Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 3, 1905)
Auf dem Mastendalle Novelle von F. Ottmer. »Wer liegt auch ein Brief an Dicht« sagte Evelinch nachdem ihr Gatte ihr zum »Guten Morgen« die Hand ge tiißt hatte. Sie hatte schon eine ganze Weile, bevor er in’s Zimmer getreten war, auf das verdächtige rosa Couvert zweifelnde Blicke geworfen. Während sie den Thee bereitete, hatte ihre hand mehrmals auf dem Billet gezuckt, das der Diener zum eGdect ihres Gemahls gelegt hatte. Wer konnte ihrem Manne der ihr kaum sechs Monate angetraut war, kleine, rosenfarbige, parfiimirte Briefchen schreiben? Wie ein Strahl von Eifersucht durchblitzte es ihre blauen Augen und — Doch da war Allons eingetreten. Er gkiss nach dem Billet, öffnete es, durchflog seinen Jn halt und steckte es ein. »Wie es noch immer fchneit,« sagte et gleichmiithig »Brk, es ist nicht warm genug hier.« Sie reichte ihm die gefüllte Tasse. »Von wem ist der Brief?« fragte ste. »Von einem Freunde.'· »Wirtlich von einem Freunde?« Sie betonte scharf das letzte Wort. »Gewiß!« sagte Alfons, indem er befremdend aufbliclle. Sie schwieg. »Was wollen wir heute Abend un ternehmeni« fragte sie dann »Ich kann mich Dir nicht zur Ver fügung stellen, Schatz; ich muß auf die Redoute.« »Schon wieder", sagte sie unmuthig. »Du warst doch erst aus der letzten — Du suchst Dich ohne mich zu arniisi ren.« »Aber Evelinat Wir tönnen doch nicht ewig «Flitterwochen« spielen. Wo die Andern sind, da muß ich auch sein. Es stiinde einem jungen Gesandt schastssAttache schlecht an, sich von der Welt zurückzuziehen; was wiirde man dazu sagen ——« »Und was wird man dazu sagen«, unterbrach sie ihn heftig, »daß Du Deine junge Frau nach einem halben Jahre vernachlässigst?« Jhr ganzes Gesicht war vor Er tegung rosig überhaucht. Er erhob sich »Sei vernünftig, Kindl« sagte er, umsaszte ihre schlanke Gestalt und wollte sie auf den Mund küssen. »Nein, nein!« rief sie abwehrend. »Geh« nicht, Alfon'5«, bat sie dann und schmiegte sich sest in feine Arme, sodaß ihr blonder Kopf auf seiner Schulter lag. »Oder nimmt mich mitt« »Das ist nichts für Dich, mein Herz. Die Hitze, das Gedränge -—« Sie entzog sich ihm heftig. »Du gehst also ohne mich, und das Billet war von einem Freund?« So heiße Eifersucht blickte ihn aus ihren Kinderaugen an, das; er erschreckt zurücksuhr. Doch schon war sie an's Fenster ge treten und blickte in die tanzenden Flo cken hinaus· Er folgte ihr dahin. »Evelina —-- Adieu, Kind; ich muß fort. Vergiß nicht, daß Ernest bei uns speist.« »Adieu!« sagte sie, ohne sich umzu wenden Er trat ans dem Hauf-than und zu ihr aufblickend, grüßte er lächelnd mit der Hand, aber während der Kutscher die Decken von den Pferden entfernte, sah sie ihn, kaum in den Wagen gestie gen, das rosa Billet aus der Tasche ziehenziehen und nochmals lesen. Wie bestätigte das ihren Verdacht, daß das Billet von einer Dame sei und daß ihn diese für heute Abend ein Rendez-vous auf der Nedoute gäbe, daß er diese Andere liebe und sie, sein angetrautes Weib, hintergehe. Nach so turzer Ehe und troh all seiner heiligen Schwiirei War est denn möglich, daß er so schlecht sein konnte, so wantelmiithig, so un getreu? Ihr Alsons, den sie fttr den besten, für den edelsten aller Männer gehalten hatte? Sie wollte —- sie muß te Gewißheit haben, sie mußte sich mit eigenen Augen überzeugen, wozu er auf die Redoute ging, dann wollte sie —- was wollte sie nur? Vor Allem Ei nes, ihm heute Abend folgen, sehen, beobachten, wissen, wie weit seine Un