Nebraska Ztaats-3nzejger Und THMUL J. P. Windolph, Herausgeber Grund Island. Nein-» 17. Min 1905 ( Zweiter Tlicil.) Jahrgang 25 No. 29. W P « « Im Meer des Leben-. Wenn du im Meer des Daseins fteuersi Mit einem fchwergelad’nen Boot, Mußt Manches über Bord du werfen, Was du geliebt in Sturm und Noth; Und oft am gaftlichen Gestade, Wo friedlicher die Wellen rauschen, Wirst du in freundlichem Verkehr Die Schätze deines Lebens tauschen. Doch was du still für dich bewahrteft Von dem, was du zu tragen hast, Das dient im Wellenschlag des lHer zeng Unendlich mehr dir als Ballast. -.——--. Frühling im Winter-. Novelette von C. G e r h a r d· Sie saßen einander gegenüber in dem altdeutschen Trintstiibchen, das s Feuer prasselte im Kamin, der Raum thaler funkelte in den Römern. ,,Dies ist doch ein samoser Raum!« ries Heinz von Schober behaglich. »Je des Stück goldecht, von der Urväter Zeiten her! Eine andere Welt spricht hier zu unseren Sinnen. Das traute Stiible liebe ich am meisten von Jhrem seudalen Besitz. Welch ein Glück, lie ber Rauten, daß er Jhnen zusielt« »Wäre nur der Anlaß nicht ein so trauriger gewesen!" seufzte Hans Det lev. »Der eine meiner Vettern fällt bei Ocatumba, der andere stürzt mit dem Pferde und bricht das Genick!« »Vergeblich warnten wir ihn, so wilde Pferde zu reiten. Er hat es bri szen müssen!" »Noch mehr bellage ich seine Braut. Es muß hart sein, mitten im Glück zu stehen und dann plötzlich zu entsagen. Der Gedanke an sie nimmt mir die Freude an dem Majorat." »Das wird sich geben. Fortuna war Ihnen eine Gabe schuldig. Ofsizier sein mit einem alten Namen und knap pen Geldheutel —- das heißt aus Dor nenwegen schreiten.« »Und doch war es mir schwer, aus dem Regiment zutreten.« . »Glaub’s wohl, das Regiment war Jhre Familie und hier sind Sie ein sam. Müssen Jhre Heirathsscheu aus geben, lieber Rauten!« »Wiißte nicht, daß ich sie besessen. Die Verhältnisse ließen mich aus Ehe gliick verzichten. Und nun’—— bin ich 40 Jahre alt!« »Das ist gerade das beste Alter. Und ein Mann wie Sie, stattlich, lie lenswiirdig, Besitzer von Rautenburg s— der tann überall antlopsen!« »Es gelüstet mich nicht danach-" »Doch, es ist Ihre Pflicht, zu heira then. Soll Jhr Erbe nach Jhrem Tode der Seitenlinie zusallen? Was wird dann aus den armen Wittwen und Waisen aus Ihrem Hause, die »von den Eintiinsten des Majorats er halten werden?« »Weisz Gott, Sie haben Recht, aber deshalb meine Freiheit opfern? Auch lenne ich wenige Damen —« »Bah, in unserem Kreise giebt’s genug edle Weiblichteit.« »Da stillt mir ein — holla! ich weiß ein samoses Mädel sür Sie! Es ist hübsch, jung, munter, aber arm. Ver leihen Sie ihrer Schönheit den rechten Rahmen, und lassen sich von ihr zum. , Dank die Grillen verscheuchen und den Majoratserben schenken. Das Fräu lein stammt aus dem alten Geschlecht von Redtwitz.« »Von Nedtwitz?« ries Hang Detlev erregt. »Ja, Erica von Meortvitz." Miide sank der Majoratsherr zu rück, seine Augen scheuten nach innen, cr hörte kaum, was der Andere er zählte. »Die Kleine ist noch ein bissel wild, uber in der Ehe wird sie ein echte-« Weib werden. Jeh stelle sie Jhnen morgen aus dem Hosball vor, das ver pflichtet zu nichts. Doch nun leben Sie wohl und aus Wiedersehen aus dem Siegesfelde!