Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 23, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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Nile-tin nnd Beldenmuth.
Von A. Oslar Klaußmann.
Vorn Kriegsschauplan in Osiasiem
too seit länger als einem Jahre einer
der blutigsten Kriege iobi, welche die
Weltgeschichte jemals zu verzeichnen
hatte, kommt die Nachricht, daß Rus
sen und« Japaner leidenschaftliche
Raucher sind und daß sowohl die ge
sunden und diensisähigen Soldaten,
wie die Verwundeien in gewissen Au
genblicken nichts so sehr vermissen, als
den Tabak: die Cigarre oder die Ci
gareiie. Die Kriegsberichterstatter
schildern uns-, wie in den japanischen
Lagern ein Dutzend Japaner um ein
Wachtseuer herumsitzen und sich an
einer einzigen Cigarette, die von
Mund zu Mund gehi, deleltiren; wie
in den russischen Stellungen bei Mul
den die Mannschasien stundenlang ei
nem Ossizier nachschlichen, aus den
Augenblick wartend, wo er seinen Ci
garrenslummel von sich wars, um
dann nach diesem Rest zu greifen und
sich den langentbchrten Genuß des
Rauchens wenigstens siir kurze Zeit
zu verschaffen. Die Aerzie berichten
uns, wie die Japaner-, welche bekannt
lich die schrecklichsten Verwundungen
mit fast übermenschlichem Muth und
heroischer Geduld ertragen, mit zer
schmetterten Gliedern aus den Trag
bahren liegen, aber fröhlich ihre Ci
garette dampfen, wenn ihnen eine sol
che gespendet wird. Empört verwies
der russische Batteriechef in einem der
Kämpfe am Schaho einem der Attil
leristen, der bei jeder feindlichen Gra
nate, die herantam, sich ängstlich hin
ter das Gefchiitz duckte, seine Feigheit;
aber der Mann antwortete ruhig:
»Herr Kapitän, ich thue es nicht aus
Furcht, ich will nur meine Tabak
pseise retten und vor dem Zerschossen
werden behiirtcn, es ist die letzte Pfeife
in der Batterie.«
Es ist aber nicht etwa erst der jetzige
Krieg in Asien, durch den der Werth
des Tabais siir den Soldaten im
Felde festgestellt worden ist, sondern
das Interesse des Soldaten siir das
Nitatin geht zurück bis in die Zeit des
Tit-jährigen Krieges. Dieser trug ja
gerade durch die Soldategta, die aus
Ha«1nd, aus- Spanien, Frantreic1;,
Portugal, aus Schweden und Däm
marl nach Deutschland lam, dazu bei,
dar- Rauchen populär zu machen und
zu verbreiten.
In den Ländern ,in denen viel ge
taucht wird, wie in Südamerila, ge
hört der Tabal zum Solde des Sol
daten. Er erhält ihn nebst den anderen
Nahrungsmittelm weil er als unent
behrlicbeg Lebensmittel betrachtet
wird. Ebenso liefern fast sämmtliche
Staaten, in denen das Tabalmonopol
herrscht, wie zum Beispiel Italien,
Frankreich, Oesterreich, den Soldaten
eine gewisse Sorte Rauchtabal entwe
der gratis oder fürs einen geringen
Preis. Jn der österreichischen Armee
wird ein besonders guter Tabat den
Soldaten auf Kredit geliefert, und an
jedem Zahltag rust der Fiorporal die
Mannschasten zum »Tabatlegen«.
das heißt zum Bezahlen des Tabaks
Dieser Tabat ist so vorzüglich, daß
die österreichischen Soldaten mit den
ihnen gelieferten Paleten Handel trei
ben, da es auch unter dem Civilpubli
tum eine Menge Liebhaber dieser Ta
batsorte giebt. Um aber zu verhin
dern, daß die Soldaten ihn gewerbs
mäßig vertausen, wird jedem Mann
monatlich nur ein bestimmtes Quan
tum geliefert.
Auch als die deutschen Truppen in
den Jahren 187()—71 im Feleug ge
gen Frantreich waren, wurde ihnen
sowohl in Form von Liebeögaben wie
auch osfiziell Tabak, namentlich Ci
garren, geliefert. Wo die Truppen bei
der Oitupation einauartiert waren,
mußten ihnen die Städte nicht nur
das Essen, sondern auch per Tag ge
wöhnlich eine halbe Flasche Wein und
vier bis sechs Cigarren pro Mann lie
fern.
