Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 02, 1905, Sweiter Theil., Image 15

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    W ’
No. 157. Sikl
könne mich’g
glauwe, heut
zudag hot e
Frau ihren
Trubel mit die
Kids. Wie ich
noch jung war,
do hen die-kin
net en ganz
annere Rie
Als-wiss- ; »
speekt sor ihre Ma un ihren Pa gehabt
wie jetzi. Wann zu meiner Zeit der
Pa ebbes gesagt hot das is en Goh ge
wese; do hen mer uns nit gemuckst un
wann jemals eins so bohld gewese is
un is sässig geworde, bei Galle, do
how e Dresching kriegt, daß es die
Wahl enufs gelause is. Amwek do
brauchi’s auch en dissekenie Hosbend
un Pa, als wie ich ein hen. Der Phi
lipp is zu iesig. Mit den könne die
Buwe mache was se wolle un es is ihn
alles recht, wann se ihn nur seine Ruh
soffe. Jch sage Jhne ich muß mich
noch zu Doht ärgern. Wann mer die
Feget ebbes sage duht, dann gtombele
se un wisse alles besser, un wann ich
sc ebbes verbiete, dann wet’n se säßig
un mache Riemarks daß mer sich sor
- sich selbst schehme muß. Sag ich dann
den Philipp, wie mich die Kanne itiete,
dann sagt er, ich wär awwer auch zu
siticih die Butve wollte auch e wenig
Fonn hen un in dies hier Kontrie do
dehte se schon als Behbies dran ge
wöhnt wetn, independeni zu sein«
Wann ich dann sage, daß alles ganz
annekschier wär, wann ich e wenig
Suppohrt an ihn hätt; awwet er wars
der reine Hannebainbel und hätt nochj
nit Böckbohn genug, e Flei sort zu;
tschehse, wann se uss seine Nos hockes
deht. Dann duht er sich als e Ruhl
uss das hohe Roß setze un sagt: Wann H
du en Mann hawwe willst, wo den
ganze Dag en Knippel in die Hand hot
un die Kinner damit zur Elternliewe
erziehe duht, dann hätt’st du kein eit
jukehtete Schenkelmann heirathe derse,
dann hätt’st du dich einigen Toss oder
Preisseiter kriege solle. Well, wenner
das sage duht, dann werd mich’s als
e Ruhl schlecht. So e dummes Kameel
will mit seine Ettjukehschen blohe; das
bis’ck)e, was er in die Lein weiß, das
hoi er von mich gelernt; von den We
desweiler kann er schuhr genug keine
Eitjuhkehschen lerne. Awwer ich hen
ja ganz vergesse, daß ich Jhne ebbes
verziihle wollt, was mich mit die Kids
gehövvend is. Den annere Dag sie se
von die Schul heimkomme un do hot
der Bennie gesagt: »Geh Ma, am
nächste Sonndag mache mer en Meh
wahk un all die Kids gehn mit-« Do
hen ich gesragt, ob auch die Tietscher
mit deht gehn un do hen se gesagt no
se deht nit. Well, hen ich gesagt, dann
geht·Jhr auch nit. Denkt Ihr-, ich
losse Euch so mitaus Proteclschen in
die Welt erum laufe? Natt an juhr
Leis· Do hot der Bennie gesagt, ich
könnt sage was ich wollt, se dehte doch
gehn. Well, hen Se schon emol so e
Frechheit gehört? Oss Hohes hen ich
se ack verhammatscht, das; se gedenkt
hen, en Eckspreßtrehn hätt se acstrockr.
Wie ich awwer mit se durch war, do
hot der Bennie gesagt: Un wann du
uns doht schmeiße dehtest, mer gehn
doch an den Mehwahk. Do is grad
der Philipp heim komme un den hen
ich die Geschicht briihwarm verzählt.
Awwer der hot gesagt: »Weil, ich kann
auch nit sehn, sor warum du die Buwe
nit den Fonn hen willst losse«; Do
hen ich dann do gestanne, blamirt von
owwe bis unne un war nit ehbel nur
ein Wort zu sage. Den Philipp hätt
ich in Kindlingwutt tschehnsche könne,
den Weg henjch gessiihlt Er hot sich
dann alle Jnsormeh chen von die Kids
gewwe losse, wo se hin wollte, wann
se starte dehte un wann se widder heim
komme dehte un alle Enssers fm zu
seine Sättissiiclschen ausgesalle un do
hoi er gesagt, well, se sollte nor gehn,
die Ma hätt se nur e wenig schkehre
wolle. Schkehre wolle? hot der Joha
nie· gesagt, se hot uns jo puttieniehr
doht geschmisse. Sell hot die Ma auch
nit so bös gemeint, hot der Phil ge
sagt, geht nur jetzt, un behehst euch
un wann Ihr e paar Cents brauche
duht, dann sagt’s nur die Ma, die
giebt euch was Jhr wollt.« Do sm die
Kids mit Hukmb an die Stritt un ich
hen jetzt meine Worte widder gefunne.
