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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 21, 1905)
M— IEØEEPPÄMEEEEEEEOEÆEÆTPEE Das Rå thfel von Elvcrshöh. Roman von Yeinkjocd Ertmanw OVVOPVPVI i f T k D i sb 2 CImmmxsxmmmOmexxxxwmmOQD ssff II f I I f f v v (11. Fortsetzung) Mit Rücksicht auf die gerichtsärzt liche Untersuchung, die ja ohne Zwei fel fehr bald erfolgen würde, hatte sich Doktor Harmsen auf eine ziemlich oberslächliche Bescchtigung beschränkt, und er mußte darum auf manches-, das Editha von ihm zu wissen begehr te, die Antwort schuldig bleiben. Daß der Tod des Barons durch die Schuß wunde am Kopfe herbeigeführt wor den sei, hielt er allerdings für gewiß. Eine Ausgangsöffnung des Schußta nals hatte er nicht entdecken können, die Kugel befand sich also wahrschein lich noch in der Wunde und konnte möglicherweise fiir die Ueberfiihrung des Thäters von Bedeutung werden. Ob noch andere Verletzungen vorhan den seien, aus denen sich etwa auf ei nen Kampf zwischen dem Mörder und seinem Opfer schließen ließ, hatte er nicht festgestellt. Auch über den math maßlichen Zeitpunkt des Berbrechens und des eingetretenen Todes ver mochte er sich nicht mit Bestimmtheit zu äußern. « »Ich möchte annehmen, daß zwi schen dem Ableben des Barons und dem Auffinden seiner Leiche ein Zeit raum von acht oder neuen Stunden gelegen hat, das wäre« also die ganze Ist-acht. Wenn diese auf verschiedene äußere Kennzeichen gestützte Berech nung mich nicht täuscht, wäre das Verbrechen etwa um die zehnte Abend ftunde begangen worden. Der eigent liche godeskampf war jedenfalls nur von kurzer Dauer, und wir dürfen annehmen, daß Herr v. Linderode nach dem Empfang jener Schußwunde sofort das Bewußtsein verloren hat. Daß er stundenlang allein und ver lassen unter freiem Himmel liegen mußte, ist für alle, die ihn liebten, ge toiß eine überaus peinigende und schmerzliche Vorstellung. Die Be fürchtung aber, daß vielleicht erst da durch sein Tod herbeigeführt worden fei, ist ganz unbegriindet. Er wäre nicht mehr zu retten gewesen, auch wenn man die That sofort entdeckt nnd unverzüglich ärztlichen Beistand hope-geschafft hätt-s , Das war im Grunde aue5, was oer Doktor zu sagen vermochte, und für die letzte Versicherung wenigstens-, die ihr eine schwere Last Vom Herzen nahm, wußte Editha Dant. aDie Möglichkeit eines Unglücks salles ist ebenso ausgeschlossen als die eines Selbstmordes — nicht wahr?« »Gegen beide Möglichkeiten spricht vor allem der Umstand, daß man am Fundort der Leiche nichts von einer Waffe entdeckt hat, und die Annahme, daß der Baron selbst Hand an sich ge legt habe, wird durch die Thatsache, Ä'daß die Kugel von links her in den , interiops eingedrungen ist, hinläng lich widerlegt. Darau, daß hier ein Verbrechen vorliegt, ist also kaum zu zweifeln; aber ich fürchte, man befin det sich hinsichtlich der Person desVer brechers auf einer falschen Fährte.« »Wie? Sie hatten den Förster Fa bian nicht für den Mörder? Und was veranlaßt Sie, an seiner Schuld su zweifeln?« »Ich habe den Mann wiederholt in Zeztlicher Behandlung gehabt und bin auch öfters mit ihm zusammengetrof feu, wenn ich meiner Liebhaberei des Botanisirens nachging. Vielleicht war I es mein Beruf, der ihn mir gegenüber mittheilsamer machte, als er es sonst im Verkehr mit den Menschen war, vielleicht sauch gewann mir meine Lie be fiir die Pslanzenwelt, die er als ein echter Forstmann theilte, sein Ver trauen. Ich darf wohl sagen, daß ich einen tiefen Blick in seine Seele ge than habe, und ich habe da so viel na iiitlichet Zartheit des Gemüll-T so viel ungetiinstelte Feinheit