....... ... - -...--.--.--.--.J---»-.-.- -.. —...—— MLin-us aus unsern Tagen.« Von Anna Klüg. Inmitten der sandigen Mark liegt, von bewaldeten Höhenziigen umgeben, ja in sie hineingebaut, das reizende Städtchen Freienwalde a. O» ein Stückchen Thüringen im Kleinen mit überraschend schönen Aussichtspunk ten, domattigen Waldwegen und ma lerischen Seen, von denen einer, düster und geheimnißvoll, an den vHer-thasee auf Rügen erinnert, währen ein an derer die eigenthiimlich grüne Fär bung zeigt, die man sonst nur an den Seen Oberitaliens wahrnimmt. Theo dor Fontane hat in seinen ,,Wande rungen durch die Mart« auch dieser Perle seines engeren Vaterlandes viel fach gedacht, und er erwähnt des trau rigen Ende-Z, welches die Familie des Gründers von Freienwalde, des Frei herrn von Uchtenhagen vor mehreren Jahrhunderten genommen. Auf dem Wege nach Faltenberg erhebt sich der Schloßberg. Der Weg zur Höhe siihrt durch prachtvollen Laubwald, vorüber an seltsam gesormtenBuchen und viel hundertjährigen Eichen. Oben ange kommen, erblickt man dicht über dem Boden Mauerreste, die auf ein in gro ßen Dimensionen erbautes Gebäude schließen lassen. Es find die Ruinen der Burg, welche die Uchtenhagens vor Zeiten bewohnten. Noch sieht man Spuren des Herde-Z, auf dem einst den alten Rittern ihr tägliches Mahl berei tet wurde. Der Wind saust nun über die verödete Stätte; Gras und Kraut drängen sich durch das Gestein und suchen es zu überwuchern. Wo find sie, die hier Freud’ und Leid getragen, Liebe und Haß empfangen haben? Unter dem Fußboden der Kirche Freienwalde reiht sich Sarg an Sarg; unter dem an die Kirche grenzenden, von Bäumen umhegten Platz zieht die Reihe sich weiter, bis unter dieStraße, lauter Uchtenhagens —- Männer, Frauen, Kinder. Auf der anderen Seite der Straße steht noch heute ein stattliches Haus; es blickt hinüber auf Kirche und Kirchplatz und gehörte ehe mals den Uchtenhagens. Die breite Freitreppe hat jetzt den Anforderun gen der Neuzeit weichen müssen. Vor 30 Jahren stand sie noch, beschattet von einer Linde und einer Atazie, ein Denkmal vergangenen Glanzes, aber über der breiten Hausthür ist noch heute das Glasfenster zu sehen, das in großen, zierlich verschlungenen Buch staben die Jnitialen J. Fre. v. U. (Johannes Freiherr von Uchtenhagen) zeigt. Hohe, geräumige Zimmer mit Flügelthüren deuten darauf hin, dafz Reichthum undBehagen hier geherrscht haben. Die Mauern sind dick wie in einer Festung, in ihnen sind Wand schränte mit hohen Flügelthüren an gebracht. Jn dem dahinter liegenden Raume hätten sich zur Noth erwach sene Menschen verbergen können. Es ist schon lange her, dasz ich in dem ihause sonnige Mädchenjahre verlebt habe, und doch steht es Inir noch fest und treu im Sinn, als wäre ich erst gestern dort ausgezogen. Ein eigener Zauber ruhte für mich auf dem alten Hause; noch lachte mir die sorglose Gegenwart, aber auf Schritt und Tritt begegneten mir Zei chen der Vergangenheit, undSage und Wirklichkeit, Kunde von den Thaten der ehemaligen Bewohner, sowie der Sput, den sie noch auf dem früheren Schauplatze ihrer Thätigteit treiben sollten, erhöhten nur das Interesse. Im Keller zeigte man noch die ver mauerte Thür, die in den Gang fuhr te, der unter der Straße hindurch das Haus mit der Kirche verband. Der Sage nach ftand der Sarg des Stammvaters der Uchtenhagens dicht hinter besaTter T är; was wunder, wenn man iem raven alten Herrn gutrauth daß er diesen Eingang oft enutztel um nächtlicher Weile fein früheres Eigenthum zu infpiziren — ein Tappen und stlirren sollte nicht selten auf der Kellertreppe zu hören fein —- oder daß er auch