Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 21, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Ver Ulilitärrichter.
Slizze von E. A. Scha f fer.
Jtvanotv Kaknalom ein Gemeinet
des 107. Wolga-Reaimentg, stand des
schweren Raube-Z und Morde-s an fei
nem Vorgesetzten dem Leutnant Rost
jedwsky angellagi. vor dem Mäuse
gericht
Ek sollte in spät:t Nachtftunde sei
nen Vorgesetzten, welcher vor der
Stadt eine luxutiöfe Van bewohnt
hatte, tntz vor dessen Eintritt in das
Villageuntstück mit einem Messer et
stochen und Uhr, Rette, Poetemonnaie
mit citca 600 Rahel Inhalt und an
dere Werthsachen an sich genommen ha
den.
Niemand hatte ihn bei der nächtli
chen That in der weitab von dem
Weichbild der Stadt liegenden Anfan
fttaße gesehen; es handelte sich in dem
Militörprozeß um Jwanow Kuma
tows Kopf — lein Wunder, daß det
Angeklagte hattnäctig leugnete.
An Jwanotv Kacnalow’5 Schuld
bestand kein Zweika J
Er war seit vierzehn Tagen von fer
nem Truppentheil flüchtig geworden,
ehe er’die furchtbare That begangen,
durch die er sich zweifellos die Mittel
sur Flucht nach dem Ausland ver
chafsen wollte. Jwanoto war im
Dienst lein schlechter Soldat gewesen,
aber er war ein Trinter und Spieler.
Jwanotv kannte die Lebensgewohn
heiten des Leutnants, denn dieser war,
wie gesagt, sein direkter Vorgesetzter
gewesen, mit dessen Burschen er, der
Angetlagte, freundschaftlich verkehrte.
Fahnensliichtig geworden, hatte er
bei seinem Schwieger, einem ärmlichen
Borstiidter, Unterlunft gefunden —-—
stir den Augenblick. Jn dieser ver-—
zweifelten, rathlofen Lage —— fo sol
gerte die Antlage —— tam ihm der Ge
danke, sich das zur Flucht nöthige Geld
durch Betäubung und Ermordung des
sehr reichen Leutnants zu beschaffen.
Er wartete den Monatserften ad, an
dem der Leutnant, wie er wußte, re
gelmäßig Bantgelder behob. An die
fem Abend lauerte Jtvanow ihm in der
völlig menschenleeren und rechts an
einen Wald grenzenden Straße auf.
Er wußte, daß der Leutnant, ein le
bensluftiger Offizier, nie vor 12 Uhr
nach Hause karn, daß die Villa von ihm
und feinem Diener allein bewohnt
war, daß das Zimmer des Dieners in
einem felbstftändigen Anbau, etwa
hundert Schritte hinter der im Pakt
stehenden Van gelegen war, und daß
die wenigen fchloßähnlichen Häuser der
entlegenen Straße in Partabftänden
von 500 bis 1000 Schritt standen· Jm
Falle einer etwaigen Da·ztvifchentunft;
don Personen dectte ihn die Wildniß
des anstoßenden meilenweiten Waldes,
an dessen senfeitiger Grenze er die klei
ne Vorstadt mit dem Häuschen feines
Schwagers ungesehen erreichen konnte.
Der Plan war raffinirt ausgedacht,
jede Entdeckung ausgeschlossen ----- und
er gelang.
Der Lieutenant ward am anderen
Morgen in seinerBlutliche liegend todt
aufgefunden, aus vier tiefen Brust
wunden war die purpurne Flüssigkeit
auf den fandigen Boden geströmt,
sämmtliche Werth- und Geldfachen
aber fehlten· Und nichts, gar nichts
konnte gesunden werden, das aus die
— WW
Spur des Thätertz hätte führen tän-;
nen. Militär-Deserteure giebt es in«
Russland zu oft, so daß die Flucht ei
nes Einzelnen taum tiefere Spuren
und noch weniger tiefe Erinnerungen
hinterläfzt, und wer hätte nun gerade
auf Jwanow Kacnatow als Mörder
tontmen sollen?
Cchlau toer er vorgegangen, tmlau
und raffinirt. so raffinirt und iiber
legt, daf-, kein Fußstapfe-n, die ihn
vielleicht verrathen könnten, in dem
Sand der einsamen Straße vorgefun
den toorren waren.
Vielleicht wäre er auch unentdeckt
geblieben, toenn nicht Die ausgeschrie
bene Belohnung von 600 Rubel den
atmen Schtoager Jwanotos bewogen
hätte, dem Militärgericht eine Mit
theilung zu machen, deren Resultat die
Verhaftung deg- überraschten Jtvanvto
war.