Tobak und Heldenthum sind im
Kriege häufig miteinander verbunden
gewesen. Während des ganzen Feld
zuges von 1870——71 gingen die
deutschen Osfiziere mit der brennen
den Cigarre im Munde, ihren Trup
pen weit voran, in’s Feuer.
Der deutsche Nationalheld Bliicher
hatte ein Faktotum, einen Husaren
Namens Hennemann, stets in seiner
Nähe, der bei dem Feldmarschall das
Amt eines Pseifenstopfers bekleidete.
Mitten im Gefecht hielt Hennemann
neben seinem Herrn und reichte ihm
eine frisch gestopste·Pseife nach der
anderen. Selbst die Engländek er
kannten den Hekoisrnus des Feldmar
schallö Bliicher und seines Hennemann
in der Schlacht.vonWaterloo an. Eben
warBlitcher mit den Preußen auf
dem Schlachtfeld von Waterloo er
schienen, um den schwer-bedrängten
Engländern Hilfe zu bringen, alg er
von Hennemann eine Pfeife begehrte
Dieser reichte ihm die lange holländi
sche Thvnpfeise Jm selben Almen
blick aber explodirte eine Granate vor
dem Pferde Blitcher3, nnd die
Sprengstticte trafen auch die Gips
pfeife und zerschmetterte sie vollstän
dig.
nStops mir eine neue Pfeife, « sagte «
Blüthen und wenige Minuten darauf
dampfte er gewaltige Rauchwolten
während rings um ihn die Granalen
einschlagen.
»Halt mir eine neue Pfeife parat,'«
befahl Bliichetz »ich muß den Satu
mentern von Franzosen näher auf den
Leib.« Dann setzte sich der Feldmar
schall an die Spiye einer Angriffs
Kolonne, mit der er die Franzosen
aus ihren letzten Positionen hinaus
warf. Erst spät am Abend kehrte
Blücher zu der Stelle zurück, wo
Hennemann stand. Er fand den
treuen Pfeifenstopser aus mehreren
Wunden blutend, aber mit einer frisch
gestopften Pfeife in der Hand. Es
war Wellington, der englische Feld
herr, der diesen Heldenmuth des bra
ven Hennemann höher stellte als den
feiner Schotten, die sich mit wahrhaft
bewundernswerther Todesverachtung
auf die Franzosen gestürzt hatten.
Feldmarfchall Bliicher, der ein sehr
feiner Diplomat zu sein verstand, er
llärte aber:
»Die Sache war fiir Hennemann
nicht so schwer; er hatte Tabak, und
der fehlte Jhren Schotten.«
Bis zum letzten Augenblick rauchte
Seydlitz vor der Schlacht bei Roß
bach seine kurze Thonpfeife. Als er sie
in die Lust warf; war dies das Zei
chen zum Angriff fitr die preußische
Kavallerie, die sich wie ein Wetter
sturm auf die überraschten Franzosen
warf und sie binnen einer Stunde
vollständig schlug.
Bei Gravelotte stand, wie uns-Fürst
Bismarck erzählt, die Schlacht eine
Zeitlang recht ungünstig siir die
Deutschen. Man wartete seit länger
als einer Stunde auf das Eintreffen
von Verstärkungen, die immer noch
nicht erschienen. Unbeweglich saß
Moltke auf seinem Pferde und über
blickte das Schlachtfeld. Bismarck
wußte, daß er auf eine direkte Frage
keine Antwort erhalten würde; er ritt
an Moltke heran und bot ihm seine
Eigarrentasche. Jn dieser befanden
sich noch eine sehr gute und eine min
derwerihige Cigarre. Moltte warf ei
nen Blick auf die Cigarrentasche und
nahm die gute Cigarre.