treue ging, das Andere würde sich dann finden. I Nach dem Diner fafi sie am Kantin, der Freund zwischen ihnen, und plan derien. Alfons fchien die Szene von heute Morgen und die Redoute ganz vergessen zu haben. Er lehnte in ei nem niedrigen FanteuiL blies den Rauch einer Cigarette von sich und lachte von Oeit zu Zeit laut auf, er fühlte fich offenbar fehr behaglich nnd; machte den Eindruck des perfonifizir ten guten Gewissens. Evelina beru higte sich nach und nach, ihre Sorge kam ihr faft überflüssig vor. Wenn er zu Haufe blieb, ihr zuliebe, dann hatte er gar tein Nendezvous und das Billet war wirklich ein ganz unver fängliches. Manches Scherzwort flog von ihren Lippen, sie war heiter, rei zend und kindlich liebenswürdig im wiedergervonnenen GlücksgefiihL Da schlug die kleine Rototo - Uhr emf dem Kamin die zehnte Stunde. Alfons sprang empor. »Wie haben mir uns verplaudert. Komm, Erneft,« es V hohes ritt« f lfonsiZ Wie ein Schrei tdnte es ink ihr ganzes Gesicht war verwan- i del « Der Freund fah sie erstaunt an. Auen Alfons blickte verwundert zu ilrr htniiber. Eine Falte zeigte sich auf seiner Stirn. »Evelina!" sagte et litt-W » ,, lfons, Du gehst wirklich auf die ;Redoute?« »Ich sagte ej- Dit doch. Komm, Erner Betschlafe Deine iible Laune,« flüsterte er ihr noch zu und küßte ihr galant die Hand. Dann war er mit Ernest gegangen. E II It In fieberhafter Hast war Evelina in den schwarzen, mit Spitzen bedeuten Domino geschlüpft, den sie sich heute Vormittag für alle Fälle besorgt hatte Nun stand sie mit hochtlopfendem ger .zen am Eingang des Saales. as Parlett und die Bühne der Wiener ; Stoßen Oper waren in einen einzigen , »aum umgeschassen. Glänzendes Ge ltafel bedeckte die Sihreihen und das sOrchestey wodurch das Niveau des sZuschauerraumes mit dein hinter dem ; Vorhang auf Pleichehijhe gebracht war. s Eine Treppe ührte vom Eingang hin ; ab, die gan e Breite des Saales ein änehmend. Ain Springbrunnen, uni sgeben von tropischen Pflanzen, wars seinen Stra l empor; die niederfal ; lenden Ttop en spiegelten tausend ach die tausend Lichter des Kronleuchters. Ring die Logen waren gefüllt mit Da men in reichster Balltoiletie, die dem Treiben unten im Saale lachend und plaudernd zusahen. Unten welches Gewoge und Gedränge! Die Herren wie üblich un·maslirt, im schwarzen Frack oder blitzender Unisorm, und zwischen diesen Schaaren die eleganten Doininos mit wallender Schleppe. meist schwarz, mehr oder minder mit Spitzen und Blumen geschmückt. Eve linas Fuß zögerte, bevor sie die große Freitreppe hinunterschriit; ihr war plotzlich so unendlich bange zu Muthe. Da sollte sie sich hineinwagen iii das Gedränge? Und welche betäubende Hitze schlug ihr entgegen! Die war nenden Worte des Gatten klangen ihr im Ohr: »Das ist nichts siir Dich!« lind wie sollte sie ihn in dem Gewühle finden? Aber jetzt gab es tein lieber legen mehr. Sie mußte entweder vor-— wärts schreiten, denn dicht am Ein gang, wo sie stand, ivurde sie gedrückt und gestoßen, oder uiiilehren und un verrichteter Sache nach Hause fahren. Nein, das wollte sie um keinen Preis-; sie mußte sich Gewißheit über Dac berschassen, was sie so sehr zu wissen fürchtete. Das Glück war ihr günstig. Kaum hatte sie die Hälfte des Saales durch messen, als sie ihren Gatten iii einer Gruppe von Herren stehen sah. Ein heiteres Lächeln laa auf seinem schö nen Gesicht, geistreiche Worte schienen eben seinen Lippen entflogen zu sein, denii die Anderen lachten, indem sie auf ihn blickten. Evetiiia sah auch hin auf