Das Ratt-sei hdickikiäksthij Roman von Yeinhocd Ortmanw IOOOGOPOOOOOF (8. Fortsetzung) Neuntes Kapitel. Jn ftraffer dienstlicher Haltung stand der Förfter Fabian dem jun gen Baron v. Linderode in seinem Arbeitszimmer gegenüber Sein Ge hilfe hatte ihm bei der Heimlehr mit getheilt, daß der Gutsherr ihn in ei ner dringenden Angelegenheit zu spre chen wünsche, und unverzüglich hatte er sich daraufhin nach dem Schlosse begeben. Erwin war eben beschäftigt, einen Brief zu schreiben, aber er schob das Blatt lsofort zur Seite und wand te sich mit freundlicher Miene dem Beamten zu. , »Ich habe Sie bitten lassen, lieber Fabian —- aber setzen Sie sich doch! Es ist eine Angelegenheit, die sich nicht mit zehn oder zwölf Wörten abthun lassen wird.« Der Förster murmelte irgend eine respektvolle Erwiderung in feinen schwarzen Bart, aber er blieb steif und unbeweglich stehen. »Es handelt sich nämlich um einen freundschaftlichen Vorschlag, den ich Jhnen zu machen habe,« fuhr Erwin fort, nachdem er ein paar Verlegen heitsrsauchwolien aus seiner Cigarre « geblasen hatte. »Einer meiner nähe ren Bekannten, der Gras Römer auf Rogallen in Ostpreufzen, hat sich an mich mit der Anfrage gewendet, ob ich ihm nicht einen tüchtigen Forst .mann für die Pflege seiner ausge dehnten Waldungen nachweisen könne. Es wäre ein sehr angenehmer Posten, und ich dachte natürlich »in ersier Reihe an Sie.« »An mich, Herr Baron?« »Ja, denn ich war der Meinung, daß Sie sich doch wohl nach einem größeren Wirkungskreis sehnen, als er Jhnen hier offensteht. Und ein Mann von Ihren Fähigkeiten, Jhrer Umsicht und. Energie wäre meiner Ansicht nach dort gerade an feinem rechten Platz.« »Der Herr Baron sind sehr iitig, ich sage meinen unterthänigften ni. Aber ich bin mit meiner jetzigen Stel lung vollkommen zufrieden« »Sol! das eine Ablehnung fein, noch ehe Sie auch nur die Bedingungen kennen gelernt haben, unter denenGraf Römer Sie engagiren will? Einige lieberlegung —- meine ich —- wiire die Sache immerhin werth.« »Wenn ich ganz offen sprechen darf, Herr Baron —- ich möchte nicht von ! hier fort, am wenigsten in eine so weit entfernte Gegend.« Erwin hüllte sich aufs neue in dichte Wolken. Die Erfüllung des Verspre chens, das er Editha gegeben, erschien ihm wahrhaftig nichts weniger als be quem. »Nun ja,« meinte er nach eini gern Zaudern, »das ist ja recht gut und macht Jhnen als ein Beweis Jhrer Anhänglichkeit alleEhre. Jch fiir meine Person wurde Sie auch nur ungern zerlieren.» Aber wie die Dinge einmal Er hielt unwillkürlich inne da erf fah, mit einem wie schmer lich finste ren Blick die Augen des Figan auf ihn gerichtet waren. »Sie wünschen also meine Entfer nung. Herr Barurt?« »Hm! Es thut mir leid, Fabian daß ich Ihnen daraus nicht rundtveg nein antworten kann. Aber die fatale Geschichte — Sie wissen ja, wag ich meine-das Gerede der Leute tommt nicht zur Ruhe, und Sie selber müssen doch auch darunter leiden.« »Ich türnmere mich nicht um das Gerede und lomme niemandem zu nahe. Als ich freigesprochen worden war, stellte ich es Jhrem Großvater frei, mich sofort zu entlassen. Aber er wollte daoon nichts hören. »Sie haben nur Ihre Pflicht ersiillt,« sagte er, »Und jetzt bleiben Sie erst recht in mei nem Dienst, solange es Ihnen darin gesällt.« »Mein Großvater glaubte Ihnen diese Genugthuung schuldig zu sein, und ich hätte an seiner Stelle genau so gehandelt. Daß ich Jhnen das aller beste Zeugniß ausstellen und Sie aus das tvärrnste empfehlen werde, dürsen Sie als gewiß annehmen Wenn Sie Gründe haben, die Anstellung bei dem Grasen Römer auszuschlagem werde ich eAhnen schon etwas Anderes, Pas senderes :7erschassen.« »Ich habe das sür eine Kündigung Zu nehmen, nicht wahr?