Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 06, 1905, Sweiter Theil., Image 13

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    Ein Dutzend Handschuhe.
Dummste von James Frank.
Jn einem Abtheil zweiter Classe des
Vorvrtzugeö saßen die beiden Herren
nebenzenander und fuhren vom Ge
schäft nach Haus.' Nachdem ihnen die
Tagesneuigkeiten eniigend Stoff zur
Unterhaltung gegegen hatten, bemerkte
herr Beririch:
»Heut— hat meine Frau Geburts
tag."
»Dann darf ich Sie wohl bitten,
ihr in meinem Namen bestens zu gra
tuliren und mich ihr zu empfehlen,«
erwiderte Herr Altstätten.
»Ich bringe meiner Frau ein klei
nes Geschenk mit,« suhr Beririch fort
und zeigte dabei aus ein kleines Pa
cket, das zwischen ihnen lag.
»Darf man, ohne indiscret zu sein,
ragen, was es ist?« wünschte Herr
ltstätten zu wissen.
»Ein halbes Dutzend Handschuhe.«
»Ist das aber ein merkwürdiger
Zufall! Jch bringe meiner Frau auch
ein halbes Dutzend Handschuhe mii.«
»Hat Jhre Frau etwa auch Ge
burtstag?« fragte Bertrich.
»Nein, sie nicht, aber ich,« antwor
tete Altstätten. »Ich mache ihr im
mer zu meinem Geburtstage ein klei
nes Geschenk.«
Inzwischen war der Zug in Z. an
gekommen. »Ich muß hier ausstei
gen,« rief Bertrich. »Sie fahren wohl
noch weiter bis S...? Also Adieu
und viel Vergnügen!« Er nahm das
Partei mit den Handschuhen und stieg
aus.
Herr und Frau Bertrich führten
zusammen eine wahre Musterehe. Noch
nie hatten sie mit einander einen
Streit gehabt, und ihr Stolz war es,
daß der eine zum andern das größte
Vertrauen hatte und in allem mit
ihm übereinstimmte. Nie ließ es sich
Herr Beririch einfallen, an der Liebe
seiner Else zu zweifeln, und Frau
Berti-ich that diese-H ebensowenig, aus
dem sehr einfachen Grunde, weil sie
wußte, daß ihr Mann sie vergötterie.
Zwei Jahre waren sie erst verheirathet
und sie lebten wie in einem-Paradiese
Nachdem sich Brtrieh mit seiner
Frau begrüßt hatte, sagte er ihr, daß
er ihr ein kleines Geschenk mitgebracht
habe. Dann legte er das Packet auf
den Tisch und empfand schon im Vor
aus die Freude, die ihm ihre Ueber
raschung bieten würde·
»Hand schuhe!« rief sie entzückt.
»Ach, du lieber, guter Mann! Gerade
die brauche ich so nothwendig.« «
Plötzlich aber verfinsterte sich ihr
Gesicht. Sie waren von der falschen
Nummer. Frau Beririch hatte sehr
schöne, tleine Hände und trug No. 519
—- und diese waren 71,-(»-. Sie war
recht ärgerlich, daß ihr Mann einen
solchen Jrrthum hatte begehen tön
nen.
»Die Farben gefallen mir recht
gut,« meinte sie. »Komm’ und gieb
mir einen Kuß«
Dazu ließ er gich nicht lange bitten.
»Weißt du.a er auch, du böser
Mann, daß du eine falsche Nummer
lauft hast? Du mußt sie umtan
chen. Jch habe eine ganz lleine
Hand.« .
»Eine falsche Nummer? Es ist
doch Zwi«
»Nein, aber 71,-2,« erwiderte Frau
Bertrich mit überlegenem Lächeln.