ihn, doch voll tiefen Leibes. Wie schön er war! Er überragte alle die Anderen, wie er so dastand in elegan: ter Nonchalance. Weins ein Wunder, wenn die Frauen ihn liebten und ihn zu gewinnen suchten? Aber er -——-— er hatte doch ihr ewige Treue geschwo ren! Wo aber war sie denn, die An dere, uin derentwilten Alsong hier war? Keine Spur von ihr. Alsong sah auch gar nicht aus wie Einer, der iiiit Sehnsucht einem Rendezvoiis eiit gegenharrt. Sorglos schien er zu sein und lachte und plauderte iiiit sei nem Freunde. Eveliiia lies; sich aus einen der längs der Wände ausgestell ten Stühle nieder: sie war da ihrem Manne so nahe, daß sie jedes seiner Worte vernehmen tonnte. Jetzt nahte sich ihm ein Doiiiiiio. Mit gespann ter Aufmerksamkeit horchte sie hin; doch es flog nur eiii teckes Scherzwort von ihr zu ihm, das er halb ablehnend zurückgab, dann ging sie wieder. Dir also war's nicht. Die Gruppe der Herren, in der Alfong stand, wuchs; sie schienen sich köstlich zu ainiisiren. Jeht nahte sich wieder ein-e Maste von besonderer Eleganz. Wenn sie es wäre? Doch nein, sie sprach Ernesi an, der ihr den Arm bot und sich mit ihr entfernte. Auch Alfons machte Miene, seinen Platz zu verlassen. Sein Rendezvous war also nicht an dieser Stelle des Saales. Wie aber sollte Evelina ihn wieder finden, wenn sie ihn einmal aus den Augen verloren hätte? Rasch entschlossen stand sie auf und trat aus ihren Gatten zu. »Hier bin ich,« sagte sie. Alfons sah sie einen Augenblick prü fend an. »Ich bitte um Deinen Arm,« sagte Evelina. Er bot ihr ihn, doch während sie ihr Bouauet von der einen Hand in »die andere nehmen wollte, ent iel ihr das spihenbesetzte, veilchenduftende Taschentuch Er bückte sich, ließ den Blick flüchtig darüber hingleiten uiid behielt es in der Linien, während er ihr den rechten Arm reichte. »Bist Du endlich da,« sagte er, sie offenbar sür die »Andere« haltend, wie es ja ihrem Plane entsprach. »Wenn so spät?« »Ich konnte nicht sriiher,« sagte sie, bcch stockte ihr der Alb-Inn Also wirk lich, er hatte ein Rendezvous. »Und Du, bist Du schon lange da?« ,.Eine ganze Ewigkeit,« sagte er. »Sei-ten Dir das Warten eine solches« »Du weißt, wenn ich Dich erwarte, bin ich ungeduldig.'« ,,Jst’ö denn so lange her, daß Du mich sahsi'i« fragte sie wie scherzend. Sie wollte dabei erfahren, seit wann er die ,,"Andere nicht gesehen hatte »Ja Deiner Mihe werden die Stun den zu Minuten sern von Dir ilt es ; umgekehrt « Sie schwieg. Die Kehle schnürte sich ihr zusammen s »Wo ist denn Deine Frau?« fragte ie. »J«ch verließ sie vor unserem Ka-. min.« s »Ist s« Essai-Lauf zzig, Haus« allem in die Welt gehst. Eine Frau von Geist ist niemals eifersitchiig, und wenn sie es ist, zeigt sie es nth; muß sie doch wissen, daß itzt-es die Männer nur langtveilt, ohne i sie zurückzuführen-" ? Evelina wurde feuerroth unter ihrer Larve Für wie dumm mußte sie Al Hans halten, sie, die ihm heute bereits zwei Eifersuchtgszenen gemacht hatte. »Ach,« sagte er eben, »ich habe Dich so lieb, warum kann ich nicht immer bei Dir sein!« »Was hindert Dich daran·?« »Meine Pflichten« »Und Deine Wanst-« fragte Evelina5 ein nervöses Zittern durchflog ihren Körper-. »Meine Frau -—-- o nein! Die hätte wohl nichts dagegen.« Wie er von ih’r sprach! Wie von ei ner kalten Person, die ihren Gatten nicht liebte, die ihn gleichgültig koni men und gehen sah. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Jhre Hand umklammerte seinen Arm. Er drückte ihn zärtlich an sich. »Ist Dir nicht wohl?