Das Ritthscl vou Ecvekshiih. I Roman von Fleinhokd Ortmamx —----------QQQ-C-----QQ-Qs (14. FortsehungJ Diesmat war nicht ein einziger der fremden Besucher über Nacht auf El dech geblieben, und fast unmittel bcr nach der Todtenfeier war es dort ll und einsam geworden. Editha tte mtt Umsicht und Energie für Ihren tranken Bruder die Leitung des umfangreichen Betriebes übernommen und die Besprechungen mit dem Ober inspettor wie die weiten Ritte über die Felder nahmen ihre Thätigteit während der meisten Tages-stunden vollan in Anspruch. Die bangen Be fürchtungen aber, mit denen der Be ginn der neuen Herrschaft viele im Linderode’schen Dienst beschäftigte Personen erfüllt hatte, vertvirtlichten sich nicht. Wohl war die Baronesse Editha eine strenge Gebieterin, die rücksichtslos Von jedem Einzelnen den Einsatz aller Kräfte forderte; das Ver langen jedoch, sich für früher erlittene Kränkungen zu rächen, schien vollstän dig aus ihrer Seele gewichen. Sie ließ niemanden mehr entgelten, was er früher gegen sie gefehlt, und in ihrem Verkehr mit den Untergebenen war eine gewisse ruhige, unnahbare Bor nehmheit an die Stelle deH früheren iaunenhaften und herrischen Hoch muthes getreten. — Die Untersuchung des an Erwin v. Linderode be angenen Verbrechens nahm unter-dessem ihren Fortgang, so weit eben unter den eigenthümlichen Umständen, die diesen Fall begleiteten, um einem Fortschreiten die Rede sein konnte. Daß der Förster Rudolf Fabian der Mörder seines unglückli-, then Dienstherrn gewesen sei, unterlag sitt niemanden mehr , dem geringsten Frisch und der Landgerichtsrath artius hätte seine Aufgabe sicherlich als vollkommen erfüllt angesehen, wenn es nur auch schon gelungen wäre, des in so hohem Grade Ber tiichtigem ja, beinahe Ueberfiihrten habhaft zu werden Hier aber standen die Behörden al Iem Anschein nach an der Grenze ihres Vermögens. Weder der hinter dem Förfter erlassene Steckbrief, noch die rnit unermüdlichem Eifer betriebenen polizeilichen Nachforschung-en hatten auf die Spur des Gesuchten geführt« und nachdem auch noch alle fiir die Annahme eines Selbftmordes in Be tracht kommenden Seen, Teiche und Wasserläufe vergeblich abgesucht wor den waren, neigten die mit derAhn dung des Verbrechens zunächst beauf kta n obrigteiilichen Personen über ein immend der Ansicht zu, daß es dem Förster mit fremder Hilfe gelun gen fein müsse, sich unkenntlich zu machen und seinen kurzen Vorsprung « in erfolgreicher Flucht auszunutzen. Wie ründlich die klugen Herren mit dieser Bermuthung im Jrrthum etoesen waren, brachte am dreizehn Tage nach der Bestattung des Er mordeten ein Zufall an den Tag. In dem entlegensten Theil des Forsies von Elvershöh, da, wo er nur noch durch einen alten, seit der Erbau ungmder neuen Landstraße vollständig In ußten Hohlweg von den weit ausgedehnten königlichen Waldungen geschieden war, befanden sich mehrere «Steinbrüche, deren Betrieb Werner v. Linderode des geringen Ertrages we gen schon vor mehr als dreißig Jah ren hatte einstellen lassen. hreUeber tesie bildeten hohe, vom ldrande nach dem Hohlwege zu beinahe sent vetcä abfallende Felswande an deren u e auf den vorgelagerten Schutt lden sich im Laufe der Jahre allerlei eippig wucherndes Strauchwert ange siedelt hatte. An jenem Tage nun fchah es, daß die Wittwe Hanle aus ·chfelde, eine gebrechliche Almosen empfängerm die sich durch das Sam meln von Kräutern für den Apotheter in der Stadt einen dürftigen Verdienst seligen Berufswanderung auch in den hol verwachsenen, oft monatelang von keinem Menschenfuße betretenen Lohlweg lam. Während sie unter sirüpp und Unkraut nach Pflanzen gugskähth die für-ihre thecte brauch dar seien, suylte ne ncy