Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 23, 1905, Sweiter Theil., Image 11

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    Oft-net Ehr-ihrka non
IIizzie hmkatengkr.
N00160« Wen-'s
die Eckspieri
enz, wo ich CU 1
sellem Zitkus- ;
dag gehabt heu, !
die liegt mich!
noch in meine
Vohus Es !
war answer
auch zu schreck
lich. Der
Philipp, was mein Hosband is, der
hot jetzt off Kohts den Laehf an
mich gehabt un sagt, for die ganze
Geschicht könnt ich mich ganz
alleins blehme; wann ich die Kids ih
ten Mehwalt hätt nemme lossc, dann
gatt ich all die Eckieitement un e ganze
att Eckspenzes sehfe könne. Sein
Tripp for die Butve zu hole, hätt ihn
dreißig Dahler gekost, blos for den
Tripp un die Miehlsx awwer bieseids
das hätt er noch e ganze Latt spende
müsse for die Zertuspiebels, wo die
Butve in steht genomme hatte un for
die Ectspenzes. Der kleine Bnb hätt
ein von die Ellefants mit en Bria
stiein an sein Backezahn geschmisse un
e Stict so groß wie e Kuhtummer ab
geworfe. Do hätt er off Kohrs auch
for den Demmetsch bezahle müsse; bie
seids das hätte die Buwe noch e ganze
Latt annere Sache angestellt mit ei
nem Wort, for den Spaß hätt et
ganz iesig en Tripp nach die alte Kon
trie mache könne. Aus allem dem
deht hervorgehn, daß e Frau, wann se
schmatt wär, immer ihren Mann
folge dcht un wann et aesaat hätt, die
Buwe könnte ihren Mehwahk nemme,
dann hätt ich lein Bißneß gehabt es
zu resfjuhf-e· Den Weg hot er mich en
ganz gehörige Rohst gewwe un ich hen
noch nit e Wort sage könne. Meine
ganze Ahrguments wäre flätt gefalle,
bikahs er is so recht gewese. Jn sel
len Augeblict hen ich awwer auch mein
Meind ufsgemacht, daß ich von jetzt
an ihn emol die KidH menneische losse
wollt. Was ig die Jahr-, hen ich zu
mich gedenkt, daß ich alle Riespannsii
billithee ufs mich nemme duhn: er is
der Pa un ich denke, es is nit mehr
als sehr, wann er auch sein Sichehr
von den Truhel hot. Phil, hen ich ge
saat, ich denke du bist recht un jetzt
will i chdich emol ebbeg sage. Von
jetzt an duhst du zu die Fiids tende un
was du sage duhst das geht un du
werscht nit sinne, dafz ich noch emol
intersehre duhn. Do hot er geschmeilt
un hot gesagt, Lizzie, hot er gesagt,
ich kann nit sehn, for warum du nit
schon lana zurück so riesenehbel gewese
bist. Jetzt kannst du emol sehn, wie
mer die Buwe mennetiche duht. Dann
is er an die Frontdohr gange un hot
die Kids zugehallert, se sollte emol in
seit komme. Wie se do ware, do hot
er ein nach den annere genomme un
hot se aanze schrecklich verhammatscht.
Wie er mit dorch war, do hen se all
do erum gelege, als wann se das Was
ser hin gedriwwe hätt un hen ge
greini, daß mich fascht das Herz ge
broche is. Der eine hot sich sein Kopp
aeriwwe, der annere seine Ahrms un
die mehrschte hen sich den Platz ge
riwwe, wo mer die Pehnties am
mehrs te mende muß. Jch hen schuhr
gedenk , der Philipp wär krehsig gan
ge. Wie er e wenig Ahdem geschöpft
gehabt hot, do hot er gesagt: »Ihr
uwe, Jhr werd wunnere, sor warum
Jhr die Licken kriegt habt. Ich wills
euch sage: daß is nur e Lessen gewese;
den Weg geht’s euch von jetzt an im
mer, wenn ihr euch nit behehse duht
un die einzige Differenz werd sein«
daß ich nit mehr meine Fist juhse, son
dern e Kehn un wo der hinsährt do
wächst kein Gras mehr. Jetzt will ich
Euch awwer auch zeige, was ich duhn,
wann ihr gute Buwe seid. Bennie wie
alt hist dui Dreizehn, hot er gesagt.
