Um der Mitgift willen. Original-Roman von Attlmt sapp. (3. Fortsetzung) l »Es wäre noch ——«, erlaubte er sich W bemerken, »der äußere Modus zu dersbveden, unter dem Herr vdn » Reingshosen sich bei Ihnen einfüh- : ten soll, ohne den Argwohn Jhres Fräulein Nichte zu erregen.« - »Ja —- ja freilich!« Der Konsul « legte seine Hand an die Stirn und; sann nach. Er schien etwas gefunden « fes haben, denn sein Gesicht erhellte ; i . l »Der THerr ist Kavallerieofsizier — J meine Nichte erzählte uns neulich, daß ! tie während eines Besuches bei einert ihrer Pensionatssreundinnem deren I Eltern auf dem Lande wohnen, reiten ’ gelernt und daß sie viel Geschmack an diesem Vergnügen gefunden habe. Ich werde meiner Nichte vorschlagen, ihr ein Pferd zu tausen. Jhr Leutnant versügt vielleicht über einen passenden Gaul oder verschafft sich einen solchen von einem seiner Kameraden. Jch erwarte Ihre Nachrichten in dieser Hinsicht, Herr Hadertorn.« Der alte Herr reichte dem Geld leiber und Adams-Vermittler ver adschiedend die Hand und noch ein mal machte sich sein Hang zur beißen ders Ironie geltend: »Es würde mir sehr leid thun, mein lieber Herr Ha derkorm wenn sich Jhr schönes Pro Irkt nicht realisiren sollte, sehr leidl« BiertesKapiteu ( Schon drei Tage später erschieni Leutnant von Düringshofen in Be- I gteitung seines Burschen, der ein Reit- i pferd am Zügel führte, vor der Billa » des Konsuls. Der alte Herr hattet klüglich-erweise Niemand, nicht einmal i seine Gattin eingeweiht. Dagegen ! hatte sich Clara Wenk über den Vor- l schlag ihres Dunkle ihr ein Reitpferd s anzuschaffen, erfreut gezeigt. Auch i dem jungen Offizier gegenüber aab sich der Konsul weder mit einem Worte, noch mit einer Miene der An s in, von dem pfiffigen Plane des stellen Heirathsverxnittters auch nur die geringste Ahnung zu haben. Für ihn schien es sich nur darum zu han deln, seiner Nichte eine Freude zu be reiten und mit dem Leutnant einen Pferdehandel abzuschließen. Zwischen der Ban und dem Part befand sich das Stallgebäude und hier auf dem Hofe führte der Leutnant seinen Gaul vor. Dem Thier war ein Damensattel aufgelegt worden und der Bursche des Offiziers mußte sich nach Damenart aussetzen und das Pferd vorreiten. Während Clara Weni, neben ihrem Onkel stehenb, mit Interesse den Be wegungen des Thieres folgte und den Leutnant nur während der Vor llung mit einem flüchtigen Blick be t hatte, musterte dieser die junge Dame jest mit eindringlicher Auf merksamkeit, wenn auch verstohlen. Ihre Erscheinung war nicht übel. Ph re hohe Figur —- fie war wohl aft einen Kon größer als Ada —- gab ibr besonders in dem dunklen, langen Reitkleide etwas J.mponirendes. Ihre are ware tief schwarz, ebenso wie Augen. Jbre Gesichtszüge wa ren nicht unfchön, aber ihr Ausdruck befremdete den jungen Ofäfizier. Es K etwas Freudloses und bei einem Wehen von neunzehn Jahren ganz ungewöhnlich Ernsteö in ihren Mie uen Jn der Art, wie sie dem Konful Wie und seine Bemerkungen er .-tviderte, lag etwas Berfchüchterteö nnd ZuriikllfaltendeL Nachdem sich das Pferd in verschie denen Ganaarten gezeigt hatte und seine erste feurige Hitze ettvag ver raucht war, forderte der Konsul seine Nichte aus, sich auszusetzen. Clara Wenl folgte, ohne sich erst zu sträuben, aber auch ohne eine be sondere Lust und Begierde an den Tag zu legen. Es lag etwas Unent psindliches und Apathisches in ihrem ganzen Verhalten. Der Leutnant war ihr beim Aufsteigen behilflich und gab ihr die Zügel in die Hand. Sie ritt ein paar Mal aus und ab, siarr, fast unbeweglich, wie ein Stein bild aus dem Gaule thronend. Der Ossizier hielt es siir angemes sen, der Neiterin ein paar Artiakeiten u sage-n über ihre gute Haltung und die sichere Führung des Psetdes. W sie nahm gar keine Notiz von seinem Lob, und er war im Zweifel, ob sie überhaupt aus seine Worte ge achtet hatte. Aus die Frage des Konsuls, ob ihr der Gaul gefalle und sie ihn zu besi Ien wär-sche, antwortete sie mit einem lautern »O ja!