Yebraska Staats-Zuzeigtr Und THmlII J P. Winden-it, Herausgeber . Grund Jsltmd Nebr 10.Frbrttar190t ( 1Zweiter Theil) Jahrgang 25 No. 24. Nachi""gebet."« Von Amelie Godin. Nichts greift so tief in mein Gemüih, Nichts kann mit so das hekz bewegen, Als wenn mein Kind im Beitchen kniet, Laut betend seinen Abendfegen. Den Gott, von dem es nichts versteht, Nimmks von det Mutter voll Ver trauen, Und spricht so gläubig sein Gebei, Als könni' es in den Himmel schauen. Geheimnisvollet Kindesblicik Durch dich hab' ich erfassen lernen Des Daseins räihselvoll Geschick, Und was uns lockt zu ew’gen Sternen. - Jhr einziges Glück. Novellette von C. Thaler. Klein Ruth ging bedrückten Ge niiich aus dem hause, und sinnend. traumverloren schritt das Mädchen die Gasse hinab.· Wie lange hatte sie sich auf diesen Tag gefreut! Schon vor Monaten war ihr von den Eltern versprochen worden. daß sie am Tage nach ihrem zehnten Geburtstag allein « zur Schule gehen dürfe. Nun hatte sie geschlagen, diese lang ersehnte Stunde; allein Ruthchen lonnte sich der Erfüllung ihres stolzen Wunsches nicht freuen. Wie hätte sie sich iiber irgend etwas freuen tönnent Hatte doch lieb Miitterchen iiber ihrem »wist mit Papa vergessen, sie vor dem Weggehen zu liissen. Warum die großen Leute nur im mer so viel streiten! » An der Straßenecte blieb Ruth stehen. um nach dem Erterfenster zu rückzublicken, aus dem ihr die Mutter freundlich nachzuwinten pflegte. Jn defz zeigte sich heute das liebe mütter liche Gesicht nicht. Seufzend ging-das tleine Mädchen weiter und fuhr fort zu grübeln. Rutb war-so vertieft in ihre Gedanten, das; sie an dem Schulhaus vorbeiging, ohne es zu bemerken. Sie schritt weiter und weiter, bis ihr endlich eine hochgewachsene Dame den Weg vertrat. ,,Ruthchen, was machst du hier Zur Schulzeit?« fragte die Dame er staunt . Das Kind sah verblüfft um sich. »Ach Gott!« rief es, »ich hatte so viel zu deuten, daß ich die Schule ganz vergessen habe." · Die Dame sah das Kind forschend an. »Du bist blaß, Nuthchen. Komm, ich führe dich nach Haus« Ruth schüttelte den Kopf. »Ich muß um fünf in dieKlavier schule.« »Es ist noch nicht drei Uhr: komm knit mir, wir trinten zusammen Kasfee.« II il If Jn Frau Mathildeng behaglicher Wohnstube war der Kasfeetisch schon gedeckt »Sehe dich, Ruthchen,« sagte Frau Mathilde freundlich. Ruth tranl gierig den Laffen um ihren brennenden Durst zu löschen Von dem Kuchen aber afz sie nur einen einzigen Bissen. »Warum ißt du nicht« Herzchen?« »Ich lann nicht ich tann ivirtlich nicht!" Frau Mathilde beobachtete die Kleine. Es betrübte sie, daß das ziind unglücklich schien. War ihr doch Muth als gemiithvolles, zärtlichesstind und als Tochter ihrer liebsten Jugend ireundin tief an’s Herz gewachsen· Leise trat sie zu der Kleinen hin und fragte: »Woran dentst du, Ruth chen?« »Frau Mathilde, darf man sich das Leben nehmen« wenn man jemand einen Gefallen damit erweist?'« »Kind, Kind, stelle teine so sünd haften Fragen! Wie lommst du da rauft« »Die Eltern sagen so oft: O, wenn das Kind nicht wäret -—— Und da dachte ich — dachtie ich —dachte ich" Hestiges Schluchzen erstickte ihre Worte. f — » Herzlich umschlang Frau Matyitoe das Kind. »Liebes. thörichtes Kindchem wer wird denn so einfache Worte derart mißveriteheM Mama wird dir das deute Abend noch alles erllären, und jetzgelaß dir zeigen, was ich für dich ua .