Vas- Monagramm. humotesle von Camilla vatsch. Jsabella, die jüngste Tochter desGe uekals v. Trautthaim — bei welchem heute großer Hausball abgehalten wird—tritt in hochmoderner Balltoi leite über dieSchwelle der Garderobe. Der alte Diener, der auf einem Stuhl sanft eingenickt war, fährt bei demGe täusche auf und reibt sich die Augen, um besser sehen zu können, den-n er glaubt noch immer, daß die Erschei nung des gnädigen Fräuleins nur ein Traumbild sei. Doch bald wird er flach die Stimme eines Besser-en be e t. Ach, lieber Friedrich, bitte sehen Sie doch einmal nach, ob der Champagner auch richtig eiiigetiihlt ist. Sie sollen ja, wie ich hörte, etwas davon versie Friedrich ist ganz sassu los und sehr otternd klingt sein: ,, u Befehl, gnii es Fräulein!« Jst es aber auch ein Wunden da der alte, langjährige und ersahreiie · er verlegen wird? »Lieber Friedrich und »bitte« hat sie gesa —so dentt er im Stillen: Hm, hin, muß etwas nicht richtig seini« Doch gehorsam wie immer, eilt er seinen Pflichten nachzulommen und bemerkt in seinem Eiser u. einen stil len Betrachtungen gar nicht, ß Fräu lein Bella——tvie man sie turz nannte s-— in der Garderobe zurückblieb. »Gott sei Dant«, athinete Bella aus, ,.er ist glücklich sür ein Viertel änd chen entfernt und nun rasch: risch gewagt ist halb gewonnenl«-——Doch «a, was nun? —- Welches ist der richtige Mantel, den sie sucht? Rathlos steht: sie vor der Masse der Paletots, die da in Neih und Glied ausgehängt sind. Da — diese pelzgesiitterten Winter —ibcke, mit denen hat sie nichts zu thun. Einem echten, rechten Soldatentinde," wie sie eins ist, iiiiponirt nichts, das nur einen Anschein vonCivil hat. Doch da sind ja schon die stiziersmän- - tel. Aber wie soll sie nun den richti- » gen sindeii? Fräulein Bella ist schlau und nichts I bringt sie in Verlegenheit. Ein se lundenlanges Ueberlegen genügt und schon hat sie einen Ausweg gesunden. »Das Monogr-uml« jubelte sie aus »W.v.S.« Mit wilder Hast untersucht sie einen Mantel nach dein andern. Eine stattliche Anzahl derselben hat sie schon in Händen gehalten, ohne den richtigen gesunden zu haben , und sie glaubt schon ihren Plan ausgeben zu müssen, denn Friedrich muß ja jeden lElugeiiblick zurück sein. Aber da — sie war doch ein Glückpilz-sschimmert ihr’s da nicht goldgestickt entgegen: W. v. S? ,,hurrah, unser ist der Sieg!« jauchzt sie aus, besteht nochmals das Monograinin, um sich ja nicht zu ir ren und blitzartig fährt ihr tleines, weißes händchen hinter denAusschnitt ihres Kleides, um dann ebenso rasch lis zum Ellbogen in der tiesen Tasche des Ossiziersmantel init dein Mono grainm W. d. S. zu verschwinden Flüchtig wie ein Reh eilt Bella hin aus, um sich wieder in das muntere Getriebe des wunderbar detorirten ygeaales zu mischen und sich weiter zu cmiisiren, als ob sie nicht eben ver schwunden gewesen wäre, um einen Streich auszuführen, siir den ihr der gestreng Herr Papa gewiß vierzehn Tage sptubenarrest dittirt hätte Hauptmann Waldemar von Saarn liegt am anderen Morgen noch im Bette, als ihm der Thee serviri wird· Doch kaum hat der Bursche das Zim nier verlassen, da erscheint er auch schon wieder, um auf silberner Platte ein rosa Briefchen zu überreichen. Gleichgiliig greift der Herr Haupt mann nach demsele und da es ohne Adresse ist, ruft er den Burschen zurück und frägi:. »Von wem ist der Brief?« » » u Befehl! Weiß ich nicht.'