Yeerfagka Staats-« nzejger Und Yerold. , , J« P, Wiudqtph, Herausgehen Grund Island. Nebr» 17. Februar 1905 (chitcr TbciU Jahrgang 25 No. THE-. Wahrer Reichthum. Han- ich vier Scham han« ich vier Gen Wiire ich König der ganzen Welt, Herr-schie, mein Liebling, ohne dich — Aerrner als der iirniste Bettler wär’ ich! — anb’ teine Juwelen, habe tein Gut, Bin nichts als ein frohes, junges Blut. Doch mir gehör-et dein Herz und dein Sinn! — Reicher als der reichste König ich bin! M. Kuntzr. HO beitende Liebe. Humoresle von Arthur Bornstein. Der Regulator hatte eben fünf ge schlagen, als es draußen tlingelte. »Na natürlich, aus die Minute!« brummte der junge Arzt, der in sei-i nem Sprrchzimmer vor dem Schreib-! nich saß, mißmuihig. »Du Menschi macht mich noch rasend.« Der also suusreundlich begrüßte wurde inzwischen von dem dienstbaren Geiste des Doktors hereingesiihrt. Er war ein junger Mann mit sympathi schen, etwas weichen Gesichtsziigem aus denen aber ein gewisser Zug von Unruhe, ja fast Aengstlichleit ausge prägt lag. »Guten Tag, Herr Reschif," be arüßte ihn der Mediziuek, »na, da sind Sie ja! Wie geizig heute?« . »Schlrcht, wirtlich recht schlecht, Herr Dotiott Die Nierenschmerzenl find ja jetzt Gott sei Dank weg, auch das Ohreusausen ist ein bischen bes ser geworden und auch die Athemlw liemmungen haben nachgelassen, aber -- -- deuten Sie sich nur, wag- mir pas sitt isi!" « Der Doktor wollte unterbrechen, aber er hätte ebenso-tut versuchen tön nen, einen Eisenbahnzug aufzuhalten. ,,Denlen Sie sich, vorhin bin ich bei meinem Freunde, dem Bollinger, den Sie ja auch kennen, und wir nn terhalten uns ganz gemiithlich: un xxliicklichertoeife lomtnen wir auf die Qlympischen Spiele zu sprechen und auf das Ringen. Er fordert mich aus« einmal mit ihm zu ringen; ich denke natürlich, er macht Spaß und sage vergnügt ja. Da hat er mich auch schon umfaßt und hebt mich und biegt mich und preßt mich, ich sage Ihnen, wie ein Vertiiclter. Jch wehre mich, io gut ich kann: »Laß lot-, laß los!« Als-er er hört mich nicht und —- und plötzlich giebt er mir einen Puff vor die Brust, einen Puff —- ich falle vor Schreckhinteniiber und liege da « und der elende Kerl steht und will sich ausschiitten vor Lachen. Na, ich richte mich langsam auf und tomme mühsam bis zu einem Stuhl, wo ich mich etwas erhole. Aber sprechen konnte ich lein Wort und mir wurde schlecht, sehr schlecht, und ich glaube, er hat mir etwas am Herzen entzwei gestoßen oder an der Lunge, und nun möchte ich Sie bitten, die beiden Or gane daraufhin zu untersuchen, aber bitte recht genau, Herr Doltor, ich bin furchtbar beunruhigt!« »Na, die Sprache ist jedenfalls wie der da und das ganz lräftigt Wegen des andern wollen wir einmal nach sehen «———« damit erhob er sich von sei nem Sessel, auf dem er refegnirt dem Ergusse zugehört, um« dem Verlangen des Patienten nachzukommen Er mußte das thun, er kannte seinen Mann nur zu gut. Solch ähnliche Scenen spielten sich seit vierzehn Ta gen fast bei jedem Besuche ab, seitdem der junge Verlagsbuchhändler Neschif am Stamtntisch eingeführt worden war, dort den Doktor lennen gelernt und in schnell erwachlem Vertrauen zum Leib- und Hofarzt erwählt hatte. Wie gewöhnlich war alles in schön ster Ordnung, leine Spur von etwas Kranihaftem zu finden. - Er beruhigte