Do hot der Philipp ihn dreizehn Cents
ewtve un hot gesagt, die derst er
spende. Den Weg hot er’s mit ·edem
von die Buwe gemacht, soviel Ja r so
viel Pennies hen se kriegt; awwer er
hot gar nit genohtißt, daß ihn die
mehrschte Buwe um e paar Jahr ge
tschietet hen. Jch hen auch nicks ge
sagt, awwer ich hen doch meine Oppin
jien von den Phil kriegt. Jch duhn
mische, Sie hätte die Buwe sehn könne·
Wei, die hen ihren Pa geifchiert wie
alles un hen gesagt, es dehi gar iein
bessere Pa gewwe. Der Bennie hoi
gesagt: ,,Kids, nau iissen. 6ishr habt
jetzt gesehn, was häppene duHL wann
ihr nit behehft, awwer das is noch nii
all. Wann ich augfinne, daß Jhr
nicksnutzige Streich mache dicht, dann
ficks ich euch, daß Jhr denken duhi. en
Mjuhl hätt euch geiicit, un dann kann
der Pa seine Duitie duhn.« Dann
sin se all autseii gange un es hoi den
sganze Daq keine bessere un zufriede
nere Kids gewwe. Se sin schön zu
den Sopper heim komme, keiner war
dreckig un se hcn kein Neus gemacht;
se hen ihr Hobmweri for die Schui ge
macht, sin schön in ihr Bett ganae,
miiaus zu feiie un ich muß sage, ich
hen gefühll, als wann ich gar keine
Kinner hätt. Den Weg hen se nur ge
iicki, wann se krank geworde sin. For
hewwen Seins-, hen ich gedenii, es
werd doch nicks höppene2 Zwische Jhne
un mich, es hoi mich ebbes akfehlt
Es is mich zu iweit in den Haus ge
wese. Der Philipp der war alliwwer
Schmeic. Well, hot er gesagt was
denkst du von meine Pallisiei Ich hen
gesagt, es wär ahlrechi un do is er
zu den Wedeöweiler ganar. Dort hat
ser sich for lauter Siegesfreude en
ggnz schreckliche Dust geholt un wie er
nn in die Nacht heim is kommen, do
hot er en Foß in den Haus gerehst als
wann e ganzes Retschiment do wär.
Ich sin wach geworde un so sin die
Kids eins nach den annere is erunner
geschnielt komm-e un in die Darkneß
hen se nit ausmache könne, wer’sch war.
Se hen k-ontluhdet, daß es en Burs
ler wär un was wer’n Se denke, se
hen sich uss ihren alte Mann gesterzt
un hen ihn so verschmisse, daß er kein
Glied mehr muhse hot könne. Wie
er an den Flohr gelege hot, do sin se
widder in den Bewußtsein, ihre Duttie
gedahn un ihr Heim prohteckted zu
hawwe, in ihr Bett un der Phil hot
bis zum Morgen in die Hahl an den
Flohr geschlose. Bis uss die heutige
Stund wisse die Kids noch nit,«wen se
getäckelt hatte; awwer wann der Phil
nit arig diesent is, dann geb ich ihn
eweg un dann is mit seine ,,Pallisie«
ausgespielt Ei tell fuh, mer hot seine
Laschtl
Mit beste Riegahrds Yours
Lizzie HansstengeL
Geschichte der Butter-.
Der Ursprung der Butter ist zwar
unbekannt, scheint aber bis in sehr
frühe Zeiten hinaus zu reichen. Jn der
Bibel findet sich die erste Erwähnung
dieses Nahrungsmittels schon im 18.
Kapitel der Genesis, wo Abraham den
drei Engeln, die ihm die Geburt des
.Sohnes verheißen, unter anderem
Butter und Milch austriigt. Später
sagt Prophet Jesaias (Kap· 7) vom
ISohne Davids-, daß er Butter und
iHonig essen werde, und weiterhin:
-,,und wird so viel zu mellen haben, .
daß .er Butter essen wird.« Aus sol
chen Angaben hat man den Schluß
aezogem daß schon in alten Zeiten
Milch, Butter und Sahne in Palästina
ein sehr gewöhnliches Nahrungsmittel
gewesen sind
Die heiligen Bücher der Judex, die
Beden, die etwa 1500 Jahre vor unse
rer Zeitrechnung entstanden sind, spre
chen auch bereits von der Benutzung
der Butter bei gewissen religiösen Ce
remonien. Es hat danach den An
schein, daf; schon das Urvolk der Arier,
von dem die meisten europäischen Völ
ker, ebenso wie die Jnder, abstammen,
die wichtigsten Zubereitungen derMilch
getannt hat.
Die Anwendung der Butter bei den s
Opfern scheint sich nach dein Westen
nicht verbreitet zu haben, denn Homer,
Euripides, Theotrit und die anderen
griechischen Dichter sprechen zwar oft
von Milch und Käse, aber nie von.
Butter, und auch bei Llristoteles, der T
in seiner Geschichte der Thiere noch;
verschiedene mit Milch und Käse ins
Zusammenhang stehende Dinge er-.
wähnt, sagt tein Wort über die Butter.
