Um der Mitgift willen. Original-Roman von Arthur sapp. » (5. Fortsetzung) Am ärgerlichsten war es ihm, wenn die leidende Elara am Abend rllhzeitig niederlegte und er einsam im Zimmer siyen mußte, gelan weilt. unfähig, sich allein zu unter lten. Die Einsamkeit bedrückte ihn und machte ihn mselancholifch. Er war nicht daran Wohnt und wußte nicht, was beginnen-. Der Gesang erfreute ihn nicht, wenn Niemand zuhörte. Für sich allein zu lesen, war ihm ebenfalls lein Vergnügen. Er war eine gefellige, heitere Natur und brauchte Anregung und Gesellschaft Da fiel ihm eines Tages ein, daß gelegentlich eines Be suches auf seinem Nachbargut Nitsch dorf. das einem Rittmeister a· D., einem Herrn von Olten gehörte, die ; Rede gewesen war von Zusammen- s künften, die die Herren zwei- oderl dreimal wöchentlich in der Kreisftadt ? hätten. Da wurde gemüthlich geplan- i deri, pokulirt und wohl auch ab und! zu ein kleines Spielchen gemacht, ge- ? rade wie es die Herren meist in der ! Garnifon zu thun aewohnt aewesen.i Da hatte er ja gleich, was er brauchte, Gesellschaft und Zerstreu ung. Was frmmte seiner jungen Frau sein Zuhausebleiben, wenn sie im Schlaszimmer ruhte, während er allein, iibellaunig, verdrießlich im Wohnzimmer hockte? Und so ließ er denn eines Spät nachmittags anspannen und verab schiedete sich von Clara heiter, froh gekannt. »Adiseu, Kind! Habe allerlei zu be sorgen in der Stadt. Du wirst mich ja nicht vermissen, gehst ja doch wohl zeitig zu Bett. Und ——— beunruhige «ch nicht, wenn ich etwas spät nach Hause kommen sollte.« Jrn Hotsel »K-rvnprinz" traf er in einem fiir die Herren Gutsbesitzer und einige Honorationen der Stadt refer virten Hinterzimrner eine lustige Ge sellschaft. Man empfing ihn mit un geheucheltesr, biederer Herzlichkeit. Und here von Olten, mit dem er als sei nem nächsten Nachbar bereits etwas vertrauter geworden, rief ihm mit einem listigen Augenzwinkern und in bumoristisch-spotten"dem Ton zu: »Na, Düringshosen, endlich einmal Urlaub erhalten? Dachte schon, wir würden überhaupt auf das Vergnügen ver zichten müssen, Sie an unserer lusti gen Taselrunde im »Kranprinzen« be grüßen zu können. Die gnädige Frau fusbrFt wohl ein strenges Regiment, M « Die Anderen lachten laut und Aer von Düringshosen biß sich irn Stillen aus die Lippen. denn es ärgerte ihn, daß man ihn siir einen Pantoffelbel den zu halten schien. Doch er ließ sich einen Verdruß nicht anmerten, son rn nahm den Scherz mit guter Miene hin und war bald einer der Fröhlichsten Er verlebte einen heite ren, gemütblichen Abendn. Es wurde gar wacker gezecht, dazu wurde lebhagt laudert, zumeist über landwirt christliche Fragen. Zuletzt wurden Reminiszenzen aus der Militärzeit ausgekramt und lustige Schnurren er iihlt, die. je weiter der Abend vor kchritt desto gewagtere Pointen hat ten. Es war schon zeanhr, als sich set auf den Weg machte und erst um itternacht langte er in Carlshagen an. - Clara schien noch nicht ge schlafen zu I haben ode·. sein Eintritt hatte sie ge I weckt. Sie beqriißie ihn freundlichI und fragte ihn ob er sich gut unter- I halten habe Freilich, im Stillen konnte sie sich eines unbehaglichen Ge: I fühlst nicht erwehren, denn der Wein- : und Tabalsdunst, den er mit ins Schlaf-Zimmer brachte, war bei ihrem leidenden Zustande Gift. Von da ab fehlte Arel von Dil ringshofen bei keinem der gewöhnlich zwischen den Herren verabredeten bende im »Kronprinzen«. Oft lam er erst beim Morgengrauen nach hause und schsleif dann lang in den Tag hinein, so daß er des Vormit tags nicht mehr nach dem