»Das zeigt wieder einmal, was sich
Männer alles in die Hand drücken
lassen.«
Bertrich wurde ganz verlegen. »Ich
weiß genau, daß es die richtige Num
mer war,« betheuerte er, »denn ich
hatte mir vorher die Handschuhe ganz
genau angesehen« Dann aber schien
ihm ein Licht aufzudiimmern. Voller
Schreck rief er aus: »Ich habe dir.ja
das falsche Partei gegeben!«
Auf Frau Bertrich’s Gesicht malte
sich Erstaunen und ihre Stimme tlang
ganz anders als sonst, als sie fragte:
»Das falsche Packet? Wie soll ich
das verstehen?«
Bertrich schien ihre Frage nicht ge
hört zu haben, und sich zu ihrer vollen
Größe aufrichtend, fuhr seine Frau
mit erregter Stimme fort:
»Ich warte noch immer auf eine Er
klarung.’
»Diese Handschuhe," ftammelte
Bertrich, »waren nicht für dich be
stimmt, sie gehören jemand anders.«
»Dars ich fragen, wem?«
»Frau Altstätten.«
»Die tenne ich ja gar nicht,« erwi
derte Frau Vertrich
»Ich will dir was sagen,« entgeg
nete sehr lebhaft Herr Beririch »Ich
will rasch hinüber nach S . . . fahren
und ihr die Handschuhe bringen. Sie
hat nämlich deine.«
Wenn Blicke tödten könnten, so
würde der Blick, den jest Frau Bert
rich ihrem Manne zuwarf« ihn sicher
lich in’s Jenseits befördert haben.
Kühlen Tones versetzte sie: »Du
brauchst dich weiter nicht zu bemühen,
die Handschuhe werden schon passen.«
»Ich denke, sie find zu groß,«
wandte er ein.
Statt hierauf zu antworten, ergriff
sie einen Handschuh an der Spitze des
roßen Fingers und hielt ihn in die
öhe, damit er so groß als möglich
aussähe.
»Einen schönen Geschmack hast du
sa,« meinte sie mit einer gewissen
Schadensreude. Dann nahm sie den
carton mit den handschuben nnd eilte
auf ihr Zimmer.
Beririch überlegte. Daß er und
Altltiitten im Eisenbahnwagen die
hetderseitigen Packete mit einander
vertrauscht hatten, war zweifellos.
Es war zwar sehr unangenehm, aber
schließlich doch weiter nicht gefährlich,
und am nächsten Tage ließ sich der
kleine Schaden wohl leicht wieder in
Ordnung bringen. Dem kleinen
Herrn schmeichelte der Gedanke, in
den Augen seiner Frau als ein Don
Juan zu erscheinen; in Wahrheit war
er nichts weniger als ein Don Juan,
weit eher ein -—— Pantoffelheld.
Auf ihrem Zimmer hatte die in
ihrer Ehre getränkte Frau Bertrich
sich aufs Sopha geworfen und ihrem
Schmerze über die vermeintliche Un
treue ihres Gatten in einem Thriinen
ftrom Luft gemacht und dann fand
sie einigermaßen darin Trost, daß die
Hand ihrer Nebenbuhlerin von einer
geradezu ungeheuren Größe fein
müsse.
« Ueber eins war sie sich klar. Sie
wollte ihrem Manne nie wieder ver
zeihen, sie wollte nach Haus, zu ihrer
Mutter zurückkehren und ihren Gat
ten nte wiedersehen. Und von neuem
traten ihr die Thränen in dieAugen
und abermals fing sie zu weinen an.
Wüthend schob sie den Karton mit
den Handschuhen beiseite. Dabei fielen
ihre Blicke auf die Adresse dfs Herrn
Altftätten, die der Karton aufwies.
Sofort hatte Frau Bertrich ihren
Feld ugsplan entworfen. Sie wollte
zu dieser Frau Altstätten mit den gro
ßen Händen fahren — Frau Bertrich
überlief es eiskalt, wenn sie sich vor
stellte, daß Jemand so große Hände
haben könnte — und unwiderlegliche
Beweise für die Untreue ihres Gatten
suchen. Sodann würde sie zu ihrer
Mutter fahren und die Scheidung-Z
tlage einreichen.