« Die Glocken seines Schlittens ver hallten. Hans Detlev stand am Fen ster, aber er sah nicht in die im Lichte des Vollmondeg märchenhast schöne Winterlandschast, die Welt um ihn her versank. Er war nicht der Majorats herr, nein, der junge Leutnant in der kleinen Garnison. Walzermelodien ertönen, in einem wenig eleganten Raume drehen sich die Ossiziere mit ihren Damen im Tanz. Auch er! und sein Arm umkehließt die Schönste von Allen, seines Obersten Nichte, Fräu lein von Reinin Wie der Name vor-« hin ihn trschrecktei Doch sie, die er kannte, hieß Elisabethi Seine Augen feuchten sich. Wie eine fremde Wun derblume war sie ihm erschienen; nicht die Farben und Formen machten ihre Schönheit, sondern der beseelte Aus druck ihres tzlntlitzes, der Adel ihrer Gestalt. Sie sehen und ihr unrettbar verfallen sein« war eins bei ihm. Und der zündende Funte siel auch in ihr Herz; unbewußt liebten sie sich vom er sten Tage. Jedes Beifammensein ließ den Wunsch in ihnen wachsen, sich an zugehören bis zum Tode. Doeh der Feierstunde ihres Lebens, in der ihre Lippen gestanden, was ihr Jnneres erfüllte, folgte herbster Schmerz. »Sie konnten zu einander nicht kom men, Das Wasser war viel zu ties!« Die Verhältnisse verboten etne het rath. Elisabeth'i Vater war ebenso inittellos, wie Hans Detlev; sie muß ten scheiden! Von den Schmerzen sei ner Liebe genas er allmählich, sie aber ruhte im Heiligenschrein seines Her zens und nie bewarb er sich um eine Andere. Noch einmal stürmte es in ihm, als er hörte, Elisabeth habe ei nem Staatsanwalt die Hand gereicht. Doch äußere Einflüsse mochten sie he stimmt haben. Und nun sollte auch er eine Konvienenzehe schließen? Wohl an! —— auch der Besitz verpflichtet. si- ik si Der Ballsaal des herzoglichen Schlosses in der mitteldeutschen Resi denz erstrahlte im Licht. Die Elite von Stadt und Umgegend, das Offi zierkorps waren anwesend; höchster Glanz sollte die Worte eines erhabenen Gastes, der W. »Klein-Berlin« ge nannt, wahrmachen. Der Herzog hatte Cereie gehalten und nahm nun in einem Kabinett den Thee ein, lo ckende Weisen luden zum Tanze. Das Jnteresse der Damen konzen irirte sich auf den neuen Majorats herrn von Rautenburg, den Hoheit mit einer Anrede ausgezeichnet Das Ur theil war einstimmig: er sieht brillant aus! Und in der That, Hans Detlev wäre auch ohne den Nimbns seiner» Stellung nicht ungeachtet geblieben« Seiner hohen Gestalt war noch die’ Elastizität der Jugend eigen, der Aus »druck seines von blondem Vollbarte umwallten Gesichtes deutete auf einen . Mann von hohem JntellelL Gutwillig ließ er es über sich erge hen, daß die alten Damen ihn prote girten, die jungen mit ihm iotettirten. « Mit des Freundes Gattin tanzte er die Quadrille, ihnen gegenüber Erica von »Redtwitz und Leutnant von Vogler. sTie Kleine war wirklich sehr hübsch! Unter dem trausen blonden Haar blitz ; ten schöne Augen in hellster Lebensluft T sind die Lippen lachten so herzenssroh, H als hätte noch nie ein Leid ihre Besitze ; tin gestreift. (- P-t, l »Mein guauigev grau-ein« uurk ru« bitten?