Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 27, 1905, Sweiter Theil., Image 14
Merkenloses Gut. Roman von Oäkie Bernhard. (17. Fortsetzung) « Frau Piotrowsly lächelte wehmü ckhig Sie wollte es dem liebevollen Gatten nicht sagen, wie elend, wie »so-Ins sie sich fühlte, wie diese Ver lobung mit all ihrem unvermeidlichen Gefolge von Freude. Aufregung, Rüh rung, Thränen, Besuchen und neuen Belanntschaften, ihren Zustand ver ichlimmert hatte, wie sie in dem Ge danken ein-e gewisse Beruhigung sand, Hanna sobald als möglich mit dem Manne, den sie so abgöttisch liebte, vereinigt zu sehen! »Wenn du dich freilich auf des Bwutpaars Seite schlägst, dann hat » der Cotta gewonnenes Spiel!" fuhr Ptotrowsty mit ingrimmigem Kopf schiitteln fort. »Und ich seh’ es auch "-ivmnien: der Kerl setzt auch das wie der durch, wie überhaupt alles, was er wills Es gibt so Menschen, Glücks - linder, die gehen glatt, wie die Aale. « durch die Welt, kein Hinderniß tritt ihmn entgegen. die lieben Mitmenschen räumen ihnen auch noch alles, wag sie beengen könnte, sauber aus dem Wege, und was andere tüchtige Leute sich im Schweiß ihres Angesichts erschusten rnriisseth das kriegen sie mühelos in den . Schwß geworfen und werden noch M get-riesen, wenn sie es gnädig an »Wie kannst ou so bitter sein, Ar .riold, und so ungerecht! Alle Welt freut sich über Hannas Glück, über die .brillante Partie, die sie mit dem ge nialen Künstler macht -—" »Die brillante Partie und den ge niale-i Künstler geb’ ich dir ohne wei rereö zu — das stimmt beides-! Hannas Glück? Davon kann ich nach vierzehn Tagen Verlobung noch nicht sprechen, US läßt sich erst nach fünf. sechs Jah ren der Ehe beurtheilen». und da noch nicht mal endgültig! Ungerecht sagt du, Dota? Jch hab' nichts gegen den Mann... persönlich nicht das »ntindeste, er gefällt mir sogar sehr utl Ob er der rechte Manns für un e Tochter ist . . . ob er ihre Eigen- ; ».art verstehen, sie richtig schätzen wird, das bleibt dahingestellt! Sie muß zart angefaßt werden, ich hab’ dirs früher nie recht zugeben wollen, aber im TLause der Jahre hab’ ich’g einsehen « ,u-nd lernen müssen. Cotta ist der ge bereite Egoist —- ein liebenswürdiger —·E,goist, sicher, und so lange ihm alles nach Wunsch geht, ist er auch nicht schwer zu behandeln! Ein so grenzen Dlos verwöhnter Mensch -—« - »Harmo. verwöhnt ihn ja auch! Du sagst selbst, sie hat nur noch seinen « Willen!« .,,Bis zu einer gewissen Grenze — ja! Ueberschreitet er die —- dann ——-" Piotrowsly schüttelte den Kopf. wie im Unwillen über sich selbst. »Was hilft alles Grübeln und SpintisirenZ Jst sonst gar nicht meine Sache! Müssen alles in Geduld alx warten und dem lieben Gott auch wag « rig lassen, nicht wahr, Dorchen? ’s ist ja auch nur« weil mir durch diese Berlobungsgeschichte und durch den »«Øedanlen, das Mädel bald fortgehen zu sollen, so recht llar geworden ist, Die lieb ich die Hanna hab’! Der Him mel weiß, sie könnte mir nicht mehr ans herz gewachsen sein, und wenn sie " zehnmal mein eigenes Kind wär’!« Tief und schwer seufzte die lranle Frau. » .,,Cotta wird ja doch erfahren —- du wirft ihm doch sagen müssen —« . Beschwichtigend winkte Piotrowsly mit der Haut-. »Ist schvv geschehen Drachen ist ssg schsgssstrt s ie ri tete le hat in ihrem Sessel aus. · »Schon geschehen? Wann? Wie? «Irnold! Das höre ich jetzt erst?« «Ja. Kind, warum sollt’ ich dich mit dieser»Sache, so vor den Kopf geschla J en. ubersallenl Wart’ den richti «4 Mann ab, dachte ich mir! M ernstlich daß du von selbst davon an «. st. »daß das leptach zwanglos F rat-f laute-das ist nun geschehen« «-: »Ich, Arnold —- genug, ich bitte PMB Was hat er gesagt? Wie hat er es —ausgenommen?