Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1905, Sweiter Theil., Image 13

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    —
Vaiskz das Wunderkind.
Novellette v. Josephine Siebe.l
Die Zimmer lagen nach dem Garten
hinaus. Mr. Richard, der Jmprefa
rio, hatte es dringend gewünscht, er
fürchtete, der von unten herausbrin
gende Straßenlärm könnte seine
tleine Pflegbefohlene stören, die zarten
Nerven des Kindes mußten geschont
werden und in den Stunden, die
dein Auftreten Daifys vorangingen,
herrschte stets eine feierliche Stille,
auf den Jus-spitzen schlich die Zofe
einher nnd selbst Mrs. Hubertson, die
Erzieherin, wagte tein lautes Wort.
Sie war, trotzdem sie laum zehn
Jahre zählte, schon eine ruhmgelrönte
Künstlerin, die kleine blonde Daisy.,
T
i.
Wenn sie in ihrem weißen Kleidchem
die braune Geige im Arm, das Kon
zertpodium betrat, dann umbrauste sie
ein Beifallssiurm und spaltenlange,
lobende Krititen berichteten in den
Blättern von ihrem Auftreten. Man
umschmeichelte die kleine Kiinstlerin,
ihr Lächeln, das selten genug das
blasse Gesichtchen erhellte, erregte Ent
zücken, ein Wort von ihr wurde col
portirt wie das Wort eines Herrschers
und wie eine Blumenfee stand sie
manchmal zwischen all den duftigen
Blüthen, die man ihr unter jubelndem
Beifall zugeworfen hatte. Eitle Miit
ter ordneten die Haare ihrer Töchter
Ifo wie Daisy ihre Locken trug, jungen
Musitschiilern wurde Daisys Name zu
einer Befchwörungssormel und kleine
Mädchen erzählten sich voll Neid un
tereinander: daß Daisy ein Leben wie
eine Prinzessin führe, daß sie nur
lichte Kleider trage, eine eigene Zofe
be, nie zur Schule zu gehen brauche,
’a sogar an Fürstenhösen empfangen
würde, und der Wunsch: auch eine
Daish zu werden, brannte in den ju
gendlichen Herzen.
Bis zum Beginn des Concertes, in
dem Daish auftreten sollte, waren noch
einige Stunden Zeit und Mr. Richard,
den Daifh Onlel nannte, mahnte die
Kleine zärtlich besorgt, sie solle sich
noch etwas ausruhen und fo ließ man
sie allein in dem hohen, stillen Hotel
zirnmet. Aber heute war Daksn nicht
müde wie sonst so oft, das Buch in
dem sie lesen sollte, langweilte sie, und
sie sprang auf und trat an das Fenster
und fah hinab auf die dürftigen
Gwßsadtgiirtem die dort unten von
Hör-fern umschlossen tagen. Es
ein Miitztag, ein linde weiche
Luft wehte draußen und das felige
Ahnen von- des kommenden Frühlings
Liebe schwellte die Knospen derBiiume
«und Sträucher, einige blasse, zarte
Krotugbliithen schmiictten hier und da
die braune Erde und inmitten eines
Gartens, auf besonders fonnigem
Plan, stand ein grün schirnmernder
Stachelbeerstrauch, als sei ein grüner
Flor iiber ihn gebreitet, so licht, so
zart war seine Färbung Doch Dai
tys Kinderauaen hatten teinen Blick
fiir diese, in der düsteren Umgebung
sich heimlich offenbarende Schönheit,
ihr tam auch nicht die Erinnerung an
die ferne Heimath an jene Tage,a15
sie mit den Gefchtviftern über ariine
Weisen gelaufen war, so fern lag jene
Zeit; nur das Geld, das Mr. Richard
von Zeit zu Zei «n Daifyg Heimath
sandte, war no das einzige Band,
das das Kind mit dem lFlternhause
oerlniipfte.
Nicht die Blumen, nicht der arti
nende Busch lockten Daisi), träume-·
risch ruhten ihre Blicke auf einem klei
nen Mädchen, das in einem der Gar
ten einen Puppenroagen auf und ab
fuhr, mitunter Nahm sie ein rofa ge
lleidetes Puppentind aus dem Wagen
und ixriickte es zärtlich an fich, hell
schien die Sonne aus die lleine
Gruppe, und das othe Kleid der
Kie« en flammte w lohendeg Feuer.