« » »Wohlverstanden: in aller Freund . scheit, lieber Fabianl Und vornehm lich in Ihrem eigenen Interesse. Spä terhin, wenn erst einmal Gras gewach E sen ist über die alten Geschichten, und « Ein-eng Sie dann noch Lust haben, nach »Weil-säh zuriielzutehren —'· » « - Der nunngenehme Blick des Mannes M ihn immer aufs neue in Ver Manns Er sing an zu begreifen, Wen Editha den Förster einen un » n Menschen genannt hatte. doch vergaß Fabian nicht siir M Moment seine ehrerbietige Hal » »Beste-g lässt bis zum er Hes Messe-, zik »We- Dem-in Its-, die Endigst-g an. here OOOPOPPPGOOOI seinem Rechtlichteitsgesiihh denMann noch tieser zu kränken. Dann aber dachte er daran, daß Editha seine Zu sage in aller Form erhalten hatte, und toie er sie kannte, wußte er, daß er mit dem halbersüllten Versprechen eine einigermaßen klägliche Figur in ihren Augen machen würde. Einzig die Furcht vor ihrem wohlbekannten spöt tischen Lippenzuclen brachte die Be dentlichkeit seines Gewissens zum Schweigen. »Ich hoffe, daß Sie mein-e Beweg gründe richtig beurtheilen, Fabian!'« sagte er, ohne den Förster anzusehen. »Und da wir uns nun in der Haupt iache verständigt haben, wie wäre es, wenn Sie nicht erst zum Herbst, son dern jetzt Jhre Stellung verließen?« Es war heraus; und nie in seinem Leben war Erwin v. Linderode so un gehalten über sich selbst gewesen. Dem aesiirchtetsten Vorgesetzten gegenüber hatte er sich nicht so llein und besan gen gefühlt als hier vor diesem Unter gebenen, deiner mit vollem Bewußt sein eine abscheuliche Ungerechtigkeit zusiigte. Und warum, zum Henker, mußte ihm der Mann nun obendrein wohl eine Minute lang die Antwort schuldig bleiben? Wandie Situation denn nicht ohnedies unbehaglich ge nug? « »Daß ich Ihnen Jhr Gehalt bis zum ersten Oktober zahlen werde, ist selbstverständlich Und in Anbetracht Ihrer ausgezeichneten Dienste halte ich es sogar fin meine Pflicht, Jhnen eine angemessene Gratifikation —" »Ersparen Sie sich Jhre Verspre chungem Herr Baron!« fiel ihm plötz lich der Förster ins Wort. »Wie ge ring ich auch in Ihren Augen sein mag, so ein unehrlicher Schust bin ich doch noch nicht, daß ich mich mit einer Handvoll Geld absinden lasse. wenn einem vornehmen Herrn die Lust an kommt, rnir meine Braut zu stehlen.« Er hatte seine Stimme taum merk lich erhoben, und er stand noch immer so bescheiden da wie vorhin; nur die Adern an seinen Schläfen waren hoch ausgeschwollen, und die tiesliegenden Augen unter den buschigen schwarzen Brauen schienen Blitze zu sprühen. Jn grenzenlosem Erstaunen starrte ihn Erwin an.- »Was reden Sie da, Fahian? Haben Sie den Verstand ver ihren? Wer ist es, der Ihnen- Jhre Braut stehlen will ——— diese Braut, von ceren Existenz ich bisher auch nicht die leiseste Ahnung hatte? Was berechtigt Sie. Mensch, mich siir einen gewissen losen Möcchenjager zu halten?" »Jch spreche nicht von Ihnen. Aber ich frage Sie aus Ehre und Gewissen, Pierr Baron, oh Sie mir aus eigenem Antrieb den Stuhl vor die Thüre setzen, oder oh irgend jemand aus Ih rer Familie es von Ihnen verlangt hat?« Erwitis Verwunderung wuchs im mer mehr. Aber er war gerecht ge nug, sich zu sagen, daß der Mann trotz seiner untergeordneten Stellung eine Antwort verlangen dürfe, wie unange messen auch immer die Form seiner Frage sein mochte. Und es reizte ihn überdies, den Ding-en aus den Grund zu kommen, die sich hier ganz unver kennbar hinter feinem Rücken abge spielt hatten »Ich sollte Ihnen wohl eigentlicher widern, daß Sie sich darum nicht zu liimmern baben,« sagte er ruhig, »aber ich will Ihnen Gelegenheit geken, Ih ren Jrrtbum einzusehen und sich Ihrer unsinnigen Beschuldigungen zu schä men. Ja, es ist Fräulein Editba o. Linderode , die Ihre Entlassung wünscht —— aus Gründen, die mir aleichgiltig sind und die Sie vermuth iich besser kennen als ich.