Feld hinaus kam. Wenn er erwachte, war er nicht selten übler Laune. Der Kopf war ihm wiist und benommen von dem langen Gelage, und dazu kamen zu weilen noch Verdruß und Aerger, den ihm ein Verlust im Kartenspiel berei tete. Es war dasselbe wie in der Garnisom das Jeu war eine der; hauptreize der geselligen Zusammen- « fünfte. Und so geschah es, daß Aer gerade ietzt, wo Clara der zartesten Rücksicht bedurfte, häufig übellaunig, kurz angebunden und aufbrausend Mc. Clara litt im Siillen, doch tain nie eine Klage über ihre Lippen und nie ein Vorwurf Sie war eine viel vornehme Natur« als daß ie je hatte merken lassen, wie «. Meterle sie diese häufigen langen shoesenheiten empfand. So oft er s : g von ihr verabschiedete um nach . « · Stadt zu fahren stets zeigte Je B dieselbe gleichmiithige, freun - M Tza es aber fühlte sie sich . .- d und hinfällig Eine Ums-!- sieckte ihr in allen « nnd eine dumpfe angänlle s s - it. W bend toesianallwlleeM wurde ihr l nun beisa brach derDämmetung das Anspannen befahl, konnte sie sich eines unwillkür lich klagenden Ausrufes nicht erweh ren. »Was hast Du, Schatz?« fragte et verwundert. Mit Mühe drängte sie die Thränen zurück, die ihr körperliches Leiden und ihr-e seelische Erregung ihr in die Au gen ttieben. ; Könnt-est Du heute Yicht einmal zu Haufe bleiben, Aer? fragte sie zaghaft, in befcheidenern Ton. Er runzelte die Stirn. Jhre bit tende Frage kam «hm sehr ungele en. »Gönnst Du mer das bischen er gnügen nicht?« fragte er etwas rauh zurück. Sie sah ihn betreten an. und nun konnte sie die Thränen doch nicht län ger zurückhalten, die ihr unaufhalt sam über die blossen Wangen rannen. Aer von Düringshofen stand wie aus Kohlen. Gerade heute durfte er nicht fehlen. Er hatte das letzte Mal eine größere Summe an Herrn von Alten verloren. Der Rittmeifter hatte ihm für heute Revanche versprochen, und er selbst, er hatte ganz fest zuge sagt zu kommen. Seine Abwesenheit würde man gewiß boshaft glossiren, ihn als Pantoffelhelden verspotten. Ungeduldig stampfte er mit den Füßen auf. Claras Thriinen machten ihn vollends nervös. · »Bitte, kein-e Szene!« stieß er ärger lich hervor. »Thränen kann ich nun gar nicht leiden. Jch bleibe ja nicht lange-eine oder zwei Stunden. Ge rade heute habe ich mich durch ein Versprechen gebunden. Geh’ nur im mer zu Bett! Das Mädchen kann ja bei Dir aufbleiben. Adieu!« Er küßte sie flüchtig auf die Wange und eilte hinaus. Aber gerade in dieser Nacht kam er spät, sehr spät. Freilich hatte er die Absicht, zeitig aufzubrechen, aber das Spiel hatte ihn schließlich doch so stark gefesselt, daß er alles Andere darüber vergessen hatte. Er war einmal aus nahmsweise start im Gewinn gewesen und die Chance hatte er selbstver- . ständlich wahrnehmen müssen. Alles« was er ein paar Tage zuvor verloren, hatte er zurückgewonnen, alles. an bester Stimmung machte er sich auf den Heimweg, mit den besten Vor säßen. Jn der nächsten Zeit wollte er gar nicht mehr ausfahren, bis Claras schwere Stunde vorüber war. Als er das Schlaszimmer betrat, war noch Licht, obschon der Morgen dämmerte. Die Borhänge waren dicht zusammengezogen Und nun auf ein mal, als er sich eben dem Bett seiner Frau nähern wollte, ertönte ein dün nes, kreischendes Stimmchen, wie er es noch nie in seinem Leben vernommen. Wie vom Donner rührt. stand er einen Augenblick till. Und dann stürzte er zu Clara hin. Todtenblaß sah ihr Antlitz aus, fast so weiß wie das Kissen, auf dem ihr Kon matt ruhte. Groß und gespenstisch leuchte ten ihre dunklen Augen in dem schmal gewordenen Gesicht. Wie zerschmettert sank der große, starke Mann aus seine Kniee nieder und wie scharfe, schneidende Messer drangen die Selbstvorwürfe auf ihn ein. Während sie litt, in nnsäglichen Schmerzen sich wand, dem Tode nahe. von Angstschauern durchrüttelt, hatte er beim Wein und Kartenspiel geses sen, getrunken, gelacht unter lärmen den Freunden. Schmählich hatte esr seine Pflicht mit Füßen getreten, rück sichtslos, roh, brutal. «Clara, liebste Clara!