den anantrcnen Men schen und znrar recht energisch; er hoffte damit von dem Patienten los zukommen; als-er weit gefehltL Zwei Tage später war er Dauer paticnt wiederum bei ihm. Heute lie bouptete er auf das beitimntteite, Kragen im Halse nnd sogar leichte Schlingdesckstrerden zu haben, was doch sicherlich auf eine beginnende Dyphtheritis hindeutr. Der Doktor untersuchte -—- der ge wöhnliche Bekund. Aber Reschii blieb hartnäckiq dabei: das Kratzen im Halse sei seit heute Morgen immer störter geworden, und außerdem bade er Fieber und gar keinen Appetit — aermu wie es das Ronveriation"5 Lexilon vor-schrieb. das er vorher stu dirt hatte. Ueberhaupt sei er mit dem Magen —- » . Der Arzt hörte nicht mehr auf ihn. l Er saß und mun. Was sollte er mit dem Kerl anfangen? s Da -——- ein Gedank! Von jetzt abi ging er aus die Leiden des «Kranten« ; ein· Reiches hatte, wie dem Doktors wolxl bekannt. zwei Leidenschaften« Gu essen und die »Damen«! Aufi diese beiden Eigenschaften wollte derl Doktor bauen. l »Laisen Sie mich bitte noch einmalj nochseben,« begann er, wahrhaftig» da hinten ist eine Stelle doch etwaol Mörder Na. das t hoffentlich nicht viel zu sagen, werde sehne-it etwoåhrdof r äussert-gerissen End-r März u en ogen schwer . fik- danrit wieder-? Was haben Sie »He-a Abend see-sent dummer-· mayonnaise?! Sie essen sie wohl sehr gern? Ja, das thut mir leid! xzürs Erste lassen Sie sie und ähn liches schweres Gezeugs einmal völlig beiseite, Verehrtesterl« —- Das Gesicht des Patienten oerlängerte sich merk lich. Der Doktor freute sich. —- »Und dann werde ich Jhnen hier etwas aus schreiben, es schmeckt zwar nicht be sonders, aber es wird Ihrem Magen äußerst dienlich sein Sie sehen wirt lich nicht sehr wohl aus, die Sache scheint doch etwas ernster zu sein, als ich zuerst annahm. Na, wenn es morgen nich-i besser sein sollte, dann werden wir mal eine regelrechte Kur beginnen Das schwere Bier, das Sie immer trinken, bleibt selbstverständ lich ganz fortl« »Nein einziges Glas?« · wol Das wäre ja der reine Mord! Wenn Sie Durst haben trin ten Sie meinethalben eine Citronen limonade, aber wenig Zucker rein! — So, hier haben Sie die beiden Re zevte und nun tommen Sie morgen wieder, wenn Sie sich noch nicht völ lig wohl fühlen.« Piinltlich stellte sich Reschiff am folgenden Tage ein. Sei es nun die ungewohnte, schmale Rost oder aber die Nachwirkung der Donnerworte des Doktors, die den armen Kerl die halbe Nacht hatten schlaflos zubringen las scn ——— er sah wirklich recht elend aus. »Die Sache scheint ja wirklich ern ster zu sein, als ich zuerst annahm« sagte der Doktor, ,,da miissen wir denn doch etwas energischer vorgehen. Jn erster Reihe strengste Diät gehalten! Sie müssen also vermeiden « — Und nun folgte eine sehr stattliche Reihe verbotener Speisen und Ge tränke —-—- gerade alles das, was der arme Rischisf am liebsten aß· Daß der hinterlistige Doktor sich gestern Abend am Stammtisch ebenso eingehend wie vorsichtig über alle Lieblingsaeribte seian Patienten insormirt hatte, konnte der natürlich nickt ahnen. Beine-the wollte das barte Herz des Meditus das Mitleid beschleieben, als er seinen Kranken so geknickt und zer lnit tert sah — aber er durfte nicht lo eter lassen Mit rintasen weiteren au ten Nathschlägen entließ er sein Opfer. Am nächsten Tage zog er die Zügel noch schärfer an, und so ginq das noch einiae Zeit sort -·— aber der erwartete Erfolg blieb aus. Der Dottor gerieth allmählich in eine aelinde Wirth, er beqann an dem glücklichen Resultate seiner »Kat« verzive feln Endlich siel es ihm einu, es noch mit der zweiten Eigenthüm lirhleit seines Patienten, die er bis da Bin ganz außer Acht gelassen, zu pro tren. »Wie haben Sie denn heute Nacht geschlafen?