Es war gerade noch Zeit, einen Zug
szu erreichen. Sie lritzelte rasch ein
paar Zeilen fiir ihren Mann, die sie
auf dem Tische liegen ließ. Folgenden
maßen lauteten sie: »Ich verlasse dich
und kann dir nie verzeihen. Jch fahre
zu diesem Weibe, um ihr persönlich
dein Geschenk zu überbringen; dann
gehe ich zu meiner Mutter.«
Unbemertt verließ sie das Haus
und fuhr nach S.
Herr Bertrich hatte sich inzwischen
nach seinem Garten begeben, um nach
seinen Kohltöpsen zu sehen. Er hatte
früher einmal ausgerechnet, daß je
der selbstgezogene Kohltopf, der aus
seinen Tisch kam, ihm mindestens drei
Mart kostete, und man wird es daher
begreiflich finden, daß er so ängstlich
um das Fortkommen und Gedeihen
seiner kleinen Gemiisepflanzen besorgt
war.
Nachdem er in anderthalb Stunden
die Arbeit verrichtet hatte, zu der ein
berufsmäßiger Gärtner wenigstens
eine volle Woche gebraucht haben
würde, fiel es ihm ein, daß seine Frau
sich nicht blicken ließ. Er wollte sie
in ihrem Zimmer aufsuchen, glaubte
aber vor Schreck in den Boden sinken
zu müssen, als er hier ihren Brief
vorfand.
Noch hatte er sich von seiner Bestät
zung nicht erholt, als es klingelte und
ihm Herr Altstätten gemeldet wurde,
der ihm das Palet mit den vertausch
ten Handschuhen überbrachte.
»Wissen Sie auch, daß Sie das
falsche Paket genommen haben?« be
gann Herr Altstätten. »Die hier sind
meiner Frau viel zu klein und sie war
recht ärgerlich dariiber.«
»Dann ging es ihr so wie meiner
Frau,« erwiderte Bertrich. »Meine
Frau hat übrigens die ihrige deswe
gen besucht. Jch fürchte, zwischen den
beiden Damen wird es eine unange
nehme AAuseinanderseßung geben«
»Ich verstehe Sie nicht recht,« ver
setzte Herr Altstätten, der beunruhigt
zu werden anfing. »Unangenehme
Auseinandersetzungen?«
Bertrich erzählte ihm, was vorge
fallen war, und zeigte ihm das Billet,
Voller Würde entgegnete Herr Alt
stätten: »Soviel ist klar, daß die
Damen uns recht schlecht behandelt
haben. Sie haben uns nicht das Ver
trauen, au das wir Anspruch haben,
entgegenge racht.«
»Ganz meine Meinung,« stimmte
ihm Herr Bertrich bei, dessen Muth
zusehends wuchs.
»Man sollte ihnen eine Leltion er
theilen.«
»Das sollte man in der That,'
stätigte Bertrach in ernstem Tone.be
« cIhre Frau hat gedroht, Sie zu
verlassen, dasselbe hat meine Frau ge
than. Wir wollens nun ebenso mit
ihnen machen, wir wollen fortgehen.«
»Fortaehen-« wiederholte Bertrich,
den dieser Gedanke ganz erschreckt
hatte· ,,Glauben Sie denn, daß wir
das tönnen?«
»Wir fahren nach der Stadt, besu
chen ein Theater, essen dann in einer
Weintneipe und fahren um ein Uhr
mit dem «Lumpensammler« wieder
nach Haus. Das wird die Frauen
lehren, was es heißt, uns verlassen zu
wollen.«
Herr Bertrich sah bei diesem Ge
danken recht änastlich drein. Er war
ja erst zwei Jahre verheirathet und
noch nicht gewöhnt, selbstständig Ent
schliisse zu fassen.
»Nun, was meinen Sie dazu,«
fragte Altstiitten.