« stammelte er zerknirscht, voll bitterer Reue, »kannst Du mir verzeihen?« Und sein Gesicht« von dem alle Weinröthe geschwunden war, zuckte vor tiefster Bewegun . Da traf ein schaåferljslüsterhauch sein Ohr. . xe .« Mit einem Ruck war er in die Höhe und beugte sich über sie. Von ihrem bleichen Gesicht strahlte ihm Milde und verzeihend-e Liebe entgegen. »Es ist ein Knabe, Aer, einKnabe!« flüsterte sie und stolze, freudigite Ge nugthung verklärte ihr Dulderanllitz wie ein Heiligenschein. Mit einem Schauer des Entzückens beugte er sich ganz auf sie hernieder und küßte sie auf die Stirn. Und dann nahm er das schneeweiße, mit Bän dern und Spitzen verzierte Rechtss sen, in dem das tleine, hilflose Men schenkind ruhte, vorsichtig in feine beiden Arme und betrachtete das rothe, kleine Kinderantlitz, während ihm die Augen überströmten, stau nend, überglücklich. Siebentes Kapitel. Während hier ein junges Menschen weien sich zum Licht des Lebens em porrang, erlosch in der Ferne in Axels Tfriiheret Garnisvn eine müde Seele seit immer. Am Tage nach der Ge burt von Iller und Clarckö Kinde kam die telegraphifche Raxxchtt Kon ful Rebfeld war einem laganfall erlegen. ZweiTase später nhttl el zur Be erdigun. ngeo es, von-p haftes grabn Wenn der Ber ftprbene auch g ellschaftltche Bezieh ungen während emer e ten Lebend jahee nicht mehr unterha ten hatte, so war er doch durch feine angesehene geschäftliche Stellung nnd dur die verschiedenen Ehrenäinter, die er une gehabt, eine der angesehenstrn und be kanntesten Persönlichkeiten der Stadt. Axel reiste noch an demselben Abend wieder ab. Er ließ sich nicht einmal die Zeit, seine Kameraden vom Re i ment im Kasino aufzusuchen il dem Amtsrath Katienbusch, dem Gat ten seiner Kousine, und mit dieser selbst wechselte er nur während des Begräbnisses ein paar Worte. Es zog ihn zu Frau und Kind zurück. Beson ders um Elara war er in Sorge und das brennende Verlangen, durch liebe volle, sorgfältigste Pflege wieder gut zu machen, was er verschuldet, ließ ihm keine Ruhe. Die Wochen und Mo nate verstrichen in ruhigem, abwechse lungsarmem aber löstlichem fried lichem Siillleben. Clara hatte-Ich vouig wieder erholt uno auch oer rieine Reinhold — diesen Namen hatte der kleine Weltbürger in der Taufe erhal ten —- gedieh prächtig und erfüllte die Raume des Herrenhauses von Caris hagen mit seinems chmetternden Ge schrei, Reinhold hatte vor Kurzem sein erstes Lebensjahr vollendet, als eines Tages eine Gestellungsordre vom Be zirksiommando einlies. Der Reserve leutnant, der vor seinem Avancement zum Premier stand, wurde zu einer achtwöchentlichen Uebung zu seinem alten Regiment einberufen. So glücklich sich auch Axel inCarls hagen fühlte, die Einberufung« war ihm doch nichts weniger als unange nehm. Ein-e kleine Unterbrechung des stillen eintönigen Landlebens konnte sicherlich nicht schaden. Sein noch jugendfrischer, lebhaften heitererSinn sehnte sich nach ein wenig mehr Ab wechslung und Aufregung. ch Ge selligleit, Lärm und nach de trauten Kreise lieber, fröhlicher Kameraden. Clara freilich erschrak im Stillen, »wenn