des Em pfindenk wahrgenommen, daß ich mich vorläufig noch nicht entschließen lannz den Mann für einen gemeinen thörder zu halten« »Ich Vermuthe, Herr Doktor, daß l Sie mit Jhrer günstigen Meinung vAder penIiirster ziemlich allein ste nen. Jn den Augen auer anderen hat er sich, abgesehen von den übrigen Berdachtsmomenten, schon durch seine Flucht das Verdammungsurtheil ge sprachen« »Man wird wohl erst abwarten müssen, ob er überhaupt geflohen ist. noch das sähe ihm gar nicht ähnlich. Denn er schon eine solche That be - n hätte, mn sich—wie es hier .- ßt-—-fiir seine Entlassung oder fiir · einen erlittenen Schimpf zu rächen, so Ist-e er gewiß nicht darüber im Un Haten gewesen, daß aller Verdacht sich zunächst gegen ihn richten und daß er Jus einer Flucht nicht sehr weit kom m wiirde Ich kann mich ja schließ E in dem Manne tauschen, aber die « en, die von dem Förftet nur noch Die m einem iiberfiihrien Mörder ZW, ebenfalls, und ich meine, isste nicht iiber dies einen . « eile anderen an er acht »Andere Möglichkeiten, Herr Dok tor! Haben Sie denn Jhterseits einen Verdacht?« »Keineswegs! Es laufen nur. wie mich dünkt, hier aus Elvershöh und meinetwegen auch in Eichfelde eine Menge Menschen herum, von denen im leidenschaftlichen Affekt eine solche That ebensowohl begangen werden könnte als von dem Förster. Man müßte doch wohl erst untersuchen, ob der Baron hier wirklich keinen ande ten Feind gehabt hat als diesen Fa bian.« Edithas Wangen färbten sich plötz lich mit einer heißen Röthe. »Sie denken an eine bestimmte Persönlich keit — warum wollen Sie es mir verhehlen?« »Aber gewiß nicht, mein Wort da rauf! Jch kenne wohl manchen, dem sich dergleichen zutrauen ließe, aber ich werde mich hüten, eine Berdächtigung auszusprechen, wo ich keinen Beweis beibringen könnte. — Und nun bitte ich um Verzeihung, wenn ich mich ver abschieden muß. Jch habe ein paar Schwerkranke, die mich jedenfalls mit Sehnsucht erwarten. Wäre ich nicht durch den traurigen Fall mit dem jun gen Maler aufgehalten worden, «so hätte mich Jhr Reitknecht kaum noch in Eichfelde getroffen.« No nie hatte Editha ihre stolze Zurii ltung so weit vergessen als in diesem Augenblicke, wo sie den Arm des Fortgehenden mit beiden Händen ergriff, um ihn zu halten. »Was fiir ein Maler? Doch nicht Erik Halm ger?" »Der junge Norweger —- ganz recht!« bestätigte Doktor Harmsen er ftaunt. »Baronesfe kennen ihn also?« »Ja-— ja! Aber was ist’s mit ihm? Er — er ist todt?« »Nicht doch! Er ist nur erkrankt, allerdings schwer, wie ich zu meinem Bedauern hinzufügen muß. Jch wußte wirklich nicht —·« »Und was fehlt ihm? Sie dürfen mir nichts verheimlichen, herr Dok tor! Es muß etwas Schlimmeö sein, denn Sie hätten sanft ia nicht von einem traurigen Fall gesprochen.« Die Aufregung, die sie jetzt an den Tag legte, war ungleich größer als lie, welche sie während des Gespräch-? irber ErwinsErmordung gezeigt hatte. Es konnte nicht fehlen, daß der men schenkundige Arzt sich seine besonderen Gedanken tariiber machte. Seine klugen Augen ruhten eigen thiimlich forschend aus Edithas Ge sicht, als er erwiderte: »Ich würde mich vorsichtiger ausgedrückt haben, wenn mir bekannt gewesen wäre, daß es sich um einen befreundeten Herrn handelt. Nun aber bin ich Ihnen aller dings wohl eine Auskunft schuldig. Herr Hallager ist bei der Pflege eines vom Typhus befallenen Freundes an aesteat worden, und die Krankheit ist im Berlaufe der letzten Nacht mit vol ler Heftigteit zum Ausbruch getoms men· Es iit bedauerlich, daß der junge Mann sich trotz feines hochgradigen Unwohlfetns veranlaßt gesehen hat, hierher zurückzukehren und zwar allem Anschein nach sogar auf einer über mäßig forcirten Reise. Denn abge sehen davon, daß er in einem städti schen Hospital besser aufgehoben gewe sen wäre als in einem Bauernhatise, bat er durch die Anstrengung ohne Zweifel sich sehr geschadet.