Well, jetzt hen ich awwer auch ebbeg zu
sage gehabt. Sctiiel)wis-,, wag ben ich
den Bruder e Dauntahlinn gewwr.
Kein Wort hot er gesagt un er hot
mich ganz still angehört, bis ich dorch
war. Jch hen jeyt e latt böse Ed
speechens von ihm eckspecktet, ans-wer er
hat nur geichmeilt un hot gesagt, er
debt atig gut gleiche, wann ich so
mähd wär, do könnt er immer so recht
stoddie, wie Fedzt der Mann geweie
wär-, wo qesaqt bot, baß in jedem
Mensche e Bestie schlose debt im wann
ich so tehfing mähd wär, do könnt ee
immer nohtisse, wie die Vesiie uffs
wache deht. Dashm ich nit gegliche
un ich hen mein Meind ufigemacht,
daß ich von lett an mei Tentper e we
nig mehr tontwhte wollt un for den
Riesen hen ich auch gleich gestatt. Well,
hen ich gesagt, ich hen jo eigentlich
nickt bog-ge wenn die Buwe e wenig
Fonn den wolle, ich tin nur so esseehi,
es deht se ebbes hiippene un dann11
müßt ich mich doch so lang wie ichjs
lewe den Blehm gewwe. Wann du -
denkst es is ahkreit, dann solle se gehn.
Der Phil is anz surpreist gewese, wie
er mich den stieg hot tahke höre un er
is so häppie geworde, daß er mich en;
Kiß gewwe hot. Oss Kohrs duhn ich
so en Monkieschein nit gleiche, awwer
ich wollt doch nit schon widder en Fosz
rehse, un do hen ich das alte Kameel ;
gehn losse. Die Buwe sin auch widder -
ins Haus komme un wie se gehört hen,
daß ich nicks mehr gege ihren Mehwahkt
gehabt ben, do sin se so sroh gewese
wie den Dag befor Kristmesz. Jch
hen sellen Dag e ganze Lati driwwer
nachgedentt, daß es doch e darnseit
besser is, wann mer als emolg krumm
grad sein läßt un wann mer die Buwe
auch emol ihren eigene Wille läßt. Jn
mein nächste Schreiwebries will ich
Jhne sage, wie der Mehwahk ausgange
is. Dann komme Se mehbie zu die
waerzeugung, daß ich in die erschte
Lein gar nit so arig aus den Weg ge
ioese sin, wie ich die Buwe verbote hen,
zu gehn. Un wann widder emol e
Kwestschen in Riegards zu die Kids
usskomme duht dan sprech ich das letzte
Wort un dont juh sergett it.
· Mit beste Riegards
Yours
Lizzie Hansstensgei.
W
Die Farbe ver Augen und vie
Liebe.
Jn einem Vortrage in der Londo
ner Nohal Institution versuchte Pro
fessor Karl Pearson den Nachweis zu
führen, daß die Wahl der beiden Ge
schlechter von bisher unbekannten na
türlichen Einflüssen bestimmt werde.
Der englische Gelehrte kam nach um
fassenden Ethebungen zu dem Ergeb
nis, oasz in ver weitaus großen Mehr
heit große Männer große Frauen,
kleine Männer kleine Frauen heira
then, die dieselbe Spannweite der Fin
ger und verhältnismäßig gleicheLänge
des Vorderarmes befäßen. Auch die
Farbe der Augenfpiele bei der Gatten
wahl eine große Rolle. Blauäugige
Männer heirathen fast ftets blauäugi
ge Frauen, ohne sich darüber klar zu
sein. Unter tausend Männern will
Professor Pearfon 368 mit« blauen
Augen gefunden haben; 312 hätten
grüne, 127 nußbraune, 94 braune be
sessen. Die Augen der Frauen seien
durchschnittlich etwas dunkler, und
nur 286 Mädchen von 1000 hätten
blaue Augen.
..—--—
Abenteuer eines Fremdenlegtos
stät-L
Trotz der traurigen Erfahrungen,
welche die abenteuerliisternen jungen
Leute in Afrita machen, zieht es,
wie ein Straßburger Korrespondent
schreibt, noch immer zahlreiche Elfässer
nach der Fremdenlegion.