T H tonnle sich kaum erinnern, eine
Puppe bef. ten zu haben, einmal hatte.
man ihr eine geschenkt und ihrs
Freude darüber war Ijo groß gewesen,
daß sie in der Jlebungsstunde zerstreut
gewesen war, am anderen Tage war,
die Puppe verschwunden und Mr. Ri
chard hatje lächelnd gesagt: »ei
Kiinstlerizk spielt nicht mit Puppe .«
Daisy preßte das lGesichtchen fest ge
gen die Ccheibeu, wie erdriick d d-)
die Einsamkeit des großen Z mers
war, eine jähe Sehnsucht ers rifs sie
hinunter zu eilen und sich das kleine
Mädchen und die Puppe in der Nähe
anzusehen. Aber sie dur te ja nicht,
durfte ie rtzit Kindern f n, sie war
ja ei Wundertind, d aate man
ihr immer, als Trost, Vorwurf,
wenn; sie die vielen Uebungsstunden
langweilig sand«
Die Kleine seufzte, in ihr FU
chen·zuclte7s; wenn sie ganz eimlich
nur wenige Minuten in den Garten
lief? Schon stand sie an der Thiivnd
lauschte
Draußen war alles still, entfchlosfe
öffnete Daisy die Thiik und huschte
mit tüchtigen Schritten den Corridor
ent vg, die Treppe hinab. Unten be
Me ihr ein Kellner und sie er
ehral, doch rasch g sie die Si
cherheit des veer en,Iti"ndeg wie
der und sagte her « '
den Gartenl« B eitwillig wies ihr
der Diener den Weg und wenige Mi
nuteg spätser stanldchkatsn athemlos
von er ra che- H u vor der kleinen
f
W
Puppenmama nnd sagte besehlend:
»Ich will deine Puppe »fehenl« Ver
wundert starrte TrudeL das Por
iieksiind, aus das schöne weißgellei
dete Mädchen, ob das wohl eine Prin
zessm war? Zögernd, verlegen forschte
sie: »Wer bist du denn?«
Daisy musterte hochmiiihig die Fra
getin, noch nie hatte sie jemand nach
dem Namen gefragt, man kannte sie
immer und kurz und abweisend sagte
sie: »Ich bin Daisy, wie heißt du?«
Trudel, von ihrer Mutter zur Höf
lichkeit erzogen, tniciste so tief nnd
ehrfurchtsvoll, daß ihre Röckchen den
Boden beriihrien und stainmelte er
röthend: »Trudchen Müller!« Und
dann halb stolz, halb zaghaft die Vor- I
hänge des Puppenwagens lüftend,
zeigte sie aus ihr wächsernes Kind:
»Es schläft,« sagte sie wichtig.
Daish neigte sich neugierig iäber die
Puppe, die ihre runden Augen ge
schlossen hatte und im rosa Kleid und
Federhut, strahlend vor Gesundheit in
ihrem Bettchen lag. »Gib ihr doch ei
nen Kuß,« forderte Trudchen zärtlich
aus.
Einen Kuß geben und noch dazu
einer Puppe! Daisy war es gewöhnt,
daß man ihr Händchen kiißte und man
hatte vor einiger Zeit viel über ihr
energisches: »ich mag nicht küssen« ge
lacht, mit dem sie den Kuß eines sehr
hochstehenden Herrn ablehnte, und
doch küßte sie nun das rosigc Wachs
gesicht. Trudel, mit der Eigenart ih
res Kindes vertraut, kippte in diesem
Augenblick den Wagen ein wenig und
tlapp ——schlug die Puppe ihre runden,
blauen Augen auf. Wie drollig das
doch war! Daisy lachte, silberhell wie
das Lauten eines feinen Gliielchens
klang ihr Lachen und Trudchen Mül
ler siel krästig und jauchzend ein und
dies heitere Lachen verscheuchte alle ge
genseitige Besangenheit. Trudchen
nahm die Puppe aus dem Wagen und
Daisy bewunderte rückhaltlos alle
Reize dieses Kindes-, mit leuchtenden
Augen erzählte Trudchem die Puppe
sei das Getfchenl eines sehr reichen
Onkels, ihr Name sei Melanie und
man könnte sie an: und ausziehen und
um dies gleich zu beweisen, setzte sie
sich auf eine Gartenhant und begann
vor den Augen der erstaunten Daish
die Puppe zu entkleiden, bis diese im
Glanz ihres weißen Lederkörpers sich
den bewundernden Blicken zeigte. Aber
die Furcht, Melanie könnte sich erkal
ten, trieb die besorgte Mama sie wie
der anzuziehen, großmiithig jedoch
überließ sie Daisn dies Geschäft und
die schlanken seinen Finger der klei
nen Künstlerin streiften nun Melaniel
die Röckchen und Höschen über, jedes
Kleidungsstiid wurde dabei noch ein
mal beivundertc und Trudel quieclte
und prustete vor Lachen iiber Daishs
Ungeschicklichieit. Alle Scheu vor dem
schönen fremden Kinde wich von derk
kleinen Puppenmama, sie erzählte, daß!
