Frautein vpapa Clizze aus dem Bergmannsleben Nach dem Englischen von W. Thal. Jeden Morgen, wenn die Bergleute sich am Eingang der »Berard-Grube" sur Einfahrt versammelten, erschien zuleht ein großer, heiterer Mensch, der ein kleines Mädchen von 7——8 Jahren an der band führte. Es war Michel Perron und seine Tochter: Bevor er den Fuß in die Benne setzte, um in die Grube hinunterzusteigen, hob er das Kind in den Armen hoch, drückte einen Kuß auf jede Wange und feste es wie der nieder. Das Kind rief: ,jAuf Wiedersehen, Papa!" Wenn die Glocke ertönte und damit das Zeichen zum Abstieg gegeben wurde, legte sie die kleinen Finger zusammen, saltete die hände und wiederholte immer und immer wieder das Wort »Papa«, bis der Papa sie nicht mehr hören tonnte und sie nach der Schule ging, um dort den Tag zu verbringen. Sobald der Abend gekommen war, stand sie als erste am Eingang zur Grube, aus der Michel Perron immer zuerst auftauchte. Dann hob er sein Kind in die Höhe; sie schmiegte sich zärtlich an ihn und rief fröhlich: »Pa pai« während alle Heiterleit ihrer klei nen Seele aus ihrem Lächeln und ih ren Blicken strahlte. Die Bergleute hatten sie diese beiden Silben so oft wiederholen hören, und die seltsame Leidenschaft, die sie bewußt hinein legte, war ihnen so aufgefallen, daß sie sie »Friiulein Papa« genannt hat ten. Und dieser Name paßte auch vor züglich fiir sie. Jhr Vater lebte nur fiir das Kind, die Mutter war lange, lange todt. Sie hatte sie taum ge kannt. Jn den Erinnerungen ihrer frühesten Kindheit sah sie immer nur ihn, nur ihn vor sich. Für sie wurden seine rauhen Hände weich, fiir sie war sein Gesicht stets heiter und fröhlich; und für sie war der Mann gleichzeitig zum Weib und zum Kind geworden-. Ach, wie sehr liebte sie aber auch ihren Vater, wie änglichst war sie jeden Morgen, wenn sie ihn in das göhnende Loch hinuntersteigen sah, dessen Endes sie nicht zu erblicken vermochte. Ein Bergmann hatte sich eines Ta ges den Spaß gemacht, sie ganz dicht an den Rand der Grube zu halten« doch fje war von dem finsteren Loch! mit einem Schreckensschrei zurückge-’ sprungen. — »Papa steigt dort hin-s unter," dachte sie, »wenn er nun nicht mehr herauftocntnt?« Und an diesem Tage schmiegte sie sich« als Michel Perron sie zum Ab schiedsgruß in die Arme genommen. inniger an ihn an und sagte zitternd unter halblautem Flüstern: »Du wirst doch wieder kommen, nicht wahr?« »Aber gewiß, Kleine, wie ininier!« »Ist auch teine Gefahr dabei?'· Sprich Papa!« »Natürlich nicht, mein Herzchen!« »Könnte niemand —--— lönnteft Du nicht dort unten fterben?-« »Sei unbesorgt,« versetzte Michel lächelnd, »ich werde nicht sterben, ohne es Dir vorher zu fagen.« »Dann auf Widersehen, Papa!« ; Sie glaubte an diefe Worte des? Vaters wie an das Evangelium undI ging wieder beruhigt nach der» Schule. Doch die Erinnerung an das; schwarze Loch, in das sie geblictt, war’ nicht ganz verschwunden, und von jetzt ’ ab fürchtete sie sich jeden Morgen undt zitterte jeden Abend. Sie fürchtete( stets, ihr Vater würde aus der TiefeJ in die sie ihn hatte fteigen sehen, nicht mehr auftauchen. Eines Tages verbreitete sich plötz lich das Gerücht, es hätte fich eine Mi nenexplosion ereignet. Jn tiirzerer Zeit, als man braucht, um es zu er zählen, war der Eingang zur Verord Grube von einer dichten Menschenmen ge umlagert. Aufgeregte Menschen kamen von allen Richtungen herbei. Ob man von all den Bergleuten da unten wohl viele lebend wiedersah? Michels eTochter lief mit aufgelöttem Haar inmitten der aus der Grube ge förderten Leichen umher und rief»-Pa pa! Papa!