Der besagte Schwager erzählte
nämlich unter Anderem:
«Jtvanotv war in der Mordnacht
auswärts, er trug von mir Cioilkleider
und hatte durch den Verkan feiner
Monteurtleider fich etwa fiinf Ru l
Geld verfchafft. Erst um drei r
Früh ist er zurückgekommen, tot be
trunken und sinnlos. Als er sich aus
die Ofenbank wirft, höre ich, wie eg
in seinen Tafchen von Geld tlingt;
ich sehe nach und finde mehrere goldene
Ringe, eine goldene Uhr mit Kette und
ein Portemonnaie mit 600 Rubel Jn
halt. Das kommt mir sonderbar vor;
ich nehme die Sachen zu mir, und als
am anderen Morgen der Mord bekannt
wird, rüttle ich ihn auf und fage ihm,
daß ich ihn als Mörder anzeigen wer
de, denn die bei ihm gefundenen Sa
chen feien dem ermordeten Leutnant
geraubt worden. Da ist Jtoanow aus
fahren und hat gesagt, das sei Alles
tige, er habe nie solche Werthsachen
in feinem Rock gehabt. Dann hat er
nicht wieder nach den Sachen gefragt,
und ich habe sie aufgehoben. Erst die
ausfefehte Belohnun und meine ver
Zier-e fette Armuth ha n mich bewogen.
n Schwager anzuzetgen —- weil er
ein Mörder iftik
Wenige Tage nach der Verhaftung
meldete lich der Bethde noch ein Ad
vakat, der beim Suchen nach feinem
verlaufenen Hund in dem Graben der
Kasanstraße, ganz natJe dem Thatort,
ein scharfe-'s, dolchartiges Taschenmes
ser, welches über und über mit Blut
befleckt near, vorgefunden habe --—— es
war, wie bald festgestellt wurde, Iwa
nolv's Taschenmesser.
Sonderbar! Der Verhaftete selbst
bezeichnete das Messer »als sein Eigen
thum, aber er lonnte nicht erklären, wie
dieses Messer blutbefleckt an den That
ort gelangt war. Er wußte von jener
Nacht nur, daß er betrunken einige
Stunden ani Eingange der Kasani
st aße gelegen dasz er betrunken zu
seinem Schwager gekommen und hier
eingeschlafen sei. Das war Alles-.
Wie sollte er denn zu den angeblich bei
;andesundenenSchmurksachen gelangt
ein
Nein, er sei ein Spieler, ein Trinker,
ein Teserteur, aber kein Räuber, kein
Mörder.
Es leuchtete ein, daß diese Betheue
rnngen ohne die geringste Bedeutung
bleiben mußten. Die Beiveiäe waren
so erdrückend, das dlutgeröt eteMes
ser legte ein so schauerlrches eugniß
wider ihn ab daß das Schick al des
An eklagten besiegelt war.
ie Militärrichter zogen sich zur
Berathung zurück, der Spruch mußte
auf schuldig lauten.
Von der Wucht dies Beweisrnate
rials bezwungen, brach der Angeklagte
aus seiner Bank zusammen
Drinnen im Berathungszimmer
saßen die das Richteramt sührenden
Ossiziere
Sie waren wohl alle der Meinung
gewesen, daß sie bei der Klarheit des
Falles nur eine kurze Berathung
nöthig haben würden. Sie gingen
schnell noch einmal die Beweisauf
nahme durch, die ausnahmslos gegen
denAngetlagten sprach, ja feineSchuld
außer allen Zweifel feste. Der Be
schuldigte hatte nicht einen einzigen
Beweis für bie versiocite Behauptung
feiner Unschuld erbringen können. »Jt
er schuldig, meine Herren?« fragte der
den Vorsig kührende Oberst. Die Ant
wort erga rei ,,; a« und ein »Nein«.
Der Oberst war durch diefes »Nein«
fo überrascht, daß er glaubte, nicht
recht gehört zu haben, und die Frage
wiederholte, aber der lviderfpenftige
Kollege blieb bei feinem unerfchiitter
lichen »Nein«.
Man wollte noch einmal dieBeweiss
aufnahme durchgehen, da erhob sich
ter Sprecher des trotzigen »Nein« und
bat uru das Wort:
»Meine Herren! Was ich Ihnen
sage, sage ich unter der Bedingung,
daß Sie rnir zuvor als Kameraden
las Ehrenwort geben, drei Tage lang
unverbriichliche Verschwiegenheit zu
bewahren « nur drei Tage!« ·
»Ich verspreche es Ihnen, Herr
Major, im Namen aller Kameraden!
