Roman von cCis-armes von Zoöektitz. (15. Fortsetzung) ,Exzellenz — iiber dem Mitleid rauh die Gerechtigkeit stehen. Was kann Konrad dafür, daß sein Vater ein Betrüger war?'· «R ja, schönste Frau! Blitzen Sie mich nur mit Jhren großen Augen an. Jch nehm’s gern auf mich. Die«Gevechtigteit! Sehen Sie, Frau Loka, der Große König war gewiß ein gerechter Herrscher . . . und in der beriihrnten Sache des Müllers Arnold hat er doch ungerecht entschieden. Mit der Gerechtigkeit ist das solch eigene Sache. Sie muß sich leider bisweilen unter dem Interesse der Gesammtheit beugen. Ganz ehrlich gestanden: ich kann mir den armen Konrad auch nicht recht als Mitglied eines Ofsiziertorps denken er hat selbst das richtige Gefühl dafür gehabt. Aber viel leicht, fast hoffe ich es, vielleicht spreche ich zu sehr aus den Anschauungen mehret-Zeit heraus.v Vielleicht ist rnan heute weitherziger gerechter in Ihrem Sinne. Uebrigens: die Geiuchslisten liegen Majestiit bereits vor . . . Lora lehnte am Fenstertrerrz. Mit geschlossenen Augen. Und es zog an ihr voriider wie eine Vision. Sie und wieder Unter den Linden und ah den Kaiser vorüber-reiten, aus sei nem weißen Rosse, den strahlenden Adlerhelm auf dem Haupte; sah, wie er den Blick über die bunte Masse schweifen ließ —- schars, durchdringend und doch so ütig — Pi« sich sgchlug sie die Lider auf: »Ja. Wesens man wird heute Wztger sein, gerecht nicht in knei nm Sinne, andern in dem der allge Iceineu Menschheit! Jch hoffe es . .. nein .. . ich weiß es!« Der alte Herr sah bewundernd in zu fchsuc Gesicht, vorn Pein äs wiebkig en ausging in ie em ugen i UOFNMUU Er wollte zweifelnd den Kopf samt tein, aber er that gerade das Gegen theil: er nickte Lora zu und trat zu ihr, um ihr die Hand zu küssen. «Eberhard! Lieber Freund, sitz nicht so tritt-sinnig da. Wir wollen uns alle ein Beispiel nehmen an dieser tapfeeen klugen Frau. Beim ewigen Gott, das wollen wir —!'« Auch der Geheimrath war aufge ßandern »Ja, wenn ich sie nicht hätte, Graban — wo wäre ich,'· sagte er WCM Aber Lora lachte. sie wußte, ihr Lachen hatte für ihn ei ne befreiende Kraft. »Ich —- ich Sie lachte, weil schwach-es Frauenzimmetchen —- was; kann ich thun? Höchstens euch Herren . im Frühstück einladen. Angenom men, ExzellenzZ Schön! Und nun, ; lieber Eberhard, was bringst du I Restes, Neueftes mit?« Er. Zuckte die Achseln: ,,Wenig Reises und noch weniger Gutes-. Von saldin nur ganz oage Eiter der Kriminalbeamten, die ihn verfolgen, hat ertundet, daß er in Nachrichten ; Wie Carlo bei seiner Frau gewesen . is —- auf eine Stunde nur. Sie soll - die Thür gewiesen haben. Dann er in Genua gespürt worden, und san vermuthet, daß er sich nach Chile eingeschifft hat. Jm übrigen können wir uns alle noch nicht in dem unent wirrbarm Knäuel dieser Gründungen Mietsesellschaftem Attienverpfän bit-seu. Wechselschiebungen zurechtfin den. Wo n, Monate werden wohl versehen. e die Bücherrevisoren volle Matheit geschaffen haben. Nur das t tlar, daß Salester, der immer I feibstsicher war, im Grunde doch Its-Wh» gewesen ist, von Bal Un Akt Verderben gezogen wurde. being leichen Manöver, das sie mit Willy versuchten, ist auch er Mit kleinen Engagernents er an, und als er einmal Blut M hatte, trieb er’s dann, seiner M Raturanlage entsprechend, ins e shan i l l »Er muß doch iiber alles orientirt sein« «Salefter setzt dem Untersuchungs tiGer einen« scheinbar unbeugsamen Steh entgegen. Wenn er nur noch ein halbes Jahr Zeit gewonnen