« Allerdings liefen noch andere um her und schrien: »Papa, Papa!", doch niemand mit solchem Ton der Ber zweiflung. —- Die andern wurden fortgefchiclt. Das arme Kind lief von einer Leiche zur andern und blieb manchmal nachdenklich stehen, um in den entftellten Zügen das Gesicht des Mannes herauszufindem den sie suchte. Doch ihr Vater war nicht nn ter den Todten. Das Vertrauen lehr te zurück. Sie ward ruhiger und such te ihn unter den Lebenden. Niemand hatte ihren Vater gesehen. Von den 60 Bergleuten, die am Morgen in die Grube hinabgestiegen waren, waren 45 zurückgelehrt; 14 waren todt. Einer fehlte und das war Michel. Das alles ertliirte man ihr. ie verstand es und nickte mit dem opse, als wenn sie ihr gesagt hätten: »Du wirst ihn wiedersehen.« Sie erwartete ihn auch wirklich jeden Augenblick Plötzlich erinnerte sie sich, daß ihr Vater ihr eines Morgens ge sagt hatte: »Ich werde nicht sterben, ohne es Dir vorher zu iagen.« Jn vierzig Stunden hatten die Bergleute alle Mittel der Rettung erschöpft. Allerdings lag in diesem Perschwinden etwas Merkwürdiges. Lebend oder todt hätten sie ihren Ka meraden Michel finden müssen, doch das war nicht der Fall gewesen; Mit den Plänen in der Hand, hatte der Chefingenieur selbst die Nachfor schungen geleitet. Sorgfältig hatten sie sogar den kleinsten Winkel der Galeeien durchsucht. Es war die Ansicht aller, der unglückliche Berg mann wäre bei der lötzlichen Explo sion in die Luft ge logen, ohne daß man sich ertlären konnte, wohin er gekommen. Achtundvierzig Stunden hatte »Fräulein Papa« in fieberhafter Ana« doch ohne müde zu werden, ge wartet. Bei jeder menschlichen Gestalt, die am Eingang der Grube auftauchte, fuhr sie zusammen, doch wenn sie den nicht erkannte, den sie erwartete, setzte sie sich wieder mit einem tiefen Seuf zer nieder. Man versuchte, sie wegzu lningen, doch sie weinte so bitterlich, daß man sie schließlich da lie . Man glaubte, die Müdigkeit würde te über wältigen. · Am dritten Tag saß das Kind noch am Eingang der Grube. »Wir müssen der Sache ein Ende machen," sagte der Chefingenieur, näherte sich ihr und meinte: »Sei vernünftig, Kleine!« »Papa! Sucht Papa!« »Er ist leider todt!« »Nein!« Sie stieß dieses »Nein« mit solcher Heftigkeit aus, daß der Jngrnieur davon betroffen wurde. »Warum nicht?« fragte er· »Er hätte es mir gesagt!« »Armes Kind!« murmelte der Jn genieur und gab ein Zeichen, man solle sie fortbringen. Doch sie klam merte sich verzweifelt an ihn und schrie: »Papa ist nicht todt; ich will hinun tergehen. Jch werde ihn finden!« Sie brachten sie fort und schickten sie unter guter Obhut in die Schule. iiine Stunde später war sie wieder an der ,,Berard-Grube«, klammerte sich an den Jngenieur nnd wiederholte: »Ich will hinunter! Ich werde ihn finden!« Der Jngrnieur war ein menschen freundlicher Herr. Er hatte Mitleid mit ihr. Er nahm sie in die Arme setzte sie in die Benne und gab das Zeichen zur Niederfahrt. Sie fchauderte und der Jngenieur fühlte, wie die kleinen Hände in der seinen zitterten, der blondesiopf preßte sich fester cn den seinen, und Thränen beneßten seine Wange. Als sie unten waren, machte sie sich los, lief umher und rief: »Papa! Papa!