bei Tage im Dämmerlicht des Kellers ein wenig rumorte. Mir hat der Gedante an vie Nähe der Todten den frohen Ju gendmuth nicht geftört, und es ließ sich gut wohnen in den hohen, weiten Räumen, es faß sich behaglich auf dem Fenstertritt in der tiefen Fensternifche, deren zwei in jedem Zimmer faft ein Zimmer fiir fich bitdeten. Jn der Kirche von Freienwalde hängen noch heute zwei Bilder, die ich nie ohne Be wegung betrachten konnte. Das eine zeigt den letzten Uchtenhagen als klei ·nen, frohen Knaben, an dem ein klei ner Hund emporfpringt. als wollte er dem Kinde im Spiel eine Birne ent reißen, die es in der Hand hält. Ueber der Gruppe ftehen die Worte: »Als ich Cagper von Uchtenhagen, bin geweft diefer Gestalt, war ich viertelhalb Jahre alt«, darunter die Jahreszahl aus der Mitte des 17. Jahrhunderts Es ftellt dies Bild einen Vorgang aus dem Leben des kleinen Casper dar, kurz vor feinem jähen Tode. Er war als der einzige Sohn des Johannes v. Uchtenhagen und feiner Gemahlin Sophie, geb. von Sparre, Erbe be trächtlicher Reichthümer und Beschim gen, die den Neid eines Vetters erreg ten. Mit erheuchelter Liebenswiirdig lett wu te er das Kind an sich zu fes seln un es mit Gaben zu überschüt ten, bis er ihm eine vergiftete Birne tn die hönde spielte« Ahnungslos wallte der Kleine die lockende Frucht verzehren, aber der treue hund faßtes Mißtrauen, sprang winselnd an sei nem Spielgesährten empor und ver suchte, die Birne aus seinen Händen zu kratzen. ,,,«Da so erzählt die Sage, die hier wohl leider viel Wirklichkeit enthält, ,,lachte der Knabe hell auf und sagte: »Neidisches Thier, gönnft du mir nicht einmal die Birne?« Schnell genoß er die Frucht, und war nach kurzer Zeit eine Leiche. Das zweite Bild zeigt den Casper im Sorge; ein Rautenlranz ziert das Haar, an schwarzem Bande ist cin Schmuckstück aus seiner Brust befe stigt. Jm Anfang des 119. Jahrhun derts stieß man bei einer Reparatur des Kirchenfuszbodeng auf den kleinen, mit seinem Namen gezierten Sarg. Man öffnete ihn und fand die Leiche unverändert, mit Kranz undSchmuct stiick geziert, wie das Bild es zeigt. Erst bei der Berührung zersielen ein zelne Theile zu Staub. Bei dieser Ge legenheit wurden auch die übrigen Grabstatten entdeckt, sowie die Anfän ge des Ganges, von dem man vermu ,thete, daß er mit unserem Hause in lVerbindung stände. Ob der Knabe fdurch ein so sluchwürdiges Verbrechen gestorben ist, wer will es nach Jahr hunderten noch feststellen? Krieg und Gewaltthaten herrschten im deutschen Reich, und ein Einzelleben ward nicht hoch geachtet. Die Sage erzählt auch nicht, ob der böse Vetter das Erbe an getreten, ob seine That auf Erden Vergeltung gefunden habe, aber sie meldet von dem kleinen Caspar, daß er alle Jahre, wenn sein Todestag wiederkehrt, mehrere Nächte, bei ge spenstisch erleuchteter Kirche, seinem Grabe entsteigt nnd in erschütternden Tönen sein trauriges Geschick beklagt. Wenn der Mond durch die Bäume des Kirchplatzes zitternde Strahlen aus die Fenster der Kirche wars, und der Wind in den Blättern melancholische Lieder sang, konnte man wähnen, die Sage sei Wirklichkeit geworden, und die berechtigte Klage des letzten Uch tenhagen ließe sich vernehmen. »Fräuleinchen, er geht wieder um,« sagte unser Mädchen eines Tages mit scheuem Flüstern zu mir. »Der klee ne Uchtenhagen klagt wieder in die Kirche, un is allens janz hell, die jau ze Nacht. Schade, daß Sie heute Abend wieder bei Doktors drüben Jhren Musikabend haben; wenn ich Jhnen denn abholen muß, kriegten wir’t am Ende zu sehen un zu hören. Denn dürfen wir aber bei Leibe nichts zu einander davon sagen, sonst kommt der Spuk uns nachtens vor’t Bett un ängst’t uns jräßlich. Wir wohnen ja auch jrade in det olle Spukhaus, wo der kleene Junge drin jestorben sein mag, denn dat olle Schloß da oben us den Berg is damals woll all en bisken jaellich jewesen.