« Editha hatte wohl die Herrschaft über ihre Haltung und ihr Mienen spiel zurückgewonnen, aber der ver änderte Klang ihre-r Stimme war dem mißtrauischen Ohr des Arztes noch immer verrätherisch genug. »Er war also schon krank, als er gestern hier ankam? Und doch wurden Sie erst heuteMorgen Vorhin gerufen? Wie fanden Sie ihn? s hat er h nen gesagt? Sie müssen mir a es erzä len.'· » as läßt sieh mit wenigen Worten thun, Fräulein v. Linderode. DieFrau des Bauern Den-ring, bei dem Hallo ger Wohnng genommen hat, weckte mich zwischen vier und fünf hr mit der Aufforderung, schnell her rzu kommen, da ihrem Miether etwas zu gestoßen sei. Eine Magd hatte ihn bewußtlos auf den Stufen vor dem Hause gefunden, wo er vielleicht schon mehrere Stunden zuvor auf der Heim sehr von einem abendlichen Spazier gange zusammengebrochen war.« Ein leises Stöhnen kam über Edi thas behende Lippen. »Und weiter? Sie brachten ihn wieder zur Besin nun ?« ,,« as dürfte vorerst keiner Erstli chen Kunst gelingen, Baronefse! Die tiefe Bewußtlosigteit ist eben ein Symptom seiner Krankheit, deren Natur ich schnell genug erkannte. Aus dem Munde der deftiirzten Leute, die übrigens eine rührende Anhänglichkeit für ihren kenn Maler an den Tag legten, ersu r ich alles, was mir für meine Diagnose u wissen noth that. Hallager war ersk Abends zuvor nach einer län ten Abwesenheit zurückge kehrt, un fein erschreckend veränder teH Aussehen wie fein seltsames Be nehmen war den Leuten sogteich auf gefallern Er hatte sie aber beruhigt« und auf ihr Drängen, sich niederzu- » legen, hatte er erwidert, daß es ihm besser sein würde, zuvor noch einen Spaziergang zu machen. Auch müsse er nothwendig noch an diesem Abend einen Besuch abstatten. Als er bis Mitternacht nicht zurückgekehrt war, hatten die Leute dann angenommen, man habe ihn mit Rücksicht auf seinen angegriffenen Zustand nicht wieder fortgehen lassen, und waren selber zur Ruhe gegangen. Dem bedauerns werthen Künstler aber fehlte es jeden falls an Kraft, durch Pochen oder Ruer Einlaß zu verlangen, nachdem er sich —- wahrscheinlich mit unend licher Mühe —- bis an die Stufen der Hausthiir geschleppt hattes« ,,Entsetzlich! Und man kann diese gewissenlofen Menschen nicht zur Ber antwortung ziehen?« »Sie sind nicht strafbarer, Baro nesse als diejenigen, die es unterließen, noch in dieser Nacht nach dem Herrn Baron zu suchen Und wenn sie wiri lich der Vorwurf einer Fahrlässigieit treffen konnte so machen sie jetzt durch ihr theilnehmendes, selbstloses Verhalten alles wieder gut. Es war meine Pflicht, sie aus Gefahren hin zuweisen, die ihnen aus der Beher bergung eines Typhus-tranken erwach sen könnten; aber die wackeren Leute besonnen sich teinen Augenblick, ihrem bisherigen Miether auch ferner Gast freundschaft zu gewähren.« Um Edithas Nasensliigel zuckte es verächtlich. »Vercnuthlich, weil sie nachher doppelte Bezahlung verlangen wollen. Eine rechte Heldenthati Ader es ist selbstverständlich daß man ihn nicht den Händen dieser Leute über lassen darf. Auf der Stelle müssen geeignete Vorkehrungen geiro en werden, Herrn Hallager die Unter tunft und Pflege zu verschaffen, deren er bedarf.'