« Der Ingenieur, der selbst Vater war, folgte ihr mit großer Miihe und ! suchte ihr klar zumachen, wag er ihr schon zwanzigmal gezeigt, wie die Er plosion vor sich gegangen war, wo sie stattgefunden und wie man die Opfer aufgefunden hatte. Das Kind fragte trotzdem weiter und wiederholte noch immer: »Er lebt! Suchen Sie ihn!« Wie am Eingang der Grube wäre iie auch hier drei Tage geblieben, hätte er sie nicht mit Gewalt fortgebracht » und wäre mit ihr hinaufgestiegen. : Der Jngenieur hatte den Befehl ge- ! geben sie iollte wieder nach demSchulJ hause zurückgebracht und dort festge ! halten werden; auch sollte man ihrl nicht gestatten, wieder in die Mines hinabzusteigen, wenn sie am Eingang ; der Berardgrube erschien. Alle seine Anweisuncen wurden getreulich be- ! folgt, doch am nächsten Tage, als ers gar nicht an sie dachte und die Mine inspizirte, fühlte er sich plötzlich von hinten am Rock gezogen. Es war Fräulein Papa. Sie war zum zwei tenmal aus der Schule fortgelaufen. Da man sie fortwies, und niemand sich ihretwegen einer Strafe aussetzen wollte, so war sie in einen leeren För dertarren getrochen und so in die Mine hinabgestiegen Sie erzählte das gleich und erhielt dafür Verzeih ung Fiinf Minuten später begann sie ihreNachsotschungen. Mit leidenschaft lichem Eifer untersuchte sie wie am vorigen Abend die Kohlenwände, ging wohl zwanzigmal an der nämlichen Stelle vorüber, ohne zu verzweifeln, ohne zu ermüden. Die Leute achteten nicht mehr aus sie. Sie sahen sie nur mit einem Blick des Mitleids an, zuck ten die Achseln und sagten: »Armes Versuche-IF Doch »Papachen« suchte noch immer. Plötzlich sah man sie ängstlich, ver stört, mit blossem Gesicht umherlaufen. «Popa!« siei sie, »Pap0!« ,,,Wo wo?« fragte ein Bergmann. JSeine Bluset« IWo denn?« Von den sämmtlichen Leuten beglei tet, kehrte sie um, zögerte, blieb stehen und tehrte wieder um. Sie konnte die Stelle nicht wieder finden. Alle Kohlenblöae sahen gleich aus, alle Löcher waren ähnlich, und alle Gallerien erschienen genau gleich. Und doch war sie ganz sicher, dieses ileine Stückchen blaues Tuch gesehen Zu haben. Wo seine Bluse war, da mußte auch er sein«-— zweifellos le bend, — doch sie konnte sie nicht wie derfinden. i Einer nach dem andern lehrten die Männer an ihre Arbeit zurück; sie waren sest überzeugt, die-kleine hätte sich von ihrem Kummer täuschen la - ten, und hielten jede weitere Suche siir aussichtslos-. Doch tauni hatten sie Zeit, die Schaufel oder den Karst aus zunehmen, als ein verztveiselter Schrei sie zurückrief. Das tleine Mädchen stand zitternd, init starren Augen und tveitaufgerissei nen Lippen an die Wand gelehnt und tchtiet »Ich habe ihn! Jch habe ihv!« Sie zogen sie beiseite und blickten bin. Ja! Es war ein Stück Tuch, blaues Tuch! Es war eine Blase. Lag dort ein Mann? Sie machten si an die Arbeit und schauselten, was ert zeug und Hände nur leisten wollten! Jm Nu war die Wand niedergerissen und in einer tiefen Höhlung sa n sie einen Mann liegen. Es war ichel Perrom Er hatte dort drei Tage und drei Nächte gelegen. Verworrenes Geschrei aus allen Seiten Und durchdringender als alle andern, ertönte ein Schrei von den Lippen des kleinen Mädchens. Sie wars sich über den Körper, umschlang ihn mit beiden Armen und rief wie von Sinnen immer und immer wieder »Papa! Papa!