« Ich lachte. »Aber Jette, den Unsinn wirst du doch nicht glauben?« »Warum nicht, Fräulein chen? Wenn er so schrecklich um sein Leben und all seine Reichthümer ge kommen, warum sollte er da nich drum klagen? Dei thäte jeder, wenn er man könnte, iel zum wenigsten ge wiß!« s Es gelang mir, Jette zu beruhigen. Mit dem erhebenden Gesiihl überwun dener Gespensterfurchtsegelte sie denn » auch am Abend iiber den Markt, um sihr Fräuleinchen wieder zu holen. i Etwas später als sonst waren dieMu: sikiibungrn mit der besreundeten Fas .niilie beendet, und die Geisterstunde war nicht mehr fern, als wir heim tehrten. Eine kurze Streite waren swir erst gegangen. als ich bei einer Biegung des Weges meine Blicke er hob. Da —- ich hielt unwillkiirlich an ——— strahlte mir die Kirche hellerleuch -tet entgegen, ein gleichmäßig ruhiger Glanz sluthete aus allen Fenstern. Mein Stillstehen machte auch meine JBe leiterin aufmerksam. Hastig er griff sie mein Kleid. »Schnell, schnell nach Hause-, Fräuleinchem wir diirfen nichts sehen von dat Jräßliche,« flü sterte sie und suchte mich fortzuziehen. HJch blieb stehen: »Nein, Jette, wir smiissen unitehren und Doktors bitten, sdie Ursache herausfinden zu helfen, Twarum die Kirche jetzt erleuchtet ist. jJn meinem Heimathgdorfc wurde die :-Orgel einmal während der Nacht ge istimmt, einer kirchlichen Feier wegen, ; aber dergleichen liegt hier ja nicht vor, sauch hört man nichts-; es mag irgend letwas in Brand gerathen sein.« Ei slig kehrten wir um und fanden zum s Glück das Haus noch offen und die be lsreundete Familie wach. Sie waren Falle bereit noch initzugehein obgleich »der ruhige, aller Gespensterfurcht feindliche Hausherr recht ungläubig that und etwas anziiglich von ,,blind machender« Furcht und lebhafter Phantasie junger Mädchen sprach. Ja, da half kein Zweifeln. Als wir hin austratem leuchteten die Kirchener ster in festlichen Glanz. An der Thurmseite reicht ein Fenster tief hin unter, so daß man von außen hinein sehen kann. Es war ein wunderba rer Anblick, der sich uns bot. Die Kerzen der Kronleuchter und des Al tars brannten mit dem ernststimmen den Glanz, der eben Kirchenlichtern eigen ist. Jeden Gegenstand im Jn nern der Kirche konnten wir entdecken, aber lebende Wesen waren nicht zu se hen. Auch das Bild des kleinen Ueb tenhagen lächelte harinlos herab, und diese Ruhe hatte etwas Gespensterhaf ietz. Wir gingen an die Hauptthiir und riittelten daran, allein sie war verschlossen. Eben wollten wir uns langsam entfernen und unser männ licher Begleiter erklärte sich bereit, den W I Küster zu benachrichttgen, als aus dem Innern der Kirche ein langgezogener, erschütternder Klageton drang. Uns alle, ich muß es gestehen, packte der Schreck. Jette verlor alle Fassung und behauptete mit schmerzlichem Tri umph, der kleine Uchtenhagen ginge doch um, und würde uns allen noch zu schafxen machen. Selbst der Vertreter des tärkeren Geschlechtes hatte ange sichts der überzeugenden Thatsachen keinen Tadel mehr. Wieder ertönte das Jammern, und wir eilten einmü-. thig von dannen, um den Küster zu wecken. Dieser war höchlich erschro cken. Er war für den Tag beurlaubt gewesen und eben erst von einer klei nen Reise zurückgekehrt Da Nachmit tags eine Trauung stattgefunden, so hatte er den Kirchenschlüssel einem jungen Kollegen anvertraut, der ihn auch rechtzeitig wieder in seiner Woh nung abgegeben hatte. Gewiß hatte er vergessen, die Kerzen zu löschen. Woher kamen aber die Klagetöne? · Wenige Minuten später betraten wir alle die geöffnete Kirche. Alles still, wie vorher, doch um die Ecke des Kreuzganges huschte eine Gestalt nach der Richtung, wo das Bild des kleinen Kaspar im Sarge hängt.