immer meyr von einem widerwärtigen Verwe Hgsgeruch belästigt, der nach ihrer mung nur von einem gesallenen Wild herrühren könne. Die ossnung, das-es vielleicht ein Kapital irsch sei, für dessen Geweih man ihr in derFör sierei oder im Herrenhause von El vetöhöh ein gutes Trinkgeld zahlen würde, veranlaßte sie, der Ursache des Geruchs weiter nachzuspüren, und so arbeitete sie sich durch das dichte-Busch werl nach und nach bis hart an den szuß der schroffen Feldwand heran. Und plötzlich, nachdem sie eben wie der die Zweige eines mächtigen Gin sterstrauches auseinandergebon hatte, taumelte die Frau mit einem Zlnufschrei des Entsetzen-H zurück, denn statt des Hirsches, aus den sie gefaßt gewesen Mr, hatte sie einen Menschen vor sich gesehen, einen aus dem Boden sitzen den mit dem Rücken an einen abge kennten Steinblock elehnten Men . n dessen Kopf tie? aus die Brust end-gesunken war und von dessen ehi sie darum nichts weiter hatte "Wedmen tönnen als den langen "-- rzen Bart, der die grünen Aus deB Jäs ettoetes bedeckte. t sei rniI r gnädig —- det ör sesscsinnst steten-nein die zum ode i l :Erschroclene, denn sie war gleich allen Bewohnern von Eichfelde über die Er eignisse auf Elvershöh hinlänglich unterrichtet, um zu wissen, wie lange und wie eifrig man überall nach dem verschwundenen Miitder gesucht hatte. Nur siir einen Moment hatte sie den entsetzlichen Anblick Ihabh dann war sie entsetzt geflohen. ber sie war ihrer Sache trotzdem gewi , und wenn auch ihr Herz zum Zer pringen klopfte, wenn auch die zitternden Kniee sie kaum noch tragen wollten, machte sie sish doch mit einer Geschwindigkeit, wie ihre alten, steifen Glieder sie wohl seit vielen Jahren nicht mehr ent wickelt haben mochten, auf den Weg nach dem Schlosse. Zufällig stieß sie im Park aus den Oberinspektor, der vom Wirthschafts hose herübertam, weil ihn Editha zu einer Besprechung hatte bitten lassen. »Na, Mutter Hanle, was sucht Jhr denn hier-Z« fragte er freundlich. »Liegt Euch irgend etwas auf dem Herzen?« Die Greisin war durch den raschen Lauf so ganz außer Athem gekommen, daß sie ihn nur durch Zeichen und durch unzusammenhijngende Laute be deuten kannte, zu verweilen und ihr einen Augenblick Ruhe zu vergönnen. Als er kopfschüttelnd erwiderte, dazu habe er jetzt keine Zeit, erfaßte sie ihn zu seiner Verwunderung am Rock ijrmel und hielt ihn gewaltsam zurück. »Ich tann nicht weiter, Herr Jn spettor,« stieß sie imt äußerster An strengung hervor. »Sie müssen mich anhören —ich ——ich habe ihn ja ge funden.« m aoer oegrm noch immer man. »Was heißt das, Mutter Hankei Wen habt ihr gefundentM »Nun, den Mörder ——den Förster Fabiam Er sitzt unten im Steinbruch aus der Erde und ist todt.« »Ist das wahr? Jhr selber habt ihn gesehen? Und ihr könnt euch nicht etwa geirrt haben?« »Meine Beine tangen nicht mehr viel, Herr Oberinspektor, und mit dem Gehör ist es auch nicht besonders, aber meine Augen-aus die kann ich mich noch verlassen.« Und sie erzählte ibm jetzt, wo sie allmählich wieder zuAthem tam, die Geschichte ihrer grausigen Entdeckung Daran wenigstens, daß sie an jener Stelle wirklich einen Todten erblickt hatte, konnte der Jnspektor nicht mehr zweifeln, und wenn dies der Fall war, so sprach alleWahrscheinlichteit dafür, daß auch ihre Vermuthung hinsichtlich der Persönlichkeit dieses Todten sie nicht betrog. »Komm mit, Mutter Haner sagte er. »Ich will Euch eine Flasche Bier und einen meiß geben lassen, damit Ihr Euch ausruhen und stärken könnt, tig ich die Leute zusammen habe, die wir zum Abholen der Leiche brauchen. Aber Jhr müßt mir versprechen, bis dahin keinem Menschen weiter von Eurem Fund zu erzählen. Denn es ist nothwendig, daß