Das Räthfel von Elvershiih. Roma IIIIII Yeinhokd Ertmann (3. Fortsetzung) i Das junge Mädchen fiel ihr mit! unschuldiger Gebärde in die Rede ,Jch bitte Dich, vorläufig gar nichts Zu glauben, Mutter. —- Und nun ge nug von diesen etbaulichen Dingen! Ich höre Profper lommen.« Inder That öffnete sich gleich dar auf die Thür, und die hagere Gestalt eines jungen Mannes von vielleicht vierundzwanzig Jahren trat in das Zimmer. Die Züge seines schmalen Gesichts zeigten unvertennbare Aehn lichkeit mit denen Editha’s. Sein Haar aber war von dunkler Farbe, und seine trankhaft umschatteten Au gen lagen fast unheimlich tief in dem bleichen Antlitz. »Guten Morgen, Editha!'« sagte er, seiner Schwester die Hand reichend. »Ich suchte Dich vorhin überall, weil ich mich Dir gern auf Deinem Spa ziergang angeschlossen hätte. Aber Du Warst nirgends zu finden.« Ein Ausdruck gewinnender Freund lichkeit war plötzlich auf Editha’s eben noch so kaltes und stolzes Gesicht ge treten. »Ich war draußen im Wal de. Hiitte ich etwas- von Deinem Wunsche geahnt, würde ich natürlich aus Dich gewartet haben. Giebt es vielleicht eine interessante Neuigkeit, Prosper?« Der Gesrsagte wars einen schnellen, etwas scheuen Blick auf seine Mutter-. Frau v. Linderode aber machte sich seit seinem Eintritt wieder sehr em sig mit ihrer Sticlerei zu schaffen und schien wenig geneigt, sich um die Un terhaltung der beiden zu kümmern. Auf diese Wahrnehmung hin winkte Prosper seine Schwester an das zweite Fenster heran und zog ein dünnes Druckheft aus der Tasche, das er ihr mit einer gewissen Feierlichteit über reichte. »Es ist die neueste Nummer der Zeitschrift Freie Erde«, sagte er flü stern. »Sie enthält meinen Auf satz über eine vernunstgemiisze Ver theilung des Bodenbesitzes. Du mußt ihn lesen, sobald Du es ungestört thun kannst, und mir dann ganz offen Deine Meinung sagen.« »Gewiß,« erwiderte Editha freund lich. »Nach allem, was Du mir da bon erzählt hast, bin ich sehr gespannt, ihn kennen zu lernen. Und die Arbeit ist unter Deinem Namen erschienen?« »Ja, ich habe die Redaltion er mächtigt, mich als Verfasser zu nen nen; denn ich habe eingesehen, daß Du recht hattest. Man muß immer den Muth seiner Meinung haben, auch dann, wenn man sicher ist, gegen den Strom zu schwimmenck Kräftig drückte ihm die Schwester die Dank-. »So ist’s brav, Prosperl Unter allen Fehler-n die ein Mann haben kann, ist nur einer ganz unver seihlich: die Feigheit! Und es wür de mir sehr wehe thun, ihn an meinem eigenen Bruder zu entdecken." Der Eintritt eines Diener in ein facher dunkler Livree unterbrach ihr halblaut gesithrtes Gespräch »Der Baron lassen die Herr schasten zum Frühstück nach dem Her renhause bitten,« meldete er in militii rischer Haltung. Es soll um zwölf Uhr angerichtet werden« Ein Kot-stricken der Frau v. Lin derode zeigte ihm an, daß er verstan den und entlassen sei. Sobald sich die Mr hinter ihm geschlossen hatte, schob sie ihre Stickerei bei Seite und Mk heftig Mk »Ich muß doch ein wenig Toilette stachen und ich bitte dich, mir behülf sich zn sein.« sagte sie in merklicher ung. «Dieser überraschende Mbeweis deines Großvaters muß M zu bedeuten haben. Seit her lesten Anwesenheit Erwins hat er M einer solchen Aufmerksamkeit nicht Mr gewürdig t.