sie acht Jahre alt sei und daheim nochi
eine Tilla, eine Rosa und einen Franzi
habe, die aber von Melanie an Schön- t
heit weit übertroffen wiirden i
lind Taish lauschte entziictt, wie eint
Mädchen tlana ihr alles-, ihre Bart-«
chen aliihten, sie vergaß das (soneert,;
deraasz, das-, sie einanoertind war,.
und s ·elte mit Tr en Miiller und
dem L ppentind Wie im Fluge ocr:;
ging die Zeit, die Kinder mertten aar
nicht« daß die Dämmerung sich mit
leisen Schritten nahte nnd erst der
zornige, erstaunte tttnss »aber Tais1)!« !
weette sie aus dem Traum ihr-H Spie- :
leg. Das helle Noth aus Daisnsi
Wangen erblich, das heitere Lächeln’
schwand aus ihren Zügen, da standj
Ontel und seine Augen sahen sie»
gerade »so durchdringend an wie inj
den endlosen Stunden, die Taish aust
ihr-H Geige üben MU. H
,.Rotnm!« Mr.ttiichard ersaszte diei
Hand des Kindes und willenlos solgte
iihm · Kleine, e wagte es nicht ein
gewonnenen Freun
din Abs zu hmen, nur einen
Westen sehn igen Bliet wars sie auf
Ell lanie, die steis und stuan im Wa
g saß, ein heißer Schmerz wallte in
dem Herzen des Kindes ai und in
jäh erwachtem Trotz riß sie sieh aus«
der Treppe los: »Ich will zuriiel!«
Mr. Richard lächelte spöttisch nachsich
tig undssaate dann leise aber eindrina .
lich: »Du, eine Künstlerin, Iwillst mit
einem Portiqotind mit Pu " spie
lenk« ’ -
Daish wurde blutroth und
stum « ihrem FQren Netnand s
sie, i Autszerung von Zo n, ·
heftge Wort wurde vermied
Angst, die-Kleine tönnte i
könnte nicht wie son
hitrsehte den « ihrer Er·
Willenlos ließ Dai sich ant
still und blaß fuhr
gleite · I Konzert; der t
sie e ilentloette isr t
n . «lti wei ten i uge
über a X ere Menschen-» n.
Sie setzte den Bogeti an, uyd Ide
gann zu spielen. Ein sa hei ige
Stille ringsum· Rei e, tl re Töne
entloette die Kleine der braunen Geige
aber Mr. Richard wurde uMiq,
Daisy spslte nicht wie nst, er siil)· s
Pse- war zerstreut, ervös7 erregt
aute er an den Spthe seines dünnen
aesärbten Bärtchens, gerade hier in
L. war dif Keittt besonders gefürch
s
T
iet, hier pochte man auf den ererbten
Ruf, die erste Musitftadt der Welt zu
sein, und ein Mißerfolg hier bedeutete
ernsten Schaden.
Und Daifh spielte weiter und auf
einmal war es ihr als hörte sie Tru
dels helle, jauchzende Stimme, sie sah
Melanies rundes Puppengesicht vor
sich und eine Sehnsucht nach beiden
erfaßte sie, nach dem Spiel in dem
Gärtchen; ihr kleines Herz erschauerte
in Weh und diese Sehnsucht, die ver
haltenen Kinderthränen Jungen wiss
der in den Tönen der Geige. Ziel
weinte und klagte-, nnd ergriffen, ers-i
fchüttert lauschte des Publikum, die
Herzen bebten mit, Thränen traten in
die Augen, ater Niemand verstand
das große, lastende Fiiuderleid
wer. Richard niate zufrieden, sein
Blick streifte das Gesicht eines beson
ders gefürchteten Kritikers und er lä
chelte: ein großer Erfolg.
Immer und immer wieder mußte
Daier sich verneigen, man jubelte ihr
zu, reichte ihr Blumen und ein tvehes,
miides Lächeln zitterte um den kleinen
Mund; eine Ahnung dämmerte in
ihr aus von dem tiefen Schmerz. den
ihr einst die Erkenntniß bringen wür- !
de, daß man sie um das Köstlichste im T
Leben betrogen hatte, um das Para-!
dies ihrer Kindheit, mit seiner thö-.
richten Glückseligkeit.
