Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 05, 1905, Sweiter Theil., Image 12

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    Zur EunderjiahrfeieW Tode-Erdg. I
Schiller und fein Geburtshaus in Mai-chi- Zeichnung von Ludwig Richter-L
Nicht nur im deutschen Reich-. san-I
dern weit über seine Grenzen hinaus,l
in Oesterreich und der Schweiz, in
Amerika und allerorten wo in grö
ßerer Zahl Deutsche leben, regt manl
sich, um in würdiger Weise den Tags
zu begehen, an dem Friedrich Sehn-I
ler vor nunmehr hundert Jahren dem
deutschen Volke durch den Tod entris
sen ward.
Flammende Begeisterung herrschte
bei der Feier seines hundertjiihriaen
GeburtstagT am 10. November 1859,
nnd an diesem neunten Mai, zur hun
dertsten Wiederkehr seines Todestags-,
weilt Deutschland wieder in ernsten
seierlichen Gedenken an dem Grabe
seines großen Dichters.
Was hat nun diesen Mann so gros.
gemacht, was ihm die Macht über sein
Volk gegeben, nicht iiber die Satten
und Reichen allein, über die, denen
Wissen nnd Bildung von allen Seiten
ihre Schätze zugetragen haben; nein,
iiber alle, über die nicht zum wenig
sten, die nicht zu den Gliickgtindern
gehören, deren Leben ein Kampf mitz
niedrigen Gewalten ist und die mehr
mit dem Herzen als mit dem Kopfe
denken? Wie kommt es, daß seine
Werke erhellend in das Hinterstitbchen
des kleinen Handwerkers, wie in die,
Dachkammer des taglöhnernden Ar-,
beiters dringen? !
Gewiß hätte er diese Herrschaft
nicht erlangt, wenn das Schicksal sei
ne Gunst an ihn verschwendet hätte,
wie sie es an seinen großen GenossenJ
an Goethe, gethan Jn dem kleinen
häuschem in dem Schiller zu Mar-j
bach am 10. November 17: )9 in Würt
temberg geboren wurde und das lein
Patrizierhaus war, herrschte die Ar
muth eher als der Ueberslusz. Sein
Vater war Feldscher, dann Osfizier,"
ein Mann von nüchterner Arbeits-«
kraft und großem Respekt vor allen
geistigen Dingen, die Mutter eine in
nige schlichte Seele, eine Wirthstoch
ter, Dorothea Kodweis. j
Jn Lorch erhielt das Knäblein die
ersten Natureindritckr. Der Ort liegt
in dem grünen Thale der Reins weich
zwischen sanften Waldhiiqeln einaebet
tet, und der Hohenstausen niit seiner
charakteristisch abgeschittenen Kuvpe
schaut in die Lands-hast herein, an den
Glanz des Herrscherhaitfes, an das
traurige Schicksal seines letzten
Sprößlings gemahnend.
" Auf per Karl-schuld
Jn dem kleinen Lorch stand teine
Garnison und so mag man sich fra
gen, was Schiller-Z Vater als wärt
tembergischer Osfizier eigentlich dort
gis suchen hatte· Er wohnte auch nur
rt, während er sein miljtärisches
Amt in der benachbarten Reichsstcidt
SchwäbischeGinünb auszuüben hatte.
Dorthin war er auf Werbung gesetzt
Herzog Karl Eugen gehörte zu jenen
deutschen- Fürsten, die zuweilen mit
ihren Landestindern Schacher trieben
und deshalb stets Rekruten benöthig
ten, und so hatte er den hauptmann
Schiller als Werbeosfizier nach der
freien Neichsstadt abcommandirt.