hätte, wiederholte er immer wieder, wenn man ihm nicht im unglücklichsten Mo Mt die Kredite gekündigt hätte, wür de niemand einen Heller verloren ha ben. Die alte Phrase aller derarti helden Ein charakteristischer E? wurde heute von ihm erzählt: ( u Meter draußen in Moabit hat thriinenden Auges gesagt: »Herr « seit-r» .ich habe bei Jhrer Ban! M all mein Bischen Erspartes ver bunk Da hat der den Mann von sies bis unten angesehen und hoch « d erwidert: »Jhnen ist nur recht . Leute wie Sie sollen nicht Wlationspapiere tausen!« « M lachtessxcheä klgighejreilicg W er e imrat Wie schmerzlich auf: »Das ixt das Oichtigfte was mich dritck Bibl-er Osaka-n du kannst deinen . ; Instruktika noch versehn-essen Tausende kleiner Existenzen, sUi M ins Mark getroffen sind! Und sdaß dabei auch unser altes Haus mit gethan hat —« » »Ist denn nichts zu retten?« ; »Nichts-! Oder doch ein ganz win Yziger Prozentsatz. Jch wenigstens halte eine Retonstrultion der unseligen EPrometheusgesellschast sür unmöglich. Denn —- und das ist das Merkwür-« digste — dieser ganze riesige Schwin delbau ist augenscheinlich nicht aus ei ner einzigen gesunden Basis ausgebaut worden. Selbst das vielleicht einzig Gute, die Prallschen Patente, sind jetzt durch die neue Erfindung deines Freundes, Lora, weit überholt. Man sprach heute natürlich viel von dieser neuen Prall-Lampe Der Mann ist klug geworden —- und er verlangt jetzt eine runde glatte Million sür sein Pa tent, unter-handelt mit einem englischen Konsortium . . . er wird sie erhal ten . . .« Lora hatte schweigend zugehöri. Sie stand neben Eberhatd, den Arm um seinen Nacken gelegt. Und die alte Exzellenz vergaß, indem er die beiden ansah, seine eigenen Sorgen. Wie hatte er doch anfangs, gleich den an dern Haussreundem den Kopf ge schüttelt »iiber die Tollheit des guten Eberhard«. Nun empfand er es: was in hundert und aberhundett Fällen beiden Theilen zum Unglück ausgeschlagen wäre, hier, diesen bei den, war es zum Glück geworden. Sie gehörten zusammen. sie ergänzten sich gegenseitig, der Unterschied der Jahre war wie sortgelöscht — —- — Der greise Steptiter strich sich mit der umgetehtten Handsliiche über den etwas struppigen, grauen Schnurr bart, der noch ganz nach der Mode von 1866 eine Neigung nach unten hatte. Er dachte an ein altes Wort und such- ’ te darin des Räthsels Lösung: »Das Weib trachtet unendlich mehr danach, glücklich zu machen, als glücklich zu sein.« Das mochte dann auch solch eine Art eigenen Glücks geben — » Aber da begegnete wieder sein Blick ; dem stillen, ruhigen Leuchten in Loras l Augen. Das sprach eine beredte i Sprache und straste ihn Lügen. Er ; sah es wohl. Es übertam ihn etwas ; wie Rührung. Und um die nicht laut werden zu lassen, sagte er-, lnurrend: »Aber, Gnädigste, wie war das eigent lich mit dem Frühstück?« — Es war nicht gerade ein heiteres Zusammensein um den Tisch im Eß zimmer, der so oft fröhliche Menschen « rersammeli hatte. Fräulein von » Schotten reservirt, Hardi ·rnit stark gerötheten Lidern, wie jetzt immer; Maria Apelhode mit der kleinen Her ta beschäftigt, Willh wie in starrer Verhissenheit vor sich hinblickend. Auch die junge Hausfrau so eigen sinnend. Es half nichts, daß Exzellenz Gra ban das Glas gegen Vater und Sohn hoh, seinen geliebten Großen König variirend: »Wir haben eine Baraille verloren, herrschaftem Das nächfie Mal schlagen wir den Feind aus das Haupi.