Jronie des Schicksals
Erzählung von P. E- b e r h a r d t.
Alfred Hennings legte die Feder hin,
reckte die Arme und seufzte erleichtert
auf. Das Theaterstiick, an welchem er
ein ganzes Jahr geschrieben, war fer
ig.
Da klopfte es und auf sein »Herein«
trat ein schlanker, dunkler Herr von
etwa dreißig Jahren ein — Eduard
Pflüger, der bei derselben Wirthin
wohnte und mit Hennings befreundet
war·
»Sie sehen ja so vergnügt aug?« be
gann Eduard
Hennings lachte. »Ich habe soeben
mein Theaterstiick beendet.
»Und darüber freun Sie sich fo? Ja,
haben Sie denn einen Millioniir im
Hintergrunde, der die Sache prote
girt?«
Alfred ignorirte den Spott in Pflü
gers Ton.
»Das nicht« aber ich lernte vor einem
Jahr Direktor Braune vom Viktoria
Theater kennen: er ermuthigte mich,
einLustspiel zu schreiben, und versprach
mir, es zu lesen.
»Auf das Versprechen eines- Thea
ter-Direktors gebe ich keinen Pfiffer
ling.«
»Aber mein Stück ist« gut und ich bin
überzeugt, er nimmt eg. Es wird mir
einen Namen machen --— ein Vermögen
einbringen —— dann miethe ich mir eine
Villa in einem Borort und heirathe
meine Lissie —«
»Wen?« unterbrach ihn Pflüger mit
fast heiserer Stimme·
»Ich meine Fräulein Nordau - -— ich
habe mich verschnappt. Sie verspre
chen mir doch, itrena darüber zu schwei
gen, nicht wahr?«
»Selbstberftiindlich!« Psliiaerg
Stimme klang wieder ruhigen »Ich
gratulire Jhnen.«
tfduardg Blicke wandten sich dein
Manuskript iu· »Das also ist der
Taliszimarh der Glück und Ruhm brin
Ren und zwei liebende Herzen vereinen
soll. Darf ich lesen-«
»Bitte.«
Pfliiaer lag-. Tiefe Stille trat ein.
Endlich leate Pflüger die Hefte bei
Seite nnd iaatet
»Ich hatte keine Ahnung, das-. Eie
so gut schreiben tönnen.«
»Und Sie glauben es nsird tfrfela
haben-«
,,«a - das beifzt, usersn ev anfae
fiibrt toird.«
Pfliiaer ging. Sein litutenachtgrusz
war kaum verständlich unditllfred bliit
te ihm betroffen nach. Er tvar heute
so merkwürdig gewesen. Aber Hen
ninge tvar zu müde-, um lange darüber
nachzudenken. Er löschte die Lampe
aus und ging zu Bett. Das Mann
skript blieb auf dem Schreibtisch lie
gen.
Mitten in der Nacht glaubte Alsred
ein Geräusch aus dem anstoßenden
Wohnziinmer zu hören. Er horchte-,
aber alles blieb still. Beruhigt schlief
er wieder ein.
Am nächsten Morgen beschloß er,
das Manuskript persönlich zu Direktor
Braune zu tragen und ihn an sein
Versprechen zu erinnern. Na dem
Friihstiiet setzte er sich an den Miit
tisch, um die Hefte einzupacken iech
plötzlich entdeckte er, daf; die Blätter
fehr zertnittert aussabem a f einer
Seite tnar sogar ein Tropfeiävon ei
nem Stearitilictsi.
I ,,YJIrttniirdia,« inurm Alster-,
»wir kommt dieser Tropfen s dac
Papier? Ich habe doche ein Lichko
brannt, triihrend ich schri ? So kann
ich die Arbeit nicht abliefern. « tebek
lass ielxsie noct mal abschfHez
I ere T e spä rgab
Dire Bra e das ankxktcipts
Das ttheil des
senhr anstig und er ROHR Stiick
n»Wa ehe-De est-an IM« ’
a te
, nt ez Di or noch nickq
s n«
Co«D:ii..i:iliicklici) StitsnungM Mäg (
Hmnings nach H fe. Am Rock-mit g
Ruchtecr Nord Trau Nordau
z , er tte also U«
liick, ebnes Stunde mit, seiner
liebt Lissie allein zu sein. Er
f«
ts- — s
theilte ihr die erfreuliche Kunde mit
unåtmalte die Zukunft im rosigsken
Lt e
Lissie Nordau war in jeder Be
ziehung eine begehrenswerthe Parthie.