Einer glücklichen Kinderzeit in dem
lieblichen Lorch folgten die Schuljahre
in Ludwigsburg. Hier besuchte er die
Lateinschule, die ihn vorbereiten sollte
auf dasStubium der Theologie Aberl
die Erfüllung dieses Herzenswunsches
des Knaben und seiner Eltern, na
mentlich seiner frommenMutter, schei
terte an der Mittellosigteit der Fami
lie und an dem thrannischen Willen
des Herzogs Karl Eugen, der denEin
tritt des jungen Schiller in feine Mi
litäraladernie befahl. Gegen den Be
fehl des Herzogs war Schillers Vater
als Pensionirter foizier und zugleich
herzoglicher Aufseher iiber das Lust
schloß Solitijde wehrlos. Theologie
aber wurde in der Karlsschule nicht
gelehrt,-nur Rechts- und Heiltunde.
Nothgedrungen wählte Schiller zuerst
die erstere, ging aber bald ,u le terer
über. Jn keiner dieser Wis ens ften
hat er etwas Herr-dringendes geleistet;
es fehlte ihm ja der innere Trieb und
Drang dazu.
Schiller siisgte sich dem Zwange,
aber er knirschte gegen das Joch. Jn
wilden und leidenschaftlichen Gedich
ten, in nur zum Theil ausgeführten
und wieder zerstörten Dramenentwiir
sen suchte der Genius seine eigene
Sprache zu reden —— und sie riß die
jugendlichen Kameraden stürmifch auf
seine Seite. Da vollendete er, schon
nicht mehr Karlsschiiler, sondern Re
gimentsarzt, die lseit 1777 begonnenen
Räuber, die bald nach der ersten Aus
führung in Mannheim wie ein Ge
witter durch Deutschland fuhren und
sie rissen ihn mit sich, fort von den
Seinen, von der Heimath, weg von
dein despotifchen Schulmeifter, dem
Herzog, der da glaubte durch ein Ver
bot, jemals wieder Komödien oder
dergleichen Dinge zu schreiben, den
gottgeborenen Schöpfergeift wiederhol
ten zu tönnen. Jn diesem Utas, der
uns jetzt fo lächerlich dünkt, lag gleich
wohl ein blutiger Ernst und eine
furchtbare Gefahr. Denn auf der Fe
stung des Hohen Asperg unweitStutt
gart saß gefangen ein bleicher Mann:
der Dichter Schubart, der des Her
zogsMacht um seiner allzu freien dickf
terischen Sprache willen hatte fühlen
müssen. Und Schiller verstand die
Mahnung. Rasch entschlossen entfloh
er dem Zwang· allen weicheren Gefüh
ten, die ihn zuruahanen wouten, zum
Trotz. Er war eine Rampfnatur und
er nahm den Kampf mit der Zukunft
auf, als Jüngling schon ein Mann.
Gewiß war Schiller ein Idealist, aber
eitle Schönsärherei der Optimisten,
die gedankenlos in den Tag hinein
s.k;-wiirmen, lag ihm fern. Er sah
nicht alle Dinge rosig« aber er hatte
ten Glauben, es müsse doch einmal
der Tag kommen, wo das Gute wird,
wächst und frommt, und das Jdeal
sich zur Wirklichkeit gestaltet. Vor sei
nein Kampfestrotz, seinem Mannes
muth schwanden ihm die sinsteren Dä
monen. Sein herrliche-Z Lied an die
Freude entströmte ihm in hoffnungs
losem Dunkel. Er dichtete es in einer
kleinen Mansarde zu Gohkis bei Leip
zig, in der seine hohe Gestalt kaum
aufrecht stehen konnte.
Der Flüchtling Doktor Ritter
Nun begann siir Schiller eine un
ruhe- und enthehrungsvolleseit Sei
ne aus Dalbetg in Mannheirn gesetz
tle hoffnungen schlugen fehl; denn
der vorn Hofe abhängige Theater-Jn
tendant wollte mit dem Deserteur sich
nicht verbinden. Ohne Geld, in dürs
Schmer- Gebntøzimsaek in Wertsch.
tigem Anzuge wanderi Schiller nach
Frantfurt und dann weiter und wei-«
ter. Nirgends findet er Ruhe und,
Rast. Als gerade der letzte Pfennig des s
Erlöses aus dem Verkaufe feines letz
ten Wetthftückes feiner Uhr, verzehrtj
war, öffnete sich ihm ein Afyl in
Bauerbach bei Meiningen, das ihm
die Mutter eines feiner Mitfchüler
a: :f der Karlsfchule, Frau von Wol ’
zogen, großmüthig anbot. Dort lebte?
er in ftillfter Zurückgezogenheit undj
emsiger Beschäftigung mit Studien.