« Sie veer schnell das Zimmer, — Mk Oberlippe aber trauselte sich w einem spöttischen Lächeln. «Wir sind natürlich wieder hochbe gliiCt,« wandte sie sich in sarlastischem Ton gegen ihren Bruder. »Es ist doch jammerschadh daß Armuth und Ab hängigkeit so nachtheilig ans den menschlichen Charakter wir-ten Un irre Mutter liebt ihn gewiß nicht WenDerrn Schwiewgervater und den »He-h wirdsie sie-ohne Zweifel jetzt vor s. S list bezauberndstes Lä » r ,nen then damit nachher . seine groji Gnade zu danken. Ach, M wir M endlich einmal davon wären in dieser kläglichen Ko Mittspieieuk Viekieö Kapitel. Bart-g Wernet v. Lindgkode gingt set-fis wartend in den vornehmen, mit altem, duntlsem Holzaetäfel ge Mücken Speifezimmer auf nnd nie der, als seine Schwiegertochter und feist beiden Enkel eiritrciteru Die iäizig hte waren dieser hohem heftig-i jerigen Reckengestalt mit dem « Ihm gen tut geschnittenen Haar, dem Schnnrtbart und fthx Hast geköihetem blühenden Asnilis allerdings nicht anzusehen. Sakn «tt war so fest wie der eines rüstigen ünfzigets, und das einst von chönen Frauen so viel bewunderte Feuer seiner braunen Auge-n war noch immer nicht erloschen. Als der Diener den verspäteten An tömmlingen die Thüt öffnete, hielt der Schloßhett in seiner ungeduldigen Wanderung inne und sagte, ihren Gruß mit einem Avpfnicken erwidetnd, in ironisch-et Höflichkeit: »Ich bitte die jungen Herrschaften um Verzeihung, wenn ich sie zu ein-er so unpassend trit hm Stunde bemüht habe. Es ist fut einen Mnnn in meinen Jahren teidek nicht mehr so leicht, seine Gewohnhei ten zu ändern.« Frau v. Linderode wollte sich ent schuldigen, aber er schnitt mit einer Handhewegung schon nach den ersten Worten die Weiter-rede rb und ging zu seinem Stuhl, um sich darauf nie derzulassen, nachdem er zuvor ritter lich gewartet, bis die Damen ihre Plätze eingenommen hatten Der wohlgeschulte Diener begann sogleich mit dem Auftragen dest- Frühstücks und während des ersten Ganges herrschte unter den vier Tischgenosten ein bedrückendes Schweigen »Du hast wohl die Güte, deine Franz Mutter ntit Wein zu bedienen,a wand te sich der Baron zu Prosper nachdem die Suppentellcr fortgenommen wor den waren, und zugleich füllte er selbst den grünen Römer vor cdithas Gedect. Seine nervige Rechte zitterte nicht im mindesten während sie die Flasche hielt, und ein Lächeln, das beinahe schelmisch zu nennen war, machte sein Gesicht noch jugendlichen als er mit einein abermaligen Blick auf seinen bleichen, schweigsamen En kel hinzufiigte »Auch empfehle ich dir, deine eigene werthe Person gehörig zu bedenken. Es ist ein Steinberger Kabi nett vom Jahre 1883 —— ein Tropfen, der selbst aus der Tafel des Königs mit Ehren bestehen lönntek Er tranl Editl;a zu und leate sich dann behaglich in seinen hochlehnigen Stuhl zurück. »Was giebt s denn nun Neues drau ßen m der Welt? Jhr habt ja wie ich "vermuthe, mehr Zeit euch darum zu kümmern, als ich vielgeplagter alter Mann.'« Frau v. Linderode hatte wohl ir gend eine süße Erwiderung aus den Lippen; Editha aber kam ihr zuvor: »Was sollen wir davon wissen. Groß vater! Die Zeitungen kommen ja zu uns immer erst. nachdem du sie gelesen hast« Und wir erfahren sogar. was auf Elvershiih geschieht, in der Regel später als alle anderen Leute« »Ist es möglich? Wie ich mein stachliges Röslein kenne, bedeutet das natürlich einen Vorwurf siir mich. Aber ich bin- ahnungslos, wie ein Kindlein. Welche meiner Thaten hat mir unglücklichen Mannn denn nun neuerdings wieder den Zorn des gnä digen Fräuleins rtgezogen?