oorläu ig alles un niitze Aussehen vermied wird, und ich möchte nicht gern mit einem Ge folge von so tlnd so viel Dutzend Neu gierigen ausziehen. Dachher habt Jhr dann ja auch immer it und Gelegen heit genug, Eure schichte zu er zählen« Eine solche Weisung war keines iwegå ganz nach dem Geschmack der »Alten, die am liebsten drüben in Eich sselde von Haus zu Haus gelausen twäre, damit ihr kein anderer mit der sgroßen Neuigkeit zuvorkomme. Aber ; er erste Beamte von Elvershöh war jsiir sie eine Person, der man sich nicht stoidersesen durste und so humpelte sie horsam hinter ihm drein, nachdem s :eseierlich versprochen hatte, vorläu »sig gegen jedermann zu schweigen. s Aus verschiedenen Wegen. um teine Aufmerksamkeit zu erregen. begaben sich eine halbe Stunde später die von dem Oberinspektor entbotenen Män ner nach der Försterei. die er ihnen als Sammelplah bezeichnet hatte. Es wa ren ein paar zuverlässige Leute aus idem Beamtenpersonal des Gutes, der i Arntsvorsteher vonEichselde als obrigs Iteitliche Persönlichteit. der Gent-arm i dessen man durch ein günstiges Unge tsiihr habhaft geworden war, nnd der tDorsbader. der einstweilen die Stelle ? des über Land gefahrenen Arztes ver streten mußte. Jn der Fötsterei. wo Inian sich mit einer Tragbahre und jniebreren Decken versah, gesellten sich ldann noch die beiden Forstgebilsen ’ nebst ihren Hunden zu ihnen, und der stleine Trupp, in welchem natürlich auch die alte Hante nicht fehlte, setzte sich unter erwartungsvollem Schwei gen nach dem hohlwege zu in Marsch. Als der Zug dann an einer sanst ab fallenden Stelle des Hanges in den Hohlweg hinabgestiegen war, wurden die hunde von der Leine gelöst, und nun hätte es der weiteren Führung durch die Wittwe Hante nicht mehr bedurft, denn die Thierearbeiteten sich ungestünc durch dasGestrüpp und wie sen den Nachfolgenden den Weg nach dem Steinbruch, wo sie kläglich beu lend Posto saßten. Schwei end näherten sich die Män ner dem odten. »Da liegt seine Flinte,« sagte end lich einer halblaut, nach einer Stelle «—-—.—.I—I this-deutend die etwa um fünf Schritt lvon der Leiche entfernt war. » »Und da oben an dem Felszacken »sc,sngt fein Hut,«· fü te ein anderer ihin u. »Es ist tein ioeifel, daß er !in nSieinbruch hinuntergefiiirztifi. fDa konnten die Herren vorn Gericht )freilich viele Steckbriefe hinter ihm joreinschickem ohne ihn zu fangen.« i Der Gent-arm und der Bader wa : ren die ersten, die sich zu einer genaue Itren Besichtigung der Leiche anschick ; en. « »Er muß sich in den Hals geschossen baben,« sagte letzterer. »Da ist ein ztiefes Loch, das nicht von dem Sturz lherrühren tann, und die linke Kinn ilade ist ja auch ganz-»zerfchmettert.« »Wir wollen ihn auf die Bahre legen,« befahl der Oberinspettor. »Es ist nicht unsere Sache. festzustellen, auf welche Weise er sich vom Leben zum Tode gebracht hat. Das mögen nachher die Herren Aerzte besorgen.« JUls der Körper des Todten aufge not-m wuroe, erspaer oag scharfe Auge des Gendarmen auf dem Boden en kleines Buch« das bis dahin ver dickt gewesen war. Es erwies sich bei nöherer Betrachtung als ein mit wei ssen Notizblattern durchschossenes Taschenduch fiir Forstbeamtr. Einige Seiten waren ganz mit dicht zusam mengedrängien Bleistiftzeilen bedeckt, aber die Schriftziige waren undeutlich und so schwer zu entziffern, daß der Gendarm den Versuch, sie zu lesen, sehr bald aufgab und das Buch mit dem daran befestigten Gummiring verschloß, um es sorgfältig in der Brusttasche seines Uniformrocles zu verwahren. Man hatte den Todten inzwischen ist die mitgebrachten Decken gehüllt. und die Heimlehr gestaltete sich noch schweigsamer als der Hermatsch- was b:i der Beschaffenheit