht auf den Fußboden aufzuschlagen . . . Als Klara zehn Minuten später sich wieder unter die Fröhlichen misch te, äußerlich ruhig und gleichmiithig, wenn auch ein wenig blasser als vor her, schien Niemand ihre Abwesenheit bemerkt zu haben. Nur Herr Gun termann, der an der Thiir des Saa les stand, trat mit der Frage auf sie zu: «Sind Sie nicht wohl, gnädige Frau? Sie sehen leidend aus und — ich habe den Eindruck, als wäre Ih nen die Einsamkeit lieber, als das Gewühl ihrer heiteren Gäste.« »Sie irren, Herr Guntermann,« er widerte die Gefragie munter, aufge räuint. »Sie verleumden mich. Jch habe mich nie wohler gefühlt und rie hat mich der Anblick lieber Gäste freu diger gestimmt als heute. Aber wa rum tanzen Sie denn gar nicht, Herr Guntermann? Da drüben sehe ich zwei junge Damen, die sehnsüchtig nach einem Tänzer ausblielen. Wol len Sie sich nicht ihrer erbarmen?« Sie nicht ihm lächelnd zu und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, weiter. herr Guntermann sah ihr nach-« deutlich, mitleidsvoll nach und in sei nem Herzen, von dem Niemand wußte, wie tief und innig es empfinden konn te, zuckte es schmerzlich. Aber als jetzt sein Blick zu den Tanzenden hinüber schweifte und zufällig auf Axel traf, der rnit strahlendem Gesicht, in seinen Armen seine schöne Kousine Ada hal tend, sich heiter im Dreivierteltait des Walzets drehte, da verzerrten sich seine Mienen voll haß, Erbitterung und Verachtung. - Er hatte es ja in Erfahrung ge bracht, was außer ihm, sei t der Kon sul gestorben Niemand wußte: nur um der Mitgift willen hatte Aer von Ditringshvsen die reiche Erbin gehei rathet nnd nnn machte er die Ah nungslvse undankbar, ehrvergessen, unglücklich und frischte die leichtsinni gen, lockeren Beziehungen aus seinen Junggesellenjahren wieder auf. Neuntes Kapital. Klara verbrachte eine schlaflofe Nacht. Unaufhörlich rief sie sich das Gespräch, dessen Zuhörekin sie zufäl lig geworden, in die Erinnerung zu rück. Jedes Wort, das zwischen Axel und seinem Freunde gewechselt wor den, überdachte sie wieder und wieder und den Namen Habertorn sprach sie wohl hundertmal vor sich hin, um ihn ihrem Gedächtntß fest einzupägen. Aber zu einer klaren, überzeugten An sicht lam sie trosdem nicht. Zu viel Aufregung war noch in ihr, zu viel Schrecken und Verwirrung. Freilich das, was sie bereits nach ihrem Tisch gespräch mit Amtsraih Kattenbusch hatte vermuthen müssen stand jetzt in ihr unumftößlich fest: ihr Vermögen war es, das Axel mit ihr erstrebt hatte, und wäre sie nicht eine reiche Erbin gewesen, hatte sie auch niemals Axeks Interesse auf sich gelenti Welche Be deutung aber dieser ihr änzlich un belannte, geheinnißvolle gar Haber torn für ihre Beziehungenu h habt hatte, darüber sehn-e e Ziemlich im Untlaten Gerade iesem letzten Theil des Gespräches zwischen Axel und seinem Freunde war ihr manches entgangen. Zu stark war ihre Erregung, ihre Bestiirzung, ihr Entsetzen gewesen« zu laut hatte »ihr das Herz in der Brust gehäm »mert. Z Und nun hatte sie keinen anderen Gedanken, als sich völlige Klarheit über den Antheil zu verschaffen, den ider niysteriöse Herr Haberiorn be? ihrer Eheschließung gehabt hatte. Zum Giück rief der