sie es sich auch nicht anmerken ließ. Aber die Ordre war da, dage ;gen war nichts zu machen. Außerdem ’freute sichsAxel auf das Avancement. »Es blieb ihr nichts übrig, als sich mit guter Miene in die Trennung n fügen. Jhr blieb ja Reinhold, der ie viel in Anspruch nahm und sie reich lich beschäftigte Da würden ihr die Wochen schnell genug vergehen. Aber » der arme Axell Wie würde er die Trennung von seinem kleinen Liebling ertragen? E Als sie ein paar Tage vor dem Ge-: stellungstermin diesem Gedanken Aus druck gab, zeigte Arel anfangs ein be troffenes Gesicht und starrte eine Wei le nachdenklich zu Boden. Plötzlich aber leuchtete auf seinem Gesicht der Wiederschein eines befreienden Ent schlusses. .Weißt Du. Schatz« rief er in sei ner frischen, munteren Weise, »wir trennen uns überhaupt nicht. Wir bleiben alle drei hübsch beisammen.« »Aber wenn Du doch fort mußt!« »Freilich muß ich fort. Aber was hindert Euch, mit mir zu kommen? Tante Rehfelo wird unj schon siir die acht Wochen Obdach geben. Meinst Du nicht?« Auch in Clara schlug anfangs die Freude jäh auf. »Ach ja! Wie schön! Gewiß, das ist das Allerbeste!« Aber wunderbar, je näher der Tag heranrückte, da sie von dem stillen, friedlichen, ihr so lieb gewordenen Carlhagen scheiden sollte, desto mehr verringerte sich ihre Freude und ihre Luft. Jm Gegentheil, ganz sonder bar unruhig und beklommen wurde ihr zu Muthe. Eine unbestimmte Furcht ergriff sie, wie die Ahnung von allerlei Ungemach, das ihrer in der fernen Stadt wartete. Wenn sie sich nicht gescheut hätte, und wenn es ihr nicht lieblos und rücksichtslos erschie nen wäre, sie hätte Arel am liebsten gebeten, sie und Reinhold zu Hause zu lassen. s Die Frau Konsul war mit Freuden i aus Axeks Bitte eingegangen. Es; war ihr sehr erwünscht, einmal die; Einsamkeit von Ban « »Sorgensrei« ; durch jüngeres Voll ein bischen belebt zu sehen. Und so sidelte denn Arel an einem schönen Herbsttage mit Cla ra und dem tleinen Reinhold und in Begleitung von zwei Dienstmädchen nach seiner früheren Garnisonsstadt iiber und nahm in Billa »Sorgensrei« Jin der oberen Etage, die ihm mit sei ner kleinen Familie ganz engeräumt worden war, Quartier. Während der ersten paar Tage kam das junge Ehepaar kaum zur Be sinnung. Da waren so viele Besuche zu machen bei allen verheiratheten Osfizieren in der Stadt und bei ei nigen anderen Familien, die zu dem Vertehrgtreise der Ossiziere gehör ten. Fast Alles war noch heim Alten. Jm Regiment waren wenig Verände rungen geschehen, nur zwei oder drei neue Herren waren da und zwei Ver heirathungen hatten inzwischen statt gefunden. Aber der gemiithliche ta nieradschastliche Ton war noch der alte und Axel fühlte sich vom ersten Tage an so wohl und vertraut im Ossizierstorps, als wäre er nie von ihm geschieden und alt wäre ei noch heute, was es ihm einst gewesen« die Familie, die alles ersehtu Eltern und Geschwister. Auch sonst war in der Stadt wenig von Neuerungen zu spüren, nur die irma J C. Rehseld war in IT ehseld und Kompagnie umgewandelt und here Guntermann, der frühere Prokurist, war als Wgn on in W maeingetrethie anser ihm ttwe und dein abwesend-en Ecken des verstorbenen Konsuls ge r . Einer der ersten Besuche des jun gen Ehepaares galt der Familie Kat tenbusch. Das herz beö Landwir thes freute sich in Aer, ais sie« aus das Plantikowek Gebiet kamen. Es mußte sür jeden Landwirth ein Ge nuß sein« zu sehen, in wie musterhaf tecn Zustande alles war, Aecker. Wie sen, Forst, und zuletzt der Wirth schaftshos mit seinen langen Scheu nen und sauberen Ställen. Der