— « -- « Kinder. Kinderaugem klar und hell, Gleichen warmen Sonnenstrahlen, Die das Grau des Alltags schnell Wie mit goldnern Glanz umnmlen. Kinderiippem hold und rein, Sind wie Blüthen zarter Rosen, Können trösten wundersein, Sinnig plaudern, lieblich tosen. Kindethiinde, schwach und klein« Wissen sest das Glück M halten, Streicheln sanft dem iiiterlein Aus der Stirn die Sorgenfalten. Kinderherzem warm und weich, Machen leicht das schwerste Leben. Und dein Haus wird sreudenreich, Wenn ein Kindlein dir gegeben. Die Schwestern Von A. v. Hedenstietna. Uebersetzt von H. Fick. Dem Rechnungsrath Ball und sei- ; net Frau war, nachdem Noth und! Sorgen den Frühling und Sommer-! ihres Lebens getrübt, ein i öner Le- I benöhekbit beschieden gewe en. Sie hatten sich sehr jung verheirathet, und Sorgen Und Entbehtnn n waren die Folge gewesen« Die bete Zeit igres Lebens war in diesem ampf da in gcgangen, aber jetzt war es ausge tämpft gewesen, und sie hatten Frau Some über die Schwelle gedrängt, während die Herbstsonne ihnen milde auf die ergrauten Häupter schien. Ehe man sich jedoch von dem Kampf mit Noth und Mangel erholt hatte, kam der Tod. Er holte Rechnungstath Beit, ohne sieh um die Verzweiflung feiner Frau und seiner beiden Töchter Aanes und Btva zu kümmern. Läßt sich detSensemnann auch nicht dazu bewegen, seinen einmal erhobe nen Arm zurückzuziehen, io sieht man ihn doch zuweilen Mitleid zeigen. Er führt dann statt eines Sireiches mit det Sense deren gleich zwei, wenn er sieht, daß ein Menschenpaak sich auf Erden foiheuek gewesen ist, daß es sich nicht mehr zu trennen vermag. Datum holte der Tod Frau Anna Ball gleich ihrem Wilhelm nach, nnd Agnes nnd Viva blieben allein auf dieser Welt zurück. « Agnes, die älteste Schwester, war ein hochgewachsenes, schlantes Mäd chen mit schönen, edlen, wie aus Mar mor« geschnittenen Zügen, dunklem, lockrgetn Haar und prachtvollen, schwarzen Augen. Diese Augen blick ten aber meistens ernst, denn sie hatte die sorgenvollste Zeit ihrer Eltern miterlebt, und in ihrer Kinderzeit hatte sie selten etwas anderes ehört als Klagen über unbezahlte iethe nnd über vertragene Kleidungsstijcle, die man nicht durch neue zu ersetzen vermochte. Von Biw, der jüngsten Schwester-, wußte niemand in der ganzen Nach barschaft, loie sie in Wirklichkeit hieß. Wenn ihre beiden niedlichen Fäßchen die tleine. zierliche, graziöse Gestalt über das Trottoir nach derSchule tru gen, blickten ihr wohl die Mütter aus den Fenstern nach und sagten freund lich vor sich hin: »Viva, tteine Viva.« Zeigte sich aber aus dem Spielplatze der Kinder ein goldigerLockentops und ertönte dort eine,Stimme, die melodi scher war als alle übrigen, so riefen die Knaben jubelnd: »Biva———Viva ist da!« Als aber der Engel des Todes ihre Mama in den Himmel getragen hatte, als die tleinen Füße ruhten und die blonden Locken über ein betrübtes, verweintes Gesichtchen fielen, nahm die große Schwester ihren tleinen Liebling sest an ihre Brust und sliisterte: »Meine süße, geliebte Dido-" Obwohl sie nicht Viva getauft war, hieß sie doch so. Agnes zählte zwanzig Jahre uno Viva vierzehn, als ihre Eltern sie ganz allein in der Welt ließen. Als Frau Ball gestorben war, tam Tante Ulrite und wollte Viva zu sich nehmen. Sie wollte damit eine Pslicht, eine saure