Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 21, 1905, Sweiter Theil., Image 9
V ·gensten Jungen im ganzen Haus. Das : -. Stille. — »Der Liebe legte yAKlage -I--.-. og über mir dahin, ch wandte durch die Tage Mit stillgewordnem Sinn. Nach Sternen wollt ich greifen, Die aber standen weit, Jch trug des Glückes Reisen Und sand doch Einsamkeit. Schön hat des Mittags Helle Aus meinem haus geruht, Nun schmiegt sich um die Schwelle Schon sanfte Abendgluih. Die Silberblumen blinken Hoch überm Walde aus —- ; Mir ist« als ziig ihr Winken 4 Mich aus dem Thal hinaus . . . Das Mädchen aus der Fremde Erzählung von Vincenz Chias vacci. Die Frühlinggsonne schien in den geräumigen Hof der 5J.liiethgtaserne, in dem die Kinder spielten. Buben und Mädeln tollten lustig durcheinander· Die Michel-Buben zeigten, von den kleineren Kindern bewundert, ihre gymnastischenKiinstr. Sie waren die stärksten und verwe größte Kunststück, das die Bewunde rung seiner Altersgenossen erregte, machte aber der Franzi. Er ging aus Händen und schleniekte dabei mit den Beinen in derLust herum. Mit ehrsiirchiiger Scheu sahen ihm die an deren zu. Wer es einmal so weit brächte! Das war wohl der Höhe punlt des menschlichen Könnens. Wie l sehr würde sich meine Mutter freuen, dachte der Gastl, der Sohn der armen Näherin im zweiten Stock, wenn ich auf den Händen gehen könnte! Sie klagt immer, daß ich so viel Schuhe brauche. Dein wäre mit einem Male abgehalten, wenn ich aus den Händen in die Schule gehen könnte. Da lam der dicke Hausherr über die Stiege ge humpelt; er konnte laum aus den Füßen gehen. Und dennoch bildete er sich weiß Gott was ein und erwiderte taum den Gruß des FrinzL der auf den händen gehen konnte. Eine andere Gruppe tollte unter lautem Schreien undLachen durchein ander, spielte »Vaterl« oder »G’vatter, G’vatter leih« mir d« Scherz« und der lustige Bienenschwarm kannte leine Ermüdung. Der rückwärtige Theil des Hofes war von einer niederen Mauer abge schlossen, in der sich ein schön ver ziertes eiserne-Z Gitter erhob. Ein Gitterpsilrtchen, das aber stets ver-— lchlossen war. fiihrte da in den Hos. Zuweilen kletterten die waghalsigen Jungen auf die Mauer, utn durch das Gitter einen Einblick in den schönen Garten zu gewinnen, der zu dem Pa lais des reichen Fabritanten gehörte. Die Wunder, die sie da erblickten, er füllten sie mit ehrfiirchtiges Bewunde rung. Heute aber im Sonnenschein und in der lauen Frühlingsluft dachten sie nicht an das verschlossene Paradies und merlten auch nicht, daß ein Kind von etwa neun Jahren hinter dem Gitterthor sehnsüchtig ihren Spielen zusah. Erst als das Gitter in seinen Angeln lnarrte und das Kind über die Stusen in den Hof stieg. erblickten sie mit Verwunderung die seltsame Er scheinung. Man tonnte sich nicht leicht etwas Lieblicheres vorstellen. Goldene Lo cken umrahmten das reizende Gesicht-« chen, aus dem ein paar liaunende blaue Märchenaugen blickten. Mit ihrem dultigen Rolenlleidchen und ei nem Körbchen voll Blumen am Arme erschien sie den Kindern wie ein We len aus einer anderen Welt. Die Kinder hielten, toie feitgebannt von dem Anblick, mit ihren Spielen inne. Am meisten verwirrt war aber der dreizehnjährige Triebel Franz. Er glaubte eine Fee vor sich zu sehen. wie sie in den Märchen beschrieben werden. Berlegen wischte er sich feine staubigen Hände-, die von der Promenade auf dem Pslafter beschmutzt waren, an seinem Wörtchen ab und starrte das holde Kind wie verziiiit an. Dieses näherte sich schüchtern der Gruppe und sagte: »Ach, bitte, laßt mich mit euch spielen!