« Der Förster fuhr sich mit beiden Händen durch seinen langen Bart. Er ichs-elend zuckte und arbeitete es in seinem hageren Gesicht. »Das qniidige Fräulein also! Ja freilich-nun begreise ich’s erst recht, oaß ich fort muß. Dem Herrn Prosper zuliebe, damiter freies Feld bat — und dann, weites dem gnädigenffriius lein unbeauenr ist, nIir zu,begegnen. Natürlich-es muß ihr wobl unbe auem sein —— man sagt ja, sie sei Jhre Braut.« Erwin hatte sich erhoben. Jetzt war er in Haltung und Stimme nur noch ler Gebieter und der stolze herrische Aristokrat. »Sie muss-en betrunken oder verrückt sein« daß Sie sich unterstehen, so birn verbranntes Zeug zu schroa en. Ja, Fräulein v. Linderode i meine Braut, und ich werde jeden die Reit peitsche kosten lassen, der ei- roagt, ih ren Namen asders als mit dem Aus druck unkeg ·nzter hochachtung zu nennen. Sie wünscht Ihre Entfer nung, weil Sie ihr widerwärtig sind· Jst das nicht Erklärung genug? »Ja, gewiß, und ich wundete mich ja auch gar nichts Ich bin dem Fräu lein widerwärtig —- so widerwiirtig rrie der See und die Bäume, die ja wohl auch Miglien halten« was ich sah. Aber decSee und diesänme können nicht reden. darum diiksen sie bleiben wp sie sind. Nur ich muß beseitigt werden — nur ich!« Der Baron v. Linderode war sich Mit-muten darüber tlae, das ee den MÄIM « i bitt M M LIMqu . ins " ohne chm W nur noch ein einziges Wort zu gestat ten. Er selbst fügte Editba eine uner hörte Beleidigung zu, wennet si seht noch dazu herbeiließ, eine Frage a ihn zu richten. Seine band war denn auch bereits nach dem Drucktnops des Telegraphen erhoben, aber der furcht bare Zweisel, den Fabians räthsel haste Andeutung in ihm wachgerusen hatte, machte sie wieder sinken. »O Die Arme über die Brust verschrän tend, sixirte er den Förster mit einem durchbohrenden Blick. Er schämte sich seiner unwiirdigen Schwäche, aber r tonnte dennoch der Versuchung ni t widerstehen, in drohendem Tone zu fragen: »Was wollen Sie gesehen ha ben? Wägen Sie Jhre Worte wohl, denn Sie könnten rascher im Gesäng niß oder im Jrrenhause angelangt sein, als Sie denken.« »Sie sind es nicht, der mich dahin bringen kann, Herr Baron — Sie nichts« fuhr der Förster hastig aus. »Noch gilt es hierzulande nicht sür ein Verbrechen, leichtsertigeFrauenzimmer beim rechten Namen zu n-:nnen. selbst wenn sie ein-e siebenzaclige Krone im Wappen sühren." »Hund —— vernial-.sdeiter!« schrie Crwin aus, und ehe der Förster sich dessen versehen konnte, schlu er ihn Itnit der geballten Faust ins sicht. ) Jrn nächsten Augenblick aber sasz ihm eine Faust, deren Sehnen und Muskeln aus Eisen geslochten schienen, kan der Kehle, und trotz seiner Stärke Isiihlte er sich von einer überlegenen Kraft in die Knie niedergezwungen. Er sah Fabians wuthdskrzerrtes Ge sicht dicht vor dem seinen, und in Lau :en, die kaum noch etwas Mens liches hatten, zischte es an sein Ohr: « unde ihr selbst, die ihr in Eurem Ueber muth zertretet und beschmutzt, was uns iheilig ist!——Ja, daß Du es weißt: Deine Braut ist eine Dirne wie meine! Uns setzt sie hochmüthig den Fuß aus den Nacken, Dich aber läßt sie ihre kostbare Gunst mit dem ersten besten biibschen Maler theilen, der sie im stillen Wald herzen und litssen dars. Ich habe-is gesehen, und weil Du mich geschlagen hast. soll es jetzt die ganze Welt erfahren —- die ganze Welt!