« Sie hou- ihk Schmuckkästchen hu iiei und nahm ein goldenes Armband daraus hervor. »Gott schätze dich« stand darauf. Ruthg Thrönen versiegten. Ein ers ftes Armband ist fiir ein kleines Mäd chen nichts Geringfügiges. Frau Thilde fab, daß der Schmerz des Kindes bis auf weiteres verfloan war. Beruhigt führte sie Rath in die Klavierfchulr. III Ali Rath im haugthor verschwun den war, fühlte Frau Thilde, daß die Last, die ihr durch die Worte des len fttiven belürnmerienMädchens auf das Herz gewälzt worden, nicht von ihr aetoichen war. Es drängte sie, mit Nutlpcheus Mutter u sprechen und diese zu warnen. un lie beschloß, es noch heute, ei gleich zu thun. »Was hat ei segeln-IN fragte Frau Thilde, als sie- bald darauf in der Wohnung-ihrer Jugendfreundinsilara seligen rMutter Raths, erschien. »Was es immer giebt, « sagte die junge Frau, indem sie aus der Fenster scheibe einen etwas triegerischenMarsch zu trommeln begann. »,Ach Klara, March laß das leidige Streiten Du erzielst nichts damit. « »Ich bin iv thöticht. zu hoffen. daß die eisersüchtigen Auftritte seine Liebe zu mir wieder ansachen werden, aber ich sehe, du hast recht « fuhr Klara mit nachdenklicher Mene fort. »Ich werde den thörichten Liebestraumen entsagen und mich irgend einem Be rus widmen.« »Nein, Klara, das wäre gesehltt Du hast mich mißverstanden. Einen. Beruf darfst du nicht ergreifen« — ,.Das sagst du, eine berussthätige Frau!« »Ach, das ist bei mir etwas ganz anderes. Jch besaß nie ein Kind. Jch durfte meine Fesseln sprengen-, ich durfte den Mann abfchiitteln, der mich zur Sklavin, zum Spielzeug, zur Mörtyrerin machen wollte. Du aber! Die löstlichste Blüthe der Frauenliebe ist die Mutterliebe. Die sollst du in: deinem Herzen hegen und pflegen, der s sollst du leben.« »Ruth bedarf teiner so romanti-. schen Liebe. Sie hat ihre Schule, ihre Freundinnen, ihre Spiele und ihre Ansichtstarten.« - »Du verlennst fie, Klara.« Und nun erzählte sie der betroffen Lauschenden, was sich am Nachmittag zugetragen, und wie bitterlich Rath chen geweint hatte. Klara schlug beide Hände vor s Ge sicht. Weinte sie, oder sann sie nur nach? i Frau Thilde meinte, dieses reumii thige Sinnen könne tlein Ruth nurj zugute tommen. Darum küßte sie; Klara leise auf den Scheitel iind ging. s Regungslos blieb Klara sitzen, eins unruhig sluthende5, schmerzlicheg Ge j fühl im setzen. Da pochte es leise aii der Thür, und eine süße Kinderstimme fragte bit tend: »Dars ich hinein?" Die Mutter sprang zur Thür, riß sie aus und schloß ihr Kind siürmisch ans herz. »Goldeneo Ruthchen,« rief die Muts » ter und umarmte das Kind inniger als je zuvor im Leben. ! Da Ruth seinsiihlig ioie alle Kin der war, entging ihr die ioärmere lliii i armiing nicht. i »Hast du dein Ruthcheii noch immer ! ein klein wenig lieb?'· i »Nicht ein klein ioenig, Närrchenli Was fiir dumme Fragen stellst dii?! Komm, Herz, bleib bei mir!