« s— Es stand sehr schlecht mit dem armen Michel. Durch dteEntziehung von Luft und Nahrung im höchsten Grade geschwächt, kam er nur zu sich, um gleich wieder in Ohn macht zu fallen; doch blieb er am Le ben. Fräulein Papa hatte die Wahr heit gesprochen. Der Gedanke an die, die er zurückgelassen, hatte seine Kräfte verzehnfacht. Einen Monat später war er wieder auf dem Posten, mager, aber gesund, und wohl imstande, seine Arbeit wie der auszunehmen. — Am Abend vor dem Tage, da er wieder in die Mine hinuntersteigen sollte, veranstalteten die Bergleute Fräulein Papa« zu Ehren ein großes Fest-naht Sie saß ans dem Ehrenplatz. Ein jubelnd-es Hnsbaeschrei und Beisallsllatschen er hob sich bei ihrem Eintritt. Alle um armten und küßten sie, und noch so manches Hoch wurde der kleinen Ret terin zu Ehren im Laufe des Abends ausgebracht. So mancher brave Bur sche, der das Weinen längst verlernt hatte, wischte sich bei dieser Gelegen heit die Augen mit dem Rockärmei. Hans im Glück. « Eine Kleinsten-Gesichte von Th. E b n e r. Herr Hans Fischer, wohlbestallter und einziger Redakteur an dem Kreis blatt in Asselfingen, machte einmal wieder Kassenstnrz Jn den sriiheren Jahren hatte er das des öfteren gethan, allein, da das Resultat dieser Arbeit immer das gleiche blieb, einige linpserniclel und Un österreichischer Heller, der ihm ein mal von einem Ausflua an die Gestade des Bodensees übrig geblieben war, hatte er nach und nach sataliftische Anschauun en bekommen und sich da mit beanilg , in den letzt-en acht Tagen von kleinen Pumpereien zu leben, bis ihm sein Herr und Verleaer in der letzten Stunde des letzten Tages die sauer erworbenen Groschen aus das Schreibpull zählte. Na und heute wieder einmal so eine Anwandlung von Neugierde nach dem Inhalt seiner Börse! Heiliger Brahma im siebennndsiebenzigsten Himmel — gab es denn noch Wunder ——— oder war es Trug, schnöder Trug und Blend-: rverk der Hölle? Es war ja nicht die Möglichkeit, heute, ausgerechnet am letzten des Monats noch ein effektiver s Baarbestand von 7 Mark 50 Pfen nigenl Jawohl, es gab alto noch Wunder-! Solche Erlenntniß überwiiltigte Hans gerade-qui Aber er war ein kindlich und harmlos Gemiitl7. under hieltes süri Sünde, deg Schicksals dunklem Wal- i ten lange nach-zugriibeln. Das Geldt war vorhanden und das genügte. Bei dieschelegenheit reiste in Han fens Seele ein großartiger Plan! Großstadtluft wollte er einmal wieder achtnen, Leute sehen, sich fühlen als tiulturmensch schwelgen in stillen Ge niifsen. Einen Augenblick lang tvar’s ihm ganz schumrig vor den Augen in Er wartung fclcher Genüsse. So ein Du sel—— einmal wieder hinaus aus die sem Kerker, hinein in’H volle Mens-« schenleben »Machen wir,« sagte er mit plötzlichem Entschluß, und drehte sich mit einer Wucht aus feinem Schraubensesfel herum, daß es quiette, als ob 70 Ferteln auf einmal auf die rosenrothen Schwänzchen getreten würde. »Ich werde heute Nachmittag mal nach der Residenz fahren,« erklärte er mit der Haltung eines- Helden seinem Verleger nnd Nährvater. Der sah ihn mit einem verstöndniß losen Blicke an: »Dottor, Dottorl« »Sind Sie des Teufels!« wollen Sie vielleicht frei nach Heine zitiren,« vollendete Here Hans feine Rede. »Nein, nein, mein Verehrtester, ich bin völlig bei Sinnen, weiß, daß Sie eine solche Heldenthat am letzten des Mo nats nicht von mir erwarten, gestatte Ihnen, meine Gelder bis morgen zins tragend anzulegen, da ich heute groß miithig auf den schnöden Mammon verzichte, theile Ihnen mit, daß das Blatt fix und fertig ist, wünsche Jlnen vergnügten Nachmittag und gute Ge schäfte und...'