Pflicht, ersiillen. Agnes würde dann wohl eine Stelle als Erzieherin finden, meinte sie. Schwester Agneö aber lehnte Tante Ulritens Anerbieten mit Dank ab und schloß die weinende Viva in ihreArme. Sie sagte ihrer Taute, daß sie zusam men bleiben und arbeiten und, wenn es nöthig wäre, Sorgen und Mangel mit einander theilen wollten. Tante Ulrile reiste mit dem ange nehmen Gefühl ab, aus gewissenhaste und billige Art ihre Pflicht gethan zu haben. Kurze Zeit daraus saud man vor einem hause in der besten Gegend der Stadt ein lleines Schild mit der Aufschrist »Agnes Balk. Putzmache rin.'· Agnes war keine Anfängerin in dieser Kunst, sonst wäre wohl nichts aus ihrem Unternehmen geworden. Sie hatte der ersten Puymacherin der Stadt schon seit mehreren Jahren ge holfen, wenn diese viel zu thun hatte, und sie hatte einen ausgezeichneten Ge schmack und sehr geschickte Bände. Jhr Erwerb reichte vollständig siir den Le- : beniunterhalt der beiden Schwestern aut. Er reichte auch zum Schulgeldes und zu Klavierstunden sitr Viva, die sehr begabt und sleißig war und eine» vorzügliche Klavierspielerin wurde.« Sie behielt sogar noch eine Summe tibrig zu einem hübschen Marmor lreuze siir das Grab ihrer Eltern. — Das Allerschsnste aber war, daß sie; ein sorgenlosei, sicheres heim besagen, und daß die beiden Schwestern, die einander iiber alles liebten, zusammen greismska Staats- ngnzeiger nnd THAng JPzgvtth sgv « G Hin-ign- 14up1190 (Zw tThu JIxhkkkg ugszz Jes-. 33 f -.-....«... -..... ,... - . ..-.......... —-..« —.,...-..— —..-.... .— —— sbleiben und nach der Tagesarbeit in ; ihrem traulichen Mädchen stiibchen mit ;einander zur Ruhe gehen konnten. « Agnes lauschte ost den ruhigenAthem zügen der schlafenden Viva und zün dete manchmal in der Nacht Licht an, um das schöne, reine, sonnige Kinder antlitz mii dem rothen Wangen zu be trachten. Dann erschien »Er« auf demSchau platze. Er war Gymnasiallehrer, hatte ein Gehalt von achtzehnhundert Mark und sehr wenig Schulden. Dazu hatte er ein gutes, braves Herz, sehr hübsche Augen und eine wunderschöne Stim me. Er war immer munter und ver gnügt, aber besonders vergnügt war er, wenn er Agnes und Viva in der Familie des Direktors itas, wo sie viel verkehrten, oder wenn er Artikel nö thig hatte, die in Fräulein Balks Ge schäft zu haben waren. Das aller größte Vergnügen bereitete es ihm aber, als es sich zeigte, daß dieses Ge schäft sich so sehr ausgedehnt hatte, daß die Anfertigung derXPutzartitel Fräulein Balk nicht mehr ie Zeit zur Führung ihrer Bücher und zum Schreiben ihrer Rechnungen ließ. Dann kam er jeden Nachmittag, wenn oe Schule aus war, trug mit seiner hübschen Schrift die neuen Posten in Agnes’ Haupthch und schrieb so schöne Rechnungen, daß die Damen in der Stadt ganz erstaunt darüber waren. Agnes' ernste Züge bekamen einen immer weicheken Ausdruck, die dunklen Augen begannen zu lächeln, und ein fast muthwilliger Zug umspielte ihre Lippen, wenn der junge Doktor einen Scherz machte, mit denen et nicht fpak sam war. Da ram eines Dages ein uonto, an das niemand gedacht hatte. Er er-; schien nämlich an einem Vormittags wo gar nichts im Hauptbuch einzutrw s gen war nnd wo es keine Rechnungen l zu schreiben gab. Er hatte einen freien Vormittag, weil die Schulzimmer gess reinigt wurden. Er trug seinen besten I Anzug und erröthete wie ein junges Mädchen, als er mit fast heiserer Stimme sagte: »Fräulein Agneg, ich möchte Jhnen gern . . .