« Der Leutnant biß sich im Ställen auf die Lippen, und die angenehm an Ieseude Spannung der Erwartung, M ihn anfangs durchschauert hatte, » immer steht einem seöstelnden « n. « sich die junge Dame , «Æzogen hatte, um sich umzukled . sowie sich dar Geschäfttiche Its- den herreu sehr rasch ab. « « sz sich über den Kausmeis W W Und schloß den htm M »ti- - drin-drehen ab. Dann Qee Mal-seinen Gast artig zu »Hei-et Fuss ein, Der O - «" « es eine- Statut-IV at- W be werden konnte. Doch der ute alte Rothwein des Konfuls hal feinem Muth und seiner Unternehmungslufi wieder auf, und er bemühte sich, feine Unterhaltungsgabe glänzen zu lassen. Er erzählte von dem soldatifchen Le ben und ließ besonders die humoristi fche Seite desselben gewandt und er heikerrid hervortreten. Er schilderte allerlei Manövererlebnisse fo lebhaft und mit so komischen Pointen, daß die Frau Konful gar nicht aus dem La chen kam. Sogar der griesgrämige alte Herr blickte immer vergnügter drein und er vergaß neben seinem Gaste auch sich nicht, indem er sein Glas zu verschiedenen Malen füllte, was bei ihm ein untriigliches Zeichen war, daß er sich wohl fühlte und bei bester Laune war. Nur auf Clara Wenl brachte das Erzählungstalent des Leutnants nicht die gewünschte Wirkung hervor. Sie verzog zwar den Mund hier und da zu einem Lächeln, aber das sah je desmal so erzwunaen aus, als ob es lediglich der Höflichkeit wegen ge schähe. Das blasse Gesicht blickte so unempfindlich und ernfi drein, als habe es nie in Heiterkeit geftrahlt, und der herbe, feligefchlofsene Mund. der sich nur zu einem Wort öffnete, um ein-e direkte Frage zu beantworten, schien das herzbafte, frische. vom Jn nern heraustommende Lachen über haupt nie gekannt oder doch längst ver lernt zu haben. Axel von Düringsho sen hatte das Gefühl, als ginge ein Hauch von Kälte von der ernst ge stimmten Waise aus, und als sei sie von einer Melancholie besessen. die auch ein sprudelnder Humor wie der seine nicht besiegen werde. Kurz vor der Aufhebung der Früh ftiietstasel wandte sich der Konful an seinen Gast. »Apropos. Herr Leutnani. ich habe noch eine Bitte, gewissermaßen eine Bedingung, die ich an uniern Handel von vorher noch nachträglich knüpfen möchte. Meine Nichte bat in ihrem Le sben doch noch so wenig zu Pferde ge ·seffen, daß ich Bedenlen trage, sie ihre Reitversuche allein wieder aufnehmen zu lassen.« »O —- rch fuhle mich ganz sicher Onlel," warf hier die junge Dame in ihrer kühlen, ablehnenden Weise ein. »Nein, mein Kind! Es könnte Dir doch leicht ein Unglück vassiren. und ich würde teine Ruhe haben, wenn ich Dich, besonders in der ersten Zeit, ohne allen Schutz wüßte« »Ich bitte, ganz iiber mich zu ver fügenf lam der Leutnant dem alten « herrn zu Hilfe. »Ich werde rnir selbstverständlich ein Vergnügen da raus machen dem gnädigen Fraulein meine schwachen Dienste zu widmen.«! »O, ich möchte Sie nicht bemüan entgegnete das junge Mädchen mit einer« abweisenden, fast ängstlichen Miene. Aber auch die Frau Konsul legte sich mit Eifer ins Mittel, ohne daß sie ahnte, welcher Hintergedanle ihren Gatten zu seinem Wunsche bewogen hatte. Nein, mein Kind, Onkel hat gan recht. Wenigstens im Anfang brauch Di wohl ein wenig Unterweisung und Schus, und wenn der Herr Leutnant so liebenswürdig ist, Dir feine Beglei tung anzubieten, so nehmen wir das mit größtem Dante an.