« begann er das Experi ment. ,,Schlecbt? Sie schlafen til-er haupt nicht gut? Vielleicht hintng »ja mit den Magenerscheinunaen zusam nten, es lann aber natürlich auch an dere Gründe halten« Hören Sie mal. ich glaube, Sie verlieben sich zu leielitl Die Geschichten regen Sie »in sehr auf, das aeht wirllich nicht —--« »Aber Herr Doktor -- « »Liebster Freund, nsenn Sie wiis3 ten, wie sehr Ihnen jede kleinste Ge miithgansregung schaden kanns Und natürlich sind die Aufregunnen, Die die Liebe nothivendiaerweise ini Gefolge hat, die alleraesahrlichsien.« Neschifs fasz da wie JeeeniiH ans den TrütnnternJerusalemgl Ihn ian war die Liebe berlotentt Das hätte ihn zu jeder Zeit schon ganz entsetzlich mitgenommen. aber jetzt wirlte eg« ge radezn vernichtend aus ihn! Fehl, nso er nach unzähligen, mehr oder nseniger tiefgehenden Abenteuern nunmehr ernstlich, wirklich und wahrhaftig ernstlich verliebt war. Als er nach Hause gekommen, setzte er sich traurig an seinen Schreibtiich« Gerade heute Abend wollte er mit tei nem »Ideal« in einer Gesellschaft zu sammentreffen, und heute wollte er sich überzeugen, ob er sich nicht getäuscht, und ob die verschiedentlichentllnzeichem die er dasiir zu haben glaubte, daß auch er der jungen Dante nicht ganz gleichgültig sei, nicht aus Einbildung beruhlen. Und nun saß er da und wollte noch im letzten Augenblick den Gastgebern abschreiben. Das Herz begann ihm bei dem bla ßen Gedanken daran schneller zu schla gen. Plisskich bekam er einen furchtba ren Schreck. Das war doch wahrlich auch «Ausregung", die ihm der Dot toe so streng verboten. »Rultig, ruhig, Neschissl« nmrtnelte er vor sich hin. Aber das war leich ter gemurrnelt als ausgeführt Allmähltg slachte die Crregung aber ab: er begann etwas ruhiger zu über legen. - Wenn er hinging würde eine ge wisse Aufregung. voran-sichtlich wohl tatest zu beemel n sein« wenn er aber zuhathe bliebe, »wer ibtn eine viel fanmutigen Muth-Creating gewiß. Also er ging hin! Aber er nahm sich fest vor, ruhig zu bleiben. Eigentltch hätte der gute Reschiff auf Grund seiner langjährigen Erfah rung in Herzenssachen wissen können, wie schnell und wie leicht solch’ gute Vorfötze verfliegen nnd verschwinden, wenn einem dann die Angebetete leib haftig gegenübertritt. Als er Fräulein Lilli erblickte, die allerdings heute Abend in dem hell blauen Kleide, das wundervoll mit den blonden Locken harmonirte, noch ganz besonders hübsch aussah, waren alle Schutz- und Trutzvornahmen ver sunlen und ver essen. Er fah nur sie und weiter exitirte momentan über haupt nichts auf der Welt für ihn. Ehe er sichs versah, hatte er sich in die Tanzlarte der jungen Dame, die ihn wirklich recht auszeichnete und sehr liebenswürdig bebandelte, für nicht weniger als drei Tänze eingeschrieben, den Eotillon nicht einmal mitgerech net. Sein Glück machte ihn unverschämt. Er bat, auch fiir das Essen ihr Nach bar sein zu dürfen· Bei der »bescheidenen« Anfrage be kam er ziemlich starkes Herztlopfem Aber er achtete gar nicht darauf. " »Mit Vergnügen, Herr Reschiff!