Bitte, wag haben Sie zu lagen?«
Der Major verbeugte sich dankend.
»Ich werde Sie nicht lange aufhal
ten. Sie werden sich fragen, warum
ich fo felsenfest von der Unfchuld Kar
nalow’g iiberzeugt bin, trotz der wirt
lich erdrückenden Beweise· Ich will
Ihnen Die Antwort nicht schuldig
bleiben « weil ich felbft der Thäter
bin.«
Unwilltiirlich wichen die entfetzten
Zuhörer von dem Sprecher zurück,
dieer lautlos und fragend anstar
rend. Der fuhr in drin gleichen, ruhi
gen Tone fort:
»Ja, ich bin der Thäter. Jch habe
den Leutnant mit Ueberlegung und
Vorsatz getödtet —-- ich bereue es nicht
-——- aber ich bin kein Raubmörder. Jch
bin von LeutnantNosijedwsly in einer
infcnienf Weifebeleidigt worden, die
rch ais warte niemals vergehen rannte.
Sie kennen unser Recht und unseren
Ehren Roder. Sie wissen, dass einem
tielroaenen tfhenrann das Gesetz keine
andere Siihne giebt, als sieh und sein
häusliche-:- klngliick der Leisentlichteit
und dadurch dem Spott der Welt
preiszugeben Jch tvijrde mich mit dem
Leutnant duellirt haben, wenu ich da
durch nicht mein häusliches- Unglück
biitte bekannt geben müssen. An dem
Abend, da ich die insame Beleidigung
erfahren hatte, schritt ich, mit zwei
Revolvern versehen, seindr Van zu.
Ich hätte ihn hinterrücks niederlnallen
Tonnen, aber ich wollte kein Meuchel
mörder werden. Jch wollte ihn an sei
nein Grundstück erwarten und ihm die
Wahl lassen, sich in dem angrenzenden
Walde aus drei Schritte Distanz mit
mir zu schießen ———- bei Gott, ich hatte
ihn nicht gefehlt -- s— oder sich nieder
knallen zu lassen, wie man einen und
niederschieszt. Unterwegs sah i an
einer Strohseirne rechts vom Walde
einen sinnlos betrunkenen Mann lie
aen, anscheinend ein Bettler. Er hielt
in seiner Hand eineBranntweinslasche,
daneben lag ein geöffnetes Messer, es
tte ihm in Ermangelung .eineg
orkzieherö zum Oessnen der Flasche
dienen müssen. Jch weiß nicht, was
wich innerli trieb, dem Mann die
Flasche und as Messer sort zu neh
inen: es war ein innerer Drang. die
Flasche zu zerschlagen und das Messer
Zu mir zu stecken. Jch schwöre Ihnen
k-«i Gott, daß es ohne vie Abs-Dr ge
schah, den Leutnant zu tödten.
Um 12 Uhr hörte ich Rostjedtvsty’g
S ritte, ich hatte mich in dem Dunkel
de Waldrandes verbot en. Meine
Pulse schlugen, mein erz stürmte
zum Zerspr n en. Jch war in einer
Ausreaung, ie ich nicht beschreiben
kann, jeder Nerv bebte, mit works als
müsse ich den Verstand verlieren, wenn
ich länger mit der Sühne der uner
hBrten Schmach warte. ·
Blihschnell trat ich aus den Leut
nant zu und erklärte ihm, warum ich
gekommen sei. Dabei zeigte ich ihm
»die Liiuse beider Pistolen, die ich dann
wieder in die Brusttasche steckte. Ich
wartete auf Antwort —- der Leutnant
usar angetrunten und schien die Si
tuation nicht zu begreifen. Jeh wie
derhole meine Worte --—— da —- der Er
bärmliche eril"rte, leine Lust zu ha
l«(n, sich todts ießen zu lassen, ich solle
die Sache als Vorgesetzter dem Ehren
rath unterbreiten. Dabei fiel von ihm
eine Bemerkung über meine Frau, die
zwar in der Angetrunlenheit gespro
chen, dennoch mein bischen Denken
ganz verwirrte und mich in meinem
Rachedurst zur oerzweifelten Wuth
trieb-. Meiner nicht mehr mächtig,
stürzte ich aus Rostjedwgkh ein, ich
faßte nach Der Brusttasche, nach dem
Revolver, ich ergriff an seiner Stelle
das Messer oor meinen Augen be
gann es zu dunkeln —-—-- ich stieß es
ziellos auf mein Gegenüber —- der
lautlos zusammenbrach Da lam mir
die Besinnung --— es that mir leid,
aberi ch konnte den Sterbenden nicht
beklagen. Jch sah, wie er sich seitwärts
schleppte, wo er verbluten mußte —
cber ich rührte keine Hand, ihn zu
retten. Dann kam mir der Gcktanle,
ten Anschein eines Raubmordes zu
erwecken —- wie ich das gethan, wissen
Sie.