« Gleichzeitig nahm sie die Blumen aus den Körb chen und ver-theilte sie unter dieSpiel genossen. Das Zuckerwert und die Cbotoladepiätzchem die sie ebenfalls mitgebracht hatte, übten eine noch größere Wirkung aus. Bald war das Eis gebrochen und die Kinder wett eiferten, ihre liebliche Kameradin durch immer neue Einfälle zu amti siren. Diese strahlte vor Glück. Ihr-e Hirten Wangen rötheten sich und ihre ugen glänzten vor Seligkeit. Die Mädchen schlossen den Reigen und sangen: . Adam ilt in ’n Garten ’gangen. Wie viel Vöglein bat er g’fangen? Eini, zwei, drei — du bist sreit" Wie lachte sie, alt die Gespielen das drollfge Liedchen anhaben: »Auch zwei -—- Polizei, Drei, vier — Arenadiey Mini- sechs — alte Der Sieben, acht —- ute Nacht, Neun, zehn —- s lasen geb’n.« Yeöraska Staats-— Anzeiger Und Yerøljc J P. Windolph, Herausgehen Grund Island Nebe« 21 April l90) HutettetTlictU Jahrgang Zi: No. 34. Der Franz aber glühte-vor Ver langen, ihr seine Künste zu zeigen. Erst machte er einige Purzelbäume, dann stellte er sich aus den Kopf und zuletzt kam er mit der stärksten von seinen Künsten: er ging aus den Hän den. Das machte einen übermättigenden Eindruck aus die tleine Fee. «-Sie lachte und sprang und tlatschte in die Händchen und rief laut: ,,Bravo! Nun überbot er sich in immer neuen Heldenthatem Er brachte aus der Küche ein paar hohe Stelzen, auf de nen er mit großer Geschicklichkeit durch den Hof tanzte. Pldlich warf er eine Stelze fort und humpelte auf der an deren weiter. Doch als er gleich on raus wie ein Eichkäychen auf der Feuerleiter bis zum zweiten Stock em porkleiterte, da stieß das Kind einen Schrei aus und bat und beschwor Franz, das waghalsige Spiel aufzu neben. Franz war der Held des Tages. Die neue Wundekwelt hatte einen tie fen Eindruck auf das vornehme Kind gemacht, das sich noch nie mit Alters- ; genossen getummelt hatte, und Franz. war berauscht vor Glückseligkeit, daßi das Kind ihn bewunderte. Und alst ihn die Mädchen Hand in Hand um-’ tanzten und das Liedchen sangen: ,,Grünes Gras frißt der Has’ Unter meinen Füßen, . ( Welche wird die Schönste sein, Diese werd’ ich küssen. Küsse, wen du willst . . .« Da wußte er nicht« wie ihm ge schah. Er trat auf das Elsentind zu nnd aab ihm einen Kuß auf dies Stirne. Sie lachte und blickte mit» fröhlicher Dankbarkeit aus den brau nen Jungen· der ihr wie ein Held er- » schien. Wie sie ihn mit ihren schö-! nen, sinnenden Augen anblickte! Es» war ihm mit einein Mal so weh und! so freudig zu Muthe und alles um ihn I war so sonnig verklärt. « s Und das Mädchen lachte und sagte: »Welcher wird der Schönste sein, Diesen werd’ ich liifsenl" und gab ihm einen fröhlichen Kuß aus die Wange. Gleich darauf fing der lustige Rei gen wieder an und das Lachen und Scherzen wollte kein Ende nehmen. Franz aber stand still in einer Ecke nnd kam sich wie verwandelt vor.i Plötzlich bemerkte er seine schadhasten Schuhe und sein fadenscheiniges Röck chen und eine brennende Röthe stieg ihm ins Antlitz. Und da war es ihm, alg ob er sehr unglücklich wäre. Wie in weiter Ferne hörte er eine lreischende Stimme: »Uni-« fiilunc, qui« faitiss rast-» ji.