« Das Herzllopfen hörte auf. Da fiir erfüllte ein wonniges, unbeschreib lich süßes Hochgefühl seine Seele, wie er es niemals zuvor empfunden. Man ging zu Tisch. Reschiff af; und trank so vergnügt und reichlich, wie seit Wochen nicht. Der Doktor und seine Vorschriften waren völlig vergessen. Aber er sollte schrecklich daran ge mahnt werden. · Als vierter Gang wurden - Reb hiihner aus die Tafel getragen, Reb hiihner, welche ihm ganz besonders streng verboten waren. Da hatte Reschisf eine traurige Er scheinung. Ihm war, als ob plötzlich aus der schön garnirten Schüssel mah nend und warnend das Antlitz des Doktors emportauchte. « »Nun, nehmen Sie dochl«- mahnte ihn liebenswürdig seine Tischnachba· ein holt-selig lächelnd. »Sie essen doch Redhiihner so gern! Ich habe mir das wohl von unserem letzten Zusammen sein gemerkt« f Vor dem Lächeln schwand die Vi ton. Tief bohrte er die Gabel in die-Brust seines Opfer-Z und im nächstenMoment lag das Federvieh aus seinem Teller. Hei, wie das schmeckte einfach Phramidalt Und wenn’s das Leben kostet! dachte der ,,Kranle«. Na, an’s Sterben ging’s momentnn noch nicht: im Gegentheil ——— zum tosi gen, liebedurchleuchteten, settschäu menden Leben! Als Reschifs am nächsten Morgen erwachte, wunderte er sich eigentlich darüber, das-; er heil und gesund war — vie aus etwas Kopfschmerz. Aber der erschien am Ende erklärlich! Gegen Mittag besserte sich diese Kraniheitgerscheinung« und schwand nach einer Flasche Selterwasser soweit das-: er den versprochenen Besuch lsei Fräulein Lillis Eltern machen konnte-. Der Doktor wunderte sich höchlinist, daß sein »Patient« nicht Pünktliclrst wie sonst eintraf. lsr sollte sich nost vielmehr wundern. Der kam über ljaupt nicht mehr! Erst als er einige Tage später den Stammtisch aufsuchte, fand er den ,,Ausreis3er« wieder, der ihn mit etwas verlegenem Gesicht kegeiißte ,,Entschuldigen Sie nur« Herr Dot tor, daß ich nicht« gelommen bin und mich auch nicht schriftlich entschuldigt habe. Jch sühle mich gar nicht mehr trank und ich habe ietzt furchtbar tre nig Zeit -«—-— ichs habe mich nämlich ge stern verlobt!« Und mit einem gewaltigen Zune seinen Halben leerend, stand er vom Tisch aus: ,,Adieu, die Herren!« Mai-, schon sort?« »Ja, ich will zu meiner Braut!« I Adolf znmzets Kot-mal Von Richard Streben Alle Wetter-, — — der Wind pfiff doch nane etlia über die hatiqefroreneLaii«r». straften Adolf Menzel felilnna sili fein Tuch fester um den Hals, knüpfte sein fadenscheinigeg Röcklein bis zum letzten Knon zu und schritt miser fütbaß. Mit dem Laster glitt-II zwar auch nicht mehr zuer heitern da die Stiefeln schon bedenilicke Verteilu 1ions Oeffnungen aufwiesen, alter heute mußten noch vier Stunden ber untek getippelt werden. Adolf hatte sich vorgenommen, die nächste Stadt am Rhein noch zu erreichen, in welch-er er Kondition zu erhalten hoffte. Der Herbekqsvater hatte ihm nämlich ge stern eine Zeitung gezeigt, laut wel cherin der Wetnet’fchen Offizin tüch tige Se er und ein Korrettor einge ftelltx even. Kot-eilen — das wäre so etwas für ihn gewesen! Hatte er doch schon in seiner früheren Stellung den Kampf