« Und dann kam noch ein, wie beiläu figes Wort des Geheimraths, das tief in alle Herzen griff. Er sprach es ganz leicht, und doch fühlten fie, wie schwer es ihm wurde: »Ich war heute bei Leple. Sie wollen die Ver-steige rung der Galerie doch lieber erst aus Ende September ansehen —« Wiederholt hatte er Lora schon von . dem Verkauf seiner Bilder gesprochen. Nun er jetzt, hier, vor allen seine Ab sicht als Thatsache hinstellte, empfand sie es doch wie einen schweren Schlag. Denn sie wußte, wie sein Herz an der Sammlung hing. Win war treidehleich Er biß die Zähne zusammen. Das Weinglas bebte in seiner Hand. Wieder suchte Graban einzugreifen und traf wieder nicht das Rechte« »Ganz recht, mein lieber Möller! Frie dericius Rex hat die Silberschiisseln des Krontresors auch einschmelzen lassen und den großen Silberbalton aus dem Schlosse. Kommen bessere - Tage, dann lauft’s man eden»wiedet. Na . . . und dann kommt auch das gräßliche Bild aus dem Hause . . . das von dem Franzosen, dem Rache grosse oder wieder Kerl heißt . . . das nackte Weib mit den Ketten an den Füßen . . . «Goldgier« taufte es ja wohl unsre gnädige Herrin. Hol’ mich der Geier: mir ists immer so unheimlich, wie eine Art von Schick salsbild oorgetommen . Nach Tisch, als sie beide allein wa ren, faßte Lora die Rechte ihres Man nes und sagte ernst: »Ist es wirklich eine Nothwendigkeit, daß du dich von deiner Sammlung trennst, Eberhardll Versteh mich recht, du Lieber —- ich seh’ kein Unglück darin Gar nicht. « Wenn es dir nur ein Tausendstel dei ’ner Sorgen abnimmt, thue es a. Und ich bitte dich, nimm meinen Schmuck dazu. Mich schmerzt es nur, weil es dir weh thun wird . . « Er schüttelte den Kopf »Ehe un bedingte Rothwendigleit, Lora, warks wohl nicht. Wir kämen auch ohnedem an’3 oettende Ufer. .obwol)l Willy, von allem andern abgesehen, Wechsel oerpslichtungen eingegangen ist, mich schwer drücken. Aber schwerer drückt mich noch die Lage vieler kleiner Mienten unserer Firma, die iin Ver trauen auf ungere unbedingte Somit tiit iii den gro en Wirrwarr mit hin eingerissen wurden. Und um hier zu retten, zu helfen, wo es möglich ist, möchte ich keine Mittel scheuen. Was ist denn schließlich der slüchtige Genuß den ich —- den wir einmal in der Gu lerie haben, gegen das Bewußtseins auch nur eine wirthschastliche Existenz gerettet zu haben!« Einen Augenblick zögerte sie. »Du hast recht« wie imnier," sagte sie dann. »Aber, verzeih, ich bin niißtrauisch geworden in dieser Zeit: kann der Ver taus deinen Kredit nicht schädigen?« Da lachte er, und diesmal war et was von dem fröhlichen siegessicheren Ton früherer Tage in diesem Lachen: ,,Gottlob —- nein! Soweit sind wir heute schon, daß unser Ansehen wieder fest begründet ist. Das hat schwere Opfer gekostet —- aber der Lohn ist nicht ausgeblieben. Der höchste Lohn des Kaufmanns: im Kreise seinesglei chen als ein untadelhafter Ehrenmann I zu gelten! —- — Jch wollte nur, wir wären mit Willh und mit Konrad auch erst iiber den Berg,'« fügte er nach : einer kleinen Pause hinzu. »Auch das wird kommen, Eber Ehakdi Gehirn-!u — Am Nachmittag fuhr Lora mit ? Herta nach der Psalzdiirger Straße hinaus. Während des ganzen weiten ten, daß es selbst dein Kinde auxsgieb i Einmal sragte die Kleine sogar: « Weges war sie so in Gedanken versun us ; hast du heute nur, Tante Lora?« Und s sie sah den- Blondtops in's Gesicht, als ; habe sie die Frage nicht recht gehört. sDann lächelte sie: »Kind, wir gehen, einen Knoten zu lösen, der unentwirr har erscheint. Aber das kannst du ja doch nicht verstehen. Gieb mir lie ber deine hand! So! Und nun drücke sie einmal recht herzlich! Siehst du — das thut mir gut —- deine tap sere kleine Faus !'