· Obwohl sie nur die Augen hätte zu erheben brau n, um unter dem ver hüllen-den wei en Tuche die starre Ge stalt des Mannes zu erblicken, dem nach des Arztes Meinung heute alle ibre Gedanken hätten gehoren müssen, schien Editha ihr eigenes Geschick doch völlig vergessen zu haben über der Theilnahme für diesen Fremden. So hoch er sonst auch jede Regung der Menschlichteit schätzte, hier fuhlte sich Doktor Harmsen durch das Interesse, das einem seiner Patienten entgegen gebracht wurde, peinlich berührt, und der Ton seiner Entgegnung wurde vielleicht noch nachdrücklicher durch eine gewisse berechtigte Empfindlichieit uber den in Edithas Worten enthalte nen Vorwurf »Baronesse beunruhigen sich ohne Noth,« sagte er. »Herr Hallager ge nießt die forgsamste und liebevollste Pflege, die einem Kranken zu theil werden kann. Sein Zimmer und die ja zu wünschen übrig lassen; der hin rer demEifer seiner Anbeterinnen aber wird, wie ich hoffe, diese Mängel aug gleichen. Weder ich noch sonst jemand denn seine Mutter und seine Schwester sind es, die ihn pslegen." Editha sah ihn mit großen Augen »Ich verstehe nicht. Seine Mutter lebt in Norwegen » ist sie denn hier her geflogen?« »Mir selbst wollte es sast so bor kommen, als sie plötzlich da waren, gerade im Augenblick meiner größten Rathlosigkeit und Sorge. Aber ihr Kommen erklärte sich schließlich aus ginz natürliche Weise. Die Schwester jenes Freundes, den Herr Hallager während seiner letzten Ledenstage ge pflegt und dessen Leiche er dann nach Norwegen gebracht hatte, war durch die Sorge um die augenfällig starker schiitterte Gesundheit des jungen Mannes veranlaßt worden, sich brief lich an seine Mutter zu wenden, nach dem sie vergeblich versucht hatte, ihn von der Niicttehr nach Deutschland ab zuhalten. Und die Mutter hatte sich nicht lange besonnen, sondern war fo sort mit ihrem Töchterchen abgereist und dem Sohne gefolgt, um ihn end lich hier, glücklicherweise nur miteiner geringen Verspätung, zu erreichen. Daß alles für ihn geschehen wird, was Menschenkraft vermag, darüber bin ich vollkommen beruhigt.« Editha hatte die weisen Zähne in cll die Unterlippe gedruckt. wischen ihren Brauen war wieder die leine sinsteoe, s Zerrixche Futte. »Sie sind da in einem )— it um, herr Doktor,« sagte sie »auch kurzem Schweigen »Den lia Iger ist der einzige ohn seiner ut .ter; die Dame, von der Sie sprechen, s kann also unmöglich seine Schwester s un.« ! »Sie stellte sich mir so vor; ich kann imich darin kaum irren, und ich weiß «kestrmrnt, daß sie vor Frau hall er wiederholt als von ihrer Mut r sgrach Auch hat diese, die allerdin B » IDeuts n nur wenig mächtig i , Jdc . tn ncht ein einziges Mal pro : rr .« vorhandenen Bequemlichkeiten mögen: hätte ihm bessere verschaffen können« »Sie werben mir hoffentlich trotz dem lauben, Herr Doktor, daß ich die hrheit sage. Wer dieses junge Mädchen ist, kann ich nicht wissen; »aber ich nehme an, baß es sich um ein Fräulein Thyra Jensen, eine Art von Pflegeschwester handelt. Zwischen ihr zund Herrn Holla-get besteht keine — fuchsinichi die entsetnteste Verwandt cha ." « « »Nun, das ina sein, wie es will, ! jedenfalls ist te ein liebes Wesen, des Jsen bloße Nii einen Kranken esunb wachen kann. Und dabei eschi i, um » sich-is und entschlossen. wollte, daß ich nur mit solchen P legetinnen zu , thun hätte.« « j »Die guten Eigenschaften der Dame nsiissen sehr bervorstechend sein, da ISie nur einer sekuezen Zeit behuts -ten, um sie zu ergründen.« s »An einem Krankenbettn mein gnä Idlges Fräukein, lernt man die Men schen chneller lennen als im Solon. Und te würden gleich mir von be wundernder Hochachtung silr die e bei den Frauen erfüllt sein, wenn ie es hätten sehen können, wie sie sich bei dem traurigen Wiederfinden benah men. Kein zweckloses Gejammer, leine iiberfliissigen Thränen, und doch jeder Blick. jedes Wort, jede Gebärde nichts als unendliche ärtlichleit und Liebe! Erlesene Mens n, sage ich hnen.