« Er schüttelte den Baron so heftig, daß Erwin, schon halb erstickt, nahe daran war, das Bewußtsein zu verlie ren. Mit einer berzweifelten lehten Anstrengung suchte er sich von dem furchtbaren Griff seines Peinigers zu befreien, nnd bei diesem Ringen ielen beide gegen den schweren Schrei essel, der unter der doppelten Last trachend umstiirzte. Das laute Gepolter rief yden im Vorzimmer wartenden Ober linspettor herbei, sund es war ein l Glück für den schwer bedrängtenGuts ! herrn von Elverghöh dasz sein Groß inater es aeliebt hatte sich mit beson trrs träftiaen Männern zu umgeben. Die derben Fäuste des handsesten Mannes rissen den Förster von seinem Opfer zurück, und schwer athmend, mit dunkelrothem Gesicht, raffte sich Erwin auf. ; »Um Gottes willen, Herr Baron, ist tenn der Mensch tobsüchtig geworden? - Soll ich ihn binden und einsperren : lassen, bis wir den Gendarm geholt ; haben?« rief der Oberinspettor. l Der Gefragte der mit abgewand-; stem Kopfe an seinen Schreibtisch ge jtreten war machte eine verneinende I Gebärde. »Ich will mich mit dem Bur- - s ichen nicht aufhalten —- er mag ficht packen! Laßt er sich aber morgen früh l noch auf meinem Grund und Bodenl betreffen, so soll er festgenommen und . der Polizei übergeben werden. Vorher z brauchen Sie über das, was hier ge- I schelten nicht weiter zu reden.« ’ Der Beamte konnte nicht im Zwei fes sein, daß seine Gegenwart dem Baron trotz des Dienstes den er ikm eben geleistet, sehr wenig angenehm er, ; Jund er war tattvoll genug, sicho net Iweitere Frage zurückzuziehen mi jTreppenhause stieß er an einen Die ner der ganz verblüfft über das Ge- ( Länder hinabstarrte. ; »Was war denn da mit dem För- J ;ster Fabian, here berinspettor?« ssragte ihn der Mann. »Er stürzte an - Imir vorbei, daß er mich beinahe über « jden hausen gerannt hätte, und ein« Gesicht hatte er—-—na, ich möchte im seinsarnen Walde teinem begegnen, der ! so aussieht « « i »Ich glaube, der Herr Baron hat » Fabian seine Stellung getündigt,« er widerte der Oberinspettor dem Diener ausweichend »Und vielleicht ist es in Fabians Kopfe wirklich nicht ganz ge heuer. Wenn er sich etwa an diesem Abend noch einmal im herrenhause blicken lassen sollte, so weisen Sie ihn kurzer band hinas. « E EinGloctenzeichen aus dein Arbeits zimmer des Gutsherrn machte ihrem Gespräch ein Ende, denn der Diener beeilte sich, dem Rufe Folge zu leiften. Als er eintrat, saß der junge Baron knickt-einend ruhig am Schreibtisch. Nur die duntle Röthe war noch immer nicht von Stirn und Wangen gewi ck-en. Er ertheilte dem Diener einige gleich-gültige Aufträge und schüttelte verneinend den Kopf, als jener nach kurzem Warten fragte, ob der anädige Herr noch weitere Befehle für ihn habe. Aber als der Mann dann schon den Fuß über die Schwelle gefeyt hatte, rIef er ihn doch noch einmal zurück. «Sagen Sie —— da fällt mir eben ein, baß ich neulich von einem Maler sprechen hörte, der sich vor Kurzem hier aufgehalten habe. Jst Ihnen da riibek etwas bekannt?« " Der Diener besann sich eine Weile, aber er brachte aus den Tiefen feines Gdächtniffes offenbar nichts zu Tage; tenn als er fah, daß des Baron un geduldig mit demFederhalter zu te m meln be ann, teeilie er XI Heu e lä rem « ter apr Ebere- '· lt jeden «falls keiner ewesen, gnädigei rr. Und daß die nftreicher aus Neu tadt Zum letten Mai hier waren, ist min destens vier oder fiins Monate her.« Ansinnl Jch rede nicht von den An streichernz sondern von einem Künstler, der Porträts oder Landschaften malt. . Ader ich dachte mir gleich, daß es ein : Jerthum sein müsse. Sie können gehen.'