Alsred war weder reich noch besaß er
einen Titel —- ein solcher Freier
konnte der stolzen Frau Nordau für
ihre Lissie keineswegs willkommen
sein; darum hatten die Liebenden be
schlossen, ihren Herzens-bund geheim
zu halten, bis Lissie, die jetzt zwanzig
Jahre zählte, mündig sei.
Aber die Aussicht aus den großen
Bühnenerfolg änderte die ganze Lage.
Welcher Triumph für Alfred, wenn er
Vor Lissie’g Mutter als gefeierter
Biihnendichter hintreten konnte!
Das war im Februar. Direktor
Braune schloß sein Theater im Juni,
Mitte Oktober wurde es wieder eröff
net.
Alsred oerlebte einen schrecklich
langweiligen Soiiiiiier.«.fiordau«5 wa
ren in der Schweiz, die meisten seiner
Bekannten verreist.
Eines Tages ging Henningg im
Jhieraarten spazieren, als er einen
alten Bekannten tras Hang Wachs
niut erzählte ihzn sreudestrahlend, er
komme soeben vom Direktor Felsen
burg, der ihn auf mehrere Jahre für
sein Theater engagirt habe.
»Unsere Spielzeit beginnt Anfang
Oktober mit einein samosen modernen
Lustspiel. Apropos, erzählten Sie mir
nicht einmal, Direktor Branne habe
ein Stück von Jhnen angenommen?
Jch wundere mich, daß er die neue
Spielzeit mit »Hamlet« beginnt.«
»Nein, er kommt mit meiner »Jro
nie deg Schicksals« heraus.
»Das thut er nicht, lieber Freund.
Jcli weiß ev bestimmt. Hat er sich zu
einer Conventionalstrase verpflichtet?«
»Das nicht!«
»Das thut mir leid um Jhretwil
len«, meinte Wachsan »Sie sind
der Erste, dein Branne eine bittere
Euttijuschung bereitet.«
Diese Nachricht erwies sich leider
als wahr. Braune wollte in diesem
Halbiahr kein moderneg Stiict aus
führen Er sagte dies Alsred und
verabschiedete sich kurz von dem jun
gen Autor.
Tief verstimmt ging Hennings nach
Hause. Er sah alle seine Hoffnungen
sannnerlich Schiffbruch leiden.
Ungefähr eine Woche später traf er
wieder nnt Wachginut zusammen, der
gut Probe mußte und Henningg
Jaufforderte, mitzukommen.
Da Alfred nichts vor hatte, beglei-:
« iete er Wachsinut nnd natuu in feiner «
ZLOge Platz.
s Tie Probe begann. Alfred lauschte
gespannt. Aber die Schanspieler hat
ten noch lein Dutzend Worte gespro
chen, als er stutzte und in eine unbe
schreibliche Aufregung gerieth. Die
Worte, die dort gesprochen wurden,
waren seine eigenen! Atheinlos ver
folgte er das Spiel ———
»Diese-r Satz muß schneller gespro
chen tverdkn«, ertönte plötzlich auLs dem
Partei eine Stimme, die ihm be:
- lannt vorkam
Alsred beugte sich iiber die Briistung
der Lage, unt den Sprecher zu sehen
Es war Eduard Pflüger! Wie ein
»Blitz kam die Erkenntniß der Wahr
theit über ihn. Pflüger gab sich siir
den Autor des Stückes aug; er hatte
»das Manuskript in jener Nacht ge
;stohlen, abstenograplsirt und am
Morgen aus den Schreibtisch zurück
gelegt. Wie Schuppen fiel es Alfred
von den Augen, als er sich des Licht
;tropfen5 aus dem Papier entsann.
Tief in Gedanlen versunken saß
Vllsred da. Als er sich endlich auf
;1nfste, war die Biilsne leer. Rasch
Iatug er hinunter und verlangte den
Tireltor zu sprechen.
»Der Herr Direktor darf nicht ge
stört ioerden«, sagte einer der Auge
stellten »Er bat eine lsonsereur init
zem Autor des neuen Etiictez « »
DVHT clll LUUKI Fu TUUIUCIIL HUUU
Lilsred aus dei— Tsirettore Privatiiiii
nser zu, klopfte an und irat rasch ein.
Die dunklen Augen Edniards starrien
den Eindringlina an, er zeigte aber
leine Spur von Verleaeiiheit.