« Die Baronin andte ihm Tochter flehende Blicke zu, doch Editha schien eneigt, die stumme Mahnung zu be rzigen »Daß Dir an meiner Zustimmung sehr wenig gelegn ist, weiß ich wohl, « fuhr sie unbeirrt fort, »aber es wäre in der That freundlicher gewesen werm du uns nicht zu täglichen Be rührungen mit einem Menschen ge zwungen hättest,der eben mit genauer Noth dem Zuchthause entgangen ist« « Baron Wem-er konnte nicht dar iiber im Zweifel sein wen tie meinte, abenan gesicl ihm sich Wtsesd zu »Das sollte ich gethan haben? Un möglich! Seit wann giebt ed einen solchen Unhold auf Elvershöh?« »Ich dir seinen Namen nicht u nennen, roßvatert Vielleicht muß FIrster erst noch andere Unglück licht-Eber den Haufen geschossen haben, bevor wir von ihm befreit werden. « »Ist eiFabian, von dem du sprichsti Dasigptnnteaieexpugeitok LeiMefth ausge ug g ei a er anr wenigsten vermuthen. Was inallerWelthastduandernMann auszuiesenlk »Daß er ein Mörder ist« und daß ej mir Grauen einflissrt ihm zu be gegnen.« Die ftruppiaen stauen des allen Herrn zogen sich in drohenderWeife zu sammen, und Frau v. Linderode er wartete zitternd- einen feiner gefürch teten Zornesauslrrijchr. Aber die Ge fahr ging noch einmal vorüber, denn statt der heftigen Entaegnungen er folgte nach einer kurzen. etwas un heimlich-en Pause nur ein lautes, dröhnendes Gelächter. »Die berithmten Nerven.allo! Ja freilich, dagegen ilt nichts zu machen, es sei denn, daß du es einmal mit einer Luftveränderung verluchtesi. Denn daß ich thörichten Frauenzim merlaunen einen tüchtigen Mann zum Opfer bringe, haft du wohl selbstver ständlich nicht erwartet.« »Ur-im« erwiderte sie trotzig, »ich bin sogar über eugt, daß du ihn jekt he holten würgefh selbst wean es vorher deine Absicht gewesen wäre, ihn zu UT «Ntru. es freut mich, daß du mir ver-Miene noch einigen gefunden Men k fEanaM zutraust,« meinte det Baron spöttisch indem er fein Glas Ianfs Reue füllte. Und ich denke, l mit der Zeit wirst du dich schon wieder an ten schrecklichen Anblick des »Mär ders« gewöhnen —- Aber du trinkft ja gar nicht, Prospek! Profit mein Junge! Sollte dir mein Rheinwein etwa nicht munden?« »Doch, et iit ausgezeichnei,« sagte der junge Mann höflich. »Aber du weißt ja, Großvater, ich des-trage nicht viel von so schweren Getränken «So versuchst du es vielleicht mit einei- harmloseten Sorte — Mosel oder Bordeaux —- du brauchst nur zu befehlen. Mein Weinieller ist ganz zu deiner Verfügungs« Daß sich hinter dieser uvetgwnen ganz ungewöhnlichen Siebens wiirdigkoit irgend eine Absicht verbarg die nichts weniger als freundlich war, fühlten Prosper und Editha sehr wohl. Der Blick, den sie miteinander tausch ten, ließ darüber teinen Zweifel. Aber es war voderhand unmöglich, jene lräntende Absicht zu erratlien, denn Werner v. Linderode behielt auch im weiteren Verlaufe des ausnehmend reichhaltigen Mahles die freundliche Miene eines zuvortoinmenden Gasw bers, dein es einzig um das Wohlbe hagen seiner Tischgenossen zu thun ist. Er wurde- nicht müde, namentlich Prosper zu tüchtigein Zugreisen zu nö thigen und ihm immer aufs Neue zu ver-sicherm daß er sich durchaus nicht zu genieren brauche. Schließlich brachte der Diener ans feinen Wink sogar Champagner. und Nrospser muß te es sich trotz seines bescheidenen Ein spruches gefallen lassen, das; der Groß vater selbst ilim den goldig glänzenden perlenden Trank tredenztr. »Nicht übel -— gelt Junge? Nur nicht zimperlLchS Wird dir der Kopf »ein bißchen schwer, fo least du dich nachher aufs Ohr und schliisst dein Räuschchen aus. Die Arbeit brennt dir ja glücklicherweise nicht auf den Nägeln. Oder du machst eine tleine Spazier-fahrt Jminer ausgetrunken! Ich habe noch einen hübschen Posten davon im Keller.