« f Bald saßen die beiden einander ge genüber, das Kind bei seiner Rechen ausgabe, die Mutter mit einer Hand arbeit. Ruth arbeitete emsig, allein von Zeit zu Zeit sah sie zu ihrer Mut l tet hinüber. l Blieb diese eriisi, so trat eiii flehen- ! der, zärtlicher Blick in die Augen des Kindes; lächelte aber die Mutter, so. nictte Nuth der Mutter mit vertlärter Miene zu ,,Papa wird gleich nach Hause kom men, Kindchen.« »O, da muß ich mich beeilen,« sagte Ruth und trißelte eifrig weiter· . Da erscholl im Flur die Klingei. Das Kind ränmte rasch seine Bücher» in die Schultasche, und Klara ent fernte das Schreibzeug vom Tisch. Die Tbiir ging geräuschvoll aus« und aus der Schwelle erschien der Herr des hauses, ein stattlicher, breitschul: triger Mann mit schwarzem, lockigem Haar und braunem Vollbart. »Guten Abend!« sagten Mutter und Kind sast einstimmig. «Guten Abend!« gab er zurück, in dem er seinen Hut aus den nächsten Stuhl stellte. »Warum ist das Mädel noch aus, Klara? Kinder ihres Alters gehören um diese Stunde ins Bett.« »Sie wollte dir noch »gute Nacht« sagen.« »So, so, also tomm!« sagte er ziem lich freundlich. Das Kind sprang herbei nnd reichte dem Vater die Lip pen zum Kasse. «Gute Nacht, Kleine, und jetzt geh schlafen.« Das Kind stand betrübt und ver schüchtert. «Klara, du brauchst mir kein Abends-rot bringen zu lassen. Jch bin in die Oper geladen.« Damit ging er in das anstoßende Schlaszimmer und drehte das elel trische Licht aus. Klara legte ihre band liebtdsend aus den Scheitel des Kindes-. »Geh in dein Zimmer, herz, und sange an, dieg auszutleidem Jch komme bald na .« »Bergisz das ja nicht, Mutterchen. Ich schlase nicht eher, als bis du mir einen Gutenachttuß gegeben hast.« »Ich tonnne bestimmt,« sagte Klara und trat zu ihrem Gatten in das Schlafzimmer. »Wer bat dich geladen?« fragte Nara »Die Baronin von Möhren.« · »Ah!« »Wie meinst dass« fragte er scharf. »Ich meinte gar nichts —-—— ich habe nur ein ganz gleichgiltiges »Ah« ge fagt.« Er sah sie überrascht an, sagte aber nichts, sondern fuhr ·fort, seine wohl gepflegten Hände zu waschen. Klar-a legte ihm die Kleidungsstücke, die er brauchte, aufsv Bett, und er be gann sich fiir das Theater mitzuwi den. »Danle, danke,« sagte er höflich. »Seht freundlich, daß du mir behilf lich bist. Die Baronin thäte das nicht —- o gewiß nicht! Sie würde dort auf dein Sopha sitzen, und ich müßte mir meine sieben Sachen selbst suchen. Eine moderne Frau, weißt du, piiant, nicht liebenswürdig nicht gütig, aber verteufelt schön und interessant Uebri gens bist du auch in die Loge geladen, aber ich habe höflich abgelehnt. Das ist kein Umgang siir meine Frau. So, nun bin ich fertig.« Klara blickte ihren Gatten unver wandt an, rybig und leise verächtlich. Sie fühlte le..-.s«-öediirfniß, aufzubrau ’sen. Es war so still geworden in ih rem Herzen, so wonnig still, so selig mütterlich. Was stand sie noch hier? Drüben lag ihr Kind und sehnte sich nach ihr, während sie hier nicht von. Nöthen war Zögernd schritt Herr Fellner nach der Thür. Plötzlich wandte er sich nm nnd sagte: »Wenn du willst, bleibe ich - noch eine Weile bei dir.« »Und dann-« »Dann gehe ich zur Baronin.« »Geh lieber gleich.« »Wie du willst s— - gute Nacht.« »Guie Nacht.« Erging. — Klara starrte ihm nach. Dann legte sie die Hand auf ihr Herz. Es zuctie doch noch schmerzlich drinnen, eine« letzke Schwäche. »O! Wenn das Kind » nicht wäre, ich liefe auf und davon.'