des Jundes, den man da gemacht hatte, erklärlich ug war. Ein jeder wünschte im steiflllen sehnlichst das Ende des langen Weges herbei, und es war leiner, der nicht erleichtert aufgeathmet hätte, als man endlich die hellen Mauern derFörsterei wieder zwischen den Stämrnen hin durchschimfmern sah. Hier sollten die Ueberreste des unglücklichen Mannes nach der Weisung des Oberinspettors einstweilen untergebracht werden, bis die Behörden anderweitige Verfügun szgen getroffen haben würden, und es» war denn auch in der Zwischenzeit be reits ein Raum für ihre vorläufige » Aufnahme hergerichtet worden. Schweigend setzten die Träger die Bahre in der kleinen Kammer nieder, um sich dann eiligst zurückzu iehen. Der Gendarm war pflichtgem ß der letzte, der den Raum verließ. Er ver schloß sorgfältig hinter sich die ThürJ and steckte den Schlüssel in die Tasche. ; Durch seine Fahrläisigleit sollte leine - Verdunkelung des Thatbestandes her beigeführt werden und dann handelte es sich ja doch auch um die Leiche eines steckbrieflich verfolgten Verbre chers, die man nach seiner polizeili chen Denkungsweise nothwendig hin ter Schloß und Riegel halten mußte. So war denn zur Beruhigung aller s Gemüther der lange gesuchte Mörder des Barons v. Linderode endlich ge funden. Achtzehntes Kapitel. Sicherlich war es einer der glück lichsten Momente in Frau Aftrid l- - lagers Leben, als ihr Sohn, nach m er mit großem, verwundertem Blick feine Umgebung gemuftert hatte, in dem alten liebevollen Ton, den sie so gut kannte, zu fragen anhab: »Sage mir, Mutter, was dies alles bedeu tet! Jch bin nicht daheim in Notwe gtn und doch seid ihr bei mir ---- Du und Thyra. Jch meinte immer, es sei ein Traum —— und er war fo schön, daß ich nicht sprechen wollte, aus Furcht, zu früh zu erwachen· Aber nun währt er schon so lange —sage iuir doch, Mutter, was das alles be deutet.« » Die Matrone vergon keine Thriinen freudigerRiihrung. wie es wahrschein lich unter hundert anderen Müttern neunundneunzig gethan haben wüt ten, sondern sie neigte sich mit sanftem Lächeln über den Sprechenden und strich ihm das blonde lockige haar aus der noch immer heißen Stirn. »Es bedeutet, daß Du sehr krank warst, mein Junge, und daß wir ge kommen find, Dich zu pflegen. Nun kifi Du auf dem Wege der Genesung, :·nd bald telfren wir alle miteinander heim an un eren schönen, ftillen No ran fjord.« her die Erklärung reichte offenbar roch nicht hin, die Lücken in demErin nerun«svermögen des jungen Mannes auszufüllen Mit nachdenklichem Ge sichtsausdruck schwieg er eine kleine Weile, um dann von neuem zu fragen: ,.Jch entsinne mich wohl, daß ich trank war, doch es fehlt mir noch fo viel in meinem Gedächtnisz. Wo bin ich denn hier ——und wie bin ich an diesen frem den Ort gekommen?« »Er kann Dir nicht fremd sein, Erit, denn es ist ja das Haus in Eich felde, darin Du so lange gewohnt haft.« Er blickte abermals aufmerksam umher» »Ach ja —- Hennings ute Stube,« sagte er leise, und ein Säft ( ten, der Frau Hallager nicht ek, verdunkelte seine Züge. »Wie selt am pas ist!« fügte er nach eint ein u dern hinzu. »Ich war zule t druben in Elvershöh, und von da an weiß ich nichts mehr ——tein nichts. La mich nachdenken, Mutter, damit es mit wieder einfallt.« Er schloß die Augen, und schon- nach Berlan einer Min war et ent kununekt Ihm-, ie unten in der Rote beschäftigt gewesen war, kam ern Schlafe lag, und sie eruhr nun ans dem Munde ihrer Pf ge mutter, was sich inzwischen ereignet hatte. Auch ihr strahlte die reude iåder den ersten untriiglikseen eweis der wiederkehrenden er tgen Reg samkeit des Kranken he aus den Au gen. Viel schneller, als man es zu l,osfen gewagt hatte, war Doktor Harmsens Prophezei ung zur Wirk lichkeit geworden. ines nur schien sie J beunruhigen. u hast ihm doch nichts von den Besuchen der fremden Dame gesagt, Mutter?