« s l l l l s · «Kalt Blut, Frauchem Wer wird sich denn gleich so fürchterlich aufregen? Ida-» richtig! Wieder ganz eisige hände und die Stirn feucht! Aufge nptnmens Eigentlich gar nicht! Ganz ruhig, ohne jedes Erstaunen, jede Al ’ieration — es war beinahe so, als ob —er schon alles wußte!« « »Aber das ist doch unmöglich! Hier « in München weis-, es ja niemand — , aus unseren Kreisen, meine ich.« » »Von unseren Bekannten —— nein! Ob aber in ganz München niemand « mwie willst du das behaupten? fMch merkwürdige Rolle oft der Zu · pielt... man darf nur einen lie! in die Zeitungen thun, wenn smassdäsdgwgäseä habenchwillF b s i nn ni t ge ragt, o Use jemand —'· 4 Ein-, ich habe nichts ckz t n M die Thatsache mit und tJnartePeelabk M ex wissensin fragen würde. Da M mäk WIT- sv schwieg ich ;- v m· d , d Mo- stgg txeskknxsaßocjxtye til-II s lnt ahnungslos ist bezüglich ihrer Her ’ kunst?« · Herr Piotrotosty wars einen unsiche ren Blick auf die matt im Sessel ruhende Gestalt. aus das gelblich ; blasse Gesicht mit den übergroßen, un s natürlich klaren Augen, die von tief gehenden Schatten umgeben waren, aus die unruhig zuckenden Hände »Sei ruhig- mein Dorchen, mein liebes! Es ist alles, alles so wie du es gewollt hast! Mach dir teine Ge danken darüber, daß Cotta nicht son derlich erstaunt über meine Mittheii lung war. Ein Mann wie et. der seit langen Jahren mitten in der gro sen Welt lebt, der sieht und hört bei nahe jeden Tag die seltsamsten Ge schichten —- und die Thatsache, daß tinderlose Leute ein Kind annehmen und groß ziehen, die ist nicht mal be sonders seltsam, die kommt sehr, sehr ost vor! Außerdem ist es hundert fremden Menschen ausgesallen, wie ganz unähnlich Hanna sowohl dir, als auch mir ist—tneinst du, einem so seinen Beobachter mit so geschultem sBliY wie Cotta, wird das entgangen All-« Frau Dora kam nicht zum Ant worten, denn es schellte draußen, und aleich daraus tomplisnentirte die alte Theres mit strahlender Miene das .Brautpaar über die Schwelle-. hannas junges Gesicht strahlte mattrosig- und liebreizend unter einem großen, dunkeln, kühn geschwungenen Rubenshui. Zwischen den Knöpfen der eleganten. enganliegenden Winter jacke steckte ein kleiner Veilcherrstrausz, in den Händen trug das Mädchen einen schmalen, länglichen, sorgsam umhüllten und umschnürten Kasten.«' »Da sind wir!« tief Cotta schon unter der Thür in frohem Ton. »Es ·i-«t Thauwetter geworden — scheußlich zu gehen. wir haben einen Wagen ge nommen. Sind auf dem Steueramt gewesen, etwas abholen, was ich für die Mausi hab’ aus Paris schicken las sen, wollen’s gleich hier anprobiren. So, komm daher, Mausi, ich hels’ dir!'« Rasch und geschickt zog er ihr die Hutnadeln aus dem Haar und nahm ihr den großen Hut ab, dann half er ihr die Jacke ablegen und sah lachend zu, wie sie den kleinen Veilchenftrauß, den er ihr unterwegs gekauft hatte, in Sicherheit brachte, indem sie ihn in eine kleine Majolikavase steckte. »Geht’s gut, Mutti.2« warf Cotta freundlich über die Schulter weg nach Frau Dora hin, dann, ohne die Ant wort abzuwarten: »Die Mausi hat mich ausschelten wollen, daß ich ein Verschwender sei, aber ich had’ gesagt: nix da! Das-, was ich dir hab’ kom men lassen, das mußt du haben, da für bist just du wie geschaffen! Küns tighin werd’ ich alle-:- bestimmen, was du trägst, jedes Stück vom Anzug, verstanden? Meine Frau, die soll so umhergehen, daß sie allemal sür mich als Augentoeide dient!