« Weg war er. Is- C Das mußte man ihm lassen-»Ur und adrett hatte sich Herr Hans her-— tuggemachi. Aber merkwürdig und be trübsam ist es, zu lonstatiren -- sein Eintressen in der Residenz, das mit fahrplanmiißiger Verspätung geschah ---erregte dort keinerlei Aufsehen, Herr Hans tauchte spurlos unter im Strom der Großitadt. Aber was tiimrnerte das Hans im Glück. Stolz und aufrecht schritt er dahin, seinem Ziele zu. Um ihn sluthete und hastete das Leben-vor sich saher nur die lange Hauptstraße und an ihrem Ende ties unten im dunklen Rathsieller dachte er heute sein Quartier auszu schlagen. Und Herr Hans saß dort n einer kühlen und stillen Ecke, iran und träumte. Wohlig und weh ward ihm ums herz, da er so ein Schöpplein ums andere hinter die Binde goß, und mit der lächelan Schenimaid koste. —- — Der Erinnerungen gar viele kamen zu ihm, Kindheit und Jugend lockte und winkte-— altes Herz, verstaubt und vertrocknet im Gram und Einerlei des Alltags, wirst Du noch einmal jung, hörst du’s singen und klingen: · « »Loose, taasen Se Loose, gnädiger Herr, das letzte Loos am letzten Tag ver der Zieh.ung, Se müssen gewinnen, glädiger Herr, kaasen Se, skaasen e —« Etwas mühselig hob HerrHans sein Haupt. Da stand einer vor ihm-ja, ja, damals auf der Hochschule, da war dann und wann ihm auch so eine Ge stalt auf die Bude gerückt, und hatte mit ihm geseilscht um allerlei alten Kram für etliche lumpige Groschen. Herr Hans lachte laut aus: Das letzte Loos am letzten Tag des Monats und dasiir den letzten Thaler, den er sein eigen nannte. Gab es solchem Schicksalswini gegenüber ein langes Zaudern? Sollte er dem Glück es ver bieten, wenn es nun gerade heute zu ihm kam Langsam und beinahe andächtig entnahm er den letzten Thaler seiner Börse und steckte das Loos zu sich. Nun trug er ein Vermögen bei sich, und stolz und aufrecht, wenn auch nicht mehr ganz sicher auf den Füßen, schritt er dem Bahnhos zu. — -t- st- L Natiirlich war ihm der Zug vor der Nase 1veggesahren. Zwei weitereStun den Aufenthalt waren für Herrn Hans sicher. —— Ein rundes Fünszigerl nannte er noch sein eigen — «Was nun beginnen? —- Na bei einem Glas Bier ließ sich die Sache ja überlegen. Bummeln? Nein, die Pedale waren doch nicht mehr sicher genug. Also warien. Herr Hans war müde —- es war ihm so eigen zu Muthe, so leicht und lustig, wenn’s ihm auch schien, als läge rings um ihn grauer Nebel, und als schwankte und wankte alles um ihn her. Und dann spiirte er, wie er ganz sachte und langsam hinabglitt ins Dunkle. Vor ihm schwebte etwas in leuchtendem Glanze, er haschte dar nach, es glitt ihm aus den Händen — und an sein Ohr tlangs wie helles Lachen: »Na sieh mal einer den Doktor,« hörte er eine lustige Stimme, »ja Freunderl, wo kommen Sie denn her?« Herr Hans rieb sich die Augen. — Was nur der von ihm wollte — er kannte das Gesicht ja gar nicht —- so eine FrechheiL — Aber der Unbekannte lachte nur noch lauter: »Ach so. Sie kennen mich wohl nicht mehr. Silber Doktor — etwas start gekneipt?« »Erinnern Sie sich doch —— im vori gen Sommer, Riniera, Donna Mar guerita — na, dämmert-s Jhnen im-’ mer noch nicht?« ,,Riviera —- Donna Marguerita?