Ver kleine Piatow. Eine Militiirxschichte don Frh. d. chlich t. — Der kleine Platow hatte Welt Kmrz Zwischen Fisch und Braten otte sein Nachbar diese Thatsache plohlich konstatirt und von Mund zu Mund ging es: »Der kleine Platorv hat Weltschinerz«. Und Alle sagten: »Der kleine Platow«; nicht ein Ein ziger ließ die Worte »der kleine« fort, in denen eine gewisse Zärtlichkeit la . Der kleine Platow war der Lie - ling des Regimente5. Alle verzogen und verhätschelten ihn. der Oberst an der Spitze. Sein frisches, fröhliches Wesen, sein ossenes, freies Gesicht, eine tadellosen Manieren nahmen lle fiir ihn ein. Und heute hatte der kleine Platow Weltschmerz. « Aber dein kleinen Platow nützte es nichts. Und je aufmerksamer die Kamera den wurden, je mehr sie versuchten, ihn zu trösten, da sie ihm anmerlten, daß eine schwere Last ihn bedrückte, um so stiller und ernster wurde der kleine Platowz sein tleines Gesicht wurde immer blasser und blasser, --— und plötzlich stand er auf, um sich zu verabschieden. Niemand machte den Versuch, ihn zurückzuhalten, aber un ausgesprochen ging es von Mund zu Mund: »Wir dürer ihn nicht allein lassen! Einer muß bei ihm bleiben«. Alle standen im Begriff, ihm zu foll gem aber als sich die Thiir hinter ihm geschlossen hatte, entschied die Stimme des Tischältestem »Lobe, gehen Sie mit ihm. Sie sind ja sein bester Freund, trösten Sie ihn, und wenn Sie allein teinen Rath wissen, dann kommen Sie zu mir oder wenden Sie giech an einen anderen älteren Kamera n.'« Lohe traf den Kameraden noch in» der Garderobe: »Ich wußte, daß mir Jemand nachgeschickt würde; es ist mir lieb, dasz gerade Du es bist. Komm mit mir in meine Stube! Hel Ien kannst Du mir auch nicht« aber ich din dann wenigstens nicht ganz allein.« Platow wohnte in dem stizier sliigel der.fiaserne. lfk öffnete die Thür zu seinem Zimmer; es war tglt nnd ungemiithlich trotzdem die Lampe bannte »Nun, alter Freund, schütte Dein Herz auö«, begann Lohe. »Etwa5 Schweres muß Dich bedrücken. Ver trane Dich mir an. Was istH?« Platow ging in seinem Zimmer aus und ab. Jetzt blieb er vor dem Freunde stehen: »Es ist ja eigentlich Unsinn, daß ich Dir Alles erzähle, aber vielleicht ist es doch gut, wenn wenigstens Einer im Megunent Be scheid weiß. um später falschen Ge ritchten entgegenzutreten zu können. Das Nähere erzähle ich Dir nachher. Für setzt nur dir Mittlyeilung, daß wir heute zum leßten Mal zusammen sind. heute noch muß ich zur Wasse greifen und von dieser Welt Abschied nehmen-« . Lohe sprang in die höhe und starrte den Kameraden an: dWas willst Du?« Er hörte aus den Worten des Freundes nur zu gut beraus, daß es ihm bitterer Ernst sei mit dem, was er sagte, aber er wollte und konnte das Entsegliche nicht glauben; der junge, ewig eitere Kamerad, der ihm da in seiner Jugend, laum vierundzwanzig Jahre alt, gegenüberstand-, wollte sei nem Leben ein Ende machen, wollte sitt immer sottgehen aus dem Kreise der Kameraden und aus dem Regi ment? »Lieber Freund«, sagte Platow, »ich weiß Alles, was Du mir sagen willst; es ist dasselbe, was man immer in Fällen dieser Art zu sagen pflegt: daß man einen solchen Ent schluß, besonders in meiner Jugend, stets in der Uebereiluna sassr, daß es zudiesem äußersten Schritt immer noch Zeit sei, daß es sicher noch einen anderen Ausweg gebe-und derglei chen Redensarten mehr, die zwar gut gemeint sind, aber wirtlich nichts niiMLn Höre mich an: in ganzes Leben, von derStunde meiner Geburt bis zu diesem Augen blick, ist eigentlich weiter nichts als ein Trauerspiel