Das war für Bismarck ein Zeichen,
daß der große Schlachtenlenter noch
nicht verzweifelte, denn sonst hätte er
nicht noch einen Blick fiir die Einschäis
hung der beiden Cigarren gehabt. Als
unmittelbar darauf Moltke die gute
Cigarre tauchte, soll auch Kaiser Wil,
heim gesagt haben: »Die Sache steht
noch nicht schlimm, Moltke raucht
noch.«
Einen hübschen Scherz, der den
Vorzug hat, noch nicht veröffentlicht
zu sein, erzählt man sich aus dem
Feldzug von 1966 heute noch bei ei
nein der oberschlesischen Regimenter,
die meist polnischen Ersatz haben. Bei
dem raschen Vormarsch der Preußen
nach Böhmen war der Tabak zu Ende
gegangen, und Ossiziere und Mann
schaften litten gleichmäßig unter dein
Mangel alles Rauchbaren. Eine
Kompagnie lag in einem kleinen Orte
in Quartier. Niemand hatte etwas
zu rauchen; Nachmittags lzum Appell
aber erschienen zwei Polen mit dam
pfenden kurzen Tabakspfeifen.
»Wo habt Jhr den Tabak her?-«
fragte der Hauptmann.
»Herr Hauptmann, wir haben so
viel Tabak, daß wir darauf schlafen,«
erklärten die Soldaten.
Jn einem Quartier fanden die bei
den Leute Matratzen mit Seegras
ausgeftopft, und da die biederen Po
laclen bisher nur gewohnt gewesen
waren, aus Strohfäcken zu schlafen,
gnnten sie überhaupt Seegras nicht.
ie hatten es vielmehr fiir Tabak ge
halten, und da ihr Geschmack nicht be
sonders oerwöhnt war, tauchten sie
das Seegras anstatt des Tabaks.
Auch während des Burentrieges
haben die englischen Soldaten nichts
fo schwer empfunden wie den Mangel
an Tabak. Während der Belagerung
von Ladysmith wurde dieser so rar,
daß ein Pfund mit 80 Doll. bezahlt
wurde, und ein Packet von zehn Giga
retten, welches man früher für 71.-««
Cents erhielt, lostete das Fünfund
zwanzigfache. Die unglaublichsten
Surrogate für Tabal wurden von den
Soldaten in Ladhsmith und auch
sonst während des Burenfeldzuges
verwendet. Besonders benutzte man
getrocknete Theeblätter zum Rauchen.
Jn den Blechbüchsen für Cornedbeef
wurden am Wachtseuer die nassen
Theebliitter getrocknet und dann ge
taucht. Sie sollen einen gräßlichen
»Genufz« gewährt haben, und nur die
Verzweiflung über den Mangel an
Tabal lonnte die englischen Soldaten
veranlassen, dieer Surrogat zu rau
eben.
Dem Feldzuge in der »Krim im
Jahre 1855 verdankt England die
Verbreitung des Rauchens. Dort galt
besonders in der guten Gesellschaft
das Nauchen früher für durchaus
unanständig. Noch heute darf ja in
England nur in besonderen Ziimnern
getaucht werden, und die Herren der
guten Gesellschaft tragen dabei beson
dere Anzüge (Smotings), damit die
Kleider-, mit denen sie sich in Gesell
schaft zu den Damen begeben, nicht
nach Tabat riechen. Vor 1885 war
aber das Rauchen in England über
haupt verpönt, und man betrieb es in
London heimlich, ebenso wie may-. in
—s
Deutschland besondere Lokalitäten
hatte, in denen man rauchte, die soge
nannten »Tabagien«, die allerdings
nicht nur Rauch-, sondern auch Trink
stätten waren. Während des Mini
trieges, den bekanntlich England,
Frankreich, Sardinien und die Tür
kei gegen Russland führten, wurden
zeitweise die Nahrungsmittel knapp,
und die englischen Ofsiziere und
Mannschaften lernten von den Tür
ken, daß der Genuß einer Cigarre
oder einer Pfeife Tabak den vor Hun
ger bellenden Magen wenigstens für
einige Zeit beschwichtige. So ge
wöhnten sich die englischen Offiziere
das Rauchen an, und durch sie kam es
nach England und fand dort solche
Verbreitung, das-: es schließlich als
eine berechtigte Gewohnheit auch in
der guten Gesellschaft anerkannt wur
de. Der König von England ist be
kanntlich selbst ein sehr starker Rau
cher.