« Damit war die Angelegenheit erle digt und es wurde verabredet, daß Leutnant v. Düringshofen am nach sten Vormittag die junge Dame zu einem gemeinschaftlicle Spazierritt ebbolen follte. · Aer von Düringsbofen verließ die Van »Sorgenfrei« in nichts weniger cls hossnnnagsrober Stimmung Mit dein ersten Eindruck, den er auf den Konsnl und dessen Gattin hervorge bracht, kannte er wohl freilich zufrie ocn sein. Doch um so weniger erhei bend und schmeichelbaft war sein Ers falg bei der HauptPerson in der Ko nsödie. die der findige Herr Haber karn inscenirt hatte, bei der reichen ckrbin Im Stillen verwünschte der Dfsizier den listigen Einfall des Geldmannes. der für ibn ja doch nur littere Enttäuschungen ieiiigen würde. Daß er auf die junge Dame, die von der weiblichen Schwäche der Gefall sucht und überhaupt von weiche-ten Empfindungen gänzlich frei Zu sein schien. jeamls eine bezwingende Wir kung ausüben könnte, dünkte ihm völlig ausgeschlossen Ja, er selbst empfand gar kein Interesse fisr sie nnd verspürte auch nicht die mindeste Lust, ibr den Hof zu machen. Er war Temperamentsmensch und wenn er säeb sin irgend eine Person oder Sache interessiren oder gar begeistern sollte, so mußte irgend ein Anreiz dazu sein, » irgend ein-as. das ibn in Stimmung s brachte und ihn warm machte. Wärme erzeugt Wärme und Kälte wieder Kälte. Angesichts der Temperament losigkeit, ia der gletscherlsasten Mitte, die» der Waise Erbtbeil zu zzsetn schien, mir te ia jede wärmen Regung. irdee leb ftere Wunsch im Keim ersticken. Ei war deshalb auch lediglich das gegebene Versprechen und die Pflicht ’der höflich-kein die den Ossi ier am anderen Tage veranlaßten, si viinlts sei zu dein Spazierritt ein usiellm Mich diensmdcstung besät erste N ansangs nur aus die gel liegen1 .ickchlichen Unterweisungen, Die er Offizier der jungen« Dame gab. Er Jseigteihy wie sie die Zügel zuführen shabe, um das Pferd bei allen Gang arien immer sin der vollen Gewalt n haben. Er lebrte sie die Vilsenk hie e dem Gaule zu geben habe, um ihn in Trab ober in Galopp zu verse en, und verbesserte hier und da ihren is und ihre Haltung, Daß die lebhaste Betve ung des Neitens in der frischen orgenlust eine stimulirenbe Wirkung aus« die Stühle, Unempsindliche ausübte, ließ sich an ber Röthe, die ihre Wangen immer dunkler färbte und an dem glänzenden, freieren Blick ihrer Augen erkennen. Ja, zuletzt, als sie auf dem Hcimwegeeiner Schafheerde begegne tn, die sich ängstlich. zum Theil in poisirlieben Sprüngen an ihren Mer oen vorbeidriiclten. ließ sie plötzlich ein lautes, herzliches Auslachen ertönen Axel von Diiringsboien blickte ganz erstaunt aus und der Ausruf »Cha lsiges Fräulein können auch lachen,« entfuhr ihm unwillkürlich »Warum sollte ich nicht lachen tön nen?'« fragte sie. seinen Blick ebenso Verwundert zurückgebend »Pardon! Aber ich hatte gestern den Eindruck, daß Sie noch nie in Ihrem ganzen Leben gelacht haben —« Sie wurde mit einem Male ernst; auf ihrer gewölbten weißen Stirn er schienen drei senkrechte Falten und mit ihrer leisen, unislorten Stimme entgegnete sie: »Freilich, ich- habe wenig Freude gehabt in meinem Le geize seit ich meine Eltern verloren l a .« , Es regte sich in dem jungen Offi zier zum ersten Male eine wörmere Empfindung in ihrer Gegenwart »Ich theile das Geschick mit Ihnen Waise zu sein," sagte er und sah ihr mit einem ernsten Blick in’s Auge. »Auch ich stehe allein in der Welt.