-nti)·? Vom-Z i(:i, n i’inst:rnt!« Er sah, wie sie sich noch einmal nach ihm umwandt, ihm freundlich mit der Hand zuwintte und dann an der Seite ihrer Gouvernante hinter dem Gitterthor verschwand, das sich nie wieder öffnen sollte. II If Its Franz war von diesem Tage an wie umgewandelt. Er ging nicht mehr auf den Händen. Ein stiller Träumer war aus ihm geworden. Er tannte nur seine Bücher und lernte mitFeuers eiser Der Sohn der armen Wittwe ma te glänzende Fortschritte. Die Lichtgestalt des schönen Kindes gelei tete ihn wie ein holder Traum durch seine Studienzeit. Einigemale hatte er sie in den ersten Jahren gesehen. Sie fuhr im Wagen vorüber oder ging an der Seite ihrer Eltern. Ein Schauer durchrieselte ihn, wenn er sie erblickte. Er drückte sich aber scheu in eine Ecke. Es wäre wohl nicht nöthig gewesen, denn sie hätte ihn kaitm«tvi-: der erkannt. Dann sah er sie nicht mehr. Mitten in den Sorgen seiner ireudlosen Jugend stieg zuweilen das Bild der lieblichen Kleinen vor ihm auf und es war ihm. als ob sein Le ben durch dieses Ereigniß eine höhere Weihe bekommen hätte. Aber allmäh: lig verblaßte das Bild und der Kampf des Lebens löschte die Erinne rung aus. . Zwanzig Jahre waren verstrichen.; Franz war ein angesehener und viel-s 3 beschäftigter Arzt geworden. Sein’ mildes Wesen und seine frohe Zuver- i ficht brachten Licht und Hoffnung in» die Krankenstube. Er war seinen « Patienten auch Seelenarzt, Beratber und Freund, und das ist wohl die er-· solgreichste Hausapothele fiir leidente i man-ros- Meinchen. 1 Es war ein Frühlingstag wie da mals und durch das offene Fenster drang Bogelgezwitscher und das Ge wirr sriihltcher Kinder-stimmen an sein Ohr. Die wohlbekannten Rufe und Ausdrücke weckten in ihm die Erinne rung an ferne Jugendtage und mit diesem Akkord stieg auch das Mär chenbild des schönen Kindes wieder empor, das so lange den Inhalts seiner poetischen Träume gebildet tte. Da klopfte es leise an de Thitr. In Erinnerung versunken, überhörte Her es und merkte auch nicht daß die IThur sich öffnete. Er sah nur das jMädchen vor sieh mit dem goldig «schimmernden Lockentöpfchen und den großen, fragenden Mädchenaugerk iUnd da war es ihm auch, als ver nehme er den süßen Klang ihcm TStimmu »Ach, bitte, Herr Doktor, kommen Sie zu meiner Mutter. Sie ist so krank!