« Jn der That schickte sich Prosper Izögernd an, diesem Drangen nachzuge ben. « Da legte Editba ihre Hand auf sei nen Arm und sagte mit liebender Stimme: »Trint nicht, Prospekt Siehst du denn nicht« das-, der Groß vater einzig die Absicht hat, dich zu oerhiihrren?« . » Der alte Baron wandte ihr das s Gesicht zu und stieß sein Glas aus den z Tisch, daß der Fuß des zierlichen Kel jihes in schner Hand zerbrach. »Ja, jliei Gott, Mädchen, du haft’s getrof sfenZ Und wenn noch ein arinseliger Rest von männlich-ern Ehrgesiihl in dem Burschen steckte, so müßte er sich schämen, inir in’s Gesicht zu sehen Da' —- und er warf ein dünnes Druckhesi. das er bis daliin in der; Brusttaschesseiner bequemen Hausjop- . ve getragen hatte, zwischen Gläser und « Flaschen aus den Tisch —— »dast du diesen verbrecherischen Unsinn irr-schne ben, oder hat irgend ein Schurke dei nen Namen mißbraucht, um denSchild ; unserer Familienehre vor aller Welt zu besudeln?« Frau v. Linderode schien einer Ohn macht nahe. Kreidebleichen Antlitzeö wandte sie sich zu dein Erzürnten und. Mist-ki- vesshwiikmd: »nur Gottes willen, theuerstre Vater, der Die m — «Pack dicht« rief Baron Werner dein Manne zu, dessen glattrasirtes Gesicht seine unveränderliche Miene bewahrt hatte. »Im Uebrigen tomrnt nicht mehr viel daraus an, denn der ausge zeichnete herr hat seine Schande sa ohnediei bereits in die Qeifentlichteit getragen. Oder ist er im Stande, sich zu rechtferting Kann er es leugnen· daIYZeug da in die Welt gesetzt zu ha ben « . x Pkpspek hatte sich ekipime sont leichte Miit-, die der Wein auf seinen i Wangen hervorgerufen, war einer tie- t sen Blässe gewichen, und seine Lippen zitterten. Eine Erregung, die« viel leicht nicht frei von Furcht war, schien ( ihn am Sprechen zu hindern. Da begegnete sein Bick den blihenden Au nen Midas, die unverwandt auf ihn j Mchtet waren, und die energische himng, die er in ihnen las, gabi ihm seinen Muth zurück. : »" a, ich bin der Verfasser dieses Auf ones-, Großvater,« sagte er, und ich kann es weder für eine Schande, noch für ein Verbrechen halten, wenn ich mich offen zu einer Ueberzeugung bekenne, die —" «Schweig!« donnerte der Baron ihn an. »Ich habe dich wahrhaftig nicht hierhertommen lassen, um über deine Narrheiten rnit dir zu debattiren. Die Verlogenheit und Järnmerlichleit dei ner Handlungsweise habe ich dir zum Bewußtsein bringen wollen — weiter nichts! Wer bist du denn, du milch isiirtiger Knabe,"daß du dir heraus nimmst, über die ungerechte Verthei lung der irdischen Güter zu eifern und dich zum Anwalt der sogenannten Ent etbten und Unterdrückten auszuwer fen? s Was hast du denn dii heute ge than und erfahren, das dir ein Recht gäQ dich wie ein Mann zu gebär den und einen« alten ehrenhaften Na men durch dein aberwihiges Geth zu lotnprornittirens Haft du je deine Hände gerührt in rechtschaffener Ar betti hast du dich nicht vielmehr von anderen ernähren und tleiden lassen bis auf diesen Dag, und sißest du nicht hier an meinem Tische als ein Schma kohey in —-« »Großvsater, ich bitte dich, nicht wei ter! Ich schwöee es: den Bi en, den ich heute gegessen habe, soll r lehte 0 — gewesen sein« den ich deiner Freigebig teit verdanke.