« f » fslopfi Wieso weißt du - nichts Akt hat den Brief gebtachti«s »Hu Befehl! Weiß ich nicht. —s Hab’ ich Brief gesunden.« s »Daß dich doch « —— Wenn dui einen Brief ohne Adresse findest, ! glaubst du, daß er dann rnir gehören s müsse? —- Wo hast du den Brief ge- s fimdkn?« ( »Zu Befehl! Beim Manielpußen.i Streite sich in Manieltasch’ von die ’ Herrn Hauptmann Zu Befehl!« «Kannst du das nicht gleich sagen, du Name-el? - Abtreten, inarsch!« hauptrnann von Saarn betrachtet» das adreßlose Briefchen von allenl Seiten. Er riecht dazu.——Welch’ süßer, ierauschender Duft! Noch einigemal dreht er das Briefchen in Händen hin und her, bis er sich endlich entschließt, dasselbe bedii tig zu öffnen. -— Erst die Unterschrit angesehen: Deine ewig treue Bella.——Donnerroeiter. daß wird doch nicht am Ende ar des General Trautheims jüngste ochter sein? Rasch entfaltet er das Blatt und liest: Süßer Schaßi Verzeihe, daß ich dir aus diesem Wege eine Nachricht zukommen lasse, ·die dich hoffentlich ebenso sehr freuen wird, wie mich- Denke dir nur, ich habe Ostern Papa durchSchmeicheleien das pre n abgeloat, daß er dich bei niich er le enheii avanriren las ien wird. Jch anbe, ich lonnle mich dabei nicht so ehr herstellen, als daß ! er nicht gemerkt haben sollte, wie lieb ich dich be. s Auch nd ich heraus, daß Pa a ei- l verlier ndung mischen uns ni tub geneigi sei und so lannsi du ei morgen friib ganz «risch wagen um meine Band anzu lten. s Jarvort ift dir cher — wenn nicht anders, so er bette ich es von Papa. Jch nenne mich in Gedanken schon deine kleine Braut und küsse dich auf das herzlichste als deine ewig treue Bella.« »Ei, ei«, schmunzeltHauptmann von Saarn. »Darum also sah gestern Abend das Fräulein Bella gar so glückstrahlend aus und er satte sich also doch nicht geirrt, als es vor kommen wollte, sie schmiege ch beim Tau ganz besonders an ihn an. »Ein Teuselsterh ein Prachtmädel!« seßt er sein Selbstgespräch fort unt-sammt vor sich hin: »Waldemar, Waldemar, Sieh’, das trifft sich wunderbarl« Dabei denkt er an seine großen Schulden, die er nun mit einem Theile der großen Mitgift seiner Frau, der zukünftigen Frau hauptmanm decken will. Und dann —— das« Amme ment! Die kleine Roccorco-Uhr am Ka minsnns schlägt bereits elf Uhr und Hauptmann von Saarn springt mit gie· Füßen aus dem Bette. »Die höch te Zeitl« murmelt er, »Bella war tet gewiß schon mit Ungeduld.« Niemals im Leben hatte er so rasch Toilette gemacht und in der nächsten Viertelstunde rollt er in einem Fiaier der Wohnung des Generals zu. Die Exzellenz scheint auf seinen Be- s such schon durch Bella vorbereitet zu ; ein, denn Hauptmann von Saarn wir o soo rt vor gelassen Nach üblichen Redensarten über ! Befinden etc. bringt er endlich zaghaft seinen Antrag raus und wundert sich im Stillen über die Anstellungs kunst des Generals, der ganz erstaunt thut, als ob er von gar nichts wüßte. »Mein lieberSaarn. es ist für Bella ; gewiß ein Vorzug, den Sie ihr durchx Ihren Antrag erweisen. Doch weiß« ich nicht« ob dieselbe damit so ohne weiteres einverstanden sein wird, denn ter Alters-unterschied —-—--—« dabei gleiten seine Blicke wie bezeichnend über die leicht ergrauten Haare des Hauptmanns, »und dann glaube ich rei ihr eher eine Neigung für——« »O der Zuneigung des gnädigsten Fräuleins bin ich sicher und unwill tiirlich fährt dabei die Hand des Hauptmanns hinter den Waffenrock, wo er Bellas Brief verwahrt hat. Ganz erstaunt betrachtet General von Trautthaim seinen Gast und sagt, indem er schon den Knopf der elettri schen Klingel drückt: »Das Beste ist, wir hören Bellas Zustimmung aus ihrem eigenen Munde,« und zu dem eintretenden Diener: »Ich lasse Fräu lein Bella bitten!