Auch die Römer scheinen die Butter
erst von den Germanen kennen gelernt
zu haben. Plinius sagt von ihr, daß
sie eine der köstlichsten Speisen bei den
Barbaren sei. Merkwürdig genug
diente die Butter bei den Römern und
Spaniern auch dann nicht als Nah
rungsmittel, sondern als örtliches
Heilmittel in der Wundbehandlung
Der sGebrauch der Butter, wie er von
den alten Ariern eingeführt worden
war, scheint sich bei den Germanen,
Slawen und Ketten fortgeerbt zu ha
ben.
Jn den ersten Jahrhunderten der
christlichen Kirche wurde, wie Clemens
von Alexandria berichtet, Butter an
Stelle von Oel in den Altarlampen
gebrannt, eine Sitte, die sich in AM
sinien noch lange erhalten hat. Die
griindlichste Abhandlung iiber die But
ter schrieb ein holländischer Gelehrter,
Martin Schootius, im Jahre 1641.
Sein Wert beginnt mit einer sprachli
chen Untersuchung, in der er alle grie
chischen lateinischen und deutschen Na
men der Butter zusammenstellt und
ihre Entstehung sorgsam erörtert.
Dann er zählt er von den Seythen und
der bei ihnen üblichen Art der Butter
bereitung. Weiterhin beschreibt er an
dere Arten der Herstellung, die zur
eFärbung der Butter angewandtenMit
iel u. s. w. Er bestätigt den Gebrauch
der Butter zur Heilung von Wunden
und Geschwiiren in Spanien und em
pfiehlt sie außerdem als Zahnputzmit
tel. Er schließt mit der sonderbaren
Behauptung, daß es ohne die Jndustrie
der Holländer, die er als ,,Butter
bauern« bezeichnet, selbst in Indien
keine Butter geben würde.
1491 verordnete der Papst 6inno
eenz VltL in einem besonderen s- rlaß,
das; die Benutzung der Butter in der
Fastenzeittinnerhalb der Herrschaft der
Königin Anna in der Bretagne ge
stattet fein sollte, und diese Erlaubniß
wurde bald auch aus andere Provinien
ausgedehnt, jedoch nur gegen Entrich
tung von Spenden. Man benutzte diese
Mittel im Allgemeinen zur Verschöne
rung der Kirchen und namentlich zum
Bau von Thürmen, und daher tragen
viele Thurme bedeutender Kathcdralen
in Frankreich und anderswo den Na
men Butterthiirme.
Die berühmte Vassar Mädchen
Universität in Poughteepsie blickt auf
ein höchst erfolgreiches Studienjahr zu
rück . . . Nicht weniger als 50 Stu
deniinnen haben sich veriobL Jn die
ser Anstalt scheint Bedacht darauf ge
nommen u werden« das Angenehme
mit dem ützlichen zu verbinden.
III II O
Der dichtende Anfänger sieht vor
dem Verlegert »Was wird es kosten,
diese Gedichie drucken zu lassen?« —
»Hm«, jagt der Büchermann, nachdem
er die ersten Seiten durchflogen hatte,
»500 Dollarö und alle Jhre Freunde
und Bekannten.«
Eine sonderbare Geschichte.
Von Michael Sawka.
»Meine Herren, mir ist heute etwas j
sSonderbares passirt!« Mit diesen
Worten trat der Oberförster in die
Wirthsstube »Zum grünen Waldtater«
und nahm am Stammtisch Platz. »Ja
eine sonderbare, geradezu unglaublich-e ;
Geschichte,« wiederholte er mit Nach
druck.
Ueber die Gesichter der Anwesenden
ging es wie ein Blitz stillen Einver
ständnisses Der Obersörster war
nämlich bekannt wie ein schlechter Gro
schen: er log fürchterlich. Einige
schmunzelten, so der dicke Mühlen
besitzer und der Bsezirlssekretär, die
gar gewaltige Sonntagsminrode vor
dem Herrn waren und dem Jägerlatein
des Obersörsters stets verständnißin
nig lauschten. s
Der griesgrämige Apotheker aber;
knisf die Lippen zusammen und hu-’
stete. »Schon wieder?« !
Der Obersörster würdigte den
»Giftmischer«, wie er den Apotheler
stets im Stillen nannte, keiner Ant
wort nur ein verachtungsvoller Blick
streifte dessen höhnisch lächelndes Ge- -
sicht, und einen« zweiten, ergebungs
vollen Blick sandte er zur Zimmerdecke
empor, als ob er den Himmel anflehen
wollte, seinen Kumvanen doch mehr
Verständniß siir seine Jagdgeschichten
einflößen zu wollen.