« »Das wird wohl jeder Mann wün schen, der seine Frau lieb hat!" de mertte Herr Piotrowsth trocken. «Stimmt! Bloß daß es bei ’nem Künstler bissel anders und bissel apar ter und malerischer herauskommt!« Cotta lachte vergnügt, er holte ein Messer aus der Tasche und schnitt die Schnüre und Siegel des länglichen Packetes entzwei. ? Hanna neigte sich währenddessen » über Frau Piotrowskh, küßte ihr in- ! nig Hand und Mund und fragte flü- ( sternd nach ihrem Befinden. Cottai liebte es nicht, über Krankheit reden zu hören, das wußte seine Braut schon. Der Papa bat sich ebenfalls einen Kuß - aus — mit heimlichems Augenzwintern machte er. nachdem er den Kuß be kommen hatte, aus Hannaö vortheils haftes Aussehen aufmerksam. Jn der That tam die Behauptung, ; daß Bräute im all erneinen hübscher ! werden« hier vollau zu ihrem Rechts Das Mädchen schien in der kurzen » Zeit gewachsen zu sein« hielt sich stol- i zer, die moderne, lockig gebauschte Frifur, die Cotta für sie gewünscht, umrahmte ihr zartes junges Gesicht auf das anmuthigfte, dazu die leuch- « tenden, von verschwiegenem Glück 1 gleichsam truntemn.Augen, das lieb liche Lächeln —es war ein teizvoller Anblick. »He: zu mir, Maus-! Antreten!« Cotta legte seiner Braut eine Kette . gleichmäßig voller, mattglänzenderl Perlen um den Hals, druckte das Schloß im Nacken zusammen und zog das Mädchen vor den Spiegel. »Auf geschautt Wie efällst du dir? Stimmt ! gut zu dem Bleib das Ding, nicht wahr-? Das ist die einzige von deinen Toilettem ein anderes Kleid darfst du fchofn nicht tragen, wenn ich bei dir ’ bin.« Hanna warf einen bittenden Seiten blick auf Frau Dara. Das neue dun kelblaue Sammtkleid, einfach aber sehr tieidfam gearbeitet und Vortreff lich scheut-, hatte zum höchsten Staat dienen sollen, und nun detretirte der »Machthaber«, der »Ne ent«, wie Pio trotosth den Professor scherzend nannte, ohne weiteres, er wünsche sie immer darin zu sehen. Die Frau im Lehnstuhl lächelte und nieste dem Kinde beruhigt-nd »zu. Mochte Hanna immerhin in der then ten Robe einhergehen. Wenn es sich um weiter nichts handelte als um ein Sammtlleidl «Donnerwetter noch eins nochmal zul« Papa Pivtrowsty gab aus diese etwas sokmlose Weise seinen angemes senen Beifall zu ertennen ,,,Na hör« mal, Hanna Weibchen, du tannst gut lachen! Hast ’nen generösen Liebhaber, das muß ich schon sagen! Die Kette könnte ’ne gebotene Prinzessin mit An stand tragen! Sieh mal an, Borchert fstele sie nicht da wie ’ne junge Gräs ink« »Sie hat auch etwas Arisiotrati sches in ihrer Erscheinuna, die Mausi!« rief Cotta lebhaft dazwischen» Schaut doch nur die Hände an wenn da nicht Rasse drin steckt! Man merkt S ihnen an, daß —- daß Er verwirrte sich auffällig-» biß sich leicht in die Lippen und nestelte mit hastigen Händen an dem Perlenhalss land. Hanna war jöhlings erröthet, wie immer, wenn jemand über ihr Aeuße res sprach. Mit einer instinktiven Be wegung barg sie ihre seine, schmale Hand in den Falten ihres Kleides-, wie Kinder thun, wenn sie verlegen sind. Dann hob sie ihre schönen, feuchtgliin zenden Augen zu ihrem Verlobten em por. »Ich danle dir viel tausendmal!'« Leise, wie ein Hauch, tamen die Worte über ihre Lippen. »Es —- es ist nur viel zu schön und zu lostbar siir mich!« »Unsinn! Für Willsried Cottas iiinstige Frau tann so bald nichts schdn und kostbar aenug sein!