Amtsrath war als der beste Land wirth der ganzen Provinz bekannt. Außer Plantitow, einer großen Be sitzung von sechstausend Morgen, über deren Bewirthschaftung Herr Kutten busch selbst die Oberaufsicht führte, besaß er noch ein kleines Gut —- Lai senfließ —- über das er einen Arnnini strator gesetzt hatte. Der Amtsratb empfing die Gäste ;nit der ihm eigenen derben Herziich eit »Ma, alter Junge," vegruszre er Aer, der die. Ossiziers - Uniform trug, ,,’rnal wieder ’n bischen Sol dat spielen? Wurde Dir wohl hül lisch langweilig auf Deiner Sand büchse, dem Carlåhagem wie?« » Und zu Clara gewandt, der er aus ? dem Wagen half, setzte er lachend hin- : zu: »Daß-en da wirklich ein Wunder vollbracht, gnädige Frau. Begreife wirklich nicht« wie Sie das Kunststück fertig gebracht haben, den Bruder Sausewind da an seine heimathliche Schalle zu fesseln." Frau Ada zuckte mit einer Miene der Jndignation die Achseln, um an zudeuten, daß sie der Derbheit des Gatten nicht billige. I Axel erstaunte, als er seiner Ku lsine gegenüberstand Sie hatte sich sin den letzten zwei Jahren aussallend verändert. Die Ehe schien ihr ausge zeichnet zu bekommen. Sie war stark geworden, ihre Büste hatte sich präckp tig gerundet und das kleine Enbon hoint, das sich sichtbar martirte, gab ihr etwas reizvoll Frauenhastes. Auch in dem Ausdruck der Züge lag etwas Reises-, Ernstes, das der jungen Frau in den Augen dessen, der sie nur als lustiges, übermüthiges, ausgelassenes junges Mädchen gekannt hatte, einen neuen Reiz verlieh. Wenn der Zug um den Mund und der Blick der tier väs flackernden Augen, in dem ein Ausdruck von Unruhe, von geheimer Erwartung und stiller Unzusriedenheit lag, nicht gewesen wäre, die junge Frau Amtsrath hätte als der Typus der zufriedennen, musterhasten Haus frau gelten können. Arel reichte seiner Kusine galant den Arm, während der Amtsrath mit lara voranschritt. »Ich mache Dir mein Kompliment, Ada.« flüsterte Arel seiner Kusine mit einem Blick aufrichtiger Bewunderung zu, »Du bist schön geworden —- noch schöner, wollte ich sagen. Wirklich, als junges Mädchen warst Du anzie hend. als junge Frau bist Du gera dezu« —- er suchte nach einem Aus druck — »geradezu herückend." Sie lächelte; der verklärende Schein inniger Genugthuung glitt über ihr Gesicht. .Geh’,«" sagte sie totett. »Ich bin nicht mehr daran gewöhnt, Schmei cheleien zu hören.« »So? Und Dein Gatte, der Dich anbetet!« Die Linien um den Mund vertief ten sich und gaben dem ganzen Gesicht etwas Bitteres, Spöttisches. »Seine Schmeicheleien würde ich ihm gerne erlassen,« versetzte sie hart, »Du kennst ihn ja. Seine Manieren und selbst seine Artigkeiten haben alle etwas -——,« sie stockte einen Moment; in ihren Mienen trat ein Zug von Ge ringschätzung hervor, »na, sagen wir: sie haben alle etwas Rustikale5.« Er sah ihr erstaunt in’ö Gesicht. Sein Blick glitt unwillkürlich über ihre vollen Wangen und über die run den Konturen ihrer ganzen zur Behä bigkeit neigenden Gestalt. Sie guckte mit ihren Schultern und wars die Lippen auf. »Konntest Du das glauben?« Sie deutete mit einer unnachahenlichen Gebärde verstohlen nach dem ahnungs los Vorausschreitenden, der eben die Thür der Veranda öfsnete und seine Begleiter-in eintreten ließ. «Ja, wenn das Glück nur in dein guten Essen und Trinken bestände und in dem äußeren Luxus!« · »So? Lebt Jhr denn nicht glück t l ) Jn Arel regte sich ein leises Unbe »hagen. Und um deni Gespräch eine landete Wenduna zu geben, fragte er: »Ihr habt wohl viel Verlehr?