« Sobald er sich allein wußte, sprang kraus und begann mit der Ruhelosig leit eines eingesperrten Löwens das Zimmer In durchwandern. Die entsetz liche Ungewißheit, ob er die Aeußerun gen des Försters sii.r das sinnlose Ge fchwätz seines Wahnwitzigen zu neh men habe, oder ob etwas Wahres an ihnen sei, brachte ihn sast uin den Ber siand. Daß Edttha v. Linderode, die schöne, stolze, unnahbare Editha, die cr jahrelang hatte umwerben müssen, el,e es ihm gelungen war, ihr das Ja iivort zu entringen ——— daß sie sich so itveit erniedrigt und weggeworfen ha ben sollte, ihn aus die schniachvollste Tit-Teile zu hintergehen, das war ja im J Grunde eine ganz undentbare, unmög I liche Vorstellung. Er hatte als lebens instiger Kavallerieosfizier seine Erfah rungen mit den Frauen gemacht, und er hegte im allgemeinen lein allzu großes Vertrauen in ihre Beständigs trit. Wie hoch er auch den Werth seiner eigenen Person einschähtet daß seiner schönen Base eines Tages ein andrer besser gefallen haben könnte als er, lag seiner Meinung nach keines wegs außerhalb des Bereiches der M"glichkeit. Aber daß sie es ihm der sch iegen habe, daß sie nicht davor ziiriiclschrecien sollte, sein-e Ehre zu besudeln, indem sie trotz des begange i.en Trenbrnchs seine Gattin würde — nein, das tonnte er nimmermehr glau ben: Das sah ihrer geraden, uner schrodenen Natur zu wenig ähnlich, als daß er es nicht weit hätte von sich abweisen sollen. und doch! nn er sich an ihr seli sames Jntere für die sofortige Ent lassung Fabians erinnerte, wenn er daran dachte, dasz sie selbst von einein Geheimniß gesprochen, dessen Ofsen barung erst nach ihrer Hochzeit erfol aen dürfe, und wenn er sich die Worte des- unseligen Förfters ins Gedächtniß zisrückries: es war mehr als genug, um selbst einen felsenfesten Glauben Zu erschüttern, und jedenfalls fast zu viel sür seinen in der Lösung tief aründiger Räthsel sehr wenig geübten Verstand. Nun that es ihm beinahe leid, daß er Fabian nicht auf der Stelle als einen Verriiaten hatte einsperren las sen. Dann hätte sichs ja bald heraus siellen müssen, ob der Mann bei Ber stand war oder nicht. und diese qual volle Ungewißheit, die sür die Dauer einfach uneriräalich war, wäre nicht bis in’s Unendliche verlängert worden Daß der Diener nichts von der Exi stenz eines Malers wußte, wie ihn Fa dian mit Editha gesehen haben wollte, gewährte dem von grausamen Zwei feln Gemarterten ja immerhin eine ge wisse Beruhiaiina, ein unansechtbarer des Mannes war es aber nicht, und irenn Erwin die Ehre seines Namens inens ?chssss; süchäbMchqullRFm nicht unbedacht gefährden wollte, mußte er bei dem Suchen nach besseren Beweisen mit einem Geschick und einer Vorsicht zu Werte gehen, die er sich niemals weniger zugetraiit hatte als in seiner gegenwärtigen, ausgeregten Stimmung. Allmählich erst lam ihm wieder iii ten Sinn, wag deriFörster in allerlei dunllen Andentiingen von seinerBraut rnd von Prosver geredet hatte. Wenn Erwin ihn nicht volltoinmen mißver standen hatte, und wenn es wirllich kein Vetter Vrosper war, der den leichtsertigen Mädchenjäger gespielt haben sollte, so war allerdings jeder » Zweifel ausgeschlossen. daß es sich le diglich um die Wahnvorstellungen eines Verrückten handle. Und hier war die Stelle, wo Erivin mit seinen Nachforschungen einsehen zu täniien meinte. Er nahm sich also vor, noch an die sem Abend Erlundigungen einzuzie hen, und qriibelte noch über ein beson terd diplomatisches Verfahren, als der Diener wieder erschien. Er hatte ir gend eine belanglose Meldung zu er statten, aber nachdem er sich ihrer er-« ledigt hatte, zögerte er, wie wenn ihm Poch etwas anderes auf dem Herzen rege . »Nun?« fragte Erwin ungeduldig. » »Was giebt es weiter?