« fragte er und ein Schatten der Besorgniß slog über seine Züge. »Es ist nichts, die Hitze.« »Es ist auch sehr Unrecht, daß Du meinethalhen Dein holdes Gesicht un ter die Maske steckst, das muß Dir ja unerträglich sein« »Mein holdes Gesicht —- sindest Du es wirklich so?'« Sie fragte es mit be bender Stimme. »Weißt Du das nicht? Habe ich es Dir nicht tausendmal gesagt, Dein Eleuth sei mir das holdeste aus Er n.« Evelina meinte ersticken zu müssen. Für wen hielt er sie, daß er ihr diesel ben Worte zu wiederholen wagte, die er seiner jungen Frau aus ihre neckende Frage ost zngcslüstert hatte. Schweigend gingen sie weiter. Sie stüßte sich schwer aus seinen Arm, denn die Kräfte schienen sie verlassen zu wollen. »Warum bist Du hierher gekom :nen?« fragte Alions plötzlich. »Ich — ich wollte Dich sprechen!« Sie stotterte. Die Frage kam ihr son derbar vor. « Er zog ihre Hand an die Lippen: »Es fehlt uns doch sonst nicht an Ge legenheit da·2,n,« sagte er mit seineiii Lächeln. Kaum konnte sie ihre Thriinen län ger zurückhalten Also, sie sahen sich oft. sahen sich vielleicht täglich dies Rendezvous war nichts Vleußerliche5· Arme, betrogene tivelinat Mitleid mit sich selbst und Abscheu vor dem Ver räther erfüllten ihr Her-» Sie wußte genug,. genug! Nur noch eine Frage wollte sie thun. »Liebst Du mich?« fragte sie scharf nnd hastignnd hastig. »Mehr als Alles auf der Welt!« Ein leiser Schrei entsulir ihren Lip pen, sie ließ seinen Arm los und taus ixielte zurück. Wirtlicheg Ersckirecteii malte sich ans feinem Gesicht: »Komni,« sagte er mit vibrirender Stimme, »Dir ist wirklich nicht wohl, ich will Dich »in Deinem Wagen bringen« Doch schon hatte sie ihm Fächer nnd Bouquet entriisen und war im Ge wühl verschwunden - — Als Alsoiig tagg daraus das Früh itückszimmer betrat, war Evelina wie gewöhnlich bereits anwesend nnd da mit beschästigt, den Thee zu bereiten. Aus seinen lauten ,,Gnten Morgen!« nickte sie stumm mit dein Kopfe, ohne die Augen zu erheben. Alsons ließ sich auf seinen gewohnten Platz nieder und nahm die Zeitung zur Hand. Doch blickte er iiber sie hinweg, zu seiner Frau hin. Jhr Antlitz war todten bleich und ihre Lider waren start ge röthet und deuteten aus eine schlaslose, durchweinte Nacht. Der Ausdruck ins nigen Mitleids, trauernder Liebe trat aus sein schönes Gesicht. »Evelina!« sagte er weich. Sie rührte sich nicht, als habe sie ihn nicht gehört. Dann reichte sie ihm schweigend die Tasse. »Evelina«, wiederholte er, indem er ihr dieslbe aus der Hand nahm, »ich habe Dir etwas zn geben. « Jetzt blickte sie erstaunt zu ihm aus. Und —- indem er, um den Tisch her umgehend, aus sie zutrat, reichte er ihr lächelnd ein ——— Taschentuch Zuerst verstand sie nicht Dann suhr ihr wie ein Blitz der Erinnerung durch das Hirn, daß ihr das Tuch, als sie ihn aus der Redoute ansprach, entfallen war und es ihr nicht wieder-— gegeben hatte. »Du wußtest, daß ich es wart« rief sie unter Jubeln nnd Schluchzen und sant in die weit geöffneten Arme ihres Gatten. Der aber griff in seine Tasche und hielt ihr lachend das rothe, start par sitmirte Billet vor die Augen. —- — Iqchniänniiche Variante. : »Welch verführerisch freundliches ’Gesicht Jhnen das hübsche Fräulein Reichmann macht.'« —- Mariae-Leut nant: »Ja, ganz gefährlicher Mienen angriss.« Schlan. Er: »Wie lange hast Du denn den Fisch kochen lassen?« —-— Sie: »Jm Kochbuch steht: eine Stunde; da dies aber nur ein halber Karpfen war, hat-« ich ihn auch nur eine halbe Stunde ko chen lassen.