« Erschreckt fuhr er empor und da stand das Bild seiner Phantasie leid hastig vor ihm. Nur ärmlicher ge kleidet, blässer das Gesichtchen, weh müthiger und rührender sein Aus druck. Das Kind wiederholte seine Bitte und nun fah er, daß er nicht mehr träumte. Aber traumhaft war sein Empfinden. Vergangenheit und Ge genwart wogten durcheinander und wortlos folgte er dem Kinde, das ihn zu einem alten Häuschen in der ent legenen Gasse führte. Jm zweiten Stock trat ekin eine armliche Woh nung. All das Dürftige, das er bie: erblickt, erinnert ihn an die Tage feiner foraenvollen Kindheit. Heftig pochte sein Herz, als er cn das Krankenlaaer trat. Eine blasse, fiebernde, abgehärmte Frau lag vor ihm auf dem ärmlichen Lager. Er fühlte den Puls und blickte dabei for sehend in ihre Züge. Und er erkannte sie, wie uns der Anblick einer welken Blume an den Frühling qemahnt, da wir ihren Duft eingestiegen Bald hatte er ihr Vertrauen ge wonnen und ihre traurige Lebensge schichte erfahren. Der Vater kam mit feinem Unternehmen an den Rand des Abgrundes. Eine Konvenienzheiraih mit einem Gefchäftgfreund konnte ihn retten. Sie brachte llaglos das Opfer der Kindesliebe Es war umsonst. An der Seite des- ungeliebten rohen» Mannes verbrachte sie qualvolle Jahre. « Der Mann endete durch SelbftmordJ als er fein Vermögen verschwendet hatte. Und nun hatte die Märchen-i prinzeffin von einst —- allein und ver- l lassen —- den harten Kampf mit dem; Leben durchzutiimpfen. für ihr Kind» ihr blondes Glückl- Aber es war zul viel fiir ihre ungeiibten Kräfte. ; Wieder durchriefelte ihn ein Gefühl» des Stolzes, swie damals-, als er vors ihr auf den Händen gegangen. Sein’ Blick als Arzt hatte sofort erkannt, daf; er hier nicht zu spät gelommenl sei. Tag für Tag trat er an dag- Kran tenbett und nach einigen Wochen sprang ihm sein blonder Liebling freudig entgegen und führte ihn zur Mutter, die auszer dem Bette war. Als die Röthe der Gesundheit inj ihre Wangen zurückgetehrt war und die Genesene ihren Dank stainmelte,: da erzählte ihr der Arzt ein Geschicht - chen aus seiner Rinderzeit und schloß. mit den Worten: s »Sie sind wie eine Lichtgestalt durch « meine Träume gewandelt und haben« dein wilden Wesen des Knaben einen Einschlag von Poesie gegeben, der seine Gaben geweckt und ihn emporge leitet hat zu höherer Lebensführung Sie waren das Mädchen aus der Fremde, das mir ahnungsvoll eine. schönere Welt erschlossen hat. Ich tann nun nicht mehr auf den Händen s geh"’n: aber wenn Sie einverstandeni find, will ich Sie auf diesen Händen durch das Leben tragen.« s Ein sonniger Glanz verklärte ihres Züge und ihre schönen Augen blickten ’ wie damals bewundernd zu ihm ein ! vor. Und als er ihre Hände in den seinen hielt, rollte eine Thräne des. Glücks über ihre Wange· Novellette von Ariadee Blondeau. Der Att war eben zu Ende. Die Künstler saßen im Konversationszini iner und plauderten von dein Erfolge deg Stückes-, als der Autor desselben in das Ziininertrat und sich erkundigte-, ol- der Theaterarzt nicht da wäre. . »Der DotiorFlorestan ist unten auf der Bühne,« sagte der Re isseur, ,,er unterhält sich init einem - eputirten.« ; »Ich möchte ihn sprechen,« fuhr der Dichter fort, »und ihm Glück wün: » schen« s »Sie wollen sagen, Sie wollen sich s von ihm Glück wünschen lassen,« rief s die jugendliche Liebhaberin. l »Kerneswegs, meine Liebe, ich ver wechselte dte Begriffe durchaus nicht; ich will dein Dot or wegen einer Sache Glück wünschen, von der morgen ganz Paris sprechen wird.« ·,,WaB denn, was denn?