«. »Um so besser — urn so besser! Ich werde dir meine Gasisreundschast ge wiß nicht ausdriinaen. Aber wenn du der Meinung bist, den Namen in derode alsdann ungestraft in den oth zerren zu dürfen, so kennst du mich schlecht. Es giebt glücklicherweise Mittel —-« Er hielt inne, da in diesem Augen liisl derDrener wieder eintrat. um· dem Schloßberrn mehrere Briefe zu über eichen· Der Baron musterte die Aus schriften und griff dann hastig nach dem Tisch-messen um einen der Um schläge aufzuschneiden »Warte gesälligst ein wenig!« ries er seinem Enlel zu, der sich zurückzie hen wollte. »Wir sind noch nicht ganz zu Ende.« irr wie den Kneiser aus und be gann zu lesen. Aber er konnte noch laum die ersten Zeilen überflogen ha ben, als seine ohnediessunnatürlich ge I iöthetes Antlitz eine nahezu purpurne « Färbung annahm. »Was ---— was ist das?" stieß er sbervor. »Ja, zum Henker, habe ich Idenn lauter Verriickte in meiner Fa milie?" Seine Hand, die vorhin so sicher sue-wesen war, machte jetzt durch ihr starkes Zittern das Briesblatt schwan « ten und knistern. Eine schwiile Stille erfüllte wohl zwei Minuten lang das Gemach. Dann fiel die Faust des Barons aus den Tisch. daß Teller und Gläser ertlirrten, und seine aus Gdithas ruhiges, stolzes Antlitz ge-« richteten Augen schossen Bliye leiden-l schaftlichen Zornes. »Daraus hast du gerechnet? Das ist es, was dich so übermiithig machte? » Und meine vortreffliche Frau Schwie aertochter gedachte sich deii Kuppelpelz dabei zu verdienen, nicht wahr?« Editha stand auf. Furchtlps trat sie vor den Erregten hin. »Beschim ose niich, Großvater, wenn du nicht anders lannstl Aber lasz meine Mut ter aus dem Spiel! Sie hat keinen Antheil an dem, was dich so zornig macht.'« »Du weißt also schon, was in die sim Briese steht. Natürlich! Er wurde ja aus dein Geheiß geschrieben, und alles ist ein abgelartetes Spiel.'« »Nein. Jch weiß nichts. als was oeine Worte mich vermuthen lassen. Wenn ich Erwin überhaupt einen Rath gegeben hätte, wäre es gewiß nicht der gewesen, dir aus solchem Wege mitzus :t)eilen, was zwischen uns geschah-« »Aber, mein Gott, was bedeutet das alles, Ediiha?" wagte Frau v. Linde rode sich einzumischen »Sollen die iclimerzlichenlleberraschungen silr mich denn heute gar kein Ende nehmen?« »Verlange jetzt keine Erklärungen, Mutter, oder bitte den Großvater, sie dir zu geben« »Wozu diese Komödie!« polterte der Baron. »Als wenn ihr nicht alle mit einander hinter meinem Riicken an diesem sauberen Plane gearbeitet hat tet! Jch kenne euch ja zur Genüge-« Betheuernd erhob Frau v. Linde rode die gefaltetenhändr. »Jchschwöre dir, daß ich teine Ahnung habe. Nie würde ich geduldet haben, daß eins meiner Kinder dein großmüthiges Vertrauen hintergehe.« .Nun denn. um dich aus deiner Ahnungslosigteit zu reißen: Mein Enkel Erwin liindigt mir zum ersten mal den Gehorsam. Er liinne sich nicht um die junge Dame beloerben, die ich ihm als Gattin ugedacht hatte, weil ——es ist wahrhasztig zum Lachen -——ioeil er bereits mit dein Fräulein da verlobt sei.——-Verlobtl Der harrs narrl Und dabei giebt er sich allen Ernstes den Anschein, als ob er meine Einwilligung siir denkbar hielte.« .Editha —- ist das wahrs« raii n. Linderode ries es in einem on, aus dem vielleicht gegen ihre Absicht vier mehr Freude als Bestiir ung llang, und ihr bleiches Gesicht tte mit einein Male Leben und Farbe ge wonnen. «Einen solchen Schritt konn test du thun. ohne dich deiner Mutter anzuvertraieens« »Ja, und i verbitie mir alle Vor wiir e. Es i durchaus nicht meine Absicht, hier ein hochnothpeinliches Berhör zu bestehen. Wenn es über haupt einer Nechtsertigii bedarf so fordert sie von Gewin- ni von r.