Erst im Juli 1783 kehrte der Doktor
Ritter-, wie Schiller sich die ganze Zeit
Jvorsichtshalbet genannt hatte, nach«
«wcannyetrn zurucr. wo er am 1. Sep-;
Jlember als Theaterdichter mit 300
Gulden Jahres-geholt angestellt wurde.«
Jn dem weliverlorenen Dorfe, wo
ihn nur der meiningische Bibliothelar’
Neinwald, später der Mann seinerj
Lieblingsschwester Christen-hing mit’
Büchern versorgte, vollendete er die
Theaterbearbeitung vom Fiele und
JDaI bürgerliche Trauerspiel Luise
Millerin. dessen erster Ansatz« während
Des Arresteå auf der Stuttgariet
1Hauptwache sich gebildet hatte. Am
.11. Januar 1784 ist dann das repa
bliianische Trauerspiel die Verschwö
rung des Fiesto zu Genua, am 15.
April Kabale und Liebe, wie Jffland
die Luise umgetauft hatte, in Mann
heim — zwei Tage vorher bereits in
Frankfurt — aufgeführt worden
Mit einet Empfehlung Dalbergs
ireiste Schiller sodann nach Darmstadt,
wo er Karl August von Weimar als
fGast des hessischen Hofes wußte. Er
jdurfte dem Herzog im Beifein der
llandgriislichen Familie den ersten Akt
des Don Carlos vorlesen — wenige
Wochen später war er zum weimari
schen Rath ernannt. Ein Zerwürfniß
mit Dalberg benutzend, verließ er
«M1nnheim, das er einst wie eineFrei
Hitatt ersehnt, die er aber erst zwei
jJalIsre später finden sollte.
Den Sommer 1785 verbrachte
ISchiller in Leipzig und GohliH, im
’Sepiember trat er in Körners Fami
1li:ntreis lein Sohn war der spätere
IFreiheitssängerj zu Dresden undl
iLoschwitz ein, dem er dann bis in den;
Juli 1787 angehörte. »Der große!
ILQuri. eines Freundes Freund zu«
Zsein«, war dem Flüchtling, dem sich«
itsei Römers zuerst wieder eine Hei
;Æth aufthat, gelungen. Jin Dies-z
.; er Stillleben war Don Carlos
herangereift Dem Schöpfer des
zSchausvielS bot Schroeder in Ham
;b:irg eine Stelle als Theaterdichtee
san. So schwer Schiller das Scheiben
zvon Körner fallen mochte, er fühlte,
sdaß er Vaterland und Welt auf sich
mitten lassen m« e, und brach aus«
Sein Endziel war harnburg als
nöchstes Zwis enziel hatte er Weimar
vor Augen. ier in dein kleinen thü
rlngschen Athen sollten Schillers
Lehr- und Wanderjahre ihren Ab
schluß NUM
Der Herzen-bund mit rette.
Jn Weimar war er von dem alten
Mieland, dem Dichter des Oberon,
zfreundlich empfangen- woan Hier
Fregte sich ihnf bald nur ringender
Idae Verlangen nach einer gesicherten
Sielliiiig, denn ein fchlichteg adeliges
Isiiidchem die aanz nur Liebe und in
niqe sanfte Natur war, Charlotte von
stetige-fein hatte ihm ihre erste Her
zenEneiguna gsschentt und an ihrer
Hund hielt Schin r als außerordent
licher Professor r Geschichte und
incininqischer Hofrath in der freund
lichen Sch chlktiteritadt Weiinar3, in
Jena ssneri kinzuq Die Trauung
hatte in aller Stille in der sirche des
DIE Wenian bei Je atns 22.