« Wie sie ihn überrascht ansah, nnd dabei erröthete erschien sie ihm sehr hold, wie ein Maientag. Und unbe fangen sprach sie von ihren kleinen Mädchensveuden, und wie sie viel lie ber ein Mann wäre, einOsfizier, durch Feld Und Wald ritte aus starkem Roß. ,,,,Das letztere ist ja auch Dameni nicht verwehrt « erwiderte er amiisirt. ! »Manchmal doch s— wenn nämlichi der mütterliche Geldbeutel zu schmal ist, doch —- trotz manches Versagtem lieb’ ich das Leben! Es ist wie ein lachender Rosengarten!« »Der aber auch seine Dornen hat!« »O, sagen Sie es nicht! Jch will nichts Trübes, nichts Häßliches sehen, noch davon hören!« »Wird dann ein Unglück, wenn es über Sie käme, Sie nicht zerschmet tern?« I »O, es kommt nicht, ich bin ein Ssonntaggtind!« rief sie übermiithig Ein lieber, heiterer Lebenstamerad würde sie sein, sagte sich Hang Detlev, und ihm tönte noch ihr silbernes La chen in den Ohren, als er heimwärts fuhr Ost brachte ihn das gesellige Leben nun mit Erica von Redtwitz in Berüh rung; ihr ungetiinstelteg Wesen unter schied sie vortheilhast von den anderen jungen Damen, die in ihm nur den Majoratsherrm nicht den Menschen sahen. Und doch -—— was gaW Gemeinsa :nes zwischen ihr und ihm? Sie war dem gautelnden Falter gleich, die Freude war ihr Element; er wollte arbeiten zum Besten der Seinen, des Vaterlandes, große Ziele hatte er sich gesteckt, ernste Gedanken bewegten ihn, —— wiirde sie je daran theil nehmen? Paßte sie nicht besser zu jenem Leut nant, der ihr so feurig huldigte? Freilich, wenn sie sich zu ihm wandte. wurde ihm warm und er dachte es sich schön, sie aus der Enge ihres Lebens in reiche Verhältnisse zu verpflanzen. Wochenlang lämpste er mit sich, doch immer geringer ward sein Widerstand. Ericag Geplauder umrauschte ihn wie ein munterer Quell, wie der Gesang eines Waldvo gels tönte es an sein Ohr. Nicht in sein Zerz, das blieb geseit. Aber war es ni genug, glücklich zu· machen? So sei es denn! — An einem klaren Wintermorgen fuhr er zur Stadt. Den Schlitten ließ er beim Hotel und ging nach der Vil lenvorstadt. Aber je mehr er sich dem Häuschen näherte, in dem Frau von Redtwitz mit ihrer Tochter wohnte, desto zögernder wurde sein Schritt, desto thörichter erschien ihm seine Ab sicht« Plishlich stockte sein Fuß Aus dem häuschen ertönte eine herrlicheFrauen stimme. »Aus der Jugendzeit, ans der Jugend zeit Klingt ein Lied mir immerdar, O, wie liegt so weit, Was mein einst war!« Verhaltene Schwermuth bebte in den Tönen, die dem Lauscher ans Herz i griffen. Diese Stimme, —- o, wie sie liener geliebten Stimme glich, die er nie vergessen, Elisabeths Stimme! War sie es, die hier bei Verwandten weilte? Nie hatte er Erica nach ihr zu fragen vermocht. Eine Gestalt trat an das Fenster. Sie war es! ElisabethI Sein Herz schlug mächtig. Und er fühlte, daß er nur sie liebte, die Eine, Einzige, die Geliebte feiner Jugend! Die Andere, — ach, was ging ihn die Andere an? Wenn Elisabeth frei wäre —— Erregt eilte er vorwärts und dann wieder zurück; da sah er zwei Gestal ten vor sich, die eine hoch und stolz, wie eine Königin, daneben die Kleine, die ihre Schlittschuhe schwenkte. Jhre frohe Stimme drang zu ihm. ,,Koinmst Du mit auf die Eisbahn, Zchwefterherz?