« i l i i Sie wandte ihrem Großvater den Jucken und machte Miene. das Speise z’mtner zu verlassen· Baron Werner aber suhr heftig empor und gebot ihr mit Donnerstimrne zu bleiben. »Nun?" fragte sie, ihm ohne jedes Anzeichen von Furcht das Gesicht wie oer Zutehrend. »Welche neuen Lie benstviirdiqieiten sind es, die ich noch hören soll?« « Die trotzige Geiaisenheit ihrer Hai tung und ihrer Rede steigerte die Aus regung des alten herrn ersichtlich bis ins Maßlosr. Sein mächti r Körper bebte, und unter der geröt ten Haut seines Kaiseg ·traten die Adern wie dicke Stränge hervor «Wagst du’5, mir so zu begegnen, »we- jede andere an deiner Stelle vor HScham vergehen würde? Freilich, ich tonnti darauf gefaßt sein, solchenj ) Dank für meine Wohlthaten zu ernten. ( kEs geschieht mir schon recht, ich dars( Unich nicht ein-mal beklagen. Erwin I aber mag sich Glück wünschen, daß ihm « der Oberst den Urlaub zur Reise nach . Eiperihöh verweigert hat, denn tvennj ich den Jungen fett hier hätte —( wenn ich ihn hier hätte —« s or mußte mir-hartem weit ihm dort Athem ausging. Frau v. Linderodei iwagte nicht« sich zu rühren, und Pro sper stand schweigend, mit düsterem Blick und fest zusammengetnissenen Lippen hinter seinem Stuhl. » Auf Editba aber schien der schan mende Zorn des Barons keine ein schiichternde Wirkung zu üben. »Wenn er hier wäre, würde er mich wenigstens vor Beleidigungen zu schüyen wissen.« sagte sie kalt. « muß sie wohl über rnich ergehen la en, denn ich bin ein teebrloses Mädchen, sür das es, wie es scheint, hier keinen Ritter giebt. Aber du bist im Irr-thun Großvater, wenn du glaubst, durch Drohungen einen Eindruck aus mich zu machen, wie aus deine Tagsiihner und Dienst boten. Du hättest einen anderen Weg einschlagen müssen, falls du bei mir etwas zu erreichen hofftest.« »Ich? Etwas erreichen —- bei dir? Bist du von Sinnen, Mädchen? Hin auswersen werde ich euch —- dich und deinen sauberen Bruder. Gher will ich euch aus der Gasse verhungern se hen, als daß —- dasz —-—« Seine Rede erstickte in unverständ lichen, gurgelnden Lauten. Er fiel auf den Sessel zurück, und zitternd ta-« stete seine Fand nach dem Knopf der vor ihm fte enden Glocke »Um Gottes willen, Vater, beruhige dich,« flehte Frau v. Linderode. »Den te an deine Gesundheit. Willst du« daß ich dir die Tropfen hole, oder viel leicht ein —« » Durch eine heftige Handbewegung z wies ber Baron ihren Beistand zurück, Hund dann, als der Diener eintrat, «machte er ihm. unfähig zu sprechen,« « mit Kopf und Armen ungeduldigeZei chen, deren Bedeutung der Mann je doch auf der Stelle begriff. Er warl dem alten Herrn behiilflich, sich zu er- s heben, und führte ihn. seinen mächti Körper nur mit Mühe aufrecht altend, langsam aus dem Zimmer. Weder Profper noch Editha hatten sich während dieser peinlichen Augen blicke gerührt, um dem Leidenden bei zustehen. Nicht die leiseste Regung des Mitleids fiir den mit der furchtbarsten Athemnoth Ringenden gab sich in ih ren finsteren Mienen zu erkennen. Nur Frau v. Linderode hatte ihren Schwiegervater bis zur Thiir beglei tets obwohl sie es nicht mehr wagte, ihrer Theilnahme und ihrer Hilfsbe reitschaft Worte zu verleihen. Eine gebieterische Gebärde des Barons hat te ihr denn auch befohlen, zurückzu bleiben, und nun, da sie mit ihren Kindern allein war, verwandelte sich auf eine geradezu wunderbare Weise der Ausdruck ihres eben noch so be trübten und sorgenvollen Gesichts. Mit einem liebevollen Lächeln ging sie auf Editha zu: »Warum hast du mir nichts von eurem Herzensbunde gesagt, mein Kind? Konntest du da ran zweifeln, daß ich ihm mit Freu den meine Zustimmung geben würde?