Februar 1790 stattgefimde .
Dieser Ehe entprqifenaiier Kinder:
zwei öhne und Greci Törin-sW Das
erste ind, der Ghn Kart,
Lud sburg, währen
such der-W Wach, ani 14.
Dber 1 3 gevofe einzi e
t · Kindern, da
ueine-den
er zztr heimatl
er ber einen Erstgebo
rene Jekiräsdd, wie er in der
Familie eß sehr q cilich Er wid
mete de kleinen viele Zeit er trug
ihn herum und spielte rniVihnh
er als der K abe ethUitd
AU- -. s
s
get war nnd s· festhalten tonnteJ
nahm ihn der atet aus den Rückenj
und kroch mit ihm aus allen Vierenl
im Zimmer umher. Pros. H. Voß
r. erzählt, eines seiner Lieblings-(
piele mit ihm sei Löwe und Hund ge-»
wesen, nnd bald habe Schiller. bald:
sein Karl den Löwen agirt und alle!
beide seien dann aus vier Füßen ims
Zimmer herumgelrochen. So habe er«
ihn auch mehrmals gesunden, als er’
aus der Erde lag und mit einem
seiner Kinder spielte und dann sei er
ihm größer vorgeloniiiien, »als jener
Köngz der so von einem spanischen
Am ssadeur überrascht wurde.
Karl, eine fröhliche, heitere ja so
viale Natur, ward Forstniann und
trat in .vürttembergische Dienste. Er
starb als Oberförster in Stuttgart im
Jahre 1857.
Der zweite Sohn, Ernst, 1796 in
Jena geboren, war sehr begabt, und
dein Vater sehr ähnlich, auch im Acri
szeren. Er studirte die Rechte, trat in
preußische Dienste, und starb als Apk
pellationsqerichtgrath in Vilich, bei
Bonn, iin Jahre 1841. Seit 1823
war er mit Magdalene Pfingsten, ver
ivittivete von Mastiaux, oerheirathet
gewesen.
Am 11. Ottober 1799 wurde die
alteste Tochter Karoline geboren; sie
ioar lange Jahre als Erzieherin der
Prinzessin Marie, der Tochter des
iviirttembergischen Herzogg Eugen, in
Karlsruhe, in Schlesien und in Ru-»
volstadt thötig. Jm Jahre 1838 vers .
heirathete sie sich mit dem Berqrath
Junot aus Katzhiitte bei Ritdolstadt·
Sie starb im Jahre 185tsi.
Die jüngste Tochter Eiiiilie erblick-- J
te am 25. Juni 1804 in Jena daHJ
Licht der Welt. Schiller hing an dies !
sein Nesthiilchen mit zärtlicher Liebe,
nnd Emilie vergalt später die Liebe!
des Vaters-, indem sie sich die Pflege
seines Andenkens besonders angelegen
sein ließ. Sie gab zuerst seine Dra-«
menfragmente und seine Kalender her- ;
aus, denen ivir soviel biographischess
Material derdanten.· Auch den Brief- l
Clia klein-, Schiller-d Frau.
wechsel ihrer Eltern hat sie zuerst ver-—
öffentlicht. Als glückliche Gattin des
Freiherrn Adaldert von Gleichen
Rußrvurm lebte sie tseit 1828) auf
Schloß Greisenstein bei Bonnland in
Untersranten und starb im Jahre
1872.
An der Seite seiner edlen Frau hat
Schiller ein hohes und reines Glücks
cefundem dag in seinem inneren Ge ;
halt nicht beeinträchtigt werden tonniei
durch äußere Sorgen nnd dadurchJ
daß schon im Herbst 17sm sich die cr-;
sken Spuren der Brustlrantheit zeiqu
ten, der er so bald zum Opfer fallenl
sollte. Um so mehr ist die SeelengrösieH
zu bewundern, mit der er seine tät-T
pcrliche Schwäche überwand, seinen?