Dienst Axel frühzeitig von ihrer Seite. Sie stellte sich schlafend, bis sie seinen Schritt aus dem Flur vertlingen hörte um nicht seinem Blicke begegnen und seinen Ahschiedsgruß empfangen und erwi Jdern zu müssen. Dann kleidete sie sich Frosch an und ging zu ihrer Tante hin z unter, denn ihre Seele lechzte nach vol ; ler Gewißheit. : Die Frau Konsul war nicht wenig erstaunt über den friiben Besuch. »Daß Du schon auf bist, Kindl« sagte sie verwundert »Die Jugend pflegt doch besonderes nach einem Ball Jlange zu schlafen.'« J »Mit mir ist’s anderå,« versekte ;Klara, vor Ungeduld innerlich glü Jhend, »ich habe nach einem Ball nie recht schlafen können-" .Sieh. sieh! Js- is- Du siehst noch recht übernächtig und angegriffen aus. Uebrigens, es war recht schön. Axel ist doch von hinreißender Liebenswüv digteit. Ich habe nie einen aufmerk sameren Gastgeber gesehen,« Klarcks Stirn umwöltre sich; .sie that einen tiefen Athernzug und dann kam ihr mit mühsam verhaltener Spannung die Frage über die Lippen: »Sage mal, Tantchem « kennst Du herrn Habertorn?« »Habertorn?« Die alte Dame forschte eine kleine Weile in ihrem Ge dächtnis, dann schüttelte fre ihren grauhaarigen Kopf. »Den Namen tenne ich nicht, Kind. Ich erinnere mich nicht« den Namen je gehört zu haben.« Klara sah ihrer Tante forschend, prüfend in’s Gesicht. Die gutmüthi gen blauen Augen der alten Dame blickten fo frei und ehrlich, daß ein Zweifel an der Wahrheit ihrer Werte nicht aufkommen konnte. »Wer ist es denn. Kind?« fügte die Frau Konsul ihrem Bescheide hinzu» »Ich glaube, Herr Haberlorn hat mit Onkel in geschäftlicher Verbin-« dung gestanden.« »So? Jch habe mich nie um mei nes Mannes geschäftliche Angelegen heiten gelämmert und tenne seine Ge: schäftsfreunde nicht. Woher kennst Du denn den Herrn?« Klara hüftelte, beer sie erwiderte: »Ich hörte gestern auf der Gesellschaft von ihm sprechen. Jch glaube, man! erzählte sich, daß er Geld ausleihe und daneben Hei —'« das Wort blieb ihr fast in der Kehle fterten — »hei- « rathen vermittle.« T Die Frau Ronful blickte überrascht und indignirt. Jn ihrem runden, behäbigen, von vielen Falten bereits durchsogenen Gesicht malte sich un geheuchelter Abscheu ,,Ja, ja," sagte sie, »e-; soll ja wohl solche Leute geben, die sich geschäft lich damit abgeben. Unter uns: ich finde es geschmactlog, häßlich und ge miithsroh, die Dienste eines Mannes in Anspruch zu nehmen, der ein Ge schäft daraus macht, Eben zusammen zubringen. Jch begreife nicht, wie gebildete Menschen sich dazu verstehen tönnen. Meinst Du nicht auch?« Klara Wangen färbien sich blut roth und in ihren dunklen Augen leuchtete es blitzartig auf. »Ja, Tante,« pflichtete sie aus vol Qr Seele bei, »etwas- Ordinäreres und « Abscheulicheres tann ich mir gar nicht denken.« Ihr banget, bedrücktes Herz oth meteauf und eine Hoffnugsfreude durchglühte sie. Eine so heftige Ge müthsbeweaung ergriff fie, daß sie sich ; Gewalt anthun mußte. um der ah l nungsloien alten Dame nicht um! den Hals u fallen· Jhre Augen wurden feu t und ein sichtbares Zit tern durchlief die fchlante, hohe Ge- ; statt. »Aber was ist Dir dem-« nistdr«" fragte die alte Dame besor t. »Nichts, Tantchen, ni si« rief. Klara und zwang unter Aufbietung « aller ihr innewohnenden Willensiraft ein sorgloses Lächeln auf ihre Lippen »Nur ein bischen müde bin ich noch. Jch will mich nun gleich noch ein we nig niederlegen.