« l Sogleich löste ein ziiikiedeneg, leichtsinniaes Lächeln den ernsten, dü steren Ausdruck auf dem Gesicht der Amtsrättpin ab· »Das ist noch dag- Einzigr. Wenn das nicht wär’ . . .!« Sie waren oben auf der Veranda angelangt und Das kurze, aber in haltsoolle Gespräch nahm ein Ende-i Es war eine Flucht von fünf neben-l einanderliegenden Zimmern, die sichl den Blicken der Eintretenden eröff netr. Die Einrichtung war pracht-i voll und gediegen und legte von demI Uederfluß des Besitzers beredtes Zeug- Z niß ab. Eine Erfcischung wurde auf getragen, man stieß an und eine leb hafte Unterhaltung war bald im Gange. Axel jedoch konnte eine ge wisse Zerstreuthett nicht besiegen. Ada«i vertrauliche Mittheilungen gin gen ihm tin Kon herum Betstphlen beobachtete er das un gleiche Ehepaar. Der Rastatt-, in dessen Charakter es nicht la . sich viel ist-ans aufzuerlegen und eine way-· seen Gesinnungen und Gefühle zu ver ;bergen, war ohne Zweifel ein sehr . örtlichen liebevoller Ehegattr. Man Hfah feinen glänzenden, voll inniger jGenugthuung strahlenden Augen an, »daß er auf seine hübsche, junge Frau stolz war, und daß er noch immer verliebt in sie war wie ein Bräuti gam. Freilich, fene Zärtlchleit äußerte sich nicht immer in zarter Weise. .Er faßte sene junge Frau plötzlich zunter das Kinn oder er versetzte ihr Hmit seiner flachen Hand einen lichtv lsenden Schlag auf den Rücken. Dem entsprachen die Namen, die er in über lirömender Liebe seiner Frau gab, und-die bald »mein MäusckkM und Jnoch geschmackvoller bald »mein Nu ckelchen« lautetm · ) Wunderbar war, daß Ada das alles jmit lächelnder Miene hinnahm und ihrem Gatten freundlich zublinzelte und zunickte, als wäre sie wer weiß wie angenehm berührt und erfreut durch seine ungenirten Liebesbeweisr. Jhr Gebahren stand so ausfallend im Wi derspruch mit ihren vorher geäußer ten Worten, daß Axel innerlich nicht aus dem Staunen heraustam und sich irn Stillen den Kopf über die Frage zerbrach: Heuchelte sie jetzt oder hatte sie hoher geheucheM »Na, Diiringshofen,« forderte der Amtsrath nach einer Weile auf, »nun lornm’ mal mit, nun lassen wir die Damen ’n bischen allein. Jch will Dir mal meine Ställe zeigen. Jch habe mir ein paar neue Kutschen pferde angeschafft, die werden Dich in teressiren. Und auch das andere Vieh zeug — na, da sollst Du mal etwas sehen, alter Junge! . .« »Wie findest Du meinen Mann?« fragte Frau Ada, als sich die Thiir hinter den Davongehenden schloß, und heuchelte eine lächelnde, gutmüthige Miene. »Er fcheint rnir ein gerader, ehrli cher, biederer Charakter«, versetzte Cla ra, nicht nur aus Höflichleii. »Ja, das ist er, ein guter, lieber Kerl und er thut mir, was er mir an den Augen absehen kann. Mein Gott, findest Du nicht, die Männer sind im Grunde so gut und so schwach, so furchtbar schwer .'«« Sie lächelte leicht sinnig, ein wenig sriool. »Man muß nur verstehen, sie bei ihrer Schwäche zu nehmen. Jch kann meinen Mann um den lleinen Finger wichtan (Fortsetzung folgt.) ---—--.-—-——— Unheimliche Erinnerung. Der Giordana Brand-Bund plant eine SchillersAngstellung im Biblio thekgsaale des Berliner Rathhauses," welche, nach der außerordentlich regen Theilnahme von osfiziellen Kreisen, Korporationen und Privaten iu schlie- ; ßen, ganz besonders reich und interes sant ausfallen dürfte. Neben Wolfgang stirchlsach ist auch mir, so erzählt Viktor v. Neitzner in der Täglichen Rundschau, die Leitung irtsertragen und ich habe in erster Linie in meiner eigenen Bibliothek Nach shau gehalten. Bei dieser Gelegen heit fiel mir ein Schiller-Album in die Hände, welches Freunde