»Ach ja, wir wollen in’s Theater
gehen.«
s Aus einem ahrplan ersahen sie,
daß wenn sie si sofort aus den Weg
machten, ste einen bequemen Zug noch
erreichen könnten.
Eben wollten sie aus dem Bahnhose
ihre Billets lösen, als ein Zug von
S. einlief. Zwei Damen stiegen aus
und beöegneten ihnen auf dem Per
ron. S waren ihre Frauen.
Eine Unterhaltung von nur einer
halben Stunde Dauer hatte den Da
men die Ueberzeugung beigebracht,
daß für sie durchaus kein Grund vor
läge, auf ihre beiderseitigen Herren
und Gebieter eifersiichtig zu sein, Und
sie fühlten sich sogar zu einander hin
gezogen. Da Herr Altstätten bereits
nach Z. gefahren war, so bat Frau
Bertrich seine Gattin, gleichfalls mit
ihr zurückzusahren. Die beiden Da
men sahen recht niedergeschlagen aus·
Ohne daß sie irgendwelchen Anlaß
dazu gehabt hätten, war in ihnen die
Eifersucht rege geworden, und auch
ihnen wollte es als das beste erschei
nen, die ganze Geschichte von der hu
. moristischen Seite zu betrachten.
; Als Herr Beririch jetzt vor seiner
»Frau stand, sank ihm der Muth. Er
» war leichenblaß geworden, stierte seine
IFrau hilflos an und ließ die Opern
s gläser zu Boden fallen.
s »Wo wolltest du hingehen, Her
bert?« fragte Frau Bertrich in einem
teckg süßeg Tone.
errn erkrichs Lippen Ewigten
sich zwar, brachten aber keinen Ton
» hervor
»Ja, Karlchen, wo wolltet ihr hin
gehen?« fragte nun auch Frau Alt
stätten.
Langsam und nachdrücklich erwi
derte ihr Gatte: »Lieber Schatz, wir
wollten eben nach Z. —- fahren, um
die Damen wegen des Versehens mit
den Handschuhen um Entschuldigung
zu bitten.'·
Die beiden Damen, die die Opern
gläser wohl bemerkt hatten, warfen
sich einen bedeutsamen Blick zu. Wei
tere Erklärungen verlangten sie aber
nicht und die tleine Gesellschaft
folgte gern der Aufforderung des
Herrn Vertrieb, in seiner Wohnung
eine Flasche Wein auf das Wohl der
beiden Geburtstagstinder zu leeren
Der mäßige Professor.
Universitätsprofessor B» Vorstand
des Vereins gegen den IJiifzvrauch«
geistger Getränke, hält den 1. Haus- !
vall für feine Tochter. Große Ge
schichte, über 100 Personen. Er selbst ’
arrangirt alles, nur daruver,·tvie viel
bei solchen Gelegenheiten getrunken
wird, ist er völlig im Untlaren. Ein
Freund hat turz zur-or einen ähnlichen
Ball gegeben. An ihn telephonirt er.
Dort ist niemand zu Hause, am Tele
Phon das Dienstmädchen Thut nichts
zur Sache, die muß es auch wissen. —
«Wieviel Bier hat der Herr Präsident
bei der letzten Gesellschaft bestellt-Z«
Der dienstbare Geist besinnt fich.
Hundertundzwanzig Personen sind es
gewesen, getrunken ist viel worden,
bei ihr rechnet man bei Festlichkeiten
fünf Liter auf den Kopf. »Sechshun
dert Liter herunter g’habt!« gröhlt sie
dann in’s Telephon. -
»So,« sagt der Professor und läutet
ab. Eine derartige Sauferei giebt es
bei mir nicht, meint er lurz und läu
tet energisch beim Bierlieferanten an.