« »Nein, denn die it dazu war noch nicht gekommen Ae er wenn ich sie für gekommen halte, werde ich es sicherlich thun. Jch lasse mir von keiner Frem den Heimlichkeiten ausnöthigen gegen meinen Sohn.« Als der Kranke mehrere Stunden iiväter erwachte, war es nicht mehr eIrau Hallager, sondern Thnra, die an iicimm Bette saß. Sie las in einem Buche, das ihr Doktor Harmsen mit gebracht, und Erit, der sich nicht ge rührt hatte, konnte sie ein paar Minu ten lang beobachten, ohne daß sie es bemerkte. Das Licht der Lampe,ge gen das Lager des Kranken hin durch einen undurchsichtigen Schleier ge dampst, fiel hell auf ihr Gesicht, und Erik hatte vielleicht nie vorher mit gleichem Entzücken wahrgenommen, wie schön dies rosige Antlitz mit sei nem unschuldigen Rinderausdruclsei. lellzn verriiiherisch wohl mochten sich Bewunderung nnd Zärtlichkeit in sei nen Zügen spiegeln, denn als Thyra 1e"t von ihrer Lektijre aufblickte und seinen still auf sie gerichteten Augen begegnete, strömie ihr das Blut heiß in die Wangen »Thyra!" sagte Erik leise. »Liebe —- liebe Thyra!'« Gewiß hatte er sie schon oftmals so genannt, und er hatte ihr auch wohl noch zärtlichere Namen gegeben, wie sie gebräuchlich sind unter liebevollen Geschwistern, aber-ob es nun in der eigenartigen Betonung lag oder auch nur in der besonderen Situation — so wie in diesem Augenblick waren ihr die beiden Worte noch niemals ins Herz gedrungen, ein so wundersam! sußes, wonniges Glückggefiihl hatten sie noch niemals in ihrer ceele wach- » gerufen erTinWWs Zimmer, als er bereits in fe »Lieber Erit!'· wollte sie sagen-— doch seltsam! Die Anrede, die sie un- ’ zähligemal gebraucht hatte, die ihr seit . vielen Jahren geläufig gewesen war» wie der alltägllche Gruß, denBetannte untereinander tauschen -—— sie wollte ihr jetzt nicht iiber die Lippen, gerade jetzt. wo doch ihre Brust bis zum Zerspringen ersijllt war von Zärtlich teit und schivefterlicher Liebe. Stumm trat sie zu ibm heran, sind stumm neigte sie sich über ihn herab: leicht wie eiiihaiich berührten ihre Lippen seine Stirn. »Meine liebe Thora!« wiederholte der Kranke mit einem glücklichen Lä cheln. Dann schloß er die Augen, und es wurde nichts weiter zwischen ihnen gesprochen. Am nächsten Morgen aber stellte Dottor Harmsen triumphirend einen gewaltigen Fortschritt in dem Besin den des Kranten fest. und zum ersten mal sprach er es mit voller Zuversicht aus, daß man jetzt allen bangen Be fürchtungen den Abschied eben dürfe »Es it eine meiner aserschönsten Kuren,« sagte er scherzend »Schade nur, dasz ich mir vor meinem eigenen Gewissen einen gar so geringen An theil beimessen darf an ihrem Ge lingen.« Zuweilen tamen allerdings Viertel stunden, wo Crit mit offenen Augen schweigend dalag, unverkennbar be müht, sich auf etwas zu besinnen, das wie durch ein Wunder aus seinem Ge dächtniß entschwunden war, und das ihm doch wichtig genug schien, um seine Gedanten immer aufs Neue u beschäftigen. Dann verdüsterten sich wohl seineZiige, und die zuversicht liche Stimmung des Genesenden konnte vorüber eheiid einer für i n selbst wie fiir eine Umgebung pein i- ’ then Unruhe weichen. Frau hallager sob, daß ihn irgend etwas Unaus Tgisproeheiies quäle, aber sie hatte nie ;mals—auch nicht von ihrem eigenen I Sohne — ein Vertrauen erbettelt, das ihr nicht freiwillig entgegengebracht wurde und sie wartete darum gedul dig des Au enblieli,- wo er ihr aus eigenem An rieb offenbaren würde, was ihn bedrückte. Sie saß mit Thyra an seinemBette, als es endlich einmal