des Dich ters in der neuen Welt zur hundert ;«a·hrigen Wiederkehr von Schilleer Geburtstag, iin Jahre 1589, bei Schäfer ö: Koradi, Philadelphia, her ausgegeben. Ohne jedweden Zusammenhang be- » siridet sich in diesem Bande von einein Llnonhinus, der W..K. zeichnet, auch eine Erinnerung an Lenau, die eigen artig genug ist, um der Vergessenheit entzogen zu werden. Laßt sich doch sit-S ihr sogar mit einer gewissen Be stimmtheit feststellen, daß des Dich ters Geist schon während seines Aus trthaltes in Amerika getrübt war. W. K» der den Herausgebern wohl als glaubwiirdig bekannt sein mußte, da sie ja sonst seinen Beitrag, der doch in einem Schiller geweihten Fest Land nicht zu suchen hatte, gar nicht gebracht hätten, schildert nun sein.Er lebniß mit Lenau folgendermaßen: Es war ein schöner, talter Herbst inorgen im November 1832, an wel ckem vier muthige Pferde mit dem Postwagen aus dem Städtchen Fade sick, in Maryland, aus der Straße nach Hegerstown hintrabten. Indem Postwagen saßen nur zwei Reisende; der eine ein schmächtiger, mittelgroßer Mann mit edlem, ossenern Gesichte, einer seinen, schönen Stirn, unter welcher ein feuriges Augenpaar her rorblitztez der andere, der Schreiber dieser Zeiten« damals ein neunzehn iähriger Junge. Der schwarze Schnurrbart des ersten und das hart lose. rothwangige Gesicht der- letzteren ließen deutlich ertennen, daß beide Reisende Fremde, Neulinge im Lande der Freiheit seien. Ein gutes Frühstück, die frische Ylorgenlust und der Wohlgeruch echter Havannas Cigatren hatten den Humor jener Reisenden so sehr gesteigert- dasz sie in jovialern Ueberrnuthe jedes Mädchengesicht, dessen sie aus der Straße ansichtig wurden, ob ihrer freundlichen Grüße erröthen machten. So waren die Reisenden nur noch wenig: Meilen von Frederick entfernt, als r Wagen vor einem an der Stra e stehenden einsamen hause plötl halt machte. Ein Weib von ungeheuren Dimen sionen, mit sahtenn schwainrnigem Ge sicht, trat aus der Thilr und watschelte dem Pastwa en zu. Der Wo en stöhnte ais e sich aus dein Mit el » den sie mit ihrer hutschaehtel vol lendi aussiillte, utnm und ohne Guts uniederliek it kräftiger and W Exil-:- ges-» Wie-!- » f Mit fragenden Blicken hatte i den Dichter Lenau, denn er war der ·ltere der beiden Reisenden, angeschaut, nnd auch er schien sich über dieses Unge heuer in Unterröcken zu entsexem Endlich stieß er ein: ,,Monstrum or ribile« aus, das ich mit einem: »Welch ein Gräuel« erwiderte. »Was sprecht Jhr dat» tnurrte uns eine widerliche Stimmesam und der Kopf der gemästetenGorgowandte « sich uns zu Lenau blies die Wolken seiner Ci garre zum Wagensenster hinaus und gab leine Antwort, und ich verhielt »ich gleichfalls still, denn meinen ge iinaen Vorrath von englischen Phrai sen hatte das lnurrende Ungethiim m vclliqe Unordnung gebracht. »Ihr dürft hier nicht tauche-it· herrschte uns plötzlich das fette Weib auf Englisch an. Wir thaten, als ver itiinden wir sie nicht« doch schnell fuhr der halbe Leib des Kolosses zum Fen ster hinaus, und »Halt, Kutscher!