Auch von General Kuroki, dem
Führer der Japaner in der Schlacht
am Yalu, erzählt ein Kriegsberichter
statter, wie er mit staunenswerther
Seelenruhe von einein erhöhten
Standpunkte aus die Schlacht leitete
und dabei ununterbrochen Cigarre aus
Cigarre tauchte. Für den Feldherrn,
der in einer entscheidenden Schlacht
eine ungeheurliche Verantwortung aus
sich hat, von dessen Handeln nicht nur
das Leben von Tausenden seiner Sw
daten, sondern auch das Wohl nnd
Wehe seines ganzen Vaterlandes ab
hängt, mag in solchen Augenblicken
der Spannung das Rauchen ein wah
res Labsal und ein Berulsigungömittel
sein. Gleichzeitig aber regt es auch
die Nerven und damit die geistige Thä
tigleit an.
Das Rauchen der kurzen Thonpseise
im Feldzuge hat bekanntlich der un
vergeßliche Kaiser Friedrich als Kron
prinz populär gemacht, und man kann
sich aus den Bildern aus den Jahren
1870—71 die männlich schöne Gestalt
Des damals in vollster Gesundheit und
Mannestrast prangenden Kronprinzen
von Preußen kaum denken, ohne daß
der unvergeszliche Führer die charatte
ristische kurze Tabakspfeife in der
Hand oder im Mund-: hat·
Ein 21ut0mobil-Unsall.
Erzählung von PaulGerold.
Paul Eberlein saß tief in Gedan
ken versunken in seinem kleinen Land
hau«5. Er hatte soeben ein sehr ein
faches Mahl verzehrt, denn feine
Kasse war ziemlich leer. Und sie hätte
doch sehr, sehr voll sein können, wenn
er den Wünschen seiner Tante nachge
geben, oon der er abhängig war. Er
besaß zwar eine kleine Rente, aber
die war immer nur am ersten jedes
Monat-J fällig —— und heute war erst
der zehnte. Also noch zwanzig Tage!
Ja, was sollte denn da eigentlich wer
den? Sollte er nachgeben? Sollte
er sich wirklich zu einer Heirath ohne
Liebe zwingen, in eine solche Ehe hin
eintreiben lassen?
Und doch —- es war eigentlich das
einzige Mittel, sich aus seiner pein
lichen Lage zu befreien.
»Sie will mich in ein vergoldetes
Nest setzen, das statt mit weichen Fe
dern mit Disteln und Dornen gesitt
tert ist!« murmelte er. »Nein, liebe
Tante, das machen wir nicht! So
lange ich noch ein Dach über meinem
Kopf habe und nicht zu verhungern
brauche, so lange heirathe ich Deine
Marianne Treutler nicht! Niet«
Bei diesen Worten nahm er einen
Brief, den er soeben geschrieben, und
klebte eine Marte darauf.
Jn diesem Augenblick wurde heftig
an der Haustlingel gezogen·
,,Nanu? Wer tann denn das sein?
So spät?«
Er lief hinaus und öffnete die
Hausthür. Auf der obersten der drei
Stufen, stand ein bildhiibsches, jun
ges-« Mädchen und hinter diesem ein
vor Niisse triefender, junger Mann.
»Ach, bitte, dürfen wir hier eintre
ten?« fragte das Mädchen halb la
chend, halb ängstlich. »Wir haben
nämlich schauderhaftes Unglück ge
habt!«
»Aber, bitte, treten Sie nur näher.«
Paul führte die beiden in sein Wohn
zimmer. »Es riecht hier zwar nach
Zigarren,« sagte er, doch es ist das
einzige Zimmer,- in welchem geheizt ist.
Und mein Diener ist leider augenblct
lich nicht zu Hause.«
Er sah seine Besucher genauer an.
Das Mädchen war hübsch —- ganz ver
teufelt hübsch, groß und schlank mit
goldblondem Haar und lachenden
grauen Augen. Aber der junge
Mann? Paul hätte am liebsten laut
ausgelacht. Er hatte noch nie in sei
nem Leben ein so armseliges Subjekt
— wie er ihn innerlich nannte — ge
sehen. Der junge Mann sal) aus, als
wollte er jeden Augenblick ,,los heu
len «
len.«
»Wir sind nämlich mit unserem
Automobil direkt in den Teich gefah-l
ren,« erzählte das junge Mädchen.
»Mein Bruder stürzte topsüber ins
Wasser.« ,
»Und Sie?« fragte Eberletn, der
sich unchristlicherweise weit weniger
fiir das verunglückte, als für das nicht
verunglückte Menschenkind interes
sirte.