« Er trat einen Schritt zuriick, um Hannas An blick voll zu genießen, sich daran zu weiden. Piotrowsth stand am Fenster und sah genau den Ausdruck im Ant litz des Verlobten. Es Lag befriedigte Eitelkeit darin. auch Stolz aus die liebliche Braut — Wohlgefallen an ihrer Erscheinung, vor allem die Zu stimmung des Künstlers, der das Bild, das er vor sich hatte, mit tritischem Verständniß drüste... wo aber war das truntene Entzücken des Verliebtem der das Weib seines Herzens schmückt? Arnald Piotrowsty sah von neuem zu seiner Frau hinüber; sie verstand seinen Blick wohl und beantwortete ihn mit einem leisen, betümtnerten Kopsnicken »und mein Lohn- Wo bleibt mein Lohn, Kleines Z« fragte der Professor lachend. Hanna sah ihn mit einem bittenden Blick an. Sie konnte ihn nicht küssen in anderer Gegenwart -—-— konnte es nicht, und wenn diese «anderen« auch die Eltern waren! Mit einer schüch ternen Gebärde reichte sie ihm die Hand, die er ritterlich an die Lippen führte. ,,Eine Art von Belohnung hätte ich auch noch für dich!« nahm Piotrowsln in seiner jovialen Manier das Wort. »Wenn ich auch kein Pariser Perlen i halsband von dir geschenkt bekommen . habe . . . ich bin großmüthig und thu· ei auch ohne das! Du wolltest ja im mer rnal die Zeichnungen und Skizzen »von der Kleinen sehen, da hab' ich jdenn zusamniengesucht, was sich ir !gend finden ließ, was sie uns gele sgentlich zu Geburtstagen und Weih » nachten geschenlt hat ———'« " ,,Papa! Ach, Papa!« bat Hanna flehentlich, »bitte, bitte, thu« das nicht! Laß das Willsried nicht sehen! Es lohnt nicht der Mühe, es ist gar lein Talent, wenigstens lein bemerlens toerthes, -da —" »Dir es bemerkenswerth ist oder nicht, eben das soll er uns sagen! Er ist der rechte Mann dasiiri« Kalt bliitig lächelnd holte Piotrowsly eine Mappe hervor-, die neben dern Kamin an einem Tisch lehnte. »Du bist doch sonst so ganz dafür, deinem herzaller- ; liebsten jeden Wunsch von den Augen s abzulesen, Manna-Weibchen warumi denn diesen nicht ?« »Weil es die Kunst betrisst und weil ich nicht möchte, daß ser denkt, ich lönnte mir doch am Ende in aller Stille«etwas einbilden aus das, was «Gib Ruhc Mausil« bemerkte Cotia lächelnd. »Dasin kerni« ich dich schon gut genug: lügen gibt's nicht bei dir, gottlob, und VorspiegeluB falscher Thatsachen auch nicht! ithin — gehen wir einfach zur Tagesordnung über und schauen wir deine Sünden in Freit- und Hohle an.« f es waren ein paar Konten von Böcklirn Thema und Strick, ein paar andere Blätter dazwischen. Auf dem einen tlirnmte ein halb-nackter Junge an einein verfallenen Bretterzaun em por, um mit der hoch erhabenen Rech ten nach einem Vogelneft zu langen, das in der Zweiggabelung eines Bau mes lag. Das andere zeigte ein jun ges, ärmlich gekleidete-s Mädchen, das ror den Trümmern einer zerbrochenen Statue stand, es war ein Eros gewe sen; man fah Pfeile und Köcher am Boden liegen, hier das Stück eines Flügeld, dort das aufwärts getehrte, übermüthig lachende Gesicht. Cotta hob den Blick nnd fah scharf nach Hanna herüber, die ihrerseits nicht aufzufehen wagte und wie eine Schuldbewußte. die man auf frischer That ertappt, dastand. «Eigene Jdees« Er tippte mit dem Finger auf die leiden- Blätter, die er sich aus der Mappei herausgefondert hatte. a « Sie blickte ihn fcheu von der Seite an und versuchte, ihm die Blätter sanft aus den händen zu ziehen. Er gab fie nicht her. «Rnn?« fragte Frau Dorn endlich "—iLJ-I—ss nach einer langen Pause. »Was meinst du? Jst nicht doch etwas Tas i« lent vorhanden?