gegen den Druckerteu fel wittungsvoll geführt und hätte ihn sicher heute noch fortgesetzt, wenn das Geschäft nicht der Auflösung vers-allen wäre. Da es am Platz nichts anderes für ihn gab, mußte er sein Bündel schniiren und auf die Walze gehen. Natürlich folgte auch er dem Zug nach dem Westen und strebte dem schönen Rhein zu. Wenige Stunden nochp dann mußte er die Thürme der Stadt erblicken, mußte das Bett des-Stroms erkennen. Adolf nahm hin und wieder einen Stärkungsschluck aus seiner mit ,,maison du nord« gefüllten »Preß kohle« und ftapfte dann wieder eilend-s vorwärts. Herabsinkende Nebel kün deten das Nahen der Dämmerung Zu gleich aber stieg ein heller Schein am Horizont auf: der Reflex der Gas lichter und Laternen, die in der Stadt angezündet wurden. Nur ein knappes Stündchen noch, dann mass erkeicktt Und wirklich, kurz nach sechs Uhr hielt Adolf Menzel seinen feierlicken Einzng Den Picielhauben gina er vor sichtig aus dem Wege, er hatte keine Lust, schon jetzt das hochnothveinlirixe terhör nach: Woher, Legitimation, Altjlitärpapiere, Reisegeld u. s. w. zu bestehen. Am besten lvar’s wohl, er suchte sofort die Werner’sche Druckerei aus; wer zuerst kommt, mahlt ;-.uerst, sagte er sich ganz richtig. Wie er schon erfahren hatte, lag dieselbe in der Rit terftraße, in der Nähe des Neumarktes Der war leicht zu finden. Als er durch die Straf-ten ging, fielen ihm die buntfarbenen Vlakate auf: Masken lxall im Schwarzen Bär, im Deut-« fctjen Hofe, im Rothen Butten u. s. w. ) -- richtig, heut’ trat ja Faschinasg )Diensiaa, als Norddeutscher hatte er an die Bedeutung dieses Tage-II gar nicht gedacht. Also ietzt stand er auf dem Neu-l markt, dort war die Ritterstraße und hier: Buchdrncterei, Zeitnnasverlaa . ·. . Andreas Weiner. Die Osfizin schien schon geschlossen zu sein, das Druckerei- s Konior war aber noch hell erleuchtet. Muth also, Muth! Adolf nesielte noch i einmal sein Halstuch zurecht, pusiete , den Staub von seinem Kalabreser und sah sich nach einem Winkel um, in wel chem er einstweilen Knotenstock nnd Ränzel unterbrinaen konnte. Da kamen schnellfiißiae Tritte die Treppe herab. Adolf wollte diskret in der Dunkelheit verschwinden. aber schon hatten ihn vier bellc Mädchen angen erblickt. Einen Augenblick stutz ten die Damen. Dann aber brach die Aeltere in schallendeg Gelächter ans-As »Hahaha, immer noch der alt-Waren macher. Dies-mal ist Dir Deine Ueber raschung glänzend gelungen, Vetter Adols! Weder Mama noch Papa, noch mir hatten eine Ahnuna, daß Du zum Ball kommen würdest. Aber nu mal ran, beut’ ist Faschina, da wollen wir toll lustig scin,« und mit einem Satz war sie aus den Erstaunten zu gesprungen, hatte ihn beim Kopf ac nommen und ihm einen berzlichen Fluss, aus den Mund gedrückt. »Brrr,« schüttelte sie sich, ,,toie stoppelia nnd lratzbiirstig. nicht mal rassrt haft Du Dich, um Deine Maske recht natürlich zu gestalten, und sogar nach Schnapsz dustest Du. Jetzt aber ’rauf zu Papa, « der wird ein Gesicht ma chen . . .