« Da ging die Tbiir zum Nebenzims mer auf, und eine kleine Lichtgestalt im wallenden Nachthemd mit einem Glorienfchein von glänzendem Gold haar iiber dein lieblichen Kinderantlitz erschien auf der Schwelle »Mein Kind! Mein Rutlichen!« . Das Kind flog in die weit geöss I neten Arme der Mutter und brach in bestiaes Schluchzen aug. ,,Fiind, Kind! Warum weinst du in bitte:lich? Schau, ich had’ dich so lieb, so lieb --——« »Ach nein, Mutterchenl Du fagii doch immer: »Wenn das Kind nicht ( « wäre. »Ja, ja, ich sage das oft ——— aber du s darfst die Worte nicht mißversteben ; Jch meine damit nur: Wenn Rath i chen nicht wäre, möchte ich nicht ansi der Welt sein. Wenn ich Ruthelsen nicht hätte, wäre ich eine arme, arme » Fran. Aber durch dich, durch dein zärtlickes kleines goldene-j- Heri lsini ich reich, so reich.« ; i HO-» Schwerbörig. Slizze von Max Pollaczet Jch wunderte mich ja selbst iiber die Freundsichleit, mit der man mir iibxr all entgegenkam, und die Beliebthci1· der ich mich in Gesellschaft erfreute. Gewiß, ich war ein ganz netterMensch von guten Manierem von angenehmeni Aeuszeren, ich lvar reich, sehr reich so gar, aber ebenso, tvie ich mir über diese Vorzüge tlar war, lvufzte ich auch. daß eine Unterhaltung mit mir alles andere als ein Vergnügen war. Ich besaß auch eine iiber das Mittelmasi hinaus-gehende Bildung, aber meine Lehrer, ich batte natürlich Privatun :erricht genossen, werden wohl nur mit Entsetzen an die Lehrstunden zurüaae dacht haben, denn sie losteten ihnen übermenschliche Anstrengungen. Und ! da bin ich ja bei dem, was ich sagen nollte, ein Gespräch mit mir musite von der anderen Seite mit einein Auf gebot von Lungenlrast geführt wer den, wie Komtnandos aus einem lixer zierplatz, ich war im höchsten Grabes schlverhörig Das Leiden hatte sich nach und nach entwickelt, und obgleich meine Eltern nichts versäumt hatten, ihtn entgegen zuwirlen, so hatte doch lein Arzt sein Fortschreiten aushalten können. Man hatte tnich allen möglichen, meist recht schmerzhasten Kuren und Operationen unterzogen, und ich war daher aus die medizinische Wissenschaft recht schlecht zu sprechen. Als nun Vater und Mut ter rasch nacheinander abberusen wur den und ich mein eigener Herr wurde, ver-richtete ich auf jede weitere Behand lunÅ ozu auch? Sie quälte mich nur« brachte doch keinen Nutzen und, wie ich schon im Anfang erzählt habe, mein Leiden machte sich mir nicht sonderlich unangenehm bemerkbar. Man kam mir überall ungemein freundlich ent gegen, bemühte sich mir zu Liebe, so laut wie angängig zu sein« und wett eiferre überhaupt in Zuvortommenheit gegen mich. Damen und Herren mach- . ten darin keinen Unterschied. So ist zu erklären, daß ich nicht jener mürri fchen Gedrücktheit verfiel, welche sonst das Schicksal der meisten Schwerhöri gen oder Tauben ist, daß ich mich nicht vom geselligen Verkehr zurückzog, son dern mich in lebhaftem, gesellschaftli chem Treiben wohlsiihlie. Ja, noch mehr. Jn der Mittelstadt, in der ich lebte, wurde die in Betracht kommende junge Männerwelt durch Offiziere und Juristen, Assessoren und Reserendore repräsentirt. Es waren sehr nette, schneidige und liebenswürdige Herren darunter-, und doch hatte ich das