»Sie thun mir, wie gewöhnlich, ge
waltig unrecht, meine Herr-ein« Der
Obersörster legte die Rechte betheuernd
aus die Stelle, wo sein ,,wildes Jäger
herz« schlug. »Es ist die lauterste
Wahrheit — übrigens habe ich Zeu
gen.«
Dr. ueothe tchwippte ungedutoig
mit den Fingern. ,,Fangen wir lieber
rn.« Er meinte das Kartenspiel. »Jhre
Geschichten haben sich noch jedesmal..."
»Ich habe Zeugen!«
Die hartnäckige Behauptung des
Oberförfters, daß er Zeugen für das
Sonderbare, das ihm heute passirt
war, habe, hatte wirklich einen Erfolg,
nämlich den: er müsse ein Fäßchen
Spatenbräu auf seine often anzapfen
lassen, wenn diese-H ,,onderbare«
eine nwahrheit sei.
Der Obersörster wehrte sich sozusa
gen mit Händen und Füßen gegen diese
»wahnsinnige« Zumuthung Es half
ihm jedoch wenig Schweren Herzens
mußte er sich fiigen Es tam ein förm
licher schriftlicher Vertrag zustande;
nur das Wörtchen »wieder« mußte auf
energisches Verlangen des Ober-för
sters vor der »Unwahrheit« gestrichen
werden.
»Und wenn die Geschichte sich als
wahr erweist, wer zahlt dann das
Fäßchen?« fragte der Oberförster, als
er den ,,Vertrag« geprüft hatte.
« Richtig! Daran hat-te nian gar nicht
gedacht. Daß dieser Fall jedoch auch
wirklich eintreten könne, war undeut
bar —- das Versäumnis; teeim »Pro
tokolliren« daher verständlich und ent
schuldbar. Und weil dabei nichts zu
eistiren war, so sagte der Apotheten
»Ich zahl’s!«
Unter nicht geringem JuVel wurde
das Faß auch sofort angeschlagen —
einer mußte ja verlieren! Dafz unter
sothanen Umständen an ein ruhiaes
Spiel nicht zu denken war, fah Dr.
Rothe ein und gab die Partie, die er
ullabendlich mit dem»Collega Bestia
Eis-'s dem Thierarzt, und dem »milden
. äger« spielte, aus. Das Bier war
frisch und kostete nichts, deshalb trat
bald die Fidelität ihre Herrschaft an.
Die löbliche Korona wurde nach und
nach lustig und fidel. Dabei wurde
gran, wie es igewöhnlich geht, undank
ar man vergaß «1anz, wem man das
Prachtbier verdanke — man vergaß
auch die sonderbare Jagdgefchichte
vollständig oder that nur so, um den
Grünrock zu ärgern. Jedenfalls ver
sprach man sich nichts von ihr und
fand es nicht der Mühe werth, sich mit
ihr zu beschäftigen. So sind die Men
schen!
Man hatte da viel Wichtigeres und
nach der Meinung der ganzen Tafel
runde viel Schöneres zu thun: Die
,,Briillaria« trat in Attivität und
feierte an diesem Abende große Tri
umphe als ,.Gesangverein«. Dann
kam der Rundgefang an die Reihe
Als der rothhaarige Bergingenieur,
der auf den an einen Zirtus erinnern
den Spitznamen »Hoppla'« hörte ——
weshalb wußte tein Mensch —- »Alt
heidelberg, du feine«, zu intoniren be
gann, erschien der Wirth und brachte
ie traurige Mär, das Fäßchen wäre
bereits leer. Allgemeine Senfation.
Schon? Unmöglich!
»Wer das Bier bezahle?« fragte der
Wirth
»Ja to, richtig, richtig: vUe Haupt
sache hätten mir beinahe ganz verges
sen,« meinte Dr. Rothe.
Sein »Collega Bestiali5« bemiihte
sich, tiefsinnig auszuführen, dasz dies
nicht die Hauptsache sei; diese wäre
vielmehr die, daß das Bier »vertilgt«
sei. Alle neigien sich jedoch der An
sicht zu —- es herrschte eine geradezu
eiihrende Uebereinstimmung —, die
onderbare Jagdgeschachte des Ober
örsters gar nicht erst anzuhören.
Dagegen protestirte scheinheilig der
!lpothker.
. »Das sann ich mit meinem Ehrge
sühl nicht vereinigen; ich will nicht aus
eine so leichte Art siegen. Vielleicht ist
sie Geschichte doch wahr. Der Herr
Dbersörster möge also nur erzählen.«
Und dieser begann: »Als ich heute
Vormittag, die Flinte auf dem Rücken,
nit meinem Dackl den Wald durch
uerte, kam ich an die abschiissige
telle, wo vor Jahren ein Jäger ver- .