« »Ach, sieh da, guten Morgen, Herr Doktor. Wollen Sie nicht Platz neh men. Die neue Aue-lage im Schau senster ist doch hübsch, nicht wahr?« »Ja, ich möchte Jhnen aber gern et was sagen, was ich schon lange im Herzen trage, Fräulein Agnes!« Schweig still, mein Herz. Das Glück ist endlich da: Die Liebe wird jetzt die langen Jahre der Trauer und Sorge mit ihrem vertlärendenSchleier bedecken. ---— ——-- —-— »Ich habe eine große ——-- unendlich große Bitte an Sie.« Die Hüte nnd Dauben nicken aus ihren Gestellen, und die Fächer er glänzen vok Wonne. Sei doch nur ruhig, Herz. Jetzt kommt das Glück! »Herr Dottor, Sie wissen doch, daß ich gern für Sie thue, was mir mög lich ist . . »Das weisz ich. Es ist aber eine ungewöhnlich große Bitte, die ich an Sie richten will, ich begehre das Beste, Höchste und Schönste der Welt von Jhnen — -—— —« Wie kannst Du nur so blind sein, Geliebter meines Herzens. Fühlst Du denn gar nicht, wie Dir mein Herz entgegenschlägt, weiszt Du nicht, daß Du nur Deine Arme zu öffnen brauchst. Daß Viva nun auch gerade kommen muß. Sie ist ja aber noch ein —- so unüberlegtes Kind. Warum konnte sie nicht noch einen Augenblick warten. Wie glücklich werden wir drei sein« wenn wir erst aus immer vereint sind. »Aber was, um Gotteswillen, soll ich Jhnen denn eigentlich geben, Herr Dottor?·' fragte sie, indem sie einen schwachen Versuch machte, zu lächeln. Da stand er auf, ergriff ihre Hand und flüsterte mit tief erregterStimme: »Geber: Sie mir Viva!« —- —— —- — Eö ist Sommerzeit, und diehunds tasgsferien haben begonnen. Der jun ge Dottor hat Gehaltserhöhung be kommen, und aus dem ersten Hotel der Stadt weht eine Fahne. Die Sonne blickt lächelnd auf die Erde herab, wo die große Schwester ihrer tleinen Vioa die Dochzeit giebt, eine große Hochzeit mit allem Zubehör, mit Prämienm ;fern und Trausiihrern. Agnes selbst iwill aber nicht Brautjungfer sein, weil - sie findet, daß es sonderbar sein wür de, weil sie sechs Jahre älter ist als die Braut. Sie sagt lachend, dass sie »Brautmutter« sein will. Darum er scheint sie auch in einem schwerseide nen schwarzen Kleide mit einem Dia mantenschmuck und sieht wunderschön und vornehm wie eine Fürstin aus. Ja, sie trägt Diamanten, ihre Mittel i erlauben es ihr. Jhre Mittel erlauben ihr auch, die Wohnung des jungen Paares hübsch und geschmackvoll ein zurichten. Obgleich Biba die Tochter armerEltern ist, hat sie doch eine wun derschöne Aussteuer bekommen. Wie sonderbar, sagen gewiß manche !Damen, mit vierundzwanzig Jahren schwarze Seide am Hochzeitstage der Schwester zu trage. Agnes Balk aber hatte sich nicht aus Koletterie älter gekleidet. Sie hatte es gethan, weil ihr an diesem Tage ei ne jugendliche Kleidung widerstrebt hätte. . Sie machte auf isehr gewandte, an muthige Art die Wirthin, obgleich sie es zum ersten Male in ihrem ganzen Leben that. Sie wurde von den Gä sten fast noch mehr bewundert, als die Braut, die in ihrem duftigen weißen Kleide unendlich reizend und lieblich aussah. Der Oberlehrer der Mathe matit, ein Junggeselle in den höheren Semestern, dachte daran, das; Agnes’ Hauptbach einen hübschen Ueberschuß, gezeigt hatte, und