« fragten die Schauspieler im Chorus. Florestan soll heute Nacht einen Menschen gerettet haben, der sich in der Seine«ertriinten wollte," »Das ist ja eine seltsame Ge schichte,« sagte der Deldensvater. « »Wenn es nicht eine Retlame tst,« sugte dann der jugendliche Held dazu. j Der cebensretter. I i Jn diesem Augenblicke erschien der Doktor Florestan an dem Eingange des Konversationszimmers und der Kcmiler rief: « ,,Hurrah«, es lebe der Neufund länder. »Wie? Sie kennen die Geschichte schon?« rief nun der Theaterarzt la chend. Dann wandte er sich zu dem Dich ter und sagte: »Ich sah Sie ja eben mit meinem Vater sprechen, er hat Jhnen wohl die Geschichte mitgetheilt.« Z »Sie haben recht, Doktor, doch Sie werden uns jetzt die Sache ausführlich erzählen« » »Ihr wollt es, Kinder? Nun gut, Euer Wille geschehe.« Man bildete einen Kreis um den Doktor-, der augenblicklich das Wort ergriff. Der Doktor Florestan war 30 Jahre alt. Er ist ein wahrer Ko lrsß und seine Schultern und seine Brust gleichen denen des sarnesi chen F)erkules. Wie alle mit großer physi scher Kraft begabten Leute, ist auch Doktor Florestan sanft wie ein Kind, und seine Geduld geht bis zur Lang niuth. Dennoch darf man ihn nicht ärgern, dann wird er ärgerlich, und kvelhe dem, der ihm in die Hände ii t. ,,Also denkt Euch, Kinder,« erzählte nun der Doktor, »daß ich mich heute Nacht bei einem Patienten, der auf der unterenSeite der Seine wohnt, ver spätet habe. Jhr wißt, ich wohne auf dem Boulevard Haußmanm mußte also die Seine überschreiten. Es war Zwei Uhr Morgens, teinWagen war zu sehen, weder auf dem Quai Ma laaui5, noch auf dein iQuai Voltaire. Ihr wißt, ich gehe gern und darum war ich auch durchaus nicht ärgerlich; die Nacht war übrigens schön, obwohl es ein wenig talt war, und die Sterne glänzten am Himmel. Jch hatte eben die Brücke betreten, als ich Plötzlich fiihlte, wie sich etwas schweres und starkes auf meine Schul tern senkte. Jch blieb stehen, wandte denson halb um und sah gleichzeitig ekn sehr blasses und häßliches Män nergesicht und eine Plumpe Hand, de ren Druck mir aus der Rechten er störte, was ich auf der Linien empfun Fen habe. Das Gesicht sprach. und eine zischende Stimme flüsterte mir zu: ,,Weiter wirst du nicht tommen.« Hastig drehe ich mich um und sehe mich meinem Gegner gegenüber, einem Strolch Von hoher Gestalt, mit der unvermeidlichen Seideniniitze auf dem stopfe, während die Bluse unter dem schmutzigen Kragen ein rothes, wie ein Strick zusammengedrehtes Halsband sehen ließ· Meine Faust legte sich auf die Hand oees Mannes und ich rief ihm »in: »Herunter mit denPfoten, wag aber willst du von mir?« »Ich sage, du wirft nicht weiter ge ben,« fuhr der Strolch fort, mir fei nen Tobak-— nnd Schnapsathem ins Gesicht blasend »Glaubst du?« »Ich glaube nicht, ich weiß es ganz stehen« Der Mann mit dem rothen Hals tuch trat nun einige Schritte zurück, machte eine Bewegung, als wenn er sich auf mich stürzen wollte Und feine heitere Stimme rief: »Willst du nicht ein kleines « ad nehmen?« Dann fügte er noch in düsterem Ton hinzu: »Wenn du nichts spenditest, lsijt du ein todtek Mann.