« Jmmer noch sah et mit zusammen gelnissenen Augen ans die beiden Slizzem »Ettvas . ·. das möcht· ich nicht sa gen, dann wär’s auch taum der Mühe werth, drüber zu reden! Welcher Mensch hätte nicht etwas Talent zu irgend etwa-? Dies hier ist döch mehr! Es ist merkwürdig wie Hanna auch bierin ihrer · .. nun sag’ mal, Mausi« --— er hatte wieder lurz abgebrochen « und überstürzte sich jetzt in seiner Rede —,,tvürde dir das denn Spaß ma chen, wenn ich dir später in Rom einen Lehrer suchte und dich regelrecht Stun den nehmen ließe?« Ein warmes Noth war ihr in die Wangen gestiegen, die Augen leuchte ten. »Einen —— einen Lehrer?« stotterte Zsir. »Rönntest... würdest du nicht vielleicht selbst . . ." »Ich? Dir Stunden geben? Aber Man r «— Mausi!« Er lachte laut und letztlich »Wo ich meine Zeit so aug tausen muß, wo ich meine Modell s:s3ungen hab’ und meine Arbeiter und die Leut’, die mir zwanzigmal ’s Ate lier einrennen, bis daß ich sie zum einundztvanzigstenrnal hereinlassl lind da soll ich hergehen und soll Zei chenunterricht ertheilen?« Frau Piotrorvsky schüttelte mißbil ligend den Kopf. Er war doch auch zu srei und ungebunden in seinen Re den, dieser berühmte Mann! Jn Ge genwart seiner Braut von Modell siszungen zu sprechen! Da es aber ein mal geschehen war, so lonnte sie gleich jetzt die Frage thun, die ihr lange schon auf der Seele brannte. , .Mußt du die denn immer und im- i mer haben, Willsried, dein ganzes Leben lang?« begann sie zögernd. «Muß ich wen haben?« Er sah blin zelnd zu ihr herüber, er verstand I nicht. »Die — deine — deine sogenann ten Modelle meine ich!« Zunächst blieb er sprachlos vor ; k Staunen, dann hörte Hanna, die ihm I zunächst stand, ihn ein leises: «Sancta « simplieitas!« murmeln. Jetzt trat er . aus Frau Piotrowsly zu und musterte ; ! sie von Kopf bis Fuß. i ! »Ja —— ist denn das niöglich?«1 fragte er endlich. »Kann eine verstän- l dige Frau, wie du eine bist, Mutti, solch’ eine ——-—· nir fiir ungutl —Ba- l ’ nausensrage thun? Nu, wag denkst du l l ! l dir eigentlich unter einem, der Bilder zaughautk Wie soll denn solch’ ein xKerl daherlommen und sein Sach’ Lleidlich machen, und hat tein Modell, tem er’"s abgucken lann?·' »Ich —- rgott —- ich meine ja « auch nur,« te winkte ihn nah: zu sich heran und sliisterte ihm ins Ohr «dies Treiben mit ——— den Modellen, das « ztönnte siir hanna etwas Peinlichesj haben!« s Er brach von neuem in ein herz s haftes Lachen aus. »Ja, dann tann ich’s nicht helfen! Daran wird sie sich gewöhnen müs sen, wenn sie ’nem Steintlopser zum Mann nimmt. sfast es gehört, Monsi? Meine Modelle ollen dir peinlich sein! D:.schlag’ gleich Gott den Teufels to t.'« Frau Dara machte ein geltiinlte3! : Gesicht und wollte ihre Ansicht in län gerer Rede auseinandersetzen ihr Gatte aber bat sie mit einer beschtviely rigenden Gebärde, zu schweigen. »Laß zufrieden, Dorchen, ’s hat keinen Sinn siir dich. dies Thema weiter zu verfolgen. Du tegst dich bloß dabei auf, und ihr zwei lommt doch nicht zusammen, der Mann der sinnst und du! Dem Wellsried ist das Studium des Nack-—— will sagen —- das Studium des menschlichen Körpers in langen Jahren so zur zweiten Natur geworden, daß er tein Arg darin findet, und brauchen thut er’s siir seine Arbeiten, das steht fest! ir sind ganz von unserem Dama Weibchen und ihren Zeichnungen ab geiommen. Also, Cotta, du meinst wirklich. ek- steckt Beaabuna drin?« «Ohne Frage! Und wenn ihr’g Spaß macht, sie ausbilden zu lassen, io soll fu«-B thun. schon um die vielen Stunden auszufüllen, während welcher ich im Aielier bin!