Nachmittags - fchah. Wieder hatte Erit, aus rii i gem Schlummer erwacht, lange Zeit stumm und mit gesurchter Stirn zu der weißgetiinchten Decke emporge starrt, ohne ein Wort zu sprechen- Da drehte er plötzlich den beiden Frauen sein Gesicht zu und sagte: »Nein, ich werde mich niemals darauf besinnen; es ist wie weggebannt. Jhr aber lönnt es mir sa n, und ityr dürst’s mir nicht vers weigen, auch wenn ich da kei etwas Beschämendes hören muß. Was ist an dem Abend, da ich hier antam, mit mir geschehen? Meine Erinnerungen reichen nur bis zu einem gewissen Augenblick, darüber inaut aber ist alles dunkel und leer. . ch bitte Euch von Herzen: helst mir ans dieser Ungewißheit heraus.« »An wir können Dir nur wieder holen, rit, was man uns hier erzählt hat, denn wir sandenDich bei unserem Eintresfen als einen bewuß losen Kranken in diesem anle. Aber ist es denn wirklich so not wendig, daß Du. Die gerade se t, wo Du Deine Nerven chnnen sollte , den Kopf iiber diese in zetniarterst?« « a, liebe Mutter, es quält mich W so sehe Ss e mi- qiso auftut-um wa hat man uch erzählt?« Er lauschte mit ge paunter Aus niertsamteit, während grau Hallager getreulich wiedergab, was sie sich in der Sorge ihres Mutterherzens von dem Ehepaar genuing mehr als ein mal hatte deri ten lassen. Jhre sonst so ruhige, llangvolle Stimme wurde unsicher, als sie davon sprach, wie man ihn in der Morgensrtlhe aus den Stufen vor der hausthiir gesunden, nachdem-· man am Abend vergebens saus seine Heimtehr gewartet hatte, und auch die tavsere Thhra mußte sich abwenden, um die schmerzliche Bewe sgung nicht zu verrathen, die sich bei jdem Gedanken an jenes Furchtbare ;aus ihrem Antlitz spiegelte. ; Crit aber schüttelte, als seine Mut ter geendet, unbefriedigt den Kopf. »Und das ist alles?« fragte er. »Ihr wißt mir nicht zu sagen, was bis zu gern-er Morgenstunde mit mir geschehen l .«« « »Nein, mein Sohn! Doch vielleicht wissen es diejenigen, bei denen Du den Attind zugebracht hast. Wenn Du mir ihren Namen nennst, und wenn es Dir wirklich so wichtig ist, es zu erfahren, lann ich sie ja darum bestagen.« Doch er machte eine hastige abweh rszitde Bewegung »Das ist unmög lich. Mit diesen Leuten hast Du nichts zu schaffen, und Du darfst nicht mit ihnen reden, Mutter —— niemals! Sie sind es nicht werth. Jch werde also ireiter nachdenken·miissen, um viel leicht doch noch daraus zu kommen. Einmal beim Erwachen war mirs als ob ich es wüßte. Aber es war wohl nur ein Traum, der mir diese Tän schisng vorgespiegelt hat, und ein böser Traum überdies; denn es lag mir aus der Seele wie die dunlle Er innerung an etwas Fürchterliches. Sage mir doch, Mutter: ist in jener Nacht drüben aus Elvershöh etwas Schlimmes geschehen —- irgend ein Unglücks« Frau Hallager wollte der Wahrheit gemäß antworten, daß ihr nichts da von bekannt sei, aber in diesem Au genblick steckte Frau Henning vorsich tig den Kopf zurThiir herein und mel dete halblaut: »Das Fräulein v. Lin derode ist wieder da und möchte ein paar Worte init Fräulein Jensen sprechen.« Thhra hatte sich schnell erhoben. roch Erit war is demselben Moment empor gefahren und hatte mit festem Druck ihr Handgelent ergriffen. Seine Augen blitzten, und sein blasses Ge sicht hatte sich geröthet. »Nein,'« rief er, und ejs war eine uberraschende Kraft in dem befehlen den Klang seiner Stimme, »ich ver biete es Tir, zu gehen! Wie kann sie es wagen, hierher zu kommen? Und was hat sie mitDir zu reden? Man soll sie sortschicten --— sogleich! Jch tann es nicht ertragen, sie in Eurer Nähe zu wissen.