« Durch eine heftige Wendung war Editha der beabsichtigten Umarmung ausgeivichen. »O nein, daran zweifelte ich allerdings nicht im mindesten,« sagte sie talt, »Und gerade deshalb hielt ich es fiir überflüssig, vor der Zeit zu reden. Es wäre mir sehr lieb, Mutter, wenn du mich auch jetzt nicht dazu nöthigen wolltest. Erwin hat mit dieser unzeitigen Ertliirung auf eine sehr thörichte Weise gegen unsere ausdrückliche Abrede gehandelt.« « »Aber er hat es gewiß nicht unter lassen, dich vorher davon in Kennt niß zu sehen. hättest du seinen Brief gelesen, so wäre dies alles vielleicht zu vermeiden gewesen —- diese schreck liche Seene und der Anfall des Groß vaters, fiir den wir nachher doppelt werden büßen müssen.« « Das iungeMiidchen hatte nicht mehr Zeit zu antworten, denn die Thür des Nebenzirmners wurde ungestüm aus gerissen, und der Diener erschiendnit ganz verstörtem Gesicht auf der welle. STMöchten rau Baronin nicht doch vielleicht die. iite haben. hereinzutonv men?« sagte er. »So wie diesmal habe ich den hertn Baron noch nie ge sehen. Er röchelt so beängstigend, und obgleich er mit offenen Augen daliegt,. versteht er doch nicht, was ich zu« ihm sprech-»F . »Mein Gott, Sie« erschrecken mich. Natürlich tomme ich. Und du, Ediiha, willst Du mich nicht zu deinem Groß vater begleiten?« »Nein!" erwiderte sie turz und hart, l ohne sich auch nur einen Augenblick zu l besinnen. »Ich verstehe mich nicht auf Samariterdienste und bezweifle außer dem, daß meine Gesellschaft ihm Er leichterung gewähren würde.« Frau v. Linderode verzichtete auf weitere Ueberredungsversuche und ver-» ließ mit dem Diener das Gemach. Minutenlang verharrten die Zurück bleibenden in düsterem Schweigen Dann sagte Prosper in einem Ton, dessen fartastifche Färbung nur un vollkommen seine schmerzliche Erre gung verbarg: «Hoffentlich veriibelst du mir’s nicht weiter, daß ich mich nicht dazu aufschwingen «tann, dir zu deiner Verlobung mit Vetter Erwin zu gratuliren. Du haft ja gewiß außerordentlich klug und vernünftig gehandelt;. ich aber kann mich nicht in ein n Minuten mit der Thatsache ab fin n, daß dieser überraschende Lie besbund mich eine Schwester tostet und mit ihr die einzige verftiindniskvolle, mitfüblende Seele, die ich bisher auf Erden besaß. Jch will nicht liebleg von deinem zuliinfti en Gatten reden: aber nach allem vraufgegangenen bist du dir sicherlich ebenso tlar da riiber wie ich fel , daß niemals ir aend welche G . nschaft bestehe laun zwischen ibm und mit.« I Stumm, mit abgewaan Gesicht und sest zusa ten Lippen, katte Editha eine ittere Rede til-er ich ergehen la en. Nun aber wandte sie sichilun zu, under sah, daß Thra nen in ihren Augen glänzten. »Willst du auch noch anfangen, mich zu quälen, Prosperi Jst es nicht ge nug an alledem, was ich bereits habe erdulden müssen? Wen-n du wüßtest, wie es in diesem Au nbkick in mir aussieht, du würdet dich « wahrlich nicht mehr versucht fühlen, mich mit , Lcorwijrsen zu peinigen.« Er bereute auch unverkennbar schon, daß er’s gethan, denn er trat aus sie zu und ersaßte voll heißer Zärtlichkeit ihre Hände. »Ist es denn ganz unwi zderruslich beschlossen. Edithnispjäitkk Iich kann mich noch gar nicht in die ’ Vorstellung finden, das-, du gerade ihm dein Herz geschenkt haben solltest — diesecn leeren oberslächliclxen Burschen rnit seiner kümmerlich übertünchten Rohheit Es ist ja undentbar, daß du an seiner Seite glücklich werden solltest.