Es entspinnt sich folgende telephonische
Unterredung mit ihm: »Bitte, schicken
Sie ir auf Montag Abend dreihun
dert iter Bier.«
,,Wieviel meinen der Herr Profes
soc-e- ·
,,Dreihungert Liter Viert« s
(Sehr erstaunt nochmals) Wieviel?« ;
(Sehr laut nochmals) ,,Dreihundert
Liter Bier, sage ich.«
»Aber, Herr Professor, wieviel Per
sonen haben Sie denn?«
»Das geht Sie gar nichts an. Drei
hundert Liter, sage ich Ihnen, und »
keinen Tropfen mehr!« Ruft’s und
läute ärgerlich ab. ———-— -
Es war sehr nett bei B.’s. Die
Studenten waren alle fürchterlich be
trunken, der Professor legte sein Amt
als Vorstand nieder und hatte den
ganzen Winter über Bier im Hause.
Aus Berliner Schulen. l
Ein kleines Mädchen soll iiber ein
Erlebniß in einem Aufsatz schreiben;
und wählt dazu die Theilnahme an der
Hochzeit einer Tante und die Reise
dahin. Der Aufsatz trug die ahnungs- i
volle Ueberschrift: »Meine erste Hoch- i
zeitsreise im Jahre 1904.« —- Ein an- ?
deres kleines Mädchen in derselbeni
Klasse sagt Schillers Bürgschaft her i
und bildet in kindlich rophetifchem i
Geiste die modernere Fassung: «
Doch bitt ich dich, gieb mir drei Tage
« eit
Bis ich die Schwester vom Gatten
befreit!
Lehrer: Heinrich war zum König
gewählt. Erzbischof Heringer von
Mainz wollte ihn falben und krönen.
Heinrich aber sprach: Mir ist es genug,
daß ich durch Gottes Gnade und eure
Liebe zum König gewählt worden bin.
Der Lehrer fragtr »Warum lehnte
denn Heinrich Salbung und Krönung
ab?« Schülerin: »Er wollte nichts
zum besten geben.«
--
Besteht
,,Haben Sie schon jemals eine Erb
schaft gemacht?«
»Noch niemals-! Weder ich. noch mein
Vater oder Großvater, hat jemals
was geerbt!«
,,Also eine Erbkrankheit!«
Bei-rathen.
Händler (zum Herrn): »Und diese
Hofe, die Sie in Jhrem anzen Leben
weder zerreißen, noch verfchleißen kön
nen, kostet ganze 99 Cents, drei große
Flicklappen bekommen Sie gratiö." l
Max-f - " i
Von Gebhard Schätzlers (
Perafini. (
Er,sa auf einem Stuhl und starr- "
ie dump brütend vor sich hin. Das
eine Fenster stand zur Hälfte offen
und vom Hofe herein drang die feuchte
Morgenluft. Er hatte den Kon ge
senkt, die Arm-e über die Knie gelegt
und rieb mechanisch die Hände über-i
einander. Die Zähne zusammenge-!
preßt, das Gesicht völlig farblos, das-«
Haar wirr in die feucbtkalte Stirne
hängend Jn seinen Augen flaclerte
mitunier ein fieberhafteg Licht. ;
Todtenstill war es in dcr großen»
Stube. Nicht einmal die A: hemzüge
des jungen Mannes waren zu verneh
men.
»Ein Hahn krähte draußen. Jm
rujckwärtigen Stall schlug der Braune
mit den Hufen gegen die Bohlenver
schalung.
Langsam schlürfte ein Knecht in den
Folzpantosfeln über die Steine drau
en.
Johann Berthold bewegte den Kopf.
Er blickte nach der offenen Thür des
Nebenzimmers.
Dann drang ein jammernder Ton
aus seiner Kehle. Aber er stand dabei
nicht auf. Jhm schien dte Kraft dazu
abhanden gekommen zu sein.
Wieder ein Klappern der Holz
schuhe, diesmal draußen im Gange.
Die Thiir öffnete sich.
Die alte Martha trat ein.
»Sie kommen den Weg herauf,«
wisperte sie mit verhaltenem Athem.
Jhr Blick ruhte in höchster Angst auf
die Gestalt des Herrn. Dann fuhr sie
sich mit dem Aermeliiber die Augen.