« HWenn du willst. will ich dir gleich was zu trinken besorgen,« rief ich und stürzte auf den Hallnnten zu, den ich um den Leib faßte und mit raschem Fittiff bis zur Höhe des Geländers er o . ,,Lassen Sie los!« brüllte der Trun kenbold, ,,lassen Sie los; ich habe tei nen Dukit.« »Du hast getrunken Hallunte, undk ou sollst auch noch mehr trinken« Mit diesen Worten öffnete ich dies Arme und lief; den Menschen falten» der ein dumpfes Geheul ausstieß, dann blickte ich über das Geländer und sah in das Wasser, während ich vor mich hinmurmelte: »Wollen doch einmal sehen, ob die« fer Dummtopf auch schwimmen tann.« Der Bursche- fanl in die hübschen Wellen der Seine unter, die inhellen Mondnächten den Eindruck silberner Itschschuppen machen. Jch zog meinen ( Valetot aus, kletterte iiber das Gelän der und sagte mir: »Mein Junge, du wirft dich gewiß erlälten.« Dann fischte ich meinen Trunken bold wieder auf, doch ich mußte zwei mal untertauchem um den ohnmächtig gewordenen Kerl zu packen, den die Strömung bereits forttrag. So selten i.nd spärlich auch die Passagiere nd Polizisten auf der Seinebriicle Inn Zwei Uhr »Morgens anzutreffen sind, so hatte sich doch eine Gruppe von Nachtschwiirmern am Ufer gebildet, als ich meinen Halbertrunkenen dort oblegte. Der Auflan lockte auch zwei Polizisten herbei, von denen der eine Imir meinen Paletot übergab, den er Tauf der Brücke gefunden hatte. Der siioch immer ohnmächtige Strolch twurde nach der nächsten Poli eiwache Ttransportirn wohin ich ihn gleiten isollte. Dort bat ich, da ichs naß wie Lein Regenschirm war und unter mei « nein Paletot vor Kälte mich schüttelte, lum die Erlaubniß, mich zu Hause trocknen zu dürfen. s Der Wach-tmeister, ein altes Rauh «bein, sah mich bei diesem Verlangen ron oben bis unten an und versetzte in brummigem Tone: »Unmöglich, mein Herr, ganz und aar unmöglich« »Aber ich bin der DottorFlorestan.« »Florestan? kenne ich nicht, und was kümmert mich FlorestanZ Jch kenne nur meine Vorschrift; es muß ein Protokoll über diese Angelegenheit ausgesetzt und dem Polizei-Kommis sar vorgelegt werden, der Jhre Erklä rungen und die dieses Menschen zu registriren hat.« »Schön, thun Sie das, aber schnell.« »Das geht nicht, mein Herrl« »Warum nicht?« « »Der HerrPolizeilommissar schläft.« »Nun aut, so lassen sie ihn von einem Jhrer Beamten wecken.« Der Brigadier fuhr langsam über seinen Schnurrbart, dann sagte er, verächtlich die Achseln zuckend: »Diese Verantwortung kann ich wegen einer solchen Kleinigkeit nicht auf mich nehmen« »Ein» solchen Kleinigkeit, Briga dierZ Ein Taugenichts, den ich eben dem Tode entrissen, vielleicht einZucht hätte-let« »Mein Herr,« fuhr der Brigadier mit tragischer Geste fort, »hinter die ser Rettung steckt vielleicht ein Ver brechen.« »Es-eigen Sie doch lieber gleich, ich hätte ihn ermorden wollen« Meine Kaltbliitigieit ärgerte den Vertreter der Polizeibehörde »Aber mein Herr,« ries er heftig, »das geht mich nichts an, das ist Sache dec- Polizeikommissar5. Da er erst um It Uhr hier sein wird, so müs sen Sie bis dahin warten, übrigens ist die Zelle ausgezeichnet.« »Ich danke, ich ziehe mein Bett vor.« » »Sie werden dort ganz ungestört tein.