« «Wirst du mir nie erlauben, dort bei dir zu sein, ich meine natürlich nur dann, wenn du nicht gerade nach dem Modell ——-« »Unsinn, mein Kindl« schnitt er Hannos schüchterne Frage ohne weite res entzwei. »Bei meiner Arbeit kann ich keinen anderen Menschen vertra gen; da stört mich jeders« Er wollte sie nicht tränken, aber sein Ton hatte unbekümmert und rück sichtslos getlungen; so sprach er eigent lich immer, und nun gar, wenn sichs um seine »heilige Kunst« handelte!! Die Wirkung seiner Worte irgendwie zu bedenken, das fiel Willsried Cotta niemals ein. Er sagte, was er dachte, wie die Menschen es aufsaßten, das war ihm gleichgültig. Hanna entgegnete nichts; Pio trowskh sah den Ausdruck schmerzlicher Enttiiuschung in dem jungen Gesicht und strich ihr lieblosend über die Wange. »Na, Töchterchen, mit der kostbaren Perlenkette werden wir wohl Staat ma n bei den Visiten, waö?« » ch nein —- nein!« Mit beiden Oiinden nesielte sie im Nacken, um das Schloß aufzubringen »Das sähe ja so prahlerisch aus —so—-so in die Au n fallend. Willsried meint ja esqu wir werden so gut wie gar keine Visiten machen-« »Ach wet« « ries Piotrowily ver bliifft. »Deine Freundinnen müssen doch sehen, was du dir sitt ’nen Schoß ausgesucht haft!« »Warum denn?« stagte Cotta ge ringschätzig »Mir liegt nichts an ihnen, und ihnen tann nichts an mir liegen, denn sie tennen mich nicht. Von Haus zu Haus zu fahren, mich an gaffen lassen und Redensarten anhö ren, das macht mir teinen Spaß.« »So? Dir nicht, vielleicht aber Hanna!« »Hanna thut nur das gern, was ,n.ir Freude macht, nicht wahr. Mai-fi?« Er legte den Arm um sie und zog sie leicht an sich. Mit einem strahlen t:n, unendlich liebevollen Ausblick sah si: zu ihm empor. »Gewiß! Nur dast« betonte sie leise und innig. . »Gott schütz’ mir das Lind! Es ist !n«-·.. « weiches Wachs in des Mannes s .J1nd! Der Himmel gebe daß er es i n t vorsichtiger Hand berührt!« dachte T .vtrowsty ergriffen. »Solche Män zri r wie er, die rücksichtglos ihrer Wege gehen und anscheinend gar lei n Werth auf dieHingabe der Frauen liaen . .geradc die werden am mei s:.«n geliebt!'« Fortsetzung solgt.) — Das unterirdische Poles-. Es gibt iinmer noch eine Polonia siioterranea. Die letzten Warfchauer Straßentdimpfe bilden einen der Aus brüche dieses grollenden Krams Aber dieser alte Revolutionsherd hat hxute seine geschichtlich betannte Phy siognomie wesentlich geändert. Die Ziele der Bewegung haben sich ver schoben, das kulturelle Milieu ist ein anderes geworden. Und dieser Phy siffgnomiwechsel ist nicht ohne Inter e« e. Von den Russen sagt ein böses, aber erfahrungsmässig zutreffendes Wort: Bis zum dreißigsten Lebensjahr sind sie Revolutioniire, dann werden sie zu Tfchinowniks (Staat5beamten). Jn der That, eine Reihe der jehigen Stützen des russischen Beamtenthums, die eifrigften Nihiliftenkämpfer an der Spitze, sind aus den revolutionären Kreisen hervorgegangen. Bei den Polen hält das Feuer län ger an. Freilich darf man sich nicht vorstellen, daß es immer lichterloh brenne. Das Berufs-—- und Erwerbs :eben, die Pflichten gegen die Familie, das reifere Alter endlich. welches das Blut dämpft, thun auch hier das Jbs riae. Man zieht sich von dem aktiven Antheil an allen Bewegungen zurück und verdient Geld. Aber ein Rest bleibt doch immer: eine unausrottbare Sympathie für Geheimbündelei. Die Polen sind, auch in ihrer thötigsten revolutionären Periode, keine Tetro risten: iie schleudern teine Bomben in wehrlofe Massen, sie legen keine Minen unter Hofziige, sie erdolchen teinen Negierungsbeamten Denn in allen diesen bewährten Kampsmitteln revolutionärer Parteien liegt etwas Unritterliche5, das dem ererbten Na turell eineg Soldatenvolkes nicht ent spricht. Dieses Naturell verlangt of senen Kampf