« Keine fünf Minuten vergehen und Bella stürmt wie ein Wirbelwind ins Zimmer, denn mit Sehnsucht hat sie darauf gewartet, gerqu zu werden« —- Aber wie angewurzelt bleibt sie stehen, denn nicht derjenige, den sie hier zu sehen hoffte, steht ihr gegen über. Wie aus weiter Ferne dringt die Stimme ihres Vaters an ihr Ohr: »Bella, Herr Hauptmann v. Saarn hat um deine Hand angehalten. Willst du aus freiem Willen und aus Liebe seine Frau werden?« Sprachlos starrt Bella von einem zum andern. »Gnädigstes Fräulein, machen Sie mich zum Glücklichsten der Sterblichen und sagen Sie sat« Hauptmann von Saarn streckt ihr beideHände entgegen, doch Bella ergreift sie nicht. »Herr Hauptmann, ich ---— ich — Pasga —— ich — ich lann nicht -— —-—-« r Hauptmann ist wie vom Blitz getroffen und der General meint triumphirend: »Sagte ich es Ihnen nicht?« Noch sucht der sonst stets schlagfer tige Offizier verlegen nach Worten, als er zu seinem Glück einer Antwort ent hoben wtrd, denn die Erzellenz wird dringend ans Telephon gerufen. So sieht sich Waldemar von Saarn für kurze Minuten mit Bella allein; Und kann so wenigstens von ihr Auf-s tlarung über ihr ihm räthselhastes hen verlang en. it gesenlteng Blicken steht sie dai und sie glaubt umsinten zu müssen, als nun seine Stimme vorwurssvoll an ihr Ohr dringt: - »Gnädiges Fräulein, warum haben Sie mir das angethan? Warum haben Sie mir diese Falle gestellt, in die ich, durch ihre süßen Worte gelockt, ohne weiteres ging?" »·ch, Ihnen eine Falle gestellt? Wie o?" kommt es höchst erschrocken über ibre Lippen. «Nun, Sie schrieben mir doch —-—« »Ich schrieb Ihnen? Was?« »Nun diesen Brief!« hauptmann von Saarn zieht den Brief zur Hälfte hinter feinem Waffenroct hervor-. »Um Gottesioillent Das war doch » nickt fiir Sie. « Wie kommen Sie da-« zu « »Der Brief steckte doch in meiner Manteltafche.« « »Ja Jhrer Manteltafches Und ich ftieckte ian doch in den Mantel des Herrn Leutnants von Seltern. Jchj fah doch ganz genau dasMonogramnu W. v. S.« " »W. v. S.?« lacht der Hauptmann auf. »Das ift ja auch mein Mono gramm. Da haben sich gnädiges Fräu lein sicher geirrt-« »Ja, ja! Bitte, bitte, lieber herr Hauptmann,· « sagen Sie Papa nichts davon und Leben Sie mir den Brief —- rafch — Wenn auch der fa tmann eine Niederlage erlitten, o F er doch Ka valier genug, eine Dame nicht in Ver legenheit zu bringen. Er will donBrief hervor holen, allein —es ist zu spat. Der General ist zurückgekehrt und so hat Waldemar von Saarn nur noch Zeit, Bella zuzufliisterm »Verlassen Sie sich aux mich!« »Nun?« rägt die Exzellenz. »Ich habe eingesehn, Exzellenz, daß ich mich in einem großen Jrrthum be fand, als ich annehmen zu können hoffte, Fräulein Bella würde ihr junges Leben an das meine ketten. Jch wünschte nur, ich wäre noch ein mal Leutnant, dann hätte ich vielleicht mehr Aussicht, erhört zu werden.« Bella hat diese letzten Worte, die ein Hieb für sie sein sollten, nicht mehr gehört, denn sie hat sich bereits vorher hinaus geschlichen. Auch Hauptmann von Saarn wurde von der Exzellenz hinaus komplimentirt. Zu Hause angekommen, machtSaarn seinem Zorne doch ein wenig Luft, in dem er alles, was ihm im Wege ist, u Boden wirft. — Dahin die Mitgift dahin das Avancement, dahin das junge Weibchen! Doch bald kommt seine gutmüthige Natur zum Vorschein. Er beruhigt sich und denkt: Leutnant von Seltern ist doch ein netter Kerl. Möge es sein!