« Es war ein schwüler Sommertag. Brütende Hitze, kein Lustzug. Doch als sie endlich am Ziel vor dem hause standen, mit dem Lora noch immer durch hundert seine Faden sich verbun den sühlte, sah sie weit hinten iiber dem Saum des Grunewalds eine dunkle Wetterwolte. Es braute sich am Ende doch heute noch etwas zu sammen. Ein Gewitter —- iind da nach wohlige Erfrischung — Lora blickte sinnend aus die Wetter zeichen am Horizont. Vielleicht zog die Wolle vorüber, die Schwiile blieb. Oder die Wolle tam herauf und entlud sich mit vernichten den Schlägen. » Das Herz wurde Lora wieder schwer. Sie war so muthig gewesen« so zur-ersichtlich Nun sant plötzlich ihr Vertrauen. Zum ersten Male its« ihrem Leben wollte sie ja Opfer hei schen —- und hatte nichts dagegen zu setzen! Nichts-. Die Kleine zupste sie am Rod: »Du bist schon wieder so anders-, Tante Lokal« Sie zuckte zusammen. Aber dann sah sie Heria ins Gesicht und sagte hastig: »Komm nur -——'« Hand in Hand gingen sie durch den dumpfigen Hausslur und im Schatten der Mauer entlang. Die Fenster des Prall’schen Laboratoriums standen weit geöffnet. - Wie sie das alles an Tage emahnte, die noch gar nicht so weit Finter ihr lagen, und von denen sie doch wie durch eine Welt getrennt war. Nun hörte sie Stimmen. Prall und Onkel Wellried. Sie schienen im Laboratorium zusammenzusitzen und stritten wieder. .Mit Verlaub, Dot tore, Sie sind ein lompletter Narr. Meine Lora — —« Da stand sie auch schon am Fenster, lugte hinein und ergänzte: »Deine Lora ist hier. Guten Tag miteinan der. Darf man eintreten?« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie schnell weiter bis zur Thür. Sie hat te ganz unbefangen zu sprechen ver sucht, aber das Herz Pochte ihr zum Betst-ringen und sie war froh, als der Onkel ihr anstatt des Doktor; öffnete. Jn einer unwilliiirlichen Bewegung des Anlehnungsbediirsnis ises umarmte sie den kleinen Greis so leidenschaftlich, daß er sie ganz er schrocken ansah. Und dann sagte sie hastig: .Bleib, bitte, mit rta ein paar Minuten hier, Onkel runo. Jch ,musz mit Prall sprechen —- allein —« Alles aus der Empfindung heraus: «wai ich ihm zu sagen habe, muß ich leich sagen. Gleich —- vom herzen runter muß est Sonst bringe ich es nie heraust« Die Vetbindungsihür zum Labora torium stand offen. Sie trat über die Schwelle und zog die Thür hinter sich zu. ; Prall lehnte im Hintergrunde an ;der Wand. Er senkte nur wottlos sden Kon zum Gruß. Einen Athem zug lang blieb sie stehen. Dann ging sie schnell auf ihn zu und nahm seine beiden Hände: »Sie sind mein Freund, Doktor Prall?« »Ich glaube es zu sein, und Sie, gnädige -tau, nannten mich einst so gab er chwet zurück, ohne sie an zusehen. »Ich will mir den Glauben nicht nehmen lassen, Sie seien noch mein rennt-. Schean Sie mit zehn inuten. Jch habe nothwendig mit Ihnen zu sprechen ungestört.