« Was half es, man mußke dem Teufelsspuk fol gen. Da saß es vor uns, das schwarze Ungeheuer, halb trotzig, halb ängstlich aus seinen glänzenden Augen uns an tarrend und weiße Zähne uns entge genfletschend——Hektor, unseres Nach bars riesiger, braver Pudel-, den die Neugier am Nachmittag in die Kirche gezogen, der dann ungestört in einem Winkel geschlafen, bis endlich verhun ger und unser Rütteln an derThiir ihn den Ausgang suchen ließ. Hektor war ein wohlerzogeirer«.f,)und; er kratzte nie an den Thüren, nur ein tiefer, sanfter Ton zeigte an, wenn er Einlaß be gehrte. Es mußte das Gefühl gänzli cher Verlasseuheit gewesen sein, das ihn zu lauten Klagen veranlaßt hatte. Auch die kriegerische Haltung, die er annahm, als wir in geschlossenen Rei hen auf ihn einrückten, war eine Ein wirkung der Furcht. Muth war nicht die stärkste Seite des gelehrigen Hun des, und er war froh, diese Maske fal len lassen zu können, sobald er unsere friedlichen Absichten bemerkte » und vollends geborgen fühlte er sich, als er mich erkannte-, die ich als gute Nach barin os: mein Frühstück mit ihm ge theilt halte. Zwar hatte der Küster Lust, mit dern langen Lichtlöscher dem Pudel einen unsansten Stosz in die Rippen zu versetzen, doch bewog ihn der Anblick der schon allzu tief herab gebrannten Lichter aus ökonomischen Gründen erst diesen seine Aufmerk samkeit zuzuwenden Lautlos entwich der spukende Unhold, um an der Thür feines Herrn noch einmal sanft zu kla gen -—-— lachend folgten wir Uebrigen. Zu Hause angekommen, empfingen uns die Meinigen mit einiger Sorge ob un seres langen Ausbleibens. Aber, obs wohl ich ihnen die Geschichte aus fri fcher That er·-;·cihl:e, ist der Spuk weder Jetten noch mir vor’s Bett gekommen, um uns iu ängstigen. Alle Theilnehs mer haben bis heute über den Vorfall unverbriichliclzes Schweigen bewahrt. Da aber die meifcheu schon von der Erde abberufen sind, habe ich gemeint, weiteren lireifen Mittheilung davon machen zu dürfen, um alle Betheiligten zu beruhigen, falls »er noch einmal umgehen sollte«. -———--· RatsinirL »Wie sonderbar, Sie schreiben eine Karte an Jhre eigene Adresse!« »Gar nicht so sonderbar, bitte, lesen Sies« »Verehrter Herr! Am 22. d.M. findet die Berathung zu Art. 199 ff. statt. Eliichterscheinende zahlen die iibliche Strafe Von 10 Mart in die Rasse. Pintel, Schriftwart . . .« »Im Was bedeutet Hin das aber"5« »Das·jst Dvch einfach. Wenn ich einmal einen Abend allein sort will, so schicke ich mir am Tage vorher eine solche Ratte, von denen ich mir hun dert Stiick habe drucken lassen. Meine Frau liest sie natürlich und gibt sie mir, wenn ich Mittags heimkomme Jch sluche dann und sage: Ach wag, ich zahle diesmal die 10 Mart und bleibe zu Hause. Davon will natür lich meine Alte nichts wissen und so gehe ich eben ungehindert aust« Eine Roland-Medaille. Die Stadt Vremen prägte aus Anlaß des siinshundertjährigen Be stehen-Z ihres Rolanddentiiials, dag sich bekanntlich vor dein Rathhause er hebt, eine Rolaiidsilltedaille prägen lassen. Das aus schwerem Silber ge fertigte Wert zeigt auf der einen Seite die Figur des Roland· Aus der an deren Seite liest man folgende Jn— schrift: Freiheit thu ich Euch verkün den, die Karl tstaiser Karl) und man-— cher Fürst fürwahr dieser Stadt ge geben hat, deß dantet Gott ist mein Rath.'