ke stimmte Gefühl, daß ich vorgezogen wurde. Das erhöhte mein Selbstbe wußtsein ungemein. Jch sagte mir, s wenn ich trotz meines Leidens so os senbar den Vorzug genieße, so muß meine Persönlichkeit eine besonders angenehme sein. Jch war also, was bei Schwerhörigen selten der Fall ist, auf dem besten Wege, ein im höchsten Grade eingebildeter Gect zu werden Vielleicht war ich es sogar schon oder wurde es, als die unbezweiselt schönste Dame unseres Kreises, die ein zige Tochter des Regierungspräsiden ten, mich besonders aus-zeichnete Jo lanthe, so hieß sie, war eine Erschei- ! nung, so apart wie ihr Name. Groß, s schlank mit wundervollem Blondhaar ! und tiesblauen Augen, erregte sie über all Aussehen, und natürlich wurde sie viel umschwärmt. Man kann sich mei ne Freude und meinen Stolz denken, als ich sah, daß ich in ihrer Gunst of fensichtliche Fortschritte machte. Auch ihre Eltern tamen mir wohlwollend entgegen, obgleich der Vater ein lah ler, strenger Bureautrat und die Mut ter eine im höchsten Grade adelsstolze Dame war. Ich fing an, im Hause des Präsidenten zu verkehren und galt ossiziell als Bewerber um die Hand der Tochter. Uebrigens lebte in der Familie noch eine Cousine Jolanthes -, eine Waise und tein häßliches Mädchen, mit der stolzen Schönheit aber nicht zu ver gleichen. Ihre Stellung mochte die an genehmste nicht sein, aber ich machte mir damals darüber leine Gedanken. Auch tamen wir nur sehr selten ins Gespräch, da sie sich meistens in be scheidener Zurückgezogenheit hielt. Jch fühlte, das; es nun bald an der Zeit wäre, mich zu erklären, und ich nahm mir vor, es bei erster passender Gelegenheit zu thun. Eine Abweisung hatte ich, das wußte ich genau, nicht zu befürchten. Da kam etnsag Unersoartetes dazwi schen. Jn einer heireren Herrengesell schaft, in der man einer Bowle sehr fleißig zugesprochen hatte war man im Gespräch auf das Reisen gekommen. Man hatte mich damit geneckt, daß ich ständig zu Haufe hockte, und ich hatte den Spötteru recht geben müssen, ich hatte mich in der That daheim förm lich eingesponnen. Man wars mir Mangel an Muth vor, ein Wort gab das andere, dazwischen wurde scharf getrunken, und so kam es daß ich mich anheischig machte, innerhalb vierund zwanzig Stunden eine große Reise an ,zutreten, etwa nach Paris-. Aanicht: einhaliung dieses Versprechens stand ein Champagnerfriihstiick siir die ganze übermüthige Korona Als ich am Morgen darauf mit ei-: nem gehörigen Katzeniammer erwach-v te, fiel mir mein unbedachker Ent fchluß schtver auf die Seele. Nun konnte ich mich ja, da die Kosten siir mich keinerlei Rolle spielten, durch ein solennes Dejeuner davon los-laufen, aber ich fürchtete mich vor den unzäh ligen Spottreden, denen ich ausgesetzt sein würde, und so dampfte ich toii thend, mich und meine Betannten vertoiinschend, ab. Urspriinglich hatte ich die Absicht ge habt, Paris nach einem dreitiigigen Aufenthalt den Riilten zu kehren, aber das Seinebabel nahm mich gefangen, und da ich nun schon einmal da war, beschloß ich, einige Tage zuzugeben Dieses Vornehmen wurde mir um so leichter, als ich eine sehr angenehme Bekanntschaft gemacht hatte, einen jungen Arzt. In den Folies bergeres hatte ich ihn kennen gelernt. und da