Johann Berthold regte sich nicht.
Die Alte schlich wieder hinaus.
Es vergingen mehrere Minuten.
Darauf entstand im Hosraum ein Ge
räusch.
Johann Bertholds Lippen bewegten
sich und die Zähne schlugen ihm frö
stelnd gegen einander.
Jm Hofe waren drei Männer er
schienen, der Vlmtmanm grosz, mit
mächtigem Leibunisange und etwas
schlaff herabhängenden Baden, der
Kreisarzt mit verbissener Miene , ste
hendern Schnurrbarte, dessen Enden
abgerissen waren, dann noch ein
Schreiber. Er war über vierzig alt
und bezog ein Einkommen von sechzig
gjtarb Danach war auch sein Ausse
en.
Die alte Martan empfing sie in der
Küche. Man sprach im Allgemeinen
gediimpft. Nur der Kreisarzt ließ sei
ner blechernen Stimme nngehinderten
»Lauf. Aber er redete nicht viel.
»Wo ist er?« fragte der «Anitmann,
die Brauen hochziehend
»Ja der Stube sitzt er —- auf einem
Stuhle seit Stunden, die ganze Nacht
hindurch. Ein Jammer ist eg. Und
wie er aussieht! Um Jahre gealtert,
todtenbleich. Das wird er nicht über
winden. Dieses Unglück, diese-«- Un
glück.«
Sie fuhr wieder mit dem Aermel
wischend über die Augen. Diesmal
kollerten ihr aber doch ein paar dicke
Thriinen über die Backen.
,,Wo ist —- sie?« frug der Amt
mann weiter.
»Sie liegt in der Nebenstube auf
dem Bett. Er hat sie selber hingelegt,
gleich nachdem das Unglück geschah.
Der Gensdarm den sie noch gestern
holten, hat verboten, dasz man sie aus
kleidet oder sonst etwas mit ihr vor
nimmt. Das ist das Schrecklichste!«
Der Amtmann nickte. »Wir wollen
jetzt hineingehen und das Protokoll
aufsetzens
Die Alte ging voran. Der Schrei
ber machte den Beschluß. Er hatte sein
nervöses Gesichtszucken bekommen, wie
immer, wenn ihn etwas ausreate.
Johann Bertholt saß auch jetzt noch
aus dem Stuhle, als die Commission
eintrat.
Er schien völlig gebrochen zu sein
,,Mach das Fenster zu das zieht ja
greulich:« sagte der Kreisarzt.
Der Amtmann trat vor den Guts
herrn hin und legte ihm die Hand auf
die Schulter.
,,Schlimme Geschichte, JohannBert
hold,« nickte er. »Aber Jhr seid ein
Mann und werdet’s überwinden.
Wenn alles ordnungsgemäß aufge
nommen ist, könnt Jhr Euer Weib, wie
sich’s gebührt, einsargen.«
»Wo?« fragte der Arzt die alte
Martha.
Sie öffnete die Thitr zum Neben
kaum.
Der Schreiber zuckte heftig mit dem
Gesicht.
,,Kommt, Johann Berthold, Jhr
müßt mit vor die Leiche,« bat der Amt
mann. »Es ist Vorschrift.«
Der junge Mann schlug plötzlich
beide Hände vor das Gesicht. Ein
Krampf erschütterte seine Brust. Dann
stand er auf. Er schwankte wie ein
Betrunksener, und im Nebenzimmer
mußte ihm der Amtmann einen Stuhl
hinstellen, damit er nicht umsalle.
Aus dem vordersten Bett lag eine
Frau, jung, kaum zwanzig. »Die
Hände lagen glatt am Körper. Die
Augen waren geöffnet, und es lag ein
Ausdruck jähen, furchtbaren Er
schreckens in ihnen. Nur die Lippen
Preßten sich noch fest aufeinander. Es
sah trotzig oder schmerzlich aus, je nach
der Auffassung.