« Außer dieser Jnschrist befin: den sich aus dieser Seite die Bildnisse Kaiser Karls und des Erzbischofs Willibrord, die von der Geschichte als die Begründer Bremens bezeichnet werden. Aus dem Gericht-sinnt Richter: »Zuetst ftahlen Sie hun deri Dollaks, und jetzt wieder achtzig!« Angeklagtert »Hab’ mir ja schon um zwanzig Dollars jebessett.« Verzweiflung-sinnt »Was, Sie haben hier eine Woh nung bekommen bei dem großen Frem benandtang?« ,,Blieb mir nichts übrig, habe schnell in ein hotel eingeheirathet.« · ver cicbesdkiefsteaek. Humoreske von T o m K a n te r. Bei Dick Samson ——«übriaens ein prächtiger Kerl, dieser Dick, trotz sei ner etwas schiefen recht-en Schulter! — bei dem kleinen Dick trat neulich tjeniand in den Laden und wollte ein JBuch kaufen. ! Natürlich verkauft Dick Bächen zDas ist ja sein Geschäft. Aber der da neulich herein kam . . .! Der Mann hatte Stiefel an, die mehr vom Fuße freiließen als bedeck ten. Sein Anzug, sein Hut — na, so was muß man sehen, das läßt sich nicht beschreiben! Und so einer will Bücher kaufen?! »Was wünschen Sie denn??« fragte Dick voller Mißtrauen. Der Tramp — denn nie war je inan durch die Straßen von Bla kersville gegangen, auf den diese Be zeichnung besser gepaszt härte! — saate: »Für Briefe.« Dabei klimperte er in seiner Tasche mit Geld. . Dick, fiir den solch metallischer Klang stets etwas Angenehmes hatte, wurde zugänglichen »Als-o, Sie wünschen einen Brief steller?« ,,Yes, Sir, ’nen Briefsteller!« ,,Können Sie bekommen Aber, wenn Sie mir die Frage aestatten wollen, zu welcher Art von Brieer wollen Sie ibn denn benutzen?« ,,Eine Danie,« erwiderte der Fremde kurz. ,,Einen Liebesbriefsteller demnach?« Der Kunde nickte und in der Seele Dicks reiste ein gefährlicher Plan. Seit vielen Jahren hatte er ein Buch auf Lager, aus dem er hin und wie der seinen Freunden vorlas, kvenn er allein fein wollte. Länger als fünf Minuten ertrug es Niemand. Dick Samson sah ein, daß sich nie wieder eine so prächtige Gelegenheit bieten würde, »den sieghaften Verkehr mit Damen« abzusetzen. »Hier, mein Herr, bitte, fünf Dol lars!« Der Fremde zog mit seiner großen, nicht eben frisch gewaschenen Hand ei nen Klumpen Goldstücke ans der Tasche und zahlte. Dick Samson wurde mit einmal ganz weich. Indem er herausgab und sich är gerte, daß er nicht gleich zwanzig Dollars gefordert hatte, sagte er mit feiner tiefsten Verbeugung: ,,Darf ich fragen, mein Herr, ob Sie aus den Minen kommen?« ,,Heute,« entgegnete jener und ging. slt Ik Ik Am nächsten Abend suchte Lizzie Johnson ihren Bräutigam in seinem Biicherladen auf. Sie war einen Kon größer als Dick und eine hübsche Blondine. lind wenn sie auch lein Vermögen besaß, ihre gut bezahlte Stelle als Ihne writer bei Algernon J. BlackwelL Rechtsanwalt und Notar, war« auch nicht zu verachten. Lizzie zog einen Brief aus der Tasche. »Ich hab’ da’n Brief bekommen, Dick.« »So? zeig mal her!« Lizzie versteckte die Hand mit dem Blatt hinter ihrem Rücken. ,,Stopp, mein Lieber! Ers kommt die Vorrede! Also gestern friib kam jemand zu ung, das heißt zu Alster non J. Blackwell, Maryland Ave. 5, und verlangte unsern Rath in Kapi alangelegenheiten. Jemand sah aus, als sei er aus irgend einem tslefäng niß dieses gefegneten Landes ent sprungen. Jemand trug einen Pano niahut mit fünfzig Löchern, Rock und Beintleid, die ebensoviel hatten, und zStiefeh die keine Sohle-, aber daiiir desto weniger Oberleder aufwiesen. Jeder Satz, den jemand sprach, bes stand nur aus einem einzigen Wort z und . . . .« ,,.5tenne ich,« unterbrach sie der Bräutigam, ,,war bei mir auch. Was weiter?