« »Aber Sie sind ein Mann,« ver setzte sie fast lebhaft. »Sie haben Jhren Beruf, der Sie in Anspruch nimmt und entschädigt, nnd Sie ha ben Ihr eigenes Heim, während ich Mich Jahre lang bei Fremden aufhal ten mußte und nun meinen Verwand ten zur Last salle." Es lag ein so wahrnehmbarer Klang Von Bitterkeit in dem Ton ihrer Stimme, daß es dem Leutnant auffiel. »Aber gnädiges Fröuiilein,· beeilte er sich, höflich einzuwenden, »daoon kann ja doch wohl nicht die Rede sein. Jm Gegentheil, der Herr Kon sul und seine Gemahlin werden es gewiß mit großer Freude begrüßt ha Tben, in Jhnen eine erwünschte, ange nehme Hausgenossin zu erhalten« EZ zuckte gar eigen um die Mund wsintel des jungen Mädchens, malt-i rend sie schweigend den Kopf ienltej und den Gefühlen, die still in ihr ern- l sporquollen,« nachhing. Wenn ihre! Verwandten es auch an äußerlicheri Freundlichkeit und Rücksichtnahme nicht fehlen ließen. mit ihrem seinen Empfinden hatte sie wohl gemerkt, daß sie die alten Leute genirte, des halb tonnte auch ein wahres Heim gefühl nicht in ihr aufkommen. und das Bewußtsein, daß ihre Anwesen heit eher als eine Störung, denn als etwas Angenehmes empfunden wür de, machte sie noch scheuer und ver schlossenen als sie es in den unter fremden Menschen verlebten Jahren ohnedies geworden war. Freilich, dem jungen Mann gegen über; der an ihrer Seite ritt und sie verwundert beobachtete, hütete sie sich wohl, ihre innersien Empfindungen bloszulegen, und schweigend legten sie den Rest des Weges zurück. Fasi täglich. wenn es das Wetter erlaubte, holte- der Leutnant die Nichte des Konsulö zum Spazierritt ab. In den verschiedensten Richtun gen wurde die Umgegend durchtreu ; durch Wald und Fe d, über Wiesan und Aecker wurde geritten, und zu weilen waren zwei volle Stunden ver-' strichen, ehe der Leutnant feine Begleiterin zur Ban «Sorgensrei«i zurückbrachte. Jn natürlicher Folge ·eses Æafigen Zusammenseins er gab sich allmählich eine gewisse Leicht tigteit und Ungezwungånheit im Ver kehr-Zwischen ihnen, «e Aer von Dsiungshosen selbst noch vor Kur iem siir eine Unmöglichkeit gehalten hatte- s Er selbst hatte ganz feinen frischen, " unversiegelichen Humor und die Heiter teit und Lehhaftigieit feines Natu rells wieder gefunden, die anfangs vor der kühlen Zurückhaltung der reichen Erbin nicht hatte aufkommen wollen. Und er hatte die ftille Genugthuung, zu sehen, daß unter der Einwirkung feines Wesens auch Klara Went an fing, aus sich herauszugeben und ihre unempfindliche, unnahbare Haltung mehr und mehr aufzugeben. Sie blick te nicht mehr so düfter und in sich ver sunken vor sich nieder und beantwor tete feine Fragen und Bemerkungen nicht mehr nur mit einem kurzen gleichgiltigen »ja« und »nein.« Auch sie ließ fich von feiner Lebhaftigteit und Mittheilungsluit hinreisen» von ihrem Leben zu erzählen, non ihren Erfahrungen im Pensionat. und hie und da flocht fie fogase eine humori ;ftifche,Epifode in ihre Erinnerungen sein« « Freilich, sobald fie wieder zu hause war, fant sie wieder in ihre stille Wdlosigteit und ihre worttarge u zurück-— und der Ksnfuldind iet ne Gattin fahen lediglich die äußeren Wirtungen der täglichen lebhaften körperlichen Bewegung ihrer N te, die sich in dem besseren Appetit. er gefunden Gesichtifarbe und ihren fri Eicheln elastischen Bewegungen tundgai n. « Der Konsul war übrigens ·in der Zwischenzeit im Interesse seines JMiindels nicht unthiitig gewesen. Er l ttte älter den- iLentnant mengte r un ·gungen- e z n. s e sultat war nur Knoxhäl befriedi end. Herr von Ditringshosen war im e iment außerordentlich beliebt, er gal als tüchtiger Ofsizier. der das Wohlwollen seiner Vorgesenten und die volle Sympathie seiner Kameraden besaß. Freilich, eine ziemliche Dosiö Leichtlebigleit sagte man ihm nach. Er hatte sich nie von einem Vergnügen u riielgehalten und wohl weit iiber