« »Wohl möglich!'« erwiderte re kalt. »Aber ich darf Sie Jshren wartenden Patienten nicht länger entziehen, here Toltorl Nur eins noch: ist es wahr, was mir der Oberinspettor sagte? Jch darf vorläufig nicht einmal fiir eine toiirdige Aufbahrung unseres theuren Todten Sorge tragen?« Sie war wieder vollkommen ruhig, nnd in ihrem schönen, lalten Gesicht Ladte keine Muskel, während ihr der Tlrzt so tchonend als möglich ausein tandersetztz daß man ihr allerdings vorerst lein Verfügungsrecht über die sirdische Hülle des- Ermordeten ein « räumen konne. »Man nird ihn also seziren?« sagte sie in einem Ton, als ob es sich um f irgend einen Fremden gehandelt hätte. »Welche sinnlose Brutalität! Braucht man denn noch mehr Beweise dafür, s daß er durch die Hand eines Meuchel mörders fiel? Aber die Herren mögen nach ihrem Ermessen handeln! Wenn nur der Verbrecher seiner Strafe nicht i entgeht!« s VierzehntesKapiteL I In der Frühe des nächsten Tages tra dieGerichtstommission aufSchloß Einershöh ein. Außer einem hageren, finster blickenden Kriminallommissar und einem jungen Reserendar, der als Protokollfiihrer mitgetommen war, bestand sie aus dem Kreisphhsilus Doktor Schöffler und dem Laubge richtsrath Martius, einem im Amte eines Untersuchungsrichters ergrauten Juristen. Die Herren wurden don dem Ober jnfpektor empfangen und nahmen un t-: seiner Führung zunächst eine sorg fältige Besichtigung des Thatortes dor, die indessen lein Ergebniß hatte. Die Stelle, wo die Leiche gelegen hatte, les; sich noch immer deutlich erkennen; ringsumher aber war der Grasbodens zerstampft und das Gesträuch theil treise niedergetreten. Diese Zerstö rungen waren nach der Angabe des Lnfpettorg bei der Wegschasfung des: -«odten angerichtet worden, und für; r:-,»Vermuthung, dafj zwischen dems Morder und dem Ueberfallenen eins Kampf statt funden habe, ließen sichl aus der Be chasfenbeit des Schau-l platzes teine Anhaltspunkte gewinnen. Dann tehrten die Herren nach dem Schlosse zurück, um den peinlichen Theil ihrer Aufgabe, die eigentliche ·Todtenschau, zu erledigen. Auch Dot tor Harmsen war dazu erschienen, und gemeinsam verrichteten die beiden Aerzte die in diesem Fall doppelt un ersreuliche Arbeit der Leichenössnung. Der Körper des Barons hatte außer jener Schußwunde teine Verletzung auszuweisem denn eine ganz unbedeu tende Schramme an der rechten Hand, die nach Ansicht der Aerzte überdies einen halben oder ganzen Tag älter fein konnte, durste alsi solche taum an gesehen toerden. Der Schuß aber, der lie Schädeldecte zertrümmert hatte, hätte unter allen Umständen einen raschen Tod des Getrossenen herbei siihren müssen. Er war dem Anschein nach aus fast unmittelbarer Nähe ab geseuert worden, und daß die Kugel in Gehirn stecken geblieben war, ließ darauf schließen, daß der Schuß nicht aus einem Jagdgewehr, sondern aus einem Revolver oder aus einer Pistole gekommen war. Das todtbringende Geschoß selbst, ein unscheinbares, plattgedrücktes Bleitlümpchen, bestä tigte diese Annahme. Die Settion, von der man beson ders wichtige Aufschlüsse über den Hergang des Ereignisses von vorn herein nicht erwartet hatte, war in verhältnißmiißi turzer Zeit beendet. Man bemühte sich, ihre Spuren in der äußeren Ers «nung des Todten so gut als mögli zu verwischen; das Prototoll-wurde von allen Betheilig ten unterzeichnet, und namentlich- die beiden Juristen athrneten erleichtert aus, ais ne dem grausigen Schauspiel den Rücken kehren durften. »Die Frau Baronin und das