« Jhre Schwester! Daß er daran nie gedacht. »Nein, Liebling, ich will die alte Marie besuchen.« »O. Du Pflichtgetreue! So mache Deinen Samaritergang, ich aber will auf blitzender Fläche zur Sottne flie gen —-- mit Gerd Vogler —- leider nur fiir eine Stunde!« »Du holdes Kind, ich will sorgen, daß es für immer ist!« gelobte sich Hang Detlev, dann eilte er Elisabeth nach. Doch mit welchem Namen sie anredenZ — O, wie sein Herz sie nannte: Elisabeth! Sie wandte sich taum, ein Staunen malte sich auf ihrem immer noch schö nen Antlitz. »Endlich ein Wiedersehen,« stam melte er. »Es weckt der Jugend Tage wieder auf,« sagte sie leise. »Wie vergingen Jhnen die langen Jahres-« ,,»Sie waren inhaltsreich. Theil-J brachte ich sie daheim zu, theils im Dienste des Rothen Kreuzes als Kran tenpslegerin.« »Sie sind nicht vermählt, fanden lein neues Glück-« »Wie hätte ich’g können? Doch ern ste Arbeit söhnt immer mit dem Leben ans.« »Auch ich empfand es. Als Fortuna mich dann mit guten Gaben überschüt tete, erschrak ich fast, doch nun hoffe ich, es war noch nicht zu spät.« Ohne Verabredung traten sie in den Schloßpart. Ranhreif glänzte an den Bäumen, der Schnee knirschte unter ihren Tritten, die Sonne hüllte sie in lauter Licht. ' »Elisabeth,« begann er weich, »heute wollte ich Thor mir Ersatz für versag trg Glück erringen, da hörte ich Sie singen und meine Jugend erwachte, meine Jugend und meine unvergessene Liebe. Elisabeth ich habe ein stolzes Schloß, doch ich bin einsam darin. Oft in meinen Träumen sah ich durch seine Räume eine Frau schreiten, deren Schönheit der Spiegel ihrer adligen Seele ist, eine Frau die ein Herz hat »für alle, die leiden, eine Frau, die ich liebe, von ganzem Gemüth. Elisabeth, laß meine Träume Wahrheit werden, sei endlich meint« s »Ich will, Hans Detlev!« sagte sie jeinfach, und in ihren Augen strahlte die Liebe Da zog er sie an sich und i tiißte sie heiß. Ein seliges Freuen hub an in ihnen, es war Frühling in ihren Herzen, Frühling im Winter! --«--. T Das ,,Kamehl«. . Die Tragödie eines Namens Von T e o , v o n T o r n. Nachdem Frau Dr. Hennh Werten thin sich halb todt gesucht, blieb ihr , nichts anderes übrig, als zu llingeln. Sie that das nicht gern. Einmal, weil sie eine sehr selbständige kleine Frau war, zum andern, weil es ihr so vorschwebte, als wenn sie die bei den Handlosser schon in der Pastet droschte nicht mehr gesehen hätte, und lzurn dritten, weil der Steward ihr gräulich unsympathisch war. Selbst llein und zierlich wie ein lauen flügge gewordener Backfifch, hatte sie eine starke Abneigung gegen alle ungewöhnlich großen Menschen. Ohne daß sie es sich eingestand, hatte sie Furcht vor ihnen. Auch etwas Neid mischte sieb- in diesen. Instinkt. Sie betrachtete es als einen gegen sie gespitzten Architettenscherz des lieben Herrgotts, daß er vier- und fünsstö aige Menschen baute, während er in ihr eine Miniatur geschaffen, die zeit iebeng verurtheilt schien, als Tochter ihres Gatten und halberwachsene Schwester ihres eigenen