« und noch ehe Adolf wußte, wie ihm geschah, war er die Treppe Pinausbuasirt und in ein Zinnner ae choben worden, in welchem ein alter Herr am Tische saß, vertieft in das Tranchiren eines Gansbratens. »Aber Märchen . . .,« der Alte lsob wie abweist-end das Tranchirrnesser. »Aber Kliirclren,« echose Fräulein Kläre, »daß Du auch aus den faulen Zauber hineinsällstl Das ist ja Adolf, unser Vetter Adolf, der uns znrn Fasching eine Ueberraschnna sit-on brieflich angelündiat hat. Und wie die ihm gelungen ist, siebit Du ja. Ein echteres Hasdnzertsbnrscksen Flo stiim haben wir aus dem Fasdnnaisi ball noch niemals gesehen-« »Wahrbaftig, Junae,' lachte nun auch der Alte, das-«- l)ast Du vortrefsi lich gemacht. Sogar Deinen sclxönen Schnurrbart hast Du geopfert, Inn mit HandwertsbnrsclkewStoppeln ecki tester Art answarten zu können. Und die Stiefeln. Hahaha, sind das Tritt: chetL Na, Du wirst Fnrore machen. Aber nun komm, iß noch einen träf tlaen Happen, trink die Flasche Nier steiner, während wir uns in dieser Zeit in unsere Kostiime lrserseiU Adolf stand Izuerst ratblois da. Als er aber sah, daß alle lachten. hielt er es sür’s beste, in das Gelächter mit einzustimrnen Bald war er allein im Zimmer und konnte sich die Situation überlegen. Zunächst aber konnte er der Lockung nicht widerstehen. sich mit dem Gänsebraten zu beschäftigen, knurrte ihm doch der Magen ganz gewaltig. Hei« wie prächtig das schmeckte, —- und dann der Weint Er erinnerte sich nicht, jemals in seinem« Leben einen solch’ herrlichen Tropfen über die Lip pen gebracht zu haben. Er war das Opfer einer Vierwechse lung geworden, das war ihm klar. Aber nicht er hatte die Komödie auf geführt, er war in seine Rolle geradezu hineingedränat worden. Provozirte er schon jetzt die Aufklärung, dann war den« lieben Leuten der ganze Fafchinas ball verdorben und er würde wahr scheinlich etwas unsanft an die frische Luft befördert werden. Am Ende iiberlicferte man ihn aar einem »Butz« und dann konnte er die Nacht auf der harten Pritsche des Polizeiaefängnisses zubringen. Vor den sch.w-edischen Gar dinen besaß er aber eine so Heillnsse Angst, daß er beschloß, dem Druck der Verhältnisse nachzugehen und vorläu fig alles über sich ergehen zu lassen, was Abend, Nacht und Moran auch brinan würden. »So, da sind wir wi-eder,« erklärte Papa Werner, der sich in einen Guten berg verwandelt hatte. »Ein lebenswahres Kostiim,« wagte Adolf zu bemerken, »Gott griiß die Kunst, möchte man da gleich ausrufen. Fehlen noch Setztasten, Winkelhaken und Tiegeldructprsesse . . .« er hielt schleunigst den Mund, die Fachmä driiete waren ihm wider Willen ent schlupr ,,Na,« schxnunskelte scHerr —Werner, ,,scheinst Dich ja schon in einer Setzerei umgeschaut zu haben. Recht so, denn wenn Du dann später ein-mal . . .« — er warf einen bezeichnenden Blick auf Klärchem die verlegen an den Bändern ihres Rockes zupfte, der ibren Anzug als venetianische Fischer-in vervollstän digte. »Nun schnell eine Droschte,« kom mandirte Herr Werner und fort ging’s noch dein Schwarzen Bär, dessen fest lich deiorirken Saal ein buntes Mas tengeroimnies stillte. Adolf erregte in seiner Vertleidung Aussehen, zudemser es fertia brachte, sieh ganz so zu geben, wie es der selige Schwantdichter Räder seinen lustigen Robert und Bertram vorgeschrieben hat. Papa Werner war ordentlich stolz auf seinen Vetter Adolf, welchem Fräulein Klara die besten Tänze re servirte und den sie auch bei der Da irxenwnhl als Tänzer ausertor. Man« speiste zusammen, leerte manches Schöpplein zusammen und schließlich nahm Adolf huldvoll die Glück wünsche der Honorationen