« fTystasiatischeZeig-sinnen Kampfizenem Nemirowitfch Dantfchenko, der Kriegsberichterftatter des ,,Rußtoje Slorvo«, schilderte folgende Epifoden aus einein der letzten Kämpfe am Schuhu Ein Offizier llonnn eine steile An ljöhe empor, unt vom General Befehle zu holen. Da bemerkte er unterwegs einen Soldaten, welcher, gleich ihm, mühsam entportroch. »Nichtswiirdigcr Feigling!« herrsch te er ihn an. »Glaubst Du Dich auf diese Weise vor den japanischen Gra naten verkriechen zu können?« Der Soldat schleppte sich weiter. ,,. e, Du! Hörst Du nicht?« Der Soldat erhob den Kopf. »Herr Offizier, ei; geht nicht an ders... Jch bin Verwundet Eine Kugel traf mich . . .« »Von der Antwort fühlte ich mich wie vom Blitz getroffen,« erzählte spä ter der Ossizier. Jch empfand Scham »vor dem Soldaten, meine Worte tha ten mir leid. »Und warum Bruder« -— so fragte ich ihn —- ,,schleppst Du Dich nach oben, anstatt unten den Ver bandsplatz anszusuchenxs Dorthin ge hörft Dut« »Ich darf nicht« . Ich soll dem General einen Zettel überbringen.« Der Ofsizier nahm den Zettel an sich und überreichte ihn selbst dem Ge neral Ob sich der Soldat noch nach unten hat hinschleppen lönnen -—- ist unbekannt. Auf einem anderen Hügel erblickte cin herabsteigender Scharfschütze einen Kameraden. Lang ausgestreckt lag der Mann da Und ringsum brüllen die Geschütze, sausen, krachen und bersten Schrapnelle nnd Granaten Der Schütze tritt näher heran; er dentt bei ficht »Gewiß ein Todter.« Doch da vernimmt er lautes Schnarchen ,,Hallo, was hast Du Dir da fiir eine Schlafstelle ausgesucht!« ruft er erstaunt aus. ,,Störe mich nicht, Bruder! Die Müdigkeit hat mich überwältigt.« »Komm’ doch herunter, Du Dumm iopst Hier wirst Du getödtet.« »Getd·dtet kann man überall werden, Bruder. Dem Tode entflieht nie mand-. Und hier stört mich wenig stens kein Vorgesetzten ich werde mich ’mal ordentlich ausschlafen« Er drehte sich auf die andere Seite und schlief wieder ein. Ob er loohl unversehrt davon gekommen ist?. Wer eine Schlacht mitgemrcht hat, der tennt diesen Grad der äußersten Erschöpfung Die Nerven haben ihre Thätigteii eingestellt, gleich als ob sie alle zerrissen wären. Man hat teine Eindrücke mehr; das Gefühl deanrcht sowie alle anderen Empfindungen sind verflogen. Nur das eine Verlangen ist geblieben — zu schlafen um jeden Preis, und sei ek- auch fiir den Preis deH Lebens, sich hinzustkeclen und die Augen zu schließen. Und oft fallen dieSoldaten hin und schlafen ein, und oft gelangen sie im Schlafe dorthin, woher es keine Riicltehr mehr giebt. Es kamen Fälle vor, das; einzelneLeui te aus den Sihiitzenschwärmem welche dicht vor dem Feinde lagen, fast anne sichts desselben einschliefen. Als der Befehl zum Rückzug tam, lehrten alle um, nur jene konnte man nicht wach riitteln, so schrecklich ermüdet waren sie. Jn den spanischen litesängnissen siir politische Verbrecher soll eo eine ge wisse Tortur geben, nämlich die der Schlafentziehung So oft ein Gefan gener einschlafen will, richtet man ihn auf und zwingt ihn zur fortwähren den Beweguna. Der Gefanaene ge wohnt sieh schließlich daran, im Gehen zu schlafen, im Stehen, qeaen die Wand gelehnt, zu schlafen, ja sogar mit offenen Augen zu schlafen Und erdulden nicht die todtmüden Soldaten im Kriege genau dasselbe? »Ach, wenn mich blos ein-: Kugel träfe!