Was ich in ten nächsten Wochen in
nerlich durchgelämpft, lassen Sie mich
verschweigen Meine Frau wußte,
daf; ich der Thäter war natürlich
schwieg sie - -ich habe sie sehr lieb ge
habt. Mein letzter Rest von Selbst
beherrschung brach aber zusammen,
als der unglückliche Kacnarom dem
ich des Leutnants Werthsachen zu e
steckt hatte, als Mörder verhasiiet
wurde ——— die Aussage des Schwagers
— sein Messer, das ich arn Thatorte
zurückgelassen. »iibersiibrten ihn un
schuldiger Weise· Sie sehen, wie Jn
dtzien und Thatsachen trügen, wie
leicht Menschen irren können· Jch
wollte mich sosort selbst stellen, aber
die Liebe zu meiner Frau, die ich mit
bloßgestellt hätte-, hielt mich immer
wieder zurück. Und doch hat mir
meine Rache das Gliirl meines Hauses
nicht zurückgebracht. Seit gestern ist
meine Frau todt ----- jetzt kann ich reden,
und so wissen Sie, wag mich bewegte
nnd quälte.
Jch bitte Sie, nur-drei Tage zu
schweigen, wie Sie es mir versprochen
haben!« ———
Die Stimme des Erzählenden hatte
zuletzt in tiefem Weh gebebt.
Wie das Schweigen einer Kirche
lag es minutenlang aus den Zuhörern.
Wenige Augenblicke später ward im
Sitzungssaal der Tenor des Gerichts
vertündigi. Er lautete aus Freisprei
chung des Gemeinen Racnatow von
der Anklage des Raubniordes.
Schluchzend nahm Jwanow den
Spruch aus —-— die Freude überwal
. tigte ihn. —
; Die letzten der Nichter, die den Saal
verließen, waren der Oberst und der
Hauptmann
»Ja, ja, lieber Kamerad,« begann
betreat der Oberst, »nnser Wissen ist
Stückweri nnd unser Weissaaen —-—«
,,Ztijctwert -- -3tiickwerl!« vollen
iete tiesausathmend der Angeredete ..
Dis I- slk
Am Abend dieses Tages ward der
Mujor von Dschotschezti in seinem
Atbeitstabinett todt ausgefunden Er
batte sich durch einen Revolverschusz in
das Herz selbst getödtet Als Motiv
fer That bezeichnete der Mogtauer
sPolizeibericht Schwertnutb über den
;Tod seiner von ihm geliebten Frau....
----.—--. - —- —————
TommY nnd Birdie.
»Eine tatzcnjämmerliche Geschichte Von
! Berthastatschet
l Man lenni die zärtliche Neigung
vieler älteren Damen fiir Hunde. sta
tzen und Vögel. llnzählige lustige Ge
fchichte eursiren über dieses Thema.
Daß aber eine Katze und ein Vogel, an
. und fiir sich so harmlose Thierchen, die
Ruhe und den Frieden einer sonst
glücklichen-Familie stören, kommt wohl
selten vor.
Meine Freundin Madie ist die ein
zige Tochter eines angesehenen Kauf
manns. Es sind reizende Leute, und
ich benutzte meine freie Zeit in London
oft zu Besuchen beiHewett’s, welche die
hübsch gelegene Van Montrose in der
uordwestlicheu VorstadtHampstead be
wohnen. Eines Tages, als ich wieder
einmal vorsprach, fand ich zu meinem
» Erstaunen Frau Hewett heftig schlach
’ zend auf dem Sopha sitzen. Jch wollte
mich discret zurückziehen; die alte
»Dam- hatte mich jedoch bemerkt, eilte
»auf mich zu und fragte eindringlich:
) »Ah. Miß Jkssie, bring-« Sie mit
l Nachricht von ihr? Haben Sie sie viel
Ileicht gar gesunden? Nun, wo ist mein
; Liebling-?«
»Um Himmels willen! Wird Man
»die vermißt? Seit wann dennt Was
ist geschehen?«
Die Dame sah mich topffchiittelnd
an und entgegnete mit thränenerftiktter
: Stimme:
» »Von Maudie ist ja gar nicht die
Rede. Sie wissen also noch nichts von
dem Unglück, das mir seit zwei Tagen
so viel Kummer macht? O Gott! Sie
ift vielleicht für immer dahin, und ich
werde fie nie wiedersehen.«
,,Beruhigen Sie sich doch, besteFrau
Hewett, und . . . .«
«Beruhigen! Wie kann man sich bei
einer solchen Greuelthat beruhigen2
Hätte ich vor 30 Jahren geahnt, daß
George ein solcher Barbar ist« nie und
geimmer würde ich ihn geheirathet ha
n.«
»Ontel George pflegt doch gegense
dermann freundlich und gut zu sein
Bitte, erzählen Sie mir aber doch, was
eigentlich geschehen ist.'« Eine Weile
znckten die Lippen der auf-zeugtean
rnc nervös; dann brach diese in hef
tiges Schluchzen aus:
»Ich lann . . . es nicht . . . erzählen,
MißJessre». esist...gar
arg.« Dabei erhob sie sich rasch und
Verließ das Zimmer. Verbliifft blickte
ich ihr nach. Jn einem solchen Zu
stande hatte ich Meg. Hewett noch nie
gesehen. Wie lange Maudie auf sich
wc.rten ließ! Sollte vielleicht dennoch
sie die Ursache der großen Aufregung
sein? Jch mußte Gewißheit haben.