« Damit sprang sie auf und eilte mit kurzem Gruß davon. Daß die Tante nicht die - Unwahrheit gesagt und nichts verschwiegen, hatte sie an ihren Mienen gesehen, und nunX war sie froh. daß sie wieder Hoffnung schöpfen durfte. Wenn ihre heirath mit Aer wirtlichdurch die Vermittelung diese Herrn habertorn zu Stande gewins nren wäre, dann hätte doch die Frau Konsul es wissen müssen, Aber als sie wieder oben in ihrer Wohnung war und in ihrer Einsamkeit abermals zu grübeln begann, tam doch die Unruhe und der-Zweifel von neuem über tie. Hatte Axel seinem Freunde nicht den Rath gegeben, sich an Rentier habet torn zu wenden, um zu einer rei n geirath zu gelangen? So lange r tachel des Argwohns in ihr saß, wurde sie nicht mthr glücklich Mus« nicht mehr frei aufathnren, Uxel nicht g; hegt dießkiugfn fragt tönnfemsskteh mu e : ver en, Gewißheit um jeden Pest-. che . Sie kleidete sich zum Ausgehem Es i s l litt sie ni in der Stille ihrer Woh nung. Se um te irgend etwas un ternehmen, um her die Frage, die sie unablässig quälte, die sichere Wahrheit ; in Erfahrung zu bringen. ; Herr Guntermann, der langjährige Vertrauensmann ihres Onlels, der Verwalter ihres Vermögens. wiirdel vielleicht etwas wissen. Sie eilte ins das Geschäftslotal und wurde auf ihr Verlangen sogleich nach dem Pri vatlomptoir geführt. Herr Santer mann erhob sich sehr überrascht. Er schob seinem unerwarteten Besuch ri nen Sessel zu und lud höflich zum Sitzen ein. »Was versafst mir die Ehre,« sagte er geschästsmäßig um gleich da raus, noch ehe Klara in ihrer Verwir rung eine Antwort gefunden, fortzu fahren: »Ah, die gnädige Frau lom nen gewiß wegen der Rechnungsw legung und Uebernahme Jhres Ver Inögens.« »Ja —— jawohl«, versetzte Klara mechanisch, im Stillen ausathmend daß nun ein-: Erklärung ihres Be such-Z gefunden war, denn erst jetzt empfand sie die ganze Peinlichteit ihrer Lage, an die sie in ihrer Aufre gung bisher nicht gedacht hatte. Das Anliegen, das sie hierher geführt, war so delikater Natur, daß sie in Berle genheit war, wie sie nun davon begin- i nen sollte. Wenn sie Herrn Gunter-·« mann auch oft im Hause ihres Onlels begegnet war, so war er ihr doch hei nahe ein Fremder geblieben, ums-» mehr, als sie ihn die lehten jwei Jahre fast gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Wäre Klara nicht so sehr mit ihrem eigenen Gemiithzustand beschäftigt gewesen, es wäre ihr vielleicht nicht entgangen, daß in dem ganzen Wesen und in der äußeren Erscheinung Herrn Guniermanns etwas Gehodenes lag, gleich, als wenn ihre Gegenwart ins s einem Bureau erhebend auf ihn« wirtte. Jeßt brachte er aus dem großen eisernen Schrank, der in einer ’ tscle des Zimmers stand, ein großes Gesetzöftsduch herangeschleppt, daß er vor Klara auf den Tisch legte. Und während er dicht neben Klara stand »und mit zitternden eFingern das Buch durchblätterte, strahlte ein eigenthiim licher Glanz aus seinen Augen nnd eine feine Röthe stieg in die von der Etubenlust gebleichten