Vor Kurzem ist ein Einwohner des
Vogesenftädtckkens Zabern, Namens
Stiegler nach achtjähriger Abwesenheit
wieder in seine Heimath zurückgekehrt
Die Erlebnisse des jung-n entrissen-,
der aus Furcht vor dem deutschen Mi
litärdienst sein Heil in der französi
schen Fremdenlegion suchte, sind bes
sonders wildbewegte gewesen. Jm
Mai 1897 trat Stiegler beim zweiten
Fremdenlegionsregiment in Oran in
Dienst. Die furchtbare Strenge, mit
der er behandelt wurde, gefiel ihm
nicht, weshalb er eines Tages zu de
sertiren beabsichtigte. Er zündete zu
diesem Zwecke sein Bett an, im Glau
ben« bei einer allgemeinen Panit wäh
rend des Brandes besser entweichen zu
können. Der Plan mißlung, und
Stiegler wurde zum Tode verurtheilt.
Auf ein Gnadengefuch hin wurde die
Strafe in Deportation umgewandelt.
Der Verurtheilte tam zur Abbtißuna
»seiner Strafe unter anderem auch auf
die durch denKauitän Drehfus bekannt
igewordene Teufelsinfei. Glücklicher
zals sein Vorgänger, gelang es ihm,
mit fiinf Schicksalsgenossen zu ent
;weichen. Ein englisches Schiff nahm
»die Flüchtlinge auf und lieferte
HStiegler den deutschen Behörden aus.
Stiegler wurded zur deutschen Marine
.ausgehoben und hat vier Jahre ge
dient. Nach achtjähriger Abwesenheit
ift der interessante Abenteurer jetzt wie
der in die Heimaih zurückgekehrt
Ein »veefektee« Stubenmävs
, check
Frau Obersörster A. hat ein neues
,,vcrseltes Stubenmtidchen« gemietbet.
Beim ersten Tischdeclen fragt Frau A.:
»Na, versichert Sie das auch richtia?«
-«— »Natürlich« anttvortet aelriinlt die
Verselte. ,,Naa aschön, also unten die
flachen Teller, oben die tiesen,« sagt
Frau A. itn Hinausgeben noch zur
Privaterläuteruna. Als sich die Fa
milie zu Tisch setzt, bietet sich den ent
setzten Augen folgendes Bild dar: Aus
dem Tisch stehen die tiefen Teller, un
ter dem Tisch die flachen; Frau A.
tlinaelt nach der »Pekselten«. --—-- »Sa
aen Sie um Gottes-willen was haben
Sie sich dabei gedacht?« sragt fie, ent
rüstet aus die Garnitur aus den Die
len zeigend. »Na ia,« sagt qelränlt
daraus die ,.Perfelt.e« —- ,,ich dachte
sitt die Knochen!«
---—
»Daß mal aus« Willn,« sagte der
Vater, »wie ich’s mache,· daß das
Pferd schneller läuft« —- und leicht
durchschnitt er mit der Peitsche die
Lust, ohne das trabende Thier Xa
berühren. »Ach Papa,« meinte Wt y,
»wenn-n machst di« mit uns Kindern
nicht ebens02«
Ver-rückt
Militiirhumoreöte von F r e i h e r r
v Schlicht.
»Na, danke, das Wetter kann so
bleiben.«
Fluchend und fcheltend trat ein
Leutnant des Jnsanterie- Regiments
nach dem anderen in die festlich er
leuchteten Räume des Kafinos, und
DJeder, der eben eintrat, erzählte den
Anderen, die eben eingetreten waren:
»Es ist ein Sauwetter.« Das war für
Alle teine Neuigkeit, aber weit man
teine größere wußte, wurde sie den
noch eifrig besprochen.
»Na, laßt den Schneesturm toben,
zso fchlimm er will, was geht es uns
i»,«ian meinte endlich ein Kamerad,
lsnoch fiinf Minuten, dann gehen wir
uTifch und feiern ein feuchtfröhli
es Liebes-mahl. «
»Weswegen feiern wir eigentlich
heute schon wieder?« fragte ein jun
ger Leutnant, der kleine Platen. »Es
find noch keine drei Wochen her, daß
wir in derselben Veranlassung zus
fammen waren, und heute schon wie
der, weshalb?«
Der kleine Platen bemerkte die er
staunten Gesichter, er wurde etwas
verlegen und suchte sich zu oertheidi
EIN- »Jch meine nur, ich habe heute
e
achmittag auf meinem Abreißialen
r nachgesehen, da steht: »Kaifer
Karl der Vierte gestorben 1378, W.