« Sie trat an das Fette-, schloß die lügeL Dann nahm sie s iitchen a , legte es mitten zwischen lässt und Re torten auf den nächsten Tisch; es war als ob das leichTtF winzige Ding sie edrüekt hatte. ie erleichtert athmete au . Nun hatte er doch das schwere Leid gehoben und war mit dem Blick der hohen, schlanten Gestalt folgt, hatte in dem evenmiißigen Geicht zu lesen versucht. Es sah so erre t aus« wie et es noch nie gesehen. rregt und bedrückt. Kam sie zu ihm, weil sie unglücklich war? Ein merkwürdiges Gefühl; er konnte selbst nicht darüber klar werden, so gemischt war es aus l;iißlichster Schadenfreude, aus inni - item Mitleid, aus einem Triump - empfinden, aus Zweifeln und Zagen. Sie lam zu ihm! Zu ihm, um ans seine Freundschaft zu appelliren. That das eine glückliche Frau? Er wollte beherrscht bleiben, sich nicht fortreiszen lassen. So löste er sich von der Wand, schob einen Stuhl heran. »Wollen Sie nicht Platz nehmen« gnädige Frau —« Sie setzte sich und schloß auf einen Moment die Augen. »Wie damals damals, als sie zum letzten Male vor ihrer Verlobung bei dir war —« dachte er. »Damals auch so hilfsbe dürftig —« - « Nun schlug sie die Augen wieders auf, sah ihn voll an. Jth merkwür- ; dig gefaßt. Jn der alten Selbstbe-; herrschung. s »Bitte, Doktor, nehmen Sie sich auch einen Stuhl. Wir können dann tesser reden. Und sehen Sie sich hier her —— zu mir — »Sie haben ja schon längst bemerkt, ich komme als Bittende zu Ihnen. Mit einer großen Bitte —- so groß, daß mir’s die Kehle zuschniiren will. Jch bin’s so schlecht gewohnt, zu bit ten. Aber es muß sein. Es lommt mir wie eine heilige Pflicht vor . . .« Sie hatte sehr schnell gesprochen. Nun stockte sie, konnte nicht weiter. Jedes Wort, das sie ihm sagen wollte, hatte sie sich vorher hundertfach über legt, jetzt versagte es ihr dennoch. Es war zu schwer — Und sie faßte wieder nach den Hän den des Freundes und bat, rührend, wie sie wohl vor Jahren dann und wann gebeten hatte: «Doltor . . . so helfen Sie mir doch . . .' Er würgte an seinem Mitleid, an seiner innigen Herzenstheilnahmr. Er wollte sie nicht zeigen. Ganz rauh klang es: »Wie lann ich Jhnen helfen, gnädige Frau?« Aber dann gleich: »Könnt’ ichis doch!« Er preßte ihre Hände in den seinen, die vor Erregung zitterten. »Sie . . . Sie sind nicht alijcllich . . . Lora . . .« i - l Da sand sie plötzlich in entschiedener Abwehr die Brück «Nein, mein Freund, Sie irren. Jch bin sehr glücklich. Jeden Abend denke ich voll inniger Dantbarteit an die Stunde hier unten bei Ihnen, in der Sie mir sagten: »Der Entschluß befreit« Denn dies gute Wort wur den zum Ausgangspunkt all meines großen Glückes, das mir Gott erhalten möge. Sie schöpfte tief Athem und suhr fort: »Gerade weil ich so glücklich bin durch die Liebe meines Mannes, ge rade deshalb bin ich hier. Als Egoi siin, wenn Sie wollen! Ja, als Egoi stin —- und ich schäme mich der Selbst sucht nicht. Denn ich will ja nichts nichts, als den, der mich so beglückt, glücklich sehen. Doktor. . .Sie wis sen alles, was über ihn hereingebro chen ist. Aber was Sie nicht wissen können, ist, wie er es getragen, wie er getämpst hat Das elende Geld, Dot tor. . das war das wenigste! Aber der Sohn ganz zerbrochen die Tochter in der Pein der ungewissen Zulunst . · . und nun . . . nun das schwere Vetantwortungsgesiihl allen denen gegenüber, die durch den unseli en Zusammenbruch geschädigt sind. hen Sie, Doktor . . . mein lieber Freund, darum bin ich hier Mein Mann ahnt nichts davon, er würde diesen Schritt wahrscheinlich nicht ein mal billigen. . .auch das drückt mich Aber ich weiß, welch edler, guter, hilfsbereiter Mensch Sie sind und daß Sie mir —- uns —- den Hunderten und Tausenden, die Baldin in’s Un glück gestürzt hat, helfen werden . . .