faßte den Vorsatz, recht ost im Hause ihres Schlvagers, seines Collegen, zu verkehren. Die Hochzeit war sehr lustig. Es herrschte Jubel und Freude. Reden und Tasellieder wechselten mit einan oer av. Der gtucrnche Oraurigam er griff sein Glas und hielt eine tiefem pfunde«·e Rede auf die edle, großmü thige Schwester seiner theuren Viva, der er für alles dankte, was ste akl ih nen beiden gethan hatte. Er versprach, sich ihr dadurch dankbar zu erweisen, daß er ihrem Liebling das Leben so hell und sonnig machen wollte, wie es in seiner Macht stände. Agnes lächelte, umarmte und küßte Viva zärtlich und klopfte ihremSchwa ger freundlich auf dieSchulter. Wahr haftig, eine »hin1mlischeSchwiegermut-— ter,« murmelte der Oberlehrer der Elstathematih der in seinen Mußeftun den auch Philosoph wFr. si Auf dem Hotel weht keine Fahne mehr, und der Festsaal ist wieder dun tel und leer. Der Nachtwächter allein geht mit bedächtigen Schritten in den« Straßen der Stadt umher. Die Uhr auf dem Kirchthurm schlägt die Mit ternachtsstunde. Alle Fenster sind dun kel, und die Leute schlafen hinter den herabgelassenen Vorhängen. Nur ein Fenster ift noch hell. Es gehört zu der Wohnung des jungen Ehepaares. Der junge Doktor sitzt ans dem Sosa und hält Nina, die tief erröthend ihren Kopf an feine Brust birgt, während er zärtlich ihr blondes Lockenhaar strei chelt. Zwischen zwei Gräbern auf dem Friedhof, der die alte Kirche umgiebt, kniet eine. dunkle Gestalt, die Arme um das Marmortreuz geschlungen, welches den beiden Schläfern gemein sum gehört. Sie hält die brennende Stirn gegen den kalten Stein gedrückt. »Vater, Mutter, jetzt ist Euer Lieb ling glücklich,« flüstert sie, »die große sowwener yar ihr aues gegeben, wag sie zu geben hatte.« Als sie endlich in ihr Heim zurück kehrt und dasBett ihrer tleinenSchwes strr sieht, welches seit achtzehn Jahren zum ersten Mal leer steht, fühlt sie sich zum Tode einsam und traurig. Da birgt sie das dunkle Haupt, in dessen stolzen Zügen Menschenaugen nie verv nichtetes Glück nnd getäuschte Hoff nungen lesen würden, in die weißen Kissen des leeren Lagers und stöhnt: O Viva, mein Liebling, warum nahmst Du mir alles, alles in dieser Welt!« - .-—««-— Ein neuer Gannertrick. Von Philipp Berges. Ein unheimlicher Mensch, dieser Gast, der an einem schwülenJuliabend ir. dem vornehmen »Fifth Avenue Ho tel« zu New York abgestiegen war. Aeuszerlich merkte man ihm sreilicti nichts an. Aber dies ist ja gerade das Schlimme, daß die Hochstapler großen Stils nicht nur wie gewöhnliche. son dern sogar wie außergewöhnliche Sterbli e aussehen. Mr.Jesserson— - mit die em Namen hatte der Gast sich in’s Fremdenbuch eingeschrieben——i1)ar cin etwa vierzigjähriger, hochgewachses »ner Mann ohne »besondere Kennzei »chen«. Aussallende Merkmale des Ver-· « brecherthpuö waren jedenfalls nicht »vorhanden. Eins hätte dem geübten ; Menschenbeobachter allerdings nicht ientgehen können. Der Fremde besaß ein großes, wachsames, tauerndes Au ge, in welchem Verschmihheit und Ko mediantenthum Versteck spielten. Der Herr Obertellner, welcher dem Gaste die Zim r anwies, war kein Psychoiog Er pr te die Fremden nur auf ihre Trinkgeldsähigteit Leider hatte er auch Lombroso nicht gelesen. Jnsolge dieses Mangels hielt- er Mr. Jesferson sitt einen vornehmen