« Herr Hans sah blöde drein. — »Jn der That, nein,« stammelte er, »ich erinnere mich nicht« ,,Köstlich, töstlich,« lachte der an dere, »aber macht nichts, das Wieder sehen musz gefeiert werden — Kellner, ! eine Flasche Selt, rasch ——« . »Aber erlauben Sie,« wagte Herr; Hans. »Später, später,« wehrte der andere. ab. »Erst mal augtrinten «-— Prost -——i Doktor! Eviva Margnerita —« ! Jn Herrn HansenS Kopf sah’s wüst ? aus. Träumte oder wach-te er? WerJ war denn dieser Herr, der da mit ihm ’ immer wieder ausrief-« der --— ——« « Ach was, dummes Zeug er war ja gar nicht da, tein Mensch saß ihm gegenüber. —--- Also ein Traum? Herr Hans wollte lachen, da fiel fein Blick auf die leere Seltflasche und zwei Gläser. —- - Das qehörte doch nicht zum Traum. — tha, wag gings ihn an. — Matt und miide erhob er sich ’5 war ja wohl Zeit für den Heimgang — Was nur der Kellner um ihn her umzuschleichen hatte - —- sein Glas Bier war bezahlt, sogar ein Trinkgeld hatte er gereicht, also en avantt ,,Darf ich bitten, mein Herr, eine Flasche Selt, macht zehn Markt« Herr Hans starrte den Befrackteni an wie ein Gespenst. ! »Wie meinen Sie?« fragte er harm- t log »Eine Flasche Selt, die Ihr Freund fiir Jhre Rechnung bestellt,« wieder holte er nachdriicklich. »Mein Freund?« »Nun ja, der Herr, der vor einer halben Stunde bei Ihnen faß. Darf ich bitten, mein Herr, das Lokal wird gefchlossen,« wiederholte der Gantnned sehr scharf und ernst. Nun wurde Herrn Hang die Ge schichte zu dumm. »Was wollen Sie von mir? Habe ich den Seit bestellt? Wer war der Herr? Jch kenne ihn nicht. Also lassen Sie mich in Ruhe, oder —« ,,Oder?« klang des Kellners Stim me zuriick. »Na, na, mein Herr, ent weder Sie bezahlen, oder ich rufe die Polizei, Sie, Sie —-— Zechfchwind ler ——« »Was sagen Sie,« schrie Hans-, »Herr, wissen Sie, wer ich bin?« »Ist mir egal,« replizirte der Be frackte, ,,wollen Sie bezahlen?« »Nein,« donnerte Hans, und mit einem kräftigen Ruck such-te er sich los-zureißen Aber der Kellner hielt ihn fest. Hans war niedergefchmettert. Nette Sache —- einem Schwindler in die hände gefallen —- was thun? Plöhlich kam ihm ein rettender Ge dante. ,,Lieber Freund,« wandte er sich an den Kellner, »hal)en Sie Nach sicht. Ich bin elend betrogen. —- Wis sen Sie was, nehmen Sie dieses Looö als Pfand — Ziehung ist morgen, Gewinn absolut sicher —- Also nicht wahr — Sie gestatten — mein Name it —- guten Abend . . .« Einen Blick nur warf der Kellner aus das Loos. — Herr Hans faßte neuen Muth —- schon wandte er sich der Thür zu — da fühlte er sich von neuem gepackt. —- — ,,Schwindler —- Gauner —- Poli zei«, tönte es an sein Ohr, »will mir der Kerl ein Loos vom.vorigen Jahre aushängen — nein, nein, mein Sohn, nun ist’s genug.« Hans war zerschmettert. Also zwei sach betrogen, freventlich genarrt vom Glück —— so sank er gebrochen in einen Stuhl — es war alles aus —- Flucht war unmöglich — schon nahte das Auge des Gesetzes —- die Schande — die Schande. —— Il- Ik Il Herr Hans mußte sich erst besinnen, wo erwar, als er erwachte. Ein kahler Raum, eine harte Bettstelle, ein vergit tertes Fenster. — Allmählich dämmerte ihm die Erinnerung. Also ein Schwindler -—— ein Betrüger —- und zu allem ein Narr des Glücks-. — ,,Aufstehen —- mitkommen, unter brach ihn eine rauhe Stimme. Was konnte er thun, als gehorchen. Gesenkten Hauptes schritt er durch die Gänge, willenlos ließ er sich zu ei ner Thür hineinschieben, stumm, ohne den Blick zu heben, stand ervor seinem Richter· »Sie heißen?