Pauff geboren 1802, die sranzösifche
Urmee beendet ihren Uebergang über
ie Beresina 1812 —- —— diefe Ereig
1isfe feiern wir doch heute gewiß
sticht?«
Ein erfahrener Oberleutnant
ilemmie das Glas ins Auge und sah
den Sprecher an: ,,Junger Freund,
es giebt Erinnerunggtage, die nicht
auf Jhrern Abreißlalender verzeichnet
sind, und die doch unbedingt gefeiert
werden müssen. Zum Beispiel —-— —
Itind zum Beispiel —— — mder Herr
Ober dachte nach, aber es fiel ihm ab
solut nichts ein, und deshalb fuhr er
nach einer kurzen Pause unbeirrt fort:
»-—— -—— —Auszer diesen beiden von
mir eben angeführten Beispielen giebt
es natürlich noch zahllose andere,aber
die Hauptsache ist, dag Liebegmahl ist
von dem Herrn Oberst befohlen —- —
tvas befohlen ist, wird gemacht, und
zwar ohne erst zu fragen: wieso, wa
rum und weshalb. Das nennt man
die Dienstsreudigkeit.«
Der Eintritt des Herrn Oberst
machte dieser Belehrung ein Ende,
eineallgemeine Verbeugung, eine geist
reiche Bemerkung des Kommandeurs
iiber das ideale Wetter, dann meldetet
der Kasino Unteroffizier, daß diet
Suppe aufgetragen sei. Die Regt-»
mentgmusit spielte den Ginzug der
Gäste auf der Wartburg, die Flügel
thiiren zum Speisesaal wurden geöff
net, und in langem, feierlichem Zuge
ging es zu Tisch.
Man mußte der Direktion lassenJ
sie hatte ein gutes Menü zusammen
gestellt; mit ein Dutzend holländischers
Austern pro Mann und Nase fing die »
Sache an, und so herrschte gleich zu
Beginn der Tafel eine fröhliche Stim
mung. Jeder schwur sich im Stillen,’
den lieben Herrgott wieder einmal
seinen guten Mann sein lassen und ge
hörig zu feiern. —
; Nur Einer schwur nicht mit, der
tleine Platen, der trank nicht einmal
Sekt zu seinen Austern, sondern eine
halbe Flasche Surius. .
»Aber Kind, wie kann man ·nur?«"
Pfragte ihn ein Kamerad.
»Warum soll man denn nicht kön
nen?« gab er zur Antwort, »ich trinke
nur dann Sekt, wenn ich ein frohes
Ereigniß feierte; aber nur so? —- —
das macht mir keinen Spaß.«
Und wieder sahen sich die Kamera
den an: wie konnte es Jemand nur
keinen Spaß machen, egal Sekt zu
trinken?
Nach den Austern mit Champagner
tam Bouillon mit Sherrn, dann Fisch
mit Brauneberger Auslese, und dann
tam der Braten mit der Rede des
Herrn Oberst auf dag schöne Regi
ment, das zu führen er die Ehre habe,
aus das Offizierglorps, dessenDienst
freudigteit iiber jeden Zweifel erhaben
fei, und auf den Kaiser, den obersten
Kriegsherrm das glänzende Vorbild
treuester Pflichterfüllung
Dann tam ein dreimaliges Hurrah,
das dem Kaiser, dem Offizierslorpg
und der eigenenDienstfreudigteitgalt.
Und dann kam ein Telegrltmm.
Dieses Telegramm war nicht im
Programm vorgesehen, und sein Er
scheinen erregte allgemeine Aufnierl-s
ianiteit.
Massen Sie auf,« fliifterte ein
Oberleutnant seinem Nachbar zu, »in
den Telegramm steht was drin!«
- end der Herr Ober behielt Recht:
in dem Telegramm stand wirtlich
»was drin«. Das »Was« erfuhr er,
als der Oberst jetzt an sein Glas
schlug: »Meine Herren, ich erhalte
soeben ein Telegramm von der Di
vision. Das Regiment wird morgen
Früh um 6 Uhr zu einer großen Ge
fechgiibung gegen die Nachbargarnison·
ausriicken Jn Ihrem eigenen Jntersp
esse rathe ich Ihnen deshalb: trinken
Sie nicht zu viel. «
Todtenstille folgte diesen Worten,:
Alle waren starr Der blonde Herr»
Hauptmann fühlte ganz unwillkürlichf
nach seinen Zähnen, die er sich erst
lilrzlich getauft hatte, und untersuchte
sie daraufhin, ob sie auch festsäßen,
und der dicke here Mafor strich »sich
über sein Toupet. ihm war es, als ob
X
das Dings ihm plößlich vom Kon
gefallen wäre. Starres Entsetzen
hielt Alle gefangen: bei dem Wetter
eine große Uebung anzusetzen, das
war————-«-das war————ja,
was es war, das konnte Niemand so
schnell ausdenlen, aber auf jeden Fall
war es etwas.