er etwas deutsch sprach, er hatte einige Zeit inHeidelberg ftudirt, war mir das Zusammentreffen sehr angenehm ge wesen. Um so angenehmer, als sich meine Schtverhörigleit in dem fremden Lande als ein sehr großes· Hindernis-i zeigte. Der junge Arzt ribke große Geduld, er sprach sehr langsam, sehr laut und sehr deutlich zu mir, und ich war ihm für seine Güte seht dankbar Wäre er nicht gewesen, so wäre ich doch wohl früher nach Hause gefahren, tvo man um meines Wesens halber meinen Deselk gern in den Kauf nahm Natürlich unterhielten wir uns auch über die Art meines Leidens, ich muß te dem Aeskulapjiinger eine genauere Krankheitsgeschichte geben, und eines Tages überraschte er mich mit der Er klärung, daß er mich für heilbar halte. Allerdings müßte ich mich bei einer Autorität auf diesem Gebiete, er nann te mir einen Professor, einer längeren Behandlung unterziehen. Ich sträubte mich, theils ängstigte ich mich vor schmerzhaften und doch erfolglosen Eingrisfen, theils sehnte ich mich nach Jolantbe und wollte sie je eher, je lie ber wiedersehen. . Aber mein neugewonnener Bekann ter wußte so überzeugend zuzureden und mir vorzustellen, welche Freude Jolanthe über meine Herstellung haben würde, daß ich endlich einwilliqte, den berühmtenSpezialissten zu konsuliiren. Der untersuchte mich auf das Genaue ste und lündigte mir zuletzt an, daß eine sechs- bis achtwöchentliche Kur mir vollständige Genesung bringen würde. Nun willigte ich natürlich ein. Der gerbst war unterdessen hereingebro n, und dabei nahm die ,,Saison« ihren Anfang. Jch fing an, unter der Eifersucht zu leiden- ich sah Jolanthe vor mir, wie sie überall als Balltöni gin glänzte, wie eine Schaar von Ver ehrern ihr auf Schritt und Tritt folg te, und ich zitterte. Wenn nun mein Bild in ihrer Seele verblaßte, wenn ein anderer meine Stelle einniihme, was dann? Oft war ich nahe daran, die Kur zu unterbrechen, aber der jun ge Arzt hielt mich immer wieder zu rück, und allmählich begann ich auch den Erfolg zu spüren. Mein Gehör lehrte wieder, und ein unendliches Wonnegesiihl beseelte mich. Mit Ent zückee lauschte ich jedem Tone, der an mein Ohr drang und hörte ich auf je deg leise Wort, das neben mir gespro chen wurde. Der letzte Tag der Behandlung kam. Ich verabschiedete mich von dem Pro fessor mit Worten ausrichtigen Dankes und überreichte ihm ein sürstlicheg Ho norar. Während ich noch von dem gro ßen Glück sprach, das er mir bereitet haxte, richteten sich seine schwarzen Augen mit steptischem Blick auf mich. Jn den langen Wochen, da ich täglich zu ihm lam, hatte er genug von mei nen Verhältnissen kennen gelernt und mein-en Charakter wohl durchschaut. Er lies; mich ausreden und sagte dann: »Also Sie sind mir von Herzen dankbar, das; ich Ihnen das Gehör wiedergegeben habe?« Wortreich wollte ich meine Versiche rungen wiederholen, aber er unterbrach mich, indem er fortfuhr: »Ich fürchte, Sie werden mir späterhiti Borwiirse darüber machen.« Lebhaft betheuerte ich, daß dies un: deutlich sei. ,,.Ltaben Sie nach Hause geschrieben, daß Sie in Behandlung standen?« Ich verneinte die Frage. Zuerst glaubte ich nicht an einen Erfolg, und als dieser sich endlich einstellte, ver: schwieg ich ihn, um mit der Freuden botschast daheim jedermann zu über-s raschen.