in zahllosen Alten gewe sen. Mein Vater war, wie Du weißt, Ossizier, der im letzten Feldng Jn valide wurde und von seiner tümmer lichen Pension lebte. Sechs Kinder waren schon da. Du tannst Dir also denken, daß mein Erscheinen ni tmit reude begrüßt wurde. Meine utter arb und wenig später auch der Vater. toch als Säugling tam ich, zu Ver wandten, die großen Reicht um, aber lein Herz besaßen. Man steckte mich in das Kadettenrorps Du tennst das Leben dort und ich brauche es Dir nicht zu schildern. Obendrein em pfand ich für den Soldatenberus nicht nur nicht We leiseste Neigung, sondern fing ihn mit ver den« zu nassen an· Ich war ein uter Schüler, im Em zieren der Be te; ich wurde den Ande ren als Muster hin eftellt und das Lob regnete auf mi herab. Das Ta lent zumSoldaten war mir angeboren, eber vie Liebe zum Beruf fehlte mit, das ewige Einerlei des Dienstes wi derie mich an. »Mein ganzes niilitiirischeg Leb-en war weiter nichts als eine große Liige,«i fuhr Platoto nach einer lukzen Pause fort· »Ich log, weites ja doch einen Ekweck gehabt hätte, dieWalzrs heit zu agen. Hätte ich meinen Vers wandten geschrieben: nehmt mich aus tem Corpö beraus, laßt mich ftudiren oder ein Handwerk lernen, so Mitte nkan mich für wahnsinnig gehaiten. So wuchs ich heran und der große i Tag kam, wo ich als Föhnrich in die Armee gesteckt wurde. MeineVerivand ten bewilligten mir großmüthig eine Zula , unter der Bedingung, daßi nsie schinden mache; aber als i Leutnant wurde, mußte ich meinem Onkel doch eine Schuld von zweihun dert Blatt beichteii. Jn meiner Gut müthigkeit hatte ich mich verleiten las sen, sur einen Kameraden, der später tun die Ecke ging, zu bürgen. Umge hend schickten meine Verwandten das Geld, aber zu leich auch die Mitthei Hung, dag ich fortan zii ehen solle, wie ich ohne ulage durch die Welt komme, denn ich hätte das in mich gesetzte Vertrauen schändlich mißbraucht. Für einen Augenblick dachte ich daran, ih nen den wahren Sachver lt zu erklä ren, dann aber bäumte ich der Stolz in mir auf: Lieber hungern als Al "niosen annehmen! « « Und ich, habe gehungert, lieber Freund, in des Wortes wahrster Be deutung. Wie t habe ich nicht eine Einladung vorge chiitzt, um das Mit tagessen im Kasino zu sparen. Daß mein Onkel den monatlichen Zuschuß zurückgenommen hatte, wußte nur ich und ich war zu stolz, iini zu demLTberst hinzugehen und es ihm zu sagen. Drei lange Jahre habe ich so gelebt. Das Einzige, was mir das Dasein erträg lich machte, war die Freundschaft und Zuneigung, die mir alle Kameraden eiitgegenbrachten. Wie oft war ich nicht in Versuchung, mein Herz irgend Einem auszuschiitten! Doch immer wieder sagte ich mir: Mach ein frohes Gesicht! Helsen kann Dir doch Nie inand. , So spielte ich Komijdie und kämpfte —- bis die Stunde tam, in ter ich unterlag. Ein Jahr ist es heute her. Die Ve sichtigung durch Excellenz stand Vor her Thiir und wir hatten vom frühe sten Morgen bis zum Mittag Dienst abgehalten; zuerst Instruktion, dann Ckxerzierem Gewehr über, Gewehr ab, Rechtsuni, Linlsum, Front und Kehrt. Mehr als vier Stunden lang. Wäre ich Soldat mit Leib und Seele, so liötte mir die Sache sicher Freude ge macht; so aber ekelte es mich an, und als der Dienst endlich ferti war, war auch ich mit meinen Krästen fertig. Man muß mir meine vollständige Er schlaffung angemertt Haben, denn der Oberst rief mich zu sich heran: »Ma toiv, so geht es nicht weiter, Sie rei ben sich im Dienst aus. Sie miissen unbedingt einmal Etwas für sich ibunt Wenn die Besichtigiina zu Ende ist, müssen Sie aus Urlaub gehen. Wir sprechen später darüber.