Ingliickte und dort aus begraben wur
i
de. Ein Kreuz weist aus diesen Un- ;
glücksfall des braven Jagdgehilfen hin. I
Nun bot sich mir hier ein Anblick, den !
ich nicht so bald Vergessen werde: Auf l
dem Grabhügel saß einFuchs regungs-.
los neben einem Todtenkopf.«
Die Zuhörer spitzten die Ohren —
das begann wirklich interessant zu
werden.
»Als ich nun einige Schritte näher
trat, da — da geschah das tin-erwar
tete, das.Wunderbare: der Fuchs erhob
sich langsam mit dem Todtenlopf in
die Luft.« .....
Ein Gejohle unterbrach den mit ern
sier Miene sein sonderbares Abenteuer
austischenden Obersörster. Das über
stieg sogar alle Begriffe des üblichen
Jsägerlateins. Er wurde mit Stim
meneinhelligleit verurtheilt, nicht nur
das bereits getrunkene Bier zu bezah
len, sondern am nächsten Tage noch ein
Faßchen zum Besten zu geben, denn
das soeben Erzählte übersteige alles
bisher Dagewsesene und Gewohnte.
Der Apotheler sprach sogar von
»Blödsinn«.
Der Oberförster hielt dem Ansturm
heldenmüthig Stand und weigerte sich,
sich dem Urtheile zu fügen. Er ver
psände sein Wort, daß er Wahrheit
und nur die reinste Wahrheit gespro
chen habe. Uebrigens habe er Zeugen.
Der zehnjährige Sohn des Wirthes
sei auch dabei gewesen!
Eine Abordnung, drei Mann hoch,
ging nach dem Jungen fahnden, um »
ihn in die Wirthsstube zu zitiren. Als !
der »Kronzeuge« des Obersörsters er- !
schien, nahm der Apotheler den Jun- i
gen in’s Gebet. »
,,Wo warst Du heute Vormittag?«
»Im Wald.«
»Hast Du dort etwas Außergewsöhn
liches gesehen?«
j »Den Herrn Oberförster.«
s »Hm, nun ja, das ist nichts Außer
sgewöhnliches Besinne Dich nur gut. «
)—— Der Knabe schweigt verschiichtert
»Hast Du nicht« — der Apotheter
unterbricht sich lachend, so komisch er
scheint ihm die Frage —- ,,hast Du
nicht einen Fuchs und einen Todten
lon gesehen?«
»Ach ja, « sagte der Knabe aufleuch
tenden Blickes.
Der Apotheker und die Umstehenden
trauen ihren Ohren nicht.
»T«ciuschest Du Dich nicht? Wo war
der Fuchs?«
»Aus dem Hügel neben dem Kre1n.«
»an neben ihm ein Todtenkops?"
in ar«
Der Apotheler wurde ungeduldig.
Daß der zunge vom Obersörster in
struirt war, war klar. Er wollte mit
der ,,dumnien Geschichte« zu Ende
ton.nnen
»Was hast Du dann noch gesehen?«
Der Junge schwieg beharrlich.
»Nun, der Fuchs soll mit dem Tod
tentops sich in die Lust erhoben haben
und nach einer Weile verschwunden
sein Hast Du dies auch gesehen?«
fragte höhnisch der Apotheke-r.
,,«a, « schluchzte der stnabe und
siigte dann weinend hinzu: »Daran
der Dactl schuld «
Allgemeine Verbliiffung.
,,Wieso der Dackl? Weshalb weinst
Du?«
»Ich hatte, « stotterte der Jun
ge, »ich wollte nämlich die .Crhmet
terlinge sangen!« ———————
i Der Obersörster konnte sich nur
idurch schleimige-Flucht retten, sonst
Iwäre er gelhnscht worden, und der
Apotheler sank in Ohnmacht. Er
mußte aber trotzdem ,,vertragsmäszig«
Idie Zeche zahlen, weil der Obersörster
am Brüllaren Stammtisch einmal
Jausnahmsweise die Wahrheit gespro
chen hatte.