« fragte dieser. Herr Hans sah beim Klang dieser Stimme aus, und der Herr am Pult that desgleichen. — Ume bange Stille ——- dann em lau tes Lachens «-Hans, alter Freund« — »Ja, ich bins,« klangs resignirt zu rück, und auch das Lachen seines ein stigen Leibsuchsen und nun wohlbe stallten Amtsmanns verstummte in Mitleid beim Anblick der geknickten Gestalt· »Na komm und erzähle,« meinte er endlich und geleitete ihn zu einem Stuhle. ,,Rommel,« lommandirte er dem Diener-, der ob solcher Dinge von einer Verwunderung in die andere fiel, ,,eine Flasche Wein, dann abtre ten.« s- e- se Herr Hans hat seinem Leibfuchisen alles erzählt. Als er des Mittags der Heimath zufuhr, nicht ohne dem ob solchen Geschehnissen blöde dreinschau enden Kcllner zuvor noch seine Schuld bezahlt zu haben, war er ruhig und gefaßt. Aber den Schwur that er sich in der Stille, keinen Bund mehr zu flechten mit des Geschicke-) Mächten. ·Und er hat diesen Schwur gehalten bis zu seinem sanstseliaen Ende in Asselfingent ——-—-.-.-—-— Ein aufregcnder Kampf mit ' einer Schlange. Ein Europäer, der auf Besuch nach Indien gekommen war, saß eines Ta ges auf der Veranda der von ihm ge miethcten Villa beim Dessert, als er ein kleine-J Thierchen mit spitzer Nase und glattem, seidenartigem Pelz, einen sogen. Mongoose wahrscheinlich eine Art Jclxneunion) beobachtete. Er warf ihm Bananen und Bisluits zu, und das Thierchen that sich wacker giitlich daran. Täglich kam das Thier und es wurde allmählich so zahm, daß es die Leckerbissen ohne Furcht aus der Hand fraß. Eines Tages lag nun der betreffende Herr traut zu Bett. Er hatte die Diener weggeschickt, da er schlafen wollte. Weit standen die Fen ster und die Berandathiir offen, um frische Luft in das Zimmer hereinzu lafsen. Eben, als der Flranle die Au gen schließen wollte, fah er, wie von der Veranda herein durch die Thür eine große Schlange kroch. Langsam, mit hocherhobenem Kopfe, als suche es etwas, lam der Reptil, das über 2 Meter maß, und so dick war wie der Arm eines Mannes-, dem Bett näher. Der Mann war zuerst vor Schrecken sprachlos, dann versuchte er zu schreien, aber seine Kehle war wie zugeschniirt. Unterdessen hatte die Schlange das Fußende des Bettes erreicht, und schickte sich eben an, sich zu ihremOpfer hinaufzuwinden, als der Mann ein Kratzen ans dem Fußboden hörte, ge rade so, wie wenn eine Ratte durch das Zimmer liefe. Es war der Mon goose, den er täglich gefijttert hatte. Und nun spielte sich etwas ab, das dem Mann wohl immer im Gedächtniß bleiben wird. Der Mongoose, der in Indien als der größte und gefährlichste Feind der Schlangen bekannt ist, und deshalb dort gehegt wird, sprang blitz schnell gegen den Kopf der Schlange und brachte ihr einen Biß bei, daß das Blut herausquoll. Die Schlange such te ihren Gegner zu fassen, aber der wich ihr stets geschickt aus, wobei et seine Angrisfe immer wiederholte, bis die Kräfte der Schlange abnahmen und es dem Thierchen gelang, ihr durch eis nen letzten Bisz den Rest zu geben. Es war ein verzweiselter Kampf, und der Mann im Bette verfolgte ihn mit um so größerer Aufregung, als ja er ge wissermaßen der Preis dieses Kam pfes war. Die Schlange hatte bei dem Kampfe durch das Schlagen mit dem Schwanze einige Gläser, die auf dem Tische standen, herunter-geschlagen Jn folge des Lärms tam dann ein Diener in das Zimmer,»der sofort keinem halb ohnmächtigen Herrn beisprang. Ich mve ists me srkedtiw (Wonneseifzer ännes vielfeidigen FI milienvadersch.) " Ich how-we änne Gaddin, ’Ne Berle von ’ner Frau; Beztoeifelt’s ooch de Millern, Jch weeß es gans genau. Bloß eenen kleenen Mangel, Aen ennf’gen hat se nur: Se