seine Mittel gelebt. Jni Uebrigen war sei ne Ehrenhastigteit ohne Hineisel Man rühmte an ihm einen o senen, gera den Sinn. Konsul Rehseld war von alledem nicht erbaut. Jhm als gutem Kaufmann war jedes Mißverhältniß zwischen Einnahmen und Ausgaben ein Greuel und er meinte, ein ordent licher Mensch müsse zuerst aus Ord nung in Geldsachen halten, und wer Vertrauen beanspruche, müsse sich vor Allem ans eine gesicherte materielle ! Lage stützen. Vielleicht hätte der Kon Isul, so sehr ihm auch Herrn von Dü Eringhosens gewandte5, liebenswürdi ges, erfrischendes Wesen behagte, dein jungen stizier dennoch sehr bald wieder den Stuhl vor die Thiir ge setzt, wenn ihm nicht eines Tages ein listiger Gedanke gekommen wäre. Wie wenn er den slotten, als Gesellschafter sehr schätzbaren, als Heirathstan « a ten jedoch weniger erwünschten Le t nant dazu benutzte, aus den stillen, zurückhaltean Proluristen anseu ernd einzuwirken! Vielleicht regte sich auch in dem sischbliitigen Herrn Guntermann das Temperament des jungen Mannes, wenn er den — lecken iLeutnant Klara umschmeicheln und ihr den Hof machen saht Vielleicht ent wickelte sich in weiterer Folge ein »Wettstreit zwischen den beiden jungen Leuten um Klaras Gunst. Die köstliche Idee, daß es am Ende vielleicht dem gediegeneren Gunter mann gelang, dem Bruder Leichtsuß den Rang abzulausem und daß, wenn fes zuletzt doch zu einer Verlobung IKlaras mit dem Prolurislen lam, der schlaue Heirathslommissioniir Ha berlorn um den ersehnten Profit tam, bereitete dem alten Herrn ein außer ordentliches Vergnügen. War Klara nicht ein ernstes, ftilles Mädchen, und war deshalb nicht anzunehmen. daß ihr Guntermann schließlich sympa tischer sein mußte wie der oberslöch liche Leutnant? Ganz von dieser Hoffnung erfüllt, lud der Konsul am nächsten Sonntag nicht nur Herrn von Düringshofem sondern auch Herrn Guntermann zu Tisch. Und nun war es sein Bestre ben. eine Unterhaltung in Fluß zu bringen« die den Prokuristen interes sirte und ihm ermöglichte, sich von sei ner besten Seite zu zeigen. Er sprach von der Bedeutung des Handels fiir ’ den Wohlstand des Volkes und hatte nun allerdings die stille Genugthuung, zu sehen, daß die Geister der beiden jungen Leute heftig auseinander platztem Herr Gunterrnann legte sich wirt lich mächtig in’s Zeug. War er das Thema, das ihn anregte, oder war es seine Einenliebe, der Wunsch. sich vor der jungen Dame dem Ofsizier gegen über keine Blösze zu geben, er verthei digte mit großer Wärme und Beerdi samieit den Satz, daß der Kaus mannästand nicht nur der an Mitglie demszahlreichste. sondern auch der wichtigste Stand im Staate sei, wäh rend Axel von Dürinashofen nicht minder lebhaft die Ansicht versocht, daß zuerst der Wehrstand käme. der allen anderen Berufen an Wichtigkeit fiir die Wohlfahrt des Landes voran «nge, denn wenn eine starke, tüchtige rmee dem Volke nicht den Frieden Whrleifttete. könnten sich auch die friedlichen Berufe: handel, «ndustrie und Ackerham nicht segeni ch ent falten. · » Ueberhaupt, es schien sich zwischen den beiden jungen Leuten, die ja aller dings nicht nur äußerlich, sondern ih rem ganzen Charakter und Wesen nach die ausgesprochensten Gegensätze bil deten, von vornherein eine gewisse An tipathie zu entwickeln. Der Konsul glaubte die Beobachtung gemacht zu haben, daß« sie schon hei der Vorstel lung einander mit tühler Reserve be grüßt und sich gegenseitig mit nichts weniger als sreundlichen Blicken ge messen hatten. Die späteren Zusammenliinfte, die der Konsul im Interesse seines listig ausgesonnenen Planes in der Folge zeit ziemlich häusig veranstaltete, ga hen ihm recht. Es war kein