W
Aerzttnnem
Die niedizinisch gebildete Frau ist
nicht erst eine Erscheinung der Neu
zeit; vereinzelt hat eH solche zu allen
Zeiten gegeben. Die griechische Ueber
lieserung erwähnt eine Aerztin, die
Athenerin Agnovite, welche um 300
; v. Chr. in ihrer Vaterstadt Heillunde
ausübte und hohe Achtung genoß. Jm
Mittelalter waren unter der tulturell
hochstehenden Herrschaft der Mauren
die spanischen Universitäten den Frau
en zugänglich; in Spanien wie in
Jtalien gab es damals weibliche Anz
te. Jm 11. Jahrhundert, als die me
dizinische Schule von Salerno die
erste der Welt war und aus den ger
manischen und romanischen Ländern
viele Heilung suchende Kranke dorthin
zogen, übte Trotula von Ruggiero
dort die Heilkunst aus. Aus dem 14·
Jahrhundert wird Dorothea Bocchi
als Professorin der Medizin an der
Universität Bologna genannt; gegen
Ende des its Jahrhunderts ebenda
selbst Anna Mangolini und Maria
E della Donna. Jn Frankreich verbot
»ein Edilt vom Jahr 1811 den Aerzs
«ten und Aerztinnen die Ausübung
des Berufes ohne vorherige staatliche
Prüfung
» Als vereinzelte Erscheinung finden
wir hier auch noch in späterer Zeit die
inedizinisch gebildete Frau; so An
fang des Jahrhunderts Madame
Boivin. Das frühe deutsche Mittel
alter weist, soweit bekannt, derartige
Erscheinungen nicht auf. Wenn auch;
Justine Sigeinundin, (1699), als Ge
burtshelferin bedeutenden Ruf genoß,
so gelang es doch erst Dorothea Chri
stine Erxleben, geb. Leporin (1715
bis 1762) die Zulassung zum Studi
um, und nach abgelegtem Examen die
Erlaubniß zur selbständigen Praxis
zu erlangen, der sie mit Erfolg oblag.
In neuerer Zeit ging die Bewegung
zunächst von Amerika aus, wo zwei
Schwestern, Elizabeth und Emin
Blackwell, von Geburt Engländerin
nen, i. J. 144 als Studierende Auf
nahme im Geneva Medical College in
New York fanden. Jhnen folgte bald
eine Deutsche, Marie Zackrezewsla
und eine Amerikanerin, Mary Put
nam, welch letztere nach eingehenden
Privatstudien in Paris den Doktor
grad erlangte. Jn Amerika gewann
das medizinische Frauenstudium bald
festen Boden.
H
Der König von Sachsen. H
Anläßlich des Besuches-, den der Kö
nig von Sachsen kürzlich in Wien ge
macht, hat ein dortiger scharfer Beob
achter dag folgende Charakterbild des
fürstlichen Gastes entworfen:
Friedrich August, König von Sach
sen . . . man könnte es mit Schlag
worten versuchen. Zum Beispiel, daß
er »weit über die Grenzen seines Va
terlandesshinaus die öffentliche Auf
merksamkeit erregte««. Das stimmt.
Es unterscheidet- ihn sogar Von vielen
anderen deutschen Bundesfiirstiem von
manchen anderen Königen Europas
die ohne erheblichen Spektakel existiven
und die man außerhalb ihrer Grenz
pfähle so gut’wte gar nicht kennt. Den
König von Sachsen kennt man. Schon
als Kronprinz . . . das ift natürlich
auch nur ein Schlagwort Denn die
Lebensbeschreibungen großer Manar
chen enthalten immer eine Stelle, an
der es heißt: Schon als Kronprinz
Von ihm haben die Leute also
gesprochen, da er noch nichtdie Rau
tenkrone der Wettiner ·an sein hell
blvndes Haar setzen durfte.
Man könnte auch in Schlagworten
iiber ihn urtheilen Aber es zeigt sich, »
daß Schlangrte nicht ausreichen.
Das thun sie eben nie. Hier ist ein
König, dem sehr viel Trauriges wi
derfahren ist, und der ungemein fidel
aussieht.-Daran erscheint nur Eines
gewiß, daß nämlich sein fröhliches
Aussehen nicht von den traurigen Er
lebnissen herrührt. Die mögen ihn
genug geschmerzt haben Aber mög
lich wäre es, daß die traurigen Er
lebnisse in dem sidelen Aussehen ih
ren Grund hatten. Es giebt eine
Heiterkeit die Frauen ausreizt. Und
an Friedrich August ist alles heiter.