is ä bißchen lebhaft, Se redt eener Dour. Ooch fietven Dechsder hawi’ ich, Die gleichfalls Berlen fin; Will wer mir widersprechen? Dem zeig’ ich, wer ich bin! Die Bilden nach der Mudder Jn heechsten Grade fich; Aen Rofemnund hat jede, Bloß holden gann se’n nich. Un jede von den siewen Hat ooch en lleenen Hund; Gommt denen was derqueke, Gleich effnen se den Mund. « De erschie bat ’ne Wachtel, De zweet’ än Babagei, Zwee Dechider schlagen FliegeL Un dreie sing’ derbei. " So haw’ ich sibzehn Weer Jn meiner Heislichgeii. Barforsch um unermiedlich Vertreim se mir de Zeit. Un ich, ich lie-b’ se alle, Un alle liem se mich; Ich lewe still un friedlich-, Bloß nur gereischlos nich. Eine 72stünvige Spielpartie. Jn dem Orte Raysselede-Doomkecke bei Brügge wurde unlängst eine origi nelle Wette abgeschlossen. VierBauern waren zusammengetreten mit der Ab sicht, 72 Stunden hintereinander Kar ten zu spielen, Derjenige, welcher die vorgeschriebene Zeit am Kartentisch ausharre, sollte 1000 Franken erhal ten. Ruhepausen durften nicht gemacht werden, es wurden nur am Tage we nige Minuten zur Einnahme der Mahlzeiten freiaegeben. Die ersten bei den Tage und Nächte ging Alles gut, und die vier Spieler hielten sich, ohne Müdigkeit zu bekunden, sehr tapfer. In der dritten Nacht jedoch wurde der eine der Bauern von Müdigkeit übermannt, sank vom Stuhle und verfiel bald in einen tiefen Schlaf Er hatte also die Wette verloren und die 1000 Franken wurden unter die »Sieger« vertheilt. Karzer Bescheid Examinator: »Was können Sie mir vom Nitroglycerin sagen?« Exarninand: »Nitrogtycerin ist ein-e Flüssigkeit, die unter Umständen sehr ungemiithlich werden kann.« Protest Arzt: »Gegen dieses veraltete Ler den kann man schwer ankämpsen.« «Patientin: »Pardon, Herr Doktor, von einem veralteten Leiden kann bef mir doch nicht gesprochen werden« » ,. Je nachdan Heirathsvermittlen »Sie haben nun-· das Fräulein Krautmaier gesehen, wie gefällt sie Jhnen?« Heirathskandidat: »Ja, wie soll ich das wissen, ich kenn ja noch nicht ihre Vermögensverljältnisse.« Ein Geriebeucr. Autler: »Was, 20 Mark berechnen Sie mir für die todtgesabreneHenne, das ist entschieden zu viel.« Bauer: ,,.Fioa Spur, da hab’ i eben a no d’ Eier mitgerechnet, die s’ ,no g’legt hätt!« Ueber-minwa »Ich habe jetzt in der Officie riesig zu arbeiten. Vor neun Uhr komme ich nie zum Abendesseu!« »Das ist noch gar nichts-! Bei uns ist jetzt so viel Arbeit, daß wir alle täg lich erst 24 Stunden später zum Essen kommen!« Spartamteitssinin Elsa: »Ich habe meinem Mann das Rauchen bereits abgewöhnt.« Bertha: »Warum, Du rauchst ja selbe-ex Elsa: »Nun, gerade deshalb, das lostet ja zu viel Geld, wenn wir beide raucheu.« Rat-vorn »Na, tvat is nu mit dem Pallisaden Justav?« »Sie haben ihm tvejen Mord zum Dode verknaxt un wejen der anderen Sache, —— na rathe Inall!« ,,Jsewiß finf Jahre Zuchthausl« «Nee. blos- dreieinhalb.« »Na, denn is er ja noch mit’rn blauen Ooge davonjetommen!« Dem Undautbaren sind empfangene Wohlthaten nur eine unangenehme Er inneruug. Wer mehr Glück hat als Unglück, der ist immer noch glücklich zu nennen. Ein älterer Hosorganist in einem thüringischen Duodezstaate wird von einer jungen Sängerin gefragt, ob er ihr dies und das moderne Lied am Klavier begleiten wolle. »Ach nee, mein verehrtes Freilein, das is Sie ja nischt mit der modernen Musik. Gaum hat mer den eenen Aggord ge funden, da gommt scho widder e an deutl«