»Ich? O, ich habe mir nur den
Rocksaum etwas naß emacht!« lachte
sie. »Aber der arme ritz« —
»Mich friert ganz schauderhast,«
warf der arme Fritz kläglich« ein.
»Ich werde Jhnen gleich einen an
dern Anzug geben.«
«,,Wenn es Ihnen nicht zu viel Um
stände inachit, so wäre ich Jhnen recht
dankbar, wenn ich ein Glas Rum
oder Kognak oder noch lieber ein Glas
Grog haben und mich ein wenig ins
Bett legen tönnte,« versetzte der junge
Mann, an dem das Wasser in kleinen
Bächen heruntertrippte.
»Kommen Sie mit,« sagte Eber
lein und sührte den Gast in sein
Schlaszimmer, wo er ihm rasch ein
Glas Grog bereitete und es ihm be
quem machte. Dann eilte er zu der»
Dame zurück.
»Ich habe es Ihrem Bruder ge
müthlich gemacht,« berichtete er. »Er
scheint sehr besorgt um sich zu sein.«
»Ach ja,« bestätigte sie, »der arme.
Fritz ist ein bischen außer Fassung ge- :
kommen. Seine ganze Fassung liegt
im sTeich — wenn er je welche gehath
hat.« ’
Sie lachten beide bei der Erinne-»
rung an die erbarmungswürdige Ge
stalt und es schien Paul Eberlein, als
läge s:swohl im Ton, wie iiberhaupt
im Wesen des jungen Mädchens ein
Theil Verachtung für den zimperlichen
Bruder. Dann stand er plötzlich auf.
»Jetzt werde ich aber ein kleines
Abendbrot für Sie besorgen.«
Kurze Zeit darauf kehrte er mit ei
nem Brett zurück, auf welchem ein
frugales Mahl stand; beide setzten sich
nieder und aßen und schwatzten ver
gnügt
»Sie wohnen hier ganz allein-«
fragte das Mädchen.
»Ganz allein. Aber, bitte halten
Sie mich nicht etwa für einen Geiz
hals. Nach dem bescheidenen Mahl
hier dürfen Sie nicht urtheilen. Es
ist nur das Resultat meiner Thorheit
— oder wie meine Verwandten sagen:
meiner Boshastigkeit, daß ich mir
Sklizghlleben und Reichthum verfcherzt
,a e.«
»Und nun müssen Sie die Strafe
dafür erdulden?«
,,Jawohl,« antwortete er lachend.
»Es thut mir nur leid, daß auch Sie
darunter leiden müssen.«
Auch sie lachte. »Mir gefällt das
außerordentlich!«
»Trotz der bedauernswerthen Lage
Jhres Bruders?«
»Hm — ja. Es ist wenigstens
Freiheit!«
»Ach ja, Freiheit!« Sein Inter-v
esse für das junge Mädchen stieg im
mer höher. »Auch Sie haben fchon
trübe Erfahrungen in dieser Hinsicht
gemacht?«
»Ja, leider. Das ist ja bei uns jun
aen Mädchen nun einmal nicht anders.
Es ist die alte Geschichte vom Heira
then.«
»Ach — man will Sie zu einer Hei
rath zwingen?«
Sie nickte. »Als ob wir armen Ge
schöpfe zu weiter nichts auf der Welt
da wären!«
»Sie sind der Ehe abgeneigt?«
»Mit einem Mann, den »Andere«
fiir mich ausgesucht haben, unter allen
Umständen!«
»Ich kann da mit Jhnen fühlen,«
sagte er warmherjig »Also darum
sinr Sie wohl mit Jhrem Bruder da
von gelaufen?«
»Natürlich! Jch wäre mit dem er
sten Besten davongelausen.«
»Ah!« machte Eberlein. ,,Schade,
daß ich nicht zur Stelle war. Sie sind
also mit der Wahl, die Jhre Familie
für Sie traf, nicht einverstanden?«
»Absolut nicht! Erstens ist er arm.«
Eberlein machte große Augen. »Das
wird ja stets als ein Hauptsehler be
trachtet.«
»Nicht, wenn das Mädchen unglück
licherweise reich is .«
»Ach, versetzte er, während er ihr
eine Schüssel mit Kompott reichte,
,,eigentlich müßte uns Beide ein Band
der Sympathie verbinden. Jch befinde
mich nämlich in ganz ähnlicher Lage.«
Sie ließ den Löffel sinken, den sie
eben hatte zum Munde führen wollen,
und sah ihn neugierig an. »Sie —
wieso? Oh, ich verstehe! Sie sollen
ein Mädchen um ihres Geldes willen
heirathen? Und Sie wollen nicht«-!