« In äußerster Bestitrzung fah Thhra zu ihrer Pslegemutter hinüber-Frau Hallager aber legte besänftigend ihre band auf Eritg loaigeiz Haar nnd sagte: »Sei ruhig, mein Sohn! Es wird alles so geschehen, wie Du es ver langst. Aber dieses Fräulein v. Lin derode ist heute nicht zum ersten Mal hier. Sie giebt vor, Dir befreundet zu sein, un tam sehr häufig, nach Deinem Befinden zu sragen.« Die bittenden und vorwurfsvollen Blicke des jungen Mädchens hatten sie nicht abhalten können, auszus re n, was sie nach ihrer strengen uf as sung von der Pflicht der Wahrhaftig teit nirg: berheimlichen zu dürfen glaubte. uch fie aber mochte jetzt ein wenig bestürzt sein über die Wirtung ihrer Worte; denn Erit, der Thyras Arm freigegeben hatte, grifs mit fei nen beiden änden an die Stirn und starrte vor ich hin wie jemand, der an seinem eigenen Betstunde irre zu wer den anfiin t. »Was tpt dass« murmelte er. »Sie kommt, nach mir zu fragen? Ja, war denn alles, alles nur ein Traum?« Eine drückende Stille lag wohl eine Minute lang über den Dreien. Thu ras weiche Stimme war es, die sie zu erst unterbrach. « »Die Mutter hat wohl nicht gut gethan, Erit, es Dir schon jept mitzu theilem Jch hatte dem Fräulein v. Linderode versprochen, Dir vorläufig nichts von ihren Besuchen zu sagen. Es scheint, daß sie guten Grund hatte, mich darum zu bitten. Wir sehen ja ;nun, wie sehr es Dich erregt.«· F - Er s iittelte den Kopf und machte sihr ein eichen, sich wieder neben ihn szu sehen. »Ich will mich nicht auf regen, Thurm ich verspreche es Dir. iNur dürft ihr mich nicht mit halben Worten abferti n wollen. Das allein ist es» was i nicht ertragen kann. Wxnnne schon ofters hier gewesen ist, diese Dame, von der wir da reden, und wenn sie Deine Verschiviegenheit gefordert hat, o inuß sie Dir noth windig auch iraend welche Mittw lune en gemacht Haben. Und nun, da as eine weiß, habe ich ein Recht, auch das andere zu erfahren. Dii würdest nicht ichwesterlich an mir han deln, wenn Du es mir verhehlteft.« Eine so hochg radige Unruhe malte siqch in seinen Fugen, daß Thnra nicht ngedariiber niZweifel sein tannte, welche Pflicht hier die heiligere siir sie sei. Sie tonnte Die halb erzwungene Zusage nicht länger halten, die sie ener remden gerieben, und sie ver ichniahe es, irgend eine Lüge zu er siinen, uin damit zugleich die Unin diild des Kranken und ihr ei ienesz wissen ge beschwichti en. ahrheitp? mäk richtetef iei in über den alt edes Gespräfches das sie mitLdi: ttJa Ass- führt ra innehielt, weil sie nichts inilzr zu agen wußte fragte er init t eilu en nur noch geste gert schien: Dies oilte alles ewesen sein — wirllich alles? Sie ollte Dir lein Andeutungen gemacht haben? D, wem soll ich noch lauben, Thhra, wenn nicht einmal rnir die volle Magerkeit sagst?« » sprach die Wahrheit, Erit, sie fragte mich sonst nichts außer —« Sie lockte, und i r Errothen verrieth sei nem mißtrauischen Blick, daß sie den noch etwas verborgen hatte. »Nun, warum zögerst Du?« drängte er. »War es denn so sürchterlich,daß Du es nicht einmal aussprechen magst?« »Nein, ich glaube nicht, daß es et was Schlimmes war. Sie erkundigte s: nach einem Briefe, den sie an Dich ge chriebern als sie Dich in München glaubte. und sie bat mich, unter Dei- . nen Sachen nach diesem Briese zu suchen, weil sie ihn zuriickzuerhalten wünschte. Als ich ihr erwiderte, daß ich etwas derartiges niemals thun ; würde, lächelte sie und meinte, es habe jauch weiter keine große Bedeutung.« J »Ich höre von diesem onderbaren iAusinnen «etzt zum ersten Man mischte sich z rau Hallaner ein. »Sollte jener Brief etwa der nämliche sein, der am zweiten Tage nach unserem Ein tteifen von dein Postboten hier für iDich abgegeben wurde? Er war von « einer Damenhand nnd trug neben vie Jlsn anderen Verwertung-en auch den ; Poststempel München.