Babys zu gelten. Als sie vor zwei Stunden aus dein Ozeandampfer sich einge schifft, war ihr das wieder begegnet ——— ihr, der reifen, starkgeistigen Frau, die es über sich gewonnen, ihren Gat ten nach kaum einjähriger Ehe in die Tropen zu entlassen und nun gar die Courage hatte, ihm mit Kam-Bahn zu folgen. Der-neue Stations-Chef von Kiwi, der die Ueberfahrt mit machte, und dessen Obhut sie unnö thigerweise empfohlen war, hatte’ nach der ersten flüchtigen Begriißungs sich erstaunt umgesehen und gefragt: ! »Ja, wo ist denn nun eigentlich Jhre Frau Mama, mein gnädiges Fräu ; lein?« Yhalb todt gesucht, bis ihr nichts an chcht nur die Liebe, sondern auch der Zorn macht blind —- und so hatte Frau Dr Hennh Werkenthin sich deres übrig blieb, als zu klingeln. z Sie hatte den Knopf des elektri-s schen Läutewertes kaum berührt, als es klopfte und die Riesengestalt des Stewards sich durch die enge Thür in die Kabine schob. Allerdings — dieser Enaissohn schien eher als Bierfahrer oder in ei ner Kruppschen Esse am Platze. Auf einem aigantischen Obertörper, dessen breite Brust die blanken Knöpse der leinenen Jacke zu sprengen drohte, saß ein Stiernaclen und auf diesem der kleine charakteristische Kopf des Ath leten. Arme und Beine waren wert lich zu lang fiir ihre Bekleidung. Na mentlich die kolossalen Pranlen hin gen weit aus den Aermeln heraus. Jn seiner dienstfertigen Haltung machte der Setward den Eindruck, als hätte er im nächsten Moment etwas unge heuer Schweres anzuheben oder je mand l)inausznwerfen. Die kleine Frau hatte sich unwill kürlich in die äußerste Ecke der Ka bine ziiriictgezogen Diese Flucht suchte sie jedoch durch ein energisches Auftreten wettzuinachen. Durch zwei Rohrplattenkoffer derart gedeckt, daß sie kaum mit dem Näschen über die. iBeerrikade hinwegragte, herrschte sie: ) i l den Hünen an: »Sie haben mein Gepäcl hierher be sorgt?« l »Seht wohl, gnädige Frau« Ers saate das ruhig, bescheiden und ge diimpft. Dennoch klang es so tief als wenn sämmtliche, zu einer Waa ner:-Oper benöthigten Kontrabässe ge stimmt würden »Ich vermisse zwei große Handw icljen -—s« Der Steward schaute aus den lind lich gutmüthigen Augen verdutzt um her. Dann legte er wie im Besinnen die Finger an die Stirn. Gleich da rauf nickt er freundlich und dernijat. ,,,,All right. Die Täschchen habe ich nebenan unteraebracht, wo die Wär terin und das Kleine wohnen.« »Aber wie kommen Sie denn dazu! Sie verschleppen meine Sachen und lassen mich hier wie unsinnig suchen!« ,,Nebenan ist mehr Platz, gnädiae Fran. Wir werden ohnehin Miihe haben, den Inhalt dieser Koffer hier unterzubringen.« »Das lassen Sie nur meine Sorge iem,« erwiderte Frau Henny gereizt. »Beschaffen Sie mir sofort die beiden Handtaschem Sie enthalten meine iwthwendigsten Toilettengegenstände und ich will sie attspacken.« »All right. Sind schon auggepackL Liegt alles in den Kästen und Schub ladeu ——-- zum Greifen.