Das ist recht!«
Er wies stumm aus oasI Laoiern
»Mir schmeckt Butter, Brot und
cchinken mit Liebe besser, als Austern
und Champagner ohne Licbe.«
»Es sreut mich daß Sie so spre
chen « bemerkte sie.
»Ich habe vorhin meiner allgewalti
gen Tante geschrieben daß ich ihr den
Willen nicht thue. Jch wollte den
Brief gerade forttragen, als Sie ka
men. Hier ist er!«
Er schwenkte den Brief vor ihren
Armen und unwillkürlich siel ihr Blick»
auf die Adresse.
»Frau Marie Klammenstein!« ries
sie rasch ausstehend. »Und
Frau Klarnmenstein,
oh, Sie sind doch nicht etwa Paul
Eberlein?«
»Ja, der bin ich allerdings!« Dann
siiate er hastig hinzu:
Sie sind doch nicht etwa — Marianne
Treutler?«
»Und Sie — .
es warE
die mit Mama
»Ja, die bin ich allerdings,« atnwor- l
tete sie mit einem unbeschreiblichen Ge- «
sicht.
»Und vor mir sind Sie also davon
gelaufen?«
»Ja. Das Schicksal hat mich aber
direkt zu Jhnen geführt, wie es
scheint.«
»Und ich wünschte, wir könnten die1
Reise zusammen fortsetzen« i
»Das kann nicht sein,« gab sie mit»
verlegenem Lachen zurück. !
»Oh, wie dumm, wie schrecklich
dumm bin ich gewesen!" rief Paul be
dauernd »Ich wollte meiner Tante
nicht glauben, als sie mir versicherte,s
Marianne sei —- sei —- nun, was Sie
in Wirklichkeit sind, Marianne —
Verzeihung — wollte sagen Fräulein
Treutler. Doch nun —- dars ich die
sen Brief ins Feuer werfen?«
,,Thun Sie es lieber nicht, Herr
«Eberlein!«
»Auch nicht, wenn ich mein Vorge
hen tief bereue und um Verzeihung
bitte.«
»Sie kennen mich doch garnicht. Sie
können den Brief Vielleicht später ver
wenden.«
»Oh, Marianne!« Er ergriff ihre
Hand. Jn diesem Augenblick riß es
draußen an der Hausklingei.
Paul ging und öffnete. Vor ihm
stand —- Frau Treutler und seine
Taute.
»Hier ist sie! Gerade hier! Das
ist doch aber unglaublich!« rief Frau
Klammenstein verwundert.
»Ja, hier ist fie. Schade, daß Jhr
mich gefunden habt!« entgegnete Ma
rianne trotzig.
»Ein Brief für mieh?« fragte Pauls
Tante und nahm das auf den Tisch
liegende Schreiben zur Hand.
,,Einen Augenblick, liebe Tante,«
fiel ihr Neffe hastig ein. »Ich möchte
erst etwas wissen, ehe Du den Brief
liest. Fräulein Treutler, es kommt
auf Sie an, ob meine Tante den Briefi
lesen oder ungelesen verbrennen soll «
Eine Pause trat ein.
Dann lächelte das junge Mädchen
schelmisch und sagte:
»Werer Sie ihn lieber ins Feuer,
Frau Klammensiein!«
Ein interessant-n Grabfrmdx
An der Lelkendorfer Chaussee bei
der mecklenburgisehen Landstadt·Tete
row erhebt sich eine sanft ansteigende
Anhöhe, die im Volksmunde die Be
zeichnung »Pudelberg« führt. Hier
wurden an mehreren Tagen Ende
April unter Aufsicht des Professorsz
Belt3-Schwerin Auggrabungen vorge
nommen, bei denen man etwa Nil
Meter unter der Ackertrnme ein Don
velgrab aus dem 2.bi-J Z. Jahrhun
dert nach Christo freilegte.