« träumt ein solcher schlassiich tiger Soldat von einer Verlvundung »Was siir ein sonderbarer Kauzl Er wünscht, eine Wunde zu erhal ten . . .ss.sJ-ast Du denn Lust, Krüp pel zu werden I« Das nicht. Aber man tviirde mich dann in einen geheizten Lazarethloa gen legen, dann könnte ich schlaan o Gott!. Jeh wiirde bis zu meinem Tode schlafen. Ja Tag und Nacht loiirde ich schlafen! Weder essen, noch trinken wiirde ich, nur 'schlasen, immer schlafen! . .- .s· Der Rrieggberiititerstntter der »No tvosti Dnia giebt Einzelheiten über den psychischen Zustand der kämpfen den Arnieen. Er schreibt aus Muts den: Hier traf Leutnant Erwald vom Korps des Generalciv Jtoanoto mit Nachrichten Vom linken Flügel ein. »Wie steht es mit der Gesundheit der Armee?-« »Nicht besonders; es herrscht große Nervösität unter den Soldaten. Viele sind infolge der ausgestandenen Schre cken geistesvertvirrt geworden, ebenso auch aus japanischer Seite. Während der Belagerung eines steilen Felsber sges welchen die Japaner besetzt hat-» sten, überschüttete unser Korps den Feind drei Tage lang mit Schup ; nells. Viele Japaner stürzten sich vor : unseren Augen von oben herab in die i Tiefe und zerschellten an dein Gestein. Gemeinsame Leiden. Einer von ihnen, den wir aufheben, sagte uns, er hätte die furchtbare see älisehe Spannung nicht länger mehr saushalten können.« « Man vergleicht den Krieg immer mehr mit einer gegenseitigen ungeheu ren Schlachterei; dies ist eigentlich die Folgeerscheinung der neuesten techni schen Mordmittel, welche in erster Li nie zur Verwendung kommen. Man möchte gleichsam von einer grausamen Bernichtung lebender Wesen durch leb lose Maschinen sprechen. Denn der Soldat selbst ist im Grunde nicht grausam, wie die immer hänfigeren Nachrichten von einem durchaus fried slichen Verhältnis-, zwischen rufsischen und japanischen Soldaten beweisen. Trotz der Erbitterung, mit welcher die Schlachten geschlagen werden, setzt das jeglicher feindseligen Gefühle bare Be nehmer so mancher Kämpfer in Stau nen. Ein charakteristisches Bild davon giebt folgende Episode, welche die ja panische Zeitung »Manichi« berichtet: Nach einem hartnäckigen Kampfe um den Besitz einer- ftrategisch wichti gen Berges zogen sich die Streitenden auf beiden Seiten bei stlndruch der i detenaus der Wahlstatt lassend. Ein japanischer Ossizier Namens Ischi « turo lag nebst fiinf anderen Verwun .deten in der Nähe von acht Russen. »Als der Morgen grante, waren die jGegner zu entträstet, um den Kampf von neuem aufzunehmen; menschliches Fühlen erlangte alsbald die Oberhand l über den gegenseitigen Haß. Die Ja paner, schwerer verwundet als ihre Gegner, begannen durch Zeichen die Rassen herbeizurufen Letztere kamen auch herbei, gaben den diirstenden Feinden zu trinken und errichteten für den Offizier aus Gewehren und Sol i Nacht zurück, die Todten undVerwun datenmänteln eine Art Zelt. Alsdann verbanden sie sich gegenseitig die Wun den nnd schickten sich an, herabzuklet tern. Nur Jschikuro, durch die schwere » Wunde und den großen BlutverlustI völlig erschöpft, war nicht im Stande, ; sich zu bewegen, und die Japaner," gleichfalls am Ende ihrer Kräfte, ver- I mochten nicht, ihm beizustehen. Da trat ein russischer Soldat an den Ossizier heran, nahm ilkn auf den : Rücken und trug ihn sorgsam insj Thal herab, wo alle bei der japani-; schen Sanitätstolonne Ausnahme fanden. Rührend war der Abschied Jschikuros von seinem Retter; sie bra chen in Thriinen aug. »Ja, viel Gute-J steckt in der mensch lichen Natur!