« Wie ini Traum iam ich in meiner Stube an: Urlaubs Von deni Tage an, wo mein Onkel mir die Ziilage eiuzog, hatte ich die Hoffnung, jemals auf Urlaub zu fahren, fiir immer be graben· Jch hatte nie daran gedacht, Jemale eine Reise zu machen; denn wo her sollte ich die Mitttel nehmen? Mit den dreißig Mart, die ich im besten Fall von meinem Gehalt zu sehen be tnni, lonnte ich doch nichts unterneh- « men. Nun erinnerte mich der Kom mandeur daran, daß es auch für mich Urlaub auf der Welt gebe. Und mit einem Male packtees mich wie eine wilde Leidenschaft: reifen,«-- nur ein einziges Mal auf Reisen gehen können, nur einmal vier Wochen fort von dein itasernenhofi Ach, wag erhoffte ich nicht Alles von dieserReises Und plötz lich stand mein Entschluß fest: Du wirst fahren. Jch war außer mir vor Freude..· Aber die Freude fchtvand schnell wieder. Woher sollte ich die Mittel nehmen? Mit einem tleinen Vorschuß beim Zahlmeifter war mir nicht edient; was nützten mir fünfzig cder echzig Mart? Jch brauchte mehr Geld, ich mußte mich ganz neu aus riisten, besaß fein Civil, und wenn ich nun einmal reiste, wollte ich wenig stens die vier Wochen frei von allen Sorgen fein. Aber woher die Mittel nehmen? Schon hatte ich meinen Entschluß wie der auf egeben: da fiel mein Blick auf einen V rief, der auf dem Tisch lag. Wer hatte mir Etwas zu schreiben? Monate vergingen, ohne daß die Post zu mir kam. So öffnete ich neugie rig das Couvert und las mit Erstau nen dies ferte, in der ein Gelddar leihet O fizieren jede Summe zu mäßigen .» insen anbot. Jch warf das Blatt in den Papiertorb, aber ich holte es gleich darauf wieder heraus und lanes immer und immer wieder. War es nicht mehr als ein Zufall, rast ich das Schreiben gerade in diesem Au genblick erhielt? Später habe ich ja erfahren, daß der Mann nicht nur mir, sondern allen Kameraden seine Offerte geschickt hat.« Mit ganz entsehten Augen sah Lohe den Kameraden an: »Jehi ent inne ich mich. . . Hoffentlich hast Du ich mit dem Halsabschneider nicht eingelassen! Der Oberit warnte uns noch vor ihm und drohte Jedem mit ehrengericht: licher Untersuchung, der sich an ihn wenden würde." H Um Piatows Mund spielte fiir einen Augenblick ein leises. milbes Lächeln: »Wie fast jede Ermahnung, to tam auch diese zu spät, wenigstens siir mich- ich·haite das Gelb, zweitau-v iucd Mart, bereits in der Tasche. lind ich glaube, i hätte in der Stim ;ung un Verfa ung, in der ich mich amals efanb, die Seligkeit, auf Reisen gehen zu können, wenn es hätte iein müssen, noch weit theurer bezahlt als mit den taulenb Mart Zinsen, die der Mann sich m Voraus dafür bes rechnete, baß er mir half. Zweiun iend Mart erhielt ich, für dreitausend schrieb ich quer.« »Aber Piatom wie konntest Du mit-» Das war alles, was Lohe vor Mast und Entsetzen zu sagen ber mochte. »Ja, wie konnte ich nur?« wieder holte Platow. »Das habe ich mich auch tausend und aber tausend Male ge fragt, seit ich das Geld verausgabt hatte, der Urlaub zu Ende war und ich nur zu schnell einsehen mußte, daß das Wort wahr ist: Ketten drücken Den am wenigsten, der sie immer trägt. Vier Wochen hatte ich mich in ter Welt herugnietrieben, als freier Mann. Ja, diese «vier Wochen sind die einzigen meines kurzen Lebens, in denen ich mich glücklich fühlte, weil ich zum ersten Mal seit fünfzehn lan gen Jahren keine Uniforin trug, keine Soldaten sah, keine Griffe Und Wen dungen zn tomniandiren brauchte. Auch seitdem brachte ich das Kunst stüct fertig, als diensteifriger Offizier Fu erscheinen, und immer war ich der rohe, lustige Kamerad, trotz allen Sorgen, die mich drückten. Auf Ur laub hatte ichs nicht daran gedacht; jetzt aber ließ die Sorge mich keine Nacht schlafen. Von dem Augenblick anJvo ich hier wieder meine Raser nennuve verrat, quane mich viel Frage: Wie willst Du die dreitausend Mark Schulden zuriictzahlen?