»Herr Direktor, dieser Mann ist ein
Dieb!« lieaaiin Henninas ohne llin
schweife »Das Stück, das Sie aus
sizhren wollen, ist mein Werks Er hat
Je mir gestohlen!«
»Ist dass ein schlechter Scherz oder
sind Sie oerriictt, Henk«
In kurzer Schilderung brachte Hen
ningg seine Veschuldigunki vor.
»Es ist unalaublieh!« entaegnete
Pflüger, als dsllfred frhioiea. »Ich liin
Verfasser ineier Saiaiispiele die in
ner Provinz vielfach aiisqesiihrt iiior
den sind. Und ie, Herr Oeiiniiiag,
wer kennt E« alLs Biihnensrhrist
stellen-«
»Sie vergessen, dass, Direktor Brau
ne mein Stiici aelesen hat im Ise
druar -- «
»Wenn Direktor Yraune eine Kopie
Keinem besitzt ·
iuii MohlenZ Sie können ebenso
aut in iiiein Zimmer gelangen, wie ich
in dns Jhriqe gelangt sein soll! Mein
YOU ist so qiii ivie das Jhrige!«
« ,, nd ich hale keinen Grund, daran
zweifeln Herr sliiaeh « fiel derDi
Rot-Ä, ,jk iihre de ,,Sophist«
in vierzehn « eii auf. Orkrbennings
mag« eine UA räche. den« eii gel
orläiis halte ich ihn
orte schon be
wei AL, ruhig und ·ng
nach HeisngD ,
Unglücklirheyfyse hatte Alfred tei
iieni ensebe hl,t daß er ein
’S geIeise die Bis ne schrieb. Pflü
r per Erste. r an jeiieIQliiend
i
so haben Sie sie»
·- -- .
davon erfuhr. Die Reinfchrift voni
seiner Hand lag in seinem Schreib-·
tifch, aber das vielfach verbesserte Ma
nuskript hatte er vernichtet. Er hatte
also nicht den geringsten Beweis für
seine Behauptung ;
Eine Ertältung fesselte ihn einige
Tage an’s Bett und dann vergingen
noch weitere drei Tage, während wel- f
wer er das Zimmer hüten mußte (
Pflüger’s Diebstahl war der einzige
Gedanke, der ihn beherrfchte, aber wie!
er auch fann und griidelte, er sah kei
nen Weg, tein Recht zu erlangen.
Einige Tage später erhielt Alfredt
den Besuch des Direktors Felsenburg
»Herr .Henning,« begann dieser, »ich s
komme, um Sie um Verzeihung zu;
bitten, daß ich Sie neulich einen Be s
triiger nannte Jch befand mich imj
1.«11.recht. «
Alfred ergriff mechanisch die ihmj
dargebotene Hand. J
»Erkennen Sie mich jetzt als Autor»
de5 Stiickeg an?«
»Ja«« «
»So hat Herr Pflüger gestanden?«’
»Ja««
,,!llterkwiirdig!« erwiderte Alfred
bitter. »Warum gestand er?«
»Um Frieden mit Gott und der
Welt zu machen, ehe er starb,« ant
wortete der Direktor feierlich.r ,,E
wurde heute Vormittag von einem
Antoniobil iiberfahren und in’s Kran
tenhaug geschafft. Der Arzt erklärte
feinen Zustand für hoffnungslos-L
Als Pflüger das Bewußtsein zurück-:
erlangte, ließ er mich rufen.«
»Aber warum hat er mich betro
gen?«
»Sie erzählten ihm, Sie seien heim
lich mit einer jungen Dame verlobt.
Und er selber liebte diese junge Dame
mit gliihender Leidenschaft ----- ohne
Gegenliebe. Er wollte Ihnen Schwie
riateiten in den Weg legen, damit Sie
nicht zum Ziele Jhrer Herzenswiinfche
tämen. Darum ftahl er das Manu
stript.«
Drei Tage später fand die erste
Ausführung des Stückes statt und
wurde mit stürmischem Beifall ausge
nommen. Hennings war mit einem
Schlage eine Berühmtheit geworden.
Frau Norden hieß ihn von Herzen als
Schwiegersohn willkommen und-Al
sred hat dein Todten sein Unrecht von
Herzen vergeben.