« so schlief-It die japani sehe Zeitung ihren Bericht. Die Laute von Lamartine. Ein Vorfall, der lebhaft an die Handlung der lustigen Oderette »Die lotten Bursche« erinnert, wo die über iuiithigen Studenten dem alten Geiz-s hals Meyer statt eines tttavhael einen alten Oeldruck anhängen, hat sich kürz lich in Pariii rieignet Dort betrat die ser Tage ein gut gelteidcter Mann den Laden eines Droaueuhändlerg in der itiue Matt zu Zari5, mache ein-en Ein kauf von zusammen drei Frant und überreichte dann dzm Kaufmann an Stelle der Bezahlung eine Laute, von der er behauptete-, es- sei die Laute von Lamartine Am nächsten Tage werde fein Sohn erscheinen, die Schuld be zahlen und das sehr werthvolle Jn strunnnt auglösen Der Organen händler machte zwar zunächst ein sehr nngliiubiges Gesicht, war aber dann mit dieser Art der Bezahlung einver standen und ließ den tiäuser nrit sei ner Waare ruhig seine-J Wege-«- ziehen. Am nächsten Vormittag hielt vor dem Geschäft eine Equivage, der ein alter sehr würdig augsehender Herr mit vielen Orden entstieg, um siih in den Laden zu belieben. Er machte einige tleinetseintänfa bemerkte dabei wie zu fällig die angebliche Laute Lamartines und brach in Rufe degEntziickeng aug. Der Droguenhiindler wurde aufmerk sam nnd fragte, ob das Instrument denn wirklich Werth besitze. Pronivt erfolgte die Antwort: LIJieinHerrt Für diese Laute. deren Echtheit unbestrit ten itt, erhalten Sie überall 8000 Frank. Ich habe leider nicht so viel Geld bei mir, aber in wenigen Stun den tomme ich wieder und kause Ih nen das Instrument ab. Kaum hatte dieser Käuser dienLaden verlassen, da erschien ein ungefähr zwölfjiihriger Knabe, der Sohn des Käusers vom vorigen Tage, bezahlte die drei Frank, die sein Vateraestern schuldig geblie ben war, und forderte die Laute La »martines zurück. Der Droguenhänd ler jedoch, der nunmehr von der Kost barkeit des in Zahlung genommenen zGegenstandeS fest überzeugt war, woll te diesen nicht heranggebem Da der Knabe auf seiner Forderung bestand, gab ihm der Kaufmann schließlich 500 Frank, und die werthvolle Laute blieb Eigenthum des Drogitenhändlers. Na türlich lief; sich lein Reslektsant auf das Instrument mehr sehen, und als der stutzig gewordene Kaufmann zu einem Händler ging, mußte er erfah ren, daß die wundervolle Laute einen Werth von höchstens fünfzig Soqu besitzt-« Erinnerung vnn 1870-—7i. Ueber das Verhalten der französi schen Soldaten noch der Uebergabe von . Sedan schreibt Paul deCassagnac, der ’ bei der Uebemabe ebenfalls in preußi sche Gcfcnqenschaft gerieth, alsAugen zeuge in seinen von der ,,Autorife« soeben veröffentlichten Krieqserinne rungcm »Die französischen Soldaten· zerstörten, ihre Zuchtlosigkeit bis zuz den äußersten Ausschreitungen trei bend, die Häuser, um sich Brennholz damit zu verschaffen Sie ri en in ei nem benachbarten Schlosse Draan genbäume aus den Gewächslsiinsem und zerschlugen die Man-M um ihr Wasser damit zu kochen. Dann wur den, indem das Genie derZerst«ök1mgs sucht den Bedürfnissen des Elends zuz Hilfe karn, die schönen- Biiumie ins den Parks gefällt, und die Steine flogen gegen die Spiegel itndFensterscheiben-; in dem erwähnten Schlosse, das ganzz gewiß eine der bezaubernstenWohnun gen war, die man sehen konnte, blieb nichts heil. DieOffizizere wurden jedem Augenblick verhöhnt und mußten die Revolver in die Hand nehmen, die sie meistens in ihrem Gepäck bewahrt hat ten. Die Preußen sahe-n dem zu und sagten nichts. Sie hat-en wohl einige Ajiarodeure erschicßen lassen-, aber auch sie waren ohnmiichtig diesen wahnsin nigen Fieber Einhalt zu thun, das alle Mannschaftcn ergriffen zu haben schien« Wie viele solcherZerstörungen-, die die französischen Darstellung-en des Krieges einfach auf Rechnung der deut schen Truppen setzen, mögen in der That der Zügellosigkeii der eigenen Soldaten zur Last fallen? --——.