Zweifel, der Prokurist und der Lentnant sahen einander mit mißgünstigen Au gen an und wenn es auch keiner von Beiden an der äußeren höflichteit seh len ließ, dem schars heohachtenden al ten Deren entging es nicht, daß sie einander nicht mochten und sich gegen seitig mit seindseliger Geringschähung hehandelten. Ei schien wirklich, als oh die Ge genwart des Leutnants einen anfert ernden Einfluß aus den Prokuri sten hervorgebracht habe, und als oh beten von Diirin Dhosens Bemü hungen, sich Klara enl an nehm zu erweisen, in dem stillen, stei i Vers-n sGuntermann ein ähnliches Bestreben ertveckt hätten. Das Seltsame, Wun derhare geschah, der Proturist wurde galant nnd bemühte sich« bei der Waise Dank und Anerkennung zu ernten. Bald überreichte er ihr mit einigen verlegen gestannnetten Worten einen haftenden. geschart-etwa gewundeuen i Blumenstrauß. bald brachte er ihr neue Rote-n, mit denen er Mara als pas ronirte Klavierspielerin eine be- : Links Freude zu bereiten hassen » ie. I Doch die Wege des kleinen Schel- i mes Amor find wunderbar und dies Regungen eines Mödchenherzens las- » sen sich nicht mit derselben mathemati- » chen Sicherheit vorausbestimmem wie ; etwa das Resultat eines Ruhme-sem- ; pelz. Klara Weni nahm die Aus-« merlsnmleiten des Proluristen ihres Onlels mit ruhiger Gleichgiltigleit ent egen und schien-sie lediglich als Höelichleiisbezeu ungen anzusehen. die ihr als der ichte des Chefs der Firma erwiesen wurden. Der Konsul aber hatte falsch speiulirt, als er ge glaubt hatte, der stillen Klara Wenl werde der gesetzte Charalter des Pro kuristen sympatisch sein. Gerade der Gegensatz seines Charakters zog Klara Wenl zu dem Leutnani hin. der dem röhlichleitsbediirsniß ihres jun AM zens ganz anders entgegen lam, als der ernste, etwas steisleinene Herr Guntermann. Wie ein warmer. ; belebendet Sonnenstrahl aus die bis her im sonnenlosen Winkel verdor rende Blume wirkte das frische. stobe Temperament des slotten Osfiziers auf das seelisch verdüsterte und ver liimmerte Gemiith des jungen Mäd chens. Dazu lam, daß die gemeinsa men Spazierritte, die nun einmal eingeführt waren und die der Konsul nicht aut plötzlich wieder abschassen konnte, die beiden jungen Leute sast täglich stundenlang ungestört zusam mensührte, sie seelisch einander immer näher brachte und die gegenseitige Sympathie erweiterte und verlieste. sFortsetzung solgt.) -»-,—.-—-.- — — -s——’ Vertrages Eindrücke. Ewige Beständigleit, das ist der Kern aller Gedanken, die die Chinesen iiber ihr Reich und ihre Hauptstadt haben, das erste Wort, das sie dem an tommenden Fremdling zurufen wie eine Mahnung, sich auch bewußt zu werden, was es heiße, Peting, die Hauptstadt der Welt, be-( treten zu dürfen. Und wirtlich, das doppelte Thor, durch das man sich zwi schen all den Karten und Reitern, Fußgängern und Pacttreibern mit Mühe seinen Weg ins Innere der Stadt bahnt, sieht schon ganz nach Ewigkeit aus. Ungeheure Mauern, aus gewaltigen Quadern aufgetürmt, schützen den Eingang, als ob sich dahin ter etwas befande, was nicht in seiner erhabenen Ruhe gestört werden dürfe, etwas Unnahbares, Göttliches, das von der Aufzenwelt geschieden werden müsse durch Festungswerte und Mau ern wie tein anderes Heiligthum der Welt. Aber anstatt der stillen Weihe eines abgeschlossenen heiligthumä empfängt uns tosendes Leben, und ein Bild thut sich Vor uns auf, so bunt, so wild, wie es eben nur Peking bieten kann. Eine ungeheure Straße öffnet sich, unabseh Ebar, sich wie in die Unendlichkeit dek tierend, ohne sichtbare feste Grenzen nach denSeiten. Man wüßte gar nicht, daß man sich auf einer wirklichen Straße befindet und nicht einfach