Onkel George « so wurde er von al
len Bekannten genannt — liebte es,
wenn Hausfreunde ihn in seinem Ar
lseitszimmer aufsuchten; ich hatte es
bereits wiederholt gethan. Rasch ent
schlossen, eilte ich die Treppe hinan
und pochte an seine Thür; keine Ant
wort. Jch pochte stärker, da ertönte
seine kräftige Stimme:
»Wer ift’s?«
»Jch, Jessie, Onkel George. Jch
möchte Jhnen guten Tag sagen.«
»Dann treten Sie ein,« antwortete
er brummig.
Der sonst immer aufgeränmte Alte
sah heute sehr verdrießlich aus. Er
tain mir ausnahmsweise nicht einmal
entgegen, und meine herzliche Begrü
ßung erwiderte er taum. Ich war in
arger Verlegenheit nnd dachte schon
daran, mich ans dein Staube zu ma
chen, als Herr Hewett anffprang und
heraitgplatzte:
,,,,Wenn’g nur terneWeidgviloer aus l
der Welt gäbe! Alles Unheil stammt
von ihnen! Da sitze ich nun schon seit
zweiTagen und ärgere mich halb todt.
Ein Wunder, daß ich noch teinGallen
fieker bekommen habe
,,.lber Onlelchen« unterbrach ich
ihn, »was in aller Welt ist denn ge
schehen? Warum schauen Sie heute so
wild darein? Jch könnte mich sast vor
Ihnen siirchten. Jch habe Sie noch
niemals so aufgeregt aesehen.«
»Das glaube ich Jhnen gerne; es ist
mir aber auch noch nie etwa-.- so Uner
hörtes passirt. Er war so niedlich,
sang so schön und mußte ein solches
Ende nehmen! Doch ich habe ihn glän
zend gerächt. Die Bestie tommt mir
nicht mehr in’5 Haus. Jch dulde es
nicht! Jch will doch sehen, werHerr im
Hause ist.« Dabei klopfte er mit der
Hand so start auf denTisch, daß ich er
schreckt zusannnenzncttr. »Jetzt lassen
Sie mich als-er allein,« fuhr er etwas
milder fort , »denn ich bin schlechter
Laune nnd nicht zum Plaudern aufge
legt.«
Jeh entfernte mich und war so llua,
wie zuvor. Als ich halb äraerlich, halb
belustiat die Treppe hinabstiea, stieß
ich auf Maudie, die soeben von einem
Spazierganae nach Hause tam. Jch
sah sie nenaieria an, doch ihre Angen?
lenchteten schelmisch, wie immer, und
das gewohnte Lächeln nmspielte ihre.