oder große Politik. Hat der Pole aufgehört, die rothe Fahne der Straßentiimbfe zu schwenken, so bleibt er noch immer Polititer. Er faßt in Genf, in Paris oder in dem zensurfreieren Firatau Broschüren er-· scheinen, in denen die europäische Di plomatie ihr Theil zu hören betommt. Freilich, im Geruch-r der Staats gefährlichkeit stehen diese pensionirten Revolutioniire nicht. Sie sind ebenso harmlos wie die deutschen Achtund vierziger, die uns Sudermann im ,.Sturmgesellen Sonate-« geschildert. Aber sie strahlen doch vor Verschwö rer- und Baterstolz, wenn sie von ihrem Söhnchen, dem sie zu hause eine tüchtige Tracht Prügel versetzt, im Freundeskreis beim Champagner erzählen können: »Denkt euch, der Junge wurde eben aus der zweiten Ghmnasialtlasse relegirt — wegen re volutionärer Umtriebe!« Denn die jungen herrchen fangen früh an. Die Prinianer und Getan daner im »Traumulus« sind reife Männer im Vergleich rnit ihnen. Und sie haben auch viel nwdernere Jdeale als die Mitglieder dieser altrömischen Muster-n nachgebildeten Antityrannia. Selbst das nationaleJdeal ihrer Väter erscheint ihnen zu eng. Sie erweitern es durch den Traum von sozialer Ge rechtigkeit, ja von einer Erlösung und Wiedergeburt der ganzen Menschheit durch große kulturelle Reformen. Sind schon die Propheten der pol nischen Schuljugend heute nicht blos-, Kosciusto und Mieliewicz, sondern auch Marx und Tolstoi, so wird es erklärlich, daß jene Generation, die bereits ins Leben tritt, sich nicht etwa mit politischer, großpolnischer Agita tion ab ibt, sondern vorwiegend iin Banne sozialer und lulturell-huniani tärer deen verbleibt. Während früher die ,, erschwöreroersainmlung« und? die nationale Brandrede die Haupts ! tolle spielten, dienen heute die wissen-s i schastlichen Kurse und die gelehrten Vorlesungen als Mittel einer aller dings indirekten Propaganda. Jn Warschau wimmelt es von sol chen »sliegenden Universitäten«, deren Lolale den Hörern jedenfalls viel bes ser bekannt sind als den russischen Behörden. Wie mächtig dieser Drang nach Wissen bei der sreiheitlich gesinn ten volnrschen Jugend ist, kann man am besten während des Sommers in Yalopann beobachtet-, wo sie ganze - ase im Hörsaal der fliegenden Uni ver t ät verbringL Ww W Besonders zahlreich ist unter diesen freien Hörern das weiin Element vertreten. Den runden tudenterp Filzhut auf dem Kopfe, die Haare se zessionistisch gescheitelt, ein drckes heft Unter dem Arm, so sieht ·man die jun gen Dämchen im Hörsaal verschwin den, wo sie oft mit vierhundert Kol legen und Kolleginnen die Vorträge fleißig notiren. Von Flirt und Ko ietterie, von weiblicher Eitelkeit und Putz wollen diese jungen Wesen nichts wissen. Mit iniinnlicher Energie driicken sie ihren »Genossen« die Hand. Sind sie mit ihnen gesellig zusam men, so sprechen sie iiber das Elend der großen Masse, über die Prophy laxis der Tubertulose oder über die allgemeine Avriistung Man muß diesen Untergrund von Jdeen und Gefühlen tennen, um die neueste Phase der reoolntionären Be wegung in Warschnu richtig zu ver stehen. Sie ist heute von sozialen und humanitären Elementen durchträntt, und mit den Proletariern, die in den Krieg ziehen iniissen oder durch den Krieg ihr Brod verlieren, gehen Söhne und Töchter wohlhabender Bürger Hand in Hand. a, diese Bürger selbst müssen ihr cherflein beitragen. Der herr Papa, lurzweg »der Alte« genannt, der Revolutionär von ehedem, spielt nolens volens auch in der neuen Bewegung eine gewisse Rolle. Vor allem wird ihm die Ehre zutheil, durch Vermittlung seiner frei gebigen