« »Aber so was überlegt man sich doch vorher,« warf Lohe ein: »Du mußtest doch wissen, daf; Dir’s nie möglich sein würde!" Platow lachte bitter aus: »Du hast ja so Recht, lieber Freund; und ge wiß hätte ich mirs damals selbst ges s sagt, wenn meine Nerven nicht meh » als überreizt gewesen wären. J s hatte damals nur den einen WunfchJ nnr den einen Gedanken: Du mußt» fort, wenn Du hier nicht in der Tret mühle wahnsinnig werden sollst . . . Jn schlaflosen Nächten habe ich mich unzählige Male gefragt: War es nicht ein bodenloser Leichtsinn, daß Du damals auf Urlaub ainaest? Aber ebenso oft habe ich mit einem lauten »Nein« geantwortet Und ich bereue es auch heute noch nicht, trotz dem das kurze Glück, das ich genoß, meinem Leben ein Ende macht. Denn sterben muß ich. Mein Ehrenwort ist seit St den verfallen. Als ein Ehr loser ste ich vor Dir. Jch bin un wiirdig des Stockes-, den ich trage.« »Aber um Gottesmillm warum« haft Du Dich denn nicht bei Zeiten nach Hilfe umgesehen? Jch selbst, so weit ich’s vermag, ein Jeder hätte Dir nach Maßgabe seiner Mittel mit Freude Geld zur Verfügung gestellt.« Wieder spielte ein leises, mildes Lächeln um Platotvs Mund: ,,Glaubst Du wirklich, ich hätte nicht daran ge dacht? Aber Jeder von Euch hätte mich gefragt: ,,Wozu brauchenSie das Geld?« Und selbst wenn Ihr mich nicht gefragt hättet, zugesliistert hät tet Jhr’s Euch doch: Platow muß Schulden haben. Ueber kurz oder lang wäre die Wahrheit an das Ta geslicht gekommen, - und was dann? Das Ebrenaericht hätte mich erwartet, das Osfiziersrorps hätte es vielleicht für seine Pflicht gehalten, die Schuld zu bezahlen, aber mich selbst hätte man ehrenaerichtlich we gen Schulden verabschiedet Ich habe nichts unversucht gelassen. Jch habe allen Stolz gezähmt und so gar an meine Verwandten geschrie ben. Jch habe die absolute Gewiß-« heit: wenn ich nicht mehr lebe, wird der Onkel die Schuld tilgen. Das erfordert seine Ehre als Großlauf mann. Aber so lange ich noch hier auf der Erde weile, giebt er nicht ei nen Pfennig. Und schließlich . . . Jch weiß überhaupt nicht, ob mich Je mand verstehen, mein Thun und Han deln begreifen wird. Die Meisttn werden sagen: Was brauchte er auf Urlaub zu fahren? Wer lein Geld hat, muß hiibsch zu Hause bleiben. Er war ja noch so jung und hätte ruhig warten können; vielleicht hätte er noch einmal in der Lotterie gewon nenloder es wäre ihm sonst irgendwie Geld in den Schoß gesallen.« Der kleine Platow fuhr sich mit der Hand durch die Haare: »Ich höre im Geist all die Redensarten. an ei ner Hinsicht aber haben die Leute Recht; ich hätte warten iönnen, bis ich Hauptmann- zweiter Klasse war Das dauert ja . . . nur noch zwölf Jahre.« Das klang so traurig, so verzagt, daß Lohe in die Höhe sprang und den Freund an der Schulter packte: »Mensch, Platow, Alles, was Du sagst ist ja Unsinn. . Du sollst nicht sterben! Jch ncll zu meinen Bekann ten gehen, will sur Dich, nein: siir mich selbst bitten. Morgen schon kannst Du das Geld in Händen ha ,,Und selbst wenn ich es jetzt hätte, wäre es zu spät. Seit Stunden ist mein Wort verfallen, das Schreiben an den Kommanchr ist unterwegs, retten lann mich Niemand und meine Ehre tann ich mir nur selbst wieder geben. Und deshalb bitte ich Dich noch einmal: Leg Du wenigstens ein gutes Wor silr mich ein. Willst Du?