« Doktor Prall hatt-e ihre Hände, während sie im schneller, immer leidenschaftlicher p,rach langsam frei geben. Langs am auch, wie mit schweren Gliedern, erhob er sich. Ein paarmal strich er sich mit der Rechten über die Stirn, schob die graue Locte weit zurückwSzerrte mit nervösen in gern an de chnur der schwarzen genbinde. so daß sie sich unterbrach und erschro cken zu ihm uniform-. Er mied ihren Blick, als wisse er, daß er dem schwer widerstehen könne ,,Gniidiae Frau —,« sagte er mit heiserer Stimme, »ich bin . . . ich bin im Ausdruck ein sehr ungelenier Mann. Sie wissen es noch von früher her. Jch möchte Jhnen nicht gerne wehe thun. Darum will ich mich möglichst kurz und geschäftlich fassen. Wenn ich Sie recht verstanden habe, wünschen Sie wahrscheinlich daß ich durch meine neue Erfindung den ver trachten Baldin’schen Schwindelgriins dun n zur Möglichkeit einer Reha stru tion verhelfe. Das muß ich ent schieden ablehnen. Jch bin durch Schaden an Leib und Seele klug - Horden Jch bin dasiir nicht zu a n — Lora hatte.ihre Auge-n noch immer aus ihn gerichtet. Sein Lid blieb ge senkt, aber sie sah doch, wie starr sein Gesicht war. Wie eine Muste. War es nur eine Masse? Dann lachte er plotzlich bitter aus 4 s i s l «Doltor« —- bat sie schmerzli — : »wollen Sie mich so gehen lassen « i Er wars den Kopf zurück, og die I Achseln hoch, lies von dem Jenaer zur Thiir und wieder zurück, nahm eine lange Retorte und drehte an ihr, bis der hals llirrend absprang. «Foltern Sie mich doch nicht!« schrie er aus und schleuderte die Scher lsen auf den Boden. · " »Ich sollte wohl stolz sein und jetzt gehen," sprach sie. »Aber mein alter Stolz ist dahin, seit ich soviel Leid sah und zwischen all denen, die litten, mit einem Lächeln dahergehen mußte, da-» mit i nen das Tragen leichter erschei ne. ch erinnere mich, Doktor, daß . . . ich war solch Ding von Dreizehii oder vierzehn Jahren . . . daß Sie im Schmerz mal die Finger hier in den Schraubstock Jhrer Hände nah-« men und mir sagten: »mach’ bitte ——-j bitte! Oder . . Da hab’ ich Sie ausgelacht. Heute hab’ ich das Bitten gelernt — sonst wär« ich nicht hier." »Bitten! Bitten! Unsinn —!" Er drehte und rückte an seinen Gläsern, ihr den Rücken zulehrend. »Bitten Sie siir sich . . . und meinen letzt-en Blutstropsen . . .« Der Nest verlor sich im Geräusch eines siarten Windstoßes, der beide ausschauen ließ, plötzlich wie er lam. Ueber den schmalen Hof raste er. die Fenstersliigel, die Lora wohl nicht gut geschlossen, schlugen aus — Ein kurzes Schweigen in der Natur nnd zwischen den beiden Menschen im engen Raum. Ein dumpfes Grollen dann, fernher, ein Tausatt — ,.Bitte ich denn nicht siir mich. wenn ich siir andere bitte, Dottort Und was erbitt ich dann? Nichts ja, als dasz Sie sich mit meinem Manne in Verbindung setzen . . . oder wenn Jhnen das lieber ist . . . daß er sich mit Jhnen in Verbindung sehen dars, um eine Vereinigung der Interessen anzustreben. Warum wollen Sie Jhre geniale Erfindung irgend einen fremden Konsortium, englischen oder amerikanischen Geldleuten, verlaufen, anstatt durch sie mit Eberhard gemein xam all den vielen, die durch Bal in . . .« Er stieß an den Tisch, vor dem er stand, daß die Gläser jiih zusammen tlirrten: «Nenn-en Sie den verfluch ten Namen nicht, Loka. Das ist’s ja eben! Das! All mein Haß loht aus, wenn ich an dies Weib deutet Nennen Sie mir den Namen nicht! Jch tann es nicht ertracien —« » . . . und Sie lichten sie doch —« Wieder lachte er bitter -—— sah aus, ihr endlich ins Gesicht: »Nun ja! Der Mensch ist ein Thor! Rasend geliebt habe ich das Weib — und doch war das nicht die Liebe, die echte, wahre, trese, die dann —- dann --—« Lora wich