« »Das ist allerdings ein Trost, aber l trotzdem ziehe ich es vor, hier zu blei len; schon vor allem, unt dem Erwa chen dieses Hallunlen beizuwohnen.« Ich nahm einen Stuhl und sah den Beamten zu, die sich um meinen An aieiser bemühten, der übrigens mehr von deni genossenen Alkohol, als-Z von dem Seinetvasser vergiftet war. »Wie Ihr Euch anstellt, meine Fiini der, wird der Bursche wohl nie wieder zu sieh tommen.« t Ich erhob mich. ; »Gestatten Sie, ich bin Arzt und: werde ihn augenblicklich wieder aufs die Beine bringen« ; Ich ergriff nun eine der Hände mei- » nes Ertruntenen und versetzte ihm darauf zwei heftige Schläge, daß er er zitterte und die Augen schnell öffnete. »Mörder, zu Hilfe, Mörder,« schrie ; der Mann mit dem rothen Halstuch, E als er mich erkannte. ,,Ruhe,« rief der Brigadier, wandte fid) zu mir und fügte hinzu: »Mein Heck, hören Sie die An- ! klage?« , Ich fing an zu lachen. »Jawohl,« rief der erniichterte Trunkenbold von Neuem, ,,er hat mich von der Brücke in die Seine geworfen, das ist ein YJZörder.« »Die Sache ist sehr erns,« fuhr der Vrigadier fort, »und Sie wagten es, ! Herr... Herr Florestan, um href proviforifche Freiheit zu bitten? or-« ; wärts, Ihr da, sperrt mal diesen an ’ geblichen Doktor in die Zelle.« ,,Ruhig,« rief ich, «Niemand riihre first« l Jeh steckte die Hand in meine We stentasehe, nahm zwei Hundertsou5 stücke herang, aab sie meinem Opfer nnd befahl: »Da, Hallnnke, nun sage ten Herren hier die volle Wahrheit!« Der Strolch betrachtete dieGeldstiicls und saate dann: »Das sind wahrhaftig zwei ganz neue und echte Stüan Dann wandte er sich zu dein Briga dier und fügte hinzu: ,,Entschnldi·aen Sie, ich habe Unrecht gehabt, ich bin ein Hallunke . . . der Angreifer bin ich, das ist die Wahr heit . » ich hatte Durst, da traf ich den Herrn, der nebenbei bemerkt, eine tüclx tige Faust hat, und verlangte einen kleinen Schnaps von ihm. Doch er packte mich und schwapp schmeißt er mich mit der Nase zuerst in die große Tasse.« »Und dann hat er dich wieder auf aefiseht, du Verbrecher-« fragte der Briaadeir inmilderem Tone. ,,Wahrhaftig!« rief der Strolcli, »das waren Sie? Dann sind Sie Ja der reine Neufundländer.« · »Na,« sagte ich nun, »ich will ·mi.l) ; auch gegen Alle liebenswürdig zeigen. Brigadier, lassen Sie den nachsten f — Schankwirth werten, ichspendire einen Punsch, damit wir die Nacht wenig stens gemiithlsich hinbringen.« Um 9 Uhr erschien der Poli Mom missar; als er mich bemerkte, stieß er einen Schrei aus und rief: »Sie hier, Doktor? Das ist ja un glaublich, was ist Ihnen denn pas siert?« Jn einigen Worten erzählte ich ihm das Abenteuer, er entschuldigte sich über die schlaflose Nacht, die seine Be amten mir bereitet hatten und schickte den unglücklichen Trunkenbold fort, er solle sich anderswo hängen lassen. Jch kehrte zum Frühstück nach Hause zu rück; eg war aber auch die höchstes-zeit, denn mein Vater wollte eben nachs der Morgue schicken lassen. Das war die Erzählung, die der Doktor den Künstlern des "»Neuen Theaters« berichtete. Jhr aber, Jhr Pariser Nachtschwärmer, wenn Euch jemals aus den Brücken der Doktor Florestan begegnet, so nehmt Euch in Acht, besonders wenn Jhr Durst habt. Reinfte Liebe. Jch weiß wohl eine Liebe, So edel, selbstlos rein, Jhr soll zu Lob und Preise Mein Lied gewidmet sein! — ,,Und welches ist ihr Name?