« Er steckt den Brief Bellas in einen Um schlag, schreibt die Adresse des Leut nants Willy von Seltern daraus und setzt die Bemerkung hinzu: Wurde irr thiimlich in meine Manteltasche ge steckt. Dann tlingelt er seinem Bur schen »Trage den Brief sofort hinüber zu Herrn Leutnant von Seltern.« »ZU Befehl, Herr Hauptmann!« Jn Gedanken vertieft steht der Hauptmann am Fenster und wartet, bis er endlich die Gestalt des Leutnants um die Ecke biegen und Richtung auf die Wohnung des Generals nehmen sieht. »Ein schneidiger Kerl,« murmelt er, »ein fefches Paar wird das werden und ich gönne ihnen ihr Glück. ——— Sie tön nen ja beide nichts dafür, daß ich ge rade dasselbe Monogramm haben muß, ; wie erl« — » — -«---·-.- -—- » Erforschung der Pferderassen.. Das große klritifche Museum in London ist neuerdings an die Frage herangetreten, die von den Naturfor schern nicht berücksichtigt und gerade von den naturhistorischen Museen in die Hand genommen werden müßte. Die Londoner Anstalt verlangt näm lich die Einfendung der Schädel-: und Gliedertnochen von Pferden bekannter Abstammung, gleichviel ivo sie gezogen sind. Die Pferdeziichter werden auf gefordert, zur Sammlung einer mög lichst großen Zahl solcher Pferdem lette beizutragen. Erst während der letzten ein oder zwei Jahre haben sich die Zoologen etwas eingehender mit dem Räthsel des Ursprunaeg der ver schiedenen Pferderafsen beschäftigt iin Besonderen mit der Möalichteit, daß »die Vollblntpserde nnd die Araber eine sganz andere Herstammung haben, als die sogenannten taltdliitiaen Pferde West-Europas. Der Umstand, daf-, einige Pferde östlirhen llrsurungeg die Spuren einer Höhlung besitzen. wie sie der Thränendriise augaestorbener Pferdearten entspricht, ist kürzlich als ein wichtiges Merkmal Zur Unterschei dung jener Frage hervoraehoben toor den. Die Bedeutung nnd die Häufig teit dieser Eigenschaft »in untersuchen, ist vermuthlich einer der Zwecke jener Sammlung des Britisctien Miisenms; außerdem soll wohl die Beständigleit gewisser Verschiedenheiten zwischen den Gliedertnocheii der Rennpferde und Wagenpserde festgestellt werden. Das Museum besitzt bereits ein Stelett des ,,Stoctioell«, von dem die meisten der hervorragendsten Rennpferde der Ge genwart ihre Abkunft herleitåi, außer-— dem den Schädel des ,,Bend Or«, der vom Herzog von Westminster geschenkt wurde, und jetzt hat Blunt dem Mu seum noch den Schädel eines seiner be rühmten Araber versprochen. Geängstiate Briefes-aged Aus einem Berliner Vorott erzählt man ein Gefchichtchem das den Vorzug der Wahrheit haben foll. Ein Brief triiger konnte an einem Vormittaae einen Brief fiir ein Hans in der Ber liner Straße nicht bestellen, weil auf dem Grundstück frei herumlaufende bissige Hunde ihn aublafften und zu beißen drohten. Er nahm daher das Schriftftiicl wieder mit, nachdem er den Vermerl darauf aefetzt hatte: »Wegen bissiger Hunde nicht zu bestellen « Ein zweier Stephangbote, der den Brief am Nachmittag abgeben sollte und ebenfalls unverrichteter Sache ab ziehen mußte, schrieb als zweite Notiz auf den Utnfchlag die Worte: »Mir beißen fe doch!« Unter Bauern. Sandbauer lzu seinem Freunde im Wirthshause): »Hier-C Du könntest heute a paar Maßeln Bier zum Besten geben!« Freund: »Wie lomrn’ denn i’ dazu?« Sandbauer: »Na, bei Dir hat’g ja vor vierzehn Tagen gebrannt!