Das erklang in das tiefe Schweigen
hinein die Stimme des jungen Pla
ten: «Ordonnanz, eine Flasche Sekt!«
Zum Glück hatten die Instrumente
der Regimentsmusik in diesem Au
genblick die Töne wiedergefunden, die
sie vorhin verloren hatten, so setzten sie
denn mit einem flotten Marsch ein«
sonst hätte der Herr Oberst auch sicher
den jungen Leutnant darauf aufmerk
sam gemacht, daß es mehr als unpas
send sei, sich unmittelbar nach der Er
mahnung, solide zu bleiben, ostentativ
eine Flasche Champagner zu bestellen.
Der Wein lam, und der junge Pla
ten trank das erste Glas mit derMiene
eines äußerst vergnügten Menschen.
»Wenn Sie vorhin sauren Mosel
tranken, müßten Sie jetzt eigentlich
Ricinugöl trinken«, meinte ein älterer
Kamerad. «
»Da irren Sie sich sehr«, lautete die
Antwort, »ich sagte schon vorhin, ich
trinke nur dann Champagner, wenn
ich ein freudiges Ereigniß feiere. Und
das ist jetzt der Fall. Jch bin wirklich
glücklich über die eingegangene Depes
sche und feiere die morgige Uebung.«
Dem Kameraden fiel das Glas aus
der Hand: »Sie sind verrückt.« Dann
wandte er sich an seinen Nachbar:
,,Platen freut sich auf die morgige
Uebung.
Hätte der Nachbar ein Glas in der
Hand gehabt, so hätte er es auch sicher
fallen lassen, so aber sagte er nur:
»Er ist verrückt.« Dann wandte er
sich an seinen Nchbar: ,,Plaien freut
sich auf die morgige Uebung-"
Und von Mund zu Mund ging die
Kunde, bis sie zu dem Herrn Oberst
gelangte. Und Alle blickten gespannt
auf den Kommandeur, was der wohl
dazu sagen würde. Der hob sein
Glas: »Ich höre soeben, Platen, daß
Sie sich aus die morgigc Uebung
freuen, das ist brav von Ihnen, das
gehört sich auch so. Profit, lieber
Platen!« -
Das sagte der Oberst osfizielL er
lonnte ja auch nichts anderes sagen,
dann aber wandte er sich an den Herrn
Oberstleutnant, der neben ihm saß,
und sagte mit halblauter Stimme:
»Er ist verrückt.:«
· Ter Herr Oberstleutnant sagte es
seinem Nachbar, und der sagte es wie: ’
der seinem Nachbar, und von Mund
zu Mund gina es abermals-: »Er ist
verrückt.« Nicht ohne eine gewisse
Theilnahme blickten Alle aus den jun
gen Platen, den aber ließ es ganz kalt,
was die Anderen über ihn dachten und
über ihn sprachen, er trank in aller
Ruhe seine Flasche leer, und als er sie
leer getrunken hatte, bestellte er sich
die zweite, und dann bestellte er sich
die erste zum zweiten Mal, und der
zweiten ersten folgte die zweite zweite,
bis er endlich als Letzter das Kasino
verließ, um seine in der Kaserne be
legene Wohnung aufzusuchen
Als der Bursche wenige Stunden
später in das Zimmer trat, um seinen
Herrn zu werten, lag dieser der Länge
nach in voller Unisorin auf seinem
Bette und schnarchte wie sechs Wilde.
»Herr Leutnant, es ist die höchste
Zeit, die Campagnie tritt schon an, der
Herr Leutnant müssen ausstehen.«
Aber der Herr Leutnant rührte und
regte sich nicht.
Der Bursche nahm seinen ganzen
Muth zusammen, er holte tief Athem
und schrie seinem Herrn mit der Kraft
seiner Lungen ins Ohr: »Ausstehen!«
Jeder Andere wäre mit einemSchrei
des Entsetzens in die Höhe gefahren,
jedem Anderen wäre erbarmungslos
das Trommelfell gesprungen ———der
Herr Leutnant aber öffnete nur für
den zehnten Bruchtheil einer Sekunde
ein Auge, denn es fehlte ihm an Kraft,
beide aufzuschlagen, und er sagte nur
das eine Wort: »Verriielt.«
Gleich darauf schnarchte er weiter,
und so mußte das Regiinent ohne ihn
in den Kampf ziehen.