in mitten eines planlosen überwältigen den Gewimmelö von Menschen und Thieren, wenn nicht die mächtigen Steinfliesene die unter den Hufen un serer Pferde erklingen, daran erinner ten, daß wir auf einer der Kaiserstras szen des Landes sind, die nicht einfach geschottert oder gepflastert, sondern zu Ehren des Landesherrm der sie zuwei len zu betreten geruht, mit den mäch tigen Kaltplatten belegt werden. die bei Anlage des Weges eine Freude für Mensch und Vieh gewesen sein mögen, heute aber mit ihrem verunglückten Unterbau und der verwitterten Ober fläche, mit ihren Lucien und Löchern, Rillen und Senkungen Aufmerksam teit und Geduld des Neisenden und die Fußsicherheit seines Reitthierö auf ene harte Probe stellen. Dabei hat man taum Zeit, aus den Weg zu achten, den man sich erst er kiimpfen muß. Denn hier, unmittel bar innerhalb des Thous, haben sich zahlreiche Baden fliegender Tini-let zu beiden Seiten so dicht an n Fahr danun der Quaderstrasze gedrängt, daß nothgedrungen der unablässige thorein thorm flutende Verkehr aus eine· schmale Mittelrinne zusammenge schniirt wird, auf der es schwer hält, auch nur tm lan samsien Schritt vor anzukonunern tcht hintereinander » rasseln die berüchtigten Petinger Kar-P ren mit ihrem blauen Tuchdach und den schweren nägelbeschlagenen Rädern auf dem holprigen Pflafter vorüber-, Reiter auf tleinen ftruppigen, dick »bäuchigen Pferden drön en sich durch die dichte Menge der au ihren zollhoi hen Filzsohlen dahingleitenden Män ner, und Laftträger teuchen vorüber und lassen auf schwantem Bambus rohr die an beiden Enden hängende Last zum Takte ihres lauffchrittmäßi gen Marsches auf und ab schwippen. Feiner heller Staub steigt vorn Bo den auf, fällt von oben aus scheinbar tlarfter Luft herunter und umwirbelt einen von allen Seiten, dringt beizend in die Auge-kund le t sich in fühlbar dicken Schieh n auf leidung und Ge sicht. Tausend unnenbare und unent wirrbare Gerüche dringen auf uns ein und mästen sich rnit hülfe des »dring lichen Staubes fest in den Bortams nrern unserer Geruchönerbem und auch die Ohren haben es nicht leicht in dem unablässig durcheinander tobenden Geschrei, das alles rings erfüllt. Es ist« als ob es in die Schlacht geben t sollte, zum rohen dadng tot sich thierische Leidenschaften, Wirth »und Rache, Blutdurst nnd Mordgier messen wollen, so heult alles durchein ander mit gellenden Stimmen, und den weit geös neten Mäulern der Schrei enden ent riimen dichte Schwaden von etlem Knoblauchgest"ant,s dessen durch dringende Schärfe das Hauptwert-ital chinesischer Menschenmengen bleibt« Rechts und links öffnen sich weite unangebaute Felder, in deren hinter grunde die rothen Umsassungtmauern und die darüber emporragendeu Baumwipseln der großen Gärten sicht bar werden, in denen die Tempel des Himmels und des Ackerbaues versteckt liegen. Der dichte Strom von Men schen, Pferden, Maulthieren und Kar ren wallt inmitten dieser sreien staub ersitllten Ebene weiter dahin wie eine Karatoane in der Wüste. Eine nie drige Brücke wird überschritten Sie trägt den stolzen Namen Tsenn Tschjau» Himmelsbrücke, aber anstatt über Paradisische Gen-Essen wölben sich ihre Marmbrbogen über eine schleimi ge, grünlich schimmernde, übeldustende Flüssigleit, den Abzugsgraben des gro ßen, im Südosten der Chinesensiadt liegenden Teiche-Z der Rohrgebiische (Chui Tang). Hier beginnt die eigentliche Stadt. Ohne Unterbrechung ziehen sich von jetzt an zu beiden Seiten der breiten Straße die Häuser und Kaushallen bin mit ihren bunten Aushängeschils dern, aus denen in dicken goldenen, senkrecht übereinanderstehenden Zeichen sich jeder Höndler als den einzigen wahren