« Ahnen-leiern Herr lvon Beruf Schnellläufet): «Gnädiges Fräulein, könnten Sie sich entschließen, mit mir durchs Leben zu gehen?« Fräulein: »Danle Sie geehn mir zu schnell.« Andere Zeiten. »Ja, die Zeiten haben sich geändert: in dem Alter« da wir Jungens früher noch heimlich tauchten, tauchen heute vlele Mädels ungenlrt öffentlich.« Chantegrolle. Erzählung von Henry de Braisnr. Ueber-setzt von Jlfe Ludwig. Jch weilte als Gast auf dem Schlon von Ruferte· Seit einem Monat be such-te ich die malerifchen und zugleich unerforfchten Distrikte des Kreier Coches. An jenem Abend kam ich ohne Be gleitung von einem Ausflug nach den Ruinen von Etableaux zurück; mein Pferd Noris, eine fromme Stute, ging im gemiichlichen Schritt. Die Bauern glaubten steif und fest, daß die unteren Gewölbe von Wilddieben bewohnt würden und lein Mensch wagte sich in die Nähe der alten Thür me. Anlaß genug für mich, der Sache auf den Grund zu gehen. » Jch hatte nichts Auffälliges wahr-’ genommen. Und doch bestanden That sachen, die sich nicht ableugnen ließen; unbekannte Verbrecher hielten das friedliche Thal in ständigen Schre cken. Binnen sechs Wochen hatten sie trotz der ängstlichsten Wachsamsleit alle vereinzelt liegenden Gehöfte und Vorwerie heimgesucht, felbft die Wäl der blieben von ihren Raubzügen nicht verschont. Mit Hilfe verschieden artiger Schlingen verforgten sie sich keck mit Hasen, Rehen und jungen Wildschweinen. Die ganze Gemeinde war in Aufregung. Für mein Theil war ich Ietzt uner zeugt, dasz die Nachsorschungen wo andershin gerichtet werden müßten, da die Ruinen nur harmlosen Eulen zum Schlupfwinlel dienten. Es war ein schöner Ritt nach Hause. Auf dem weiten Feld vernahm man keine Men schenstimme. An der Brücke von La Claise ver ließ ich die Straße und schlug, um abzuschneiden, einen schmalen Weg ein, der sich an dem weitläufigen achtgut La Plauderie entlang chliingelte. Plötzlich bemerkte ich bei einer Biegung des Weges — durch Gestrüpp gedeckt, am Fuße einer allein stehenden Rieseneiche, die als Grenz stein auf der Höhe belassen worden war —- einen Bauer in Anschlag, die Hand an den Drücker der Flinte, eine Beute erspähend, bewegungslos Jch ritt aus ihn zu mit den Wor ten: »Ist die Jagd gut, heute Abend?« Der sonderbare Jäger machte ein Zeichen, das unverkennbar besagen sollte: ,,Schweig!« Jch schwieg, stieg jedoch vom Pferde und beseitigte das Thier an einem Baum. Der Bursche mas-, mich sichtlich be sunruhigL ; »Sind Sie nicht von Ruferre?« ssrug er argwöhnisch ; Ja, und —-— was machen Sie?« Jch stand nnu dicht vor dem Ge strüpp, er antwortete: »Ich warte.« »Aus einen Hirsch?« »Nein, auf die Wilddiebe.« »Sind die hier?« »Gestern haben sie mir eine Ziege gestohlen und ich will ihnen zeigen, was eine Ziege tostet.« »Sie sind der Pächter von La Plauderie2« - ,,Pierre Daguin zu dienen.« Ich liesz mich im Graben auf das fette Gras nieder, begierig, mit ihm in Unterredung zu kommen. Dasrief -Pierre: »Was sehen Sie da unten?« Jch blickte hin und unterschied eine menschliche Gestalt, die ohne einzu halten, am Waldessaume hinlroch. Gewiß, es war teine Täuschung; die "Sache schien verdächtig, die Lösung des Dramas bereitet sich vor. »Thun Sie Jhr Pferd weg, daß es uns nicht wittert, das Lumpen packt« Jch gehnrcyre nnd steure »Kons hinter die alte Eiche. Pierre Daguin hob die Flintr. Unwilltiihrlich be rührte ich sein Handgelent, er bemerkte mit ganz leiser Stimme: ,,Keine Sorge, ich schieße nur, wenn nöthig.