Jn jeder der beiden, aus Steinkr
aebildeten Grabkammern lag in der
Richtung von Nord nach Siid eine
Leiche. Während die Leid-en selbst
völlig vergangen sind, und an ihrer
Stelle nur eine schwarzbraune, mit
inochentheilen vermischte Erdschirht
.2,nrijeigeblieben ist, zeigten sich die
Gegenstände, die man einst vor etwa
1700 Jahren den Todten mit in’L«
Grab gegeben hat, theilweise noch
" trohlerhalten. Neben der einen Leiclis
) lag ein großes, breites eiserne-:
ISchmert mit bronzenem Brand in
einer mit Knochen vertleideten Holz
scheide, ferner ein schwarzer, thöner
ner Trintbecher, eine Schale mit
bronzenem Fußring bronzenem Hals
beschlag und hölzernen Wandungen
sowie die Reste von zwei römischen
Schalen aus geblasenem griinlieien
lsezto blauen diinnwandigen Glas-.
Die Funde bei der anderen Leiche set:
ten sich zusammen aus einem römi
sstchen Würfel, der quadratsiirmia
wie die jetzt gebräuchlichen, nur etwas
flacher ist (die Augen auf dem Wiirfek
sind nicht gelocht, sondern mit Tod
nelringen eingravirt), weiterhin aus
einem römischen Spielstein in Kegel
form, einigen abergläubischen Zweck-Hi
dienenden sog. Zirähensteinem einem
init Henlel versehenen Bronzetessel
und einem aus Holz nnd Eisen be
. tehenden Geräth, das auf dem Ge
- rippe lag und dessen Ztriect nicht ersicht
t lich ist. Zwischen den beiden Leichen
stvurden noch die Knochen eines Thie
s res gefunden.
i Man kann dieses Gsrabdenkmal
wohl als das eines Germanenfiirsten
i aus der Periode der Markommannen
triege ansprechen, da es zweifellos
einer Zeit entstammt, in der römische
Gebrauchs- und Luxusgegenstände in
größerer Menge als Handelswaare
und als Beutestücke oder auch als Ge
schenke römischer Kaiser in den Besitz
germanischer Häuptlinge und Krieger
gelangten.
Gedankensplitter.
Mit hohen Ab- und Vorsätzen kippt
man leicht um.
Auf der Jagd nach dem Glück kennt
man keinen ,,Anstand«.
Es giebt unpraktische Leute, die
durchaus jeden Fisch mit den Gräten
essen müssen.
Es giebt Leute, die nur dort eine
Theilnahme zeigen, wo es etwas zu
theilen und zu nehmen giebt.
Vor Gericht.
Amtsrichten »Huberbauer, wann
sind Sie geboren?«
Huberbauer: »Herr Amtsgerichts
rath, i wan selbst nit genau, so vor
62 Joahren, moane selige Mutter
lebte a noch!«
Ein Schlimmsten
Neffe: »Lieder Onkel, ich möchte Dir
endlich ’mal das Geld wiedergeben,
das ich Dir nach und nach abgepumpt
habe. Es müssen mindestens 25 bis
30 Mart sein.«
Onkel: »Ja, genau weiß ich das auch
nicht, ich hab’ mir’s nicht aufgeschrie
ben.«
Neffe (schmunzelnd): »Na, da wol
len wir’s Getvisse für’g Ungewisse
nehmen — 15 Mark waren es sichert«
Das Recken-few -
A.: »Jhreö Herrn Vaters, des alten
biederen Seifensieders, kann ich mich «
noch recht gut erinnern!«
Parvenü (verlegen): »Ja, es«hat
eben jeder sein Steckenpferd.« Das
Seifensieden war halt so eine Passion
von meinem Alten!«
Ein Schlatter-ist
Gast: »Aber Herr Wirth, Sie haben
ja hier eine Pauke ftehen!«
Wirth: »Ja, sehen Sie, früher stand
hier ein Klavier, da haben nun manche
Gäste wie verrückt darauf herumge
pcukt, nun habe ich eine Paule hinge
stellt, vielleicht spielt jetzt Jemand da
ran Klavier.«
Kleines Mißverstättditiß.