gnä dige Fräulein lassen den Herren sagen, daß sie, wenn es die Umstände erhei schen, zu ihrer Verfügung sind,'« mel dete ein Diener dem Landgerichtsrath, und dieser bat in Erwiderung daraus, den Damen seine Aufwartung machen zn dürfen. Er wurde in einem kleinen Salon des ersten Stockwerk-Z empfan gen. Frau v. Linderode zerfloß wie immer, in Thränen und hatte nur ein unverständliches Schluchzen als Dank sür die theilnehmenden Worte, mit denen sich der Untersuchungsrichter einführte. Editha aber war ruhig wie am vergangenen Tage. Sie übernahm sogleich statt ihrer Mutter die Füh runädes Gesprächs. » ie müssen entschuldigen, wenn es nicht der Hausherr ist, der Sie em pfängt. Aber mein Bruder ist sehr lei dend und augenblicklich nicht imstande, das Zimmer zu verlassen. Ich würde Ihnen aufrichtig dankbar sein, wenn Sie ihn mit allen peinlichen Form-ni tciien verschonen könnten.« Martius verbeu te sich ustimmend. Jch werde auf s Be inden des Herrn Barons jede nur mögliche Rück sicht nehmen· Darf ich fragen, welcher Art seine Krankheit —« »Es i ein Nerveniibeh von dem er schon t seinen Knabe-richten ge i nigt wird, und das unter dem Ein lui s . irdischer Erde ungen mit anz be on Iderer Hefttgteth aufzutre en fiegt »Bei der Furchtbarteit des ge trigen Ereigniepes ist es nicht zu verwundern, daß di er Itzt e Anfall schlimmer ift als alle irrt ren. Jede neue Ge miithsbewekung könnte die verderb lichsten o gen haben.« Auch rau v. Linderode erhob jetzt flehend die gefalteten Hände. »Ja, ich beschwöre Sie« mein Kern schonen Sie vor allem die angegri jene Gesundheit meines Sohne-L« »Es wird mir aufrichtig erwünscht fein, wenn wir den Herrn Baron in keiner Weise zu behelligen brauchen-— Ein Zimmer, in welchem wir einige varläufige Zeugenaussagen zu Proto toll nehmen können, hat uns Jhr Herr Jnspettor bereits angewiesen, und wir haben zunächst keinen Anlaß, Herrn v. Linderode persönlich zu intommv diren·« - »Ich bemerke noch, Herr Rath, daß mich mein Bruder ausdrücklich zu der Ertlärung ermächtigt hat, er tönne in Bezug auf die That oder denThäier nicht das Geringste aus«-sagen Seine Ueberzeugung, daß der Förster Fa bian der Mörder ist, stiitzt sich nicht auf eigene Wahrnehmungen, sondern einzig auf die Mittheilungen jener anderen Personen, die Sie ja wahr scheinlich alsbald verhöreii werden« »Die lieberzeugung von der Schuld den Törsters ist also hier ganz allge mein « »Ja. Und das ist wohl selbstver si«c·ndlich, denn die vorlie enden Be weise schlieszen meiner nsicht nach jeden Zweifel aus." »Die vorliegenden Verdachtgmw mente, wollen gnädiges Täulein je denfalls sagen, denn von weisen im juristischen Sinne ist mir bisher noch nichts bekannt geworden-« »Und seine Flucht? Sein räthsel haftes Verschwinden? —- Gilt Jhnen auch das nicht als ein Beweis-W ,,Es spricht gegen ihn —- gewiß! ilnd von feiten der Kriminalpolizei ist is: auch daraufhin schon gestern die Verfolgung des Verdärätigen mit aller ('.·nergie eingeleitet worden. Jch bin sicher, daß man sich seiner sehr bald bemächtigt haben wird· Aber wir tön nen darauf nicht warten, und ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich selbst durch die Rücksicht auf Jhren erklärli chen Schmerz nicht abhalten lassen darf, einige Fragen an die Damen zu richten." »Wir wissen, daß Sie damit nur Jhre Pflicht ersijllen,« sagte Edithaj etwas hochmüthig. »Und wir sind’ selbstverständlich bereit, Jhnen Rede ! zn tehen.« T »Ich danke Ihnen, nädiges Fräu- s lein, und ich werde « ie gewiß nicht über das unbedingt Nothwendige hin aus belästigen. Es handelt sich auch keineswegs um eine förmliche Verneh mung, was Sie schon daraus ersehen wollen, daß ich meinen Protokollsiih rer unten gelassen habe. Nur einiges allgemeine Information möchte ich mir von Jhnen erbitten.