Wangen. Das Kontr »Klara Weni« war bald gefunden und nun deutete er mit seinem Zeigesinger auf die einzelnen Posten, die Klara still nachlas. Das ,,.Kredit« auf der einen Seite enthielt die einzelnen Posten gute Hypotheken und sichere Papiere, in denen ihr Ver mögen angelegt war, während aus der andern, im »Del)et«, die Zahlungem die vom Kapital und den Zinseneiw gängen geleistet worden, verzeichnet waren. Da standen vor Allem vier große Hauptposten, die alle im ersten Jahre ihrer Ehe gezahlt worden wa ren, unter dem Titel: »An Hmn von Diiringshofen zur Meliorirung von Carlshagen«, die den Gesammtbetrag von 40,0()0 Mart ausmachten. Eine andere Eintragung aber war es, aus die Klara’s Blick jeht siel, und die be wirkte, daß ihr das Blut heiß in’s Gesicht schoß, daß hre Augen plötzlich sausbligten und dasz eine Erschiitterung durch ihren ganzen Körper ging. Da stand in den großen, klaren, deutlichen Buchstaben der kaufmännischen Hand schrift Herrn Guntermanns: »Für Rechnung des herrn von Mittags "hosen an herrn Haberlorn zehntau send Mari.« Als Datum war der zweite Tag - ach Klarcks Trauung mit Axel an egeben. Klar-a beherrschte sich mit großer Mühe, um sich nicht einen Schein der Ueberraschung des Schreckens ent schlüpsen zu lassen. Das Jucken in ihrem Gesicht und der schnelle Wechsel ihres Teints, der bald roth, bald blaß wurde, entging herrn Guntermann, denn er stand hinter ihr-. Nur der hei ssere, tlanglose Ton ihrer Stimme verrieth die innere Erregung, die sie beherrschte, als sie fest nach tiefern .Athemholen fragte: »Was bedeutet dieser Posten? Woher hatte herr Da ibertorn diese Forderung an meinen -Mann?« Herr Guntermann zuckte leise zu fammen, und mit einer unwillkürli Ichen Bewegung richtete er sich aus fei ner gebückten Stellung in die Höhe. Ein bitterer Zug spielte um feine Lip pen, und in seinen Augen blitzte ein Ausdruck ingrimmiger Genugthuung. Er öffnete den Mund, aber er schloß ihn wieder, ohne einen Laut hervor gebracht zuhaben Jn seiner Brust vollzog sich ein heftiger schwerer Kampf. Sollte er ihr zur Antwort geben: »Das ist der Preis, um den Sie an den Verschwender vertuppelt wurden, der vor dem Ruin stand und der zu dem gefchäftsmiißigen Hei jrathsvermittler seine Zuflucht genom ; men hatte, um sich zu retten?« ; Sie saß leicht vorniibergeneigt und k starrte noch immer mit slirrenden Au ,gen, die nichts mehr unterscheiden konnten, auf das Buch. Herr Gunter mann sah auf sie hernieder und ein unendlichei Mitleid regte sich in ihm. zSie liebt-diesen Mann, der sie kalt ;herzig, nur aus materiellem Vortheil Egewiihlt hatte. Sollte er ihres Man Hrei lrassen Egoist-ins schonungsloö Ha feiner ganiktzr "rmlichleit vor Lihr euthilllezii , re hat ihm leid, kunendlich leid, «--Ie, deren ernste-; slchtiehtet, natüriiifies Wesen längst seine inntsfte Sympathie gewonnen Fhattn Und noch etwas Anderes war in thin, da- thn adhiel, das, was« er als Vertrauensmann des Verstorbe nen in Erfahrung gebracht hatte, zu verrathen Es widerstrebte seinem geraden, ehrenhaften Sinn, den De nunzianten zu spielen. Clara wandte sich jetzt voll zu dem hinter ihr Sie-I shenden herum und sah oerwundertJ sragend zu ihm aus. Er mußte