ob seiner täuschend ähnlichen Maske entgegen. Die Faschingsgenüsse hatten am Ende aber doch so berauschend auf ihn ein gewirtt, daß er nur noch merkte, wie man ihm einen Mantel nmhing, ihn einer Droschte überlieferte, wie Herr Werner aus ihn einredete, wie ihm Fräulein Klärchen zärtlich die Hand drückte. sk It- st Aschermittwochk Adolf Menzel dehnte sich iu einem blitzsauberen Bett. Lange Zeit hatte er so siiß nicht mehr geschlafen. Gestern noch die Stroh säcie der Herberge und heute sap perlot. dass- gestern, das waren ja schöne Geschichten gewesen Hand-« werigbursch MagtenbalL Vetter Adolf Er richtete den schweren sion empor und stiitzte ihn in beide Lände. Da hatte er sich mächtig reins aeritten, wie sollte er nun aus diesem Ziarneoalsumpf wieder herauskom ruan list— klopfte. Adolf drehte sich nach rer Wandscite Es klopfte wieder. Adolf zog sin) die Bettdecle iiber die Ohr en Es klopfte nochmals —- nnn, sczs geb lein Entweichen und so ries er kräftig: ,,.Herein!« »Ach, Herr Adolf,« entschuldigte sich ein Diener, »aber Herr Werner läßt Sie bitten, mir doch das Hotel anzuge den in welchem Sie gestern abgestie gen sind und in dein Sie Jhre Koffer zurückgelassen haben. Er erwartetSie znin zireiie n Frühstück, in Julle reß« natürlich Und Fräulein Filärchen uch, wie die sich nach Jhnen sehnt. nms die alles Schön-es von Ihnen er zählt hat . . .« »Im Hotel abgestiegen Koffer —-,nriickaelassen, --—- hin, hin, « räusperte sicb Adolf. »Hm, hm. Na sagen Sie Herrn Werner, ich würde gleich her übertominen, uin ihin eine Erlliirnng abzugeben« Der Diener verschwand leolsSlJien eel sprang aus sein-ein Pfühl, er snhr in seine zerkliifteten PantcilonsJ. Er überlegte, was nun zu thun sei. Es war schrecklich, schnudervoll,Etit-: setzen erregen-d. Wenn nicht ein Wuns der geschah, siel er doch noch- in die Fänge des »Butz«. Am besten ware wohl noch, wen-n er eine reguliire Beichte ablegie. Er kroch also aus seiner Kemenate hervor-, schlängelte sic? über den Korridor und klopfte an di Zinrnierthsiir des Herrn Werner. »Mein!« Adolf klemmte die Thür hinter sich zu und kahl-nistelte hinein. Aus dem· Korridor war einige AUW nichts zu hören. Dann aber: « ». ,Was?! Sie unverschämier Lerci-J Sie sind gar nicht unser Beiteri Frechheit! Gemeinheit!« »Aber entschuldigen Sie . . . »Einen solchen Vagabund haben wir gestern als unseren Familienan gehörigen betrachtei!« »Aber entschuldigen Sie . .. »Dem Menschen habe ich gestern ei nen Kuß gegeben hu, hu, hu." »Aber entschuldigsen Sie . . .«· »Die ganze Familie blamirt. Ein Standal Oh je — hu, hu, hu» »Aber entschuldigen Sie, wenn Sie nur III-di Am Nachmittag wurde Adolf Men zel als erster Korrektur in der Offizin der Firma Werner angestellt. Am Abend meinte der Faktor, als er das Arbeitsbuch und den Militärpaß des Ankömmling-s durchblätterte: »Das scheint mir ein richtiges Rauhbein zu sein, Der korrigirt ja mehr Druckfeh ler rein als er augmerzL Weshalb der Alte gerade an diesem latschibeinigen Trainsoldaten den Narren gefressen bat . . . Ein Reiter-stück. Einem in der ,,Chemn«tzer Allg. Zig« veröffentlichten Bgiefe eines sächsischen Hercrokämpfers an seine Verwandten entnehmen wir folgende Schilderung eines kühnen Reiterstiick chens des Oberstleutnants Kirsten aus den Kämpfen um die Wasserstelle öst lich