Pflichten im Lehranit nachtam und die«
Welt mit immer neuen KundgebungenT
seines Dichterberuses beglückte. Auch
an äußeren Anerkennungen sehlte esJ
nicht, z. B. gewährte ihm der Herzog«
Christian Friedrich von HolsteinsAu-.
gustenburg sin drei Jahre eine Unter-l
stützung von jährlich 1000 Thalern-I
Nach seiner Genesung wurde es ihm(
miiglich, einen lang gehegten Lieb-;
lingstvunsch zur Aussiihrung zu drin-s
gen, seine schwäbische Heimath zu be-l
suchen, die er einst als Flüchtling ins
schwerster Bedrängniß Leibes und derj
Seele hatte verlassen müssen. Diese
Reise 1793—94 brachte ihm große
Freude und Kräftigung zu neuem,j
fkphkm Scham-e s
Jn Jena mündet vom Engelplatz"
ein schmales dersiecktes Gäßchen aus«
ein schaitiger Laubenpsad zwischen
Garten und Hecken Lag Schilleran
ckzn hat man eE pietätvoll genannt
nnd nur wenige Schritte vom Ein
oang entfernt erblicken wir das be
scheidene Häuschen mit der stolzen
Mittheilung, daß in bieten stählen
eng genug, der herrliche Sänger mit
feiner Familie ; ohnt habe. Der
Garten, jetzt no uggedehnte ol
früher, crschein wohlgepflegf unz
sfchön — in se em Hintergrunde er
heb tli dcr Bau des Stern
te ern m tigen Knppeldach
Haus und arten er alten zu
lkövrltkh bestimmte neun le ren zum
lSta ou ver (1812 ek
vor v« Jahren gebrochsnen
nnd ugebauten) rnwarte ·—
eine ( ung, wie ma "
den Lie de
Jnd derdMu xdesse Blicke Yewohnt
warenAber Sternen das H chstkzu
fu , Inkamirksrdentent nte e
Mdett So nig durckf
cirtenwI to fällt del-Auge an
FOR O- :
einen Steintisch, um den herum sich
einst des Dichters Laube ranlte. Oft
mals versammelten sich hier dieFreuns
de und Gäste Schillers, oftmals über
lseß er sich hier in stiller Einymkeit
den Träumen feines Geistes. as ist
der Ort, wo herrliche Werte vonSchili
ler entstanden sind; das strofygedrckte
Gartenhäuschen freilich. in de en obe
ren Zimmer der Dichter arbeitete, ist
bereits im zweiten Jahrzehnt de- vo
rigenJahrhunderts, als baufällig, ab
getragen worden. Schiller brachte im
Februar 1797 das Grundstück an der
Leutra für 1150 Reichsthaler in sei
iien Besitz. Die Besitzung gewährte
einen idhllischen Aufenthalt mit ihrem
freundlichen Ausblick in das Mühl
und Saalethal, mit dem von Rosen
nnd Lilien durchdufteten, imBliithen
fchmuet der Obftbäume prangenden
Garten, und mit dein iraulich melo
dischen Wellengeuiurmel der Leutra,
die tief unten im Grunde munter da
hinplätschertr.
Hier schuf Schiller seine Walten
ftein - Trilogie, durch die er zum
Lieblinggdichter der deutschen Nation
wurde, hier schrieb er eine Mehrzahl
Balladen und die ersten Alte von Ma
ria Stuart, und hier vollendete er in
den Herbfttagen des Jahres 1799 das
Lied von der Glocke.
Den ersten Gedanken zur Glocke
faßte Schiller in Rudolftadt ·m Jah
re 1788. Er besuchte öfter ie Glo
clengießerei. die sich in der Nähe der
Stadt befand und gewann von dem
Gusse eine lebendige Anschauung.