Mann. Hätte er indeß gegen Mitternacht in das Zimmer Mr. J.’s sehen können, so würde er schleunigst zur Polizei ge schickt haben Nur mit einem langen Nachthemde lselleidet, stand der unheimliche Mensch vor seinem Koffer und entnahm dem selben folgende verdächtige Gegenstän de. Zuerst einige für sich selbst spre chende Bücher: »Die Kunst des Ta schendiebstahls, für Anfänger und Meister, mit Uebungsstücken« (dieses illustrirte, schwer zu erlangende Wert ciriulirt nur in Gaunertreisen); »Be rüchtigte Einbrecher beider Continente« von F. McDonald; und schließlich ein kleines »Handlexilon der Gaunerspra che«. Diese Bücher wurden auf den Nachtiisch gepackt, um als Leitüre zu dienen. Aus einem tieferen Fache des Koffers entnahm Mr. J. einen alten schäbigen Anzug von urväterlichem Schnitt, einen schwierigen Schlapphut und einen falschen Bart. Ohne Zwei sel eine Banditenvertleidung für den nächsten Tag. Die schlimmsten Befürchtungen, die irgend Jemand hätte haben können, trafen ein. Am nächsten Morgen stieg Mr. Jesferson in den schäbigen Anzug, beseitigte lunstvoll den eisgrauen struppigen Bart, stülpte den schmiert aen »Westerner« auf den Kopf und glich im Nu einem alten Former aus Einen oorsintfluthlichen Reisesack in der einen Hand, in der anderen einen derben Knotenstock, trat der unheimli che Gast auf den Corridor hinaus, ging vorsichtig und schnell die Treppe lkinunter und gelangte unangefochten : auf die Straße. » Zur Zeit, in welcher dies Vorkomm Jnisz spielt, grassirte in New York ein ineueiy geheimnißvoller Gaunertrick, J welcher ins Fach des Taschendiebstahls ; schlug. Ein noch unbekannterApparat war erfunden worden, der mit bei spielloser Sicherheit arbeitete. Täglich sbrachten die Polizeiberichte unzählige »Anzeigen über gestohlene Taschenuh »ren, die ihren Besitzern ganz fein und getäuscht-IS abgetnipst waren. Einen Hianderen Schutz gegen diese unheimli chen Ueberfiille, als den, die Uhr zu Hause zu lassen, schien es nicht zu ge ben. Polizeirichter Dan Wattins, mit dem Beinamen »Sharp«, d. i. »derGe s:renge«, erlebte das folgende ärgerli ehe Stückchen. Während einer Hoch lahnsahrt wurden ihm Uhr und Kette entwendet, und ftatt ihrer fand er in der Westentasche einen Zettel, auf dem der anonhme Dieb seinen Dank ang driicltr. Der Polizei war übrigens der Meister des neuen Gaunertricks wohl-— l-etannt. Es war kein anderer als der reriihtnte Bill Crooley. Aug der Sphäre des Kassenschrant-Einbruchs, in welcher er unter dem Ehren-Spitz namen »der Geldspindtnacker« weltbe tannt wurde, hatte er sich seit einigen Monaten heimlich der feinenKunst des Laschendiebstahls zugewandt und ent Vcll VIII lckwctldch f ialtete nun auch in diesem neuen Fache seine Genialitiii. Jn den maßgeben renGaunertreisen sprach man von ihm bereits als von dem großenMeaeneras tor des Tafchendiebftahlg. Natürlich war Bill Crooteh auch der Erfinder des verwirrenden Apparates-. Alles dies war der Polizei, wie gesagt, wohl !:etannt· So lange es ihr aber nicht vaclungen war, den schlauen, in aller liand Vertleidungen auftretendenMei ster durch einen noch fchlaueren der ih rigen zu iibermeistern und den großen Epitzbuben in flagranti zu fassen. tonnte sie nichts machen, denn gegen Bill Crooteh lag ,,offiziell« augenblick lich nichts vor. III Il- st