Als der Oberst davon erfuhr, blickte
er lange nachdenklich vor sich hin, dann
wandte er sich an seinen Adjutanten:
»Der Fall ist schwierig. Wenn der
junge Platen sich wirklich auf die heu
tige Uebung freute nnd sich in der
Freude seines Herzens betraut, dann
ist er mit seinem Jammer und damit,
daß er nun zu Hause bleiben muß,
hart genug bestraft. Hat er aber seine
Freude nur gehenchelt, uni mich zu
täuschen, und bat er sich nur deshalb
sinnlos betrunken, um todtsicher die
kleit zu verschlafen, dann sperre ich
ilm erbarmungslog für fiinf Tage
ein.«
Und nach reiflicher Ueberlegung
sperrte der Herr Obrest seinen Leut
nant erbarmungslos fiinf Tage ein,
denn er konnte es nicht glauben, daß
ein Leutnant thatsächlich so verrückt
gewesen war, sich auf die Uebung zu
freuen. O
--..---·
»Gesucht wird (durch die Meraner
Zeitung) für Juni in ein Herrschafts
heus eine tüchtige, verlä liche Kinder
wckrterin in gesetztem lter, welche
auch einige Hauarbeit verrichtet." Ge
eianeter wäre es doch, wenn sich die
Eltern selber der Hauarbeit unter
zögen, falls die Kinder nun einmal
geprügelt werden sollen.
Eine schwere Last. l
Zwischen Frankreich und Italien
an der Küste des mittelländischen
Meeres liegt ein kleines-, sehr kleines
Reich. Dieses Reich ist das Fürsten
thum Monaco. Das Reich hat we
niger Einwohner als ein großes
Dorf, alles in allem 600(), nnd
Land ist so wenig vorhanden, daß
aus jeden Bewohner nichtein Morgen
entfällt. Aber ein richtiger Herrscher
ist in dem Land. Dieser Herrscher
hat ein Schloß, und Höflinge, und
Minister, und Generäle, und er hatte
auch ein Heer.
Ein kleines Heer, insgesammt 60
Mann, aber immerhin ein Heer. Ein
tiinste hat der Fürst wenige. Steuern
liegen, wie überall, aus Tabak, aus
Wein, aus Branntwein; und es gibt
auch eine Einkommensteuer; aber
wenn auch in Monaco getrunken und
geraucht wird, so sind doch nur we
nige Einwohner da —und der Fürst
würde seine Höflinge und Beamten
und sich selbst nicht ernähren können,
wenn er nicht eine besondere Ein
nahme hätte. Diese besondere Ein
nahme in seinem Reich rührt von
einer Spielbank her, der Roulette.
Die Leute spielen, gewinnen, verlie
ren, und der Pächter hat stets den
Profit. Und von der Einnahme be
zahlt der Pächter dem Fürsten hohe
Abgaben Die hohen Abgaben be
zahlt er deswegen, weil solcher Spiel
banken jetzt nur noch eine in ganz
Europa existirt. Der Fürst von Mo
naco weiß, das es ein garstiges Un
ternehmen ist, aber wag soll er ma
chen? Will doch leben. Und von
Tabat und Branntwein leben ist auch
nicht besser. So lebt denn also dieser
Fürst, regiert, häust Geld zusammen,
und hat an seinem Hofe alle Sitten
richtiger großer Könige eingeführt
Er läßt sich ebenso krönen, veran
staltet 11m,;iige, ertheilt Belohnungen,
läßt hinrichten, begnadigt, hat Para
Tten, beraihende Versammlungen, Gei
sktziz und Gerichte. Alles wie bei rich
tigen Königen. Nur alles sehr klein.
Nun, da kam einmal vor Jahren
in diesem Zauntdnigreich ein Mord
nor. Das Volk in dem Land ist
friedlich und vordem gab es solche
Verbrechen nicht. Es wurde ein Ge
richt lonstrnirt, wie esz sich gehört,
und man begann zu richten, wie es
lieh ziemt. Da waren Richter, Staats
anwälte, Geschworene und Vertheidis
ger. Man urtheilte und verurtheilte
den Verbrecher, ihm sollte der Kopf s
til-gehauen werden. Schön. Würd-H
dem Fürsten gemeldet. Der Fürsts
MS Das UthctL bestätigte es. Also
eine Hinrichtung· Die Sache hatte
nur einen Haken: Es gab in dem
Fürstenthum weder eine Guillotine,
um den Kopf abzuhalten. noch einen
Henker. Die Minister überlegte-n hin
und her nnd beschlossen, an die fran
zösische Regierung die Anfrage zu
richten: Ob die Franzosen ihnen für
kurze Zeit eine Maschine und einen
Henker überlassen tönnten — und
wag die Zache kosten würde? -Man
schickte ein Schreiben hin. Acht Tage
darauf bekam man die Antwort: Die
leltischine und den Henker könnte man
schicken; die Kosten betrügen alles in
allem USE-W Franks.