« »Nun gut, so fahren Sie heim, nnd versprechen Sie auf Ehrenwort, in den ersten drei Tagen Niemandem von Ihrer Wiederherstellung zu erzählen. Stellen Sie sich, als wären Sie nach wie vor schwerhörig!« Was blieb mir übrig? So schnur rig mir sein Begehren vortam, ich mußte es ihm versprechen. ----- « Kaum angelangt, machte ich bei dem Präsidenten Besuch. Man em Pfing mich. Jrn Salon befand sich Jolanthe, ihre Mutter nnd ihre Cou sine. Wie gewöhnlich ließ man mich — jetzt fiel mir das erst auf -— reden und begnügte sich ab und Zu mit dem Kopfe zu nicken oder ein Wort einzu wersen. Sehr natürlich, einem Schwerhörigen gegenüber war eg das beauemste. Man zeigte mir Bilder von einer Kostiimquadrille und schickte die Cou sine hinaus, um noch andere zu holen. Während ich mich über die Photogra Phien beugte, hörte ich Jnlanthe sagen: »Er ist noch so fade, wie früher, so ein Tauber ist doch entsetzlich« Und die Mutter erwiderte: »Ach was, er ist mehrfacher Millionär, und ein tauber Mann ist ein bequemer Mann; hoffentlich hält er um dich an.« Das Blut stieg mir zu Kopf. Einen ersten Augenblick hatte ich gar nicht gewußt, von wem die beiden Frauen sprachen, dann aber wurde mir sofort alles klar. Die Verblendung, in der ich mich während meines ganzen frü heren Lebens befunden hatte, schwand und mit einem Schlage meine Selbst gefälligteif und —- mein Glück. Als ich mich ausrichtete, mqu ich sehr lonfus gewesen sein, denn als ich mich schnell verabschiedete, hörte ich die Cousme nur sagen: »Ach, der arme Mensch, er ist wohl durch die Reise noch sehr mitgenommen,« während Jolanthe kurz äußerte: »Nun hat er sogar an seinen Manieren auch schon Schiffbruch erlitten.« Was soll ich weiter erzählen. Jch stellte die Probe noch weiterhin an, und immer, Gott sei’s geklagt, immer mit demselben Erfolge. Nun erfuhr ich erst, wie ein unleidlicher Geselle ich sei, wie viele Fehler ich habe, und wie nur mein Reichthum den Umgang mit fmir erträglich machte. i So hat also der Professor recht be Ihalten? ’ Beinahe, zum Schluß doch nicht. Als ich viel später mit meiner jungen Frau, der mitleidigen Cousme Inlan the's, die Hochzeitsreise nach Paris antrat, besuchte ich ihn und erzählte ihm alles-. Er antwortete mir, wir könnten bei de zufrieden sein. Jm Prinzip habe er recht behalten, und mein Glück sei eine Ausnahme, welche die Regel bestätige. Meinetwegen, ich freue mich doch, daß ich wieder höre, denn meine Frau hält keine Gardinenpredigten Ein altes Gasthauö. Wie wir jüngst mittheilten, ist der »Löwe« in Adors (Sachsen) schon im Jahre 1440 ein Gasthaus gewesen und bisher in derselben Familie ge blieben. Inzwischen sind in der Presse auch noch andere Gasthöfe ge nann tworden, die ebenfalls einige Jahrhunderte bestanden haben, so der ,,Adler« in Nimwitz (1.483). Das älteste deutsche Wirthshaus ist wohl, wie der »Frts. Zig« geschrieben wird, der ,,Riese« in Miltenburg am Main, der ununterbrochen seit dem 12. Jahr hundert besteht und einige Jahrhun derte hindurch von der Stadt zur Fürstenherberge auserlesen war (laut amtlichem Rathsproiokoll). Kaiser Friedrich der Erste wohnte dort 1158 und 1168. Ludwig der Bayer karn mit großem Gefolge im Jahre 