ihr endlich Rede und Antwort stehen. ; »Dariiber bin ich nicht insormirt,« »sagte er ausweichrnd. »Der Herr ! Konsul gab mir seiner Zeit den Aus ltrag, den Posten zu buchen und den FVetrag an Herrn habertorn zur Auszahlung zu dringen. Vielleicht stellte der Betrag die Summe der Verbindlichkeiten dar, die Herr von -Diiringshosen seinem Gläubiger aus früheren Jahren her schuldete. Diej Erträgnisse von Carlshagegn waren, soviel ich weiß, nur gering, und sie1 reichten wohl nicht hin, die Ausga-« ben des Herrn Leutenants zu decken.«s Clara sah den vor ihr Stehenden: mit sorschenden, durchdringendens Blicken an. Er fühlte, wie ihm unterj ihrem Blick das Blut in’s Gesichtl stieg, und es war eine instinktive Ve-. wegung, mit der er ihr seht denf Rücken wandte und an den Geld-; schranl trat, dessen Thür er ossenge-; lassen hatte und. die er nun langsam; schloß. Noch ehe er zurückkam, hatte; sich Clara erhoben. T i Herr Guntermann war sehr erJ staunt, daß Frau von Diiringshuseni sich schon anschickte, zu gehen. s »Wollen Sie nicht die Esselten undj hypotheteninstrumente übernehmen« gnädige Frau,« fragte er, »in denan der Herr Konsul JhrVermögen an-« gelegt hat«-« s Sie wehrte mit einer flüchtigenl Handbewegung ab. ! »Ein ander Mal, Herr Gunter mann,« sagte sie. »Es eilt ja nicht. Sie haben wohl die Freundlichteit, die Papiere einstweilen noch n Jhrer Verwahrung zu behalten.« Er verbeugte sich. »Seht gern, gnädge Frau, wenn Sie es wünschen.« Fortsetzung solgt.) — Frühling tu Peter-Odium Petersburg, Ende Mai. Das La doga-Eis hat seinen Lauf beendet und ist in dem finnischen Meerbusen ver schwanden. Die während des Eis ganges ausgefahrene Schloß-: lPons ton) Brücke ist wieder eingefahren und der Verkehr mit den außer sriidtischen Vergnügungsorten sowohl über sie, wie auch mittels der klei nen Newadampfer der linnischen Dampfergelellschaft eröffnet· DieNa tut prangt im jungen Grün. dessen , würziger Duft alt und jung hinaus lockt ins Freie. Auf der herrlichen Newa liegen unterhalb der Nitolai briicke bereits zahlreiche Frachtfchiffe, deren Wimpel auf Deutschland, Eng land, Schweden, Dänemakl. Frank reich, Holland und andere Länder als heimathland hinweisen Die Perso nendampfer der deutschen, englischen und finnilchen Gesellschaften haben den regelmäßigen Vertehr aufgenom men. Da liegt auch schon der Ober bürgermeister Haken im hafem der große, stattliche, mit allen Bequem lichkeiten eingerichtete Dampler der Neuen DampferRompagnie in Stet tin. Stromauf- und abwärts ächzen die Schleppdarnpfer mit einer mehr oder minder großen Zahl-von Höhnen. die mit Gütern aller Art, Kohlen. Holz, Steinen und Sand bealden sind und zum Theil auf dem Marienlanal lhitern weit aus dem Jnnern Nuß lands, zum andern Theil von den Ge staden Finnlands und der baltilchen Küste ihre Frachten in die Residenz bringen. Am Kai längs der Newa zeigt sich jetzt ein reges Leben. Man ist noch nicht auss Land ge ogens oder in die westeuropiiischen adeorte gereist. Zabllose Fuhrwerie vom einsachsten Jstvostschit bis binaüs zu den von edelsten Orlowtrabern gezogenen Eauidagen russischer Granden und den schon von weitem durch die schar lachrotben Livreen der