Jatob preist. Ein Laden reibt sich an den andern, ein Haus sucht das andere zu übertressen durch die Menge jund Pracht der ausgestellten Waaren oder durch den Reichthum der üppig geschnistem dick vergoldeten Holzsas saden, die wie Theaterkulissen hoch über das Dach des einstöckigen Hauses bintoegragen. Selbst aus der Straße, unbetiimmert um den ununterbrochen vorüberlvallenden Strom der Fussgöni ger, haben sich Höndler niedergelassen und an den Seiten, mitten im Staube und dem Schmutz der Wege ihre Waa ren ausgestellt, von den kostbarsten Seidenzeugen und Porzellanen herun ter bis zu dem alten Eisen und Haus haliströdelltam Jn jedem Hause wird irgend etwas verkauft oder ver schachert, selbst in den zahlreichen Speisewirthschaften, die überall auf offener Straße ihre dann-senden Ge richte ausbieten, geht es laut zu wie auf einer Bersteigerung. Ein einziger Gedanke scheint dies ganze Voll zu be seelen: Geld verdienen um iedenPreis, aus irgend eine Weise und sei es mit dem bescheidenften Erfolg. Alte zer rissene tausendfach gestickte Kleider, zersprangene Ist-frommem verbeut tes durchlöchertes Kochgeschirr und zer brochene Hufeisen scheinen noch ihoe Liebhaber zu finden. Nichts ist zu gering, als daß es nicht mit Nu en noch zum Verlauf ausgeboten wer n tönnte, Geschäft ist Geschäft, anch toenn es nur den Bruchtheil eines Pfennigs einbringt. Derselbe Händ ler, der einem reichen Mandarinen ei nen kostbaren Zobelpelz fiir eini e hundert Tael verkauft, hält es ni t unter seiner Würde, durch einen seiner Angestellten dem ärmsten Lasttriiaer für ein paar Kupfermünzen ein altes. vielleicht schon von hundert früherer Besitzern getrageneö Kleidungöstiick darlegen zu lassen, bei dessen Verlauf nicht mehr als ein Pfennig verdient werden kann. Aber Handel schändet nicht und Arbeit noch weniger, das sind die beiden großen Grundsähe der Chinesen. soweit er nicht literarisch gebildet und deshalb Beamter oder ochAnwörter für denStaatsdienst ist. Es liegt ein Zug von Größe in dieser Kleini leit. Es ist der letzte Niederschlag s verxhrenden Thiitigs leitsdranges, der n wimmelnden Ameisenhaufen jeder chinesischen Stadtbeviillerun belebt« der die Handwerker bis spät in die Nacht hin ein in ihren«engen Werkstätten fleißig sein läßt und den Schülern und Stu denten die Ausdauer verleiht, lange Jahre sich dem aualvoll unfruchtbaren Studium chinesischer Klassiler zu wid men. Der Verkehr von starren und Men schen scheint immer dichter zu werden« je näher man dem mächtigen Thore kommt. das schon lange durch die weh enden Staubtvolten am fernen Ende der Straße wie eine unbesiegbare Zwingburg sichtbar wird. Es ist Tfchönn Mönn worden-s Thor). in feiner Art wohl das wuchtiafte Bau werk der Stadt, das den Bezirt der Chinesen von dem der Mandfchuren trennt. - Und immer wieder ist« es der Stand, der sich als das bezeichnendste Mertmal Petings a fdrängt. Die Luft ist aa und für ft von töstlichet Klarheit und « rische, aber fetten ruhig, immer tebhat bewegt von stärtern oder ge ringern Luftzii en, die sich vom ge mächtichen Söufetn zum Sturmwind steigern. Jede Erregung der Luft, sei sie schwach oder heftig, setzt diese tiber dem ganzen Nordlande lagernden Staubxnaffen in Bewegung, den in ginfte Theitchen aufgetitften Deiritui r Berge. deren entwatdete hänge den zerstörenden Kräften von Wind und Wasser seinem Widerstand entgegen fan können. So erscheint die Stadt fa immer wie halbverweht, vermischt, vom Samum bewältigt, aus dessen tollen Staubtvirbeln nur undeutl· die unendlichen Straßenziiae und die hegenan Menschen-nassen mit nann un Sanften, Pferden und Maulthtes ren und its-treten hervoesehtvimmem