1316 nach Miltenberg und nächtigte eben falls in der Fürstenherberge zum »Riesen«. Der Kürze halber wäre noch zu erwähnen, daß Kaiser Karl der Vierte im Februar 1868 acht Tage im ,,Riesen« weilte, 1448 Kur fijrst Theodorich von Mainz. Außer den vielen Fürst-en sei nur noch Luther erwähnt, der im Jahre 1518 aus sei ner Reise nach Heidelberg im »Ric sen« Unterkunft fand. Am Z. No vember 1621 kam General Tillh mit dem Grafen von Anhalt in den »Me sen«, und die Rechnung des damali gen Wirtheg fiir diese Beherbergung betrug Zinsn- Gulden. Wirklich, viel kiinnte der alte Bau, wenn er zu er zählen vermöchte, erzählen. — Derselbe. Den sast stets überflüssigen, ge schmaellosen und so oft übertriebenen Gebrauch des Fürwortes »derselbe« Hnacht die folgende kleine Erzählung itachekiich vie der Zeitschrift des Allg. fDeutschen Sprachvereinöt entnommen »ist. ,,Adolf war Angestellter in einem «Gesch«cif:e. Jn demselben befanden sich »auch einige VerkäUferinnem mit einer »derselben war derselbe berlobt. Die selben batten sich kennen gelernt, als »dieselben daselbst das Waarenlager H aufnehmen mußten. . Dieselben hatten längere Zeit daran zu thun, da dasselbe sehr umfangreich war, nnd da dieselben nicht allein den Bestand desselben, sondern auch den Werth desselben festzustellen hatten. Dabei wurde derselbe von der Lieben-s iwiirdigleit derselben derart entzückt, jdafz derselbe um die Hand derselben . bat und dieselbe von derselben auch er sbieli Seitdem trafen dieselben sich sallabendlich nach dem Verlassen des Geschaftgbanses draußen unter einem IBetkon desselben woselbst dieselben sunter dein borsbringenden Dache des ! selben Schutz gegen das Wetter fanden. s Eines Abends hatte derselbe unter sdemselben schon einige Zeit auf diesel s be gewartet, wobei derselbe ungeduldig sunter demselben hin- und herging, als zvon dem Dache desselben einigeTropsen auf den Hut desselben niederfielen, wo durch derselbe beschmutzt wurde. Als Jderselbe denselben verdrießlich zu rei J nigen suchte, lam dieselbe endlich, aber jderselbe begrüßte dieselbe wenig freundlich. J Anfangs sah dieselbe denselben ver s wundert an, alg dieselbe aber sah, was sdem Hute desselben geschehen mar, Inabm dieselbe demselben denselben ab, sum denselben zu reinigen, worauf die selbe demselben denselben daselbst zu ’rijelgab. Dieselbe lickte denselben freundlich an, und bald lächelte auch seinerseits derselbe dieselbe freundlich an. Heiter Plaudernd zogen dieselben bou dannen. ( ———--——-— tlsiinstiqe Gelegenheit ; Onlelx »Ich weiß nicht, was mir s heute ist, ich habe solch gräßlich-e Ma , qenschnierzen« Neffe: «Daran leide ich oft.« Onkel: »Ich habe schon alle Mittel dagegen vergeblich gebraucht; was brauchst Du denn?« ,,.f,)undert Mart, lieber Onlel.« · Jni Bilde ,,Denle Dir nur Frau, was heute unserem Kassirek passirte. Er zündet sich eine Cigakre an, da fällt ihm ein« brennendes Ziindholz aus den Rock und el) man sichs versieht, ist sein Rvck durchgebrannt, sein Gilet »Er-arch gebrannt, sein Hemd durch »Um Gottes-willen er ist doch nicht am Ende selbst durchgebrannt?« Ball-seinen i »Wie denken Sie über «Königj Lent«, Herr Leutnanl?« »Tai-Rose Tragödie —- abet unans sjenehme Familienerhiiltnifse!« »F