Dem Fürsten wurde Bericht er
stattet Er überlegte hin und her-—
1ij,()00 France-! Soviel Geld, sagte
er, ist der Schrift nicht werth. Geht
is denn nicht billiger? 16,(ks.-t)
Francg: Das bedeutet ja eine Steuer
von über zwei-France- für jeden Ein
wohner! Wird ihnen schwer fallen.
Werden Vielleicht rebelliren!
Wurde eine Versammlung einberu
sen, wie die Sache zu erledigen sei.
Man beschloß, in derselben Angele
genheit an den König von Jtalien zu
sckreiben Die französische Regierung
sei eine Republik, die Könige nicht
sebr schätze; der König von Jtalien
dagegen sei Seinesgleichem der würde
es schon billiger machen. Man schrieb
isnd bekam bald Antwort. Die ita
lienische Regierung ldainals wurde in
« talien noch hingerichtet) erwiderte:
Man würde die Maschine und einen
Henker mit Vergnügen schicken. Die
Kosten für alles-, einschließlich der
Reise, würden 12,0()() Francs betra
gen. Das war billiger, aber immer
noch theuer. Auch soviel Geld war
der sreche Bursche nicht werth. Ka
nten immer noch zwei Franks Steuer
fiir jeden Einwohner heraus! Wieder
wurde eine Versammlung einberufen.
Man berietb hin und her, ob es denn
nicht billiger ginge? Ob man denn
nicht einen Soldaten nehmen könnte,
ter ganz einfach den Kopf abliauen
würde? Die tödteten ja doch im
Ftriege Soldaten würden darin ja
unterrichtet.
Der General sprach mit den Sol
1aien, Jl) nicht jemand die Zaciie
Lilsernelsmen wolle? Ader tcin Soldat
hatte Lust dazu. Nein! sagten sie,
mir verstehen das nicht und habend
lsscht gelernt. Was nun? Man iider
segte wieder hin und her, deriesVer
sainmlnnaein Fiomniissioneik Sub
tominissionen, und berieth weiter.
Man muß, sagte jemand, die Todes
stfase in lelsenslängliclses Gefängniß
ninändern. Aus diese Weise liiszt der
Fürst Gnade walten, und die Aug-«
paben sind geringer. Der Fürst gab
seine Zustimmung nnd demgemäß
wurde beschlossen. Das Moment war
nur, daß ein besondere-J Gefängniß,
um jemanden aus Lebenszeit einzu-v
sperren, nicht vorhanden war· Da
waren so tleine Hundelöcher, in die
jemand kurze Zeit eingesperrt wurde
(—— ein solides Gefängniß aber, für
lebenslängliche Einkerterung, gab es
richt. Nun, man machte dennoch einen
Raum ausfindig. Brachte den Bur
schen hinein. Stellte einen Posten
davor.
Der Posten hielt Wache und holte
das Mittagessen für den Verbrechet
aus- der.Schloßkiiche. So saß der
Bursche sechs Monate, saß ein Jahr
lang. Ende des Jahres verglich der
Fürst Ausgaben und Einnahmen, und
sah: Da stand ein neuer Ausgabe
posten: ,,Unterhalt des Verbrecher5«!
und der war nicht klein.
Ein besonderer Wachtposten und
dann die Verpslegungl Kamen im
Jahr 600 Francs heraus. »Der Bur
sche aber war gesund, würde noch
seine 50 Jahre leben. Man tun-n
leicht ausrechnen, wag da herauskom.
Ein großer Betrag. So ging das
nicht! Der Fürst berief seine Minister:
,,Denlt einmal nach,« sagte er, »wir
wir mit dem Taugcnichts billiger ser
tia werden!«
Die Minister überlegten hin und
her. Einer sagte: ,,Sehen Sie, meine
Herren, nach meinem Dafürhalten
kann man den Wachtposten entlassen!«
Ein anderer sagte: »Ja, aber dann
läuft er weg.« »
»Nun, mag er doch laufen!«
Dem Fürsten wurde Bericht erstat
tet. Er gab seine Zustimmung. Der
Posten wurde entlassen. Man gab
acht, was geschehen würde, und sah:
Als die Essenszeit da war, kam der
Verbrecher heraus, suchte den Posten,
fand ihn nicht und ging zum Mittag
essen in die Schloßkiiche. Er nahm«
wag man ihm gab, kehrte ins Gefäng
niß zurück, schloß hinter sich ab und
blieb dort. Am nächsten Tage das
selbe. Er ging, um sich Essen zu
boten, aber nicht um fortzulaufen.
Was nun? Wieder überlegte man.