« emek nugevunz vie var ihre Mit ; zieme ver vecoen Frauen ve rin, warum es in diesem Moment sosfreus iid g und hoffnungsvoll über das ängst lich qespannte Antlitz Erit Oallagers ’ hinleuchtete » »Den Brief—hole mir den Brief, Mutter!« bater dringend. »Ah wenn er mir doch Erlösung brächte aus die sern Wirrfal der Ungewißheit und des Zweifels!« i Frau Hallager begab sich in da Ne enzimrner, eine kleine, enge Kam nier, die ihr und Thhra als Schlaf igemach diente, und lehrte unmittelbar taran mit dem zierlichen schwarz geränderten Billet zurück, deffen noch s uneröffneten Umschlag eine Freiherrn trone schmückte. (Fortsetzung folgt.) Strolchenhöhlen im Indianees gebiet. Von manchen BanditewSchkupfs winleln in abgelegenen nordwestlichen Regionen war schon öfter die Rede; ein besonderes Interesse in dieser Hinsicht können aber zahlreiche e heimnißvolle Berghöhlen im Jnd a uer-Territorium beanspruchen, welche ungewöhnliche natürliche Vortheile für einen derartigen Zweck zu bieten scheinen und zum Theil nur dem Strolchenthum bis jetzt bekannt find! Man wurde darauf zum ersten Mal tm Jahre 1882 aufmerksam als der griiirchtete farbige Tesverado Jim «Fridah, welcher viele Jahre hindurch Der Schre en des Arbuclle: Gebirges war, schlie lich eingefangen und ge hangt wurde. Er hatte u.A. einen Mann bei Fort Arbuctle ermordet, dessen Gattin nach einer geheimen Odhle in der Nachvarichaft geschleppt und sie gezwungen, längere Seit dort tu bleiben, bis er sie eines Tages gleichfalls ermordete. Als er sah, daß er verloren war, machte er tein ehl aus dieser und anderen, noch ent eh licheren Unthaten Dabei zeigte es sich daß er eine ganze Anzahl wun dervoller Höhlen tennen mußte, die fiir ihn und Seinesgleichen als Zu flucht und als Operatione- Rückhalte dienten, doch hat man bis zum heuti aen Tage nur wenig Bestimmte-s über dieselben erfahren. Sicher ist es jedoch. daß in diesen oder anderen, ebenfalls wenig belann ten Höhlen Banditen oft monatelang ununterbrochen lebten, und die Poli zeibeamten nicht im Stande waren, sie aufzuheben. und dass es an Was serversorgung in denselben nie gebrach. Ein Mann, der noch jetzt zu Davis ’lebk, will wissen, dasz es nicht mehr i ais zehn Meilen von diesem Platz eine zNeihe höhlen gebe, in welchen geraub stes Hornvieh massenhaft geschlachtet iworden sei, und sich Hörner und Uföpfe desselben noch immer, vollkom men gut erhalten, finden ließen. Diese Höhlen sollen Winkel und Gänge ent halten, in denen sich eine ganze Armee verbergen tann; aber es soll beinahe unmöglich sein, den Eingang irgend einer dieser Höhlen zu entdecken. Die Geschichte des Banditenwesens in die sen Regionen und noch andere beson dere Umstände sprechen dafür, daß ein g:oßer Wasserstrom durch diese ganze Höhlenreihe geht; nach der Ansicht von Viehzuchtern steht der Honey Creet sowie der Wasserfall, welcher als ,.Klein-Niagara« der Chiaasaw Na tion weithin bekannt ist, damit in Verbindung Beiläufig bemerkt, wird dieser Wasserfall heute jedes Jahr von Tausenden besucht, und ein alter Glaube schreibt diesem Wasser eine große Heilkraft dazu, weshalb Gene rationen hindurch Jndianer hier Ge sundung gesucht haben. Mit dem Rückgang des Banditens wesens im Jndianer-Territorium haben diese höhlen in einer Hinsicht ihre Bedeutung verloren, in anderer Beziehung aber sind sie um so interes fanter siir das Publikum geworden, und es wäre zu wünschen, dafi man vollkommene Auskunft über sie und ihre merkwürdigen Eigenschaften er langte! Wi Der UkaQ welcher es den russischen Soldaten verbietet, aufreizende oder revolutionäre Aundgebungen zu lesen, scheint ziemlich überflüssig wenn es wahr ist, daß von hundert höchstens einer teseu tann .