« Die kriechende Gestalt verharrte ruhig, drehte den Kopf nach allen Sei ten, ob die Lust rein sei; anscheinend befriedigt, erhob sie sich darauf sehr langsam. »Himmel,« rief ich, ,,es ist eine Frau!« ,,Chantegrolle.« stigte der Pächter hinzu, ebenso erstaunt wie ich. »Chantegrolle? Wer ist bas?« »Die Hirtin der Huels in Ferpoil.« »Nun?« »Eine Vagabundin. Jetzt verstehe ich Alles. Sie kennen sie nicht? -—— Am Tage strolcht sie von einem Gut zum andern, redet kein Wort und reißt ihre großen Luchsaugen weit aus. — Lumpenpack!« Jch entsann mich jetzt, daß im Schlosse bei Tische von einer eltern losen, eigenartigen Hirtin gesprochen worden war, ein ganz eigenthiimliches Wesen. bald liebevoll nnd treu bis zur Aufopferung ihrer selbst und dann wieder scheu und unbezähmbar wie ein wildes Thier. Die Hueth hatten sie vor vierzehn Jahren aus Barmherzigkeit bei sich ausgenommen. Man ries sie allgemein Chantegrolle nach einem Dorf, in dessen Nähe sie gesunden worden war. Unterdessen kroch Chantegrolle wei ter, geradewegs aus La Plauderie zu. Allmählich näherte sie sich uns, bald würde sie innerhalb der Umziiunungl sein. Wir sahen ihr ProfiL Pierre legte das Gewehr an die Wange. Wieder hielt ich ihnz uriick. ,,Thun Sie diesem aKinde nichts. Da Sie sie erkannt haben, ist nichts zu befürchten. Wir wissen genug, um die «Polizei benachrichtigen zu kön nen. » Pierre brummte, ssenlte aber die Waffe. Um die Hände frei zu haben, verbarg er die Flinte sogar im Ge strüpp. Da leuchteten seine Augen in» Wuth und Triumph auf. »Ah, Sie werden mich nicht hin gern die aufs Korn zu nehmen, die a.« Die da waren zwei Männer-, wel che mehr an Thiere, als an Menschen erinnerten. Sie traten aus dem Wald heraus und schlugen den gleichen Weg ein, wie Chantegrolle. Die Bewegung « der Kleinen, welche jetzt aufrecht aufs der Anhöhe stand, mußte ein verab redetes Zeichen für die Beiden gewesen i fein, an Stelle von Pfeifen und Ru- s fen, das leicht zum Verräther werden; kann. Die verlumpten Kerle sahen gefähr lich- genug aus. Auch sie krochen jetzt hervor. Sie betrachteten das Dornge ftriipp,,besonders bei der Eiche, mit größtem Mißtrauen. Der Eine ge wahrte wahrscheinlich den Rücken mein-es Pferde-, denn plötzlich erscholl der Schrei: »Achtung! Achtung! Die Geng darmenl« . »Lump!« schrie Pierre zurück, »Du sollst mir meine Ziege bezahlen.« Der Schuß ging los, ein Schmer zensschrei ertönte. — Der Verbrecher war verwundet, wir sahen deutlich, daß er sich hinkend zur Flucht wende te, während sein Kumpan, so rasch ihn seine Füße trugen, nach dem Walde lief. Pierre sprang in die Höhe, ich ihm nach. Die gewarnte Chante grolle eilte, statt auf demselben Weg zu fliehen, gerade auf die Straße. Jch überließ dem kräftigen jungen Bur schen die Verfolgung des Verwunde ten und nahm das Mädchen auf mich. ,,Chantegrolle! Chantegrolle!« rief l . Jch gelangte zu ihr und ergriff die sich verzweifelt Wehrende fest am Handgelenk. Mit Entsetzen frug sie: »Was- wollen Sie?« »Dich sestnehmen. Warum bist Du Inicht in Ferpoil?« I »Das geht Sie nichts an.« i »Das geht mich insofern an, als .ich Dich dem General-irren übergeben will, und zwar heute Abend noch« Sofort veränderte sich Chante grolle’5 Gesichtsmigdruch sie hing den Kopf und erblaßte trotz ihrer sonn Verbrannten Farbe. Jn der Nähe besel;en, war sie schön mit ihren stol zen Zügen, dem verächtlich geschiirzten Mund über dem kräftigen Kinn. Jhre Schönheit sprach von gesunder Kraft und verhaltener Stätte sagte sie geängstigt. »Deine Ausführung zwingt mich dazu.