Aber erst 1797, beinahe zehn Jahre
später, als das Feuer des Lebens die
Erze der Sorgen und Erfahrungen,
des Menschen Theil, das er so redlich
auf sich nahm, zu neuem Glockengute
gereinigt hatte, begann in seinem Ge
müthe die Glocke zu werden. »Dieses
Gedicht, schrieb er am 7. Juli an
Goethe, liegt mir sehr am Herzen,'«
aber er meinte zugleich, daß es ihm
mehrere Wochen kosten werde. Er
orientirte sich aus Kriinitzens Ench
tlopiidie zunächst iiber die Technik des
Glockengusses.
Ihr entnahm er unter Anderem
auch das Motiv: vie-us wu-, mur
tuus planzzm inlgum irangu (Le
bende ruf ich, Gestorbene beklag ich
und Blitze zertheil ich). Die In
schrift besan ich aus der gro en
Glocke im « zu Schasshausen,
die, im J e G vom Glockengie
szer Prior zu asel gegossen, noch
vor wenigen Jahren vom Thurme
herab die Gläubigen zum Gebete rief.
Seit 1899 steht sie Its Schilleralocle
im Museum der Stadt, weil ein Stück
aus dem Mantel gesprungen und die
Stimme statt ini vollen To schrill
und heiser klang.
Bald unterbrochen » ungen,
Krankheit und die Redaltion es Mu
senatmanachs die Arbeit. Schiller
sand gerathener, sie noch ruhen zu
lcssen, und erst 1799 gegen Ende des
Septembers, nachdem ein Aufenthalt
in Rudolstadt ihm alte Zeiten utid d s
Bild des Glockeng sseg erneut h
ward das Gedicht werth der lungen
Zeit, die es aetostet, vollen t. s er
schien im Mus nalmanach om hre
1800, dem les n, den Schiller heraus
gab.
«.
Jmthüeinqschkn Athen. I
Die Jenaer Einsamkeit aenügte ihm
aber bald nicht mehr. er sehnte sich.
:beairalischen Auffiihrungen in Wei
mar mit beizuivohnem Der Herzog
uatte den Wunsch geöiifzert."ihn öfters
m Weimar zu sehen. Wie gerne wäre
Schiller gekommen, aber seine p
niäre Lage verhinderte in da .
Zwar war er seit Ostern III -
sessor ordinariue honyra THE-aber
sein Gehalt betrug nur 200 aler.
Durch Zus seitens sein schwie
qermutter be ief sich sein tommen
auf etwa 1000 Reichsgulden Doch
fingen seine dramatischegi Arbeiten an
einträglich zu werden, toie er feiner
Mutter mittheilte, erschrieb er sich
jährlich 1500 Gulden dazu. Londo
ner Buchhandler boten 60 Pfund für
jedes Manuskript zum Uebe se en,
wenn die englische Ausgabe lityage
früher erscheinen diirfte al» die
deutsche.
Endlich legte ihm der Herzog 200
Thaler zu, nebst Holz in natura, und
Goethe vermittelte ihm die Wohnung
der Weimar verlassenden Frau von
Kalb. Doch wiederum trat eine Ver
zögerung ein, am U. October be
schenkte ihn feine Frau mit dem Töch
terchen Karolinr. Diese hätte der
Mutter bald das Leben Weiten Ein
gchulretendes Nervensie r ließ das
limmsle befürchten. Schiller wich
Inicht von Lottens Bell.
Gefahr qing plötzlich vorüber. ach
idem Goethe noch Pathenftelle bei dein
illeinen Erbenbiirger vertreten hatte,
erfolgte im z. December 1799 die
sllebersiedlunq noch Weimar. Hier
entsianden cchillers große dramati
sche Schöpfunaenz Jun frau von Ot
jlenng, Braut von Mefina und Wil
klselni Tell.
Das letzte Lebensjahr-.