langsam zurück, und ihre Augen mochten einen so hoheitzvollen Ausdruck annehmen, daß er kurz ad brach, mitten im Satz. Er ging zum Fenster, sah hinaus, wandte sich und sagte in ganz verän dertem Ton: »Es kommt ein Gewit ter herauf ——— eine Wohlthat nach die ser Gluth —'« Sie hatte den Hut vom Tisch ge nommen, nestelte mit der Nadel in dem feinen Stroh. »Doltor -«— ich lam nicht als Bittende,« begann sie wie der, während der Donner stärler roll te. »Ich wollte Jhnen auch etwas bringen. Etwas sehr Liebes —- in Jshre Einsamkeit « etwas flir’s gan ze Leben. Jch weiß nicht« ob ich’s noch dars. Ein armes Wesen ist’s, ein ver lassenes Kind. Es wird in Ihnen viele schmerzliche Erinnerungen we isen, aber es wird Sie auch lehren, zu vergessen — und zu verzeihen. Mehr noch, ich dachte —- es sollte Jhrem Le ben wieder einen Inhalt geben und Ausgaben. Ich meinte nicht, daß Sie es ganz allein haben sollten. Dazu bin ich wieder einmal zu selbstsüchtig. Aber ich hoffte, ich würde mein Theil behalten können, meinen bescheidenen Antheil · . . und ich hosste dabei wohl Bann dies liebe Kind würde auch in a Zukunft zwischen uns beiden die alte Freundschaft sichern . . . Jch weiß nicht mehr recht, tann ich es wa n?'· " U lehnte mit dem Rücken am n stersliigel, o ne sich zu rühren. anz dumpf spra er mitten in den hallen den Donner hinein: « . . . smal« »Ja . . . Verta! Jch and sie elend, verlassen. Ich las sie aus in der letten Stunde —- ehe die Polizei sich ihrer annahm, annehmen mußte —« Und wie mit einem isipliihlichen Ent schluß ing sie zur Th r und stieß sie aus. ie Kleine jubelte ihr entgegen. .Tante Lora . · . wie schön es don nert . . .« Sie nahm das Kind an der Hand und führte es zu Prall. Jm Zimmer war es fast dunlel ge worden. Die Silhuette des Mannes hob sich scharf vom Fenster ab. Er ftand noch immer regungslos. Aber in feinem Gesicht guckte es. Und mit einem Male beugte er sich und hob die Kleine hoch und an feine Brust. herta lachte ihm entgegen, wie da mals, oben, in des Grafen Zimmer. Ohne Furcht und Scheu. »Der Dahn legt die Eier nicht« Onkel —- das haft du nur so erzählt —« Und sie lachte wieder, ihr glückliches Kinderlachen »Und goldene Eier iebt es überhaupt nicht. Aber schön annst du doch er zählen —« . Er fah ihr tief in die blauen Augen. ! Sie verstummte »Willst du wohl bei rntr bleiben und dir viele Gefchichten erzählen lasserM fragte er. Wie weich seine Stimme sent klang. »Deine Gesch ten sind« du« Aber Zaun muß Tan e Lora au hier blei en.« . «Tante Lora besucht uns —- du, Therta tennst du die wunderschöne Ge i schichte von der Negentrude, die in der - Tonne sieht? Sieh mal, wenn draußen Jso wie jetzt die Tropfen fallen und wenn der kühle Wind nach solch ei nem heißen Tage über uns hinwebt Frau Lora war bis an die Seite des Onlels zurückgewichen. Jn der Thür standen sie beide nebeneinander· Der Greis slüsterte leise: »Welch schü nes Bild!« — Lora sprach kein Wort. Und sie horchten, wie Eugen Prall mit sanfter Stimme sein Märchen erzählte bis zu Ende. Dann ließ er das Kind niedergleiten, aber er hielt es mit bei den Händen sest. Und der Blick sei neg Auges ging zu der jungen Frau hinüber —- und er lächelte seltsam. Jhr war’s, als müsse sie an seine Seite treten. »Meine liebe Freundin ——-« sagte er, »—— ich darf Sie nun wpder so nennen. Denn ich lann Jhnen wohl nicht anders danken, als mit dem Na men. Danlen aber muß ich Jhnen.