Ohne umftande ging oer Arzt an
die Untersuchung. »
»Ein Herzschuß, sofort todt-aber
aus einfache Geschichte,« ließ sich nach
eingeyZeit der Arzt vernehmen. »Die
Frau war sofort todt.«
Minutenlang herrschte dumpfes
Schweigen.
Dann fuhr die fettige Hand des
Amtmannes über die braune Sammet
weste und der Gesetzesvertreter fragte
mit Würde:
i »Johann Berthold, habt Jhr Ange
ssichts Eurer todten Frau eine Mitthei
lung von Wichtigkeit zu machen?«
T Der junge Mann schüttelte den
Kopf.
»Nein.«
»Dann wollen wir draußen das
Protokoll aufsetzen.«
Sie gingen in die Vorderstu«be.
Dsann begann das Berhär.
Johann Bertholdss Blicke schienen
die stumme Bitte zu enthalten: Macht
es kurz. Jch bin am Ende meiner
Kraft angelangt.
Als nach einer halben Stunde alles
zu Protokoll gebracht war, sank er
wirklich lautlos um und fiel wie ein
Stück Holz zu Boden.
Zwei Monate später« stand er als
Angellagter vor dem Gericht.
Man bedauerte ihn allgemein.
Vor einem Jahre etwa hatteJohann
Berthold die Lene heheirathet, das
schönste Mädchen im Dorfe. Sie war
die Tochter des verstorbenen Lehrers.
und der Vater gab ihr eine bessere Er
ziehung, als man es sonst hier gewohnt
war. Sonst freilich nichts. Als er
vor drei Jahren Lene als Waise zu
rückließ, mußte das hübsche Mädchen
sich eine Stelle suchen.
Jm nahen Walde lag eine gräfliche
Försierei. Dein Förster war seine
Frau gleichfalls gestorben, und da
nahm er Lene als Hilfe an.
Das währte ein Jahr. Dazwischen
heirathete der junge Förster Franz
eine ihm schon längst bestimmte reiche
Bauerntochter. Lene war überflüssig
geworden.
Johann Berthold, der junge Guts
herr, kehrte oft an den Abenden im
Forsthause ein. Dabei hatte ser Lene
kennen gelernt.
Er bot ihr nun an, zu ihm zu kom
men als sein Weib. Sie zögerte nicht
lange, und bald fand die Hochzeit statt.
Es gab auch kaum ein glücklicheres
Paar. So meinten alle.
Man hielt mit dem Forfthause auch
unter den veränderten Verhältniss-en
gute Freundschaft So war man «auch
an jenem Sonntag Abend drüben zu
Besuch gewesen. Ein milder, warmer
Abend. Erst sehr spät brach Johann
Berthold mit Lene auf. Lene war
dabei mit Franz in den Garten voraus
gegangen. Er wollte ihr noch einen
Strauß Flieder abschneiden. Auf dem
Gut schlief schon alles, als die Ehe
leute nach Hause kamen.
Plötzlich trachte ein Schuß.
Auf dem Hofe war sofort alles
alarmirt.
Am Boden fand man die junge
Gutsherrin. Johann Berthold kniete
neben ihr.
Er sah aus wie ein Wahnsinniger.
Die Augen wollten ihm aus den Höh
len dringen. Dann warf er sich liber
die Todte. ·
Man hote den Gendarm.
Dieser nahm den Revolver an sich
—aus Sorge, de rwahnsinnig erregte
Mann könne sich selbst ttödten —- und
ging wieder. Die Sache war ja ganz
einfach: Fahrläfsige TödtungL Jo
hann Berthold hatte, bevor er schlafen
ging, den an der Wand hängenden Re
volver heruntergenommen,' um etwas
nachzusehen Lene stand in seiner
Nähe. Und dann lrachteder Schuß.
Nun war der Tag der Verhandlung
da.
Der Zuschauerraum war übervoll.