Pfeffer ein vie deutsche
Kaiser-trank
Der Pfeffer, dieses trotz seiner
Lehneidigleii im Beißen verbreitetste
aller Gewürze, der treue Kamerad des
Salzeg aus dem Tisch der Armen toie
Reichen, in dessen Geburtglanv wir
gern unsere Feinde nnd auch manch
mal gute Freunde wünschen, spielte in
lfriiheren Jahrhunderten, als ihm an
dere Gewiirze noch weniger Konkur
renz machten, eine noch weit bedeuten
derc Rolle als gegenwärtig. Schon im
sAlterthum brachten ihn die Araber
aus Ostindien in Massen nach Aden
an Sototra, von wo er zu den Grie
chen, Btizantinien und Römern kann
Als- der berühmte Gotenlönig Alarich
Stuf- Roni einnahm, legte er der Stadt
nebst ungeheuren Geldsummen eine
tiontribntion von Ihm Pfund Pfef
fer auf. Jn Deutschland namentlich
war späterhin eine hoehgradige Lieb
.l-(:berei siir den Pfeffer verbreiten Be
reit-:- iin 12. Jahrhundert wurde er
von Winter, Reacnglsuraen Etluggbnrs
ger, Riirnberger, Uliner staitsherren
ntassenhaft mit anderen indiselten We
wiärzen ans Italien einaefiihri, nnd
dese »Pfessersiickc«, wie sie von den
k·i-:invrittern spottweise genannt tvnr
den, erwarben damit tolossale Reich-s
thiiiner, so daß sie oft die Ehre hatten,
von Kaiser undstiirsten angepuinpt
Jst werden.
Jm H. und IF-. Jahrhundert war
Ek: Deutschland der Pfeffer Vielfach
ein Erfntzmittei fiir baaresz Geld.
Privilegien wurden mit Pfeffer er
tanft, Steuern nnd Stromabgaben in
Pfeffer errichtet, die ftädtifehen Be:
hör-den mit Pfeffer besoldet, durchrei
sende Fürsten und ihre Kanzler mit
Pfeffer beschenkt.
Sogar die versetzte Krone des »hei
ling römischen Reiches- deutscher
Nation« wurde einmal mit Pfeffer
ausgelöst. Die große Regensburger
Chronik erzählt nämlich von dem
Schluß des Reich-starkes des Kaiferg
Sigisinund (141U---sj7) vom Jahre
1834: Als zur Abreise aus Regens
barg alle Anstalten getroffen waren,
gebrach es an Geld, die Kosten der
Hofhaltnng zu berichtigen Der Kaiser
entdeckte feine Geldverleaenheit feinen
lieben Getrenen, dem stämmerer und
Rath, die aber teine Lust hatten, in
die eigenen ohnehin durch den Krieg
fcnon start erleichtertenKaffen zu grei
fen, und es auch nicht gerathen fanden,
dag Gemeinwesen fiir ein Darlehen in
Anspruch zu nehmen. Der Kämmerer
Gumbreeht nebst drei anderen Mitver
waltern deg Gemeimvefens erboten
sieh jedoch, 4600 Gulden vorzusehießen
nter der Bedingung eines hinlängli
cten Uiiterpfandeg. Nothgedrungen
mußte sich Seine Raiserliche Mnjeftiit
entschließen, in den fanren Apfel zu
teifzen und mittels Verfrhreibnng, da
tirt aus tttegengburg am St· Michel-J
1-««g —— 29. September —— (ini Königl.
Staatsarchiv zu München aufbe
nsahrt), einen Theil feines Silber
geschirrg und selbst feine tiaisertrone
wirüclzulafsen und mit nehmen-Kof
fern in den ersten Tagen des Oktober
der ebenso guten, als fiirfnhtigen
Stadt Regengburg den Rücken zu keh
ren. In den legten Tagen des h
ies kam ein laiferlicher Komm a
rius und verlangte die eingefet en
Pfänder zu lösen. Da er aber nicht
hinlänglich mit klingender Münze ver-s
sehen war, bot er Pfeffer statt Gel
ves an.
Die Regensburger gingen nolens
volens darauf ein. Jn der Stadt
richnnng findet fich der Bemerk:
»Unser Herr, der Kaiser, ist hie schul
dia gewesen 4642 Rheinifche Gulden;
dafür hat er meinem Herrn gute
Pfand qefetzet. Auf das haben meine
Herren Pfeffer laufei, an dem Pfef
fer ist verloren morden 10 Pfund,6
Schillinge, 28 Pfennige.«
WOpW
lsrsnywerendcr Umstand.
Wirlhin lzur Magd): »Ich muß
Ihnen kündigen. Wie können Sie
mir in ·..Sjeaenlvnrt eines Gastes den
Teller mit dein Handtuch abtroclknenl
Hattens Sieg doch wenigstens heim
lich getyan!«
Mut know-irr
Zlndenir »Nicht wahr, Onlelchen,
Ln Deinem Testament setzt Du mir
was aanZ«
Onkel: lbefiimnil): »Nein!«
Student: »Und warum nicht?«
Onkel: »Weil ich an Dir fo viel
I«
aus«-zusetzen habe
Vicnfllh
Richter: »Hoan Sie dem siliiger
die Ohrfeige zuriidgegelien?«
Anaekl.iqier: »Die nicht, aber eine
andere« «
Mnlitiö-5.