« . »Der Herr Baron wollen gnädigst sverzeiherh aber wegen des Malers — Hich habe inzwischen hernmgesragn Es ; kann doch wohl seine Richtigkeit haben siåiqiäedeim was der Herr Baron gehört ; n." - I Erwin grub die Fingernägel in die lHandflächen Es war ihm, als hätte er inoch einmal di-: eiserne Faust des För j stets an feiner Kehle gespürt Durch einen gebieterilchen Blick nur bedeutete er dem Diener, weiterzureden. «,,Hier im Schlosse ist der Herr frei tich nie gewesen, denn sonst hätte ich es natürlich gewußt. Aber drüben im Dorfe Eichfelde hat toochenlan einer· gewohnt —- es soll ein Schwe oder ein Nortveger gewesen sein —, ein schöner, großer Herr. Und er soll alle Tage im Forli gemalt haben. Die gnä diglte Baronesse wird ihn vielleicht lannem Der Reittnecht Friedrich meint wenigsten, er habe das gnädigeFriiu leite einmal mit dem Maler sprechen lehen.« Erwin empfand ein unwiderstehli ches Verlangen, den armen, ahnun ö losen Burschen niedergulehlnkxem ie Blnttvelle, die ihm siebenle ß um M le drängt-. lehtvemmte alle eine Ue rlegnng hinweg « »Hiiren Sie-auf mit Ihrem Ge ickwä t« schrie er den Erichroctenen M- ». ch habe so treni verlangt, daß Sie im ganzen Schlo e herumfragen sollen, als ich geneigt hin, mir von Ihnen lange Geschichten erzählen zu lassen. Scheren Sie sich hinauss« Als der Diener hinaus war, fuhr er sich mit Heiden Händen in das sauber aescheitelte Haar. »Herr im Himmels« stöhnte er. »Wenn es wahr wäre — tvenn es doch wahr wäre,!« Mit einem Ruck richtete er sich end lich empor, und er»versäumte nicht ein mal, mit der Taschenbiirste feine be schädigte Frifur wieder in Ordnung zu bringen, bevor er sich aus den Weg :·ach dem Schlößchen machte. Zehntes Kapitel. Auch als die ichmächtige Gestalt ihres Bruders in der Dämmerung des Bartes verschwunden war, hatte Edi tha ihren Platz am Fenster nicht ver lassen. Sie war nicht mehr gestimmt, in ihren Reisevorbereitungen fortzu sahren. denn der Austritt mit Prosper hatte sie viel mächtiger erregt, als sie is ihm gezeigt hatte. Sie wußte, daß er durch die Grausamkeit, mit der sie seine Jllusion hatte zerstören müssen, tief unglücklich geworden war, und be mitleidete ihn um so mehr, als der Blick seines Schmerzes auch in ihrer Seele alles ausgewählt hatte, was sich an Bitterkeit und dumpsem Weh darin verbarg. Er tonnte ja taum elender sein als sie selbst, und wenn sie mit ihrem Leide besser fertig wurde als er, to war es die größere Widerstands sahigleit ihrer Natur, nicht die gerin gere Bedeutung ihres Herzen-stum viers, die ihr dazu verhals. Sie wiire freilich zu stolz gewesen, irgend einem menschlichen Auge den Einblick in ihr zerrissenes Jnnere zu gestatten; aber sie litt wahrlich nicht weniger, weil sie im Verborgenen litt Wenn nur Erit Hallagers Antwort dagewesen wäre, diese heiß ersehnte, fruchtlos erwartete Antwort, die sie wenigstens von der unwiirdigen Angst vor den Ereignissen der nächsten Stunde befreit hätte! Fühlte sie doch schon jetzt, daß die Flucht, die sie be absichtigte, nur eine neue Thorheit war sund daß die lähmende Angst nicht von ihr weichen würde, auch wenn viele Meilen zwischen ihr und dem Schau plaß ihres kläglich zerronnenen Früh lingstraumes lagen! Die Dunkelheit nahm zu, und un deutlich nun gewahrte Editha die Um risse einer aus dasSchliißchen zuschrei tenden männlichen Gestalt. Sie glaubte, daß es Prosver sei, der wieder heimkehre, und lehnte sich weiter iiber he Fensterbriistung vor, um ihn anzu rusen. Nun aber, da die Gestalt lang sam näher kam, wurde sie inne daß ihre Vermuthung irrig gewesen war. Das war nicht die schmalschultrige Fi aur ihres armen Bruders, sondern ein stattlicher, hochgewachsener Mann der groß und wohlgebaut schien tro? sei: ner gebeugten Haltung und eines iuiiden Ganges. Sein Gesicht blieb unter dem breit randigen Hute verborgen, und die abendlichen Schatten waren überdies Zu dicht, als daß sie eg von ihrem Standorte aus noch hätte ertennen tönnem aber wenn nicht dieser schlep tende Gang und diese gebrochene Hal tung gewesen wären —siirwahr sie würde sich versucht