« Aber L hatte die letzten Worte kaum gehört. Er saß in tiefem Sin nen und Grübeln. Es war ja ein Wahnsinn, was Platow sagte; noch mußte sich ein Ausweg finden lassen. Er schlug die hände vors Gesicht und zermarterte sich sein« Gehirn Sonsah und hörte er nicht« wie Plato mit leisen Schritten in das Nebenzimmer ging. Mit einemSchrei fuhr er erst in die Höhe, als aus dem Zimmer nebenan ein Schuß ertönte. WPlatowsp Lohe stürzte in das Schlaszimmer. Da lag der Kamerad aus seinem Bett. Aus der Wunde in der Schläfe sickerte das Blut . . . . Der kleine Platow hatte eine lurze Spanne Glück mit seinem Leben bezahlt. I Die lange Reise. Skizze von E. Hildebrand. »Schicke sie zu mir,« sagte der alte Herr Bornemann zu seiner Seh-wäge xrin, »ich werde sie schon zur Vernunft bringen« »Gott ebe es,« seufzte seine Schwä gcrin. ,," enn ihr Eigensmn und der ewige Zank daheim ärgern mich noch zu Tode.« Eine Woche später stand der Besitzer von Birkenseld, Herbert Bornemann, auf der Freitreppe, um seine wider spenstige Nichte Else zu empfangen. Er zog die Stirn in Falten, als er die Unheimlich vielen Koffer und Schach teln ·ah, die sie mitbrachte. Ecke Bornemann sal) diese Falten und sagte etwas malitiög: ,,Lieber Ontel, Papa nnd Mama meinten, ich müßte bei Dir bleiben, bis ieb anderen Sinn-es geworden. Wenn es Dir aber nicht paßt, kann ich gleich wieder geben!« »Nein, mein Kind,« versetzte der alte Herr, den die Keclheit der Nichte Lmiisirte, »Hu bleibst hier. Deine Dante uno Beine Kommen erwarten Dich. Komm mit.« Else Bornemann sah den alten Herrn mißtrauifch von der Seite an, dann schritt sie mit ihm die breiten Stufen empor. Das herzliche Willkommen welches die Tante nnd die Kousinen ihr boten, verfcheuchte bald die schlechteLaunse der jungen Dame. Nach dem Essen sagte der Onkel, er erwarte Else um acht Uhr in seinem Arbeitgzimmer. Else wußte, was das bedeutete. Aber sie nahm sich zusam men. Punkt acht llhr klopfte sie an die Thiir zu des Onkels Arbeits-zwi ner nnd trat ziemlich selbstbewußt und mit einer Würde ein, alg ob sie sich Vor nichts in der Welt fürchte. Aber sie konnte es nicht verhindern, daß ihre Kniee zitterten. Und es war aut, daß sie sich so ge Mppnet, denn Onkel Herbert eröff nete die Ulttacle in einer sehr merkwür ;digen Weise. Heinz Alberg war nämlich in seinem « Arbeitgziminer. Einen Augenblick drohte dieser un Herwartete Anblick Else alle Kraft und »Selbstbeherrschung zu rauben, dann aber beherrschte sie sich. Sie nahm »den Kampf aus. i »Nun, tleineg Fräulein," begann der Onkel, .- währen er Else einen Stuhl isinschob, »inöchteft Du mir wohl sagen, wag Du an diesem Herrn hier augzuietzen hast?« Else war sehr blas; geworden. »Gar nichts habe ich an ihm auezu setzen« erwiderte sie. »Aber heirathen will ich ihn nicht!« »Na, ja. das habe ich schon gehört,« sagte der Onkel. »Aber ich wollte es nicht glauben« Elfe’5 Wangen iiberzoa Purpur-— gzuth, als der Onkel laut auslachte. »Ich will nicht einen Mann heira then,« fuhr sie heftig auf, »blof; weil ihn die Familie Jahre lang kennt — und weil er reich ist —— nnd weil er lgerade so gut fiir mich Paßt - -- nnd »weil er hübsch ist nnd weil feine ’Besitzungrn gerade an die unseren grenzen und weil Jeder eg so gern sehen würde, daß wir uns heirathen I — und weil das schon ausgemacht war, als wir noch Kinder waren — und so weiter und so weiter!