Lippen, alS sie mich umarmte und in
ihre Stube siihrte· Fiaum aber war
die Thür hinter uns geschlossen, brach
sie in ein munteres Gelächter aus nnd
liest
»Ich sehe es Tir an, Jessie, das-;
Papa und Mama Dir ihr Leid sie-s
tlagt hat«-en. Wie toniisch doch altes
Lcute sind.« s
»Mir wird e-:- heute bei tinch aanz
toll iin Ftopfr. Bin ich in BedlamZ
Mama ist in Thränen aufgelöst, Papa
wüthet über das Weibervolt, und das
Töchterchen lacht lzoinerisch Wie soll
icix das verstehen? Du mußt mich end
lich austlären.«
»Also Du weißt noch nichtgk«
»Nein Zterbenswortchen.«
»Seht Dich zum Kamm, ich werde
Thee kommen lassen, denn ich Verdru
ste beinahe: dann will ich Dir die tra
aiiomifche Geschichte erzählen«
cie tlinaelte, das Dienstmädchen
Irachte den ohliaaten Nachmittaastheel
ni·id entfernte sich qeriiuschlos wieder l
tindlich sollte meine Neugierde befrie
aiat werden! Mandie nahm mir ge
acniiber in ihrem Schantelftuhle Platz
und begann:
,,Vorgestern wurde ich schon um f)
Uhr Morgens dadurch, daß eS an niei
ne Thür klopfte, aus den süßesten
Träumen geweckt. Unser Dienstmäd
eben ersuchte mich durchs Schlüssel
lach, sogleich im Friihstiietszimmer zu
erscheinen, da Mama mich zu sehen
wünsche. Die Nachricht war niir nicht
sehr angenehm, denn ich bin, wie Du
ireißt, eine Siebenschtäserin Aber
was thun? Ich machte mich sofort an
meine Toilette und begann eben, mein
Haar zu glatten, als wieder an die
Thüre gepocht wurde und des Mäd
chens Stimme sich abermals verneh
men ließ:
»Um Gotteswillem Miß, tommen
Sie doch schnell, Madame ist in Thra
nen ausgelöst.«
Du kannst Dir denken,« daß ich das
Toilettenzeua erschrocken zur Seite
wars und mit fliegende-n Haar die
zwei Treppen himmtereilte· Ha, ha,
ha, es ist gar zu komisch! . . . Jch trat
ir.’s Zimmer, fand Mama händerinis
gend anf: und abgehend, umarmte sie
nnd fragte, oh ihr nicht wohl sei, ob
ich nach dem Arzte schicken solle. Aber
da kam ich schön an. ,,Dottor! Dum
mes Zeugi« fuhr sie mich an; ,,ineinen
Tommmmeinen lieben Tominy schaffe
mir! Er ist durchgegangen, und an
Alledem ist Dein Vater schuld. Wer
hieß ihn den dummenVogel in’s Haus
bringen?.
«Potztausenddonnerwetter, wirstDu
schweigen!« rief Papa, der eben in’s
Zimmer eingetreten war und Mama’s
Worte gehört hatte, zornig aus.i
s
.-.——-.«—.-....... .-—.—.. —.—«.. ....——....--.
»Dumrn nennst Du mein Birdie! Gab
es je ein tliigeres Thierchen? Sang es
nicht bereits sechs Melodien?...Nun
ist es todt, und diesen Mord hat die
abscheuliche Bestje, der Tomruh, Dein
Liebling, begangen. Wer hieß Dich
den Käfig auf den Tisch stellens O,
diese Weiber, diese Weiber!...Dein
Tommy wird keine Vögel mehr zum
Frühstück fressen; ich habe ihn so
durchgepriigelt, daß er gewiß nicht
wiederkommt Jch leide ihn nicht
mehr im Hause! Hörst Du es? Nach
diesen Worten eilte Papa davon.
»Hörst Du, Msaudie, wie grausam
Dein Vater ist?« hub nun Mama wie
der an. »Meinen Tommy so zu miß
handeln!«
»Aber liebe Mama,« wandte ich ein,
»warum hat er den reizenden Kansa
rienvogel gefressen?« Mama wurde
zornig und verließ ebenfalls das Zim
mer. Jch eilte ihr nach, beruhigte tie
und versprach ihr, die Katze suchen zu
helfen. Martia, ich und die beiden
Dienstmädchen durchstreiften stunden
lang die benachbarten Straßen.
Tommy blieb spurlos verschwunden.
Als wir endlich nach Hause kamen,
mußte ich folgendes Jnserat aussetzen:
»Ein grauer, selten schöner Ka
ter hat sich verlaufen. Er hört auf
den Namen Tomnih. Der redliche
Finder bringe ihn gegen eine Beloh
nung von 80 Schill. nach Hamp
stead, Montrose Villa.«
Dann mußte ich es persönlich in die
Bureaus der sechs bedeutendsten Blät
ter tragen. Bis jetzt hat sich Niemand
gemeldet, und ich glaube, d-:ß mein
Hector Alleinherrscher im Hause blei
ben wird. ,,Dente Dir, Jessie, auch
ihm fehlt die Ratze! Er ist seit ihrem
fortwährend. Hunde sind doch sonst
nicht eben katzensreundlich gesinnt.«
»Dein Hector scheint ein edler Cha
rakter zu sein,« bemerkte ich lachend.