« lir nickte noch freundlicher und ver gniigter als vorhin, sichtlich überzeugt« ieine Sache sehr gut gemacht zu ha tieu· Die lleine Frau jedoch war fas iuugslog vor Entriistung. Dieser klebermensch packte und ordnete ihre Sachen, als- wären es die seinigen. Das war dag Stärlste, was ihn an isigenmiichtigleit und Bevormundung jemals vorgekommen Nachdem sie den Mann mit einer brüsten Handbewegung hinausgewie sen riß sie eine und die andere Schub lade aus. Thatsächlich — da lag alles wohl geordnet. Selbst ihre Nacht wasche. Erröthend schmetterte sie den Kasten ,;11. Es half alles nichts —- sie mußte ihrem zornigen Herzen Lust machen. ,,Kameel —-!« rief sie laut und hef Gleich darauf wandte sie sich wie mit Blut übergossen ab. Der Ste n-ard hatte die Thür geöffnet und war abermals eingetreten. Wieder machte er in seiner Haltung den Eindruck, als hätte er im nächsten Moment etwas ungeheuer Schweres anzuheben oder jemand hinauszuwersen. Aber das hatte nichts Agressives. Jm Gegen theil. Jn den gutmüthigen Augen lag der Kummer eines ungerecht behandel tig sten Kindes. Leise und stockend fragte er: ! ,,Gnädige Frau haben mich geru ’ fen?-« Auf ein unwilliges Kopfschiitteln wandte er sich zum Gehen, mit der Ge lassenheit eines Menschen, der gewohnt ist, ohne Noth bemüht und zwecklos herumgestoßen zu werden. Jn der: Thiir bemerkte er entschuldigend: »Wir war so, als wenn gnädige Frau mich gerufen hätten — —« Die wenigen Passagiere, welche sich durch die hochgehiende See nicht genirt fühlten, saßen nach dem Dsiner auf dem geschützten Platze vor dem Rauch zimmer. Auch Frau Dr. Henny Werkenthin war darunter. Sie konnte sehr drol tia erzählen und erzielte stürmische Heiterkeit durchs die Schilderung ihrer Begegnung mit dem Steward. Man war übereinstimmend der Meinung, daß es eine Dreistigkeit von dem Men schen gewesen sei, Dienstleistungen vor zunehmen, die zum mindesten uner beten waren. Nur Herr von Asseyer, der neue Stationschef von Kiwi. ver harrte in so ausdrucksvollem Schwei gen, daß Frau Henny ziemlich spitz sich an ihren Chaperon wandte: ,,Sind Sie denn nicht unserer An sicht, Herr Hauptmann?« »Nicht ganz, meine Gnädige,« erwi derte dieser mit einer höflichen Ver beugung, aber ziemlich trocken: ,,Ueber eifer ist doch nichts Bösartich. Die Herrschaften werden solche kleinen Dienste erst richtig schätzen lernen, wenn sie länger auf See gefahren sein werden. Darf ich mir übrigens er lauben, gnädige Frau, Jhret sehr scherzhaften Schilderung noch eine kleine Pointe anzufügen2 Der Mann war durchaus in gutem Glauben, als er aus ihr Scheltwort noch einmal ein trat und sich nach Jhren Befehlen er kundigte —— es heißt nämlich K«.amehl Die kleine Frau schaute zunächst un gläubig. Dann aber brach sie in ein kelles Lachen aus Die ganze Gesell schaft lachte — und die Heiterkeit woll te tein Ende nehmen. Nur Herr von Asseyer zuckte nicht mit der Wimper. Es nahm sich sogar etwas nervörg und ungeduldig aus, wie er den Brand sei ner Cigarrc betrachtete und dann aus sah, um weiterzusprechen. Es dauerte noch eine Weile, ehe er dazu kam. »Wie ich Jhneu sage, meine Herr schaften. Richtig —- KamehL Aller dings nicht mit zwei e, sondern mit eh —— was aber phonetisch dasselbe ist und auch an der Tragödie dieses Na mens nicht ändert.« ,,Eine Tragödie? Solcher Name ist eine Posse!