esiihlt haben, an ein beiingstigendes -piel ihrer erreg ten Einbildungstrast zu glauben Nur irre- thörichte Furcht wg r es, die ihr ten abenteuerlichen Gedanten einge geben hatte, dessen war sie ganz sicher; aber troß der Gewißheit, daß es nicht Erii Halläger sein tonnte der da mit einbrechender Nacht ihrem Hause zu strebte, neigte sie sich doch verhaltenen Athems weit hincirs um den Augen blick nicht zu verlieren, daer aus dem unbestimmten Duntel in den schwachen Lichtstreisen treten würde, der aus der frlleuchteten Thiir über den Nie-weg re. Und nun-—il)r Herz hörte aus zu schlagen! — nun war es geschehen. Er hatte das tief gesentte Haupt erhoben, urn zu den Fenstern des ersten Stock werls emporzusehen, ·und wenn sie nicht an der Schwelle des Wahnsinns stand, wenn nicht die ganze Erschei nung nur ein Trugbild war, so hatte das unbekannte Schreckliche, vor dem sie seit Tagen zitterte, urplii lich Le ben und Gestalt ewonnen. enn die erste, halb instinttive Ahnung hatte sie nicht betrogen —-— es war Erit Hal lager, der da lam. Noch hätte sie vielleicht durch ein rasches bittendes Wort seinen Eintritt verhindert, hätte ihm zurufen können, daß er sie unten erwarten möge, wo sie im Duntel der Laubgänge unge sehen und unbelauscht miteinander svrechen konnten, wenn diese grausame Aussprache denn nun doch einmal unvermeidlich geworden war; aber nicht um den Preis ihres Lebens hätte sie einen Laut über die Lippen zu brin aen vermocht, und sie stand in statuen haster Unbeweglichkeit an der nämli chen Stelle, als si-: draußen schon die Stimme rZose hörte, die im Be atiii schen. den späten Besuchkk ab Zuweisem Sie rührte sich nicht, denn sie wußte ja, da Crit Hallaaer sich nicht abweisen l en würde, wenn er einmal bis hierher gekommen war, und ed war seltsam genug, daß sie in die sen Auaendlicken höchster. ang tvollster Spannung sich keiner anderen umfin duna deutlich bewußt wurde, als eines Dank esiihls sitt den Zufall, der sie weniatens von der Gegenwart ihrer Mutter befreit hatte, indem er die be dauernswertheIrau v. Linderode mit ten in den schönsten Reisevorbereituw aen mit eine-n desti en tätigriineansall ketmaesuchi. Sie Perledte nicht, wag sie dem verrathenen G- ebten sage i , i -— .-.-» --.-MM«--»-·»-. »—· wom- --»-«-.«- «-. --.--,... » trsie sie sich gegen seine Anllagen und Vom-Tiefe vertheidigen wiirde —- sie wartete mit einem gen-i en ftump n Fatalismus, der bereit st, dem n rermeidlichen zu begegnen, wie immer es sich gestalten möge. J Und sie wartete nicht lange. Mit, einer Handdewegung schnitt sie der ’verlegen eingetretenen Zofe die feig haft Meldung ab, und ihr Kopfn cken bedeutete dem verwunderten Mädchen, iem Fremden den Zutritt nicht länger tu verwehren. Mit leisem Klappen fiel die Thür hinter Erit llager zu, nnd Aug’ in Auge standen te einander gegenüber. Editha wiirde entsetzt ausgeschriecn Kalten wenn sie sich nicht innerhalb ter letzten Setunden das unverbriich liche Gelöbniß abgelegt hätte, seine Anrede zu erwarten. Das war der selbe Mann nicht mehr, der sie vor einer turzen Reihe von Tagen in seine Arme geschlossen hatte. Wohl mochte scinGesicht noch edler und durchgeistia ter erscheinen in dieser fahlen Bliisse nnd mit den todt-nähen Linien um Augen und Wnd; aber es war ein fremdes Gesicht, das sie nicht kannte, so wenig als diese mühsam sich auf recht erhaltende Gestalt und die matte, llanglose Stimme, die wie aus weiter Ferne an ihr Ohr tönte. »Da bin ich mein Lieb! Ziirne mir nicht, daß ich Dich hier suche und um solche Zeit. Aber ich mußte Dich heute noch sehen ——— es litt mich nicht länger »ich hatte eine so närrische Angst. iaß ich Dich nie mehr sehen würde, wenn nicht beute.