Seine hellblonden Haare. Sein dün
ner, kleiner, lichter Schnurrbart. Sein
breiter Mund. Seine wasserblauen
Augen. Dieses ganze Gesicht: breit
und kurz, init der lnappen Stirn und
dein schnell abschneidendenKinm trägt
den einen vorherrschenden Ausdruck:
Heiterkeit. Ohne weitere Komplizirt
heit. Ohne tiefere, ohne sinnreichere
Nebenbedeutiiiigen. Einfach, primi
tiv, fimpelt heiter. Ein König mit
» einein bürgerlichen Antlitz. Ober bes
E ser: wie ein harmloser Truppenofsi
’ zier. Wohl-genährt, von der frischen
Lust aeröthet, von des Gedankens
Bliisse verschont, ohne den Ehrgeiz,
schneidig oder gar iniposant zu sein;
; zufrieden, wenn Speis und Trank gut
» schmecken. Der Mund zeigt Lust an
’Ueppigkeit, ist iiiit feinem Lächeln,
»das sich breit in die runden Wangen
schiebt, von derben Scherzem von ein
fachen Spässen beständig uinschwebt
i Es mag ein Vergnügen sein, ihm Wi
tze zu erzählen und ihn dann lachen zu
ssehen. Die Nase ist leutselig genug,
sgewöhnlich zu sein. Eine Nase, die
s fich bescheiden senkt, die den ariftotra
s tischen Schwung verschmäht. Eine
’ Nase, die jeder schlichte Mann sich lei
.sten dürfte. Man hat den ganzen
»Menschen schon oft gesehen. Freilich
war er da nicht der König von Sach
sen, sondern irgend ein wackerer Krie
ger. Schlägt iiiaii den Jahrgang
1870 der Gartenlaube nach, dann be
gegnet man aus den Patriotischen
Bildern aus deni Franzosentrieg bei
nahe auf jedem Blatt diesem Typus.
Oder in den illustrirten Soldatenge
schichteii von .Hackländer· Von harm
losen Zeichnern illustrirt. Anton v.
Werner wäre der richtige Pinsel, die
sen König zu malen.
Aber sollte sein innerstes Wesen
durchschlagen, käme es nicht daraus
an, seine äußeren Jnsignien, sondern
seine verborgendfte Art herauszubrin
gen, so daß nian sogleich den ganzen
Menschen begreift, und sich Worte
sparen kann, dann müßte ein anderer
ihn malen: Wilhelm Busch. Dieser
Meister, der Max und Moritz gezeich
net hat, der den Humor der Juvenilen
so gütig und so tief erfaßt, wäre der
Porträtist für Friedrich August. Es
wäre freilich kein Bildnifz fiir die
Illmengalleriaaber fiir die Zeitgenos
sen ebenso wie fiir die Nachwelt eine
authentische, aufschluskreiche Erklär
ung des Schicksals das Friedrich Au
gust zu tragen hat.
Nämlich: Es giebt Schultamera
den, die man im Leben nicht wieder zu
erkennen vermag. Alles an ihnen hat
sich verändert, ist reiser, ernster, ist an- »
ders geworden. Den kleinen Jungen,!
mit dem zusammen man die Schul- «
bank gedrückt hat, sucht man vergebens ;
in den Zügen des Mannes-, der einem l
nach Jahren zufällig gegenübertritU
Dann wieder giebt es Kameraden, die s
noch ganz so aussehen wie damalss
Sie sind größer, stärker geworden,;
haben einen Bart bekommen, etwas ;
Fett angesetzt, das ist alles· Sonsti
aber sind sie sich gleich geblieben. Man s
erkennt sie aus den ersten Blick. Es
sind noch dieselben tnabenhaften Ge
bärden, dasselbe jugendliche Wesen,
dieselbe Art, zu sprechen, zu gehen und
zu stehen, den Kopf zu halten, Kleider
und Hut zu tragen. Friedrich August
gehört zu ihnen. Er ist in seinem
ganzen Wesen immer noch von seiner
FKindheih von seiner Kindlichkeit mu
«spielt. Er trägt sein Bäuchlein ganz
naiv vor sich her und merkt es kaum,
daß in der Uniform die ,,Brust het
aus« soll. Er hat die Gesten, mit de
nen die liebe Jugend den Ernst der
Erwachsenen markirt, und er ist die
Schüchternheit der Jugendjahre noch
nicht los geworden, wird sie wohl nie
mals los werden. Er macht auch kein
ernst-s Gesicht; das gelingt ihm kaum.
Vielmehr nimmt sein Antlitz einen
angestrengten, leicht betrübten und
verschreckten Ausdruck an, und man
denkt an einen Jüngling, der geschul
ten wurde.
Es ist schon denkbar, daß dieses
Wesen einer anspruchsvollen, in ih
rem Temperament nach Jllusionen
schmachtenden Frau nicht genügt, daß
es ihr zu rasch ausgeschöpft, zu durch
sichtig, zu leicht ergründlich ist. ’Aber
fiir den Mann ist das höchstens ein
Malheur; kein Verschulden. Jetzt, da
man Friedrich August, den Vielbe
sprochenen, aus derNähe besehen kann,
vermag man es auch, durch ihn hin
durch die Gestalt der Frau, die ihn
verlassen hat, deutlicher zu erblicken.
Sie hat ihm damals-, in jenen ersten
Tagen ihrer offenen Auflehnung, nur
seinen steten Prinzengehorsam gegen
die königliche Gewalt vorgeworfen.