-« »Weiter? nu weiter nichts als dieser Brief, den ich heut bekam. Höre mal: »Mein hochzuverehrendes, über alle Begriffe reizendes, göttergleiches Fräulein! Wenn Sie sich, was ich Unwiirdiger kaum jemals zu erhoffen wagen werde, die Mühe nehmen wär-, den und den Deckel meines Herzens mit Ihren dustenden Lilienfingern öffneten, so würde die Flamme der Liebe Ihnen daraus entgegenlodern und die Wärme einer unversieglichen Zärtlichkeit Sie, gleich dem Früh lings-winde, der iiber Blüthcngiirten dahinsireicht, umschmeicheln. Als- ich Sie das erste Mal vor mei nen, von so unbegreiflichem Liebreiz ganz geblendeten Augen auftauchen fah, wie die Göttin der Schönheit aus dem ewigen Weltmeer, da stand es bei mir fest, daß Sie fortan siir alle Zeiten der Altar sein sollten, auf dem ich mein Hab und Gut opfere, auf dem ich mich selbst jauchzend zum Opfer bringen wollte. O, könnte ich mit meinem Herzblut ein Nicken Jhres schönen Angesichts ertaufent Dürfte ich Jhr Sklave sein siir alle Zeiten, über das Leben hinaus, bis in das Nirwana hinein — ——« »Hör auf, Lizzie, hör auf!« stöhnte Dick, sich wie in Folteraualen win dend, ,,foll ich denn nie erlöst werden, von diesem grauenvollen Schmöter?!« Lizzie lachte wie ein Kobold. »Also hab’ ich doch recht gehabt, das sift »der« sieghafte Verkehr mit Da men, nicht wahrt« s Dick nickte noch ganz matt; dann ffragte er: «Und hast Du geant worteM . W »Noch nicht. Soll ich denn?·' «,,Aber gewiß! Das macht ia’n Hei denspaßl Da stell’ Dich an das kleine Pult, ich werd’ diktirem -»Hochgeehrter Herr! Als ich Ihren Brief empfing, war ich zuerst ganz be stürzt. Die Saharahitze Ihrer Lei denschaft ängstigte mein jungfräu liches, der Liebe, ach! so ungewohntes Mädchenherzl Aber dann stürzten mir die Thränen aus den Augen! So viel Liebe, so viel Zärtlichkeit! Ach, wie soll ich schwaches, armselige-Z Ge schöpf das goldreiche Empfinden ver gelten, welches der beste, liebevollste aller Männer mir entgegenbringL Wie gern würde ich zu Jhnen eilen, zu Jhnen, zu des-ich emporblicke wie zu etwas Ueberirdischen! Aber die Sitte, diese grausatne Beherrscherin aller liebenden Seelen, verbietet es! Darum flehe ich, warten Sie noch: Noch kurze Zeit. Bald werden wir glückselig sein! L. »Aber das kann ich doch nicht ab schiclen, Dick?« · »Warum denn nicht? Gewiß schickst Du es ab! Mit der Schreibmaschine geschrieben, notabene." »Ich verstehe, wenn er später per sönlich kommen sollte, sage ich, Du hast es geschrieben?« »Well! Jch werd’g ihm schon stecken, er soll nur zu mir herkommen! Solch Greenhorn; denkt, mtt seinen Goldklumpen kann er alles haben!« »Ist er denn so reich, Dick?«s · »Fabelhafti Er wühlt förmlich Im; Golde, der schmutzige Kerls« I Liåsie wiegte leise ihr blondes Köpf ,en«. »Ist doch eigentlich schade, daß wiss nicht haben, Dick!!« J« J- il Am übernächsten Tage brachte Lizzie den Antwortbries des Mannes aus den Minen. Und es war richtig ein zwei tes Kapitel aus dem »sieghaften Ver kehr mit Damen«. Sofort diktirte ihr Dick eine neue Epistel, noch sarbenreicher und Ver rüclter als die drei anderen · Das Spiel ging so lange, bis Dick eines Tages schreiben ließ, das junge Mädchen erwarte ihren Anbeter aus dem Westen am Relson Square, Abends um dreiviertel auf neun. Dicl wollte dann an Lizzies statt selbst zum Rendezvous gehen und den Hinterwäldler gründlich abfertigen. Als Lizzie diesen Brief in der Post-: rsfsice aufgeben wollte, sah sie neben Pch einen Gentleman, der ihr recht ge iel. »Fräulein!« Nicht gerade böse, aber doch Zurück haltend, sah Lizz ie zu ihm auf Der Gentleman weiter: »Morgen hab’ ich Rendezvous.