»Nun muß ich aber gehen. Empfiehl
mich Deinen Eltern und gieb mir
Nachricht, falls die Anzeigen Erfolg
haben sollten!«
Schon am nächsten Tage erhielt ich
von Maudie einen Brief. Als ich den-i
selben öffnete, fiel eine Karte heraus,l
die folgende Zeilen enthielt: »
»Ich bin so glücklich, Ihnen mit
theilen zu können, daß ich gestern
Abend zwischen neun und zehn Uhr
die bewußte Katze auf einem Baume
in St. Johng Street gesehen und
miauen gehört habe. Sie kann dort
abgeholt werden· Ein Retter in der
Noth«
Offenbar kam diese Karte von ir
gend einem Spaszmacher. MrH. He
ioett jedoch nahm sie ernst, denn Man
die bat mich, da ich in S.t Johng
Strect wohne, im Auftrage ihrer Ma
ma recht dringend, die Katze unver
weilt vom Baume zu holen und nach
Montrose Villa zu bringen! Lachend
nahm ich meinen Hut und mischte mich
auf die Suche. Jch brauche wohl nicht
eist zu versicheru, daf; ichTornwy nicht
fand. Jch schrieb Wirs. Heioett einen
sehr gefiihlvolleu Brief und bat sie,
sich in das Uurermeidliche zu fügen.
Als ich dann einige Tage ohne Nach
richt blieb, trieb mich die Neugierde
nach Hatnpstead Und, o Wunder!
höre und staune, lieber Leser! —
Tommy war wieder zum Vorschein
gekommen, und zwar auf eine höchst
merkwürdige Art. Wie wir schon ge
hört hoben, besaß der gute Hektor eine
große Anhänglichkeit an Tommt).
Zwei Tage lang suchte er diesen ver-:
arbeits, am dritten jedoch brachte er
ihn in seiner Schnauze nach Hause.
Die Katze war blutbefleckt und miaute
kläglich. Nachforschungen ergaben, daß
Hector sie auf einem ziemlich entfern
ten Bahnhofe verwundet in einem
Winkel gefunden hatte. Offenbar
war sie auf die Schienen gerathen
und hatte einem Vogel so gespannt
aufgelauert, dasz ein heranbrausender
Zug von ihr unbeachtet blieb und ihr
eine Psote abschnitt. Mrs. Hetvett
war natürlich außer sich vor Freude,
doch währte diese nicht lange, denn der
eiligst herbeigerusene Thierarzt con
statirte, daß Tommy’s Blutverlust
ein zu starker gewesen und man dem
Thier am Besten mit einer tiichtigen
Dosis Arsenit helfe, da es ohnehin
nicht aufkommen könne. Nach weni
gen Stunden verschied Tommy in den
Armen seiner tiefbetrijbten Herrin.
Noch acht Tag lang herrschtcTrauer
nnd Unzufriedenheit im Hause. On
Verschwinben traurig und sucht sie
l
tel George konnte den Verlust Birdies,
Mr5. Hetoett den Tonnth nicht ver-—
schmerzen Die beiden Alten sprachen
tcin Wort miteinander und sahen sich
nur bei den Mahlzeiten. Mandie litt
darunter ani meisten. Die Eltern, an
ein innige-Z Zusaininenleben gewöhnt,
ionrden durch die Absonderung auch
gegen die Tochter verstimmt. Ver
brachte diese ein Stündchen bei Papa,
so wars ihr Manto Lieblosiiteit und
Gleichgiltigteit vor; war sie kei Ma
ma, so verdarb sie es zeitweilig mit
Papa. An eineAnSsöhnung war nicht
zu denken, da keines von Beiden den
ersten Schritt tbun wollte. Unter sol
chen Umständen rückte Onkellseorgie’s
Geburtstag heran. Maudies kluges
Köpfchen hatte eine reizende. Ueberra
schung ausgeheckt, die die Versöhnung
herbeiführte. Papa bekam das schön
ste Canarienvögelchen, das irgend zu
haben war. Es sang alle Melodien
des verstorbenen Birdie, womöglich
noch hübscher. Mama ging nurh nicht
leer ans; Tnmniy ruhte nämlich wie
der mit all’ der Grandezza, die ihm
eigen gewesen, auf seinem Lieblings
plätzchen neben dein Kantine, freilich
nur ouesgestopft und mit Gier-saugen.
Die beiden Alten waren überglück
lich und versicherten einander, dass
Schmollen sei unausstehlich nnd das
Geburtsfest eine famose Einrichtung
—---.
Anerkennung
Einbrerher (zu seinem Anwalt):
»Schön hams gesprochen, Herr Dol
tor, erst wenn das alles wahr wär',
wag Sie gesagt haben!«
Mißverstandcn.