Schuldner (dem eine Rechnung vor
gezeigt wird): »Heut kann ich die Rech
nung nicht bezahlen; Sie werden noch
jein bischen auf das Geld warten müs
en.«
Kommis: »Schön, das hat mein
Chef auch gesagt.«
Schuldner: »Was hat er gesagt?«
Kommis: »Ich sollte auf das- Geld
jvarten.«
VII-haft
»Hast Du meinen Vierlobungsring
schon gesehen?« fragte die junge Braut
in der kleinen Stadt ihre Freundin.
»Ja, ich hab’ ihn schon bemerkt.«
»Und weißt Du auch, woher ich ihn
habe?« fragte sie stolz, das Kleinod in
der Sonne schimmernd lassend.
»Well,« meinte die Freundin, das
Nägchen rümpfend, Jedenfalls aus der
Großstadt, denn hier in unserem Neste
««.1iebi’g keine Abzahlungs - Juwelieri
Geschäfte.«
Ein guter Kerl. "
Präsident (zumAngeklagten): »Also,
Mandelkern, das Gericht hat Sie zu
vier Monaten Gefängniß verurtheilt.
Da Sie aber fünf Monate in Unter
suchungshaft gesessen sind, wird die
rkiber Sie verhängte Strafe hierdurch
ils verbüßt erachtet, und können Sie
somit jetzt dieses Haus verlassen!«
Vertheidiger (gereizt): ,,Also war
nein Klient um einen Monat länger
in Untersuchungshaft, als die über ihn
Jerhängte Strafe ausmacht!«
Angeklagier: »Aber meine Herren,
Ttreiten Se nir wegen dem! Hab ich
alt fürs nächste Mal ’n Monat gut!«
Merkwürdiger- Zusammenhang
Gefrieiter Kleppke: ,,Wo warst Du
Ja lange, Müller, fast drei Wochen
«iab’ ich Dich nicht gesehen.«.
Gesteiter Müller: »Ich lag im Gar
iisonlazareth, denn ich vor« drei Wo
izen meiner ersten Flamme begegnet.«
Mangellpafte Einrichtung.
Freudim »Wie, Du kannst Deinem
zjjitann nicht einmal einen Knopf an
säl)en?«
Junge Frau: »Ach, ich könnte schon;
tlser wir haben ja gar keine Näbmas
«-.«Iiine!!«!!
Vorschlag.
Bauer: »Sie wollen a Arbeit? Isa,
sckiie soll i denn an Thierstimmenimi
Iior l«esc(7iiftiaen.«
Artistt «Vielleicht im HühnerstalL
Ia glauben die Sommergäste, sie krie
Jtsn allelveil frische Eier.«
Idol-cit.
Herr: »Trauer kleidet Sie sehr gut,
snein Fräulein.«
Fräulein: »Ja, das miiß ich selbst
sagen; wenn bei uns einer gestorben
Est, dann habe ich immer die meisten
·?3-erel)rer!«
Grund.
Erster Einbrecher: »Du willst ’ne
Wittwe mit zehn Kindern heirathen,
Leide?«
Zweiter Einbrecher: ,,JuWo-hl, Ede!
. · Dei erleichtert meinem Verthei
diger das Vertheidigen ganz erheb
lich.«
Schrecklichet Traum.
»Ach, in dieser Nacht hatte ich einen
schrecklichen Traum! Mir träumte,
»ich unternähtne in einer funkelnagel
neuen Toilettn eine Reise im Luftbal
lon und stüre dabei aus schwindelns
der Höhe aus eine frisch gestrichene
Bank!«
Vorbereitung.
»Sie wissen ganz genau, daß Ihn
Zimmerherr, der Schauspieler, dem
nächst Benefiz hat?«
»Gewiß, er läßt ja bereits seines
silbernen Lorbeerkranz blank putzenX
Sie kocht.
Dame: »A, Marie, die dummen
Konsetvenbiichscn. Jetzt habe ich nun
das schärfste Messer, das Rasirmesset
von meinem Mann genommen und
ich kriege sie doch nicht auf!«
Aug sialarh
A.: »Was, der privatisirende Schnei
dermeister Zwirn baut sich jetzt eine
Villa?«
B.: »Ja, der will seiner Frau ge
genüber nicht länger ,,villenlos« seini«
Unter Gauner-in
»Heute ist in meiner Stammlneipe
eine prachtvoller Ueberzieher gestohlen
worden; den Dieb hätte ich erwürgen
können!«
»Man-Z denn der Deinige?«
»Nein, aber ich hatte es auch auf
ihn abgesehen!«