« Fräulein Bornemann,« fiel hier Heinz Albers mit scharfer Stimme ein, während seine duntlen Augen Feuer sprühten, ,,heirathen Sie, wen Sie wollen. Jch wollte Sie erringen, weil ich Sie liebte - s alles andere kommt siir mich nicht in Betracht! Sie waren meine ersteLiebe - —-eg aibt aber noch mehr Mädchen in der Welt, die man heirathen kann! Nun, wir beide haben nichts mehr mit einander zu schaffen. Das Mädchen, daS ich ’uial heirathe, sei es arm oder reich, vor nehm oder gering, mus; mir die Arme entnegenbreiten und sagen: ,,.L«»einz, ich liebe Dich!« »Und eine ganze Menge junger schö ner Mädchen gibt eg, die das sagen wiirden, lieber Heinz,« siiate der alte Herr hinzu. »Ich weiß ganz genau,« suhr der junge Mann leidenschaftlich fort, »daß nur Dein Eigensinn und Deine Wi derspenstigteit Dich so handeln lassen, Else, denn im Jnnersten Deine-J Her zens liebst Du mich doch! Aber Du wirst eg erst einsehen, wenn ich fiir Dich verloren bin!« Bei den letzten Worten trat er aus Else zu und zog sie fest an sich. Sein Werden war bisher so steif, respekt voll und nüchtern gewesen, das-, dieser Gefühlsausbruch, diese stiirniische Umarmuna sie völlig verwirrte. Sein Herz schlug dicht an dem ihren, sein Mund preßte sich in so gliihendein Fluß auf den ihrigen, als wolle er ihr die Seele verbrennen. Dann ließ er sie los und schritt der Tliiir zu. Und als sich diese hinter ihm ge i schlossen, rief der Onkel: »Da geht der beste Mensch von der :Welt hin —dirett seinem Ruin ent I gegen« Dann drückte der alte Herr aus die Jelettrische Klingel und lies; seine Gat tin zu sich bitten. Als diese erschien, sagte er: »Bitte, liebe Doris, lasz Else’s Sachen so schnell wie möglich packen. Sie beglei tet mich noch heute nach meinem neuen -Jagdschloß. Dort kann die Förstersss siau siir tie sorgen und später tann ihr Vater sie abh-olen. Jch will nichts mehr mit ihr zu thun haben.« »Aber, lieber Herbert, sie sollte doch ««hier bleiben, bis sie ihren Sinn geän dert hat,«' entgegnete seine Gattin. «Sie kann ihren Sinn ändern, ehe die ahrt beendet ist! Andernfalls bin ich ertig mit ihr!« »Aber in dieser entsetzlichen Nacht und die weite Reise!« »Sie kann eineDecke mitnehmen und einen Fußsact!« »Diese lange Fahrt, ich kann es wirklich nicht zugeben. Watte wenig stens bis morgen-« »Liebe Doris, ich bitte Dich allen Ernstes, zu thun wag ich wünsche. Jch will dieses Mädchen nicht unter meinem Dache haben Sie steckt mit ihren verrückten Jdeen und mit ihrer Widerspenstigleit höchstens noch unsere Mädels ant« »Ich bitte Dich, Tante, sage nichts mehr. Jsch bleibe nicht mehr hier!« Damit lief Else aus dem Zimmer. Eine halbe Stunde später saß sie neben dem Onkel im Wagen. Sie lehnte sich in die Kissen zurück und dachte nach· Der alte Herr sprach keine Silbe. Nachdem sie ungefähr iimei Stunden gefahren, begann Else endlich: »Was meinst Du eigentlich damit, Onkel« daß Heinz Alls-ers seinem Ruin entgegen ginge?« Der Onkel lächelte im Dunkeln. »Wenn ein hübscher, junger und rei cher Mann in »dem« Zustande nach Berlin fährt, wie Heinz Albers—und er fährt natürlich nach Berlin-dann geht er eben seinem Ruin entgegen. Er stürzt sich in deu Strudel des Ver gnügens, trinkt, spielt und heirathet schließlich das erste beste Weib, das ihm sagt: »Dein-L ich liebe Dich!