« warf ein Bremenser Kaus lxerr lachend ein. »v- .- - -. »k« »W(lllllc1)lcll ««—· Lsckclfklcsch We nigstens nicht fiir seinen Träger, wie Sie gleich hören werden« Ich schicke Voraus-, daß ich den armen Kerl kenne s - -- sehr genau kenne. Aus der Geflis- l sentlichleit, mit der er mir aus dem! Wege geht, ersehe ich, daß er auch mich · wiedererkannt hat. Wir haben zu sammen die Schulbank gedrückt. Das» Ghmnasium in Neustadt· Er war kei- » ner der Begabtesten, aber ein durchaus fleißiger und gewissenhafter Junge. Wenn er erst zwei Jahre später als ich s die Schule absolvirte, so lag das nicht an ihm. Sein Name war daran schuld. j Es gab keinen Lehrer, der sich den bil- « ligen Witz entgehen ließ, ihm bei jeder nnkichtigen Antwort zu versicheru, daß er seinen Namen nicht zu Unrecht tra ge. Nomen est omen etc. Man sugge rirte sich ordentlich, das-, ein Mensch, der Kamehl heiße, auch in seinem Jn tellett etwas von diesem Höckerthier has den müsse. Eine kolossale Guthniiithig leit leistete dem Vorschub. Und wenn Sie ganze Klasse ihn mit seinem Namen nmheulte —- nie ist es ihm eingefallen, non seinen überlegenen Kräften Ge brauch zu machen und sich einen oder den andern seiner Peiniger herauszu greifen. Jch war längst Offizier, als er als Einjähriger eintrat. Kurz vor l«,er waren seine Eltern gestorben und hatten ihtn ein sehr bedeutendes Ver T mögen hinterlassen. Es war sein sehnlichster Wunsch, die ihm Aufge zwungene Juristerei aufzugeben und Offizier zu werden. Troy tadelloser Führung und vortrefflichen Examens konnte er nirgends ankommen. Kein Regiment wählte ihn —- seines Na mens wegen. Man pumpte ihn an nach der Klafter, und er gab mit vol len Händen; man nannte ihn einen lieben Kerl —- aber als Offizier war ein Kamehl nicht zu denken. Um diese Zeit war es auch, daß eine kleine blonde Geheimrathstochter, in die er sich sterblich verliebt, seine ernste und leidenschaftliche Bewerbung ablehnte ——— seines Namens wegen. Sie machte iein Hehl daraus, daß er selbst ihr nicht gleichgiltig sei, daß sie es aber sveim besten Willen nicht über ge s winnen könne, seit ihres Lebens rau ’Kamehl zu heißen. Von Stund’ an » vollzog sich eine Wandlung in ihm. iSonst ein geselliger und troh allen Mißgeschicks sroherMensch, zog er sich zurück und bald darauf verlor ich ihn iiberhaupt aus den- Augen. Später s wurde mir erzählt, daß er sich eine »Yacht gekauft und in allen Meeren herumgondele. Wie er als Steward » hier an Bord gekommen ist, das weiß » ich nicht — kann es mir aber zusam » menreimen. Der iheure Sport und seine kindliche Gutmüthigleit dürften seine Mittel sehr bald aufgezehrt ha ben. Wer die See lieben gelernt, den hält sie fest. Da er bei der Marine mit seinem Namen wohl dieselben Schwierigkeiten gehabt hätte wie an derswo, hat er eben genommen, was sich ihm geboten. So ist er Steivard geworden — und auch als solcher sind ihm seine Gutmüthigkeit und sein Name nicht gerade förderlich, wie wir soeben gesehen haben.