Jn der Bleeter:Street, einer etwas finsteren und versteckten Straße der unteren City, befindet sich die zumeist Tan Gaunern besuchte Kneipe ,,« um llechernen Hirntasten«, der ZufluchtS ort und Rendezoougplatz aller »Oui mstg« der Welt. Der Unkundiae geht freilich achtlos an dem unauffälligen stellerlolal vorüber, denn der humor rolle und berühmte Name der Kneipe . rristirt nur im Munde ihrer Gäste und I- — in den Listen der internationalen : Polizei. ( Vor dieses feine Lotal trat Mor aeng um 9 Uhr der Fremde aus dem »Fifth Avenue Hotel«. Nur wenige Leute waren anwesend, ein paar ziem lich rauh aussehende Zecher, der hinter der »Bor« stehende Wirth und ein bes ser gekleidete Gentleman. Alle, der Wirth mit seinen sämmtlichen Gästen, wurden aufmerksam, als der alteFar mer in der Thür erschien; eine solche Gestalt schien hier zu den Seltenheiten zu gehören. »Nichts fiir ungut, Gents«, sagte der alte weinerlich, »aber giebt es hier Keinem der einen alten Mann auf den richtigen Weg bringt?« »Wohins wollt Jhr denn?« fragte der Wirth. »Na, auf den Broadway, aber ich habe mich in diesem vermaledeit gro ßen Dorf verlaufen!« »So kommt doch hereins, alter Bier säugling,·' tief der an der Bar stehen de Gentleman. »Ich gehe nachher den selben Wegl« Der Alte zögerte. »Nee, nee,« sagte e: mit schlauemSchmunzeln, »in New York muß man vorsichtig sein. Rin tommen thU’ ich nicht. Da ham se jetzt so ne neue Art-en, Einem die goldene Uhr zu stibitzen. Nec, nee, mit rem den lasse ich mich nicht ein« Al o wo gehgenstz der Weg nach dem Broadway Der Gentleman gab dem Wirth ei nen Wink, warf einen Vierteldollar auf den Schenktisch und ging laut la chend zur Thür. »Na, Onkel Hiram, oder wie Jhr sonst heißen mögt, dann will ich mich nur gleich aus den Weg machen, und Jhr könnt mich begleiten, sonst erzählt Jhr vielleicht in Kalamazoo, woher» Ihr wahrscheinlich kommt, die New ; Yorker seien unhöfliche Leute.« ; »Seht gut!« lachte der Alte und’ hielt dabei seinen falschen Bart fest. »Ihr seid ein Spaßvogel. Jch komme s nicht aus Kalamazoo, sondern von weiter, aus Frisco!« »Was Jhr sagt!« Der New Yorker Gentleman muster te den fremden Alten mit einem schnel len Blick, als ob irgend ein Argwohn in ihm rege geworden. Jn tiefem Sin i:en, dann und wann den Greis ange hend, als ob er nach einer fremden-, e stimmten Erinnerung suche, ging der Mann neben dem Alten her. Er ach tete nicht mehr auf das Geplauder des Dörflers, machte einige Male eineVT wegung, als wolle er ohne Gruß i Seitenstraßen, die man treuzte, ver schwinden. Und endlich, an der Eele der Broadway, geschah etwas ganz Seltsames. Der Mann aus dem Kel ler blieb plötzlich stehen und schlug sich mit der Hand vor den Kopf, dann brach er in ein triumphirendes Lachen aus. »Was habt Ihr, guter Freund?« sngte der Alte. »O, nichts für Euch,« lachte der an dere. »Mir fiel nur etwas Komisches ein. Uebrigens ist meine Zeit zu En de. Hier ist der Broadwah. List tvohl!« Der Alte streckte dein Scheidenden mit biedeken Abschiedsworten dieHand entgegen, doch laucn hatte der andere, schon halb weggewendet, die seine hin eingelegt, als er sich. mit eiserrirm Griffe festgehalten fühlte. Zugleich legte ein Arm sich auf seine Schulter, und eine kräftige Stimme schrie laut um Hilfe nnd nach der Polzei. Der Festgehaltene versuchte sich mit einem gewaltigen Ruck loszureißen oder we nigstens seine Hände freizumachen — umsonst, der Alte hielt ihn wie in ei nem Schraubstock, bis sich mitten im Gewühle des Broadway eine Jnsel von Neugierigen gebildet hatte, die schnell einen Polizisten herbeilockte. »Holloh! Gebt Raum! Was ist los hier?