Man muß, hieß es, ihm direkt sagen,
daß wir ihn nicht brauchen. Mag er
gehen! Gut. Der Justizminister be
rust ihn zu sich und sagt:
»Warum gehen Sie nicht? Der Po
sken ist nicht mehr da. Sie können
neben, wohin Sie wollen. Den Für
sten kränkt das nicht.«
»Den Fürsten,« sagt jener, »kriintt
e-: wohl nicht, aber ich kann nirgends
lin. Wohin soll ich mich wenden?
Ihr habt mir durch das Urtheil ein
Brandmal ausgedrückt, jetzt nimmt
snick niemand mehr, ich bin von allem
ausgeschlossen Jhr seid verkehrt mit
mir umgefprungen Das taugt nicht.
ziattet mich zum Tode verurtheilt,
schön. Haitet mich dann auch hinrich
ten müssen —- aber das habt Jhr nicht
gethan. Das ist Nummer eins. Jch
bln nicht schuld daran. Dann habt
Aihr mich zu lebenslänglich-m Ge
fängnis-, verurtheilt und einen Posten
hingestellt, der mir Essen bringen
sollte, nnd habt dann diesen Posten
wieder fortgenommen Nummer zwei.
Ich bin wieder nicht schuld daran.
:5:ab’ mir mein Essen selbst-geholt.
Jetzt sagt Ihr: »Geh fort! Nein,
macht was Jhr wollt, ich gehe nicht!«
Was nun? Wieder eine Versamm
lung: Was soll man machen? Er geht
nicht. Man überlegt hin und her:
niqu ihm eine Pension aussetzen, sonst
.oird man ihn nicht log. Bericht an
den Fürsten· Nichts zu machen, sagt
der, los-werden müssen wir ihn. Und
sg werden ihm 600 Franes ausgewor
fen Und Ihm dieses mitgetheilt.
,,Also gut,« sagt er, »wenn Jhe
stets Piinttlich bezahlt, dann gehe ich.«
Er erhielt das Geld im Voraus,
resiseilischiedete sich von allen und ver
ließ das Fiirstenthum Im ganzen
eine Viertelstunde Eisenbahnsahri.
Or snlfr fort, siedelte sich in der Nähe
an, kaufte ein Stückchen Land, legte
einen Garten an und lebt nun wohl
nnd guter Dinge. Zur bestimmten
Zeit fährt er hin, um seine Pension
in Empfang zu nehmen. Hat er die
betommen, so geht er ins Spielhaus-·
setzt 2—3 Franc-Z, gewinnt oder ver
liert, je nachdem, und fährt wieder
noch Hause. So lebt er friedlich und
gcmijthlieh
Nur gut, daß das Verbrechen nicht
dort begangen worden ist, loo den
Leuten die Ausgaben fürs Kopfab
l,-anen, oder für lebenslängliches Ge
fängniß nicht leid thun.
Leo. N. Tolstoi.
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Andreas Opfer-s Gewehr.
Ueber die Schicksale, die das Ge
wehr Andreas Hofers erlebt hat, mach
te die »Bozener Zeitung« solgendeMit
theilungen: Andreas Hofers Gewehr
befindet sich im Besitze des Herrn Dr.
Herniann Schorlops in Hanerau bei
Rendsburg der es von seinein Vater
geerbt hat. Dieser, Herr Adolf Schor
topf, war Mitkämpfer im schleswig
liolsteinischen Freiheitslriege 1848 bis
1850 lkr machte den Feldng als
Freiwilliger im Schiitzcnlorps mit.
Begeistert von den Heldenthaten dieses
Korb-T sandten die Tiroler Schützen
one- Ojemem Andreas-. Hosers »dem be
sten Schützen der sel)leswig-sl)olsteini
schen Anme« nnd als solcher wurde
von seinen Vorgesetzten nnd Kamera
den der Schütze Adolf Sclsorkops be
zeichnet. Von sein-It Tresssieherheit
wissen glte Leute notle manches Stück
zu erzählen. So war er zum Beispiel
einst zum Geistitzenfeste in Rendsburg
eingetroffen Der Hahn ans dem
Schützenlsnuse lsnt jg kein Auge, sagte
er im Scherzes und wies aus die Wet
terfahne. Gleichzeitig legte er das Ge
wehr Andreas Hosers un, der Schuß
trachte, die Kugel ging durch den klei
nen Kops und seit jener Zeit hat der
Wetterhahn »ein Ange«.
....-..-—-— -.-t-.-. . .
Vermuthlich wird die sennzösische
Regierung demnächst erklären, siehst
tefne Ahnung davon gehabt, daß dte
russischen Kriegsschissr. die sich in den
französischen Häer verproviantitt
l;aben, zum Kampfe gegen Jaqu be
’ stimmt wage-h «