Auch Franz, der junge Förster, war
mit seiner Gattin anwesend. Seit dem
Unglück hatten sie Johann Berthold
nich gesehen, er kam nicht mehr in das
Forfthaus. Ebensowenig lam Franz
herüber. Nicht einmal an der Beerdi
gung vermochte er theilzunehmen, da
er im Auftrag-e des Grafen oerreisen
mußte.
Johann Berthold sollte noch einmal
gen Verlauf der Unglücksaffaire schil
ern.
Mit stockender Stimme that er eB.
Jedes Wort rang sich mühsam aus der
Brust. ·
Jn den Augen mancher Zuhörerin
standen Thriinen des Mitaefühlsx Wie
hatte dieser Mann die Todte geliebt!
Die Verhandlung währte nicht lan
ge, dann erfolgte der Freispruch.
Alles athmete auf. Eine wahre Be
geisterung ergriff der Zuhörer. Ein
Mann drängte sich vor und ergriff Jo
hann Berthold’s Hände, der noch wie
entgeistert vor sich hin starrt-e.
»Johann Berthold, laß mich der
Erste sein, der Dir gratulirt.«
Auf dem Gesicht des Gutsherrn
zeigte sich plötzlich eine furchtbare Ber
änderung. Seine Augen flackerten aus.
Und dann: schlug er mit einem brüllen
den Schrei die eisenharte Faust dem
jungen Förster inis Gesicht.
,,Schuft —!«
Wie ein gefällter Baum sank Franz
zu Boden.
Ungeheurer Tumult entstand. Zwei
Gerichtsdisener hielten Johann Bert
hold fest. Alles ioar verwirrt — ent
setzt!
»Ich habe gelogen!« schrie Johann
Berthold. »Nicht ein Zufall war es.
Mit Vorbedacht habe ich mein Meib
ermordet. Jn jener Nacht überraschte
ich sie und den Schurken dort im Forst
aarten, wie sie sich in den Arm-en lagen.
Aber ich ließ mir nichts anmerlen —
bis ich mit oem Weibe, das mein gan
zes Glück gewesen, zu Haus-e ankam.
Ohne en Wort zu sagen, nahm ich den
Revoloer uno schosz sie nieder.
Rasch zogen sie ihn hinaus — in die
Gefängnißzelle. Am Boden lag det
Andere —- und über ihm ein junges
Weib.
Langsam, unter dumpfem Schwei
gen, leerte sich der GerichtssaaL
sQ
Wahres Geschichtchcn.
Jn einer größeren Stadt Westsalenz
wurde des Nachts ein Rechtsanwalt,
der sich erst kurze Zeit zuvor dort nie
dergesassen hatte und ein Anhänger
des Gambrinus war, von einem Poli
zisten in einer Straßenrinne schlafend
gefunden. Dieser entreißt ihn ziem
lich unsanft Morpheus’ Armen und
erhält auf die Frage: »Was machen
Sie hier?« zur Antwort: »Ich habe
mich hier als Rechtsanivalt niederge
lassen!«
Ah
Zii wenig.
Herr: »Na, da haben Sie fünf
Cents, trinken Sie auf meine Gesund
heit!«
Bediirftiger: »Lieber Herr. ich
glaub’, Ihre Gesundheit wird Ihnen
schon mehr werth sein als 5 Cents!«
Tüchtig,
Astronom (zu seiner Wirtbschafte
rin): ,,Denken Sie, Frau Müller, ge
stern habe ich im Sternbild der Jung
frau einige Nebelflecke entdeckt.«
Wirthschafterim »Machen Sie sieh
keine Sorge, Herr Professor, die werd’
ich schon mit Benin wieder heraus
bringen!«
Falsch aufgefaßt
- I v ;T.’ »U- G’å7-J.WLUH EXPRE- HTMIIM RYW
Herr A.: »Wie ergreifen-d ist doch Violinsxsicli Füblcu Sie nicht auch beim Hören verivandtc Saiten in Ich er
klingeiis« .
Herr B.: »Herr! . . . . Wollen Sie mich beleidigcn —- habc ich Schafsdärwc im Leibes«