« »Ja der That, das freut mich für Sie, mein Herr, aber was habe ich damit zu thun?« sagte Lizzie »Ok) hesi Mit Sie, -,yraulein!!« Lizzie war starr. »Sie sind doch nicht« 2?« Er nictte mit seinem jetzt sehr ele gant frisirtcn, unter einem glänzenden Cylinder hervorschauenden Kopf. Dann meinte er kurz, aber überzeu gend: ,,"5red Smith.« Lizzie überlegte ein wenig. »Ich bin aber verlobt, Mr. Smith.« »Macht nichts-. — Wieviel?« Lizzie schwieg ganz still. Sie be griff, der Miner wollte Dick Samson seine Rechte ablaufen. Viel machte sie sich nicht aus Diel. Man müßte mal zusehen, am Ende ist Drck mit der Sache einverstanden . nebenbei, sie wollte da auspassen, daß nicht zuvielJ von ihrem künftigen Vermögen ans-» gegeben würde —- Dick war einRacker! « »,Well« sagte sie nach reif icheri Ueberlegung, »gehen wir!« ] st- si · Aber Dict erhob Einwendungen Lizzie lies-; ihn ruhig aus-reden, dann sagte sie freundlich: »Sieh mal, mein Junge, wir sind jetzt beide zusammen vierzig Jahre. Dass durchschnittliche Lebensalter ei nes Menschen ist dreißig. Also jiir zwei Leute zusammen sechzig Jahrei Bleiben uns noch zwanzig iibrig. In s der Zeit können wir beim besten Wil len nicht mehr als zehntausend Dollar machen. Die bekonnnst du jetzt gleich, wenn du mich freigiebst, verstanden?« Dick hatte sich aber auf fünfzehn tausend versteift. Davon wollte er nicht heruntergehen Na, eg wurde hin und her geredet, und schließlich kam eine Einigung zu Stande auf zwölftausend. Aber Dick Samson bedang sich den »sieghaften Verkehr mit Damen« alr- Draufgabe aus« Man könnte nicht wissen, der Fall könnte noch einmal eintreten... Schlan. Gast (dem ein sehe kleines Beessteak seroirt ist, zu dem sich entfernenden Rellner): »Warten Sie einen Moment! (Er spießt das Stückchen auf die Ga bel und steckt es ungetheilt in den Mund-) Sehr wohl. schmeckt. Von der Sorte können Sie mir eins machen!« Vorwurf. Junge Frau: »Du mußt mir Geld geben. lieber Heinrich, um die Haus ausgaben zu bestreiten.« Gatte: »Du scheinst die Haus-gaben lediglich zu Deinen Hausausgaben zu zählen-« UntetSpitzbniem Der erste Chaim Hinausgehen aus demi Witthshaus): »Sehen Sie, ich kann noch so betrauten sein« aber den be sten but nehme ich mir immer!« W----- » Neues ikvee Blüte-en «i Ans dein Familienarchiv eines meck-; lenburgi schenRittergutsbesitzers kommt soeben der folgende, anscheinend noch niemals veröffentlichte Brief des Fitt sten Blücher zum Vorschein, den die« ,,Hamburger Nachtrichten« in der ,,Recht«schreibung und in der fehlen haften Grammatik der Urschrist mit stheilen Das Schreiben ist an die Gattin des Feldherrn gerichte t: Compiene, den 17 Juni 1815. hir sitze ich in dem Zimmer wo ma rie luise ihre hochzeitsnacht celibrirte, man kan nichts Schöneres nichts an genehmeres seh-en als Compiene, nur Schade, daß ich Morgen früh wider von hier muß, den in ZTage muß ich zu Pariss sein, es ist möglich und höchst wahrscheinlich, daß Bonaparte mich und Lord Wellington ausgelief fert wird, ich werde wol nicht tiirzer handeln können, als im todtschießen zu lassen, es geschieht die menschheit da durch ein Dienst, in Pariss hat ihm alles verlassen und er wird gehasst und verachtet, ich, denke die Sache ist gantz in kurtze hier zu ende und dann Eille ich nach hauße lebe lvohl die Estasette will fort aber um gottes willen ich krige ja keinen eintzigen briff von dich Gebhard ist noch nicht von König an den ich ihm geschickt zu rück, grüße alles was dich umgibt! Hier sind die schönsten Sachen aber ich kan nichts fortbringen adio Bliicher. Gleichzeitig wird aus der gleichen Quelle ein Brief der Fürstin Blitcher, geb. von Colomb, bekannt, in