« erllang es nun nach vorte. Der Wagen hielt, der Kutscher wollte wissen, was es gäbe, und die fette Riesin teuchte ihm zu, daß wir sie mit unserem Rauchen belästigten nnd ihrem Befehle, die Cigarren weg zuwerfem tein Gehör schenkten. »Sie dürfen hier nicht rauchen, wenn es die Dame belästigt,« —- er schallte die Stimme vom Kutschon und wir Armen sahen uns genöthigt, die lieben Rauchstengel we zuwersen. fSichtlich verdrossen warf ich Lenau sin feine Wagenecke, während ich in fder meinigen die Unholdin ver wünschte, denn ihrer gelben Gesichts :sarbe konnte der Tabatrauch unmög lich Nachtheil bringen. Wir waren so in tiefstem Schwei aen wohl eine Viertelstunde weiterge sahren, als mich Lenau lateinifch an redete, und mir erllärte, daß er sich nun verrückt stellen würde. Jch müßte dem Weibe, falls es überhaupt Fra gen an mich richtete, sagen, da er wahnsinnig wäre und auf dem Wee zum Jrrenhause sei. Jch begriff zwar nicht sofort, was er damit be ;.vecte, ging aber ohne weiters auf den Scherz ein« Einige Minuten später begann Le nau so eigenthiimlich mit der Zunge zu fchnalzen, daß sich unsere Quäle rin ganz verwundert umfah, und als sie ihm in«g Gesicht blickte, schnitt er ihr ein so fraßenhasteg Gesicht, daß sie sich ebenso schnell wieder abwandte. Ich that nun so, als ob ich ihn mit ruhigem Wort besänftigte, er aber schnalite nur um so lauter und pfiff dazwischen in fo grellen Tönen, daß sich sogar der Pferdebiindiger verwun bert umschaute. Da nun aber das Pfeifen im Postwagen nicht polizei widrig ist, so ließ uns- unser Dio inedes ungeschoren. Trotz meiner gefliisterten Warnun qen fing Lenau nach einer Weile von Neuem an und stieß dabei ungariiche Laute aus-, die selbst dem wilden Schlachtrus der Jndianer alle Ehre gemacht hätten. Die Person auf dem Mittelsiß wars sich mit einem Ruck auf den Itiicksitz des Wagens und riß auch die Entschachtel an sich. —-—— Jsch erinnere mich nicht mehr, ob sie mich erst freiste. was es mit dem fremden Herrn iit eine Bewandtniß habe oder ob ich ihr ungefragt Austunft ertheilte, je denfalls fliifterte ich ihr zu, daß der Lerr zuweilen solche Anfälle habe, die ihn jedoch nicht im Gerin« ften gemein gefiihrlich machten, was csie schon da raus ersehen könne« da man ihn mir, einem jungen Menschen anvertraute, der ich ihn jetzt auch in’s Jsrrenhaus brächte. Lenau betleidete meine Erzählung mit Händellatsckxn und Fratzen scbneiden, wobei es der Frau immer unheimlicher wurde. Als sie nun vollends bestätigt sah, daß sie mit einem Jrrsinniaen in einem Wa en sei, ließ sie rasch das linle Fenster herunter, schrie dem Kutscher zu, an zuhalten, warf ihre Schachtel zur ichnell aeöfsneten Thiir noch während dir Fahrt hinaus und wälzte sich ihr, sobald die Pferde zum Stehen ge bracht waren, eilends nach. Lenau ver-beugte sich gegen unseren Plagegeist aus dem Wagen. grüßte sie mit hosinännischer Grandezza, nnd dann erscholl ein Gelächter aus depPosttutiche, das den homerischen Helden Freude gemacht hätte. « Als wir uns umsaben, stand das entsetzte und entsetzliche Weib mitten »auf der Landstraße neben ihrer hat Ischachtel, wir aber griffen nach Stahl Inn-d Stein, und bald dampften zwei s frisch angebrannte Cigarren zu beiden Wagensenstern hinaus. Zwölf Jahre später, wieder im Monat November, erhielt ich einen Brief vom alten Vaterland, in dem man mir anzeigte, daß Lenau wirklich wahnsinnig geworden sei und in eine Jirenanstalt gebracht werden mußte. Da- iiberlam mich ein tieer Grauen, denn ich erinnerte mich jenes gemein samen Abenteuers, und meine Ter nen flossen fiir den theuren Freund, dessen herrlicher Geist nun in Wabe deit umnachtet war. Wenn es sich damals nicht fchon in Wirklichkeit um einen lleinen, vor übergehenden Wahn nnsanfall ban belte, so liat der Zu all jedenfalls ern Zeltsames Spiel getr eben. Manchct ist schon abgestumpft fe gen den Tabel, aber noch immer ! - lig für das Lob. Oft Ein treffliches Schau’n ist das Jn Ichschau’n — O daß eö doch nie unterbliebeL Das beste Vertraun ist das Selbst vett rau n, Selbstlisbt U- schlechteste Liebs