« Der Gauner hat mir meine goldene Uhr aestohlen,« briillte der Alte. »Der Narr ist wahnsinnig,« sagte der andere dagegen. »Ich ersuche die Polizei, mich zu befreien.« »Das soll geschehen!« lachte der Blaue, wars im Nu Handschellen um die sinöchel des Beschuldigten, nahm den Alten unter den Arm und führte beide zur nächssctenszlizeiwache Jm Volizeigericht des sechsten Pre cincts sitzt Richter Dan Wattins, ge nannt ,,Sharp« und mustert die lange Reihe der Trunkenbolde, Wegelagerer, Diebe und anderer dunklerEhrenmän ner, die er »vertnacten« soll, Auf einmal erhebt er zweifelnd den Kopf, setzt den Kneiser aus die Nase und Jwintt einen Polizisten heran, der , schleunigst sorteilt und mitten aus der stseihe einen der Hästlinge vor den » Richter führt ----- keinen anderen, als Iden Man-n aus dem Verbrecherteller. »Mensch,« rust der Richter-, und sein Gesicht beginnt zu strahlen, »Ihr seid kein anderer als Bill Crookeh ——s HHerr Gott, haben wir Euch endlich senmal gepackt?! Seid Jhr’s oder seid ! Jhr’s nicht?« »Ich bin’s!« erwiderte der Gauner und auch seine Miene strahlt vor Vers gniigen. »Mir ist’s heute nicht leid, daß sie mich gepackt haben, Richter —— haha! Jhr werdet Euer blaues Wun der erleben!« »Na, was habt Jhr denn ausgesres sen? Doch nicht etwa ——— ——« i »Natürlich! Eine Uhr! Es ist EuchJ ja längst bekannt, daß ich mit dem neuen Trick arbeite. Habt Jhr nicht auch Eure Uhr eingebüßt, Richter? Jch las es in den Zeitungen.« »Schweigt!« donnert der Gestrenge. »Sergeant, hat man ihm die Uhr wie der abgenommen?« ,,Jawohl, Euer Ehren· hier ist sie.« »Und ist der Beraubte hier?« »Hier ist er, Euer Ehren," entgegne ter der Alte. »Die Uhr ist meint« »Also, Ihr seid derBestohlene,« sagt W - der Richter und mißt den Alten mit einem getingschiitigen Blick. »Ich -seh’ Euch’s an der Nase an, daß Jhr ein Fremder seid.« »Ihr habt Recht, Richter-. Jch bin keins New Yorker!« »Nun, und woher kommt Jht denn gesegelt, alter Mann?« »Aus San Franciscv!« »Sieh, sieh’, aus San Franciseoi Hm —- tennt Jhr dort vielleicht mei nen Collegen, den Polizeirichtet Co nan?« »Seht genau, Euer Ehren, sein Büreau liegt dem meinigen gegen übert« »So? Das ist doch—hm—wo ist denn Euer Büreau?« »Im Central - Polizeiamt!« ,,Waaas! Jhr seid Polizeibeam ter?« »Ja!« und der Alte nimmt Per jriicle und Bart vom Kopf. »Ich bin sder Polizeichef von San Franeiscv!« Der Richter ist stumm geworden. Offenen Mundes sieht er Bill Crootey an, der das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzicht. »Ich kannte ihn,« sagte er, ,,kannte ihn verdammt gut, und dieser Streich msacht mich, trotzdem ich selbst mit hineinfalle, zum berühmtesten Spitz buben der Welt.« ,,Still!