Aus ssslnndg Einladung ging
ESchiller lind-e April 1804 mit seiner
i·»rau nach Berlin; seine sämmtlichen
Stücke wurden aufaeiiihrt; bei seinem
«Cintritt in die Lone wurde der Dich
ler von dem Publitum mil lbegeisletk
lem Huruf beariiszt Am Mai
hatte er bei der Koniain Luise eine
k.ludienz. Auch hieß eg, daß der Kö
inin ihn in Berlin zu behullen wün
sclse Die Verhandlungen darüber
zerfchluqen sich aber. Nach der heim
itrhr zoa er sich eine schwere Erliiltung
is Wohenlnnn wollten die Kräfte
nicht wieder-lehren Erst ini October
fing er un, sich elnap zu erholen und
sacwann neuen Lebengmuth nnd neue
ic- »chaffencfreudigleil. Bald daraus
»aber llante er wieder iiber einen
schlimmen Roland Den er in dem
lehr strenqu Winter kvochenlang nicht
;lr-Ls wurde und der trotz seines besten
Willens sein sreiecs Schaffen gänzlich
llähmte
« Ansanq Miiri benann er wieder zu
farbeilen und zwar am Demetrius
und setzte ei- uiil leidlicher Kraft den
TslIionnt April hindurch fort.A1n 29.
April besuchte er noch das Theater-;
lurz zuvor besuchte ilm Goethe -— es
zwar das letzte Mal, baß sich die bei
Iden Freunde sahen! llnrvohl lehrte
i
z .
i
;Schille.r nach Hause iuruæ Um t.
Mai lag er wieder darnieder an einem
Latarrhfieber. Während der Krank
iyeit phantasirte er viel von Demetrius
und rezitirte Szenen daraus. Aber
das Stil-l sollte unvollendet bleiben.
geidenvolle Tage nnd Nächte traten
em.
Am 9. Mai friib leeigte sich Besin
nungslosigleit Der Kranke sprach
nur unzufanttnenhängende Wette,
meistens Latein« Nachmittags nah- ,
ten die Schauer der Vernichtun . Als
seine hohe Natur unterlag, det
Krampf sein Gent-at entstellte, wollte
Lotte seinen gesunkenen Kopf in eine
lisequemere Lage bringen. Er erlannte
fie, fein Auge hatte den Ausdruck det
Verllärung Lotte sank an sein
Haupt, er küßte sie. Es war das letzte
Zeichen seines Bewußtseins. Nach
harten Krcnnpsanfiillen schien er dann
ruhig zu schlafen. Man begann Dass
nnng zu schöpfen, aber bald nahte det
siranie seinem Ende. Lotte suchte
umsonst feine kalte Hand zu erwär
nIen. P ö lich fuhr es wie ein elek
trischer S lag über seine « iige, sein
Haupt snnt zurück, Ruhe ver lärte ein
Antlitz, seine Ziige waren die eines
Psanst Schlafenden —- Deutschlands
;xtr"o«ßtee Dichter war zur ewigen Ruhe
Jetngegangem
i
f
Aus Schlatt-'s Bettes-.
Suchsl du das Höchste, das Größle7
; Die Pflanze lann es dich lehren.
Atlas sie willenlos ist, sei du eg wol
lcnd - das ils-L
i- i sc
uen richtet mit nie des Mannes
einklne Thalenx
set ijber den Mann sprech-et das
richtende Wort.
If I I
lWillst du dich selber erkennen, so sieh,
wie die andern es treiben;
Willst dn die nndetn verstehn, blick·
In dein eigenes herz.
O O I
Glückliche-! Säugling, dir ist ein un
» « dlicher Raum Ich die Wiege.
W e Mann und dir wird eng die
unendliche Welt.
III
Vor dem Tod erscheinst du! Du wün
schest, unstekblich zu leben?
Leb im Gan en. Wenn du lange da
hin di , es bleibt.
I O I
In den O ean schifft mit tausend
l lassen der üngling7
Still, auf geretteletn oot, treibi in
den Oasen der Greis.
Schüssen Arbeits- sub Sitte-imm- iu Weinst.