Arzt: ,,Unlenz1bar bringen wir
Vlerzte viel Licht in die Welt.«
Bekannten »Gewiß, sie lichten die
Menschheit.«
Vergleiche-w beniertt.
Junger Ehentann (Handwerker,
oie hinreifzende Beredtsatnkeit feiner
Frau gewahrend, zu ihr): ,,Auguste,
Du thust ja, als ob Dtt auf Akkord
reden tniißtef !«
Gkntiithlirlt.
Stronter (zmn Gendarm, der ihn
arretirt hat und ihm eben Handschiek
len anlegen will): «Möchten S’mic2
net vorher noch schnupfen lassen
Itlkifsen S’, wenn ich mal g«fe«sselt bin,
ziehth nimmer recht.«
Freie Jagd.
Sonntaagjäger lzu einem ihm be
aeanenden Jttnaen): ,,Sag’ ’mal,
Junge, hast nichts zum Schießen ge
seltenjsp
Jnnae (f1itfternd): »Ja, bleib’n S’
nnr stel)’n ialzt wird alei’ der Leh
rer da iiber ·L- Beral ’ranf letnnta.««
Vorbild.
Professor tfeinen Abiturienten eine
Abschied-Siebe haltend): »Sie treten
Hctzt hinaus-— in’2 akademische Lebew
einen Rath will ich Ihnen mitgeben:
biiien Sie sich vor allen Saufgelagen!
FBier macht dumm. Denken Sie tm
I t-:ia)!«
i Poesie nnd Profit.
l Frau Osztt ihrem LIJiantte): »Sieh
Innr, Eva-ar, diese herrliche Winter
ttandschaft um uns herl«
Mann: ««-a, ja: aber laß uns e
tichhen schneller gehen, damit wir
nach Haufe lotntnen, ich habe ganz-,
; talte Berti-e aekrieai.«
I ttletttiitlslidp
! A. teinen Bekannten auf berstraße
jireffendlz »Wohin ch Weges, Herr
I Echulze?«
I B.: »Wi« die Kettertoeltr rufen. bei
Ernir brennt eE.«
! "Ll.: »Und da aklien Eise so aetnäcb
j lich-Z«
z B.: »Bit: ja tie:«sieltert!«
Jm Gerichts-sinnt
; Illichterz »Sie ital-sen also Dein Zett
laen mit einem Biertctdel ein Loch in
l
i
)
l
den Kopf aefeblaaen Halten Sie auch
eine Al)tttnta, was fiir eine Strafe
darauf steltt3«
Vlttaetlaater: »Das kann doch so
llfettlintnt nicht sein, dar- Seibel ist ja
nar nicht entzwei neaanasrtt.«
t .
k Seine Vefnnnnnm.
j Freund: »Was, trifft man Dich
endlich wieder nial allein! Habe Dich
- seit Deiner Verheirathnna nie anders
als am Arme Deiner Frau gesehen.«
Gatte: »Aber ich begreif-: nicht, wie
Du Dich darüber so wundern kannst;
ibin ja eben durch meine Verheira
ithnna Etiitze der Hausfrau gewor
den«
Ter tlnisiteiie Fritz.
i Vater: »Aber Fritz, Du hast jetzt
Jst-non acht Ganze aetrnnlen und ich
erst drei Zennitte Bedenke doch,da
Du niin inetn in Ultiinchen bist un
kais Trinken von Ganzen tsei uns auf
fälli. Haft Tn denn so großen
T—11rst?«
Fritz: »Ta§ weniger, aber hierin
,-»eiqt fiel) gerade meine llaffifche Bil
dunqx Denn seljon der nnfierbliche
Schiller hat aesaqh »Jnnner strebt
zum (-.«lan»3en!«
Bot-sinnig.
Hausfmnr »Sie können sich ein
Vitiitagefsen verdienen, wenn Sie mit
.1en Haufen Holz da klein machen.«
- Bettler: »Hm . . . was haben Sie
denn gelochi?«
Fainiliiir.
Richter lzu einem jugendlichen An
xietlagtenx »Hast Du noch Eltern,
Junge?«
Angeliagterr »Mi, natürlich; die
lmiissen Sie doch auch kennen!«