« »Sage mirs nicht mehr, Prosver — nichts , nichts! Jch kann dir nicht daraus antworten —- heute kann ich es nicht« denn ich müßte dir Geständnisse machen, die ich vielleicht noch nicht ein mal vor meinem eigenen Gewissen ab geleat habe-« »So laß mich dein Gewissen sein« Oder habe ich das Vertrauen« meiner Schwester ganz und gar verloren?« »Gewiß nicht. Doch auch du wirft einmal erfahren, daß es Dinge giebt, in denen man sich von niemandem be 1a::«-en lassen kann. auch nicht von dem besten und treuesten Bruder. Und nun sei nicht mehr um mich besorgt. Jtoch bin ich ja vor der Welt nicht einmal Erwins Braut, um wieviel we niger seine Gattin.« »Editha, wenn ich dich recht ver itctze ·——« Sie wurden unterbrochen. «Prosper! Prosperl Um Gottes willen, schicke auf der Stelle einen rei tenden Boten nach »dem Arzt! Wenn mich nicht alles täuscht, liegt dein un gliictlicher Großvater in den letzten Zügen« Frau v. Linderode ries es in den Tönen der höchsten Aufregung von ter Schwelle, um dann sogleich wieder zu verschwinden Ter junge Mann stand siir einen Moment wie gelähmt, dann aber raffte er sich auf und eilte aus dem Zimme. Editba allein blieb darin zur-»ich Langsam ging sie zum Fen ster, und die trotzige Falte zwischen Ehren Brauen wurde noch tiefer, wäh rend sie unverwandt in die prangende So.ui-:erberrlichleit des Parte- hins . um«-starrte (Fortseszung folgt.) —--——f— Kaiser Wilhelm t- und die Lucca. Einem Jnterview mit Pauline Lucca, das Jlta Horovitz - Barney in der Neuen Fr· Presse veröffentlicht, entnehmen wir die folgende hübsche Geschichte: Die Lucca ließ sich an Abenden, wo sie sang, gewöhnlich ein Glas kalten ungezueterten Ihre bereit halten« den sie in den Zwischenpausen schluckweise trank· Jhr Stubenmal chen stand gewöhnlich mit dem Thees glas in der Koulisse· Eines Abends, unmittelbar vor dem Auätretem be merkt die Künstlerim da ihr eine Schmucknadel ehlt, die sie in der Garderobe vergessen hatte. «holea Sie mir chnell die Nadel und stellen Sie den bee bin«, befiehlt sie dem Mädchen. Nach einem sehr kurzen Austritt kommt sie zuritct und sieht in der Koulisse den greifen Kaiser Wil helm — mit ihrem Theeglas in der Hand. Gleichzeitig kommt auch das Mädchen mit der Jiadel. Die Lucca ist außer sich. »Verzeihung, Ma«e stät«, stottert sie, und «wiithend siiört iie das Mädchen an: »Was haben Sie denn gemacht . . .'« Diese ek widert weinend: »Ich wollte ja das Glas nicht hergeben, aber der alte D - sizrer bat mir versprochen, daß er seg daraus achtgeben wolle.« Der« ar hat, wie gemeldet wird, den luntlertschen Nachtqu Menschl schagingf angetaust. hauptsächlich damit die Großsitrsten seines Hauses durch die berübmten Schlachtenbilder les Meisters die Greuel des Krieges tennen lernen. den sie aus der Rade zu sehen dei ihrer und des Fluren be lannter Vorliebe siir den Je eden doch niemals Gelegenheit hätten. Wenn man Dich übet’s Ohr ge uen hat, schreibe T-it’g hinter die hien « I i I Wenn man oushöri, die Suppe im aufs-schen Reich zu rühren, wird das Fett gewiß wieder obenan schwim men. Oft Sage mit, was Dich tränkt, und ich sage Dir, was Du bist. O i i s aniteich kann wieder euhigfeinx es bleibt die Gmeand Nation. Jni Revolutiouiten ist es noch unerreicht - ·- « Cin tussifchet Matquis Posq würde vom Zaken jedenfalls die Erlaubniß erhalten« »unangemeldet« Sibieienbo neien zu dürfen. O I I Einem Scham-ziehet sann map alles weiß machen. e- i i seeeim Vollet machen keine Kleide u . «