welchem sic ihrem Bruder — wohl dem Regie rungsvriisidenten von Colomb in Bromberg — den Tod ihres Gatten beschreibt. Jnteressant ist besondefs tie Erzählung von dem letzten Besuch Friedrich Wilhelms des Ditten bei sti nem dem Tode nahen Feldherrn. Blü cher empfahl dem König seine Frau und bot ihm seine Pferde an, sonst redete er wenig. Als der König fort war, fragte man den Kranken, er sei, weil er so still gewesen, wohl er " schrocken gewesen, auf einmal den Kö :nig an seinem Bette zu sehen. Aber lBliicher erwiderte: ,,Jh bewahre! wa rum sollte ich mich darum erschrecken! ich wollte ihm nicht mehr sagen.« Da zu bemerkt nun seine Frau in dem Briefe an ihren Bruder: »Mein Mann irar vorn Jahr, wie auch die letzte Zeit, da er noch wohl war, sehr unzufrieden wie nehmlich wegen Hardenberg, auch darüber, daß dem Staate noch immer teine Constitntion gegeben lvurdeund so dergleichen mehr desshalb er alfvo wohl nicht mehreres mit ihm sprechen-. wollen, doch sagte er den Tag vorher an Witzleben, da dieser fort ging: »sa gsen sie dem König, daß er wohl wußte, daß ich solange ich gelebt habe, nur fiir ihn lebte nnd daß ich auch jetzt für ihn sterben werde.« HM Zeugenaussagem Ein Dsetettio sprach mit einigen Freunden über die Zuverlässigkeit von Zeugcnaussagcn Plötzlich wandte er der Gesellschaft den Riicten zu und« fragte: »Was für eine Farbe hat die Krabatte, welche ich trage?« Die meisten Anwesenden vermochten zgar keine Antwort zu geben, einer sagte blau, ein anderer schwarz. Da rauf drehte sich der Detektio wieder um und zeigte lächelnd, daß seine Krabatte grau mit schwarzen Punkten War. »Nun sehen Sie,« fuhr er fort, »Sie Alle haben mit mir Angesicht zu Ange sicht etwa 10 Minuten lang gesprochen nnd doch kannte nicht einer die Farbe meiner Firaoatte Und das wiirde aus 999 Personen von 1000 ebenso zutref fen. Wenn ich höre, daß ein Zeuge ttleidung und Aussehen eines Men schen, den er nur kurz-.1 Zeit gesehen hat, genau beschreibt, dann bin ich ziemlich sicher-, daß er die Unwahrheit spricht; ist aber seine Beschreibung sehr allgemein und unbestimmt, dann tin ich til-erzeugt, daß er oermuthlich die Wahrheit bekundet. ——-— - h-——— --Dcr IICiJcr lachte-« Lsg war während der letzten Ausfüh rung der Oper »Die weiße Dame« im lKöniglichen Opernhause; die Vorstel lung fand als ,,tl)eatre pare« statt. Jn der Mitte einer der ersten,Parletrei hen saß ein älterer, ordengesclmiiicktek Herr, und links und rechtsv neben ihm blondc Jugend, augenscheinlich seine beiden Töchter. Beide junge Mädchen blickten mehr nach der Kaiserloge hin auf, als nach den Vorgängen auf der Bühne. Auch der llronvrinr und sei ne junge Braut waren zugegen. Im mer wieder hatten die jungen Mädchen dem Vater etwas zuzufliistern, was die taiserliclien Herrschaften betraf. Es » kam die Biene alsJ des Pächter-J Dick son Feuerle Gabriel, seinen Herrn durch unvermutljeteg Anstand-»Ur Plötz lich erschreckt, eine Szene, die sele wir jkungdvoll gespielt wurde. Da hörte man aus den vorderen Partelireihen plötzlich deutlich den hellen Ruf: ,,Papa, Papa, der Kaiser lae«l7t!« Es war daCJ jüngere der beiden Mädchen, ein regelrechtcr Vactsisch, das in seiner Freude, denslaiser lacijen zu sehen,die lsen Ruf ansigestoßen hatte. Aus der jKaiserloge blickte man fröhlich in’s TVarketr hinab, und auch über das Ge lsicht des General - Jntendanten v. : Hüllen, der in einer Parlettloge direkt Iunter der Kaiserloge, ganz in der Nähe dieses ,.heiteren Zwischenfalleö« saß, zog ein Lächeln. - ! So viel ist sicher, daß der deutsche Militärdienst an Reiz um so mehr psettlierh je gereizter der Unterossizier I O «