« herrscht der Richter ihn an, und es ist, als ob er aus einemTraum erwache. ,,Dieser Fall gehört vor die Großjury ——« ,,Oh nicht doch«, fällt hier Mr. O’ Reilly, der wegen seiner Schlauheit im ganzen Lande bekannte Polizeimann aus SanFrancisro ein, ,,laßt ihn doch eins-ach auf die Strafinsel gehen. Und wegen meines Rufes seid unbesorgt. Jhr mögt wissen, daß ich mit der Ab sicht nach New York kam, mir von Bill Crookey die Uhr stehlen zu lassen. Jch habe genau zugesehen, wie er’s machte, und etwas von ihm gelernt. Es ist das Neueste in der Kunst des Taschen diebstahls Er glaubte, mich zu rupsen, als ich mich ihm in der Maske eines alten Landonkels naherte, und nun ist er der Geleimte. Seht hier, das ist der neue Knipsapparat, den ich unserem Bill stahl, während er meine Uhr räu berte. Seine Collegen drüben in Fris co sollen schon merken, daß die Polizei mit allem, selbst mit dem neuesten Trick, bekannt ist!« ,,Berdammt!« murmelte Bill Croo leh, während man ihn hinausfiihrt, ,,nun ist’"5 mit dem neuen Trick vor bei!« —- —— — Und am Mittag, als der New Yor ker Richter nnd der Polizeimann aus dem Westen miteinander tafelten, zog der letztere dem ersteren mit Hülfe des neuen Apparates die Uhr so kunstge recht ans der Tasche, daß er ihr Feh len erst eine Stunde später wahrnahm. 107 Jahre alt und noch arbeits willig. Von einem 107 Jahre alten Bete ranen, der noch immer arbeitswillig' iji und in kein Jnvalidenhaus gehen will, weiß der Odessa Listot zu erzäh len. Vor einigen Tagen, so meldet das Blatt, erschien im Odessaer Hasenamt ein Bootgmanngmaat in Unifo-rm,die Brust mit Medaillen geschmückt, und tat um eine Unterredung mit General Perilischin. Er sah aus wie ein rüsti ger Sechzigen Groß wsar aber das Erstaunen des Generals, als der Mann seine Papiere vorlegte, aus de nen hervorging, daß sein Besuchen Alexander Jvanewitsch Jvanow aus Wischnego-Bolotschka, nicht weniger als 107 Jahre alt war. Jm Alter von 14 Jahren war er als Trommler in die Armee getreten, später lebte er einige Jahre in ArchiangeL und 1886 war er in die Flotte einaetreten. in der er ununterbrochen bis 1903 Dienst gethan hatte. Er hatte die Schlacht von Sinope mitgemacht und war einer der Vertheidiger Sebastopols. Bei seiner Entlassung war er in seine Hei math zurückgekehrt, da er dort aber keinen seiner Verwandten mehr am Leben sand, kam er nach Kronstadt, um eine Pension zu beanspruchen. Diese wurde ihm versprochen, er sollte dann aber in ein Jnvalidenihaus gehen. Da zog er es vor, nach Odessa, wo er jahrelang gestanden hatte, zu reisen, und sich um einen Posten im Zollamte zu bewerberu Man legte ihm auch dort nahe, in’s Seemanns heim zu gehen-, er aber antwortete, das fei für Invaliden, er aber wolle im Dienste sterben. Der General ver sprach ihm einen Posten, sandte ihn aber einstweilen doch in das See niannsheim Ein Ring Lineoluss an Radie velr’6 Fingern Als Präsident Lincoln nach seiner ttidtlichen Verwundung aus Ford«·s Theater in Washington nach dem be nachbarten Hause des deutschenSchuei dirs Peter-sen getragen und dort zu Bett gebracht worden war, nahm man don einem seiner Finger einen altmo bischen goldenen Ring mit einem -Opal. Frau Lincoln schenkte den Ring dem damaligen Privatsekretär ihres Mannes, John Hah; und durch diesen, den jetzigen ersten Minister Roosevelts, wurde bewirkt, daß der Ring am diesmaligen Jnaugurations tage die erwähnte Verwendung sand. Das Manisest des Zaren hat in Ruszland Eindruck gemacht. Sso wird von dort gemeldet. Nur ist der Ani druck dieses Eindrucks recht zweifel l haster Natur-.