« Er hatte sich bei den letzten Worten gegen Frau von Linderode gewendet; Editha aber hinderte ihn, eine Frage en die Baronin zu richten. »Nehmen Sie nur mich ins Berhör, Herr Nach Meine Mutter dürste taum im Stande sein« Jhnen etwas Vemerkenswerthes mitzutheilen.« »O mein Gott—nein! Was sollte ich Jhnen sagen?« stimmt die tro tlose Dame schluchzend ein. »Ich kann das Schrecklichste ja noch gar nicht fassen, es ist mir immer noch wie ein böser Traum, wie eine ———« »Der Förster Fabian hatte vorge stern von meinem Vetter seine Entlas sun erhalten,'« schnitt ihr Editha rüct ichtslos alle weiteren Deklamatio nen ab, »und es ist wohl gewiß, daß ihn die Wuth über diese Kündigung zu seiner verbrecherischen That getrie ten hat. Die S ene im Arbeitszimmer des Baron-L ren Augenzeuge der Jnspektor geworden ist —« »Entschuldigen Sie, mein gnädiges Fräulein,·' fiel ihr der Landgeri ts rath sehr höflich in dieRede, »ei- ko mt mir jetzt nicht so sehr daraus an, zu e:fahren, was Sie von anderen ge hört, als was sie selbst erlebt und ge sehen haben. hat Ihnen der Baron von seinem Streit mit dem Förster erzä It?« · « ein.« »Aber Sie haben ihn doch nach je nem all noch gesprochen?« »A rdings.« »Wenn der Baron dem Zorn des entlassenen Försterg irgend welche Be deutung beigemessen -·-- ich will sogen, wenn er sich von ihm einer verzwei felten That, eines Ueberfalles oder dergleichen versehen hätte —— glauben Sie nicht, daß er alsdann mit Ihnen darüber gesprochen hötte?" »Schwerlich. Auch schloß die Art rnserer Unterhaltung an diesem Abend derartige, nach seiner Auffassung ge wiß ganz nebensächliche Mittheilungen aus« Frau v. Linderode nahm plötzlich das Taschentnch von den Augen und warf ihrer Tochter einen angstvollen, flehenden Blick zu. Weshalb, um des himmels Willen, mußte Edit die sem foemden Menschen solche ndeu tunZen machen? « - er Landgerichtsrath Xäusperte sich und begann an den Gläsern seines Kneifers zu wifchen. »Es erscheint Jhnen hoffentlich nicht als Jndcötrettom mein gnädiges Fräulein, wenn ich wiederhole, was hier ein öffentliches Ge ·mnifz gewe fen zu ein scheint: te waren die Braut tei nunmehr verstorbenen Vetters « Editha streifte den alten Herrn mit einem se nngniidi n Blick. »Unser nun-out im »F sichs pessimi f licht. Da ich nicht etnsezn in wel Beziehung es zu dem ier veriib en Verbrechen sieh-en könnte, dars ich wo annehmen, da er auch in Jhren A - ten unerwöhnt bieiben wird.« »Ich wiederhole, daß i keine Jn distretion zu begehen glau te. —Jhre leyte Unterredung mit dem Baron fand in einem unweit des Thatorted gelegenen Gebäude, dem lsogenannten Schlößchen, statt? Wenig tens wurde mir erzählt, Herr v. Linderode lade sich bald nach dem Streite mit m Förster dorthin begeben und sei dann aus dem Rückwege nach dem Herren hause von seinem Verhängniß ereili worden« Jst das richtig?" - »Ja. Mein Vetter wünschte wegen unserer bevorstehenden Abreise einiges mit mir zu besprechen und suchte mich, tsa es keinen Aufschub duldete, n am Abend in meiner Wohnung aus. . »»Erinnern Sie sich vielleicht noch, um welche Zeit er Sie wieder ver Ueß?« »Es mag eineViertelstunde vor zehn Uhr gewesen sein; denn die Uhr in meinem Zimmer hatte eben zehn ge schlagen, als der Schuß siel.« Der Untersuchungsrichtek blickte iiberascht auf. Frau v. Linderode aber rief in höchstemErstaunen: »Wie? Du hast den Schuß gehört? Und Du hast mir davon bisher nicht ein Wort ) gesagt?