« Seine Rechte ließ die Schulter hertai srei und glitt zärtlich über die blon den Locken. »Herta mag seht mit Ih nen gehen. Morgen aber möchte ich sie mir holen — ich hab’ ihr noth wendig eine Geschichte zu erzählen . . . viele Geschichten, Frau Lora. Von bösen Hexen und von guten Feen — und von der Sonne, die drüben eben wieder über unsrer Dächerslucht aus steigt. Sonnenschein nach dem Gewit ter. Gottlob —- man athmet sreier . . . Jch muß ja morgen so wie so bei Jhnen vorsprechen, denn ich habe Ihrem Herrn Gemahl allerlei ge schäftliche Vorschläge zu unterbrei ten.« Siebzehntes Kapitel. »Unsere Hardi ist doch ein tapferez Mädel!« Der Geheimrath sagte es mit lei sem Stolz. Er sreute sich seines Kin des und der Festigteit, mit der Bern hardine zu Konrad hielt. »Das ist sie, Eberhard,« gab Loru zurück. Jhr freilich erschien diese Fe stigleit an sich als etwas so Selbst verständliches, wie die Treue. Aber auch sie freute sich, wie Hardi gerade im Unglück gewachsen war. Das verwöhnte Kind hatte es nicht leicht mit ihrem Konrad. Denn in dem steckte doch, ins Grade und Eh renseste übertragen, mehr von der har ten Art des Vaters, als sie ehedem ge ahnt hatte. (Fortset3ung folgt.) Zie bit-time ten-: Die Maße der biblischen Gebäude und Personen waren von jeher eine Quelle der Verwunderung für die Jugend und ein schwieriges Problem fiir Archä logen nnd Geschichtsforscher, die viel « erwirrendes und Widersvrei chendes in den Büchern des Alten Te staments gefunden haben. Eine Hauptschwierigkeit liegt in dem Maße der Bibel, der »Elle«; wieviel die Elle nach unserem heutigen Maß ausmacht, darüber lonnte man bisher immer nur Verinuthungen aufstellen· Gewöhnlich nahm man eine Elle von einem Fuß sechs Zoll an; auf dieser Annahme sind viele Abmessungen, die man heute sur unertlärlich aufgebaut worden. Jetzt veröffentlicht nun ein englischer For scher, Reverend W. Shaw Calbecott, ein Buch »Die Stistshiitte, ihr Bau und ihre Geschichte. in dem er aus dem Zeugniß der Bibel selbst und mit hilse scharfsinniger Deduktionen von dem berühmten Sentereh - Tiiselchen das Vorhandensein von drei verschie denen Ellen feststellen zu können glaubt. Schon tausend Jahre vor der Ge burt Abrahams waren diese drei »Ei len" in Gebrauch; sie entsprachen nach Calderott 9s10, 11s5 und 11,-I»- en - lrschen Fuß. Die erste Elle wur ausschließlich fiir das Mr en von Gold u. goldgewirkten Wan teppichen gebraucht, die weite fiir Bauarbeiten und zum Me en von Gegenständen und ersonen, während die dritte nur zum essen von Flächen diente· Nach Caldecotts Berechnungen kann man sich nun. eine genauere Vorstellung der Großenverhiiltnisse bei den bivlischerr Personlichkeiten machen. Goliath, der »sechs Ellen und eine andbreite hoch« war, war keineswegs r mächtige Riese-, wie man bis jetzt annahm. Ne ben dem chinesischen Riesen Chwang oder dem Russen Machnow hat er nur eine gewöhnliche Statut (ca.71-2Fusz). Das große Bett von Og ist nicht viel iiber ie gewöhnliche Größe, und der Thurm von Salomos vrächtigem Tempel reicht nur bis zur Uhr- der Londoner Paulstirchr. Andeer Carnegie soll als Zeuge im Chadtvick-Prozesse austreten. Die ihm zustehenden Gebühren kann er ja dann zur GründungBeinek Bibliothet für leichtgläubige ankiers benützem i I i Shalespeate’sche Musik soll Kaiser Wilhelm Leoncavallo's Oper genannt haben. Erinnert sie vielleicht an: Viel Läan um Nichts? Oft Der lebte starle Nebel in England kostet gegen unverweilt-Millionen Dol lart. onst hatte man immer ge laubt, daß man ihn tade in Ess nd umsonst haben I« m