A.: Rennen Sie »Die Frau« von
Bebel?«
B.: »Nein, die Familie ist mir nicht
bekannt.«
Inst-rat
»Ich bin ein kleiner Landwirth
und suche eine Frau, die unter höh
nern, Gänsen, Säuen und Kühen aus
gewachsen ist. Martin vaf- Klein
steinthal.«
Aus München.
Dame: »Ist mein Mann vielleicht
bei Jhnen?«
Wirth: »Wie schaut er denn aus.«
Dante inach der Uhr sehend): »Elf
Uhr und Salvatorsaison . . . da wird
er wohl schon recht heiter ausscheiu’n!«
Schnippiichc Zofe.
»Du willst also wirklich gehen,
Lr·uise, und weißt doch, daß ich bei
nahe Deine ganze Arbeit selbst gethan
habe?«
»Ja, gnä Frau . . . aber nicht zv
meiner Zufriedenheit!«
Bei der Schmierr.
»Was, Fräulein Lilli, Sie brauchen
schon wieder Vorschuß? Jch habe Ih
nen doch erst in voriger Woche eine
Briefmarke, eine Salzgurte und ein
Paar baumwollene Strümpfe gege
ben!«
Auf der Setundärbahn.
»Ja, Schaffner, warum hält denn
der Zug auf dieser Station nicht?«
»Ja, schaun’s, der Lokomotivführer
ist seit acht Tagen immer noch die
Zech’ schuldig.«
Zurücke-geben
,,Merten Sie sich’s, Kleider allein
ihnn’s nicht, man sagt, es brauche
drei Generationen, nni einen Gentles
man hervorzubringen«
»Nun, dann hat Jhr Enkel viel
leicht Aussicht.«
An.3iiglich.
Frund iim Pakt vor einer Bank
stehen bleibend auf der bereits vier
Personen sitzen: ,,Set«zen wir uns;
sDu wolltest mir ja Deine Gedichte
! vorlesen!«
Dichter (zogernd):»21ber dieFrenp
den . . .
Freund: »L, die gehen schont«
’ blindermund
s Txer Papa von Klein - Ligsbeth hat
Hiel) einen heftigen Ziatarrh zugezogen.
itsin anter Betannter des Papcig er
tnndiat sieh bei Wein - Lisbeth nach
Weg Vaters Eraehen »Dante«· tnixt
die Gefraate »dem Papa geht eg- wie
der ganz gut, aber jetzt lsai meine liebe
Mama einen so starlen state-L«
Der Konsum schlechter Ein.
»Jn den asiten altenZeiten der inhi
aen Wal)lreden«, sagte ein Polititee.
»l)at daLs Voll sicher mehr frische Eier
in essen bekommen ali« jetzi; Sie wun
dern sich darüber? Ich wills Ihnen
ertlären. Damals wurden nämlich
alle faulen Eier tiir iie Wahlen aus
aetanft1 jetzt aber, we dac« Eierwerfen
sc ne der Mode aelonr men ist, müssen
wir sie alle anfefsen«
i Seiner-imst.
We »Was machten Sie, als der
Gaul Sie abgeworfen lpat1e?'«
s Sonntaatsreitcn »Jet) ignorirte das
Vieh.«
Wohlstand
»Wie geht eg Deinem Neffen, dem
Studenten?«
,,Gtof;ariia, er frantirt sogar seit
seine Briefes«
Prodiittiuitiit
A: »Also dieser Dichter, den Du
mir voraestellt, ist so äußerst produk
tiv?«
B.: »Gewiß! Dessen Name ist fast
in jedem Papiertorb zu finden-«
I Beim Wolsltliiitigieitsfcst.
»Woniit könnte ich Denn zur Wohl
fthätigkeit beitragen, Herr Professor?«
» »», gnädigc Frau, Ihr Anblick al
) lein thut sci) on geniiqend wohl-«
Siilbliitiie
iAug dein Neiroloq einer Zeitung
lei dein Tode eine-s hohen General
stabgoffiiierH , Seine ersten Sw
ren hatte der Verstorbene sich bei der
I Marine verdient. «
! Protest
Erster Reisender taugt dem geschlo;
’ senen Abtbeil heraus abtoehrenb :
- »Ganz voll!«
Zweiter Reisender: »Bitte iehr.Sie
vielleicht, ich noch lange nicht!«
Höchstcr Guid. -
»He-hie Linn, Frau Kaliulator. ist
wohl ein sehr reinliches Mäde17«
»Das mein’ ich: fovielSchmuh« sie
die wegmachi, gieths gar nicht!«