« Eis-kalt griff es bei-seiner seltsamen Anrede in Edthas Herz. Er nannte sie, wie er sie einst genannt hatte, und er tam, wie wenn während seiner Abwesenheit alles unverändert geblie ben wäre. Er wußte also nichts-, und sie sollte die furchtbare Aufgabe ha ben, ihm von Angesicht zu Angesicht Zu wiederholen, was sie ihm Unter Qualen geschrieben! Mit beiden Händen aus die L-:hne des Sessels gestutzt der ihm am näch sten war. stand er ihr gegenüber, um die halbe Breite des Zimmerö von ihr getrennt, miide und in sich zusammen gesunten, anscheinend ohne jedes an dere Verlangen als das, sie anzusehen. Underwandt waren seine Augen ans ilir Gesicht geheftet. Nicht die fröhli chen, lachenden Augen, die sie so sehr geliebt hatte, sondern starre, heiße, aliisern glänzende Augen, vor denen sie sich fürchtete, weil sie ihres-gleichen noch nie gesehen. (Fortseßung solgt.) -.--—....- . cchteuenwandeeung. Jm Aachener Bezirtsverein deut scher Ingenieure hielt JngenieurDorp müller einen Vortrag irrer eine von ihm tonstruirte Vorrichtung, um die Längsdewegungen der Eisenbahn-ge leise, die iogenannte Schienenwande rung, zu beseitigen. Die Vorrichtung bietet speziell eisenbahntechnisches Jn reresse, von allgemeinerem Jnteresse aber dürften die Ausführungen des Genunnten iiker Ursache und Wesen Jener merlwiirdigen, den Nichtsachleu ten wenig betannten Erscheinung sein. Die Längsbewegung der Eisen bahnschienen, die bei zweigeleisigen Bahnen fast nur in der Fahrtrichtung, selten in der umgetehrten Richtung beobachtet worden ist, wird durch die tleinen Spielräume ermöglicht, die man bei dem Stoß zweier Schienen srei lassen,muß. damit die Schiene bei großer Wärme nicht an ihrer Ausdeh nung behindert werde. Das Wandern führt große Uebelstiinde in der Geleit lage herbei; häufig ist es an dem Ver wersen der Geleise an heißen Som nrertagen schuld, weil sich dieSchienen, wenn die Wörmeliicten geschlossen sind, mit den daran hängenden Schwellen seitwärts schieben oder nach oben heben. Ganz besonders wird aber dadurch die Bahnunterhaltung dertheuert, indem das Zurückholen und die Jnstandseßung der Schienen zum mindesten 30———40 Prozent der Kosten siir die Geleiseunterhaltung ausmacht Die Ursachen dieser Längsverschieg bung sind recht verwickelt. Zunächst sind es die Schläge der Räder an den Schienenstoßlücten, welche die Schie nen in der Fahrtrichtung vertreiben, besonders bei Sch ellziigem und wenn infolge Vetfchleiße von Lasche und Laichentantmer der Stoß seine Stei sigteit schon theilweise einKbiißt hat. Ferner verstärkt die rollen Reibung der Wagenräder und besonders die Reibung der gebremsten Räder aus den Schienen das Wandern. Auch die Kegelsorm der Radreisen hat wohl einen Antle an der Wanderung« weil insolge etwaiger Spurerweiterun gen und des Verschleißeg am Rand slansch die beiden Laustreise derselben Achse ungleichen Umfang haben und das eine Rad notwendigerweise glei ten muß. Dazu lommt noch, daß in Kriimmnngen durch das Anstreisen der Spurtränze der äußeren Räder die Schienenmitgerissen werden. Jn der geraden Linie wie in Krümmun en macht man die Beobachtung daß ast» durchweg der eine Schienenstrang stärker wanderi als der andere, wo durch sich die Stoßschtvellen schräg stellen und Spurverengungen ent stehen. Jn Strecken mit scharfen sitiimmungen und starken Steigsmgm lommt es sogar vor, daß die eine Schiene vorwärts und die unt-ermüd wärts wandert. Bei eingeleisigen Bahnen, wo dasselbe Geleite in beiden Richtungen besahren wird, tritt das Wandern in geringerem Maße ans; es kommt jedoch auch hier besonders tu Gesälien und Kritmmungen vor, und die-Bewegung bangt zwei ellos von der Groß-: der Lasten ab, ie in derk einen oder anderen Richtung befördert werden. -