Kinder die Kosten der Propa ganda zu bestreiten. Wird einer sei ner Sprößlinge von den Behörden« internirt, soist es Aufgabe des Alten. mit seinem loyalen Schmerbauch und seinem repräsentablen, tostbaren Pelz im Polizeibureou zu erscheinen und aui landesüblichem Wege die völlige « Unschuld des Berhafteten zu beweisen D Und noch eine dritte Funktion toirp ihm großmüthig zugetheilt. Da man in Warschau teine öffentlichen Ber sammlungen abhalten darf, so müssen alle Besprechungen der Partei, alle Vorträge und Agitationszusamtnen tünfte in Privathäusern stattfinden, Nun brin t es die polnische Gast freundschest mit sich, daß sogar viele mittelgrosse Wohnungen ein dreifenft riges Empfangszimmer von imposan ten Dimensionen enthalten, in welchem hundert Personen bequem Raum fin den. Diese Satans müssen die »Al ten« hergeben. Doch nicht jedes Aner bieten tann angenommen werden Siimmtliche Hausbesorger Warschaus stehen in Diensten der Polizei, und schon ost ist eg vorgetotnmen, daß eine Versammlung, die sich sicher wähnte, um zwei llhr Nachts, durch Darun «;iation des Hattemeisters, von Gen t-armen überrascht wurde. Daher wer ten die Wohnungen von Hauseigen thiimern vorgezogen. Den Hausherrn wagt der Portier doch nicht zu ver tlagen, weil er seine Stelle verliert· So tommt es, daß die revolutionäre »P. P. S.« vielfach in den Primi salons begütertet Hausbesitzer ihre Zusammentünfte abhalt. Wie einst die französischen Aristotraten vor der großen Revolutton die Kneipen be suchten, in denen Voltsredner gegen sie dennerten, so muß der Warschauer Bourgois es sich heute gefallen lassen, das-, man in seinem eigenen Hause den bevorstehenden Zusammenbruch der bürgerlichen Welt wissenschaftlich be weist und prattisch vorbereitet. Er begreift den Humor seiner Rolle und spielt sie snit guter Miene, denn er be toirthet die «Soziale« in echt bürger licher Weise: auf dem Tisch dampft der silberne Same-war, und träftigende meisse werden herumgereicht, die manchem der »Unterirdischen" gut thun. Die Protettion, welche die »Alten« der Bewegung angedeihen lassen, ist übrigens heute ertlärlicher als je. Denn in diesem Augenblicke kämpft die »P.P.S.« um etwas-, was auch den bürgerlichen Klassen als das Schönenstoertheste erscheint, niimlich unt den Frieden. Zum ersten Male bedeutet die rothe Fahne Frieden. Sie trügt eine Inschrift, die unter den heutigen Verhältnissen besonders be deutungsvoll ist: »Für unsere und euere Freiheit!« Und vom Nema strande, aus der Versammlung der loyalen Semstrvos tönt es wie ein Echo wieder: »Für unsere und euere Freiheit!« Ein tieer Sehnen nach den Men schenrechten Westeuropas eht heute durch den ganzen russis en Kolose Vielleicht werden die Greuel in der sMandschurei ein großes Erlösungss stockt herbeiführen. Jn Polen und in sRußland hofft man es. ; Dr. von Czarnicki. -— l Und nun behauptet Dr. Wiley, vor ’t:er chemischen Abtheilung des land wirthschaftlichen Departementg, daß es nur zwei Sorten Whisiey gäbe, die durchaus unverfälscht leten. So lange er die Namen dieser beiden Speien nicht nennt, wird feine Behauptung den Schnaps - Fabrikanten wvlzl voll ständig fchnuppe sein, denn da kann jeder behaupten, dass fein Fabrilat eins der echten Sorte fei. ei e- « Es ist doch sonderbar, wie auch der vortrefflichfte Mensch schlechte Eigen schaften haben muß, gleich einem stolz fegelnden Schiffe, welches Ballast braucht, unt zu seiner guten Fahrt ge hörig schwer zu Fein· sit si- i Noch einrnnl ein Drenfussslzrseek Jst man denn im schönen Paris la arm an neuen Ideen geworden?