« s »Ich denke, es ist sriih genug, daß s ich es jetzt sage. Wünschen Sie sonst : noch etwas von mir zu erfahren, herr s Rath?« I »Sie hörten den Knall des Schus . fes, und Sie-— Sie fühlten sich nicht Jbeunruhigtf Sie nahmen keine Ver lanlassung, Nachforschungen anzustel s len?'· »Wöre mir damals bekannt gewe sen, was eine Stunde vorher zwischen meinem Vetter und dem Förster ge schehen war, so würde ich allerdings beunruhigt gewesen sein« So aber glaubte ich, dasz vielleicht einer von den Dienern eine Kaye oder Eule weggeschossen habe. Wie hätte ich auch etwas so Entsetzliches argwöh nen sollen?« · »Und Sie wissen bestimmt. daß es genau zehn Uhr war, als Sie den Rnall vernahmen?« sFortsetzung folgt-) Clettetsche Iledesehöpkunsem Jn Frankreich ist wieder einmal eine neue Industrie im Entstehen be griffen, und zwar auf dem Gebiet,irr dem die Fsanzosen Meister sind; ihre Erzeugnisse sollen nämlich eine neue Art des Schmuck-; zu mannigfaltiger Verwendung einführen. Das Mittel, mit dem die junge Industrie arbeite iti die alte Galbanoplastik· Sie i eine der nächstliegenden und daher frühesten Anwendungen des galt-ani sctfen Stroms gewesen, soweit es fich darum handelte, metallische oder sonst nie fiir die Elektrizität leitende Ge genstände mit einem bestimmten me tallifchen Ueberzug zu versehen. Heute wird das Vergoloen, Versilbern, Ver nickeln, Bronziren u.f.w. taum noch auf anderem Wege vorgenommen. Man mußte aber mit der Verwendung dieses Verfahrens Halt machen vor allen nicht leitenden Gegenständen. Nun hat man allerdings schon früh zeitig versucht, theils auf trockenem, theils auf seuchtem Wege auch derar tige Dinge der galvanoplastischen Be bandlung zugänglich zu machen, indem si: entweder mit einem sehr feinen Metall- oder Graphitpulver bestreut oder in die Lösung eines Metallsalzes getaucht werden. Danach ist es gee lungen, alle möglichen Gegenstän , beispielsweise Blumen, Blätter Früchte oder ganze Zweige und sogar so zarte Körper wie Insekten oder, um etwas ganz anderes zu nennen, Spitzen zu »metallisiren«· Ein Brüsfeler Chemiter warf sich insbesondere auf die Metallitirung von Stickereien und erzielte wunder bare Effetie damit. Zu einer indu striellen Ausnutzunåi dieser Erfindun gen hat es aber is auf die neueste Seit nicht kommen wollen« und erst ietzt ist ein Anfang damit gemacht worden auf Grund einer Erfindung, deren Einzelheiten noch geheim gehal ten werden. Jedenfalls arbeitet be reits eine Aktiengesellschast mit star kem Kapital an ihrer Verwerthung und ioll nach einer Mittheilun des Pariser Kosmos auch bereits Auzxeben mit ihren Erzeugnissen erregt ben. Hauptsächlich hat sie aus die Bearbei tung von Spitzen geworfen, die in we nian Minuten sür den elektrischen Strom leitend gemacht und dann in ein galvanisches Bad gebracht werden. Sie überzieben sich dort unter der Wirkung eines Stromes von etwa drei Volt Spannung mit einer außeror dentlich zarten Metallschicht, deren Farben und sonstiae Eigenschasten je nach Wunsch bemessen werden können. Der Ueberzug ist so fein, daß nicht die geringste Ungleichmäßigkeit darin zu merken ist und die Spitzen auch gllig geschmeidig bleiben. Ob holz, ilber, Kupfer, Bron e oder andere Metalle verwandt wer n, bleibt sich siir das Verfahren durchaus gleich. Ganz wunderbar ist die An abe, daß diese metallisirten Spi en si troß der Feinheit sich troh des etalliiberzuges an den Enden miteinander gleichsam oerköten lassen, so daß man beliebige Zusammenstellungen mit ihnen vor nehmen kann. — Eine Boitoner Schriststellerinsagt, Männer seien bei weitem schöner als rauen. Msa wohl sein« aber man .eht’t ihnen n cht an.