von Epuliro: Auf einer Anhöhe standen etwa 1000 Hereros in dichtem Haufen. Oberstleutnant Kirsten ga lappierte mit seinen Leuten in breiter Front auf den Feind los. Plötzlich er schienen Orlogleute in Khaki in der linken Flanke der Deutschen und such ten unsere Leute zu umgehen, da sie er ; rannten, wie schwach- unsere Truppen zahl mar. Doch das war Oberstleut nant Kirsten gleich. Nur vorwärts! Auf 800 Meter wurde in den dichten lszaufen geschossen. Von allen Seiten wird jetzt gefeuert. Oberleutnant sei-isten war umgangen. Aber noch gab es rückwärts ein Loch zum durch fchliipfenz vom Pferde seuernd, ging es dem Süden zu. Reiter Grunert verlor sein Pferd; mitten unter dem feindlicheu Feuer schnallte er seine Paritasche ab, um, wie er sagte, den Schwarzen nicht sein »Cornedbeef« in die Hände fallen zu lassen. Auf den Schinnnel Kirstens hatten es die He rerosJ besonders- abgesehen, die Kugeln pfiffen unserem wackeren Landsmann nur so um die Ohren. Fiinf Hereros wurden todtgeschossen, auch viel· Groß rsieh fiel oder wurde von uns mit fort pctriebm Als die kühnen Reiter schon - außer Schußweite waren, gingen die Licreros iu Schützenlinien Vor. Sie hatten den Deutschen eine Falle stellen ils-allem wie bei Owitokorera. Wie sich fruiter herausstellte, standen dem klei eru Häuflein Kirsiengv nicht weniger sclg tät-H Gewehre und insgesammt s etwa Wit) Hererog entgegen. l —-—-—-—-—---—— Gesang erfreut das Leben. Nichts ist mehr zu empfehlen, als das Singen. Wer täglich einige Zeit stzeitere Weisen singt, wird dadurch ; zum Wohlbesinden seines Körpers J nnd Geistes ungemein beitragen. Es tist kein besseres Mittel, hypochonde rische Stimmunaen zu verjagen, sich von trüben Gedanken zu befreien, als ein srische5, fröhliches Lied. Die Pflege des Gesanges befördert außer ordentlich die Gesunderhaltung des i (··)teuiiitbe5. Das Singen befördert, twie lservorgehoben wird, den Stoff «niecl)sel, esZ bewirkt eine ausgiebige ««.Ueiililatioii der Lungen und verbes sert dadurch die Blutbesch—assenh.eit.. Ville Krankheiten der Athmungs- und tsirtulationsorgane können durch das Sinnen derlsijtet und wohlthätig be einflußt werden. Es ist daher in der That keine llebertreibung, wenn der Dichter singt: ,,(ilesang erfreut das Leben, tin-sang erfreut das Herz, , Jlsn hat uns Gott gegeben, Zu lindern Leid und Schmerz.« Wie viel Leiden und Qualen physi fcher und psychischer Natur könnten durch die Pflege des Liedes vermie den werden! —--·s--.-—-—— Ein geiundheitsschådlichen Tiresias-parat Jn einein Vortrage, den ein bekann ter - Berliner IJinsikgelehrter kürzlich hielt, erwähnte er einen Ausspruch des Kaisers-, den dieser nach einem frühe ren Vortrage desselben Musilpädago gen gethan. »Sie haben,« so wandte sich der Kaiser an den Redner, »das tiladier als zum Möbel herabgesunken bezeichnet, das geradezu den Sinn für Musik abstumpste. Ich möchte den Ausdruck dahin verschärsen, daß ich es einen gesundbeitsschädlichen Turn apparat nenne.« ———--.--s.-—— Empfindsame Sängen A·: »Warum hat denn der Männer gesangverein Stimmritze das schöne Schiller’sche Lied: »Ein freies Leben siihren wir« im Programm gestrichen-W BJ »Weil die verheiratheten Mit glieder dem unverheiratheten Lieder-i meister rundiveg erklärt haben, dirs sie zu solcher Heuchelei nicht fähig wären t«