Dienerschast lenntlichen Hostvagen tummeln sich hier entlang. zwischendurch von pru stenden und tössenden Automobilen oder lautlos dahin rasenden Zwei riidern überholt. Die meisten von ihnen eilen über die großartige neue Troihtibriickh deren Grundstein im Jahre 1897 der sranziisische Präsident Felix Fanre legte, hinaus nach den Inseln. Die gewöhnlichen Sterbli chen, die Fortuna weniger mit Glücks giitern gesegnet bat, und die, denen es kein sonderliches Vergnii en bereitet, sich in den meist recht un auberen Js wostschilis oder Pserdebabnwagen mit ihrem Schneckengang nach des Tages Miib und Arbeit noch die Glieder zer martern zu lassen, endlich die zahl reichen Natursreunde benuyen mit Vorliebe zu demselben Zwecke die san-: beren, slinten Newadampser der sinn liindischen Gesellschaft. Die weiß-en Nächte haben begonnen. An diese eigentbiimliche Erscheinung des Man elö an Nacht muß der Fremde si erst gewöhnen. Am dun lelsten ist die Zeit zwischen els und zwei Uhr Nachts, und diese ist noch so bell, daß man. wenn man nicht ge rade schreiben oder lesen will, ganz gut obne Licht austommen kann. Na türlich regelt sich das ganze Leben biernach, und da der Sommer weilt sebr heiß und schwül ist, so sammelt ich das Leben nnd Treiben aus die Stunden von 7Uhr Abends bis 2 Uhr, siir viele s r bis 4, 5 auch S Uhr Morgens, nn erst eht man schrqu Da ixxs nani Ich keine Ruhe und Er lung des Körpers sein kann, ist tlar. Wie Petersburg selbst nur durch das Machtwott eines großen Herr schers trotz allerlei Hindernisse ins Leben gerufen und zum Emporblühen gebracht wurde, so ist auch die ganze nächste Umgebung von Petersbur nur ein Kunstproduit, erzeugt durtä Kapital, Genie und Ausdauer. cis entstanden um die Stadt herum Erisich tige Gärten und Partanlagen, illen und Lustschlösser, so daß. wenn alles schön belaubt dasteht und im Blüthen fchmuck des Sommers prangt, wenn eine geputzte Menge zuFuß und zu Wagen die Anlagen belebt, der Ein dr uck uberaus freundlich rn. Crne sehr anziehende Eigenthümlichleit der Re sidenz sind die versichedenen Inseln, welche die Arme der Newa bilden. Sie bieten mit ihren schönen Anlagen dem Petersburger das, was die Pariser in ihrem Boulogner Wäldchen, die Berliner rm Thrergarten und die Wiener im Prater besitzen. Die Ber bindung mit ihnen wird durch lleine und große Dampfer, Ruderboote. Pserdebahnlinien, Omnibusse und szostschiti unterhalten. Hier kann man, wenn auch nicht eine wirkliche Erholung von der Arbeit so doch we nigstens eine Ablenlung der Gedan ten, einige ZerstreuungnsindenÆ vornehmste Punlt der esrden tdie kaiserliche Jnsel Jelagin DieseIt nsel schiebt ihre Spitze, die Pointe, am weitesten hinaus in den Finrrischen Meerbusen, und an llaren Sommer abenden versammelt sich hier ans Peter-Murg um die Aussicht au das Meer zu genießen und den Sonnen untergang zu bewundern Aus der Jnsel befinden sich ein laiserliches Lustschloß das im Sommer Graf Lanrsdorss, der Minister der Auswiirs tigen Angelegenheiten bewohnt, die Datsche des Finanzministers und sei nes Gehülfen, eine Meierei u.s.w. Dei Anlagen sind in sauberster Ord nung. nnd es ist eine Freude, sich in ihnen ergehen zu können. Die Pointe