Sonst nichts. Dieser Gehorsam, die
ses sichtbare Zeichen einer strengen Er
ziehung, steckt ihm heute noch in den
Gliedern. Das kurze Königthum we
niger Monate hat die Uebung langer
Jahre noch nicht vermischt. Noch
scheint ihm das Besohlenwerden ge
läufiger als das Befehlen, und be
trachtet man ihn, dann stellt man sich
leicht den einfachen Konflikt wieder
her, dessen Ergebniß Genf und Lin
dau und Florenz heißt: wie eine re
voltirende, respektlose, spottlustige, zu
spöttischem Uebermuth geneigte Fran
ennatur zu toben begann neben einem
Gatten, den Familienehrfurcht, Folg
samkeit, stummes Ertragen und mili
tärifche Disziplin statt aufbrausender
Jmpulse leiteten; und wie sie dabei
die Geduld verlor, so völlig verlor,
daß sie die kurze Frist, die man nach
menschlicher Vorausstcht noch zu war
ten hatte, nicht mehr ertrug. Wenn
man ihn jetzt betrachtet, dann erscheint
der Leichtsinn, der die Königin von
Sachsen zur Gräfin Montignoso
machte, doppelt verhängnißvoll. Denn
neben Friedrich August, dem König,
wäre Luise so frei gewesen, wie sie
net-sen Friedrich August, dem Kron
prinzem unfrei, beobachtet und im
Hofiwang lebte. Sie selbst gab das
zu, hat es selbst erklart, daß nicht ihr
Mann sie jemals beengt, jemals ver
trieben hätte; und damit mag sie tvohl
die Wahrheit gesprochen haben, denn
alles an diesem König sieht wie Nach
giebigkeii aus. Möglich, daß er manch
mal barsch sein, daß er eigensinnig
aus einem Entschluß beharren mag,
mit dem Eigensinn jener Naturen, de
nen es an Willensstärle und Selbst
bewußtsein fehlt. Von einer Frau
vollends von einer geliebten Frau —
hätte dieser König sich sanft regieren
lassen, dieser hellblonde, rothwangige,
lächelnde König, mit den rundlichen,
weichen Schultern, mit den kindlichen
Gebärden, dem das Jmposante nicht
geläufig ist, dein der Helm im Nacken
sitzt, und dessen Wesen Wilhelm Busch
mit ein Paar Strichen zu zeichnen ver
möchte.
Man ist natürlich versucht, nicht
blos Luisens Vergangenheit, sondern
auch ihr künstiges Schicksal aus des
Königs Mienen zu errathen. Ein
Kunststück ist es nicht. Vermöchte sie
es jemals, bis zu ihm vorzudringen,
sie tönnte leicht wieder Macht iiber ihn
gewinnen. So aber wird er den ern
sten Vorstellunaen der Minister, dem
Andrängen der Rathgeber jenes ange
strengte, traurige Gesicht zeigen, das
wie gescholten aussieht, und wird sich
fügen, wird nur wünschen, der schwie
rigen, unerquicklichen Debatte zu ent
wischen, um jenseits davon sein Lö
cheln wieder zu finden.
Man muß gerecht sein; muß ihm
wünschen, daß er völlig über diese Ka
tastrophe hinwegtommt. Denn wenn
man gerecht ist, wird man sich erin
nern, daß er sich in dieser ganzen un
glücklichen Geschichte glänzend be
nommen hat. Schweiasam, ohne ei
nen Laut ertrug er die Bitterkeit des
ersten Skandals, ertrug es, daß der
königliche Vater ihm die zwar treu
lose, aber immer noch geliebte Frau
mit Worten, die wie Peitschenhiebe
trafen, 2iichtigte. ertrug die Verein
samung und hatte seit den Verhand
lungen, die in Genf geführt wurden,
bis auf den Justizrath Körner, den er
entliefz, immer nur Zartheit, Entge
genkommen undRiietsicht siir die Mut
ter seiner Kinder. Ein König, der
seine Frau nicht zu unterhalten ver
möchte; der es aber gewiß so gut trifft
ein König zu sein, wie die andern. Die
neue Mode, seine Völker zu amiisiren,
braucht er ja nicht mitzumachen. Das
Regieren aber diirste ihm auf alle Fäl
le gelingen. Es ist eine Mühe, die
den Königen von heute vielfach er
leichtert wird. S a s ch a. «
Nach dem Falle der Prinzessin
Luise von Koburg, die jetzt geistig ge
sund erklärt worden ist, zu urtheilen,
scheinen manche Jtrenärzte ihren Na
men nicht umsonst zu führen, sonder
sie können sich sehr wohl irren.
Its sit DR
Das Vaterland der Gedanken ist
das Herz; an dieser Quelle muß schöp