« Else erschauerte Sie fragte sich im Stillen, ob er andere wohl eben so küssen würde, wie er vor einigenStun den sie geküßt. Ein unendlich wehes Gefühl durchzuckte sie, und es kam ihr trie eine Beleidigung und wie schnöder Verrath an ihr vor. das-, Heinz je eine andere so kiissen könnte. »Du weißt eben nicht, was Liebe is«,« fuhr Onkel Hertert fort. »Und Du weißt nicht, trag aus cinemManne werden kann, der sich aus Verzweif lung in den Strudel des Großstadt lebens stürzt, wenn seiner Liebe der Todesstoß versetzt loordenf« Eise begann leise zu weinen: aber der Onkel that, als höre er es nicht. All die Brocken der Unterhaltung die ab und zu fielen, drehten sich einzig und all-ein um Heini, und es schien Eise als könne ihr ferneres Leben nur noch im Schmerz und bitterer Reue erfüllt sein. »Es ist bald ein Uhr,« warf der sOlntel ein, »und wir müssen bald da ein.« Plötzlich hielt der Wagen. Ter Kutscher öffnete den Wagenschlag und meldete, die Straße sei zu schlecht zum Weiterfahren Ob die Herrschaften wohl den Waldweg zuFusz gehen wür den, wenn er ihnen mit der Laterne leuchte-. Der Onkel war damit einverstan den, und sie stiegen aug. lflse schmiegte sich fest an ihn, wäh rend sie vorwärts schritten. Sie hatte noch nie im Leben so neiroren und sich so elend, so müde und unglücklich ge fühlt. »Es iit eine traurige Reise, Onkelsf seufzte sie. »Und so wird auch Dein ganzes Le ben sein,« versetzte er. »Das Leben eines herzloseu Weibes ist zuletzt nichts als eitel Traurigkeit« Jetzt brach Else in bitterliches Schluchzen aus. Sie achtete weder auf ihre Umgebung, noch auf den Weg, den sie gingen, bis sie in ein Zimmer traten. »Ich lasse Dich jetzt allein, lflse«—— Da geschah etwas Unerwsartetes Das junge Mädchen umtlannnerte den Hals des Onkels und schluchzte: »Ich werde nichts essen und nichts trinken und nicht schlafen, bis ich ihn wieder gesehen habe. Ich bitte Dich, bringe ihn zu mir. Er wird doch nicht gleich heute Abend nach Berlin gefah ren sein! Bitte, bitte. Onkel!« »Warum? Damit Du ihn in Deiner Herzlosigteit von Neuem quälst?« »Nein, Onkel, deshalb nicht -— -« «Weshalb sonst?« Der blonde Kopf sentte sich tief. »Es ist, weil ich anderen Sinnes ge worden bin!« »Ah, das ist-etwas anderes!« rief der alte Herr und schliipste ans dem Zimmer· Und im nächsten Moment stand Heinz vor ihr! Sie fragte nicht, wieso und warum er hier sei. Sie breitete ihm mnr die Arme entgegen und rief: ,,.Heinz, ich liebe Dich!« lind der junge Mann schloß sie in die Arme und kiißte sie. Dann Plötz lich öffnete sich eine Thür, heller Lich terschein fluthete ins Zimmer nnd Else hörte die Stimme des Onkels, der Tante und der stousinen in einem all gemeinen Lachen und aneln Und als Else sich nmblielte, sah sie durch die offene Thiir in das Arbeits zimmer des Onkels. ,,« a, ia, liebes Kind, Du bist ans Bittenfeld. Ich habe im letzten Jahre einen Flügel angebaut, dessen Zimmer Du noch nicht kennst. Ich hatte ein Komblott geschmie«det, um Dich zur Vernunft zu bringen, und meine List ist gegliickt Jch dachte mir, daß ein Paar Stunden reiflicherlleberlegnna in der Einsamkeit Die die Ding-e im rich tigen Licht zeigen würden. Wir Vers ließen Virtenfeld nur, um nach ein Paar Stunden hieher zuriietznkehren-« durch den neuen, Dir unbekanntenlsin gang. Und nun wollen wir noch ein bischen essen. Denn wir haben gewiß alle Hunger; das heißt, Kleine-, wenn Du mir meine List vergiebst-’« Eise lachte unter Thränen nnd küßte ihn auf beide Wangen. ,,Also das war unsere lange Reise?« sagte sie. » , liebes Kind, ich brachte Dich aus m Lande der Un rnunft in W Land der Vernunft, un das ist gewiss sermsaßen eine ziemlich lange Reise!« Besser ist besser. Junge Gattin: »Nun, Paul, was meinst Du zu dem Essen, das ich Dir koche?