« Fragst du, o Menschenkind, Es ist die »Nächstenliebe,« So hilfreich, sanft und lind! Die ganze große Erde « Umspannt ihr treuer Arm; Die Trost und Mitleid brauchen, Nimmt aus sie herzenswarm. Wo irgend Menschen wohnen, Da ist ihr Vaterland, Sie fragt nicht nach der Rasse, Prüft nicht erst Rang und Stand. Blindlings sie giebt nach Kräften, Reicht Labung im Gebet; « Heil dir, du Gottgesandte, Heil dir, Humanitätl Wie keine andere Liebe Wirlt sie im Krankenhaus, Geht, -—— Wunden stillend, heilend, Aufs Schlachtfeld mit hinaus. Fragt nicht nach Gold und Würden, Hofft nicht aus Dankeswort; »Wie Brüder seid und Schwestern!« Jst Losung ihr und Hort. Ein Reinfall. Eine Anetdote von König Leopold von Belgien und einem Maler erzählt die »Revue hebdomadaire«: Jn einer Ausstellung vor zehn Jahren war dem König ein kleines Bild aufgesallen, das eine Hammelheerde beim Sonnenunter gang auf einer Wiese darstellte. Er ließ den Maler rufen und sagte ihm, daß er gern das Bild erwerben möchte. Als nun die Preis-frage behandelt wur de, meinte der Landschaftsmaler mit der Miene eines Biedermannes: «C·w. Majestät werden mir einfach meine Hammel nach ihrem Fleischwerth be zahlen 50 Fr. das Thier . .. Sind Ew. Majestät diese Bedingungen recht? Der König warf wieder einen Blick aus die Leinwand und überschlug in Gedanken: »Es sind 10 bis 12 Schafe - . . . 500 bis 600 Fr. ist wirk lich nicht theuer für das Bild!« Nach drei Tagen wurde dieHammelheerde in das Schloß Laeten gebracht. Man zählte die Thiere, worauf der Maler auf einen Haufen kleiner weißerPunkte im Hintergrunde wies und ernsthaft sagte: ,,Vergessen Sie die ja nicht! .. . Es sind wenigstens tausend?« »Aber ist das nicht Staub?« warf Leopold verdutzt ein. »Nein, Sire, das sind Hammel« »Ihr Wort daraus?« »Mein Ehrenwort.« Und so bezahlte der Kö nig der Belgier, ohne mit der Wimper zu zucken, 5l),()0(1) Fr» während das Bild mit 12()(J)---1400 Fr. reichlich be zahlt gewesen wäre. . Pferd besser als Auto. Ein Farmer von Cambridgeshire stritt kürzlich mit einem französischen Chauffeur, der mit seiner Maschine am Wirthshause hielt, über die Vor züge von Pferd und Automobil. »Ich halt’g mit den Pserden,« mein te der Farmer, ,,mit Euren wandern den Oeltisten ist mir die Geschichte zu iicigeivis;.« »Das ist Vorurtheil,« sagte der Franzose. »Ihr Engländer geht nicht mit dem Laufe der Zeit vorwärts; Ihr werdet noch einmal anders denken.« »Nicht mit der Zeit vorwärts!?« « hölmte der Bauer. »Na vielleicht legen sich die Preußen wieder einmal vor Paris, da könnt Ihr Euch ans den Gummireifen Eurer Maschinen Bees steatg braten. Wenn Jhr Euch dann die Zähne ausbeisih werdet Ihr Euch wünschen, dasz Ihr so ,,mit der Zeit vorwärts« gegangen seid-— Jch bleib bei meinem Pserde.« Vielleicht »Wenn so ein Heuschreckenschtvarni einfällt, ist der Mensch wehrlos! We der Wassen noch Feuer nützen etwts!« »Hm man es schon mit den Autlern versucht?« Macht der Gewohnheit Redakteur (als Reservelieutenant die Griffe seiner Soldaten kritisi rend): ,,Alles Papiertorbt«