bleibt natürlich stets das Ziel aller Besucher der Jelagin Insel, bildet sie doch den Sammel purrlt der vornehmen, der bürgerlichen und der Halbwelt der Residenz. Hun derte von Eauipagen, Miethfuhrwer ten, Droschlen, ngostschili ziehen da in langen Zügen gleich mächtigen Schlangen durch die Anlagen nach der Pointe, zahlreiche Reiter und Fuß gänger zu Tausenden erstreben das selbe Ziel. Alle wollen sehen und ge sehen werden. Tag Meer und die Sonne sind sehr hiiusig nur der Vor wand, um die schönen Toiletten zeigen zu können, die hier in prächtigen Equipagen, von feurigen Trabern ge Zogen, spazieren gefahren werden Da sieht man u. a die Fürstinnen Drlow und Bjeloselstix sie zählen zu den schönsten Frauen und ele antesten Erscheinungen unserer Ge ells st. In bescheidener Kalesche erscheint sere belannte PrimasBallerina Marie Kieschiiiflaia, eine ierliche Brünette, eher pilant als tlassischsschörn Linn Cavalieri, die während der Saison der italienischen Oper heuer wiederum die Herzen und Sinne aller jungen und alten Lebernänner entflammt und Triumphe iiber Triumpheäeseiert hat, wohl weniger durch die unst ihres Gesangeg als vielmehr durch die schö nen Formen und das Ebenrnaß ihres Körpers sowie die Kunst der auserle senen Toilettem lehnt nachliissig in ihrem Wagen und läßt sich bewun dern. Eine andere Eguipage fällt rnir noch aus. Jn ihr sitzt A. Wialzewa, die sich durch die oft pri ckelnde feurige, oft müde, melancho lische Art des Vortrags, besonders ihrer Zigeunerlieder, in etwa vier Jahren vom einfachen Waschermiid chen zu der von allen Russen vergin terten Bretteldiva, grande dame und mehrfachen Hausbesinerin emporge sungen hat. Außerdem ergehen sich zwischen dieser Gesellschaft noch un zählige Männlein und Weiblein aller Stände, die hinausgezogen sind, um Gottes schöne Natur zu Fenießen und sich zu erholen von des ageil Müh« und Arbeit. Auf beiden Newaarrnen fliegen die flinken Rennboote, blähen sich die Segel der Yachten der Mit glieder der beiden Newa-Yachtllubs, liegen still oder lassen sich vorn Strom treiben, rufsifche Burschen und Mäd chen in ihren Einbäumen oder hoch fchniibeligen, schwerfälligen Booten. Schwermiithiger Gesang, begleitet von den Klängen der Harmonita, tönt vom Wasser herüber nach der Pointe und verbollltändigt wirksam den Ge lammteindrucl dieses Bild-s. Die Gorodorvuiie und Gendarmen zu Pferde, in ihren gefällig-In Uniiormen, haben scharfe Wacht zu halten« Bei allzu ftarlem Ver-lehr werden diese Polizeibeamten noch durch Kofaten unterstützt So bilden Jelagin mit feinen herrlicljen Anlagen und die Pointe mit ihrem prächtigen Ausblick auf das Meer, in das amHorizont der mächtige, glühende Feuerball der Sonne nich-erlaucht. ins-Frühjahr und Sommer die atuiehenditen Puste von Petersburg und Umgegend. Segen 10 Uhr lehren dann die Wagean » mit ihren Jnfassen wieder heim nach " der Stadt, oder richtiger, sie vertheilen sicb in die zahlreichen Vergniiaungis anftalten, wo meist um 9 Uhr dieVors itellungen und Quinte beginnen, um gegen 2 Uhr Zu enden. Dann trinkt man seinen Thre. ioupirl und macht wohl noch eine Rudernartie ans der Newa hinaus auf das Meer, nm dort die auiarhende Sonne m beariifiep