« »Nein, nein, ich will nicht!« Sie wehrte sich wie verzweifelt. »Jn’"g Ge fängniß, ich, nein! -- Die Gendar men, nein! ——- Herr, haben Sie doch Mitleid!« Sie entglitt mir und warf sich zu Boden. Zu meinen Fiifzen wälzte sie sich auf dem Feld und schrie, zwischen durch von stofzweisein Schluchzen ge: schiittelt: »Ich bitte Sie! Ich flehe Sie an! Nein, liefern Sie mich nicht ans! Wenn ich verhaftet werde, tödte ich mich. Jch habe es bei der Jungfrau geschworen, wie ich mich den Dieben verniiethete.« Von ihrem aufrichtigen Kummer und unglaublicher Erregung bewegt, verhärte ich sie dann in sanfterem Ton, was ihr zum Theil die frühere Kaltbliitigteit wiedergäb. Die Wild diebe hatten, da sie in der Gegend unbekannt waren, eines Nachmittags die Hirtin ausgesucht, während sie die Ziegen und Schafe auf einer abge legenen Weide hütete und das Mäd chen fiir einen Gulden wöchentlich in ihren Dienst genommen. »Chantegrolle,« sagte ich, »ich siihre Dich jetzt nach FerpoiL morgen wirst Du Deine Freiheit wieder be tomn1e«.1, doch schwöre mir, von diesen IMenschen zu lassen. Sie werden wohl lnoch einmal versuchen, Dich zu ver sfijhren; schwöre mir, daß Du wich » davon benachrichtigen willst.« »Ja, ich schwöre, ich schwöre bei « Gott!« Il- Ik ä ,,Das werden Sie nicht thun,«« Sobald sich die Thiir hinter Chan tegrolle geschlossen hatte, kehrte ich an die Eiche zurück. ; Pierre kam mir entmuthigt und. fluchend entgegen. s Der Berbreclxser war ihm entkom men. Jch berichtete iiber Chantegrolle und ritt eilends nach Hause. Am nächsten Tage herrschte lebhafte Be wegung im Dorf, doch Verstrich die Woche ganz friedlich. man vernahm von keiner einzigen Missethat. Als ich eines Morgens gerade im Begriffe stand, auszugehen, rief mirs der Gärtner nach: «Gnädiger Herr, man verlangt auf La Plauderie ncich dem gnädigen Herrn.« »Auf La Plauderie? —— Wer ist da?« »Sie ist schwer krank. Pierre Da guin hut sie gefunden, ihr Körper ist eine große Wunde.« »Ich machte mich auf den Weg und begegnete einem Trupp wüthender Bauern, die unsere Diebe mit sich führten- Aus dem chthof fand ich Chantegrolle, ein s ecklicher Anblick. Als sie mi fah, lächelte sie trübe und sprach mit chwerer Stimme: »Ich habe meinen Schwur geh-altem Sie haben mich tödten wollen, aber —»— Sie sehen, ich habe Sie benach richtigt.« — Jch suchte sie zu beruhigen. Eine Thräne glänzte in ihren Augen, sie blickte nach Pierre Daguim der sich ergriffen abwandte. »Du bist ein braves Mädchen. So- « bald Du hergestellt bist, wirst Du aus dem Schloß Hirtin. Willst Du?« »Ok) ja, Herri« « Es dauerte lange, bis das bewen miithige Mädchen gesundete, doch siegte endlich ihre starke Natur über das hartnäckige Fieber-. Ietzt ist Chan tegrolle 19Jahre alt, sie hinkt ein wenig, im Uebrigen bezeugen ihre kla ren Augen und rosigen Wangen am Besten ihre Zufriedenheit PierreDai guin ist ihr Mann geworden. Werthvolle Gliedmaßen. Unter den Riesengrenadieren des Königs Friedrich Wilhelm des Ersten von Preußen befand sich ein gewisser Keller, ein sieben Fuß langer Herku les, der in einer Schlacht das Unglück hatte, ein Bein zu verlieren. Der Kö nig, welcher einen so schönen Soldaten nur ungern missen- tnochte, schenkte ihm ein künstliches Bein. an- dem sämmtliche Metalltheile von Gold wa re , nnd ermöglichte so dem Manne, noch lange Zeit wenigstens die großen