—-· -- NapoleousBilla auf der ansel Elba, worin er sein kurz-es Exil verlebte, dürfte demnächst in den Besitz der Königin Alexander von England übergehem Als Prinzes sin von Wales hatte sie die Bill-a mit ihrem Gemahl auf ein-er Mittelmeerk fahrt besucht und war seitdem von i«l;rer herrlichen Lage, mehr asber von ihrer originellen, fast gans und gar noch von dem Siege von Austerlitz her rührenden kostbaren Einrichtung der gestalt entzückt, daß sie wiederholt Schritte that, unt durch Kauf in ihren Besitz zu gelangen Allein Fürst De midow schien keineswegs dazu genei s, rrogegen der jetzige Besitzer Tonie i, dem halb Elba gehört, sich nunmehr gern- erboten hat« dem Wunsche der Königin zu willfahren-. Das Zim mermeublement ist mit geringen Ab weichungen genau dasselbe wie zur Zeit Napoleons. Wahrscheinlich wird die Königin in jedem Frühjahre mit der Familie des Prinzen von Wales einige Monate in der Van Martino ver bringen. - »Grmüthttch.« Einen Fileinbathcherz weiß die »Rhein.-westf. Zeitung« von der Ne benbahn Hagpe Viirde zu erzählen. Der gegen R Uhr fällige Zug wurde ern der Haltesielie von einer großen Menge Personen aus Bördc erwartet, die nach Hause zurückkehren wollten. Die Viertelsmuden vergingen, ohne daf; sich der Zug seh-en ließ, so das-, man von Bittre aer durchs Fern «sprecher nach dexn Bleiben des Zuges sich erkundigte; nach etwa dreiviertel stiindigem War-tm begaben sich einige Personen zum ,,Oi:s.uptba"l)nhof«, um nach dem Schidsal des Zuges zu for schen. Was fanden fie? Einen voll standig verlasscnen itleiubahuzug von dcuI Begleitpersoual war kein Mensch zu sehen. Die Ursache klärte sich bald aus· Von vier Schweinen die eben falls nach- Vörde geschafft werden soll ten, hatte eine-) die Flucht ergriffen, und das- ganze Personal war auf der Jagd nach dein Aus-reißen Endlich gelang ess, den Bierfüßler zu sasseu, und nach fast eiskstiiudiger Verspätung schnaubte dann dag »Danipsroß« gen Vorde. —-—--— Ein Unterschied Die Wurst, wie auch der Wein Betunden gleiche-g Streben, Sie gehen stets selbander Als Tröster durch das-H Leben! Wen Hunger just will plagen, Erfreut sich ask der Wurst, Und wen der Nummer kräniet, Erträntt iltn durch den Durst. Treu hüten ihr Geheimnifz Sie stets, aemäfz der Pflicht, Denn wag sie iu sich bergen, Erfähri der Mensch wohl nicht· Ein Unterschied gefunden Jst gleichwohl auch recht bald: Die Wurst schmeckt, wenn sie jung ist, Der Wein, wenn er recht alt! -—-.O seindl ich. Großpapa: »Sag’ mal, Häuschen, möchtest Du auch Großpapa werden?· —- Der kleine Haus: »Ach nein, dann muß ich ja immer Candy verschenken, und ich esse Candh doch selbst so gern.« Scheint-irrer Widerspruch Der Onkel: »Na, Willh, Du prü gelst Dich ja heute gar nicht mit dem lleinen August. Wie kommt denn das-W — Willh: »Weil ict mir mit ihm verziirnt habe!« Mifkvcrständnist. Wirth: »Was beschauft und be riechst Du denn’5 Bier so von llen Seiten, ehe Du trinks?« Bauer: »Mir hat der Doktor g’sagt, ich soffs Bier nur mit Vorsicht trinken!« Ein kalter Strahl. Mann: »Ist das nicht ein kapitaler Hase, den ich heute geschossen habe?" — Frau: »Gewiß, den habe ich auch gestern Abend beim Wildprethändler extra für Dich ausgesucht!« Schlechte Austriae-. Besuch (die fändungssiegel an den Möbeln bemer end): »Ah! So was kommt bei Jhnen auch vors« Hausfrau: »O, nein! Da haben Flog-»die Kinder Gerichfsvollzieher ge vte .« .