« Die Erzählung hatte die Gesell schaft still und nachdenklich gemacht. Da auch die See immer höher ging und eine steife Abendbrise über Deck fegte, trennte man sich alsbald. Frau Dr. Henny Werkenthin ging nach dem Salondeck, um nach dem Kinde und dessen Wärterin zu sehen. An einer geschützten, vom Mondlicht iiberflutheten Stelle bot sich ihr ein seltsames Bild. Die Riesengestalt des Stewards schritt langsam auf und nieder. Dazu brummte er ein Kinderlied. Mit der linken Pranle hielt er das sorgfältig in Decken ge hüllte Karle-Baby, in der Rechten eine Saugslasche, die er dem Kleinen kunst gerecht hinhielt. ’ Als die kleine Frau mit feuchten Augen herantrat, nickte er ihr freund lich und vergnügt zu: »Das Kindermädchen ist feelrank, anädige Frau«, flüsterte er leise, »und darunter darf doch so’n Wurm nicht leiden, nicht wahr? Jch werd’s noch ein Stündchen tragen, bis es einge schlafen ift. ——« ——-- --—----——-· »5t the ’ ich in sinstrer Mitter nacht . . Schlicht, aber voll echter Stimmung und tief ergreifend sind die im ,,Vogtl. Anz.« veröffentlichten Verse, die ein tapferer sächsischer Soldat nach dem Gefecht bei Waterburg in der Nacht zum 12. August auf Wache dichtete: Bei Waterberg auf der Höh’ Da stand nach blutiger Schlacht Jn der letzten Abendstund’ Ein Reitersmann auf der Wacht. Die Wolken roth wie Blut, Am Boden nur Stein und Sand, — Kameradem erschöpft und müd’, Lagen an Berges Rand. — Wer wimmert in schwerer Pein? Wer klagt dem Himmel die Noth? — ,Brin·q’, TodesengeL mir Bald einen sanften Todt« —- — An dem Busch bei Waterberg Schlich sich der Posten heran, — Jn den letzten Zügen lag Ein deutscher Reitersmann. — »Gewähr’ mir Freund, eine Bitt’, Grüß mir mein Elternpaar. « Jch feh« dem Tod in’s Aug’ Und scheid’ fiir immerdar. Mein Lieb, so fern von mir, Hielt ich stets treu und werth, « Ob sie um mich wohl weint, »sc Der nimmer wiederkehrt?« —- ! Drauf ward sein Blick so starr, Die Lippen wurden bleich, Ein letzter Seufzer noch — — Er ging in’g Himmelreich. Des Helden letzter Gruß, Er sei den Eltern kund Und ihr, der er gedacht Jn schwerer Todesstund’. — — O Heimath Vaterland, Fern von dir stirbt sich.’s schwer, Doch freudig kämpfen wir Für Deutschlands Ruhm und Ehr’! »Zum is te noch nich, aber-« Aug Blankenfee wird geschrieben: Ell-it einem eigenartigen Auftrage kam dieser Tage ein neunjähriger Knabe Zu dem hiesigen Gemeindeerheber, in zem er mit ernsthafter Miene einen ,.Todtenschein« verlangte. Der Ge meindeerheber, wie auch der zufällig . anwesende Polizeioffiziant waren über dies sonderbare Verlangen gleicher maßen erstaunt, da in dem Bureau bisher solche Anträge noch nicht gestellt waren. Auf die Frage an den paus bacligen Jungen, wer denn eigentlich das Zeitliche gesegnet hätte, erfolgte fchlagfertig die Antwort: »Todt is se noch nich, aber sie soll daran glauben -— unsere alte Sau nämlich«!« Jetzt ging den Herren, die das Lachen nicht mehr zu unterdrücken vermochten, ein Licht auf, und mit einerFleischbeschau larte — der Gemeindeerheber fungirt namlich gleichzeitig als Fleischbe schauer » konnte der Knabe befriedigt zu seinen Eltern zurückkehren Onkel (Student): »Na, Hans, Du solltest Dich schämen-, nicht mal-ver setzt worden!« —— Der kleine Hans: »Ja, Onkel, Du denkst natürlich, das ist so einfach, wie bei ’ner Uhr!«