Paraden mitzumachen. Ein Franzose, Namens Binet, dem während der napoleonischen Kriege« das rechte Bein abgeschossen worden war, erhielt an seinem Hochzeistage von seinen Freunden ein künstliches, in welchem Episoden der Schlachten. an denen er theilgenommen, in künst lerischer Weise eingravirt waren. Aus einer goldenen Platte befand sich eine Liste der Spender dieses wohl einzig dastehenden Hochzeitsgescheiikes. Ein- einbeinges Modell, das dem berühmten Maler Wsilliam Hunt län gere Zeit gesessen, erhielt von dem Fliinstsler das Versprechen, er werde ihm zu Weihnachten ein neu-es künst liche-S Bein schenken. Der Künstler hielt sein Versprechen, nnd groß war das Erstaunen des Empfängers, als er bei näherem Zusehen entdeckte, daß es an er einer Goldeinfassung mit teizenden Malereien von Blumen nnd Früchten bedeckt war. Unter der Regierung des Königs Boleglausz des Dritten von Polen hatte einer seiner Generäle, Namens Zeligla115, das Unglück, in einer Schlacht seine rechte Hand zu verlie ren. Um dem unglücklichen Offizier feine Anerkennung zu beweisen, ver ehrte ihm der Monarch eine Hand von Gold, die Zeliglaug bis zu seinem Tode trug. Am Hofe Ludwigg der- Fünfzehn ten lebte eine wegen ihrer Schönhit heriihinte Dame, die sich einer Amm iation der linken Hand unterziehen mußte-. Sie ersetzte das fehlende Glied mit einer Elfenbeinhand, aus deren drücken die Jnitialen ihr-es Namens in Rubinen, Perlen und Saphiren glänzten. Mit goldenen Platten, aus denen Darstellungen von Vögeln und Insel ten angebracht waren, war der goldene-« Fuß versehen, den eine italienische-? Dame, Namens Brietti, tragen mußte. Jeder Nagel des Fußes war von einer werthvollen Kamee gebildet, die mit der allgemeinenZeichnung harinonirte, während die Stelle, wo das falsche Bein aufhörte, durch eine breite Reihe ron Tiirtisen und anderen Edelsteinen Verdeckt wurde. Sir William Read, ein berühmter Augenarzt unter der Regierung der Ziönigin Anna von England, hatte eine Zeitlang einen einiiugigen La taien in seinen Diensten. Aus Re llaniezwecken setzte er dem Manne ein goldener- Auge ein, in dessen Mittel punkt ein Brillant glänzte. Wie nicht anders zu erwarten war, erregte das merkwürdige Auge großes Aufsehen und brachte dem Arzte großen Zulauf. drsch eines Tages war der Diener mit sammt dem kostbaren Auge spurlos verschwunden Auch der Astrononi Tucho De Brahe lzatte ein künstliches Glied auszuwer jen, nämlich eine golden-e Nase. Seine eigene war ihm im Jahre 11565 von einem danischen Edelmianne im Duell - abgeschlagen worden« Als Ersatz trug der Astronom eine Nase aus Gold. die er vermittels eines besonde ten Kuts, den er stets bei sich hatte, nn Gesicht befestigte. —-»- —----o-0-———-« — Die Rache des Avgewlefenem Herr Lehmann macht Fräulein Müller einen Heiratl)garittk1k1; die Holde lehnt aber ab. »Ihr-: Frau tann ich nie werden, aber ich will Jshnen eine Schwester sein!« tröstete sie ihn. — — — Ani nächsten Tage erscheint Leh mann mit einem grossen Packet alter Kleider bei Fräulein Müller »Wa·5 soll denn das henifzen, Herr Lehmann?« »O, das sind meine reparaturbess diirstiaen alten Röcke, Veinlleider, Strümpfe und dergleichen« »Und wag soll ich damit?« ,,Ausbessern! Sie sagten mir doch gestern, Sie wollten meine Schwester sein — na, meine Schwester psleate mir alles auszubesserm bevor sie sich verheirathete!« Man lasse die Frauen nur zu Worte kommen. Das ist besser, als wenn sie sich Gedanken machen.