« Gatte: »Es geht schon, aber vor sichtshalber werde ich mir doch eine Hausapothete ansdiaffen!« Erkenmumcszcicheih »Ich glaube nicht, daß der König heute noch hier vordeikommt.« ,,Woraus schließt Du das?« »Man steht ja weit und breit tei nen Schutzmnnn.« Der Erfolg. Dame: »Meine Tochter war wäh rend des Sommers in einem Bade, in dem sich nur Damen aufhielten.« Herr (lächelnd): »Gewiß hatte da die Kur keinen sondierlichen Erfolg?« Dame: ,,Docb, doch, sie hat sich mit dem Badearzt verlobt!« Seine Familie. Tourist (zum Bauer-m »Na nu, Sie als Besitzer des Gehöftes nehmen Jhr Essen im Stalle ein?« Bauer: »Ja, mir is vor drei Wo chen mei’ Alte gestorben. Kinder hab’ i a keine, und wann i beim Essen so allein sit3’, nacha schmeckt’s halt gar net.« Der Grund » Gast (zu einem Kellnerpiccolo): »Wie bist Du denn· dazu gekommen, Aellner zu lernen?« Piccolo: »Der Herr Lehrer hat im mer gesagt, ich soll nur Kellner wer den« Gast: »Ja, warum hat er denn das gesagt?« Piccolo: »Weil ich beim Rechnen immer mehr ’rangrechnete, als wie es gemacht hat!« Die Handtiachr. A.: »Wie kommt das nur, alter Freund, daß ich es zu nichts gebracht habe, trotzdem Du viel dürnmer in der Schule warst als ich und auch jetzt noch Dativ und Attusativ verwech selst?« B.: »Ganz einfach, mein Lieber, im Leben koriimt’s nicht darauf an, ob bei einer Sache für mir oder vor mich ’waLJ ransspringt, sondern dar-v auf, daß es das auf jeden Fall thut.·« Die Dilettanten -— Kapelle. Der Dirigeni hat soeben den Takt stock niedergelegt nnd verneigt sich ge gen das Publikum. Posaunist wer-» iutzt zu seinem Nachbarn«): »Js Es denn schon aug, Jch hat« ja noch drei Seitcn!« Wohlmeinender Nath. Hang rr lzu einem jungen Mann« der ihn m alte Kleider bittet): »Hier haben Sie auch meinen abgelegten Trauroctl . . . Falls Sie aber noch ledig sind, lassen Sie sich nicht etwa durch ihn zu einer Dummheit hin 1·cißcn!« Mater Rath. Herr leinen Arzt aus der Straße ansprechend·: »Ach, bester Herr Dok tor, mir ist ganz erbärmlich zuMuthe.. Jch kann mich kaum noch fortbewegen oor Mattigkeit Sagen Sie mir um« llsiottegwillein was ich nehmen soll.« Arzt: »Eure Droschke!« Ausweg. Wäsche Fabrikant: «J-hren Sohn kann ich absolut nicht gebrauchen. der Mensch ist ja fürchterlich schläfrig, wag soll ieh blos mit dem Jungen an fangen?« Vater des Lehrlings: »Na, beschäf tiaen Sie ihn doch in der Abtheilung für Nachthemden!« Der Arzt als Tröster-. »Ich begreife ja sehr gut, daß Jhr Schmerz ein herber ist, gnädige Frau aber eins Muß Jhnen ein Trosz sein: der Dienst, den Jhr seliger Her Gemahl der Wissenschaft geleistet hat. Sein Fall war der inteiessanteste und lehrreichste, der mir in meiner dreijäh rigen Praxis vorgekommen ist.« Von der Setimierr. Direttorz »Die Bauern wollen durchau-:» daß bei der heutigen Bor stellnna von »Wilhelm Tell« in Wirt lichkeit nach dem Apfel geschossen wird. Was thun mir nur, damit nichts pas sirt?« Regisseur: »Da nehmen wir halt ei nen Kiirbis!« Schwierig. » Photograph: »Mein Herr, wenn Sie etwa-J weniger drein schauen würden, als ob Sie eine Titeehnung zu bezahlen hätten nnd etwas mehr, als ob Sie eine grosse Erbschaft gemacht hätten, würden Sie ein sehr gutes Bild abge den« Man-, einfach. Richter: »Was-E ist dar-, daß man Sie fast jede vier Wochen beim Holz stehlen erwischtk« - Angeklagterz »Pech.« Lonitctn Chef tznm Bnchhcttter: »Wer hat hier mehr zu befehlen, Sie oder ich?« Buchhalterz Jedenfalls ich, denn wenn Sie etwa-J desehlen, geschieht es gleich, aber ich ninsi öfter befehlen, bis »- »eichieht.«